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Full text of "Archivalische Zeitschrift"

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ARCHIVALISCHE 
ZEITSCHRIFT 


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l-HOMTlir.  ülilLVRVOr 

MKMIiKU  <>!=  Till: 
INSTITl  TKOr  I  lt.VNtT: 
IIISTOULVSOP  TIIU 
l.ATI\  MAST 

BOIH-.MT  WITII  IXfOMEOK  TIIK 
HKN'HY    L.  1»IKUC  E  FrNl) 


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ARCHIVALISCHE 

ZEITSCHRIFT. 


HEflAUSGEGEBEN 


VON 


D«-  FUAHZ  VON  LÖHEB, 

K,  a4tlB.<MmaKH  KATB^  RKrCmtARCHIV  DIREnriR    rKIVERflrrlTg-PHOrESROR.  OKD. 

AlLiSUUEH  Uta  WläaSKSCUArTKK  l>  UtHaU»,  BKOnKL  «tc 


1.  BAND. 


f 


STülTGART. 
VERLAG  VON  W.  SPEMANN. 

im. 


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Ha-  nrc]  College  LHinry 

H'.ant  CoUcttlon 
Henry  LQlie  Piecoe  Fond 
Mii7  7i  UM> 


Dradt  von  OelnrMer  KnSner  In  8tutt««rt. 


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Inhaltsübersicht. 


I.  Was  wir  bieten  und  bitien.    Vom  HcrausKchcr   1 

IL  Vom  Beruf  unserer  Archive  In  der  Gegenwart   Vom  Herausgeber. 

I.  Archivbci-tanil  im  vorit;eu  Jahrhundert   4 

U.  Aenderuntten  der  Neuzeit   6 

ni.  Zerstreuung  von  Archivalien   8 

IV.  Ungeordnete  Archive   10 

V.  Aufpahon  des  Gosrh.lftsipbens   12 

VI.  Aufgaben  der  Wissenschaft   14 

VTI.  Versf hicdene  Ansichten  '   17 

HeyrifT  und  Wesen  öffentlicher  Archive   lü 

IX.  ArchivthätiKkeit  sonst  und  jetzt   28 

X.  Aufwand  und  Leistungen   26 

XI.  Nothwenditfe  Entwickhnig  des  Archivdienstcs   31 

.     XII.  Aiiit>[)flifhtfii    M 

XIII.  Anfordenmgen  der  Neuteit   86 

XIV.  Fachbildung?   38 

XV.  Fachstellung   40 

XVI.  Einheitliche  Verwaltung   42 

XVII.  Auflösung  der  alten  Hc^'i^tratiirtn   45 

XVIIL  Zusammenlt^ung  zerstreueter  Archive   48 

XIX.  Austausch  unter  den  Rf^Meriingen   50 

XX.  Aussch^^-idung  des  riitfeliörigeii   52 

XXI.  Vertheilung  der  Archive  im  Lande   55 

XXII«  Regelmassiger  Zufluss   67 

XXIU.  Ordnung  der  Archivalien   59 

XXtV.  Verbindung  mit  den  Archiven  der  ("lemeindenu.flenossenschaften  62 

XXV.  Berechtigung  und  Beschränkting  des  Archivgehcimnisses    .  64 

XXVL  Leichte  Rpnüt/.|j;irkpit  ih'v  Archive   .  fifi 

XXVII.  Veröffentlichung  von  Repertorien    68 

XXVIII.  Archivalienversendung   70 

XXIX.  Folgerungen   72 


IV 


InhalläObersicht. 


Seite 

III.  Das  bayerische  Archtvwesen.    Vom  Herausgeber. 

I.  (ieschitliUiclicr  lU'nklilick   76 

U.  Reichsarchiv  mit  Kreisarrhiven   86 

III.  Bauliche  Einrichtung                                               .    .  95 

IV.  Vt-rtlicilmi^^  der  Archivaliru  im  Laude   101 

V.  Anitsbibliotheken  und  Handakten   108 

VI.  Beamte   III 

VII.  Ausbildung  zum  höheren  Archivdienst   115 

VIII.  Konservirung  der  Archivalien   119 

IX.  Anordnunp  der  Arrlnvalien   124 

X.  An-hiv;ilisclitT  Staatsdirn^t   180 

XI.  Arcliivbeiiril/iiiit?                                                                 .  135 

XII.  Archivbfuützung  in  HccIiLssachen  .142 

XIII.  Archivalicnbenützung  zu  wissensoliallliclioni  Zwwk.    .    .    .  144 

XIV.  Archivbenützung  für  genealogische  und  ähnliche  Zwecke    .  146 

XV.  Ergänzung  dt  r  Archive   147 

XVI.  Arcliivulischo  Vcrzeichiuiiig   151 

XVU.  Sorge  für  die  Archive  der  Gemeinden  Stiftungen  und  Vereine  159 

XVin.  GeschäHsgang   161 

XIX.  Ueberwacliung  der  Archivverwaltung   166 

XX.  Kosten  und  Rechnungswesen   169 

IV.  Die  neueste  Organisation  der  Staatsarchive  in  Italien.   Von  v.  Zahn  .   .  174 

V.  Heber  Archiv-Neubau-  und  -Einrichtungen.    Von  Burkhardt   200 

VI.  Kurze  systomatischo  Uebersicht  dos  Inhalts  der  bayer.  Landesarchive     .   .  210 

Vit.  Aus  stadtischen  Archiven  Alibayerns.    \  oii  lioi^^ol   280  * 

VIII.  Ueber  Schreibsloffe  in  Bayern.    Von  Hock  in;:  er   246 

IX.  Eine  ächte  Urkunde  Kaiser  Karl  des  Dicken  und  <in«  theilwelse  ächte  Kaiser 

Arnulfs.    Von  l<io/.l(M    .   27<> 

X.  Fragmentarische  Erinnerungen  eines  alten  Archivar*.    Von  S ))  a  c  Ii  .    .    .  282 

XL  Literaturbericht   316 

XII.  Kleinere  Mittheilungen   824 


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L  Was  wir  bieten  und  bitten. 

Vom  Herausgeber. 

Läiij^st  geht  unter  Fachgonosseii  Klage,  wie  mannigfach 
das  AtThivwosen  in  Dcut.schland  liinter  den  Aufoidorungen  derdc^gen- 
wart  /.ui-ü(kgLl)liebon.  Auch  inr»chto  os  kaum  einen  andern  wicldigon 
Zweig  des  Staatsdienstes  geben,  für  welchen  selbst  in  hoher  gebildeten 
Ereisoi  w^ger  Verständniss  und  Interesse  zu  finden.  Was  des 
Arehivbeamten  tagliche  Aufgabe  WiricsamlEeit  und  Berufsfreude  ist, 
bleibt  gewöhnlich  hbter  alten  Mauern  vergraben.  Hier  und  da 
tauchen  Nachrichten  fiber  Inhalt  und  Einrichtung  von  Ardilvcn,  Vor- 
schlage zu  Verbesserungen  auf:  aber  selbst*  wenn  es  in  trefflichen 
Schriften  geschidit,  sie  Terschwinden  wieder  ohne  Nachhalt,  ohne 
Ergebniss.  Könnte  nicht  eine  S^itschrift,  die  regelmässig  dies  alles 
saniinelt,  erörtert,  und  vor  die  OcfTonlliehkeil  brinjjt,  und  welclio 
die  deutschen  Arehivbeamten  selbst  mit  einander  in  Icbliaflcrcn  Vor- 
kehr setzt,  wesentlichen  Nutzen  schaffen  V 

Auf  der  andorn  Seite  fehlt  es  an  einem  voriiiillelnden  Organ 
z\vis<-hen  den  Archivaren  und  den  Sfaalslicamlon  und  (Jeschichts- 
lorschorii.  Jene  müssen  diesen  entgegen  kfinunen  und  ihnen  /eigen, 
wo  und  wie  für  die  Staat sgeschälte  weseniliche  l>eilnilte,  liir  die 
Wisscnscliafl  historische  Sch;U/.e  aus  ilen  Arehiv(>n  zu  holen.  Fmge- 
kehrt  müssen  die  Staatsbeamten  die  Arcliive  lieben  und  fördern, 
dass  sie  nüt  Leiditigkeit  in  Rechts-  und  Verwaltungssachen  Dienste 
leisten,  und  die  Wissenschaft  muss  für  Geschichte  und  Erklärung 
wichtiger  ArcfaivtheOe  thfttig  werden  und  leitend  und  beldiend  auf 
die  Arcliive  zurückwirken. 

Sokhen  Zwecken  soll  unsere  »Archivaüsche  Zeitschriftc  dienen. 
Gleichwie  die  »Zeitschrift  für  Archivkundc  Diplomatlk  und  Geschichte« 

ArelilTAliMhe  Zeltielwlft.  I.  t 


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2 


Wa»  wir  bieten  und  bitten. 


von  Ilöfer,  Krhard,  und  v.  Mecleni  und  die  »7cit?rlnin  für  die  Arrliivc 
D(Mils(  hliiiid^:«  von  Friodomann  siliöno  Vorbilder  von  nur  zu  kurzem 
Leben  auistelilen,  so  soll  unsere  Zeilschrift 

I.  die  Organisation  und  Verwaltung  der  grösseren  Archive  in 
Deutschland  darlegen,  dabei  üne  Geschichte  und  die  Biographieen 
verdienter  Archivare  aufhellen,  und  über  den  Fortschritt  bedeutenderer 
Arbeiten  in  den  Archiven  Nachricht  geben.  Daran  Icnüpft  sich  von 
selbst  eine  Erörterung  der  Fragen  über  Verwaltung  der  Archive  im 
Ganzen  und  Grossoi,  über  ihre  innere  Ordnui^  und  Benützungswdse, 
über  ihre  Aufgaben  gegenüber  der  modernen  Staatsvonvaltung  und  dem 
jetzigen  Stande  der  Wissenschaft,  über  Einrichtung  der  Archivgel)riude, 
regelmässige  Zuleitung  der  Aklen  aus  den  Amtsregistraturen,  organische 
Verbindung  der  Vereins-  Stiftungs-  Gemeinde-  und  Familienarchive 
mit  den  Landosarchiven.  Ueberliauj)!  soll  sich  in  der  Zeitschrift  ein 
Sprechsaal  für  die  Inteips^cn.  die  Wünsrho  und  Ansichten  eröffnen, 
die  in  admini>tralivor  und  jiirisli.sclier,  histori.st  her  und  statistischer 
no/ichnng  bei  Staatsbeamten,  bei  (jenieinde-  Stil'fungs-  und  Pfarr- 
Vorständen  und  Advokaten,  bei  Historikern  jeder  Richtung,  aber 
auch  bei  den  Archivbeamten  selbst  laut  werden,  sobald  vom  Archiv- 
wesen die  Rede  ist 

n.  Sodann  soll  die  Zeitschrift  fiber  den  Inhalt  der  Archive,  und 
was  und  wie  in  ihnen  zu  suchen  ist,  orientiren,  also  gedrängte  und 
wohlabgeflsföste  Auszflge  aus  den  Repertorien  und  Regestensamm- 
lungen geben,  nebst  Beschreibungen  von  bedeutenderen  Gruppen, 
von  wertfavdlen  Urkunden,  Kodizes,  Amtsbuchem  und  Aktenserien. 
Dabei  sind  nicht  blos  die  öffentlichen,  sondern  insbesondere  auch 
die  im  Lande  zerstreuten  kleineren  Archive,  von  deren  Dasein  und 
Schätzen  oft  die  Wenigsten  Kunde  haben,  zu  berücksichtigen.  Wie 
weil  sind  uns  die  Franzosen  darin  voraus,  die  von  allen  ihren 
Aroliiven,  kaum  das  geheime  Ueichsarcbiv  ausgenommen,  die  Ver- 
zeiehnisso  verütVentlichen ! 

III.  Selbstverständlich  gehört  hierher  die  wissenschaltliche  Er- 
klärung der  Arehivalicn,  also  das  ganze  Cfebiet  der  Paläographie  und 
Diploinalik  mit  ihren  anziehenden  Aufgaben  und  riiitliseln,  sowohl 
was  die  Archivalien  der  älteren  als  auch  der  späteren  Zeit  bolrini. 
Wappen-  und  Siegelknnde,  sofern  sie  der  Geschichte  dienen,  schliessen 
sich  an. 

IV.  Kritiken  und  Hittheilungen  Aber  die  neuen  archlvalischc 
Literatur  des  In*  und  Auslandes  werden  vorzugsweise  zur  Richtig- 


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Was  wir  bieten  uud  billcn,  S 

slollun^'  (IcT  An.^ichten  wie  zum  Hervorheben  der  Entwicklung  und 
Bedürfnisse  dienen. 

V.  Auszuscliliessen  sind  dagegen  Editionen  und  historische  AI3- 
handlungen,  es  sei  denn  dass  sie  kurz,  von  ganz  besonderem  Interesse, 
und  auf  archivaltsche  Stadien  g^;ründet  sind,  oder  sich  auf  Kritik 
TOD  Urlnindeii  und  andern  Archivalien  bezi^n. 

Arbeiten  dieser  Art  zu  sammeln  und  zu  verbreiten,  dazu  mOchte 
vielleicht  in  der  zwölQährigen  Zratralleitung  von  neun  Archiven,  die 
zum  TheO  zu  den  grOssten  in  Deutschland  gefahren,  ein  Anruf  liegen. 
Von  ächten  Förderern  und  Freunden  aber  der  historischen  Wissen* 
Schaft  und  des  Archivwesens  wurde  das  Unternehmen  leUiaft,  ja 
freudig  begrüsst. 

Jeder  Berufene  ist  nun  eingeladen,  an  unserer  Zeitschrift  mitzu- 
wirken. Auch  sie  wird  einer  nationalen  Pflicht  dienen.  In  den 
Archiven  ruht  ein  Stück  nii>eror  fj-cscliichtlichcn  Vnlk^dirc,  und  wo- 
durch bes-er  lassen  sich  alle  Krinnerunt-n  n  niid  Falnln  der  Zwie- 
tracht austilj,'en,  als  dun  Ii  die  reine  Walirlieil  aus  den  Archiven? 
Audi  sie  halten  die  Aul'^^dx^,  auf  d;is  niächlif,'  ansi  liwelleude  Volks- 
k'l)on  Kinflnss  zu  ilhen,  das  Rech!  zu  schirmen,  die  Staatsverwaltung 
zu  untcrsliiL/.en,  und  der  WissonschaH  tiefweite  Fundgruben  zu  er- 
öfiTnen.  Nach  den  Erfahrungen  der  letzten  Jahrzdhnte  zu  schliessen, 
wird  mit  jedem  neuen  sich  steigern  ihre  praktische  wie  ihre  wissen- 
schaftliche Bedeutung. 


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IL  Vom  Beruf  unserer  Archive  in  der  Gegen waiL 

Vom  HerauBgeb«'. 

I.  Archivbettand  im  vorigen  Jalirliunderi 

So  lantrc  nnrli  pormanisclicm  IJrauch  dio  Vcränilornii^'cii ,  dlv 
mit  Grundbosilz  urul  Land  und  Lculen  vor  sich  t'''*«?^''»)  h\o<ä  in  der 
öfTentlichcn  regelmässig  wiederkehrenden  Gau-  und  Gerichtsversamm- 
lung verlautbart  wurden,  gab  es  l^eine  Archive  in  Deutscliland.  Als 
aber  die  Stifter  und  Klöster  anfingen,  zu  besserem  Gedächtniss  fibcr 
j^e  öffentlichen  Voi^nge,  die  sich  auf  Uiren  Grunderwerb  bezogen, 
erst  kurze  Notizenzettel,  dann  vollständigere  Urkunden  zu  sammeln, 
und  Fürsten  und  Könige  reichlicher  die  grossen  Stiftungspergamcnlc 
und  Privilegienbriefe  ertheilten,  bildete  sich  der  Koti  ZU  unsem 
Archiven.  Mit  dorn  Steigen  von  Verkehr  und  Füldung,  mit  doin 
Vordringen  städtischen  Lebens  ;iiir  »In^  Land,  mit  der  fort  und-fort- 
gohond(m  Zorsjilitterung  der  Grafs»  hallen  und  Für.stenthumer  in  kleine 
und  immer  kleinere  Slaalsfetzen ,  mit  dem  fröhlirhtMi  Aufwuchern 
der  mannigfalt irrsten  Gonossenschaflon  mehrten  sicli  die  Pergamente 
lilier  Statuten  und  lleclite  und  Freiheiten,  über  (Jerichlsbarkeiten, 
Liindertheilnn;.',  Gut--  und  llerrschatli^rechte  aller  Art.  Das  deutsche 
Reich  wurde  das  wunderlichste  und  malerischste  Gemenge  von  zahl- 
los verschiedenen  Lebenskreisen,  von  grossen  und  kleinen  politischen 
und  Idrchliciien  Grössen,  eiim  jede  mit  ihrem  besondern  Charakter 
und  Herrschaftsliesitz,  eine  jede  mit  ihrem  Archiv,  in  welchem  man 
sorgsam  die  alten  Handfesten  und  Weisthfimer  verwahrte. 

Diesen  reichen  Urkundenschatz  nahm  man  aus  dem  Mittelalter 
in  die  neuere  Zeit  mit  hinfiber.  Aber  schon  längst  hatte  im  Stillen 


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Vom  Beruf  inuerer  Archive  in  der  Gegenwart. 


5 


eine  imigt'koliHo  Bewegung  begonnen.  Der  rastlosen  Zorlheilung 
des  Lande-  iiiui  Volks  in  immer  kleinere  Splitter  trat  endlicli  wieder 
ein  Eini^'iinfr.slricl)  gegenüber,  der  fast  gleicli/.eitig  auf  allen  muchtigeren 
Summelpunklen  der  Ilerrseliaft  rege  und  von  der  önentlichen  Meinung 
unterstützt  wurde.  Denn  man  fühlte  und  ahnte  es,  dass  die  IClein- 
staaterei  mit  ihran  Geschlepp  an  Rechten  und  Formen  nimmermelu' 
genüge,  damit  ein  grosses  Volk  sich  auslebe  und  seiner  Erifle  firoh 
werde.  Ganz  von  selbst  ging  jeder  machtigere  Ffirst  darauf  aus, 
seine  Lande  zu  YergrOssern,  und  jedes  Stüde,  jedes  Anrechtstheilchen 
an  Gericfatsbarlceit,  an  Lehenrecht,  an  Landstandschaft,  an  Patronats- 
recht,  an  Schutzherrlichtceit  —  alles  wurde  geschickt  benutzt,  um 
Ansprilche  auf  Forst  und  Weide,  Fisch-  und  Mühlwasser,  Dörfer 
und  Pflegen,  Städte  und  Länder  zu  erheben.  Es  entstanden  endlose 
Streitigkeiten  Verhandlungen  Schiedssprüche  und  Verträge,  und 
sorgfidtig  suchte  Jeder  seine  verbrieften  Rechte  zusammen  und  hielt 
tlie  Urkunden  wohl  vcrljorgen.  Die  Archivgewölbc  wurden  llüst- 
kammern  für  Waffen  des  Angritl's  und  der  Vertheidigurig.  Si<'  nillli  n 
sicii  mit  Pergamenten  gross  und  klein  und  mit  schrlftlii  lien  Uewei-en 
ohne  Ende.  Fortan  legte  sich  das  Geheimniss  mit  schwerem  Schloss 
und  Riegel,  vor  die  Archive,  und  wenn  der  Archivar  in  s  »Brief- 
gewölbec  hinabstieg,  sah  er  scheu  sich  um,  ob  ihm  auch  Jemand 
folge. 

Zu  gleicher  Zeit  empfingen  die  ÄrchiTe  ehien  dritten  Bestand- 
theil,  der  mit  jedem  Jahrhundert  in  die  Breite  wuchs.  Der  Staat 
konnte  den  Aufgaben  der  Zeit  ohne  eine  Menge  Beamte  nicht  mehr 
genügen.  Je  mehr  die  politische,  administratire,  richterUcfae  Thätig^ 
keit  für  das  ganze  Land  sich  am  Hofe  des  Fürsten  konzcntrirte,  um 
so  grosser  wurden  nothgedrungcn  Zahl  und  Arten  der  Behörde, 
die  er  zur  Regierung  brauchte:  beständig  schälten  sich  neue  aus 
den  bestehenden  heraus.  Beamte  aber  fühlen  ihre  Verantwortlichkeit 
dem  Fürsten,  den  Landständen,  der  Oeffentliclikeif  L'efronüber:  sie 
suchten  sich  also  y.u  decken,  indem  sie  alles  schriltlicli  machten. 
Das  siegreiche  Findringen  aber  des  römischen  Rechts,  welches  das 
alte  ehrbare  Herkommen  zersetzte,  machte'  ebenso  ein  l)loss  münd- 
liches wie  rasches  Verhandeln  unmöglich.  Schon  das  Pergament 
musste  sich  im  fünfzehnten  Jahrhundert  hergeben  zu  langen  Rechts- 
ausführungen.  Sobald  aber  mit  Vcrbreitmig  des  Papiers  der  Schieibstofr 
80  billig  und  das  Schreiben  selbst  so  leicht  wurde,  gab  man  gleich 
die  ganze  Fdgereihe  der  Verbandlungen  scbriftUcb,  wSlirrad  früher 


6 


LSher: 


bloss  ihr  S('lilussorgo})niss  l)ourkundel  wurde.  Wo  man  früher  in 
Wachslafelbüchlein  die  Leistungen  der  Pflichtigen  eintrug  und  weg- 
wischte, da  legte  man  jolzt  Folianlenreilien  von  Grund-  und  Lager- 
büchern an.  So  entstanden  bei  hohen  und  niodorn  Hehörden  Aklon- 
archive,  und  als  die  Akten,  welche  sich  über  die  allp-cmeinen  Lamles- 
angelegen heilen  verbreiteten,  zu  den  fürstlichen  Aichiven  hinzutraten, 
ergab  e.s  sicli  aus  der  Natur  der  Sache,  dass  man  das  geheime 
Haus-  von  dem  Kanzleiarcliiv ,  archivum  sccretum  und  arcliivum 
canccllariae,  wie  Struve  sie  nannte      zu  scheiden  anfing. 

Stets  aber  umhüllte  der  alte  Archivcharaktcr  noch  mit  seinen 
dunlceln  Schatten  die  Ansammlungen  von  Urkunden  und  Akten: 
ohne  Heimlichkeit  und  sielienfache  Schlösser  liess  kein  Archiv  sich 
denken.  Erlangte  ein  Forscher  aus  besondem  Gnaden  Eintritt,  so 
hatte  er  sich  mit  dem  zu  begnügen ,  was  man  ihm  vorlegte,  und 
durfte  schon  eilen,  dass  er  mit  der  Durchsicht  ifertig  werde.  Was 
er  au&chrldl),  musste  er  vorzeigen,  damit  man  bcflndc,  ob  er*s  mit- 
nehmen könne.  Musste  aber  der  Archivar  Schriftstücke  aus  seinem 
Gewölbe  herauslassen,  so  begleitete  er  sie  in  eigener  Person,  legte 
»e  vor,  erklärte  sie,  und  brachte  sie  zum  Verschluss  zurück, 

II.  Amdermgen  dar  KaHzeli 

Zu  Ende  des  vorigen  Jahrhunderts  wurde  das  Staatswesen  von 
Grund  aus  ninjiostaltet.  Die  kh'(>n.  die  in  weil  vorblickcndcn  rtoislcrii 
bis  auf  Friedrich  den  Grossen  und  Josejih  IL  tre/.üddct  hatten, 
brachen  sich  in  der  franzüsisdien  Umwälzung  gewaltsam  Uahn  uml 
überflutheten  die  Völker  in  unwiderstehliclier  Strömung.  Der  Staat 
schied  von  sich  ab,  was  ihm  von  der  Natur  des  Haus-  und  Familien- 
Vermögens  anhing,  der  Staat  wurde  Hort  und  Master  für  alle  und 
durch  alle,  wurde  der  durchgreifende  Gesetzgeber  und  Ordner, 
Wächter  und  Richter  für  die  mannigfachsten  Lebenskreise.  Jetzt 
konnte  sich  in  Deutschland  die  Menge  der  Stäätchen  nicht  mehr 
halten:  Bisthfimcr  und  Abteien,  Ritter-  und  Qrdenslande,  Reichs- 
städte und  Fürslenlliumcr  wurden  von  den  grösseren  Staaten  ver- 
schlungen. Auch  die  Landstädte,  die  Klöster,  die  Schul-  Dom-  und 
andere  Stiflungen,  selbst  viele  geistliche  und  weltliche  Genossen- 
scbaflen  mussten  ihr  selbständig  lieben,  häufig  sogar  ihren  Güter- 


>)  Corp.  jur.  publ.  c.  SO,  §.  23. 


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Vom  Beruf  unserer  Archive  iu  der  Gegeuwari. 


7. 


bestand  dem  Staate  zum  Opfrr  bringen.  Nocb  nicht  genu;.'-,  iiueU 
im  Güterrecht  der  Privaten  ging  eine  tiefgreifende  Aenderung  vor 
sich:  aus  den  Ikmden  und  Lasten  der  Iclms-  und  guisherrlichen 
V'crälrickiU]g  sciiülte  sich  aller  Orten  das  trcio  klare  U rundeigen thum 
heiTor. 

Die  natärliche  Folge  war,  dass  der  Staat  jetzt  eine  Menge  von  • 
Organen  bedurfte  und  sich  schaffte.  Verwaltung  und  Gericht  schieden 
sich.  Die  Ministerien  zogen  gegen  einander  scharfe  Gränzlinien,  und 
m  den  llmisterien  sonderten  sich  verschiedenartige  Amtsgebiete  aus. 
Udserall  griff  der  Grundsatz  der  Arbeitstheilung  durch,  und  jedes 
Amtsgebiet  erzog  sich  fortan  seine  eigenen  Beamten,  die  fiir  das 
Fach  wissenschaftlich  und  praktisch  eingeschult  wurden. 

Und  die  Archive?  Alles  änderte  sich,  sie  allein  änderten  sich 
nicht 

Dil'  Archive  waren  und  ijürben  der  sclmflliche  Niederschlag  je<ler 
Thätigkeit  der  üllentlichen  Gewalten  und  jedes  Theilcliens  einer 
Staatsgewalt,  sie  waren  und  Ijlicljcn  auch  denn  stefe  Jit-gleilei-, 
Halb-  und  Bew'eisgeber :  sie  hatten  also  mit  der  Neugestaltung  des 
Staatswesens  sich  ebenfalls  neuforinen  und  ihre  eigene  Verwaltung 
bekonmien  müssen.  Es  erfolgte  aber  iu  den  meisten  Ländern  nichts 
weiter,  als  dass  der  Staat  die  Archive  der  Säkularisirten  und  Me- 
diatisirten  einzog  und  zusammenlegte. 

Diese  vielen  kleinen  Archive  hätten  nun  zum  organischen  Ganzen 
gegliedert  werden  müssen,  gleichwie  der  Staat  die  Landesgebiete, 
deren  historisches  Leben  sich  in  ihren  Archiven  abgeprägt  hatte,  in 
seine  Provnizen  einschmolz.  Sie  verharrten  aber,  das  war  die  Regel, 
hn  hergebrachten  Zustande  eines  todten  Nebeneinander. 

Das  ganze  Staatswesen  wurde  koiL<lilutionell:  nur  in  dem  Theil, 
welcher  die  Landesarchive  um£asst,  blieb  etwas  von  der  alten  Staats- 
anschauung  hartnäckig  festsitzen. 

Ja ,  die  Archive  verbliehen  auch  gewöhnlich  in  Bausch  und 
Dogen  unter  den  Ministerien  des  k.  Hauses  und  der  auswärtigen 
Angelegenheiten,  wenn  auch  ihr  Hauptinhalt  längst  eigentliche  Landes- 
sachen unifasste,  und  obgleich  die  nachb.a  lichen  Dinv-renzen ,  die 
einst  in  den  Archiven  soviel  Gesandtschal'tsberichte  Streitakli;n  und 
Verliandlungen  aufiiäutlen,  längst  und  für  immer  verstummt  waren; 
denn  die  feindlichen  Nachbarn  waren  ausgelöscht  aus  dem  Budie 
der  Lebendigen  und  ihre  Länder  einverleibt. 

Zu  d^ocher  Zeit  hatte  sich  in  der  historischen  Wissenschaft  eme 


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8 


Löher: 


neue  Macht  oihohon,  die  ganz  aiulere  Aiispiüt  lu'  an  die  An  liivu 
stellte,  als  allo  Forschunfjp  dicticm.  Sic  zcitlK-iUe  sich  in  politischo 
Gcschiclile,  Rechlsgiscliiclite,  KiR-hengeschithtc,  Kunst-,  Kultur-,  und 
Wirthschaftsgoschichtc,  sie  erzog  sich  neue  Hülfswissenschaflcn  in 
der  Paläogrupliie,  Diploniatik,  Heraldik,  Spbragistik,  Genealogie  und 
Statistik,  und  Ton  all  diesen  Gebieten  griffen  die  Forscher  tief  in  die 
Archive  hinein  und  wandten  suchend  und  prüfend  manches  Blatt  um, 
ob  es  ihnen  Stoif  gebe.  Die  Wissenschaft  verschmähete  es,  langer 
von  blossen  Ideen  und  hergebrachten  Ueberlieferungen  zu  leben:  sie 
wollte  die  Thatsachen  aus  ihren  unmittelbaren  schriftlichen  Zeug- 
nisse erforsrhon  und  vergleiche. 

Man  hätte  denken  sollen,  gegenüber  diesem  Jiehnfach  gesteigerten 
wisscnschan liehen  AVorth,  gegenüber  diesen  hundertfach  gesteigerten 
Anforderungen  hätten  die  Archive  neues  Leben  bekoninien,  hritten 
durch  viclvcrniehrtc^  Thfdigkeit  sich  auflielien  müssen  bis  in  ihre 
Tiefen.  Was  erfolgte?  Die  Wissenschaft  halle  ('ini;,'cn  Vorlheil  davon, 
dass  ihr  die  alten  Reichs-  Kriegs-  und  Ucliginiis-Ücschiditcii  saiiinil 
den  Archiven  alter  ßisthüuier  Stille  Klöster  unil  Ucichsslädtc  zu- 
gänglicher wurden.  Im  Ganzen  und  Grossen  aber  beharrlen  die 
meisten  Archive  als  unbewegliche  todtc  Blassen,  und  nicht  wenige 
hüllen  sich  mit  ihren  ältesten,  wie  mit  ihren  neuesten  Urkunden  noch 
immer  in  ein  Geheimniss,  das  zuweilen  groteske  Formen  annimmt. 

Hl.   Zerstreuung  von  Archiven. 

In  der  Revolutionszeit  aber  gestalteten  sich  die  archivalischen 
Zustände  noch  viel  bedenklicher. 

Vor  hundert  Jahren  bcsassen  noch  jedes  Stift  und  Kloster,  jede 
Stadt  und  Genossenschaft,  jeder  grosse  und  kleine  Fürst  ihr  Are  hiv, 
und  sie  hielten  alle  grosse  Stücke  darauf,  nicht  bloss  um  der  lie- 
wcise  ilu'er  Besitzreehle  und  Freilieiten  wilK'n,  sondern  schon  atis 
alter  Gewohnheil,  aus  Aditunir  vor  dem  Allüberliefeiten.  aus  Klir- 
und  Selbslgefühl.  Wenn  auch  arigsllich  trehütel  um!  versclilussen 
hatte  doch  jedes  Archiv  das  Seinige  wohl  beisaiiuuen,  und  war  es 
an  seinem  lleimathsorte  zu  linden. 

Jetzt  brausete  der  revolutionäre  Sturm  daher,  entwurzelte  die 
allen  historischen  Stänune,  brach  ihre  Wipfel,  warf  sie  über  und 
durcheinander.  Neue  Herren  kamen  über  die  Archive  und  fühlten 
natürlich  wenig  von  der  Scheu  und  Achtung,  mit  welcher  sie  die 


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Vom  Beruf  lUMera*  Archive  in  der  Gegenwart. 


Ei pffiit Immer  belrachtel  hatten.  Alle  politiachen  und  grundlierrlichon 
Verhältnlsso  schienen  sich  umzuwälzen:  wozu  ihre  sschriniiclicn  Tanf- 
schcine  noch  länger  bewahren?  Ja,  es  erfapstr  die  meisten  Mensehen 
ein  wahrer  Hass  go^'on  die  alfon  Schriffon  und  Pergamonte,  die  Be- 
weise und  StiUz.on  der  Feudallici  rli( iikcit.  E>  ist  p'nr  nicht  zu  sagen, 
wieviel  ko.-tbare  Archivalien  in  lier  Zeil  von  1802  bis  1815  verkaull, 
verschleudert,  für  immer  zu  (Jrunde  gegangen.  Der  alte  Geridils- 
direktor  Wigand,  der  die  (Iiinidlagen  zur  westKdischen  Rechlsgo 
seliichle  legte,  pflegte  zu  ei-zählen,  wie  er  selbst  es  niitangesehen, 
dass  grosse  Acrntewagen  unter  die  Fenster  der  Türstlichen  Abtei 
Corvey  gefiüuen;  die  Leitern  sden  mit  LeintOchem  ausgeschlagen 
gewesen,  als  hätte  man  Rfibsaat  Tom  Felde  holen  wollen;  aus  den 
Fenstern  seien  die  Urkunden  kunterbunt  hinunter  geschüttet;  Wagen 
auf  Wagen  voll  sei  fortge&hren  zu  den  Magazinen  der  jödischen 
Händler.  Wekhes  deutsche  Land  oder  Lfindchen  wüsste  nicht  ähn- 
liche Geschichten  vom  Untergang  alter  Archivschätze  zu  erzählen! 

Ni(  ht  wenigen  Archiven  schlug  gerade  die  Sorge,  sie  zu  retten, 
zum  Venlerben  aus.  In  den  langen  Kriegsunruben  fürchtete  man 
bald  hier  bald  dort  den  Einfall  räuberischer  Feinde,  dann  trioi»  die 
alte  Vorstellung  vom  Geheinmiss  der  Archive  zur  Fludit  niit  ihnen. 
Gleich  nach  der  Schatzkammer  kam  das  Archiv  auf  die  Hetluiigs- 
wagen.  In  Hast  und  File  wurde  verladen,  die  Srlirirtstiicke  gerielhen 
durch  einander,  und  öller  grifT  man  zu  unbetlout enden  Aktenmas?en 
und  Hess  die  schönen  Kodizcs  im  Stiche.  Nun  ging's  bei  iN'aclit  und 
Nebel  von  dannen,  bis  man  in  ein  befreundetes  Land  kam,  und 
häufig  waren  die  Kisten  Irgendwo  kaum  nothdfirftig  geborgen,  als 
der  Feind  schon  nachrückte,  das  Flächten  von  neuem  begann,  und 
der  Transport  zuletzt  aul^fangen  oder  hierhin  und  dorthin  ver- 
schleppt wurde. 

Nur  zwei  Beiqnele  aus  der  Rheinpfiilz.  »Nach  Nachrichten  vom 
iMSch^iclien  Ordinariat  in  Speyer  ist  das  alte  Archiv  des  Domkapitels 
zu  Speyer  zur  Zeit  der  französischen  Revolution  na<  h  Karlsruhe  ge- 
kommen« *).  Mit  dem  Wesentlichsten  des  fürstlich  Zweibrücker 
Archivs  flüchtete  Hachmann  im  Jahr  1793  erst  nach  .Mannheim;  ein 
Jahr  später  suchte  er  Sicherheit  für  einen  Theil  in  Heilbronn,  für 
den  andern  in  Anspach;  erst  nach  dreijulirigem  Exil  kelirte  das 


')  Burkharde  Haud-  und  Adressbuch  der  deutschen  Archive.  Leijnig  1876. 
Seite  2. 


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Archiv  zurfick  nach  der  schönen  Rheinpfalz um  spater  theilwdse 
eine  andere  Zuflucht  im  Elsass  zu  finden,  von  wober  es  erst  m  den 
letzten  Jahren  nach  HOncfaen  iuun. 

Die  geistlichen  Herren,  die  Aebte  Prioren  und  Chorherren,  die  vor 
allen  andern  ihre  Archive  hi  der  scbSnsten  Ordnung  hatten,  pflegten 
die  Schütze  derselben,  ehe  sie  ihre  alten  schönen  StiMtze  vwliessen, 
unter  einander  zu  voriheilon,  um  sie  besser  retten  zu  können,  und 
schlugen  dann  gcwöhnUdi  den  Wog  ein  die  Donau  hinunter. 

Auf  solche  Welse  sind  viele  Archive,  besonders  die  der  Klöster 
und  Stifter,  sowie  der  kleinen  Dynasten,  jedoi  Ii  auch  grössere,  theils 
zerstreut  und  zu  Verlust  gegangen ,  theils  an  Orte  gorathen ,  wo 
Niemand  sie  mehr  sucht  und  die  jetzigen  IJesitzer  sie  kaum  mclu: 
kcmicn  und  beachten. 

IV.  tJngeordnet«  Archive. 

Blieben  nun  auch  in  andern  Gegenden  die  Archive  unangetastet, 
80  ergaben  sich  doch  durch  die  Mediatisumngen  und  LSnderaus- 
gleichungeil  für  sie  mancherlei  UebelstSnde. 

Wurde  em  Territorium,  das  sich  hi  hingem  Laufe  der  Zeit  ge- 
schichtlich gebildet  hatte,  getheüt  und  kam  der  eme  TheO  an  diesen, 
der  andere  an  jenen  Staat,  so  musste  auch  das  Archiv  gethellt 
werden.  Allein  die  Ausführung  war  und  blieb  eine  missliche  Auf- 
gabe. Der  Ilaupttheil  in  jedem  Archiv  hatte  sich  über  das  ganze 
Land  erstreckt  und  Hess  sich  seiner  ganzen  Natur  und  Bildung  nach 
nicht  zerreissen.  Wer  das  Uebrigo  bekam,  dem  fehlte  die  Anlehnung 
an  den  IIauj)ttheil.  Nicht  aber  das  Grössen verhiUtniss  der  gctheilten 
Länder  entschied,  sondern  meist  nur  der  zutallige  Umstand,  welcher 
Theil  im  Besitze  der  Stadt  oder  des  Schlosses  bliel),  welche  das 
Archiv  beherbergten.  Weil  der  gegenseitige  Au~tausch  ein  ebenso 
langwieriges  als  undankbares  Geschäft,  so  begmi-te  man  sich  mit 
dem  AllernoUiwendigsteu,  und  es  darf  nicht  Wunder  neluuen,  wenn 
hl  ^ser  Richtung  noch  viel  zu  thun  übrig  gelassen  ist 

Aber  selbst  da,  wo  die  Archhre  der  mediatisirt^  Reichsständc 
hl  emem  Staate  beisammen  blieben,  erhoben  sich  für  die  Archivare 
Berge  von  MflhsaL  Man  sah  sich  auf  ehimal  im  Besitze  vieler  alten 


*)  G.  A.  Baehmanii  Ueber  Arehive^  Ambov  und  Suhbadi  laot*  Vor- 
rede X— xm. 


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Tom  Bernf  unBerar  Archive  in  der  Qegenwait. 


11 


Schridniassen,  die  in  die  Landesarchive  nicht  recht  passtcn.  Uäierall 
dafür  besondere  Archivbeamte  anztistollon,  war  unmöglich:  man  zog 
sie  also  mehr  und  mehr  zusaniiiion  und  brachte  sie  nnthdürftig  unter. 
Bald  strömten  neue  erdrückoiulc  Ahissen  zu  don  IIaui»tsammelpunkfon. 
E^^  rohltc  an  Raum,  sie  lichtvoll  aufzustellen,  es  fehlte  an  Arcliivaren, 
und  im  Dranp:  der  laufenden  Geschälte  fehlte  es  auch  an  Zeit  und, 
was  die  Hauptsache,  es  fehlte  vielfach  an  der  rechten  Liebe  zur 
Sache.  Man  begnügte  sich,  die  Archive  der  Reichsstädte  und  Ritter- 
orden, der  Stifter  und  KlOster,  der  Dynastien  und  FOrstenthümer, 
in  der  Ordnung  oder  Unordninigt  wie  sie  anlangten,  aufeustenen  und 
aliEulBgem,  wo  und  wie  man  Platz  hatte.  Gorade  in  Bezug  auf  die 
Ardiive  konnte  man  sich  so  schwer  zu  einem  durchgreifenden  Ver- 
fahren entschliessen,  wdl  dazu  die  erste  Voraussetzung  war,  die 
Zahl  der  Archivbeamten  noch  fiHnffiicfa  zu  Termeliräi.  Wie  aber 
hätten  die  paar  Archivare,  die  sich  vorfanden,  die  kolossale  Arbeit 
vollziehen  können,  zumal  sie  nicht  geringe  Vorstudien  verlangte! 

Der  Freiherr  v.  Hagke,  der  sich  im  norddeutschen  Reichstag 
1868  des  Archivwesens  annahm,  führte  damals  an  :  »Es  sind  z.  B. 
Nassau  Kurhessen  Darmstadt  Luxemburg  in  der  Organisation  ihrer 
Archive  noch  so  weit  zurück,  dass  die  Archivare  derselben  noch 
lange  zu  Ihun  haben  werden,  um  überhaupt  ihre  Hestände  kennen 
zu  lernen.  Ueber  den  Wirrwarr,  der  in  dieser  Beziehung  hier  und 
da  herrscht,  bemerken  wir  nur  als  ein  Beispiel,  dass,  als  wir  im 
Jahre  1865  das  nauptslaalsarchiv  in  Kassel  besuchten,  uns  Nieniand 
anzugeben  vermochte,  wo  die  Urkunden  und  Akten  des  alten  Ilers- 
felder  Archivs  hingekommen  seien,  dass  das  Fuldaer  Archiv  noch 
nicht  aufgestellt  war,  und  dass  das  alte  Marburger  Deutschordens 
ArduT  noch  in  Eisten  verpackt  auf  dem  Dachboden  lag,  ganz  so 
wie  dasselbe  der  verstorbene  Archivar  Dr.  Landau  vor  Jahren  aus 
Marburg  gdiolt  hatte«  In  den  letzten  Jahren  ist  in  den  genannten 
Archiven  viel  geschehen  zur  bessern  Ordnung,  —  wo  aber  hätte  man 
nicht  rdmlicho  Erfahrungen  gemacht ! 

Allein  noch  eine  andere  Thatsaclie  fällt  schwer  in's  Gewicht 
Gar  vielen  Archiven  fehlt  die  nothwendige  Ergänzung  aus  den  letzten 
Jahrhunderten.  Bei  der  rasch  sich  steigernden  Thatigkeit,  welche 


*)  Frlir.  V.  Hagke:  üeber  die  WiederfaM^tolluiig  eines  deulschen  Roiclis- 
arehivs  und  ühor  l'cformen  im  Aiv]iiv\vp'«on,  rlin  18(18.  Seite  15.  Separat* 
abdruck  aus  Dr.  Uirth's  Annalen  des  norddeuläclieii  Bundes,  Heft  U. 


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12 


LOber: 


in  allen  Zweimen  ties  (jfFcntlichcn  Wesens  Ihn-  iiml  Ncubilcliini^'eii 
schäm,  halx'ii  sich  hei  Ministerien.  Uegierun','t>ii  nnd  .Slatthallereien, 
Appellationsliölen,  Konsistorien  und  Generalvikariatcn,  ja  auch  bei 
untern  Gerichts-  nnd  Ver\valfungsl)ehörden  grosse  Ansaninilungon 
von  allen  Urkundenhänden  und  Akten  gebildet,  sogenannte  reponirte 
oder  anliquirle  llegistraluren.  Diese  bestehen  als  ebenso  viele  kleine 
Archive,  aber  ungesichtet,  und  stets  etwas  Halbes.  Dehn  das  Werth- 
voUe  darin  steckt  unter  Hassen,  welche  der  Aufbewahrung  nicht 
Werth  sind,  und  das  Ganze  entbehrt  des  natürlichen  Zusanunenhangs 
mit  dem  historisch  Vorhergehenden.  Die  aber,  weiche  ans  diesen 
Aktenarchiven  über  gewisse  Fragen  Auskunft  geben  sollen,  besitzen 
sehr  bftufig  weder  das  archivalische  Geschick  noch  das  wissenschaft- 
liche Vefständniss,  wie  die  juristische  oder  administrative  oder 
hbtorische  Ausbeute  leicht  und  sicher  heraus  zu  ziehen. 

Dies  führt  bereits  in  die  Frage  hinein,  welche  AuTgabcn  die 
Arclüve  zu  lösen  haben. 

V.  AnfgabM  des  GescMIftilebtnt. 

Fort  und  foit  entstehen  bei  Ministerien  und  Regierungen,  hei 
CJerichtshöfen,  bei  städtischen  Verwaltungen,  hei  kirchlichen  und  an- 
dern Stellen  und  Behörden,  aber  auch  häutig  genug  bei  Privaten, 
vermögensrechtliche  Fragen,  die  ihre  Lösung  nur  in  den  alten  Schriften 
finden  können.   Beispielsweise  seien  einige  dieser  Fragen  aufgcfülirt: 

Welche  Rechte  «nd  Pflichten  in  Bezug  auf  Besueh  und  Unter- 
halt einer  bestimmten  Kirche  oder  Schule  hat  eine  bestimmte  Ge- 
meinde? Von  wem  rähren  die  Benefizien  an  einer  Kirche  oder  Kapelle 
her?  Bestanden  oder  besteben  daran  Simultanrechte? 

Welche  Erbbestands-  oder  Rekognitionsgdder  oder  andere  Grund- 
laslen  ruhen  auf  einem  bestimmten  Bauemhof?  Welche  Ewiggdder 
lasteten  darauf? 

In  welchem  Lehensverbande  stand  ein  bestimmtes  Rittergut,  und 
welche  Pflichten  ergaben  sich  daraus? 

Welches  war  der  alte  Name  einer  Ijestiminten  Oeriliclikeit  V 

Wie  verhielt  es  sich  in  diesem  Bezirke  mit  der  landes-  oder 
slamie.s-  oiler  gulsherrlicheii  ( lericlifsbarkeil  V 

Wer  sind  die  Erbauer  einer  Strasse,  und  wer  ist  verhiuiden,  sie 
im  Staude  zu  erhalten?  Wie  stand  es  auf  dieser  Strasse  mit  Zoll 
and  Mauth  und  Wcggeld  ':' 


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Vom  Beruf  unserer  Archive  in  der  Gegenwart  1$ 

Wann  und  wie  und  mit  welchen  Rechten  entstand  eine  be- 
stimmte Ansiedelung? 

Wie  verhielt  es  sich  auf  diesem  Grundstück  mit  Wege-  Wasscr- 
und  WeideflenitutenP  wie  mit  der  Fisdieiei  in  diesem  Fluss  oder  See? 
wie  mit  Twlassenon  Flusdiette  und  AUuTionen?  wie  mit  dem  Recht 
■auf  Bau-  und  Brandholz,  Raff-  und  Leseholz,  Laub-  und  Streu- 
sammehi  hi  diesem  Forste?  Wie  mit  Jagdrediten? 

Welche  Rechte  standen  in  einem  bestimmten  Jahr  einer  Person 
zu  aus  Vermftchtniss,  Stiftung,  Familienfideil[ommiss  oder  fthnlichem 
Rechtstitel? 

Bei  manchen  Historikern,  welche  solche  Frajren  lesen,  stossen  sie 
violleicht  auf  vornehmes  Abweisen,  als  geiiöi  te  dci^leichen  nicht  zum 
Beruf  eines  Archivars.  Sind  diese  Historiker  jemals  Archivbeamte 
gewesen  ? 

Man  könnte  ahm-  einwenden:  solche  niiUelalterlK'hc  (Iiitcrrechte 
und  Servituten  werden  ja  alle  jetzt  abgelöst  und  ein  für  ;ill<'iii;d  neu 
goregelt,  was  braucht  es  da  noch  lanpc^  Wilhlens  in  alten  Schrillen  ? 
Gewiss,  unsere  Zeit  dnlngt  dahin,  dass  (<s  nur  reines  freies  Eigen- 
thum und  Steuern  auf  gleichem  Fuss  gebe.  Noch  aber  sind  wir 
nicht  so  .weit,  und  es  wird  noch  lange  dauern,  bis  ail  solehe  Reehts- 
verhfiltnisse  so  fest  und  deutlich  neu  geordnet  shid,  dass  man  nie- 
mals alte  Zeugnisse  vorzulegen  braucht 

Allein,  w^en  nicht  auch  dann  noch  auf  vielen  andern  Gebieten 
Fragen  auftauchen  und  zwar  immerfort  auftauchen,  die  nur  dadurch 
ToUstfindig  ni  lösen  sind,  dass  man  auf  die  firOheren  Zeiten  zurOck- 
güht  ?  Nur  auf  historischem  Woge  lässt  sich  jedes  dauernde  Rechts- 
verhällniss  bis  zum  Grunde  eibellen« 

Solche  Gebiete  sind: 

Landesherrliche  Rechte  gegenäber  Städten  und  Gemeinden,  Kor- 
porationen und  Stiftungen; 

Landesherrliche  Rechte  circa  sacra,  Tischtitcl,  Pfarrbesetzung 
und  Patronatsverhällnisse; 

Rechtsstellung  der  Domkapitel  und  anderer  kirchlichen  Be- 
hörden ; 

Stiftungen  für  den  Staat,  für  Gemeinden  und  Genossenschaften 
und  Familien  mit  ihren  Statuten,  Güterrechten,  und  sonstigen  Rechts- 
verhältnissen ; 

Geltung  von  Statutar-  und  Parliknlarrechtcn  zu  einer  bestimmten 

Zeit; 


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14 


Löher: 


Gr&nzen  von  Forsten,  Guts-  and  Gemeindeflaren,  Wasserläafe, 
Muhlbachsgerechtigkeiten,  Apothekenrechte  und  dergleichen; 

Herkunft  von  Familien  und  Gemeinden  und  deren  fHihere 
Stellung  im  öflientlichen  Recht; 

Erbrechte  aus  alten  und  neuen  Rechtsverhältnissen; 

Bereich,  Organisation  und  Wirksamkeit  froherer  Staatsbehörden 
und  Hofstellcn; 

ßcurlheilung  der  Aechtheit  von  Dokumenten. 

Doch  j;,'an7.  ahgosclien  von  einzelnen  Fällen  und  Fragen  —  wer 
ein  Stück  stuullichen  oder  reclillichcn,  kirchlichen  oder  sozialen  Leljon«? 
behandeln  will,  wirklich  verstehen  kann  er  es  nur,  wenn  er  sein 
geschichtliches  Werden  erfrnindet.  Stets  werden  die  Oi*p.ine  des 
Staats  auf  die  früheren  ricchlsverliältnisse  und  wirthschaftliciien 
Zustände,  auf  die  früluren  Ijehördcii  zurückgreifen,  wo  irgend  ein 
hedeutender  Gegenstand  der  (leselzgcbung,  der  Verwaltung,  häufig 
selbst  der  Justiz  zu  entscheiden  und  fortzubilden  ist.  Wo  das  nicht 
geschieht,  geruth  auch  die  Neubildung  flüchtig  und  locker.  Denn 
für  das,  was  noch  lebt  und  täglich  neuer  Prüfung  bedürftig  ist, 
gibt  es  keine  IsoUrsehiehte,  die  es  von  sehiem  früheren  Werden 
abschlösse. 

Gewiss,  in  die  Archive  kommt  nur,  was  in  der  Vergangenheit 
entstand,  —  darum  aber  ist  es  so  wenig  todt  und  abgethan,  als  die 
jungen  Zweige  dem  Tode  verfollen,  wenn  ihnen  Hdz  und  Rinde 
erhärtet  und  erstarrt.  Staat  und  Gesellschaft  sind  ein  lebendiger 
Baum,  und  wer  Blatt  undBlüthe  der  Gegenwart  kennen  lernen  will, 
mus';  vor  Augen  Stamm  und  Aeste  haben,  wie  sie  im  langsamen 
Wachsthum  geword^  sind* 

VI.  Aufgaben  der  Wiitamehaft. 

Die  Franzosen  hatten  bei  ihrer  ersten  Staatsuniwälzung  den 
neschluss  gefasst ,  mit  dem  historischen  Schutt  gründlich  aufzu- 
räumen: den  schriftlichen  Zeugen  aber  der  Vergangenheil  und  ihres 
Rechts  war  ein  förmlicher  Ausrottungskrieg  erklärt.  Moderdufl 
schien  sie  zu  umhüllen,  man  konnte  nicht  rasch  genug  damit  zu 
Ende  kommen.  Und  jetzt?  Fast  jeder  Archhrar  in  Frankreich  geräth 
m  bittere  Verlegenheii,  sobald  es  sich  um  eine  ortsgesebiehüiehe 
Frage  seines  Gebietes  handelt  Die  Revolution  erklärte  alles  histo- 
rische Recht  für  angehoben  und  wollte  ein  Gesetzbuch  rein  aus 


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Vom  Beruf  unserer  Archive  in  der  Gegenwart.  15 

Vernunft  und  yerstand  henrorscböpfen:  da  aber  Versuch  auf  Ver- 
such Uäglich  ausfiel,  mussAe  man  zuletzt  froh  sein,  als  der  erste 
Napoleon  römische  und  germanische  Rechtsinstitute  zusammenldmte. 
Nur  ihr  nalQrliches  Geschick,  ihr  glänzend  praktischer  Smn  hilft  den 
französischen  Juristen  iSbee  die  klaffenden  Lficken  in  ihrem  Code 
hinweg,  und  gar  gerne  graben  bedeutende  Mfinner  den  wenigen  histo- 
rischen Wurzeln  nach,  die  m-h  nocli  darin  antreffen  las^scn.  Ja 
man  darf  sagen,  je  mehr  die  Bildung  eines  Franzosen  von  der  Ober- 
fläche in  die  Tiefe  gehl,  um  so  schwcrmiithiprer  laulet  selpe  Klage 
über  den  Mangel  an  historischem  Sinn  in  seinein  Volke.  Weil  die 
alle  ftste  Grundlage  wcggebroclien ,  so  sdiwani^l  jedes  neue  poli- 
tisclie  Gebäude,  und  die  Revolulionen  treten  so  r^elmässig  ein,  wie 
zu  gewissen  Jahreszeiten  die  Gewitter. 

Den  hi.storisclien  Sinn  im  Volke  anzuregen,  /.u  fördern  und  zu 
pflegen,  das  gehört  zu  den  schönsten  Seiten  des  Berufs  der  Ardii- 
▼are.  Sie  sind  die  Verwalter  des  Fmchtbodens,  aus  welchem  jener 
edle  Duft  so  sicher  aufsteigt,  wie  der  frische  Erdgeruch  aus  dem 
Acker,  über  wdchen  der  Pfhig  seine  Furchen  zieht  Sie  mfissen 
also,  soweit  irgend  ihre  Wirksamkeit  geht,  antreiben,  dass  man  die 
arcfaiTaliscben  Stoffe  sammele.  Sie  mülssen  die  eigenen  hi  lichte  ge- 
l&Hige  Ordnung  bringen,  sie  bekannt  geben  und  zu  ihrer  Benützung 
anrdzen  dadurch,  dass  sie  die  Benützung  leicht  und  ergiebig  machen. 
Dieses  ihr  Verdienst  verbirgt  sich  zwar  in  den  dunkeln  Ärrliiv- 
kanimcrn,  aber  es  wiegt  viel  schwerer,  als  wenn  sie  einzig  danach 
trachten,  die  unabsehliche  ^lenge  geleiirtcr  Abhandlungen  noch  um 
einige  Zahlen  zu  vernieliren. 

Freilich,  der  Verki'iir  mit  den  Archivbcnützern  ist  nicht  immer 
leicht  und  lieblich.  Man  sollte  kaum  glauben,  wie  viel  seltsame  An- 
fragen bei  grossen  Archiven  Jahres  über  einlaufen,  und  welche  Noth 
ein  einziger  Dilettant  maclieu  kann,  besonders  wenn  er  auch  Genea- 
logie, Wappen-  und  Siegelkunde  treibt.  Der  Archivar  merkt  auf 
der  Stelle,  dass  bei  der  Forschung  \vahr9cheinlich  wenige  Körner 
herauskommen:  dennoch  darf  er  SKh  keine  Mähe  Terdriessen  lassen, 
dem  Hoffiiungsreh^n  stets  mit  neuem  Material  und  neuer  An- 
weisung zu  Hälfe  zu  kommen. 

Auch  manche  Historiker  von  Beruf  hissen  sich  schwer  b^Ke- 
digen.  Weitaus  am  angenehmsten  sind  diejenigen,  die  wirklich  zu 
schreiben  verstehen,  aus  deren  geistvoller  Feiler  die  Rede  fliesst  in 
schöner  Natflrlichkeit.  Ihr  Besuch  bringt  stets  Sonnenschein  in's 


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16 


LBher: 


Arcfair.  Ein  wenig  SporenUinren  ISsst  dch  schon  hier  und  da  unter 
denen  hören,  welche  die  yerdienstvoUe  Moige  unserer  Ifislorikor  InMI^ 

die  ihr  Neues  und  Altes  an  Thatsachcn  und  Gedanken  zu  leidlich 
lesbarem  Stil  verschmelzen.  Ungleiih  dorniger  ist  das  Selbstgefühl 
bei  den  historischen  Materialhrmdlern,  die  nichts  anderes  leisten, 
als  aus  alten  Büchern  und  Sclirinoii  Thatsachen  rauh  und  roh  boi- 
saminen  zu  str-llen.  Die  unf^cbcrdigstcn  Recken  al)or  finden  sich  erst 
unter  den  Herausgebern  von  Urkunden  und  diploiiuilisilicn  1  »riefen 
und  15tTicbt(>n:  je  oindringliclicr  ihre  Ijuclislabenkriük,  um  so  er- 
hal)en('r  wüll)l  sich  empor  iiue  wissenschaftliche  Hübe. 

Der  Arcliivar  kennt  seine  Gäste.  Er  weiss,  gerade  so  müssen 
diese  fünf  Klassen  denken,  gerade  so  müssen  sie  auftreten,  soll  die 
Wissesisehaft  mflgüchst  Gewinn  eSnftnatoi.  ErfQUt  von  seinem  Gegen- 
stande kommt  mancher  Fachgelehrte  in's  Archiv,  hier  öffnen  sich 
Fnndgruhen  dessen,  was  jetzt  allein  ihm  wissenswördig  erscheint:  es 
ist  zu  natfiriich,  dass  er  meint,  der  Beamte,  welcher  an  der  Quelle 
sitzt,  werde  mit  dem  Inhalt  seiner  Schätze  ganz  Tortrauet  sein.  Er 
bedenkt  aber  nicht,  wie  zahlreich  die  Gebiete,  welche  in  Archiven 
vertreten  sind. 

Da  kommt  zunächst  die  politische  Geschichte  in  Betracht,  die 
ihren  Stoff  sucht  in  den  Akten  und  Urkunden  der  Fürsten  und 
Staaten,  ihrer  Gesandten  und  Feldherren,  Behörden  und  Agenten, 
ferner  der  Landstände,  der  Städte,  der  Orden,  und  all  der  frülieien 
politischen  Grössen. 

Daran  reihet  .sicli  die  Knitnrgeschichle  überhaupt,  und  die  Ge- 
schichte der  Kirchen  und  Konfrssionen,  der  Volkswirthschaft ,  der 
Kunst  und  des  Kuusthandwerks :  jede  dieser  Richtungen  bauet  heut- 
zutage ihr  eigenes  weites  Gebiet  an. 

Ganz  besonders  ist  es  die  Rechtsgeschichte,  die,  wenn  sie  weiter 
gefiOhrt  werden  soll,  fär  die  Entwickelung  des. Staatsrechts,  Kbdicn- 
rechts,  Shrafiwchts,  bOigeitidien  und  Prozessrecfats  der  arehivalischen 
Forschung  nicht  entbehren  kann. 

Endlich  stellen  die  Sprach-,  sowie  die  historischen  HfilCswisscn- 
'  Schäften,  die  Paläographie,  DIplomatik  und  CSironologie,  die  Genea- 
logie, Heraldik  und  Sphragistik  ihre  eigenthfimlichen  FVagen  an  die 
Archive. 

Zweifellos  werden,  nach  den  Erfahrungen  der  letzten  drei  Jahr- 
zehnte zu  sclilies.sen,  all  diese  Anforderungen  sich  in  einem  Grade 
ausweiten  und  vermehren,  dass  die  gegenw&rtigen  Archivheamten 


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Vom  Beruf  unserer  ^Vrchivi"  in  der  Gegenwart.  47 

ihrer  nicht  mdir  Herr  werden.  Die  Spezialforschting  gliedert  sich 
immer  feiner  und  schftrfer«  der  aUgeneine  Geachmack  an  den 
Archiven  aber  hat  so  zu  sagen  erst  tiegonnen. 

VII.  Verteliledaiie  AnsicMen. 

Zwei  der  mäcliiigsten  Riebtungen  menschlicher  Thätigkdl  ii  t  nvn 
in  den  Archivon  zusaniyion ,  um  sie  für  sich  auszubeuten:  dds  täg- 
liche Gescliüflsloben ,  vor  allem  des  Slajit?,  und  die  freie  Wissen- 
scliafl.  Jede  dieser  Mächte  hat  ofTenbare-s  Reciit  an  den  Archiven, 
al>er  welelier  von  beiden  sollen  sie  vor/u^'sweise  aii^^  hriren  V  Mit 
andern  Worten,  mit  \v(  ]( her  von  beiden  Mächten  hat  das  Archiv- 
wesen am  meisten  Faiiiilifiuilinlichkeit? 

Diese  Frage  ist  keinem wegs  müssig,  sondern  entsclieidet  über 
Stellung,  Einrichtung,  Leistungsfähigkeit  der  Archive.  Soll  die  Staats- 
verwaltung mit  ihrer  gebundenen  Marschlinie,  oder  soll  die  Wissen- 
schaft mit  ihrer  himmlischen  Freiheit  ihnen  Gesetz  und  Regel  auf* 
drfi(±en?  Beide  kfinnen  nicht  gleichmftssig  herrschen:  die  eme 
Richtung  wird  unmer  die  vorherrschende,  die  andere  also  diejenige 
sem,  d^n  Bedürfiiisse  in  zweiter  Linie  Beröcksichtignng  finden. 

Die  ungemeine  Wichtigkdt,  wdche  die  Frage  für  die  gesammte 
Auffassung  des  .Archivwesens  hat,  war  ohne  Zweifel  der  Grund, 
dass  von  Ihrer  Erörterung  die  Blätter  jener  treiTlichcn  Zeitschrift 
widerhallten,  welcher  die  unsere  wenigstens  theilweise  naclu  if'm 
möchte.  Der  fJeh.  Staats-  und  Kabinetsarchivar  Hoefer  in  li<  rlin 
und  die  Vorstände  von  Provinzialarehiven  auf  beiden  Fin^jclii  des 
preussisehen  Staats,  Dr.  Erhard  in  Müiislor  und  Frhr.  v.  Mcdem  in 
Stettin,  hatten  sich  schon  in  den  Dreissiger  .Tahren  zu  einer  »Zeit- 
schrift für  Archivküiide  Diplomalik  und  Gesrhichlecr  vereinigt.  Und 
wer  sollte  es  denken  ?  Alle  Drei  waren  .Männer  von  Wi.ssenschaft 
und  praktischer  Erfalu-ung,  alle  Drei  Arciiivl>eamle,  und  docli  hegte 
Jeder  in  diesem  Kardinalpunkte  seine  besondere  Meinung.  Ja,  wie  es 
scheint,  war  dieser  Widerstreit  eine  Ursache  mit,  welche  den  Bund 
sprengte,  von  dessen  Einmüthigkeit  die  Fortdauer  der  Zeitschrift 
abhing. 

Erhard  verfocht  ^rig  seine  Behauptung:  die  Archive  seien  frei- 
ständige  wis.senschafllichc  Anstalten;  sie  hätten  nur  historisch  voll- 
endetes Material  aufzunehmen,  und  auch  dieses  nur,  wenn  es  ge- 
scbiclitliche  Dodentung  halic;  alles  was  noch  dem  Geschüilsleben  des 

ArchirallMli«  Z«iUcbri(t.  I.  2 


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Lülicr: 

Staats  angehöre,  sei  in  seine  alten  oder  neuen  Registraturen  zu 
verweisen ,  mit  welchen  die  ÄrchiTe  nichts  zu  thun  hätten  Da- 
^'cgen  liess  sich  v.  Mcdem  nicht  undeutlich  vernehmen :  solche  luftige 
Gebäude  seien  auf  losen  Sand  gebauet,  die  Archive  hätten  ihren 
organischen  Zusammenhang  mit  den  Verwaltungsbehörden  *).  Hoefcr 
wusste  sich  nicht  anders  zu  helfen,  als  dass  er  zweierlei  Archive 
verlangte,  die  reponirten  R^stratnren  bei  den  Behörden  und  in  ho- 
^nndcrn  Clobruitlen  die  oigentlichen  Archive,* beide  aber  wissenschaft- 
lich goonlnof  und  aiuilog  verwallot 

Diese  lolzte  Ansicht  möchte  auf  den  ersten  Blick  iM;inchom 
einleuchfrn  :  dio  oigenilichcn  Archive  hillten  vorwiegend  wissenschan- 
lirhon  (Ihiii  nkicr  und  Ix  -ondere  (ifTcntliche  (Jehäudc ,  bei  den  Mitii- 
sterien  oder  den  iif^'ii'nini-'eii  Stalthallereien  und  aiidcni  I](liriiden 
wären  die  re}>nnirten  Re^dstraluien  für  den  jjraklisclicn  (Jchrauch. 
Bald  jringo  der  Staat  dort,  bald  die  Wis>en?chaft  hier  /.u  (Ia<le. 

Sollte  man  dann  aber  nicht  fulgerichlig  weiter  gehen?  Die 
Archive,  als  wissenschafUidie  Anstalten,  würden  einfach  Sammcl- 
stätlen  aller  historischen  Denkwürdigkeiten,  die  in  Handschriften  oder 
in  solchen  Druckschriften  bestehen,  die  nicht  in  den  Buchhandel 
gekommen.  Jedermann  könnte  dergleichen  dort  niederlegen,  jeder 
wiehtigere  literarische  Nachlass  an  Arbeiten  Ober  Kultur-  Staaten- 
Kirchen-  Rechts-  und  Kunstgeschichte  lande  dort  seine  Stelte.  SoUtc 
man  die  Archive,  die  alsdann  den  öffentlichen  Bibliotheken  ?o  nalio 
verwandt  würden,  diesen  nicht  tjesser  ganz  anschliessen?  Würden 
sie  sich  nichl  am  liesten  in  einer  Universitätsstadt  l)crmden  ?  Einer 
der  r!eschichts|)rofe>>oren  wäre  Direktor  und  könnte  Eintlieilung 
Aufstellung  Verzeiclmuii^r  der  Archivalien  ganz  den  Bedürfnissen  der 
Wissenschaft  hanuonisch  niaihen. 

System  wäre  darin,  —  freilich,  vom  prakti«  hm  ( lesiclitspunkto 
belracltlet,  stell!  sich  solnrl  die  p:anz(^  llalhli<  il  Wirrniss  und  l^n- 
fruchtbarkeit  des  Systems  heraus.  Wo  wäre  die  richtige  firenze 
ZU  finden,  an  welchem  Punkte  die  Scheidewand  aufzustellen  zwischen 
dem,  was  nur  noch  wissenschafUidien,  und  dem,  was  zur  Zeit  noch 


')  Mt't  ii  zur  wiss.  ii-.(  luiftlichi'n  Ikxrüliduiig  und  Uei^taltutig  den  Archiv- 
Ufs.'ii.s:  Zi'ilschiill  1,  185—222. 

')  Zur  Archlvwissensehafl :  ZeiUclir.  I,  l-^Sß.  Uelicr  den  oryanittrhrn  Zu* 
munmenhang  der  Archive  mit  den  VerwaUungsbohördon :  Znibiclir.  II,  1—28. 
■)  lWM»r  ArrhiTP  und  K(>|Hi>lrRtnren :  ZHUwhr.  1,<!48— 268. 


Üiyitizuü  by  GoOgle 


Vom  Beruf  unserer  Archive  in  der  Gegenwart. 


19 


IMraklis>chen  W«  rlh  hatte?  Entweder  müsste  man  in's  Ungofahre 
hinein,  je  nuclidciu  das  eine  oder  andere  Interesse  vorwiej^and  er- 
scliicnc,  die  Sdieidung  treffen,  oder  sie  nach  dun  hgi  eilenden  Grund- 
sätzen vomdimen.  Im  eisten  Falte  wftre  die  Sciieidung  etwas  Un- 
sicheres,  im  zweiten  wlre  sie  ein  Zerreissen  des  ÄnshirbestandeSi 
unbefiriedigend  bliebe  das  Experiment  zweifellos  in  beiden  FSOen. 
Auch  Erhard  ^)  wich  vor  den  Konsequenzen  semer  Ansicht  aus,  wollte 
jedoch,  so  lange  eine  Domäne  nicht  Yerkauft,  eme  Stiftung  nicht 
aufgehoben,  eine  Steuer  nicht  abgeschafft  sei,  die  Aldcn  darüber 
nicht  in's  Arrliiv  lassen :  wpf:slialb  aber  5;allten  denn  die  Schrift- 
stücke  über  Gründung  und  Entwicklung  der  Domänen  Stiftungen 
and  Steuern  ein  besseres  Schicksal  haben? 

Wäre  aber  wirklich  eine  glückliche  Theilung  vor  sich  f:egangon 
und  befände  sich  das  bloss  noch  geschichtlich  Werliivoile  in  den 
einen,  das  praktisch  Unenllx'luliche  in  den  andern  Anstalten,  so 
ludle  man  zwirierlei  Siinimluiigen,  von  denen  jede  an  jrrossrn  Lücken 
litte,  keine  zu  vollständiger  und  systemafischer  Ordimng  konmien, 
keine  sicii  in  sich  selbst  abrunden  krmnte.  Die  Wissenschaft  müsste 
immer  noch  in  der  einen,  die  Praxis  in  der  amlern  die  Ergänzung 
suchen* 

Schickte  nun  der  Staat  hi  die  Archive,  so  fragte  sich  sehr,  ob' 
er  an  ihren  geldirten  Häuptern  flOr  seine  Geschäfte  die  rechte  Hfilfc, 
ja  nur  das  rechte  Verständniss  iände?  Begäbe  sich  die  Wissenschaft 
in  die  Registraturen,  so  träfe  de  dad  ebm  nur  Registratoren  und 
keine  ebenbOrtigen  Gelehrten. 

Wollte  man  sich  endlich  enlschli(  s=:on ,  beiderlei  Anstalten  mit 
Beamten  zu  besetzen,  die  zugleicli  praktisch  und  zugleich  wissen- 
schaftlich gdlildet  wären,  so  würde  sich  von  selbst  die  Erwägung 
einstellen:  wozu  denn  doppelte  Kosten  und  Umstände?  Wesshalb 
nicht  statt  räumliclier  Trennung  liel)ei-  eine  einzige  Anstalt? 

Wozu  überhauj)!  Neuenne^'en,  da  Natur  und  Wesen  der  Archive 
seit  vi«'len  Jahrhunderten  tesbileht  und  eigentlich  gar  keine  Noth  vor- 
handen, sie  umzugestalten? 

Vni.  Begriff  und  Wesen  Vffentliefier  Archive. 

Jedes  Institut  in  Staat  und  Gesellseiiaft  schalTt  sicli  seihst,  in- 
dem es  sein  Dasein  entwickelt,  seine  eigene  Art  und  Natur.  Will 

>)  A  a.  0.  im. 


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20 


Leber: 


man  es  in  seinem  Wesen  emsthaft  würdigen  und  fortbilden,  so 
muss  man  sieh  an  dieses  sdn  inneres  historisches  Gesetz  halten. 

Als  weltliche  und  geistliche  Fürsten ,  Äebte  und  Priore,  Stadt- 
räthe  und  Ordenskapitel  ihre  Urkunden  Kodizes  und  Akten  zu 
Archiven  vereinigtenf  hatten  sie  da  die  Absicht,  Belege  und  Nachrichten 
für  die  Geschichte  zu  sammeln?  Daran  dachten  sie  nur  nebenbei: 
vor  allen  Dingen  wollten  sie  für  ihr  Recht  und  Besitzthum,  ihre 
Freiheit  und  Rangstellung,  ihre  Ordnung  und  Guts  Verwaltung  Be- 
weise und  Behelfe  snmmdnf  damit  man  sie  allezeit  zu  Händen  habe, 
wo  man  ihrer  bedürfe,  um  Stand  und  Habe  zu  behaupten.  Sorg- 
Hiltig  wurden  die  gerichtlichen  und  politischen  Verhandlungen  Sta- 
tuten Gesetze  und  Krclinunjrsbüclior  aul';,'ehoben,  damit  man  spüler 
wisse,  wie  alles  so  ^'ckommen,  und  sich  danach  richten  könne. 
Auch  wollte  man  in  den  allehrwindigen  Pergamenten,  in  den  s(  Ii(">n 
gemalten  Freiheit«-  und  Wappenhriefen,  in  den  kunstvoll  aus-t- 
slalleten  Kopialbüchern  .sich  der  Zeugnisse  seiner  Ehren  (iüter  und 
Würden  erfreuen,  und  wurden  ihnen  neue  Schriftslücke  zu  ewigem 
Gedächtniss  zugefügt,  so  hatte  man  viel  weniger  das  grosse  Publi- 
kum im  Auge,  als  die  eigenen  Nachkommen  und  Rechtsnachfolger 
nebst  Freund  und  Feind,  weldie  die  Sache  anging. 

So  drückte  sich  in  den  Archiven  nach  und  nach  das  ganze 
Wcrd»i  eines  Staatswesens,  einor  Genossenschaft  ab.  Was  in  der 
Kanzlei  des  Fürsten  geschaffen  und  geschlichtet  wurde,  was  Hofrath 
und  Geheimbderath  erörterten  und  beschlossen,  was  Fddherren 
Gesandte  und  Amtleute  berichteten,  was  die  Ministerien  und  ihre 
Behörden  an  TTaujit geschaffen  erledigten,  jedes  wichtige  Ereigniss, 
jeder  Kampf  und  Knotenpunkt  der  Entwickelung,  jede  Vermehnmg 
oder  Ven-ingerung  von  Stand  und  Wesen  —  alles  setzte  in  den 
Archiven  seinen  Niederschlag  ab.  Was  in  der  Zeit  vor  sich 
ging  und  ent.-chwand ,  was  in  der  Zeit  sieh  änderte  und  um- 
bildete, das  prägte  sich  ab  in  diesen  Schriftstücken  und  liess  sie 
als  -ebenso  viele  Zeugnisse  seiner  früliern  Bescliallenheit  liinlcr  sich 
zurück. 

So  wurde  das  Landesarchiv  auch  eine  Schatzkammer  für  die 
Landesgeschichte:  jedoch  sein  Zweck  war  das  so  wenig,  als  ein 
fürstliches  Geschlecht  für  Kunstgeschichte  zu  sorgen*  dachte,  wenn 
es  eine  Kunstkammer  zusammenbrachte.  ErgOtzen  wollte  man  sich 
an  dem  l)linkoidcn  Schmuck,  den  herrliehoi  Gefässen,  den  gold- 
und  silberbesetzten  Schilden  und  Waffenstfickcn,  und  ihrer  an  hohen 


Diyitizcü  by  GoOglc 


Vulii  Buruf  uiiäcrer  Arcliivi-  in  der  iic^ciiwaii. 


21 


Fesllugen  als  Zeugen  des  Glanzes  und  Reichlhuins  des  Gescbleclilcs 
froh  werden.  Oder  wenn  ein  Haus  getmuet  wird,  so  hebt  man 
Pläne  und  Grundrisse  und  Kostenrechnungen  auf,  sowie  alics  was 
sonst  über  die  ganze  hinere  Einrichtung  und  Geschichte  des  Ge» 
bäudes  Kunde  enthalt,  aber  sicher  nicht  desshalb,  damit  ein  känOiger 
Forscher  daran  Bau-  und  Kulturgesdiichte  studire,  sondern  man 
braucht  jene  Nachweise  noch-  später  bei  Än-  und  Ueberbau,  bei 
Rrpiiralur  und  Verkauf,  um  sich  über  das  innere  Gofügc  des  Hauses, 
die  Festigkeit  von  Dach  und  Mauer,  Werth  und  Kosten  des  Baues 
SU  vergewissern. 

Besser  noch  erfriljf  sidi  das  Wesen  des  öfTonllichen  Archivs, 
wenn  man  es  mit  dem  1^'amilienarchiv  vergleicht.  In  diesem  werden 
niedergelegt  die  Urkunden  über  Ilrikunft  des  Vernuigens,  di(>  Iveeli- 
nungsbücher  üIht  seine  Verwaltung,  die  Pro/.essaklen ,  Nachrieliien 
über  Abslanniiung  /wcig(>  und  Glieder  der  Familie  nebsl  Urief- 
schaflcn  und  Tagebüchern,  —  kurz  das  Arcliiv  ist  eine  Suiumlung 
von  Beweisen  über  Abstammung  Entwicklung  und  Schicksale  der 
Familie,  vor  aUem  über  ihren  VermGgensstand.  Was  hier  die  Familien- 
glieder,  das  sind  für  den  Staat  seine  Oberhäupter  Minister  Feldherren 
Beamten  Landstände  und  Abgeordnete  des  Volks :  ihre  Verhand- 
lungen und  Berichte  in  Krieg  und  Frieden  bilden  mit  den  Verträgen, 
welche  sie  abschliessen ,  das  Landesarchiv.  Mit  der  Zeit  musste  es 
sich  anfüllen  und  zu  einer  besondem  Staatsanstalt  ausbilden.  Denn 
was  man  an  Urkunden  und  Akten  augenblicklich  nicht  mehr  brauchte, 
wurde  zurückgestellt,  gesammelt  und  so  geordnet,  dass  man  sich 
zurecht  finde.  Weil  aber  die  Zeit  unmer  weiter  rückte  und  Hechle 
und  Institute  umbildete,  so  ergab  sich  nach  und  nach,  das-  besn?idere 
Kenntnisse  nöthig  waren,  um  all  jene  Schriftstücke  früherer  Perioden 
zu  verstehen  und  zu  erläutern.  Für  diese  Aufgabe  wurden  dann 
eigene  Beamte  angestellt. 

Dieser  Charakter  der  Landesarchive  stellt  auch  jetzt  noch 
im  grossen  Publikum  fest.  Nicht  als  Niederlagen  von  Schrift- 
stücken über  geschichtliche  Vorgänge  fassl  man  sie  auf,  sondern 
als  Sammelstätten  amtlicher  Schriftstücke  für  den  staatlichoi  Be- 
darf, damit  sie  beständig  Aufklärung  gelien  über  Entstehung 
Natur  und  Bedingung  von  Rechts-  und  politischen  Verhältnissen, 
von  Gcsetzoi  und  öffentlichen  Anstalten,  —  Sammelstätten  allmüngs 
mit  wissensehafUichm  Charakter  und  zu  reicber  geschichtlicher 
Ausbeute. 


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22 


L<iber: 


Krliard  *)  jjlauljte  luil  volUger  Sitlicriiuil  lulgcuile  Deliiiilioii  aul- 
ölcllt'ii  /.II  kiHiin  ii: 

»Kill  Artliiv  im  AII;.'omeiMon  i.sl  eiiiu  Saimuluiit,'  uuf  (Iciu 
Wi-gc  der  Gt'scliüflsCülii  ung  eiil.staiidener,  in  sich  ahgesclilosscncr, 
uiid  als  Belege  fiu  geschichtliche  Verhältnisse  dienender  schrifl- 
lidier  Nachrichten;  ein  Landesardiiv  insbesondere  ist  also  eine 
möglichst  vollständige  Sammlung  aller,  auf  dem  Wege  der 
GcsehäftsfObrung  entstandener  und  'm  sich  abgeschlossener 
schriftlicher  Nachrichten  zur  gesammten  Geschichte  eines  ganzen 
Landes,  oder  eines  bestimmten  Landesthetles,  mit  vorzfiglicher 
Hmsicht  auf  dessen  Staatsrecht,  Staatsverfassung  und  Staats- 
verwaltung.« 

Auch  m  dieser  engen  Fassung  des  Begriffs  wird  betont,  dass 
das  Arclüv  nur  schriftliche  Nachrichten  enthalte,  die  auf  dorn  Wcpe 
der  Geschäftsführung  entstanden:  solche  Besclirrmkun^'  will  alxr 
eben  so  wenig  zu  detn  '^'l  ifT  von  wissenschaftlichen  Geschicht.^- 
anstallen  passen,  als  der  Zusatz,  von  dw  {»olitisclien  Hinsicht  der 
Archive.  Diese  enijjfan^'cn  auch  nicht  aus  jeder  Gesrhäftstiiliiuii^', 
sondern  nur  aus  der  amtlichen,  Schrilislütkc,  —  letztere  sind  keine 
Nachrichten,  sondern  l'ikundcn  und  Anitshücher  und  Akten,  —  sie 
dienen  nicht  hloss  als  liele^'e  für  ^leschichtliche  Veilulllnisse,  sondern 
vornelnalich  zu  Beweis  und  Autkliirung  üher  bestehende,  —  sie 
braudien  auch  nicht  stets  völlig  abgeschlossene  Nachrichten  zu  sein, 
das  wäre  ja  eigentlich  schon  jedes  einzelne  Protokoll,  sondern  es 
sind  allerlei  Schriftstücke,  welche  den  Behörden  im  laufenden  Dienst 
nicht  stets  brauchen  zu  Händen  zu  sein. 

Em  Landesarchiv  ist  viehndir  eine  Sammlung  amtlicher  Schrift- 
stücke,  welche  in  der  Vergangenheit  entstanden  sind.  Zu  den  Schrift- 
stücken kann  man  auch  Siegel  und  Siegelstcmpd  legen,  —  zu  den 
amtlichen  Schriftstücken  gehören  auch  die  einverleibten  Archive  von 
Klösln  n  Stiftungen  und  Genossenschallen,  die  unter  Verwaltung  des 
Staats  u.koinmen,  —  zu  den  in  der  Verf^angenhcil  t-nlstandenen 
SchriltstiK  ki'u  die  Akten  über  jeden  Zivilj)n)zess ,  der  alle  Instanzen 
durchlaufen  hat,  jcdco  Kriaünalprozcss,  iu  welchem  die  Strafe  vcr- 
büssl  ist. 


»)  A.  a.  i).  I,  1Ö6. 


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Vom  Beruf  uiuscrvr  An.  luvt  m  ik-i  (icgruwaii. 


23 


IX.  ArcMvtiaiigkelt  sonst  nnd  jebl 

liass  dir  Ardiivo  hrmpt^fulilirh  wi-siMisclmlUichc  Aiislallon  seien, 
—  fliese  Arisichl  ist  jetzt,  wie  ^\c\\  nicht  verkennen  lässl,  viel  vei- 
breitet,  l>ei  den  Tlislorikern  fnst  allgemein.  Iiier  und  da  sogar  vor- 
herrschend bei  Deaniten,  ja  selbst  hei  Arcliivan  ti. 

So  Ijeisst  CS  in  der  Sciirift  eine?  Arcliivbi  aiiiten  •) :  „AVar  die 
Tbätigkeit  eines  Archivars  aus  den  Zeilen  des  iieicbs  eine  vor/uj.'s- 
weise  praktische,  so  ist  sie  seit  Auflösung  desselben  eine  vorzugsweise 
wissenschaftliche  geworden.  Der  heutige  Archivar  wird  zwar  immer 
noch  Dedncent  bleiben,  d.  h.  er  mnss  die  Befähigung  besitxra,  tot^ 
kommenden  Falls  eine  Staats-,  civil-  oder  kirchenrechtliche  Deduction 
zu  entwerfen,  aber  das  Deduciren  in  praktischen  Rechtsföllcn  ist 
nicht  mehr  die  Hauptsamme  seiner  Tbätigkeit,  das  Ziel  seines  Ehr- 
geizes. Hüten  und  Ordnen  da  ihm  anvortrauten  Archivalicn  bleibt 
nach  wie  vor  die  heiligste  "Pflicht  eines  jeden  Aiciiivars,  al)er  er 
hülel  nidit  mehr  mit  dem  scheuen  Blick  eines  Lindwurms...  Kr  ist 
nicht  mehr  der  blosse  Diener  eines  Einzelnen,  dessen  Partikular-  oder 
Parteiint ercs=cn  ihm  Heimlichkeit  zur  ersten  nnd  einzifren  PIlichl 
iiMchen,  sondern  er  dient  als  nescbirlitsforsclier  und  Kritiker  li(>lieien 
(Jebietern:  der  Nation  und  der  Wi-senscbaft/'  Das  ist  Alles  schön 
gesagt,  allein  e>  erregt  doch  ernstes  f bedenken,  wenn  ein  In-titnl  in 
so  kurzer  Zeit  seinen  llanjttcbarakter  soll  verloren  nnd  einen  andt  rn 
angenoinnien  liabcn.  Dann  drängt  sich  die  Frage  auf:  ob  das  njil 
Recht  oder  mit  Unrecht  erfolgte?  Im  ersten  Fall  wird  es  nöthi^ 
sein,  das  Institut  seinem  jetzigen  Charakter  gemäss  vollends  umzu- 
gestalten,  andern  Falls  es  seinem  ursprünglichen  Charakter  getreu 
wieder  herzustellai. 

Das  alte  deutsche  Reich  war  ein  rechter  Wucheifaoden  für  Archive. 
Der  westfälische  Frieden  hatte  noch  266  rdchsunmittelbaren  Ständen 
eineLandesherrschafl  gelassen ;  jeder  von  ihnen  hatte  sein  arcliivalisclies 
Zeugtiau^  gefüllt  mit  Schutz-  und  Angriffsmitteln  für  Hechle  und 
Ansprüche.  Gleiche  Iltislkaininern  brsasson  dif  zalilreichen  Klöster, 
Kirchen  und  Knllcgiatstiffe,  l/!iid<tndle.  Schlosshcrren ,  die  frommen 
und  adligori  und  wissenschattlicln  M  Slirtnngen  nnd  nenn-'^en-cliallen. 
Es  gab  also  mehrere  tausend  Archive  in  Deutschland,  und  die  grösseren 


^  Deutsche  VierleVahnsscbrifl  1867.  S.  S76-S77. 


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24 


LBher: 


waren  auch  wohl  l>oselzt  iiiil  lleainlrn.  So  waren  in  .Mainz  IjIü.ss 
bei  den  zwei  kurliirstliclien  Aiiliivcn  IIS  Ijeauile  anjje.slelU, 

Von  jenen  26G  Staats*  und  Landesarcbiven  bestehen  als  solche 
noch  ungefähr  ein  halbes  Handelt,  und  im  Ganzen  genommen  möcliicn 
auf  dem  Gebiete  des  ehemaligen  deutschen  Reichs  nicht  mehr  tausend 
Archive  von  hrgend  einer  Bedeutung  mehr  vorhanden  sem.  Das 
sehr  verdienstlidie  Hand-  und  Adressbuch  der  deutschen  Archive  von 
Burkhardt  zählt  an  Staats-,  Stadt-,  standesherrlichen  und  privaten 
Archiven  469  auf:  davon  kommen  239  auf  das  deutsche  Reich,  178 
auf  Oeslrcitli-Ungain,  39  auf  die  deutstlie  Schweiz,  1  auf  Luxem- 
burg, und  12  auf  die  deulsch-russischen  Oslseeprovinzcn.  Hosle 
freilich  der  grösslcn  Menge  rrülicr  sclbststandiger  Archive  iinden  sich 
jetzt  in  den  grossen  Landesarthiven. 

Nun  isl  aher  nicht  bloss  die  Zahl  der  Archive  und  ihrer  !»(- 
anih'ii  nncili(»rt  /.usannnen^ji'si  hniolzcn ,  lln  ilwcix-  ist  es  auch  ihr 
Staalsdii'usl.  Wie  drückten  sich  lihcr  ihren  Dicn>l  die  aUen  Archivare 
aus?  Fachmann  sagte*):  »Der  prakti-i^he  (iihraudi  ist  der  wahrt' 
Endzweck  der  Archive  .  .  .  Der  xVichivarius  soll  kein  Anliquarius, 
kein  müssiger  Aufheber  und  Ilerausgetxir  aller  Urkunden  und  Lite- 
ralten  sein,  die  er  mit  gelehrten  geschichtlichen,  dipiomaliscfaen,  und 
andern  kritischen  Anmeikungen  versieht,  —  ndn,  er  soll  Schöpfer 
sein  und  seinen  ihm  anvertrauten  Schatz,  wenn  er  aucli  noch  so 
weit  in*8  Alterthum  zurüdcginge,  mit  praktischer  BcurtheilungskraQ 
in  die  gegenwärtige  Welt  äbcrpflanzen  und  neue  Früchte  daraus 
ziohm  .  .  .  Der  Archivar  muss  täglich  in  die  Regierungskanzlei 
gehen,  die  dortigen  Exj)editionen  alle  genau  lesen  und  sich  dadurcli 
im  Zusammenhang  der  laufenden  Gescliäfle  hallen  ...  Er  äussert 
sein  (Jutachlen  üIxm-  einzelne  Materien  und  gibt  auf  irgend  eine  Aus- 
ferfi^'ung  Anret^ung,  sei  es  ein  Schreiben  an  einen  P.enachbarlen, 
eine  Insti  nkt ion  für  eineti  (lesandten  oder  l'nlerlx?ainlen,  ein  Dekret 
oder  Reskript  an  einen  solchen  .  .  .  Ein  Archiv  ist  der  Zusam- 
menfluss  aller  denkbaren  Landesregistral  uren  in  ihrer 
Quintessenz,  die  Ouclle,  aus  welcher  in  alle  Staats-  und  Landes- 
gesciiäflskanäle  Leben,  Licht  und  Stärke  ausstnind.  .Man  kauji  also 
das  Archiv  gar  füglich  die  Seele  der  öfrcnllichen  Staats- 
geschäftc  nennen.c 

Eine  solche  Stellung  konnte  den  Archiven  nur  im  Ge\nrr  und 


^  Bachmftim  8,  6-6^  46,49.  Vgl.  Spiess  von  Archiven.  Halle  1777.  6-6. 


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Vom  Beruf  uiuerer  Archive  in  der  Gegenwart  25 

(jewiiuk'  der  Kleinstaaterei  zukoiniiieii ,  wo  man  hesliindi^'  liii^'siiin 
tief  in  »naclihailifhen  l)ifTLTen/.(>ri«  slecklc  So  IkhIi  alKM-  damals 
die  iiraklischc  Ürdcniliing  di  r  Archive  erliolx'ii  wurde,  .so  lief  steht 
sie  jetzt  unter  ilu'em  waliren  Werthe.  Mieht  darin  liegt  der  gnissle 
Nachtheil,  dass  so  viele  Archive  zerstört,  sondern  dass  der  Rost  für 
Leben  and  Recht  der  Gegenwart  fiist  todte  Blasse  geworden.  Sie  sind 
aus  ilirer  recbten  Bahn  und  Wirksamkeit  heraus  geworfen,  ihr  regel- 
mässiger Zuflnss  aus  den  Landesrßgistratnren  ist  in's  .Stocken  gc- 
rathen.  Die  Archive  enthalten  nicht  mehr  deren  »Quintessenz«,  aber 
sie  arbeiten  auch  nicht  mehr,  wie  sie  könnten  und  sdlten,  für  die 
Bedürfnisse  des  Staats  und  der  Privaten. 

Indem  ilire  n(\'imlcn  aUS  Uricunden  und  Akten  historisch-reeht- 
liche  Verhältnisse  darlegen,  sollten  sie  liGStündig  Verwaltung  Justiz 
und  Gesetzgebung  untei-stützcn.  Indem  sie  Natur  und  üronzen 
von  alt  hergebrachte  II  Hechten,  Instituten,  Stiftungen,  Aemlcni  und 
(ienos.senschaflen  ent\vi(  kein,  könnten  sie  die  Ai  heilen  der  Beamlen 
in  Staat  und  (lemeiiuh'  auf  das  Mannigfactisle  erleichlcrn.  Ks  sind 
oheri  im  V.  Kapitel  eine  Menge  von  (lebielen  Ix-zeichnet ,  y.u  deren 
Aufhellung  vor  Allem  die  Archive  berufen  sind.  Lange  Heihen  von 
Fragen  liessen  sich  anreihen,  die  in  der  Justiz  und  Administration 
tagtäglich  auflauclien  und  nur  in  alten  Schriften  und  Urkunden  ihre 
volle  Lflsung  finden. 

Advokaten  Rechtsanwälte  und  Notare  wissen  in  der  Regel 
redit  wohlf  wieviel  aus  den  Landesarchiven  zur  Aufklärung  von 
Rechts-  und  FamUlenverhftItnissen  zu  holen.  In  ihren  Kreisen  wird 
keine  Klage  über  die  Leistungsfähigkeit  der  Archive  laut,  wohl  aber, 
dass  sie  nicht  leichter  zugänglich  seien. 

Allein  hört  man  jemals,  dass  Beamte  auf  den  Werth  der  Archive, 
auf  die  Not h wendigkeit,  sie  zu  benützen,  aufmerksam  machen  ?  Den 
meisten  neamlon,  so  scheint  es,  ist  die  Fühlung  mit  den  Archiven 
verloren  gegangen.  Sie  wis.sen  nicht  mehr,  welche  grosse  Hülfe, 
welche  sichere  GrundlSgen  für  ihre  Arbeiten  die  Archive  gewähren 
köjmten,  und  wenn  sie  eine  ungefähre  Vorstellung  davon  hal>en, 
dann  wissen  nocli  Wenigere  die  Frage  so  zu  st(>llen,  dass  das  Archiv 
die  richtige  Antwort  darauf  geben  muss.  Wie  ImM  jcnler  l'ntersudaing 
konnut  es  vor  Allem  darauf  an ,  die  Frage  richtig  zu  stellen :  gar 
vielen  Beamten  der  Staats-  Kirchen-  und  Ckaneindeverwaltung  ist 
die  Kunst  wie  die  Gewohnheit  der  Fragestellung  an  die  Archive 
entscfalöpft,  ohne  dass  sie  der  Sache  nur  recht  mne  geworden. 


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26  UiIrt: 

X.   Aufwand  und  Leistungen. 

Die  nalörlidic  Folge  dieser  gebrochenen  Stellung  der  Archive  ist, 
dass  Niemand  mehr  ein  rechtes  Herz  für  sie  hat,  dass  sie  grosscn- 
theils  jämmerlich  mR  Lokalen  mid  Geldmitteln,  noch  dürftiger  mit 
Arl>eilskräflen  ausgeplättet  sind,  und  dass  häufig  iiui-  der  Zufall  ent- 
scheidet, ob  sie  tüchtige  Beamte  l)ckoninicn.  Vou  allen  Zweigen  cle.-^ 
Staatsdienstes  ist  keiner  so  zerrüttet,  als  der  Anhivdionsl,  und  für 
keinen  geschieht  so  wenig.  Wie  sehr  der  Mann  von  geh.lirtrr  Dilduiig 
geneigt  ist,  diese  Angelegenheit  stets  vom  rein  wisseii--(  haftlicht  n 
Standpunkte  auIV.ufa>sen ,  und  wie  wenig  die  Gebildeten  überhaupt 
dafür  InliTcsse  und  Verstfuidniss  halben,  bezeugte  auch  die  Sit/.ung 
vom  18.  Juni  1868  im  Norddeutschen  Reichstag  als  Frhr.  v.  Ilagke 
mit  aller  W  arme  seine  Ansichten  über  Wiederhei  Stellung  des  deut- 
schen Reiclisarchivs  und  Reformen  im  Archivwesen  zu  begründen 
suchte.  Das  Haus  war  sichtlich  gelangweilt.  Und  doch  hatte  kern 
Geringerer,  als  Fürst  Bismarck,  erklärt:  »dass  er  die  Klage  fiher  den 
g^nwärtigen  Zustand  der  Archive,  was  Prenssoi  betreCTe,  aus 
eigener  ErfiJirung  nur  bestätigen  könne,  da  sich  die  Archive,  ungct 
aditet  der  an  denselben  thätigen  ausgezeichneten  Arbeitskräfte,  wegen 
der  Därftigkeit  der  für  dieselben  zur  Disposition  stdienden  Hiltel, 
nicht  überall  in  dem  gewünschten  Zustande  befanden,  und  dass  er 
als  Chef  der  preussischen  Archive  es  nur  dankend  anerkennen  werde, 
wenn  der  Reichstag  diesem  Gebiete  sehie  Ffirsofge  zu  widmen  sich 
in  der  Lage  befinden  .sollte.« 

Belehrend  ist  eine  Uebersiclit  der  Archive  im  Deutschen  Ileidi 
Westüstreirh  und  Frankreich,  wobei  alle  Ang(>>telllen  zu  rechnen, 
j<'(l(M  li  ohne  die  Diener.    Es  sind  dat>ei  die  Minisleriaircgislralurcn 
nicht  eingeschlossen,  wohl  aber  die  Hausarchive. 
Fraukrcicti       mil  äd^'s  Mill.  Eiiiw.  lial  91  Laiiilcbarciiivc  uiil  217  iiuutiiUui 
Preussen  »84»n     i>18        h  »    ^  n 

WesfrOesterreichg  M      „      ^     i,  90        s  «22,, 
Bayrrn  ,     l*/»    „       „      «    11  „  „  48 

Sachsen  p      „     1  n  tt      ^  » 

Wflrtlemberi?    „     l*/5   „      „     „     «         »»  »»     ®  »» 


<)  Ftlir.  V.  \\tit:]n'  a.  a.  O.  Seile  11*  äteiiugraiibiiwlie  Verhaudi.  Qber  die 
26.  Sitzung,  Seile  662  -  567. 

*)  Nämlich  99  bei  dem  Reiebflarcbiv  und  dem  der  au8Wärli(,'eii  Augdegea- 
beiten  und  je  t  Beamte  bei  den  89  Departemcntalarcbiven  gerechneL  Die 
Obrigen  Zahlen  nach  Burkbardt. 


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Vom  Beruf  uiuerer  Archive  iu  der  Gegeuwart  27 

Baden  mit  l'/i  Miil.  EiinvuluiiT  liul  1  Liunlt-saicliiv  mit  7  iieaiiiloii 

Hessen  »  */»    h        »        m  2        h         „   1  „ 

l{<>iil(>  Mecklenburg»  'h*  >»        »        n  9        »         »   6  n 

Ol.loiihurj?  „  '/lo  „  „  »1         M  H    8      „  . 

Sacbscu-Wfiiiiar  „  '^t*  „  „         „   S         „  „    4  „ 

Brannsehweig    „  */>•  »        .-8        »  »6m 

Bayern  hat  also  verhälliii.s.sinäs.si^'  wi  iUius  die  meisten  Archive. 
Stdien  wir  nun  einen  Vergleich  an,  wie  viel  ArchivbcamU;  jeder 
der  Staaten  anstellen  mfisste  Im  VcfMKniss  zu  Frankreich  und  zu 
Bayern,  so  ergibt  nch  Folgendes: 

Es  müsste  Archivbeamte  haben 

Finnkreich        im  VeitftUnise  ni  Bayern  860 

Preussen  „        „        „      „     MO,  lu  Frankreich  143 


Wist-fVsierreich  „  „  »  »  192  „  „  119 

S^.icliscii  „  „  „  „  24  „  „  16 

Würtlumbeig  „  „  „  „  17  „  „  10 

Baden  „  „  m  n  16  „  „  9 

Hosson  n  I»  H  M  8  „  „  6 

[^•i<i<M<(klenbuig„  „  «  ,»  7  w  i.  * 

ühk-nburg  „  „  „  „  8  „  „  « 

Saehsen^WeimKr  „  „  .>  n  8  „  »  S 

Brannsehweig  »  „  »  „  8  ,>  S 


S&mmtlicbe  Staaten  haben  also  Terhältnissmfissig  bedeutend 
weniger  ArcfaiTbeamte,  als  Bayern  und  Frankreichf  bloss  die  Uemcn 
ausgenommen.  Von  diesen  haben  Braunschweig  und  Sachsen-Wei- 
mar sogar  doppelt  soviel,  Oldenburg  und  Mecklenburg  gerade  soviel, 
als  sie  erhalten  müssten.  Ilervorslechend  ist  dagegen  bei  Ocstreich 
und  Preussen  das  Missverhältniss,  schlagend  auch  bei  Hessen,  Baden, 
Württemberg,  und  Sachsen. 

Wie  viel  besser  sind  (la^'-e;;en  Privatarchive  besetzt ,  z.  B.  das 
lürstlicb  Fürstenborgisclio  zu  Donaucschingon !  Dürfte  mau  nun  aus 
diesem  argen  Missvorliällniss  den  Sebluss  zielien,  entweder  dass  die 
amliiclien  (Jeschüfte  in  den  andern  Staaten  um  so  viel  Ifissiger  giti;„'en, 
als  in  Bayern?  Oder  dass  es  dort  weniger  An hivbeuützer  gelxiV 
Oder  dass  bei  ihnen  der  Arcliivinhall  um  soviel  geringer  sei?  Oder 
dass  dort  die  Arclüvbeamten  um  so  viel  mehr  leisteten,  als  die 
bayerischen?  Jeder  dieser  Schlüsse  wäre  thOricht.  Rings  um 
Bayern  ist  der  Aktenverkehr  ebenso  lebhaft  bei  Regierungen  und 
Gerichtshöfen  und  Gemeinden,  der  Archivinhalt  ist  ganz  gleidiartigür 
Natur,  und  wird  vofi&ltnissmässig  dben  so  viele  Arehivbenfitzcr  an- 
ziehen, die  nichtbayerischen  Archivbeamten  aber  erscheinen  keines- 


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28 


Lülier: 


wegs  mit  Dicnstgeschäflcn  überbürdet.  Die  Ursache  der  grossen 
Versehiedenhdt  steckt  lediglich  darin,  dass  die  Archive  aiuserhalb 
Bayerns  weniger  in  Rechtssachen  in  Anspruch  genommen  werden. 

Die  sämmtlicfaen  prenssischen  Staatsarchive  zahlten  für  das 
Jahr  1868  nur  521  amtliche  Requisitionen  und  653  ausseramtticfae 
Sieben  Jahre  später,  nämlich  das  ganze  Jahr  1876  hindurch,  sind 
500  amtliche  und  969  ausseramtliche  Requisitionen  und  Recherchen 
orledigt  worden  »).  »Hei  dcti  i  rstm^,<  heisst  es,  »handelte  es  sich 
sowohl  um  Aufsuchung  und  V^orlage  von  älteren  und  neueren  Urkunden 
und  Akten ,  uls  auch  um  Erstattung  von  Gutuchti  ii  und  Berichten, 
die  den  dionsllichcn  Anfordcrun^'cn  der  lifliüidon  enlsiircchcnd 
Itroviii/icllo  und  lokali'  llochtsvcrliältiiissc  au.-oinander  zu  sc(/.en  und 
einzelne  liislori-clie  Ercignir>.se  zu  erörtern  hatten.  Bezüglich  der 
zweit(>n  (iruppe  wurden  durch  die  Uidi.'r.stülzung  der  persiinlichen 
Benutzungen  und  dunli  die  Beantwortung  der  privaten  Anfragen 
weitgehende  Studien  zur  (Jeschichte  des  Deutschen  Rciclis  und  des 
prcussischcn  Staats  im  Allgemeinen,  der  Territorien  und  Provinzen, 
sowie  oinzebier  Familien  und  Geschlechter  im  Besondem,  überhaupt 
die  mannig&chsten  wissenschaftlichen  Bestrebungen  der  Historiker 
und  historischen  Vereine  wesentlich  geförderte  *).  Es  sind  hier  also 
unter  »ausseramtUchen«  die  historischen  und  genealogischen  Studien, 
unter  »amtlichenc  alle  übrigen  Requisitionen  und  Recherchen  ver- 
standen. Wie  stellte  sich  nun  die  Sache  zur  selben  Zeit  in  Bayern? 

In  beiden  genannten  Jahren  fanden  in  den  neun  Landosarchiven 
—  also  das  k.  CJeh.  Haus-  und  Staatsarchiv  nicht  mitgerechnet  — 
Recherchen  statt  wie  folgt,  wol)ei  alle  und  jede  Nachforschung  zu 
wisscnschafUichim  oder  genealogisdien  Zwecken  nicht  mitgezählt  ist. 

Das  Reidisardiiv  zu  Mönchen  hatte  1868  84  und  1875  86 
„   Krcisarchiv        Arnberg  „      30   „      „  30 

„         „  „  Baml>crg     „      „      40    „      „  55 

,,         „  „  Landshut  70  „  75 

„         „  „  München     „      „     1G8    „      „  120 


it         *i  » 


Neuburg     „      „      39   „      „  75 


*)  Neue  \'\m><.  Zeil  im-  vom  24.  März  1869  Nr.  7ü. 

')  Besondere  lieila^e  zum  DeuLscheii  lleicii»iir£eigcj-  und  k.  preu^s.  Slaats- 
anielger  vom  4.  llfirz  1876  Nr.  10, 
•)  Daselbst. 


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Vom  Beruf  unserer  Archive  in  der  Gegenwart 


29 


Das  Kreiüurchiv  zu  Xürnherg  halle  1.S68    57  und  1875  02 

ii  1«         1»  bptVL'r       •  „       „      22  24 

Wülzburg    „       „      40    „      „  65  

zusammen  559  592 

Die  9  bayerischen  Landesarcilive  hatten  also  —  ausser  den 
Reeherdien  za  wissenschafllichea  oder  genealogischen  und  sphra^ 
gistischen  Zwecken  —  noch  569  andere  im  Jahre  1868  und  592 
im  Jahre  1875,  während  die  preussischen  in  denselben  Jahren  bloss 
521  mid  500  zfthlten.  Da  nun  Bayern  noch  nicht  5,  Preussen  aber 
Ober  24  Millionen  Einwohner  zfthlt,  so  hätte  Preussen  im  Verhält- 
niss  zu  Bayom  haben  müssen  wenigstens  2679  vor  acht  Jalircn, 
und  2841  im  vorigen  Jahr.  Diese  Zalil  müsste  aber  eigentlich  nodi 
bedeutend  gesteigert  werden,  weil  man  in  Preussen  in  der  Ablösung? 
joglirhon  Leheuscliai  akters ,  in  der  Umwandlung  der  gutsherrlichen 
und  crbrechtliciien  (  Jrundlasten.  der  Fixirung  der  Zehnten  und  anderer 
Gefalle  an  Pfarren  Schulen  und  Stiftungen,  in  der  Thcilung  von  He- 
nieindegründcn,  der  Uegulirung  von  Forst-  Weg-  und  Wa.=serri'clilen, 
und  all  den  andern  historischen  Keclitsverhrdtnissen,  wegen  deren 
man  gerade  auf  die  alten  Schrillen  zurückgreifen  muss,  längst  nicht 
so  weit  Torgeschritten  ist,  als  in  Bayern. 

Warum  arbeiten  aber  die  bayerischen  Archive  trotz  dieser  Fort- 
schritte noch  immer  fOr  Staat  und  Recht  so  viel  und  die  preussischen 
so  wenig?  Die  Ursache  kann  nur  sein,  daas  Staatsbeamte  Advo- 
katen und  Private,  wo  es  sich  um  Feststellung  von  Rechtsverhält- 
nissen handelt,  in  Preussen  sich  nicht  so  häufig  an  die  Archive 
wenden ,  als  in  Bayern.  Und  weshalb  geschieht  das  nicht?  Ent- 
weder sind  Beamte  Advokaten  und  Privatleute  nicht  gewöhnt,  in 
Rechts-  und  Verwaltungssachen  die  Archive  zu  benül/en,  —  oäex 
diese  l>esit/.en  nicht  genügendes  Material,  gerade  solche  Fragen  zu 
l>eant\vorten,  —  oder  die  Arcliivbeamten  gewfdiren  keine  ergie]>igo 
Ausknnfl,  weil  sie  die  An  liivalien  entweder  noeli  nicht  halx'n  ge- 
nü^aiul  durcliarheiten  können,  oder  nicht  darauf  eingeübt  sind,  sie 
juris! isi Ii  spredien  zu  lassen.  Der  erste  und  zweite  dieser  Gründe 
wird  wohl  überall  Tlatz  greifen. 

Will  man  sich  aber  noch  mehr  überzeugen ,  welche  Vor- 
theile die  Archive  dem  Staat  mid  den  bürgerlichen  Geschäflen 
bringen  können,  so  beobachte  man  dn  paar  Tage  lang  die  Thätig- 
keit  hl  französischen  oder  belgischen  oder  holländischen  Provinzial- 
archiven. 


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30 


Lüher: 


Nun  soll  aber,  wenn  die  praktische  Archivthätigkeit  in  Bayern 
hervorgehoben  wird,  keineswegs  damit  gesagt  sein,  dass  hier  in 
archivalischer  Hinsicht  Alles  golden  glänze.  Keineswegs,  es  gibt  auch 
hier  noch  tiefe  Schatten.  Aber  rulunen  darf  man  doch,  was  Bayern 
jährlich  auf  seine  Archive  verwendet.  Das  Archivbudget,  welches 
der  Kammer  1876  vorgelegt  wurde,  stellte  sich  ffir  ein  Jahr  folgender 
Gestalt: 

Roiclisarchiv  51,  »05  Mark, 

Acht  Kreisarchive  ....  92,755  * 
(iL'heirnos  Flausarcliiv    .    .    .     9,050  » 

Geheimes  Staal>;ircliiv  .    .    .    10,613  »  

(iosamiiilsuinnic  1ll().!l23  Mark. 
Bayern  Iiatfo  demnach  auf  soinc  Ariliiv(>  jährlich  <ho  Sumfnn 
von  55,6-41  Thalern  zu  verwenden.  \m  Verli;\llni^>  zu  seinen  soviel 
geringeren  Arcliivkoslcn  vor  zwanzig  Jahren  \<l  dieser  Staat  wahr- 
lich mit  der  Zeit  fortgeschritten.  Unsere  »Archivalische  Zeitschrift« 
wird  künftig  wohl  die  Statistik  der  Arcfaivkosten  in  den  vo^chiedenen 
Staaten  im  Einzelnen  bringen:  vorläufig  gewahrt  einige  Anhaltspunkte 
zum  Vergleiche  eine  Zusammenstdlung,  die  wir  ffir  die  anderen 
Staaten  in  Bezug  auf  das  Jahr  1855  Lancizolle's  bekannter  Schrift 
entnehmen. 

Auf  das  Archivwesen  wurden  damals  von  Staatswegen  ver- 
wandt in 

Frankreich   .    .   .  11 5,1  (5i;Thlr.,  dies  sollte  verwenden  196,1 50  Thlr., 


West-Oesterreich  . 

l!l,OGl 

11 

n 

n 

ft 

104,616 

11 

Preussen  .... 

16,875 

»» 

« 

n 

»» 

103,047 

11 

Belgien  .... 

10,973 

t» 

»» 

»» 

11 

26,154 

11 

Bayern  .... 

25,108 

IT 

it 

11 

25,108 

»» 

Saelisen  .... 

l>,240 

1» 

•1 

13,077 

?» 

VV'ürtteiidjerg    .  . 

5,291 

,  , 

!) 

10,461 

?» 

Hannover    .    .  . 

3,5C0 

»1 

M 

»1 

10,461 

11 

Toskana  .... 

7,262 

J» 

»1 

»1 

9453 

♦1 

6,457 

n 

n 

1< 

II 

7.323 

II 

Hessen-Darmstadt . 

1,942 

»» 

1» 

1» 

1» 

4,184 

II 

Hecklenb.-Schwerin 

5,000 

ff 

n 

1t 

11 

3,138 

11 

'j  Denkschrift  ül«jr  die  preussischcn  Staatsarchivo  iifltst  verj^li  irlniuliu 
Notizen  Ober  das  Archivwcsen  einiger  fremden  SUialcn.    A\s  Miuiuskri|it 
ilmckt  Beriin,  NoTember  1866  (von  Dr.  v.  Laiiciiolle  CS«h.  Ober-Arrhivr«th  und 
Direktor  der  preinwischen' Staatfiarchivc)  S.  82  IT. 


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Vom  Beruf  unserer  Archive  in  der  Gegenwart. 


31 


Die  erste  Iloihc  diosor  Zalilon  gibt  die  wirklirlic  Ausgabe  an, 
welche  die  Staaten  im  Jaiirc  1855  für  ihre  Archive  niachten:  die 
zweite  Reihe  zci^,  wieviel  sie  nach  Massgabe-  ihrer  grösseren  oder 
gearingoen  Bevölkerung  im  VerbäUniss  zu  ^ycm  damals  hätten  ver- 
wenden müssen.  Diese  Zahlen  sprechen  für  sich  selbst,  und  das 
Terfaaftniss  hat  sich  seit  den  zwanzig  Jahren  wohl  nicht  wesentlich 
ge&ndert 

Belohnt  sich  nun,  das  ist  die  andere  Frage,  der  soviel  grössere 
Aufwand,  welchen  Bayern  auf  sein  Archivwesen  macht,  auch  durch 
soviel  grössere  Leistungen?  Dass  diese  Fra^'O  vielleicht  mit  gutem 
Recht  durch  Ja  m  beantworten,  darauf  möchte  sclion  der  obige 
Vergleich  mit  T^rous.coti  hinweisen,  welcher  die  Verhrdtnisszahlen  der 
RecluTf  lien  für  praktische  Zwecke  angab.  Diesen  treten  aber  die 
Leistungen  für  Wi.^senschaft  untl  Genealogie  in  Bayern  ebenbürtig 
zur  Siifc.  Ja,  es  Hessen  sidi  Fälle  anfülncn,  in  welchen  sich  der 
Aol'wand  (>ines  Jahres  in  einem  Munat  l)elohnte. 

XI.  Notliwendige  Entwicklung  des  Archivdienstes. 

Die  revolutionäre  Bewegung,  welche  zu  Ausgang  des  vorigen 
Jahrhunderts  entstand,  ist  längst  im  Abnehmen.  Ihre  Wellen  brechen 
sich  fortan  am  deutschen  Reich,  dessen  Wiederau&teigen  einen  ge- 
sunden nationalen  Zustand  in  der  Blitte  unsere  WelttheUs  herstellte. 

Die  geistig-religiöse  Bewegung  sdieint  zwar  langsam  tiefer  auszuholen, 
wird  aber  Bestand  und  Leistung  d(>s  Staates  schwerlich  mehr  ändern. 
Nur  die  sozial-politischen  Stosswellen  sind  noch  heftig:  Uir  rollendes 
Geloso  aber  war  in  der  Geschichte  niemals  von  langer  Dauer, 

Da  ni(iriite  es  an  der  Zeit  sein,  das  Anliivwtson ,  das  von 
säniiiilliclK.ii  politisch-wissenschaftlichen  Anstalten  dunh  dio  fran- 
zösische Umwälzung  und  ihre  Nachwirkung  am  schwerstin  gclilleu 
hat,  in  seiner  alten  Stärke  und  Ergiebigkeit  für  den  Staat  wieder 
her7.ustellen,  indem  man  es  den  heuligen  Zustanden  und  Bedürfnissen 
gemäss  gestaltet. 

Amt  und  Sorge  der  Archivare  muss  nicht  vorzugsweise  auf  ihre 
Delikatessen  d.  h.  die  Wissenschaft,  sondern  vorzugsweise  wieder  auf 
das  tägliche  Brod  des  Staats  und  seiner  BQrger  gerichtet  werden.  Hit 
andern  Worten,  sie  sollen  wieder  hauptsächlich  für  Staat  und  Recht 
und  daneben  fOr  die  Geschichtsforschung  arbeiten. 

Was  geschieht  jetzt  an  vickm  Orten  in  Deutschland?  Wenn 


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32 


Labert 


es  sich  bei  Staats-  und  Kirchen-  und  Gemeindebeamten  um  einen  • 
Rcchtspunkt  oder  um  eine  Thatsache  handelt,  die  aus  der  Vei|(angen- 
heit  aufzuklären,  um  Marken  und  Forstgrenzen,  um  frühere  Wege 
und  Wasserläufe,  um  den  früheren  Namen  einer  Oertlichkeit ,  um 
die  Auslegung  der  Stelle  in  einem  alten  Statut,  oder  .^onst  dergleichen, 
dann  sucht  man  in  Gesetzen  und  Büchern  und  alten  Akten,  ilic 
noch  zur  Hand  .-ind  oder  bei  Ministerien  Refrierunpren  und  Kon- 
sistorien, bei  Universitäten,  F'or.st meistern,  und  andern  Sachversirm- 
dijreii  Auskunft.  I.fisst  sieh  bei  diesen  wirklicii  stets  die  uüllii^'O 
Saclikenntiiiss  Gedulii  uinl  Im  rtijjkeit  voraussetzen?  Sollle  es  nieiil 
ungleidi  liL'Sser  sein,  es  wiiie  eine  ein  für  allemal  besLimmte  Stelle 
im  Laiule,  von  welcher  man  gcwisa  wüssle,  das.s  erstens  in  ihrem 
Bereiche  die  betreffenden  Urkunden  und  Akten  und  alten  Statuten, 
soweit  sie  fibeihaupt  noch  vorhanden,  sich  befinden,  und  dass  jene 
Stelle  zweitens  im  Besitz  all  der  nöthigen  Kenntnisse  und  Fertigkeiten 
wäre,  dass  sie  aber  auch  Beruf  und  Zeit  hätte,  um  sofort  die  ver- 
langte Auskunft  aus  jenen  alten  Schriften  zu  ertheilen? 

Und  es  sind  ja  nicht  bloss  Beamte  und  Gemeinde,  sondern  auch 
Private  und  Familien,  insbesondere  Advokaten,  die  in  Rechtssachen 
solcher  Auskünfte  bedürfen.  Wie  viek'  Prozesse  könnten  vermieden 
werden,  wenn  es  überall  eine  allbekannte  Stelle  gäbe,  die  für  slaal5- 
und  kircheu-  und  Zivilrecht  liehe  Verhrdtnisse  die  Recht  s-  und  That- 
sachenfrageu,  welche  aus  Schriftstücken  der  Vergangenheit  zu  l('»scn, 
so  klar  und  sicher  zu  enf  hüllen  veniiC»!  iite ,  dass  man  wüsste,  durch 
ihre  Kntsciicidung  sei  die  Sache  ersclu'>pt't  I 

Solche  Aeinter  müssen  die  Arcliivt»  wieiler  werden. 

Freilich  nniss  es  auch  wieder  allgemeine  Gewohnheit  werden, 
sich  an  diese  Aemter  zu  wenden.  Von  dem  Reclit,  das  eliedcm 
nur  Fürsten  und  Minister  an  die  geheimen  Archive  hatten,  muss 
jetzt  emem  jeden  Staatsbürger  kein  geringer  Theil  an  die  öffentlichen 
Archive  zustehen. 

Nun  wird  solch  eine  Anforderung  an  die  Archive  gerade  bei 
manchen  Archivaren  hier  Entsetzen,  dort  tiefen  Unmuth  mircckcn. 
Wie?  Die  Archive  sollen  den  Staatsbeamten  und  Advokaten  Mägde- 
diensle  verrichten?  Sie  >nll(  n  crar  eine  Art  von  Nachweisämlem 
bilden?  Da  wendet  sich  die  helire  Göttin  der  Wissenschaft  ab  und 
verhüllt  ihr  Haupt. 

Solche  Aiischnuung  wird  ger.ide  so  \v(Mt  vorherrschen,  als  die 
Archive  mit  soiciien  Gclelirten  Ijcsetzt  sind,  denen  I^lick  und  Geschick 


Üiyitizuü  by  GoOgle 


-  Vom  Beruf  uuäcrcr  Archive  iu  der  Gegenwart.  33 

für  das  praktische  Leben  abgelit.  Gerade  so  weil  wird  die  oberste 
Staatsgewalt  auch  auf  Verständniss  und  eifriges  Mitwirken  in  dieser 
Angclegenhdt  ▼«Achten  mflssen. 

Und  dennoch,  es  geht  nicht  anders!  SoUcn  die  Aidiivc  aus 
der  Verwahrlosung  und  Zerstreuung  heraus,  in  welcher  sie  sich  theil- 
weise  noch  befinden,  wiD  man  fär  sie  mdir  Arbeitskräfte,  für  ihren 
Dienst  mehr  Entgegenkommen  und  bessere  Gebäude,  f  ör  Ihre  Beamten 
bessere  Stellung  und  Gehälter  eningen,  wollen  die  ÄrduTe  überhaupt 
wieder  zu  ihrer  rechten  Ehre  und  Achtung  kommen,  dann  müssen 
sie  sich  mit  der  leb<^ndigcn  Gegenwart  wieder  in  nächste  Verbindung 
setzen  und  deren  täglicliem  SchafTen  und  Sorgen  Dienste  leisten. 
Erst  dann,  wenn  ihr  Wirken  sich  wieder  ül)ernllhin  als  nfilzlieh  und 
nothwendig  bemerklicli  maelil ,  werden  sie  dafür,  wie  lüi"  ilire  Be- 
durfnisse, Verständniss  uiul  Theilnaliine  finden. 

Andernfalls  wird  man  stets  geneigt  sein,  sie  als  Sammelslälteij 
alter  Akten  und  Schriften  anzusehen,  die  man  eben  leidlich  erhallen 
muss,  weil  sich  hin  und  wieder  nützliche  Nachrichten  darin  linden. 
Dann  aber  wäre  es  besser,  man  machte  dem  unerträglichen  Halb- 
Wesen,  m  welchem  sidi  die  Archive  in  so  mandien  Ländern  dahin 
sdileppen,  dadurch  ein  Ende,  dass  man  sie  voUends  in  rein  wissen- 
schaftliche Anstalten  wandelte.  Man  mfisste  ausscheiden,  was 
bloss  dem  Staatsdienste  angehOrt,  und  dieses  wieder  in  die  Registra- 
turen der  Hinisterlen  und  Behörden  zurdckleiten,  die  dbrigen  Bestände 
aber  den  Bibliotheken  anreihen  und  ae  em&ch  als  Bibliothekgut 
bdiandcln  und  verwalten. 

Das  Beispiel  der  Länder  freilich,  die  früher  bei  uns  Ruf  hatten, 
dass  sie  praktisch  gescheidt  handelten  —  Frankreich  Belgien  Tlolland 
England  Schweiz  —  sj^räche  nicht  dafür.  In  llalien  hat  ni.-in  jüngst 
eine  Ti(mnnng  der  Archive  in  historische  und  adiiiinislralive  an- 
gestrebt, bald  jedoch  wieder  fallen  las.sen,  weil  sie  widersinnig  und 
unausführbar. 

Und  ob  denn  bei  solcher  Trennung  das  Slaatsinteresse  sich 
besser  stände,  ob  nicht  für  doppelte  Kosten  und  Arbeitskräfte  hier 
wie  dort  sclilechlere  Arbeit  gewonnen  würde,  wäre  noch  die  Frage. 
Andererseits  aber  ist  gewiss,  dass  auch  die  historische  Wissenschaft 
jetzt  und  kfinftig  um  so  besser  dabei  fi&hrt,  je  mehr  die  Archive 
wieder  lebendige  Ifittelpunkte  praktischer  Thätigkeit  werden.  Je  zahl- 
reicher fachkundige  Archivare  aufgestellt  werden,  um  so  ausgiebiger 
wird  die  Forschung  bedient  sein. 

AfChtTallMh«  MtMhritt.  I.  8 


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34 


Lfther: 


XII.  Amtspflichten. 

Die  Beamten  eines  Sffentlicben  Archivs  haben 

I.  die  alten  Urkunden  Kodizes  Amtsbficher  und  Akten  im 
ganzen  Lande  zu  samnioln  und  zu  sichten,  das  WitIIivoIIo  ainzii- 
srlioidon  und  dem  Artiii v  einzuverleiben,  darin  Alles  sorgCallig  und 
lichtvoU  zu  ordnen  und  saclig(  niäs>  zu  vorzeiclinen .  Alles  wohl  zu 
verwahren  und  «regen  Verschleppun^r  Diebstahl  und  Raub,  wie  gegen 
Staub  Moder  und  Verderben  jeder  Art  zu  schiilztm.  Solrln*  Sorge 
für  den  Bestand  der  Areliive  ist  aber  nur  die  erste  Slule,  die  nolli- 
weudige  Voraussetzung  des  arcliivalischen  Dienstes.  Dieser  gilt  dem 
(.iebraucii  des  Arciiivs. 

II.  Handelt  es  sicii  also  um  Ileclils-  oder  Administrativ-Angelegen- 
heiten,  so  müssen  die  Archivbeamten  es  verstehen,  das  gesainmtc 
.Schrilhnaterial,  welehcs  dabei  dienfieh  sein  kann,  sofort  zu  finden 
und  vorzulegen  und  daraus  Abschriften  Uebersetzungen  und  Auszüge 
zu  fertigen.  Um  das  zu  können,  müssen  sie  im  Lesen  und  Würdigen 
der  Urkunden  Akten  und  AmtsbOcher  geQbt  sein.  Da  man  nun 
bei  dem  Historiker  keine  juristische,  bei  dem  Richter  und  Vcrwal- 
tungsbeamten  keine  dipIomafisch<\  bei  dem  Advokaten  und  Privat- 
mann üherliaupt  kv'mo  gelehrte  historiselie  Bildung  voraussetzen  kann, 
da  aber  bei  den  Archivb(\aniten  diese  vei*schiedenartige  Bildung, 
sollen  sie  anders  ihrem  Berufe  gewaehsen  sein,  zusammen  tivllen 
muss:  so  sind  auch  vorzugsweise  sie  im  Stande,  Schriflslürke  der 
Vergangenlh^if  nicht  bloss  vorzulegcMi.  soiulcrn  aurli  mit  Bi'zug  auf 
|iraktiselie  Anwi mluiig  zu  erklären,  —  mit  andern  Woi'ten:  i^crade 
die  ArcliivbraiiiUn  berufen,  auf  eine  bestimmte  Bechts-  imil 
ThatsaclienIVage,  die  aus  allen  Handschriften  zu  beantworten,  ein 
sachverständiges  Gutachten  zu  geben. 

Die  Archivare  sollen  also  wieder  werden,  was  sie  früher  waren, 
Dcduzenten,  —  wohlgemerirt  aber,  nicht  mehr  als  spitzfundige  Juristen, 
sondern  als  Darleger  und  Ausleger  des  rechtshistOTischcn  StolTs, 
dessen  man  bei  praktischen  Geschäften  l)enöthigt  ist. 

ni.  Handelt  es  sich  aber  um  eine  historische  oder  eine  genea- 
logische Untersuchung,  so  hat  der  Archivar  die  Urkunden  und  Kodtzes, 
Arrhivalbände  und  Aktenfaszikel,  Siegel  und  Waj>penbilder  voi-zulegen, 
die  irgendwie  Stoff  zur  Lösung  der  Frage  ergeben.  Es  ist  nalürlidi 
von  ihm  nirht  zu  verlangen,  dass  er  den  Inhalt  aller  Bände  und 
Faszikel  selbst  kenne,  das  verbietet  sich  in  jc<)cni  grösseren  Archive 


Üiyitizcü  by  GoOglc 


Vom  Beruf  unserer  Archive  in  der  Ge^cnwarL 


36 


schon  von  selbst:  wohl  aher  muss  er  sein  Material  beherrschen,  tl.  Ii. 
unter  Archivalien  nach  Anleitung  der  Rei^ertorien  Verzeichnisse 
und  aonsUgeh  Bdidfe  soweit  Bescheid  wissen,  dass  das  Archiv  mit 
Bezug  auf  eine  bestimmte  Frage  benützbar  ist  bis  zum  Grunde. 
Der  Arehivbeamte  braucht  auch  Iceineswegs  Forschungen  für  Andere 
zu  machen,  ist  Tietanehr  vSllig  in  seinem  Rechte,  wenn  er  unbiilige 
Zmnuthungen  abweist:  wohl  aber,  da  manche  Archivalien  eigenthüm- 
licher  Art  sind,  hat  er  den  Forscher  zu  orientiren,  wo  und  wie  er 
darin  die  gewünschten  Aufschlüsse  önde.  Aucli  wird  sich  wohl 
kein  Archivar,  der  die  hohe  Bedeutung  der  deutschen  Wissenschaft 
zu  würdi^ren  verstellt,  der  Mühe  entziehen,  verdienten  Forschern  und 
no>(  hiclitsclin  ibern,  statt  sie  ans  weiter  Ferne  her  zu  beinnheri,  auf 
k'stirnmt  f,'esteIlto  Fra^rcn  iilx'r  Daten  und  Thatsachcn  aus  den 
Archivalien  kurzgefasste  Antworten  zu  gelxn. 

IV.  Soweit  nun  dieser  laufende  Dienst  und  soweit  die  inneren 
Ordnungsarbeiten  im  Archiv,  die  wnlil  auf  lange  Zeit  hinaus  nach 
jedem  vollendeten  neuen  riepcrloriuni  noch  zu  einem  genaueren  an- 
regen werden,  die  Geschfillsstnnden  im  Archive  nicht  auslQllen,  ge- 
hart die  Zeit  den  feineren  Orientirungsarbeiten.  Zu  diesen  z&hH  die 
Geschichte  des  Archivs  iftid  seiner  Bostandtheile,  die  Topc^aphie 
der  Provinz,  sowohl  mit  Rücksicht  auf  Geschichte,  wie  auf  die  sich 
ändernden  Namen  der  OertUcfakeiten,  Listen  der  Ortschaften  und 
Einzelhöfe,  Sirassen  und  F<n:st^  die  eingegangen,  wie  sie  der  dreissig- 
jährige  Krieg  nur  zu  viele  aufweist,  ferner  genealogische  Tafeln  der 
fürstlichen  und  der  bed(Miten deren  Familien,  die  im  Archiv  vertreten 
sind,  endlich  die  Geschichte  der  Aemtcr  Behörden  und  Stellen,  welche, 
soweit  die  nrknndlirlien  Nachrichten  reichen,  in  der  I'rovinz  sich 
einander  folgten.  Da-  Ai-chiv  .sollte  im  Stanth»  sein,  jedom  Dorf, 
jedem  historischen  rieschlecht.  und  jedem  Amte  die  rjrundzüge  seiner 
Geschichte  auf  Wunsch  mit  leichter  Miihe  an.-/.n  feit  igen.  Insbesondere 
werden  die  deutschen  Archivare,  die  von  .jeher  zinn  liegentenhaus 
ihres  Landes  eine  besondere  Verlranensslellung  einnaiimen,  es  sich 
angelegen  sein  lassen,  dessen  Geschichte  in  all  seinen  Gliedern  mit 
Liebe  und  feinem  VerstSndnias  aufeuhellen. 

Im  Uebrigen  bleibt  es  selbstverständlich  jedem  Archivbeamten 
anheim  gestellt,  wie  er  seine  geschäftsfreie  Zeit  verwenden  will,  ob 
zum  Edffen  von  Urkunden  und  Korrespondenzen,  oder  zum  Zusam- 
mentragen historischen  Matmals  in  grossen  und  kleinen  Abhand- 
lungen, oder  zur  schönen  freien  Kunst  der  Gesohichtschreibung,  oder 


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36 


Loher: 


wclclio  andcix'  Arbeil  sein  inri^'i-,  je  iiadidcm  iliii  Anla<,'e  und 
Nei^'ung  Irt  iht,  um  bei  gcisli^n  i  Frische  und  im  amegcndcn  Verkehr 
mit  der  Wisseiiscliaft  zu  bleiben. 

XUi.  Anforderungen  der  Neuzeit. 

Will  man  aber  den  Dienst  der  Archive  fQr  Geschäfte  and  Besitz 
des  Staats  der  Gemeinden  und  Privaten  beleben,  und  will  man  auch 
den  gesteigerten  Anfofderungen  der  Wissenschaften  gerecht  werdoi, 
so  darf  die  neue  Organisation  des  Ardiivwcsras  nicht  rücicschauend 
auf  das  Vergangene  verfahren,  sondern  im  offenen  Hinblick  auf  die 
Gegenwart,  auf  ihre  Bedürfnisse  und  ihre  Anschauung  von  öflbiil- 
lielien  Dingen.  Sobald  man  heutzutage  irgendwo  Hand  an's  Werk 
legt,  im  Staatsorganismus  ein  Glied  zu  ändern  oder  neu  einzusetzen, 
gleich  schie.>scn  aus  Natur  und  Gelriebe  der  neuen  Zeit  Forderungen 
und  Normen  hervor,  denen  sich  kein  Staatsmann  mehr  entziclicn 
kann. 

Thcilung  der  Arbeit!  Dieses  moderne  Prinzip,  das  in  ihr 
(diidcrung  des  Staatswesens  wie  der  Wissenscliaften  und  (lewerbe 
und  Industrie  die  schönsten  Früclite  zeitigt,  muss  audi  für  das 
Archivwesen  durchgreifen.  Der  Beamte,  der  Advokat,  und  wer  sonst 
aus  alten  Dokumenten  ein  Interesse  zu  bestritten  hat,  soll  der  Sorge 
um  die  Fähigkeit  sowie  der  Mähen  entlastet  werden,  die  er  braucht, 
diese  Dokumente  zu  lesen  und  richtig  auszulegen.  Aber  er  muss 
auch  die  Gewissheit  erhalten,  dass  die  Arbeit  statt  seiner  von  ächten 
Sachverständigen  verrichtet  «rird.  Aus  der  Natur  dieser  archivallschcn 
Arbeit,  die  einen  besonderen  Kreis  von  Kenntnissen  und  Fertigketten 
crford^,  —  die  frei  auf  sich  selber  gestellt  sein  muss  und  keine 
Bevormundung  von  Nichtarchivaren  vertragt,  —  die  endlich,  um  nicht 
Stückwerk  zu  liefern,  ein  Ineinandergreifen  der  Laiidesorchive  bedingt, 
—  aus  diesem  eigenthümlichcn  Charakter  des  Archivwesens  ergeben 
sicli  mit  Xotliwendigkcit  drei  Folgerungen: 

1.  Geregelte  Fachbildung  der  Arcliivbcamten. 

2.  Sclb^lsfiiiidige  Stellung  des  Archivwesens. 

3.  Einlifilliihe  Verwaltung. 

Was  nun  den  arehi  valischen  Stoff  bitrilll,  so  drängen 
sich  zwei  gros.se  Thatsachen  zur  Beachtung.  An  Stelle  der  Zer- 
stückelung in  eine  Menge  Klefaistaaten  und  Sdlätchcn,  unter  welcher 
Deutschland  bis  in  den  Anfang  dieses  Jahrhunderts  ohnmächtig  litt 


Üiyitizcü  by  GoOglc 


Vorn  Beruf  unserer  Archive  in  der  GegvnwarL  37 

und  blutete,  sind  grossere  Staaten  und  zuletzt  das  Reich  getreten, 
welches  die  Vielen  gkuchmfissig  umfasst  Zu  gleicher  Zeit  hat  sich 
die  Macht  eines  grossen  Prinzips  bewShrt,  welchem  sich  jedes  poli- 
tische Leben  gleichmässig  (Qgen  muss.  Dies  oberste  Gesetz  ist  das 
allgemeine  Staatswolil.  Daraus  folgt  Vereinigung  oder  doch  Verbin- 
dung sämmtUcher  Arcliivalien  im  Lande  und  zweckmässige  Clit  di  i  ung 
ilircr  Gruppen  und  Tbeile  je  nach  dem  öffentlichen  Bcdürfhiss,  also: 

1.  Auflösung  der  reponirlon  Registraturen. 

2.  Zusanuiienlegung  der  zt'i^troiilL'n  kleinen  Archivgruppen. 

3.  Aiistiiusrh  der  Kegiorungun  unter  einander. 

4.  Aus.scliL'idiing  des  rngeliürigen  aus  den  Archiven. 

5.  Richtige  Veillifilung  dir  Airliive  im  Lande. 

G.  Wissensilialtlichu  Ordnung  und  Verzeichnung  der  ScluillblQcke. 

7.  üeregcller  Zutluss. 

8.  Verbmdung  der  Landesarchive  mit  den  Archiven  der  Gemeinden 
und  Stiftungen. 

Endlich  ist  m  der  modernen  Zeit  Vieles  öffentliches  Gut 
geworden,  was  ehedem  mehr  oder  weniger  unter  den  Begriff  von 
Familiengut  fiel,  und  das  Licht  der  Oeffentlichkeit  leuchtet  mit  un- 
abweisbarer EnMgie  in  die  dunkelsten  Kammern.  Die  weitschweifigen 

W^e,  um  die  Erlaubniss  zur  Arclüvbenützung  zu  erhallen,  erscheinen 
ffir  die  allermeisten  Fälle  als  unnöthige  Förmlichkeit.  Auch  die 
Archive  müssen,  gleichwie  andere  Staalsanstaltcn ,  der  öllenlliclien 
IJenützung  entgegenkommen.  Der  Archivar  ist  Vertreter  eines  edlen 
Theils  des  öfTentlichen  Eigenthuins,  und  was  er  allein  von  seinem 
Archiv  weiss,  das  können  die  Andern  nicht  wissen. 

Er  braucht  das  Metall  aus  seinem  archivalischen  Rergwerk  nicht 
selbst  herauszuhauen ,  aber  er  muss  die  Gänge,  die  zu  ilun  lüluen, 
öffnen  und  weisen.  Also: 

1.  Lesciuänkuiig  und  tlieil weise  Aufhebung  des  Arcliivgelieinmisses. 

2.  Leichte  Benützbarkeit  der  Archive. 

3.  Veröffentlichung  von  Repertorien. 

4.  Versendung  von  Archivalien. 

Es  seien  nun  im  Folgenden  die  fünfzehn  Punkte  erörtert,  jedoch 
vorläufig  nur  kurz  und  andeutungsweise.  Unsere  archivallsche  Eil- 
schrift wird  öfter  Anlass  und  Geleg«!iheit  geben,  dass  sich  Ansichten 
und  Rathschläge  von  verschiedene  Seiten  hören  lassen. 

Nur  auf  solche  Weist^  können  die  Archive  nach  und  nach  zu 
dem  werden,  was  sie  sein  sollen,  nämlich:  vollständig  wie  eine 


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LSher: 


Rcgislratur,  geoiduel  wie  eine  A|»uÜieke,  uiid  üfl'cii  und  zuverliissig 
wie  ein  llypolliekenbuch. 

XIV.  Fachbildung. 

Der  Archivdienst  v<fflangt  zwei  Klassen  voa  Beamten.  Die  eine 
versidit  den  gewöhnlichen  Registratur^  und  Schreibcrdienst:  dafür 
reicht  die  Vorbildung  aus,  wie  sie  durch  das  Abgangszcugniss  vom 
Gynmasiuin  bezeugt  wird,  wenn  eine  Zeitlang  praktische  Einübung 

hinzu  konuiit. 

Anders  steht  es  mit  der  archivalisehon  Leistung.  Möge  sie 
noch  so  lief  gestellt,  möge  nichts  verlangt  werden,  als  dass  der 
Archivar  Urkunden  und  Akten  in  Sicherheil  und  Ordnung  halle  und 
im  Bedurfnipsfall  vorlc^'c:  auch  dann  niuss  er  wrnijrslcns  soviel 
lialäographische  historische  und  juristische  Kemitiiissc  j)csilzcn,  dass 
er  weiss,  was  und  wie  er  zu  sui  hen  hat.  Vrrratli  ist  es  an  Staat  und 
Wissenschaft,  Leute,  die  wciler  Vorbildung  noch  rechte  Lust  zum 
Archivfach  haben,  die  man  etwa  gar  in  Hof-  oder  Kirchen-  und 
Schreiberstellen  nicht  anders  unterbringen  kann,  den  Ardiivcn  auf- 
zudringen. 

Soll  aber  em  Archivar  seine  StcUe  wirklich  und  wahrhaft  aus- 
füllen, soU  er  dem  praktischen  Bedfirfniss  wie  der  Geschichtsforschung 
gegenüber  seinen  Mann  stehen,  sollen  seine  Berichte  und  Gutachten 
nicht  ein  so  einfaches  Schreibgerippe  sein,  wie  der  Rapport  dnes 
Post-  oder  Slcuerbcanitcn :  so  gehört  dazu  neben  guten  Geislesanlagen 
ein  ausgedehntes  Vielerlei  von  Kennt nis-en  und  Ferligkeilen,  die 
gelernt  und  geübt  sein  wollen.  Verstand  und  alle  Gewohnheit  habon 
uns  vor  dem  Unglück  bloss  parlamentarischer  Mini-^ter  geschnl/l: 
jedocli  jeder  Ahmn  von  hoher  Dildunu'  und  Thalkrafl  wird  leichter 
einen  guten  Minister  abgeben,  als  ohne  Fachkunde  einen  guten 
Archivar. 

I.  ünerlässlich  ist,  dass  der  Archivlieamte  grüiullich  IJe-tlieid 
wisse  in  der  allgemeinen  Siaalengescliichte,  in  der  deutschen  Keit  lis- 
und  insbesondere  der  engeren  Landesgeschichte.  Von  denen  aber, 
wetefae  die  oberen  Stellen  im  Archivdienst  einnehmen  wollen,  darf 
man  auch  erwarten,  dass  sie  in  der  Quellenkunde  und  Quellenkritik 
in  Bezug  auf  die  gesanunte  deutsche  historische  Forschung  wohl  be- 
wandert seien. 

In  der  Topographie,  in  der  Geschtehtc  der  Städte  Klöster 


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Vom  Beruf  uoserer  ^Vichive  in  iler  (iuguuwart. 


39 


SclUösser  und  anderen  wicliiigeren  Oerlliclikcilen,  in  der  (jonealogie 
und  Geschichte  ganz  besonders  der  Mrstlidien  und  anderer  histori- 
schen Familien  moss  der  Arefairar,  wenigstens  was  seinen  Amts- 
bezirlc  angelit,  sich  ToOständig  zu  Hause  wissen. 

n.  Unerlilsslich  sind  femer  juristische  und  administratiTe  Bil- 
dung, also  Studien  des  Staatsrechts,  des  bärgerlichen  und  Slrafrechts, 
des  klrchlidien  wie  des  prozessualen  Rechts.  Deutsche  Staats-  und 
Recfatsgeschlchtc  ist  des  Ardiivars  Wagen  und  Pflug.  Insbesondere 
niuss  er  die  Entwiclclung  der  Staatsverwaltung  im  oi^^cMien  Lande 
kennen  und  wie  politisctio  und  kirchliche  und  juristische  Aemter  ent- 
standen, sich  ausgliederten  und  einander  ablösten. 

III.  Auch  die  Staats-  und  Volkswirthschaft ,  das  Forst-  und 
Bergwesen,  das  Zoll-  Steuer-  und  Miiii/wesen,  Doichvt  ri)aiui  und 
Aipenwirlhscliaft,  Kunst-  und  Ilandelsgeschichh',  ühurhau|)t  die 
Kulturgeschichte  des  Landes  darf  dem  Arcliivar  nicht  fremd  sein. 

IV.  Zu  diesen  historischen ,  juristischen,  administrativen  und 
voUcswkthsdiafUicben  Kenntnissen  kommt  nun  himni  der  Eres  der 
dgentlicben  Fachwissoisdiaft:  die  Palaographie,  welche  die  Hand- 
schriften der  Toizeit  iunnen,  die  Chronologie,  welche  die  Daten 
entziffern,  die  Diplomatilc,  welche  die  Aechtheit  der  UrlLundcn  je 
nach  Brauch  und  Einrichtung  der  Kanzleien  Gesandtschaften  und 
Landstände  prüfen  lehrt.  Heraldik  und  Sphragistik  bilden  eigene 
Wissensgebiete,  auf  denen  kein  Archivta-  fremd  sein  darf.  Phib- 
logische  Studien  aber,  mit  rechts-  uml  kulturgesciücliUiclien  VW- 
einigt,  ergeben  die  Kunde  des  niittclalterlichen  Lateins,  wie  des 
All-  und  Miltolhochdoutschen ,  und  der  späteren  technischen  Aus- 
drücke in  Staats-  Rechts-  und  Kirchenireschäftcn. 

V.  Die  archivalisclie  Bildung  vollendet  endlich  was  so  zu  sagen 
zum  Handwerk  gclK'h't:  die  Behandlung  der  Urkunden  Siegel  Kodizes 
Aiiitsbüclier  und  Akten  bei  ihrer  Aufbewalirung,  Keinigung,  Bezeich- 
nung, —  die  systematische  Ein-  und  Vertheilung  des  archivaUschen 
Stoffs,  —  das  Abfassen  der  Regesten  Repertorien  und  Kataloge,  —  die 
leichte  und  sichere  Recherche,  —  die  Auslegung  und  Verarbeitung 
des  Lnlialts  der  erforschtoi  Arehivalien  zu  Berichten  und  Gutachten. 
Es  ist  nicht  Sache  des  Archivars,  Rechtsausföhrungen  zu  machen, 
er  braucht  den  Inhalt  der  Arehivalien  nicht  auf  gegebene  Ver- 
hlUtnisse  anzuwenden:  immerhin  aber  muss  ^  verstehen,  das 
thatsächlichc  und  leditliche  Material  aus  s^en  Urkunden  und 
Akten  im  Sinn  ihrer  Zeit  riditig  herauszuziehen  und  zu  erläutern. 


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und  das  wird  einer  juristischen  AusfDhrung  stets  etwas  nalie 
iLommen. 

Darf  man  nun  von  Schreibern  und  Rcgistratoren,  die  in  den 
Geschaftsstuben  sich  heraufdienten,  all  diese  theoretischen  und  prak- 
tischen Kenntnisse  erwarten?  Oder  stdien  sie  etwas  leichten  Kaufs 

für  einen  Staalslxsamlen  zu  erwerben,  einerlei  ob  er  von  der  Justiz 
oder  VcrwaUung  horkommt  ?  Oder  ist  r'm  tri  Iclirter  Historiker  darum 
aucb  schon  ein  treffliclier  Archivar  V  In  der  Tliat,  vergleicht  man 
die  Er^'obnisse  des  archivalischen  Scliaffens  von  manchem  CJolclirten 
mit  dem  eines  Registrators,  der  eine  <^uU'  nyinna.-ialljildiing,  iiulür- 
liche  Anlagen,  und  Trieb  sich  fortzubilden  lK'.sit/.t,  so  weiss  man 
nicht,  wer  vorzuzielien '?  hii  Zweifel  gibt  ein  Staalsbeanitor  mit 
Universiläts-  und  etwas  praiitisclier  V^orbildiing  nocii  am  meiälen 
Gewälir,  dass  er  sich  zum  tüchtigen  Arcliivar  bcfaiiige. 

Also  Fachbildung!  Das  CJynmasiuui  schafft  die  Grundlage,  — 
UniTondtätsbOdung,  sei  es  als  Jurbt  od»  HistiHrik»  oder  Philologe, 
muss  lünzukommen, — was  noch  fehlt  an  theoretischen  Kenntnissen, 
kann  vor  oder  währoid  der  ersten  Beschäfligung  an  d<»i  Archiven 
durch  Besuch  von  philologischen  oder  historischen  oder  juristischen 
Torlesungen  und  Seminaren  nachgeholt  werden,—  endlich  wird  die 
Ausbildung  vollendet  durch  ehie  Archivschule,  in  welcher  Lehrvor- 
träge mit  praktischen  Uebungen  abwechseln.  In  der  Regel  sollle 
man  als  Archivbeamten  keinen  anstellen,  der  nicht  eine  Zeitlang 
praktisch  an  einem  Archiv  gearbeitet  hat;  denn  das  tbeoretische 
Wissen  entwickelt  sich  erst  durch  IJebung  zu  Fertigkeiten,  und  ausser- 
dem ist  noch  vielfaches  Kennen  und  Können  im  Archivdienst  nötliig, 
das  nur  durch  Beispiele  und  Lehre  erworben  wird.  Verschlossen 
aber  von  vornlu-rein  nuiss  der  liüliere  Archivdienst  für  Jeden  sein, 
der  nicht  drei  oder  vier  Jahre  auf  der  Univer.-iläl  gewesen.  Wenn 
er  nicht  eine  bed(;ulende  Krall  ist,  so  werden  bei  aller  Gewandlheit 
im  Auffassen  und  Darstellen  seine  spätem  Art}citen  gewöhnlich  docli 
eine  gewisse  Gediegenheit  vermissen  lassen. 

XV.  Fachstellung. 

Türken  und  Chinesen  haben  emen  eigenen  Archivminister.  Das 
wäre  für  unsere  Verhältnisse  tliörichtcr  Luxus.  lacgt  aber  nidit 
eine  Andeutung  darin,  dass  dem  Archtvwesen  eine  möglichst  selbst- 
ständigc  Stellung  gebührt? 


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Vom  Ucrui  uiü>t>ier  Arcliive  in  ijer  Gegenwart.  41 

Gleichwie  die  Justiz  sich  strenge  von  der  Verwailung  ge:scliiLiLn 
hat,  gleich  wie  die  Ifinisterien  sich  theilten  und  innerlialb  ilircr 
Kreise  das  Schulwesen,  das  Medizinalwesen,  das  Forst-  Berg-  und 
Hüttenwesen,  das  Post-  Steuer-  Zoll-  und  Rechnungswesen  mehr 
oder  weniger  selbststftndig  herausbildeten:  so  muss  noch  viel  mehr 
das  Aichivwesen  Tom  Grunde  aus  auf  sich  selbst  gestellt  weiden. 
Denn  es  gehOrt  zugleich  dem  Staate  und  zugleicb  der  Wissenschaft 
an,  und  seine  Arbeiten  verzweigen  sich  mit  den  Wiriningdoeisen 
mehrerer  Ministerien  zujrleich. 

Das  Familienarciuv  des  Regentenhauses,  sowie  die  Verhand- 
lungen mit  auswärtigen  Staaten ,  soweit  sie  nicht  lediglich  der  Ge- 
schichte anhcim  fallen,  haben  ihre  jrowiesene  Stellunf?,  —  das  eine  unter 
dem  Ministerium  des  küniglichcn,  grossherzofjlichLii,  herzoglichen  oder 
fürstlichen  Hauses,  —  das  auswärtige;  Arciiiv  unter  dem  Ministerium 
der  auswalligen  Angelegenheiten.  Fragwürdig  dagegen  ist  es,  zu 
welchem  Ministerium  die  Landesarchive  gehören  sollen  ?  Sie  sind 
wissenschaftliche  Anstalten,  fallen  also  gleichwie  Museen  und  Staats- 
bibliotheken in  den  Bereich  des  Kultusministeriums.  Das  der  Justiz 
könnte  sie  för  Rechtszwecke,  das  der  Finanzen  fOr  seine  Vermagens- 
interessen,  das  des  Innern  für  die  Verwaltung  überhaupt  beanspruchen. 
In  klehierffl  Staaten  stellt  man  daher  die  Archive  unter  das  Gesammt- 
ministerium.  Allem  diese  an  sich  richtige  Stellung  eignet  sich  schon 
der  Gescfafiftsordnung  wegen  nicht  für  grössere  Staaten.  Da  nun 
wissenschaftliche  Arbeit  zunächst  Sache  des  Einzelnen  ist,  so  muss 
das  Anrecht  des  Ministeriums  des  Unterrichts  auf  dit>  Landesarchive 
zuerst  zurücktreten.  Von  den  drei  andern  Jdinisti  l  it n  ist  es  wolil 
das  des  Innern,  welches  am  häufigsten  an  die  Landesarchive  sich 
wendet:  in  diesem  Ministerium  trefTen  auch  verschiedene  Hichtungcn 
der  früheren  und  jetzigen  Staatsverwaltung  am  meisten  ziisanunen. 
Wird  dagegen  das  gesanmite  Archivwesen  eines  Landes  in  eine  ge- 
meinsame Verwaltung  gebracht,  so  stellt  man  es  gewöhnlich  unter 
das  Ministerium  des  k.  Hauses  und  des  Aeussern,  weil  das  llaus- 
und  Staatsarchiv  nur  unter  diesem  stehen  können. 

Am  räthlichsten  erscheint  daher,  das  Archiv  wescn  dem  Ministerium 
des  Innern  oder  des  Aeussern  lose  anzugliedern,  und  demgemSss  die 
Archivbeamten,  sowohl  was  den  niedem  als  den  höheren  Dienst  be- 
trifft, in  die  verschiedenen  Beamtenklassen  des  emen  oder  andern 
Ministeriums  emzureihen. 

Im  Ganzen  genommen  wird  es  ziemlich  einerlei  sdn,  welchem 


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Lüher: 


Miiiiäturiuiu  das  Archivwesen  angegliedert  wird.  Es  nininil  einmal 
eine  cigonUiOmliche  Mittel-  und  Sonderstellung  zwisclien  den  höclislen 
Staatsbehörden  ein.  Der  archivalischc  Beruf  schliesst  sich  halb  des 
Professors  halb  des  Staatsbeamten  Thätigkcit  an,  und  nicht  leicht 
wird  ein  Hinister  oder  Jemand  von  seinen  Referenten  sich  auch  zum 
ardiivalischoi  Sachverständigen  ausbilden  wollen.  Seinen  Schwer- 
punkt muss  daher  das  Archivwesen  in  sich  seU)st  haben.  Audi 
wenn  man,  wie  in  Italien,  ehie  ständige  Archivkonimission  aus  ver- 
schiedenen Ministerien  zusammensetzte  und  Männer  der  Wissenscliufl 
zuzöge,  so  würde  diese  Koiiimission  höchstens  üi)cr  aligemeine  £in- 
richtungs-,  nicht  aber  üljer  technische  Fragen  des  Arcliivwescns  enl- 
sclieiden  ivönnen,  es  sei  denn,  dass  sie  v(jr/Aigs\veise  aus  Männern 
lies  Fachs  bestände.  Nicht  der  gibt  einen  guten  Diii^rntcii  ab,  der 
sich  rr(M  hält  von  den  eigenlhümliciien  praktischen  Schwierigkeiten 
und  Ikdinluisäen  des  Faciies,  sondern  wer  selbst  beständig  damit 
zu  liiun  hat. 

hu  Iranzosischen  Ministerium  des  huieru  liallen  die  Beamten, 
welchen  die  oberste  Aufsicht  und  Entscheidung  über  das  Archivwesen 
oblag,  anfiUiglich  auch  mit  andern  Geschäften  zu  thun.  Man  sah 
nadigerade  ein,  wie  sehr  eine  sach-  und  fachverständige  Ministerial- 
behörde  nothtbue,  die  sich  lediglich  dem  Archivwesen  widme.  Düsses 
Archivdirektorium  wurde  vor  22  Jahren  gegründet,  mit  archivalischen 
Fachmännern  besetzt,  und  bildet  das  zweite  Bureau  des  General- 
Sekretariats  im  Ministerium  des  Innern.  Vier  Generalinspcktoren  be- 
reisen bestfindig  die  Arcliive.  Als  Beirath  aber  und  Beiliülfc  licss 
man  eine  Zentral-Arcliiv-Koinuiission  von  zwölf  Mitgliedern  bestehen, 
die  sclion  13  Jahre  früher  aus  Archivaren  Paläograpben  und  Ilislorikern 
gebildet  war. 

XVI.  Einheitliche  Verwaltung. 

Muss  also  das  Archivwesrn  hanplsäclilicli  aus  si<h  selb.sl  si-iiie 
Noniirii  und  seine  l^t-itung  nehmen,  su  Iblgt  auch,  dass  sauinilliche 
Landcsarchive  einem  Ilauptarchiv  als  ihrer  Zentialstellc  uuLeri^u- 
ordnen.  Denn 

1.  von  irgend  einem  Punkte  muss  doch  eine  beständige 
Oberleitung  ausgehen,  gerade  so,  wie  sich  ihr  Bedärfiiiss  für  die 
andern  Zweige  des  oflcntlkhen  Dienstes  ergab.  Die  Prüfung  und 
Vorschläge  bei  Anstelhmgen,  die  Sorge  für  die  Lokale,  die  Grund- 


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Vom  Beruf  uiuerer  Archive  in  der  Gegeuwart. 


43 


Sätze,  welche  gleiiliuiris^sig  dk-  Verwalluiiy:  und  ilie  AibeiUn  onlncn, 
insbesondere  die  äorgidllige  Prüfung  und  Fe^stellung  des  ürdnungs- 
plans,  die  Entscheidung  auf  Anfragen,  wie  sie  die  Weciisellalle  des 
täglichen  Dienstes  mit  sich  bringen,  dk  Ausantwartmig  der  Archive 
an  neue  Vorstfinde,  die  Oberaufsicht  und  rcgehnässige  Inspektion 
der  Archive!  die  Antworten  auf  ihre  Jahresberichte,  die  Vertretung 
des  Archivwesens  nach  aussen  hin  —  alles  das  kann  nur  von  einem 
leitenden  Mittelpunkte  erfolgen. 

2.  Es  muss  aber  auch  eine  feste  und  allbekannte  Oberbchörde 
da  sein,  an  welche  sich  die  vorschiedencn  Ministerien  Stellen  und 
Aonüor,  sowie  die  Genossenschaflen  und  Privaten  des  In-  und  Aus- 
landes mit  ihren  Requisitionen  und  Gesuchen  in  Archivsachen  wciidi  ti. 
Dieso  arcliivalische  Oberbehörde  gibt  alsdr^nn  ihren  Auttrag  an  da> 
richtige  Archiv,  und  da  es  so  häufig  vorkonunl,  dass  in  einer  und 
derselben  Sache  in  nu  lircreii  Archiven  zugleich  nuiss  nachgefoi'sehl 
werden,  so  hat  die  Zentralstelle  die  Anweisung  an  dieselben  /,u  er- 
Üieilen,  ihi-e  Berichte  und  Vorlagen  zu  sammeln,  und  daraus  ilen  (ie- 
sannntbericht  oder  das  umtassende  Gutachten  herzustellen.  Zu  ilieseni 
Zwecke  muss  man  an  der  Zentralstelle  nicht  nur  die  Leistungslahig- 
keit  der  Unterarcfaive  wohl  kennen,  sondern  auch  durch  Abschriften 
und  Uebersicfaten  ihrer  Repertorien,  sowie  durch  eigene  persönliche 
Erfahrung  in  Stand  gesetzt  sem,  dass  man  wisse,  was  und  wo  in 
d^  verschiedenen  Archivra  zu  suchen,  und  wie  deren  Arii)citen  zu 
leiten  und  zu  fiberwachen. . 

8.  Ein  dritter  Punkt  macht  sich  geltend:  es  ist  die  Entscheidung 
Oller  wenigstens  die  Begutachtung,  ob  und  in  wie  weit  Gesuche  um 
Archivbenützung  zu  gewähren.  Diese  Entscheidung  beruht  am  kosten 
bei  einer  Zentralstelle  des  Archivwesens.  Denn  einestheils  müssen 
hierbei  gleiclunässigc  Grundsätze  für  das  ganze  Land  obwalleu, 
andererseits  aber  kiiriiHMi  am  tügliclislen  nur  tlie  Archivan»  selbst 
in  Sachen  der  Arcliivb<'nützung  das  Urlheil  lallen,  weil  >ie  am  besien 
den  Inhalt  der  Sclirillstücke  kennen,  die  verlangt  werden,  und  weil 
sie  ein  geübtes  und  aufinei  ksames  Auge  auf  die  i'ersünlidikeiten 
richten,  die  Zutritt  zum  Archiv  begehren. 

4.  Endlich  müssen  auch  in  der  Heranbildung  und  für  die  An- 
stellung der  Archivbeamten  feste  Bestimmungen  und  Uaxhnen  Platz 
greifen.  Die  Vorberdtung  «folgt  desshalb  am  besten  am  Haupt- 
archive: dieses  wird  sich  wohl  immer  in  der  Landeshauptstadt  be- 
finden, wo  entweder  eine  Universitfit  oder  sonst  Lehrkräfte  und 


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44 


Liilier : 


Lehrniillel  vorhanden,  um  dasjenige  nachzuholen,  was  die  Arcbiv- 
schule  selbst  nicht  töst^  kann,  oder  was  sie  als  vorhanden  voraus- 
setzen muss,  wenn  Jemaiid  in  den  Archivdienst  eintreten  will.  Ohne 
eine  Prüfling  bei  der  Anmeldung  zum  Archivdienst  sollte  weder  die 
Zulassung,  noch  ohne  eine  zweite  umfassendere  Prfifiing  nach  drei 
oder  vier  Jahren  praktischer  Vorbereitung  die  Anstellung  erfolgen. 
Urkundensdmlen  (ecole  des  chartes),  wie  sie  in  Paris  und  Wien 
bestehen,  können  viel  riutos  leisten,  jetloch  losst  sich  ihrer  enlrathen 
bei  der  Gründliclikeit  und  dem  Reichthum  der  Gymnasial-  und 
Universitätsstudien  in  Deutschland. 

Es  vei-stelit  sich  von  selbst,  dass  zu  den  Stollen  der  Rätlie 
xVssussoien  und  Sekretäre  des  Haujjlarchivs  man  alliiuilili?  die  tüch- 
tigsten Kräfte  aus  dem  ganzen  Lande  lieranzichl.  Da  sidi  aber  bei 
län'p'erer  Beschälligung  lediglich  mit  der  Wissenschaft  leicht  der 
lirakliselie  Blick  und  die  Geschältsgewandthcit  vermindern,  so  wird 
es  vielleicht  rällilich  sein,  bei  einem  grossen  Archivwesen  zwei 
Direktoren  anzustellen,  einen  wissenschaftlichen  und  einen  teclinischen, 
und  Demjenigen  von  beiden  die  Oberleitung  und  Vertretung  zu  über- 
tragen, der  sich  persönlich  am  besten  dazu  eignet 

Ob  nun  zum  Generaldirektorium,  Zentral-  oder  Hauptarchiv, 
oder  wie  man  die  oberste  Archivstelle  nennen  mag  —  der  Name 
thut  nichts  zur  Sache  —  die  Unterarchive  (Provinzial-  oder  Kreis- 
archive) in  das  Verhfiltniss  von  mehr  oder  vreniger  selbstständigen 
Anstalten  treten,  oder  ab  Filialen,  die  einfoch  untergeordnet  sind, 
oder  gar  nur  als  Nebenarcliive ,  das  hängt  ab  vom  Herkommen 
und  von  der  Bedeutung  der  Archive  und  ihres  Personals.  Das- 
jenige V'^erhältniss  der  Archive  zu  ihrer  Ot)erleitung  möchte  am 
richtigsten  sein,  welches  bezüglich  der  Aufträge  strenge  Befolgung 
fordert  wie  von  Verwaltungsbeamten,  bezüglich  der  archivalischen 
Arbeiten  aber  Freilieit  und  eigene  Verantwortung  gestattet  wie  bei 
Richtern. 

»Das  österreichische  Archivwesen  ermangelt  jeder  Zentrali- 
sation« Es  stehen  zwar  unter  der  Verwaltung  des  k.  k.  JMinisleriiuns 
des  Innern  noch  IG  andere  Archive  nebst  vielen  kleineren,  und  sie 
vertheilen  sich  durch  die  ganze  diesseitige  Hälfte  der  Monarchie,  allein 
ihr  ganzes  Idtendes  Oberarchiv  hat  selbst  nicht  mehr  als  3  Beamte: 
Archivsleiter  ist  em  Hilfsämter- Direktions- A<]yankt  und  er  wird 

*)  Burkbardt»  Hand*  und  Adreasbudi  dM*  deulaehen  Archive.  Seite  06. 


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Vom  Beruf  onserer  Archive  in  der  ü^enwart. 


45 


unlerslülzt  durcli  einen  Minislerialoftizial  uml  einen  Kan/.lislen 
Xiin  ist  ohne  Frage  gerade  in  Oeslerreiih  eine  Zontralisafion  des 
Archiv  Wesens  sehr  schwierig  diirclizufüliren :  ob  es  alu  r  ^ut  sei, 
die  Sa(  he  bei  dem  jetzigen  Stande  noch  länger  zu  belassen,  möchte 
—  zu  mal  bei  den  reichen  und  verschiedenartigen  Sdiätzen  der  öetcr^ 
reicbischen  Archive  —  der  ovte  beste  Vergleich  mit  dem  darthun, 
was  bayerische  oder  prcusslsche,  firanzösische  oder  italienische,  hollän- 
dische oder  belgische  Ärchiye  tOr  Staat  und  Wissenschaft  leisten. 

XVII.  Aufittsung  der  alten  Registraturen. 

Wir  wenden  uns  nun  zum  arrliivalischen  StofTe. 

Hier  muss  der  erste  Schritt  das  Konsiatiren  aller  rcponirtcn  oder 
antlquirlen  Registraturen  sein ,  die  bei  den  Ministerien  und  obern 
und  nietlern  Verwaltungs-  Justiz-  und  Kirchenbeliörden  lagern.  Die 
Archive  haben  im  fünfzelmten  und  ?echs/.(>hnten  Jahrhundert  sicli 
fort|^ebildet,  indem  sie  von  dem  Ilofrath,  dem  (ieheiiuen  Rath,  (n;- 
hoimen  Kabinet,  der  Staatskanzlei ,  den  Landesilirektionen,  Lehns- 
höfeii,  Rentkanmiern  und  wie  die  höchsten  Landi'sstellen  sonst  hcissen 
mochten,  das  Aufbewahrenswerlhe  ihrer  Akten  und  Dokumente  an 
sich  nahmen.  In  und  naidi  dem  dreissigjährigen  Kriege  fing  dieser 
Zufluss  an  zu  stocken.  Hier  und  da  und  immer  häufiger  blieben 
die  schriftlichen  Vohandlungen  und  Amtsbficher  liegen,  wo  sie  waren. 
Beengte  neuer  Zuwachs  den  Raum,  so  schob  man  die  alten  Akten 
m  Hmter^  und  Speicherkammem.  Unkunde  und  GleichgOltigkeit, 
sodann  WiderwiOen  der  Archivare  gegen  die  Aufnahme  eines  grossen 
^  Akten  wüstes,  Trägheit,  die  sicli  vor  der  schmutzigen  Arbeit  scheuete, 
und  Bequemlichkeit,  wdche  alle  Akten  in  der  Nähe  behalten  wollte, 
vorzüglich  auch  Raumenge  in  den  Archivlokalen,  Mangel  an  geeig- 
neten Arbeitskräften,  Bedrängiiisso  der  Zeit,  welche  die  allen  AkhMi 
vergessen  l!e>:s(>n,  —  das  waren  <lie  Ursachen,  weshalb  sich  die  Uebel- 
slände  fortschleppten,  gdegentlicli  auch  Vieles  verschleudert  und  ver- 
untreuet wurde,  was  für  Geschichte  Statistik  und  praktische  Be- 
dürfnisse jetzt  bitter  entbehrt  wird. 

So  brechen  bloss  äusserlichcr  Gründe  wegen  zahlreiche  Archive 
mit  Aktenreihen  ganz  oder  thdiweise  im  17.  oder  18.  Jahrhunderte 
ab.  Ein  Archiv  aber,  das  nicht  die  ganze  Entwicklung  der  Landes- 


»)  Daselbst-  87. 


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46 


Loher: 


gcscliichle  und  sciiit  r  Vorfassunp:  und  spincT  Pi'Iiördcii  hi-^  x.u  unserer 
Zeit  widerspiegelt .  isL  kein  leclitcs  Arthiv  niolir,  sondern  Stückwerk, 
das  weder  der  Wissenschaft  noch  der  Justiz  und  Verwaltung  voll- 
standig  genügt.  Oh  Urkunden  oder  Akten,  ob  Pergament  oder 
Papier  —  das  ist  ja  in  d^  Hauptsache  ganz  gleich.  Jedes  alte 
amtliche  Schriftstficlc,  das  für  die  Staats-  oder  bOrgerlichen  Geschäfte 
oder  fär  die  Wissenschaft  noch  Werth  hat,  gehört  in  das  Archiv. 
Schon  Moser  sagte:  t Archiv  und  Registratur  sind  in  der  That 
einerlei«'). 

Ein  wahrhaft  furchtbares  Bild,  welche  Behandlung  wichtige  Archi- 
valien noch  in  unserem  Jahrhundert  erfuhren,  zeichnete  Lancizollc 
in  seiner  Denkschrift  über  die  i>reussischen  Archive  In  Preussen 
erschien  bereits  im  Jahre  1810  eine  V^erordnung,  die  niclit  trefflicher 
sein  konnte.  Es  hiess  darin:  »Um  die  Ijestimmung  des  geheimen 
Staatsarchives ,  dass  es  nämlich  den  briofUchen  Schnfz  aller  das 
küni^diche  Haus  und  den  gesanmdcM  Staat  interessircnden  Verliand- 
lungcn  und  Dokumente  in  sich  (mthallo ,  so  weit  es  nach  der  üb- 
rigen Landesverfassung  g(\schehen  kann ,  zu  erreichen ,  wird  der 
Slaalskanzler  diejenigen  Behörden,  den-n  frühere  Akten  und  Ver- 
handlungen im  Geh.  Staatsarchive  aufbewahrt  wurden,  veranlassen, 
doss  sie  auch  fOr  die  Folge  die  nicht  mehr  knnenten  Akten,  in  zu 
bestimmenden  Zeitrfiumen,  aus  ihren  Bureau-Registraturen  an  das 
Staatsarchiv  ahliefem  lassen«.  Allein  trotz  dieser  Verordnung  kam, 
ausser  vom  Ministerium  des  königlichen  Hauses  und  der  auswärti- 
gen Angelegenheiten,  nur  Vereinzeltes  und  Geringfügiges  in  das  Geh. 
Staatsarchiv.  Das  höchst  bedeutende  Archiv  des  ehemaligen  General- 
(lircktoriums,  welches  alle  Akten  d(^  obersten  Staatsverwaltung  von 
1723  an  enthielt,  blieb  ruhig  liegen  > im  Lagerhause  oben  unter  dem 
Dache,  wo  unten  Wolle  speicherte  und  gegen  Feuersgefahr  nicht  die 
geringste  Vorkehrung  bestand,  so  dass  jeden  Augenblick  eine  gänz- 
liche Vernichtung  drohete.«  Darauf  erging  i<S32  eine  allerhöclisle 
Ordre,  durch  welche  »eine  T 'utersuchung  der  Registraturen  jedes 
Minisleriah'essnrts,  die  Aussonderung  der  zu  den  laufenden  (Jeschäflen 
zur  Zeit  unenth(>hrliclien,  der  oh)ie  Bedenken  zu  vernic.litenden.  und 
der  zmn  Staatsarchiv  abzuliefernden  Akten,  und  die  Anfertigung 
und  Aufbewalirung  sorgHdliger  Reperlorien  sowohl  von  den  vernich- 

')  Moser,  Linloiliing  zu  Kanzleigescliärteii  lil>.  V  cap.  14  §  9. 
<)  Seit«  16-26. 


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Vom  Beruf  unserer  Archivo  in  der  Ge{?cn\v;irl. 


47 


teten,  als  von  den  zum  Arohiv  abgelieferten  Akten  anbefohlen 
wurde.«  Zur  AusfOhning  dieses  königlichen  Befehls  fasste  das  Staats- 
mmisterium  dreiviertel  Jahie  später  eine  Reihe  von  ganz  sachge- 
roässen  Besdilüssen,  aOein  —  »es  blieb  alles  beim  AUen  bis  auf  diese 
Simde,  nur  dass  natürlich  mit  jedem  Jahre,  vollends  mit*  jedem 
Jahrzehnt,  die  Lage  in  jeder  Beziehung  übler,  die  Abhülfe  schwie- 
riger hat  werden  nifisscn.  Zur  Sprache  kam  die  Sache  in  dics^ 
lanp-oii  Z(Mt  noch  ("iflf  r.  und  es  hatte  wenigstens  einmal  den  Anscliein, 
als  sollte  der  Sache  naher  gefreien  werden. c  So  sagio  v.  Lnnci/.oIIc 
im  November  1855:  seit  jener  Zeit  bat  sidi  wohl  Vieles  zum  Bessern 
gewendet. 

In  Württemberg  werden  »t%'ont liehe  Akten  in  der  Regel  nicht 
in  das  königliche  Archiv  uurgenonunen ,  sondern  nur  die  die  Resul- 
tate der  VcrhandUmgen  enthaltenden  und  gewisse  Verhältnisse  blei- 
bend normirenden  Schlussdokumente.  Für  die  älteren  Akten  der 
verschiedenen  Ministerien  bestehen  besondere  Archive  oder  vielmdir 
Registraturen,  die  von  denen  der  laufenden  Verwaltung  getrennt  sind, 
und  mit  dem  Geh.  kön.  Hans-  und  Staatsarchive  in  keuier  näheren 
Verbindung  stehen.  Eine  Ausnahme  bilden  nur  die  Registraturen 
des  kän.  Kabmets  und  kön.  Geh.  Raths ,  welche  von  Zeit  zu  Zeit 
immer  wieder  die  älteren  Akten  an  das  kön.  Haus-  und  Staatsarchiv 
abgeben« 

Wer  sähe  nicht  In  «Uesen  Reispielen  ein  treues  Abbild  eines 
Stücks  deutschen  Archivwesens!  Wie  steht  es  aber  um  die  Ver- 
waltung der  zahllosen  reponirten  Rejrislraluren?  Schreibern  und 
Registratoren  ist  zu  ihren  übrigen  (lesehäftcn  noch  die  widerwärtige 
linst  aufgebürdet,  die  alten  Akten  /.u  beaufsichtigen.  Lichtvolle  prak- 
H<ehe  Repi  i  toi  ien  herzusteiltMi,  dazu  fehl!  es  meist  an  Zeit  und  Lust, 
aber  auch  gar  häufig  an  Hebung  und  Versfändniss :  man  ist  froh, 
wenn  nur  irgend  ein  altes  Verzeichniss  sich  erhalten  hat.  Wird  nun 
eine  Nachforschung  und  Vorlage  nöthig,  so  greift  der  Rcgistrator 
natfirfich  bloss  nach  den  AuCsdiriften  d^  Akten.  Handelt  es  sich 
aber  um  ihren  Inhalt  und  ist  die  Angelegenheit  wichtiger,  so  über- 
nimmt ein  Rath  oder  Assessor  die  mühselige  Arbeit,  die  alten  be- 
staubten und  modoidufligen  Akten  zu  durchforschen.  Allein  er  mfissle 
ein  ungewöhnliches  Mass  von  Geduld  wie  von  archivalischcn  Kennt- 


^  Be0Qnd«re  Beiliige  nun  DetttMhea  Reicbnuiaeiger  und  k.  preuss.  Staats- 
«Dwqier  ffr.  80  tori  iO.  Dezember  1876. 


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48 


Lölicr: 


nissen  besitzen,  vvcim  er  wiiklicli  stets  die  ^jcwünschte  Auskunft 
fände. 

Was  ist  nun  vortheilfaBflcr  für  Staat:  dass  er  fiOr  reponirte 
Registraturen  eine  Menge  Rcgistratoren  und  sogenannte  MinisterlaK 
archivarc  besoldet,  oder  dass  er  dafür  wenige  sachvcrst&ndige  Aidiiv- 
beamtc  aufstellt?  dass  er  es  dem  ZuM  fiberlSsst,  ob  der  Inhalt  der 
alten  Akten  wirklich  vorwerthet  wird,  —  oder  dass  er  die  Gewiss- 
helt  erhält,  allen  Nutzen  heraus  zu  ziehen,  den  sie  noch  bringen 
können? 

Man  sollte  sich  doch  endlich  entschliessen,  dem  Unwesen  der 
rejjonirlen  Rc^'islraluren  ein  Ende  zu  machen.  Jetzt  da  das  niiltcl- 
aiterliche  Staat swcson  als  ab^'otliuii  Iiintcr  uns  lie^,  da  lün^'st  ein 
neuer  Organismus  Irische  Thütigkeil  entwickelt,  jetzt  müssen  die  lie- 
liiirden  auch  des  allen  Aktenwustes  entlastet,  das  Weiihvolle  darunter 
aber  als  archivalischer  Stolf  behand<'lt  werden. 

IManmässig  müs.sen  die  alten  Uegislraluren  im  Lande  aufge- 
sucht, sodann  ihr  Bestand  durdi  Archivbeandc  verzeichnet,  die  Ver- 
zeichnisse durchgeprüft,  aber  niclit  blos  diese,  sondern  auch  der 
Inhalt  der  Akten  und  Amtsbficfaer  untersucht,  und  sodann  muss, 
was  nichts  Besseres  werth,  eingestampft,  das  Uebrigc  den  Landes- 
archiven einverleibt  werden.  Diese  sollten  in  der  That,  um  mit  dem 
alten  Bachmann  zu  roden,  »der  Zusammenfluss  alter  denkbaren 
Landesregistraturen  m  ihrer  Quintessenz  semc*). 

XVIII.  Zusammenlegung  zerstrevter  ArcMve. 

Unsere  Archivo  haben  sich  entwickelt,  indem  an  den  Grund- 
stock, welcher  aus  deii  Urkunden  und  Akten  des  fürstlichen  IIause.s 
und  llegimenles  bestand,  -idi  nirli  und  nach  die  Archivalien  der 
Landerstücke  ansetzl(Mi .  w  elche  von  ihm  später  erwürln  ii  wurden. 
Diess  ging  so  (ort,  bis  die  grossen  Mediatisirnngen  eintraten  und  die 
neuen  Staaten  sich  bildeten.  Nun  sollten  all  die  Territorien  gross 
und  klein,  die  früher  selbslständig  waren,  in  den  Lande.-archiven 
je  nach  Altcrthum  und  Bedeutung  wohl  vertreten  sein.  Allein  in 
Folge  der  Gefahren  und  Uebelständc,  welche  jede  grosse  Mediatisiiung 
für  die  Archive  mit  sich  führte  *),  trat  an  manclien  Orten  Verwirrung, 


0  6.  A.  Bachnianu  über  Arcbive  S.  S  §  3. 
Oben  Kap.  DL  bis  IV.  S.  8—18. 


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Vom  Benif  anserar  AithiTe  in  der  Gegenwart. 


49 


Zefstreuung  und  VerminderuDg  ein.  Einiges  fehlt  ganz,  anderes  ist 
nur  in  BradiatSfiken  vorhandeni  wieder  andoe  ÄiduTtheile  stecken 
hier  und  da  umher. 

Es  muss  daher  auch  hi  dieser  Richtung  einmal  gründlich  die 
Arbeit  gethan  werden. 

1)  Jedes  Landesarchiv  verzeichne  fOr  seinen  jetzigen  Be- 
zirk, welche  Gebiete  und  Landestheile  fHlherer  Fürsten  und  Dy- 
nasten, welche  Reichs-  und  Landstädte,  Landgerichte  Aemter  und 
Pflegen,  Klöster,  Ritterkantons,  Stiftungen,  Schlösser  und  Ortschaften, 
vertreten  sein  müssten. 

2)  Für  diejenigen,  die  ganz  oder  theilweise  im  Archive  fehlen, 
wird  aus  alten  Nachrichten  und  Verzeichnissen  oder  durch  historische 
Forschung  möglichst  zusammengestellt,  welche  Archivalien  einst  dazu 
gehört  haben,  und  was  mit  ihnoii  geschehen  ist. 

3)  Darauf  tritt  ein  allmuhligcs  Absuchen  des  Landes  ein,  um  döP 
bekannten  und  verschollenen  Archive  habhaft  zu  werden,  wo  immer 
sie  balbverborgen  li^n  aufspeichern  oder  in  Kollern  und  Kammern 
der  alten  und  neuen  Regierungs-  und  Jusfizljohönlon ,  Rent-  und 
Forstämter,  Rath-  und  Srhulhfiuscr,  Schlösser  und  Burgen,  Klöster, 
Pfarren,  Kirchenscliallneien  und  Konsistorien.  Bei  dieser  Naoli- 
forschunpr  darf  man  sich  nicht  inniier  auf  gründliche  Ausfühning 
der  Auflnigp,  welche  an  die  obcin  und  niedern  Behörden  Pfarr- 
und  Gemeindcboaniten  ergciien,  und  auf  deren  Gutachten  verlassen, 
sondern  die  Archivbeamien  müssen  aucli  selbst  auf  Entdeckung  rings 
im  Lande  umher  reisen. 

4)  Es  kommt  aber  nicht  darauf  an,  Alles  sogleidi  in  die  Landes- 
arcbive  7M  bringen,  dazu  wird  es  öfter  an  Raum  wie  an  Geldmitteln 
fdilen.  Wohl  aber  muss  alles  an  dem  Orte,  wo  es  sich  befindet, 
zuvörderst  konstatirt,  vor  Verderben  und  Verschleuderung  geschützt, 
fortan  vom  Archivbeamten  beständig  beaufsichtigt  werden.  Nach  und 
nach  lassen  sich  Repertorien  herstellen,  die  ün  Landesarchiv  hinter- 
legt werden,  und  bei  Gelegenheit  folgen  ihnen  dann  die  Archivalien 
nach. 

5)  Den  Archiven  aber,  die  ausser  Landes  geflüchtet  oder  ver- 
sclilcppt  worden,  muss  man  nachspüren  und  sie,  sei  es  durdi  An- 
kauf oder  Auslausch  oder  andere  Verhandlungen  wieder  zu  ge- 
winnen suclien. 

Arcbinüiiche  ZeitMhrift.  I.  4 


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60 


Loher: 


XIX.  Austauseh  unter  den  Regierungen. 

Um  die  Misssländc,  welche  in  Bezug  auf  die  Archive  deren 
Fluchtun^  sowie  fli<'  Lrindorllieilun^rfn  zu  Anfang  dieses  Jahrhiin- 
derls  im  rjeCol^'c  hal  ten,  uuCzuhcben,  setÄte  der  erste  Pariser  Frieden 
von  1814  im  Artikel  XXT  fest: 

Les  archives,  cartes,  plaiis  <■[  (locumens  quelcon(|ue?.  a]»|>ar- 
.  lenans  aux  pays  cede?  ou   conccrnant  leur  adniinislration, 
scront  fidclcment  rcndu  cn  memc  lemps,  que  le  pays,  uu,  si 
cela  ^oit  impossible,  dans  un  delai,  ([ui  nc  pourra  etre  de 
plus  de  siz  mois  apres  la  remise  des  pays  in<hne8. 

Gelte  stipulation  est  applicable  aux  archives  cartes  et  plancheSf 
qui  pourroient  avoir  ätä  enieves  dans  les  pays  momentanement 
occup^  par  les  differentes  arm^. 

Dieser  von  den  Grossm&chten  ausgesprochene  Grandsatz,  dass 
die  Archive  ihrem  Lande  gehören,  ist  seitdm  stets  anerkannt  worden, 
und  wo  in  Deutschland  seine  Ausführung  noch  etwas  übrig  lässl, 
so  wird  sich  das  jetzt  unter  den  Staaten,  die  zum  deutschen  Reiche 
vereinigt  sind,  Icirlit  und  vollständig  erledigen  lassen.  Die  Arcliive 
müssen  genaue  Nachweise  saininehi.  und  die  Regierungen  die  l)e- 
treflenden  Verhandhingen  unter  sich  einleiten.  Vielleicht  kcwinlen 
auch  Veilreler  der  IIau[ilarchiYe  zusanunentrelen,  und  dem  liundrs- 
rath  ihre  Vorschläge  unli'rbreiten.  Selbstverständlich  miissfe  in  dieser 
ganzen  Angelegenheit  die  grösste  Billigkeit  obwalten,  und  würde  man 
ohne  dringende  Notb  den  in  einem  Archiv  ^mal  bestehenden  Or- 
ganismus nicht  zerreissen,  steh  vielmehr  mit  Abschriften  von  Repcr- 
torien  und  Regesten  begnügen. 

Hierbei  möchte  sich  auch  woM  ein  freundschaftlicher  Austausch 
mit  Oesterreich  anbahnen  lassen.  Im  k.  und  k.  Hans-  Hof-  und 
Staatsarchiv  befinden  sich ') 

1)  das  Archiv  des  ehemaligen  kaiserlichen  Reichshofraths,  ein- 
verleibt 1807,  defmitiv  1851. 

2)  Das  Mainzer  reicliserzkanzlersche  Archiv. 
.3)  Das  kurfürstlich  Mainzische  Archiv. 

4)  Das  herzoglich  lothringische  Archiv,  einverleibt  176'). 
Das  Mainzer  Limdrsatchiv  ist  ollenbar  ein  natürliches  Zubehör 
zu  den  ehemaligen  kudürstlicli  Mainzer  Landen.  Die  Reichshofraths- 


*)  BurkhardL  a.  a.  ().  86. 


I 


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Vom  Beruf  unserer  Archive  in  der  Gegenwart. 


51 


akton  aber  haben  viel  Gemeinsames  mit  jenen  Rcichskammergericlits- 
aklen ,  die  gemäss  den  Buiidcsbesclilüssen  in  den  Vierziger  Jahix'n 
unter  die  deutschen  Bundesstaaten  vcrtheilt  wurden.  Wenn  es  sich 
bei  wichtigeren  FlUen  um  efaie  verloreiie  Urkunde  fiber  ein  Famüieii- 
fideikominiss,  eine  Kirdienstiflung,  eine  Gemeindegrenze,  eine  Forst- 
und  Jagdgerechtigkett  oder  sonst  irgend  ein  altes  Recht  dieser  Art  handelt, 
das  schon  in  frfiherer  Zeit  streitig  geworden,  so  wird  ein  kundiger 
ÄrdüTar  wahrscheinlich  eine  Abschrift  der  Urkunde  aus  den  Akten 
des  Rdchskammeigerichts  herausziehen,  und  diese  Abschrift  kann 
jetzt  gesetzlichen  Glauben  bis  zum  Beweis  desGegentheils  beanspruchen. 
Vielleicht  bringt  Jener  auch  ebenso  sicher,  sobald  er  nur  sein  Orls- 
und  Persononrogisler  über  diese  Akten  fertif^  hat ,  au«?  ihnen  })eisR- 
erwünschte  Nachriciiten  über  genealo'.'-ische  B(>zi('hunt?en  und  agnatische 
Rechte  heraus.  Ganz  ähnliche  Aiislx^nto  wiiidt  ii  die  liciclishofraths- 
aktt  n  gewähren,  wenn  sie  in  Deutschland  ^'t  hrui-  v<  rtlicilt  und  Ih.'- 
arbeilet  wären.  Für  Oesterreich  haben  sie  grtisstcn  Thtüs  nur  einen 
sehr  bedingten  Werth.  Entscliicdener  tritt  österreichisches  Interesse 
bei  dem  Lothringer  und  Reichserzkanzlerarchiv  hervor.  Das  Letztere 
ist  erst  Jn  unsem  Tagen  tm  dem  Deiitsehhetrenhause  in  Frankfturt 
nach  Wien  gebracht,  wo  sich  wohl  auch  noch  die  Reichshofiregistratur 
fSr  Staats-  Lehns-  und  Gnadenaachen,  sowie  die  Akten  des  Reichs- 
hoftazamtes  befinden  werdon.  Es  kann  kerne  Frage  sein,  dass  nicht 
nur  auf  die  Schriflstäcke,  welche  irgendwie  zum  habsburgisch- 
lothringischen  Familienarcliiv  gehören,  sondern  auch  auf  alle  die- 
jenigen ,  die  Belege  für  die  Geschichte  der  habsburgisch-deutschen 
Kaiser  bilden,  das  österreichische  Kaiserhaus  gerechte  Ansprüche  er- 
heben kann.  Die  andern  Akten  aber  könnten,  wenn  sie  den  Archiven 
der  betreflenden  deutschen  Staaten  zugetheilt  wären,  dort  manchen 
Nutzen  scliatTcn. 

Hat  man  doch  auch  von  dem  als  untrennbar  erklärten  Theil 
der  Reichskammergerichtsaklcn  noch  vor  einigen  JahifU  an  Rcigien 
und  Holland  ihre  Antlieile  verabfolgt.  Dieser  sogenannte  untrenn- 
bare Rest  »bildet  den  eigentlichen  Ilaupllheil  des  Archivsc.  »Der 
reiche  Inhalt  ist  seither  der  Wissenschaft  verborgen  geblieben,  und 
fast  unglaublich  klingt  es,  dass,  wie  mir  Frhr.  v.  Hedem  mittbeilt. 
Ober  diese  zahbeichen  Aktenstäcke  (allein  gegen  80,000  Prozesse) 
mit  geringer  Ausnahme  weder  ein  umfassendes  vollstftndiges  Reper^ 
torium,  noch  detaillirte  Inhaltsflbersichten  vorhanden  sind,  dass  kehie 
offizielle  Massregel  die  Anfertigung  dieser  ganz  nncntbehrlichen  Ai^ 


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52 


Löh er: 


liciten  TerfQgte,  dass  nicht  einmal  ein  Archivbeamter  mit  dem  erfoi^ 
derlichen  Hülfspersonal  diesem  Archive  vorsteht«  Es  dürfte  jetzt 
an  der  Zeit  sein,  diesen  Reichskammergerichtsakten,  die  noch  in 
Wetzlar  lagern,  grössere  Aufmerksamkeit  zuzuwenden,  gute  Reper- 
torien  herzustellen,  und  sodann  die  Frage  gründlicher  zu  untersuchen, 
was  denn  wirklich  noch  als  untrennbar  bchandell  wonlt  n  iiinss,  — 
jodonfalls  aber  den  Ilaiiptlandesarchivcn  in  Deutschland  die  Möglich- 
keit zu  geben,  von  den  Rcportorion  Ahsdirift  zu  erhalten. 

SrlnviorifjtM- ,  als  niil  Oesterreich,  wird  sicli  eine  Aiisriiiandor- 
M'tzuii;^  mit  Fraiikrrirli  S« liweden  und  dem  Vatikau  postallcn.  Selir 
werthvüllc  deulsclic  Archivalien,  und  zwar  nicht  hloss  aus  Elsass- 
Lothriiifren ,  hclinili'U  si(  h  in  Paris.  Die  Archivalischo  Zeil  Schrift 
wird  Wühl  noch  Gelegenheil  haben,  nähere  Aufschlüsse  darüber  zu 
bringen. 

XX.  Ausscheidung  des  Ungebttrigen. 

In  den  letzten  Jahrhunderten  ist  theils  aus  Missverstfindniss, 
theils  aus  Bequemlidikeit  —  Manches  in  den  Archiven  niedergelegt 
und  Tiegen  gebtielwn,  von  dem  sie  im  Interesse  ihres  Berufs  jsich  be- 
freien müssen.  Es  werden  sich  wenige  alte  Archive  finden,  die  nicht 
mit  Fug  und  Recht  an  Papiermühlen  oder  an  Museen  und  Biblio- 
llieken  abgeben  könnten. 

1.  Weil  so  manche  Fuhre  Prozessakten  Rechnungen  und  alter 
Amfsbücher  unausgeniustorl  in  die  An^hive  kam,  sn  findet  sich  unter 
den  Akten  und  Bänden  SlolV  fj:enug,  der  nur  den  llauni  hemf;!  und 
des  Einstani|»fens  werth  ist.  Dass  man  bei  der  Ausschoiiluiiu'  sorg- 
sam zu  Werke  j^'ehen,  alles  erst  verzeichnen  und  wohl  |inilVn  iiiuss, 
ob  CS  nicht  dennoch  tür  spätere  Jahrhunderle  hiteresse  gewinne 
vcrsiehl  sich  von  selbst. 

Auch  der  Pergamenturkunden  gibt  es  zahlkise,  die  sich  so  ahn- 
lich sehen  wie  ein  Ei  dem  andern,  als  da  sind  Quittungen,  Zins- 
und  Gultbriefc,  Urfehden,  und  dergleichen.  Jedes  Archiv  hatte  an 
einigen  Exempkiren  genug:  eine  Entäussming  scheint  ^ber  dennoch 
nicht  rathsam,  weil  diese  Alterthümer,  die  ohnehin  nicht  zuviel  Platz 
beanspruchen,  manches  historische  Kömchen  enthalten  und  weniger 
gut  bedachten  Archiven  stets  willkommen  sind. 

n.  Si^l  und  Siegelslempel ,  Münzen  und  Münzstempel,  Plfine 


V.  Hftgke,  Aber  die  Wi<^]erherstellunR  den  Deiitnehcn  Reichsarchivs  9—10. 


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Tom  Beruf  unaeier  Archive  in  der  Gq^warU 


53 


und  Grundrisse  von  Oerlliclikeilm,  Stammbäume  und  Wappenbücher 
kann  ein  Archiv  recht  wohl  beherbergen,  soweit  neniHch  Bild  und 
Umschrift  historische  Erläuterung  zu  den  Akten  und  Urkiimlcn  des 
Aichives  f,'oben ,  und  nicht  grössere  Saninilungon  der  Art  besser 
anderweit  l'hitz  finden.  In  die  iMusecn  für  Knnsl^'cschirhte  und  Aller- 
thümcr  gehören  dai^'e^'eii  die  Werke  der  bildenden  Kunst,  es  sei  denn, 
dass  sie  bloss  zur  Zierde  der  Arcliivsiile  und  Geschrüls/.innner  dienen, 
—  ferner  Lelinssze|)ter,  Helme,  Schwerter  und  anderes  Rüslungszeug, 
Stluiiui  ksathen,  NachbikUingen  von  Wappen  derStiidie  und  Feslungen 
in  Holz  und  Stein,  und  anderes  dergleichen  mehr,  was  im  Lauf  der 
Jahrhunderte  in  die  Archive  Eingang  gefunden  hat. 

HL  Schwieriger  und  umfangreicher  ist  häufig  die  Auseinander- 
setzung mit  StaatsbUdiotheken.  In  dies^i  hat  sich  in  der  Regel 
alleriei  arcfaivalisches  Material  angesammelt,  das  man  nicht  in  ilmen, 
sondern  in  den  Archiven  vermuthet.  Umgekehrt  ist  m  die  letztem, 
namentlich  bei  Klosteraufhcbungen ,  sowie  aus  den  Archiven  und 
Oibliotheken  von  Hochstiflern  Orilenskapileln  Stiftungen  und  Reiehs- 
slädten  gewöhnlich  gar  vieles  eingeflossen,  was  den  Bibliotheken 
höchst  erwünscht  ist.  Man  muss  endlich  auch  hier  einmal  eine 
grundsätzliche  und  vollständige  Scheidung  treffen.  Dem  Archivar 
sollen  all  die  Schriftstücke  zur  Hand  sein,  die  zu  seinen  Gutaclifen 
Derichten  und  Vorlagen,  sei  es  im  Interesse  des  Staats  oder  genealo- 
gischer und  wissenschaflliclier  Forschung,  sowie  zur  Ergänzung  der 
eigenen  Archivalienbeslände  dienen.  Was  aber  nicht  zu  diesen 
gt^iört,  findet  besser  seine  Stelle  in  den  BiblioUieken ,  wo  es  in 
der  Regel,  imd  das  ist  ein  wosentlidier  Vorthdl  nach  der  Aus- 
scheidung, leichter  und  bequemer  benutzt  werden  kann,  als  hi  den 
Archiven. 

Eine  BegrifEsbestimmung  aber,  was  archivalischer  oder  bibliothe- 
karischer Stoff,  wird  selten  sich  genau  geben  lassen.  Stellt  man 
jododi  als  Grundsalz  auf,  dass  die  amtlichen  SchriftstQcke  in's  Archiv, 
in  die  Bibliothek  aber  die  von  Privaten  herrührenden  geh$ren,  so 
möchte  diese  S(  heldung  im  Ganzen  genommen  zutreffen. 

Dcmgemäss  hätten  die  Archive  abzugeben: 

1)  von  Gedrucktem  die  hikunabeln  und  alten  kostbaren  Druck- 
werke, ferner  solche  Pläne  Karten  Grundrisse  und  Deduktionen, 
die  niemals  Aktenbestandtlieile  waren,  und  auch  andere  Büclier, 
deren  man  in  den  Archiven  niemals  bcnöthigt  ist; 

vom  liaiidsciuiftlichen  Stofl*  aber 


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54 


Löber: 


2)  alle  Annak-n ,  es  sciiMi  denn  amiliche  Tagebücliur,  wie  sie 
hier  und  da  in  Klüslein  ungelegl  wurden; 

3)  alle  Chroniken,  Lebensbeschreibungen,  Passionsgeschicfaten, 
Martyrologien  und  derglefehen,  wenn  sie  nicht  lediglich  aus  Urkunden 
zusammengesetzt  sind; 

4)  alle  Reliquien  und  Heilthümer  und  ihie  Beschreibungen  und 
Translationen; 

5)  alle  Reisebeschrdbungen,  soweit  sie  nicht  als  oGßzie]le  Auf- 
zeichnungen zu  den  Akten  gehören; 

6)  alle  McMiioin  ri,  die  niclil  in  das  geheime  Staatsarchiv  oder  aus 
Rücksicht  auf  das  Regentenhaus  in  dessen  Hausarcliiv  zu  geben ; 

7)  alle  Korrespondenzen  und  Briefsammlungen,  unter  denselben 
Beschränkungen ; 

8)  alle  Hechtsbücher  und  Koninierilarien,  sofcm  sie  deutlich  den 
Cliarakter  einer  blossen  Privatarbeit  tragen;* 

9)  alle  sonstigen  Kodizos  und  Handschriften,  die  onVidjar  nicht 
zu  anhivalischen  Zwecken  entstanden,  als  da  sind  Cauones  und 
Konzilbesclilüsse;  ferner  liturgische  und  musikalische  Werke; 

10)  der  literarische  Nachlass  von  Gelehrten  und  Beamten,  der 
nicht  für  Archivbedär&iisse  bestimmt  war. 

Dagegen  haben  die  Archive  ans  den  Bibliothdun  zu  em* 
pfangen: 

L  alles  geschriebene  ürkundenmaterial ,  Originale  und  Ab- 
schriften, auch  die  emgebundoien  oder  von  Einbänden  abgelösten; 
Kartulare,  Diplomatarlen  und  Kopialbüchcr  verschiedoien  Namens. 

II.  Wenn  Kaiendarien  und  Nekrolos^en  Einträge  von  Urkunden, 
Güterverzeichnissen,  Nachrichten  über  Jahresstiftungen  und  dergleichen 
enllialten,  so  gehören  sie  in  die  Archive. 

III.  Die  Verhandlungen  der  Land-  und  Provinzialslände. 

IV.  Die  juristischen  Piotukolle,  Erkenntnisse,  Rezesse  mit  Pro- 
balionen  und  andern  Beilagen,  aber  auch  die  Weisthümer,  Slululen, 
Urdimngen,  Stadt-  Ilof-  und  Markrechte,  die  Gesetzgebungsarbeiten, 
sowie  die  offiziellen  Ueehls-  und  Urlelsbücher. 

V.  Die  Akten  und  Ueschällsbüchcr  der  Administrativbehörden 
sanunt  den  Grund-  Zins-  Flur-  Zehnt-  und  andern  Lagerbüchern 
und  Heberollen,  den  Volks-  Grenz-  und  Territorialbeschretbungen, 
und  ähnlichen  statistischen  Aulhahmen. 

VL  Die  Reichstags-  und  Kieistagsakten  mit  ihrem  Zubehfir. 
Vn.  Die  militärischen  und  Eriegsakten,  sowie 


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Vom  Beruf  unserer  Archive  in  der  Ge^enwurt. 


55 


ym.  die  InstriikUonai  und  Berichte  der  Gesandten,  endlich 
IX.  geschriebene  Hälfinnittel  fOr  archivalische  Forschungen,  wie 
Stamintafefai,  Wappenbdcher,  Ortsirenseicfanisse. 

Ob  diese  und  ähnliche  Schrlflstüdce  durch  Kauf,  Tausch, 

Schenkung,  Vcrmrichlniss  oder  Staatsaklionon  orvvorbon  sind,  ist 
ffir  Archiv  oder  Bibliotbelc  ganz  einerlei:  in  beidem  bleiben  sie  ja 

StaaLsinit* 

XXI.  Vertheilyng  der  Archive  im  Leinde.' 

Archive  dienen  versciiiedenen  Zwecken.  Die  einen  entziehen 
sich  ilirer  Natur  nach  der  Üefrentlichkeit  mehr,  die  andern  woniger. 
Demgeniäss  ci-giebt  sich  von  vorn  herein  eine  dreifache  Scheidung, 
die  fost  überall  auch  ui  den  Namen  akdi  findet:  ilQrstliches  Hausarchiv, 
gdiennes  Staatsarchiv,  öfiientUche  Landesarcfaive. 

I.  Das  Archir  des  regürenden  Hauses  kann  jetzt,  wo  die  eigen- 
thömliche  Verschmelzung,  welche  in  früheren  Zeiten  zwischen  Staat 
und  Patrimonium  liestand,  aufgehört  hat,  nur  efai  wahres  Familien- 
archiv  sein,  aber  es  muss  als  solches  auch  vollständig  sem.  Daraus 
fol^'t  zweierlei.  Es  gibt  ah,  was  nicht  Geschichte  und  Gülerbesitz 
des  Regentenhauses  betrifft.  Es  empfiingl  dagegen,  was  über  per- 
sönliche Erlebnisse  und  Vermögensverhältnisse  aller  Mitglieder  des 
Regentenhauses  noch  in  vielen  Staats-  und  Landesarchiven  umher 
steckt.  SorglTdtip,'  sind  daher  aus  diesen  auszulesen  llrkimden  iiiid 
Aufzeichnungen  über  (Icburt,  Erziehung,  Vonnundschatl ,  liciiiith, 
Tod,  ferner  Korrespondenzen  und  Tagebücher,  ferner  Schriftstücke 
über  Reisen,  Kriegsdienste,  künstlerisches,  literarisches  oder  anderes 
persönliches  Schaffen  und  sonstige  Schicksale  von  Prinzen  und  Prin- 
aesshien  des  förstlichen  Hauses. 

Zur  Geschichte  desselben  gehören  die  Akten  und  Urkunden  so- 
wohl über  Hausgesetze,  FamilienvOTtr&ge,  Ländertheilungen,  Apanagra, 
Testament^  und  Erbschaften,  Schulden-  und  Vermögenssachen,  als 
auch  Gber  das  gesammte  Leben  und  Auftreten  der  landealierriichen 
Familie,  sowat  es  nicht  Staatshandlungen  betrifft,  also  über  Hofhalt, 
Feste  und  Jagden,  Orden  und  Stift ungen. 

Dieses  Faniilienarchiv  des  Regentenliauses  nniss  auch  da ,  wo 
es  mit  Staatsarchiven  verbunden  ist,  eine  für  sich  bestehende  Samm- 
lung bilden,  die  gegen  die  übrigen  (!rup|X'n  abgeschlossen  ist.  Denn 
die  landesherrliche  Familie  hat  ebenso  gut  ein  Recht  darauf,  ihr 


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56 


LOfaer: 


ei^'cnes  Familieuaichiv  zu  besitzen,  wie  jedes  alle  oder  neue  Cieachleciit 
im  Lande. 

II.  In  den  Landesarcliivcn  finden  dagegen  ihren  Platz  die  AniU- 
bächer  Akten  und  Urkunden  über  das  allmähiige  Anwachsen  des 
Gebiets  durch  Vertrag,  Erbschaft,  Tauscht  Sftkularisirung  und  Media* 
tisirung  —  filier  das  Lehen-  und  Landsassenwesen,  die  Landesver- 
fassung  und  landständischen  Verhandlungen  —  über  die  Landesrer- 
waltung  in  all  ihren  Zweigen  und  die  Entstehung  und  Wirksamkeit 
der  Stdkn  und  Behörden  —  über  die  Reichs-  und  Kretssachen  und 
Alles,  was  dahin  gehört,  wie  Landfriedens-  Geleits-  Münz-  Zoll- 
und  Judensachen  —  über  Verl  rag  und  Kri^  mit  den  Nachbaren 
imd  anderen  Staaten,  nebst  den  Instruktionen  und  Berichten  der 
potitiscfaen  Agenten. 

Eine  prinzipielle  Schcidiinp:  von  dem,  was  im  fürstliilien  Archiv 
zu  verbleiben  hat,  wird  f,'niridlich  kaum  durrlr/iiliiliren  sein;  denn 
die  (Jesclüchlo  des  Fürstenhauses  ist  und  bleibt  auf  s  Iimigslo  ver- 
webt und  verwachsen  mit  der  Landesgesehichlc.  Die  meisten  alten  Ur- 
kunden z.  II.,  welche  über  die  Herkunft,  die  Bclehnungen,  überhaupt 
den  Güter  besitz  und  die  Anwai-tschaften ,  die  Privilegien  und  Frei- 
heiten des  Fürstenhauses  sich  verbreiten,  bilden  mit  den  Grundstock 
des  Hausarchivs:  sie  sind  auch  meist  gedruckt,  und  wo  dies  nicht 
der  Fall,  genügen  für  die  LandesarchiTe  Repertorien  Regesten  und 
Abschriften.  Im  Uebrigen  werden  sich  wohl  praktische  Gesichtspunkte 
finden  lassen,  nach  welchen  die  Scheidung  der  Archivalien  zu  be> 
werksteDlgen  ist,  sei  es,  dass  Uoss  die  Archivalien  der  noch  leben- 
den Zwdge  der  Familie  dem  Hausarchivp  angehören  sollen,  oder 
dass  die  Thatsache  entscheidet,  ob  in  einem  Schriflstüdc  mesbr  die 
persönliclie,  oder  die  staatliche  Bedeutung  vorwiegt. 

III.  Jedes  Ministeriiun  und  jedes  Amt  behält  für  die  laufenden 
Geschäfte  seine  Registratur. 

Die  des  Ministeriums  der  auswärtigen  Angrlegenheiton  wird  stets 
ein  Arciiiv  für  sich  allein  bilden.  Denn  dieses  umfasst  VerlKUullungen 
Vertrage  und  Kriege  mit  andern  Staaten,  also  auch  Hechts-  und 
Bundessachen,  Instruktionen  um\  Berichte  der  Gesandten,  pülilischcn 
Agenten  und  Konsuln,  Grenzsachen,  Zollsachen,  politische  Ver- 
schwörungen und  dergleichen. 

Was  dagegen  neuere  Krisgsakten  und  ihr  Zubehör  betrifft,  so 
wird  diese  das  Kriegsministerium  für  seine  Zwecke  zurückhalten. 

Alle  diese  Aktra  entziehen  sich  ihrer  Natur  nach  der  öffent- 


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Vom  Beruf  unaerer  Archive  in  der  Gegenirarl. 


67 


liehen  Benutzung  durch  Jedcrniann,  und  es  ompfiohll  sicli,  auch  wo 
sie  Verwaltung  und  Lokal  mit  den  übrigen  ArchivaUen  iheilen,  sie 
räumlich  von  diesen  zu  trennen. 

Es  fragt  sich  bloss,  bis  wie  weit  zurück  die  geheime  Registratur 
des-  Ministeriums  des  Auswärtigen  oder  des  Krieges  gclien  soll,  — 
ob  bis  zum  westfidi sehen,  oder  Ilubcrlsbuiirer,  otler  Luneviller,  odir 
bis  zum  Abschluss  des  zweiten  Pariser  Friedens.  Was  vor  dii-sem 
Zeitpunkt  entstanden  ist,  gehört  in  die  Landesiutliive,  welche  hin- 
sichtlich der  öffentlichen  Bcnützbarkeit  ganz  anders  stehen,  als  ein 
urirkliehes  geheiines  Staataarohly. 

IV.  Wie  mm  diese  Landesarchive  selbst  zu  vertheüen,  hängt 
von  der  GrOsse  und  Zasanunensetxuiig  des  Staatsgebietes  ab.  Es 
empfidilt  sieh  durchaus  nieht,  grosse  verschiedenartige  Massen  liei 
nngendgender  Beamtenzahl  zusanimenzuhfiufen :  wohl  übersehbare 
Archive  bringen  dem  Staate  entschieden  mehr  Nutzen.  Ausserdem 
hat  wohl  jeder  Forschor  schon  gefunden,  wie  sehr  sich  die  alten  Schrill- 
zOge  beleben,  wenn  man  von  ihnen  weg  in  die  Gegend  hineinschaut, 
von  welcher  sie  handeln. 

Jede  Provinz,  jeder  Kreis  oder  Regierungsbezirk  niuss  das  eigene 
Archiv  haben,  an  welches  sich  die  dortigen  Ucliürden  (lenieinden 
und  Pfarren  unmittelbar  wenden.  Das  Ilauptlandesarchiv  aber  in 
der  Hauptstadt  wird  am  füglichstcii  diejenigen  Archivalien  vereinigen, 
welche  sich  auf  das  ganze  Land  beziehen,  wozu  vielleitlit  auch  die 
besonders  kostbaren  Stücke  der  ältesten  Zeit  hinzuzunelimen.  In 
Bayern  enthält  das  Reichsarchiv  sämmtliche  Urkunden  des  Landes 
bis  zum  Beginn  des  Jahres  1401,  einige  andere  im  königlichen  ge- 
heimen Haas-  und  Staatsarchiv  ausgenommen:  für  eine  solche  Zen- 
tialisirung  lassen  sich  sowohl  vom  wissenschaftlichen  als  von  prak- 
tischen Geskiht^unkten  Gründe  anführen,  jedoch  sicher  nicht  so 
fiberwiegender  Art,  dass  jede  andere  Ansicht  dagegen  schweigen 
müsste» 

XXII.  Regelmässiger  ZufliiN. 

Wenn  nun  in  den  üflenllichen  Archiv(>n  vereinigt  ist,  was  die 
alten  Registraturen  der  letzten  drei  Jahrhunderte  und  die  Trümmer 
aus  früherer  Zeit  darbieten,  so  muss  auch  ein  festes  Abkommen 
getroffen  werden,  damit  nicht  von  Neuem  Akten  und  Amtsbücher 
bei  den  Behörden  reponirt  werden.  Das  Archiv  muss  das  öilentliche 


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4 


58  -  LOher: 

Amt  soiii,  woli  lics  t'oi  t  und  fort  Alles  auriiiiiiint,  was  zum  laufenden 
Slaalsdicnsl  nklil  mehr  geliurt  und  doch  der  Aufhewahnmjr  wcrlh 
ist,  und  zugleich  das  Ami ,  wcli  hcs  Ijestandig  daraus  auf  iViiäUclicn 
Vorlagen  Abschriften  Krläulerun^'cn  und  (iufachten  macht. 

Was  aber  ist  im  Einzelnen  an  x\ktun  Urkunden  und  Anilsbüchcrn 
den  Archiven  einzusenden?  Die  Antwort  ist  von  Bedeutung,  weil 
davon  der  Archive  Leistung  und  Stellung  im  Lande  abhftngt.  Sie 
wird  deshalb  verschieden  lauten,  je  nachdem  man  den  vrissenschafl- 
lidien  Charakter  der  Archive  betont,  oder  sich  scheut,  sie  aus  ihrem 
jetzigen  Halbwesen  herausKureissen,  oder  endlich  im  alten  Geist  und 
Sinn  dieser  Institute  sie  fOr  die  Gegenwart  wieder  kräftig  beleben  will. 

Nach  der  letztem  Anschauung  gehören  m  die  Archive: 

1.  Regierungsakten,  —  aus  den  Ministerien  fast  Alles,  jedoch 
auch  von  den  Regierungen  und  Staltiiallereien  und  anderen  Stellen 
die  Silzungsprolokolle  und  allgemeinen  Beschlüsse  in  politischer  und 
Vülkswirthscliaftlichcr  Beziehung,  daher  auch  Erfmdunprsixdente,  die 
Organisation  von  Aemtern  Instituten  und  öilentlichen  Leistungen, 
insbesondere  was  Kii'cheri ,  Stiftungen,  SeliulfMi  und  Universitäten 
Ix'tritTt.  Wenn  ein  Beamter  stirbt,  der  Akten,  die  dem  Staat  ge- 
hören, in  seinem  Hause  gehabt  haben  kann,  sollte  stets  eine  sorg- 
fältige Nachforschung  gehalten  werden. 

2.  Verhandlungen  jeder  Art  von  Volksvertretung,  akm  die  Akten 
der  Reichs-  Provinzial-  und  Kreisstfinde,  sofern  dieses  Material  ihnen 
nicht  selbst  zur  Hand  sein  muss. 

3.  Von  Justizakten  die  wichtigeren  Kriminalprozesse  vollständig, 
-~  von  Zivilakten  Alles,  was  Familienangehörigkeit  und  unbeweg- 
liches Eigenthum  oder  Grundgerecfat^keiten,  sowie  Entscheidungen 
rdxT  Vermögensrechte  b^ffl,  die  noch  nacli  dreissig  Jahren  zum 
Vollzug  kommen  können,  —  von  Akten  der  freiwilligen  Gericiitsbarkeil 
Testamente  und  Verlrage  über  die  eben  gedachten  Gegenstände. 

4.  Verhandlungen  und  Verträge  über  I'^lurvermarkung,  Forslrechte, 
Wasser-  Weide-  und  Weirrechte,  Alpenwirllischaft ,  Fischereien  in 
Flüssen  und  Seen,  Ber^'wcrk,  Salinen  und  dergleichen, 

5.  Pläne,  Grumhisse,  Flurkartcii  Jeder  Art,  desgleichen  auch 
über  "Wege  und  Brückenbauten,  insbesondere  auch  über  neue  An- 
siedelungen und  jede  Theilung  und  Zusammenlegung  der  Fluren. 

6.  Kataster,  Hypotliekenböcher  und  Grundbücher,  welclie  durch 
neue  ersetzt  worden,  sowie  Register  und  Kassenböchcr,  wenn  sie 
statistisches  Material  ergeben. 


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Vom  Beruf  unserw  ArehiTe  in  der  Gegenwart  59 

7.  Notariatsakten,  welche  FainilicnvcaiifiUnisse,  unbew^liches 
Eigenlhurn  und  Immobiliarrechlo  belreflen. 

8.  Kndlicli  alle  sonstigen  amtlichen  Sciiriti.slückc,  die  für  die 
(Jeschiciite  des  Landes  und  seiner  Oertlitlikciten,  oder  für  Ueligions-, 
Sitten-  und  Kunstgeschichte,  oiler  für  volkswirUischaftliche  Studien 
noch  sf)riter  von  Interesse  sein  ktinnen. 

Was  nun  die  Zeit  der  iU>iieferung  all  solclien  StoH's  an  die 
Archive  bctrifTl,  so  wird  sich  das  nach  euies  jeden  Amts  Ilcr- 
konmien  und  Bedäifiiiss  leicht  feststellein  lassen.  Eine  regelmässig 
jedes  zehnte  Jahr  wiederkehrende  Aussehetdung  der  Akten  nnd 
Schrillstacke,  die  filter  als  90  Jahre,  wird  vielleicht  das  Einfachste 
sein.  Die  Archive  selbst  werden  je  nach  Zeit  und  Gelegenheit  aus- 
zuscheiden haben,  was  an  Notariats-  Gerichts-  und  Regierungsakten 
älter  als  50  oder  100  Jahre  und  werthlos  geworden  ist. 

Die  Behandlung  aber  aller  Urkunden  Akten  und  Amtsbücher, 
deren  Entstehung  hundert  Jahre  zurück  liegt«  darf  man  getrost  den 
Archivaren  allein  überlassen.  Bei  den  spfdcr  entstandenen  müssen 
die  tjetretVenden  Behörden  mit  doii  Archiven  sich  darüber  verstän- 
digen, was  sie  selbst  noch  behalten  wollen,  —  was  den  Archiven 
einzuverleiben,  —  was  in  Gegenwart  eines  Archivbeamten  einzu- 
stampfen, was  den  Makulaturhändlern  zu  vi  i  kaufen.  Der  Staats- 
beamte hat  im  Zweifelsfalle  die  Vorhand.  Ülino  Einwilligung  aber 
des  Archivars  darf  nichts  vernichtet  werden;  denn  er  weiss  am 
besten,  was  zu  einem  archivalischen  Stoff  wird,  den  spätere  Jahr- 
hunderte vieDeiehl  sdiwer  vermissen. 

Alks  nun,  was  einmal  den  Archiven  einverleibt  ist,  muss  fortan 
streng  nach  archivaliscfaen  Grundsätzen  behandelt  werden.  Gestattet 
man  den  Behfirden  die  Niederlage  eines  Depositums,  so  (Ohrt  das 
unausbleiblich  zur  Störung  der  Arehivverwaltung.  Wohl  aber  müssen 
die  Staatsbdiörden  Verzeichnisse  und  Repertorien  über  Alles  bd[om- 
men,  was  von  ihnen  an  die  Archive  übergegangen  ist 

XXIIL  Ordnung  der  Archivalien. 

Niemand  wird  von  einem  Bejj:iniente  reden,  so  lan^^e  d(\'^sen 
Leute  noch  vom  Felde  oder  Ilandwi'ik,  aiH  dem  Studier-  oder  Ge- 
sellschafliisaal  geholt  mid  zu  Soldaten  und  nitizieren  erst  ausgerüstet 
W^en  müssen.  So  entsteht  auch  aus  einem  (lemenge  von  be- 
schriebenen Bänden  Pergamenten  und  Papieren  ein  Ardüv  erst 


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00  Lober: 

durch  Onlnung,  Vorlier  sind  es  lauler  oinzeliio  lodle  Stücke,  die 
sicli  viclk'iclil  eines  nach  tleni  andciMi  in  der  Hand  des  Forschers 
}>e!<'li(>n,  wenn  er  sie  ^'hicklicli  lierausgeiisclil  hat:  ert^l  die  archivalische 
Ordnung  sciiain  und  bildet  au>  dein  Ganzen  einen  Organismus. 

Welches  Sysleni  der  Onhiung  al)er  für  ein  Archiv  das  hesle, 
hängt  durchaus  nicht  von  der  Erkcniilniss  der  besten  Ordnungs- 
Iheorie  al).  Ein  ji;des  Archiv  gibt  sich  je  nach  seiner  besonderen 
Entstehung  und  je  nach  seinem  besonderen  Dienst  seine  eigene  Ord- 
nung. Der  ist  der  rechte  Archivar,  der  aus  den  umher  gestreuten 
Buchstaben  Im  Geiste  die  Worte  zusammensetzt,  das  heisst,  der  die 
von  einem  Archiv  nach  semem  Zwedc  und  Wesen  geheischte  Ord- 
nung richtig  zu  ericennen  und  schöpferisch,  herauszubilden  versteht. 

Jedes  alte  Archiv  hat  auch  berdts  gewisse  Gruppen  oder  Be- 
standtheile  unter  besonderem  Namen  gebildet,  m  welchen  sich  auch 
wdil  allerlei  Schriftstficke  finden,  die  nur  ganz  äusserlich  zusammen 
gehören.  Ehe  man  sie  zerreissl,  werde  wohl  geprüft ,  ob  nicht  da- 
durch noch  grössere  Missständc  im  Archiv  entstehen,  und  wie  und 
wo  denn  die  ausgesdiiedcnen  Stücke  systematisch  unterzubringen? 

Soweit  soldie  und  andere  praktische  Rücksichten  niclif  vorherr- 
sdien,  kann  der  ri(  htige  Grundsatz,  der  für  die  Ordnung  durchgreifl, 
nur  der  liislori^rlic  sein.  Das  Archiv  ist  ein  Geschiclitssaal :  jedes 
Land  oder  F'üi  slentiiuni,  oder  histitul,  jede  Dynastie,  Stadt,  Genossen- 
schaft, Üchünlc  |)rägt  sich  darin  aus,  unil  zwar  so  lang  und  so 
breit,  als  sie  selbst  in  der  Zeit  gelebt  und  gewirkt  haben,  vom  Tag 
ihrer  Entstehung  an  bis  zu  dem  Zeitpunkt,  wo  sie  in  einen  anderen 
Organismus  aufgingen.  Ein  Archiv  zerfiUlt  daher  nothwendig  in  viele 
kteine  historische  Archive,  und  auch  diese  haben  wieder  ihre  histo- 
rischen Unterabtheilungen.  Die  Archivalien  der  modernen  Zeit  wer- 
den also  ziemlich  vollständig  den  Organismus  des  Staats  ausgliedern. 
Die  Art  und  Weise,  wie  man  in  den  französischen  Archiven  Alles 
und  Jedes  in  eine  von  Paris  her  vorgeschriebene  Schablone  dnprcsst, 
muss  für  jeden  wirklichen  Archivar  etwas  Gräuliches  haben. 

Die  Trennung  der  Arcliivalien  in  Urkunden  und  Akten  ist  jelat 
Wold  allgemein  als  räthlich  anerkannt.  Grosse  Archive  müssen  aber 
auch  ihre  eigene  Plankammer  besitzen,  in  welcher  die  Pläne  Grund- 
risse und  Flurkarlen  beisammen  sind. 

Die  Aufstellung  aber  erfolgt  nach  den  beiden  Rncksiclilcn,  dass 
jedes  Stück  niiVlichst  geschont  werde,  und  dass  ein  jedes  sich  Iei(  hl 
und  handlich  aus  seiner  Reihe  herausnehmen  und  ebenso  in  diesell>e 


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Vom  Beruf  unserer  Archive  in  der  Gegenwart. 


61 


wieder  liineinslHIen  lasse,  {»lefchwie  ein  Ruch  in  einer  Bihliulhek. 
Urkunden  werden  daher  »mi  beslcn  mit  oUen  liängondLii  Siegeln 
au^breitel  in  einzelnen  Fächern  über  einander,  oder  in  festen  Deckeln 
jede  einzeln  aufgestellt  Akten  mllte  man  (Üglicb  neben  dnandcr 
reiben,  nacbdem  sie  gebunden  oder  geheftet  oder  docb  in  Happen 
oder  unter  festen  Deckeln  eingelegt  sind.  Auf  dem  Rücken  der 
Decken  muss  aussen  die  Signatur  stdien.  In  grossen  Archiven 
aber  verbietet  sich  dergleichen  von  selbst  noch  längere  Zeit  PliUie 
Grundrisse  und  Karten  bringt  man  in  längliche  Kapsdn  von  Pappen- 
deckel, die  in  Fächern  über  einander  gelegt  werden,  SO  dass  auf  don 
offenstehenden  Ende  der  Rolle  die  Signatur  zu  Kscn. 

Ist  nun  ein  wohlüberl^cr  Ordnungs-  und  Aufstellungsplan  fest- 
gestellt ,  so  gehe  man  um  alles  willen  behutsam  zu  Werke  und 
nehme  nur  eine  Gruppe  ikuIi  der  andern  vor.  t's  ist  geradezu 
furchtbar,  welchen  Schaden  stürmisches  Eingreifen,  um  Ordmnig  zu 
schalTen,  anrichten  kann.  Die  hayri  Ischen  Archive  wissen  nocli  jetzt 
von  dem  kurzen  ikichsai'cliivdireklorat  des  Freilicrrn  v.  Ilorrnuyr 
zu  sagen. 

Jede  Gruppe  im  Archiv  muss  sodann  ihr  Repertorium  bekommen, 
das  sich  dem  Inhalt  und  der  innem  logischen  und  historischen  Glie- 
derung des  Stoffes  anschliesst,  zuverlässig  und  erschöpfend  ist,  und 
jedes  Stuck  leicht  finden  lässt.  Die  beliebten  Aktenmiszellaneen  dürfen  , 
mcht  mehr  vorkommen.  Jede  Urkunde  muss  ihr  Datum  erhalten: 
stdit  es  nicht  darin,  so  hat  der  Archivar  die  Zeit  zu  bestimmen 
und  seine  Gründe  dafür  auf  dem  Regestenblatt  niederzulegen.  Zum 
Urkundenarchiv  gehören  chronologisch  geordnete  Regesten,  zum  Aktc^n- 
archiv  genaue  Verzeichnisse  mit  besondern  Beschreibungen  der  Ko- 
diz.es  und  wichtigeren  Serien  von  Archivalbänden :  zu  beiden  ein 
Sach-  Orts-  und  Personenregister.  Aus  den  letzteren  baut  sich  nach 
und  nach  das  Generalregister  für  das  garr/.e  Archiv  auf.  Jedes  Re- 
pertorium muss  vorn  eine  geschichtliche  ( )rienlirui]g  über  seine  Ent- 
stehung und  über  den  darin  behandelten  archivalischen  SlolT  ent- 
halten; die  Schlagwörter  müssen  kurz  und  tretTend  gewählt  sein; 
jedes  Stück  darf  in  der  Regel  nur  drei  Nummern,  die  des  Saals, 
der  Gruppe  oder  Serie,  und  die  Stücknummer  bekommen. 

Ein  kritisches  Repertorienbuch,  welches  alle  Verzeichnisse  syste- 
matisch zusammenfosst  und  Entstehung  und  Werth  eines  jeden  kenn- 
zeichnet, erleichtert  sehr  den  Ueberblick  sowohl  über  alles  das  was 
vorhanden,  als  auch  was  an  Repertorienarbeit  noch  zu  bessern  und  zu 


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62 


Lüher: 


ergänzen  ist.  Denn  so  gul  auch  ein  Archiv  geordnet  und  verzeich- 
net sein  mag,  immer  finden  sieii  noch  Gruppen,  die  sieh  entweder 
noch  feiner  und  handlicher  an  sich,  oder  noch  sorgfattiger  mit  Rficksicht 
auf  besondere  Interessen  des  praktischen  Dienstes,  auf  die  Genealogie 
des  Regentenhauses,  auf  die  Geschichte  der  Staats-  und  Kirchen- 
behStden,  auf  Recht»-  und  Kunstgeschidite  u*  s.  w*  darstellen  lassen. 
In  den  Repertorioi  aelgt  sich  Kunst  und  Wissen  des  Archivars. 

XXIV.  Verbindong  inli  dm  Arebivm  dar  Qamelndeii  und  Gemsten- 
•  schafften. 

Ungrlaublicli  ist  (s,  wieviel  nofli  jotz(  an  ■vvorllivolkMi  Arcliivalion 
in  Stüdtoii  und  Märkten,  hei  Ffarn^n  und  Stillungen  durch  Schuld 
der  Vorstände  ver.schleudort  w  ird,  oder  in  irgend  einem  Winkel  in  Staub 
und  Moder  den  Würmorn  liherlieferl  ist.  Der  nurgeniicisier  einer 
früheren  lUiehssladt  verkaufte  noch  vor  nicht  langer  Zeit  all  ihre 
alten  Perganicnturkunden  und  schönen  Kodizes  an  die  Goldschläger, 
und  nur  dem  raschen  Zugreifen  eUies  Archivbeamten  war  zu  dan- 
ken, dass  noch  etwas  für  den  Staat  gerettet  wurde.  Eine  geistliche 
Behörde  der  Evangelischen  hesass  noch  vor  einigen  Jahren  ein  Archiv, 
welches  fQr  die  Reformationsgeschicfate  höchst  bedeutend  und  ziem- 
lich geordnet  war.  Der  alte  würdige  Dechant  starb,  Glaubens- 
eiferer kam  an  seine  Stelle,  und  sofort  wurde  das  Archiv  wild  und 
wüst  durch  einander  in  eine  alte  Kammer  geworfen.  Noch  zwei 
charakttTislische  Beispiele,  wie  Ihrer  eine  Menge  gegenwärtig  sind. 
Ein  Geistlicher  ordnete  in  einer  kleinen  wohlhabenden  Landstadt  die 
alten  Akten  mit  kundir'er  und  zi(>rli<  hcr  Hand,  und  hielt  sie,  so  lange 
er  lebte,  wohl  unter  Aug-en.  Schon  ein  paar  Jahre  nach  seinem 
Tode  lagen  sie  zerrissen ,  ordnungslos,  schniutzbedeckt  in  einer  Art 
Verliess,  das  statt  der  Fensler  zwei  kleine  Gitterlöcher  halte.  Ein 
Professor,  der  ein  ausgezeichneter  Urkundenkenner,  suchte  Jahre  lang 
mit  Mülie  und  Selbstverleugnung  das  Archiv  einer  berühmten  ehe- 
maligen Reichsstadt  zu  eüier  wissenschafifidien  Anstalt  zu  erheben. 
Er  schmfickte  diese  Stadt  durch  Herausgabe  emes  prächtigen  Urkunden- 
buches.  Und  was  geschah?  Eine  Gegenströmung  vermchtete  sein  Werk, 
und  eines  Tages  befand  sich  wieder  wie  vordem  an  der  Spitze  des 
Archivs  ein  Registrator. 

In  solchen  Stedten  und  auf  jenen  alten  Schlössern,  die  jetzt  mit 
ihren  Archiven  von  ebier  Geldhand  ui  die  andere  wandern,  hatten 


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Vom  Bouf  unserer  Archive  in  der  QegenwarL  • 


63 


üie  Goldscliiriger  und  Antiquare  iliiv  Aemtcn.  Die  Lotzlein  ver- 
kaulcn  unsero  alten  schön  verzierten  Urkunden  nach  En^rland.  Die 
Krslern  verbrauchen  massenhaft  das  fe.-;le  Pcrganiont  des  Mittclallers, 
um  darin  eingehüllt  Gold  zu  Schaumbluttchen  zu  schlagen,  wie  man 
sie  zum  Vergoldeii  braucht 

Es  ist  nicht  blos  klflglicbe  Unwissenheit  und  geistige  Rohheit, 
was  solche  VerwMung  zuUlsst,  scmdem  es  haftet  bei  Tiden  Gemeinde- 
befadrden  Pfanem  mtd  ScbUKshenen  wirklich  noch  ein  Rest  der 
rerolutloiifiren  Missachtung,  ja  des  Hasses  und  Widerwillens  gegen 
die  alten  Pergamente  und  Urkunden,  die  Zeugen  der  gefürchteten 
Feudalzeit  Wenn  gewisse  Ansichten  längst  aus  den  IwUiercn  Kreisen 
▼erschwunden  sind,  pflegen  sie  unten  noch  lange  fwtzuwühlen.  Erst 
▼on  der  Belebung  des  historischen  Sinnes,  von  walirliafter  Selbst- 
achtung der  Nation  ist  mehr  Schonung  für  die  Reste  der  Vergangen- 
heil  auch  bei  ungebildet!  ren  Leuten  zu  hoil'en.  Bis  dahin  alier  inuss 
von  Staatswcgcii  durcligreilend,  mit  Krnst  und  Strenge,  durch  regel- 
mässig wiederkciirende  rnfcrsuchung  dafür  gesorgt  werden,  dass  fort- 
an die  schriftlichen  Zeugen  der  Orts-  und  Landesgeschichlc  vor  rohen 
Händen  geschützt  seien. 

Zu  einem  von  beiden  muss  man  die  Ortschaflen  Pfarren  Kon- 
sistorien und  bischöflichen  Bdidrden,  die  Verwalter  des  Vermögens 
alter  Stiftungen  Zünfte  und  anderer  Korporationen  anhalten.  Ent- 
weder sollen  sie  ihre  Ärchivalien  gut  verwahren  und  durch  Sach- 
verständige hl  Ordnung  und  VerzeKhnisse  bringen  lassen,  od»,  wenn 
ihnen  wirklich  jedes  Interesse  daran  fdilt,  sollen  sie  ihre  alten  Schriften 
in  den  Landesarchiven  niederlegen.  Diese  Archivalien  gehören  zu' 
den  kostbarsten  Stücken  ihres  Vermögens,  und  der  Staat  hat  ge- 
wöhnlich wohl  die  Mittel  in  der  Hand,  auch  in  dieser  Richtung  sein 
Recht  der  Oberaufsicht  und  Obcrvormundschafl  gellend  zu  machen. 

Da/u  genügt  aber  Jiiclit,  dass  die  Regierungsbeainten  Anwei- 
sungen ei  ! heilen  oder  gelegentlich  sit  Ii  die  Archive  der  Gemeinden 
und  Stiftungen  ansehen.  Allordings  kann  ein  erleuchteter  llegierungs- 
präsident  auf  seinen  Amtsreisen  Wunder  bewirken.  Das  einzig 
Sichere  aber  besteht  in  einer  organischen  Vcibindung  sämnillicher 
Archive  im  Lande,  die  der  Privaten  ausgeschlossen,  mit  den  Staats- 
archiven. Deren  VorstSnde  müssen  beauftragt  und  bevollm&chtigt 
sein,  legelmSssige  Reisen  zur  Ausforschung  und  Beaufenhtigung  jener 
Archive  zu  machen  und  daräber  Bericht  zu  erstatten.  Es  muss  auch  zu 
den  Amtspflichten  der  Archivare  gdidren,  dafSr  zu  sorgen,  dass  in  den 


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64 


L5her: 


Landesarchiven  sich  Tollstänclige  Repertorien  der  im  Lande  zerstreuten 
werthToOen  Arcfaivalien  befinden,  und  von  wichtigen  Urkunden  auch 
beglaubigte  Absdmften. 

XXV.  Berechtigung  und  BMchrilnkuiig  des  ArchivgeheimnitMS. 

Wir  werfen  sclilicsslich  einen  Blick  auf  die  verändcric  Slollung, 
in  \vcIciior  sich  iicutzutage  die  Archive  gegenüber  der  öflentlichen 
Benülziinpr  Ix'finden. 

Im  (Johoinmi-ss  la<^  vormals;  >n  zu  saj^on  Kraft  und  Weilio  des 
Archiv  Wesen?:.  »Manclie  Hrkniiden«,  sagt  Spiess,  »sind  so  wichtig 
und  nianrhmal  so  zu  vt  rin  inilidu  n,  dass  sie  ganz  allein  in  dem 
Verschluss  dos  Archivars  sein  müssen.  Es  stehet  dahero  auch  jedes 
Archiv  bloss  unter  den  Befohlen  des  geheimen  Minisleriums  (Hier 
geheimen  Ratlis-Kollegiums,  und  kann  kein  anderes  Kollegium  etwas 
aus  dem  Archir  abfbrdem«  Bachmann  rftth,  Ton  allm  Urkunden 
beglaubigte  Abschriften  hi  Kopialbfichera  anzid^n,  und  setzt  hhizu: 
>Es  ist  diese  Anstalt  von  dem  grSssten  Nutzen.  An  euiigen  Orten 
heisst  sie  das  äussere  Archiv,  wo  nemlich  der  Besehluss  der  Archi- 
valien so  heilig  gehalten  wird,  dass  sie  nicht  einmal  dem  Archivar 
allein,  sondern  einem  Minister  mit  anvertraut  werden.  Lächerlicli 
Ware  es  aber,  wenn  der  Archivar  glaubai  wollte,  dass  dieses  li()chst 
nützliche  Institut  (der  Ko]iiall)ücher)  ihm  an  seiner  Unentbelu'lichkeit 
und  Autorität,  auch  künftigen  Beförderung  nachtheilig  wäre« 

V^on  solchem  Archivgcheimniss  walten  wohl  noch  dunkle  S<'hatten 
über  den  historischen  Urkunden  und  Akten.  Was  ist  die  Ursache  V 
Ollenbar  nur  eine  gewisse  Befangenheit:  man  wagt  nicht,  xöW'v^  mit 
einem  alten  Herkommen  zu  brechen.  Al)or  man  blicke  doch  endlich 
der  Sache  auf  den  Grund  und  frage  sich:  soll  diese  thörichte  Furcht 
denn  noch  heutzutage  fortdauern  V 

Gewiss  gibt  es  Schriftstüd^e,  auch  ganze  Archive,  die  noch  unter 
strengem  Verschluss  und  Geheimniss  bleiben  mflssen.  Zu  ihnen  er- 
hält Niemand  Zutritt,  als  der  Landesherr,  Minister  und  Archivar, 
und  ausser  ihnen  nur  m  seltenen  Fällen  eine  des  höchsten  Vertrauens 
würdige  Person.  Aber  bezieht  sich  das  auf  alle  Archivalien  ?  Kann 
nUM  ihre  bei  weitem  grCsste  Masse  der  öffentlichen  Benützung  frei 


')  I  I).  E.  SpiftBt,  Von  Archiven,  17—18. 
')  Bachmann  a.  a.  O.  61. 


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Vain  Benif  unserer  Ardüve  ia  der  G^penwaii.  65 

gegeben  werden?  Ilaben  nitbt  Staat  und  Wisponscliafl  ein  vorzüg- 
liches Interesse  daran,  dass  diese  Freigebung  so  bald  als  müglich 
Statt  finde? 

Unterscheiden  wir  >orgfaUig  das  Gebiet,  auf  welchem  noch  jetzt 
das  Arclüvgeheimniss  berechtigt  ist.  Es  werden  wohl  nur  fünf 
FSne  sein. 

1)  Das  Regenteohaiis  hat  ÜQr  sein  FamOieiiarchiv  dasselbe  Recht, 
wie  jede  Famifie  iOr  ihr  eigenes  ArcfaiT.  Nur  der  erhält  Zutritt, 
wdcheoi  des  Landesherm  Gnade  und  Vertrauen  sie  gewährt.  Kein 
Archivar  möchte  es  rerantwcrten,  einem  Vehse,  der  übrigens  selbst 
einer  war,  alle  Famiiienschriften  in  die  Hand  zu  geben.  • 

2)  Jeder  Staat  ist  in  seinem  vollen  Rechte,  wenn  er  die  Ver- 
handlungen und  Verträge  mit  auswärtigen  Mächten,  sowie  die  In- 
struktionen und  Bericlite  seiner  Gesandten  Konsuln  und  sonstigen 
Agenten,  der  OefTentlichkeit  so  lange  vorenthfdt,  so  lange  er  noch 
irgend  ein  Interesse  dabei  hat,  dass  sie  iiiciit  bekannt  werden. 

Allein  es  fragt  sich  denn  doch,  bis  wie  weit  zurück  kann  noch 
hi'nt/utagc  dies  Interesse  gehen?  Man  muss  endlich  auch  in  solchen 
Dingen  walten  lassen,  was  vernünftig,  und  nicht,  was  herkömmlich 
ist.  Das  Gegcntheil  erweckt  nicht  nur  Spott  und  Aerger,  sondern 
auch  schädlichere  Folgen,  nemlich  Misstrauen  und  Verleumdung. 

Betrachtet  man  alles,  was  vor  dem  Jahr  1802  liegt,  als  histori- 
schen Stoff,  so  mOchte  sich  auch  das  Gewissen  eines  ängstlichen 
Mhiisters  dabeH  beruhigen  kSnnen.  Tertrauenswdrdigen  Forschem 
darf  hödist  wahrschemlich  jeder  Staat  seine  Archive  auch  bis  1815 
aufschliessen.  Das  Geheimniss  lässt  sich  doch  nicht  mehr  aufrecht 
halten:  jedes  Archiv,  welches  sich  der  Forschung  öffnet,  eröffnet 
zugleich  Gucklöcher  in  die  Nachbararchive  hinein.  Nur  vollständige 
Kenntniss  der  AIcten  zerstreut  Argwolm  Märchen  und  Lügen.  Denn 
selten  Iiandellc  ein  Staat  in  wichtigen  Zeitpunkten  nach  frivolen 
Rücksichten  :  jeder  fhat  dai:,  wozu  ihn  Drang  und  Druck  der  poli- 
tischen Lage  nüthigte,  und  die  sclilichto  Darstellung  dessen  durch 
einen  wahrhaften  Geschichtschn  ilxir  ist  die  beste  Rechtfertigung. 

3)  Alle  Schrinstücke  und  I5ücher,  w-elche  über  die  Domänen  und 
sonstigen  Vermögensrechte  des  Staats,  über  gewisse  Verwaltungs- 
grundsätze, über  die  Beamtendisziplin,  über  politische  kirchliche  und 
andere  Massnahmen  der  Staatsverwaltung,  fiber  politische  und  geist- 
liche Verschwörungen,  und  all  dergleichen,  was  noch  der  Gegenwart 
angehört,  sich  verbreiten,  sind  die  Beamten  verpflichtet,  gdieiro  zu 

AftUrallielM  EritNhrllt  L  5 


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66 


Loher: 


halten.  Hier  i^i  das  Wohl  dor  Gcsammthoit,  welches  entscheidet : 
jeder  Wunsch  und  Vortheil  (les  Einzelnen  niuss  da^ej^en  '/.urrick- 
s^fi'ln'n.  In  dieser  Beziehung'-  kann  ITir  das  Landcsan  hiv  kein  anderer 
(i('si(litsi)unkl  Platz  ^rreifen,  als  der  lür  Jedermanns  Urkunden  und 
Uechnun;,'en  über  sein  Eigenthum  und  Hanswcson  gilt. 

4)  Der  Archivar  hat  aber  auch  die  liechtc  Diiltcr  zu  wahren. 
Bei  Urkimdcn  und  Akten  über  Besitz-  und  Eigcnlhumsrcchlc  vun 
Gemeinden  und  andern  (Jenosscnschaflen,  oder  über  Vermögens-  und 
Familienverhältnisse  von  Privaten,  oder  ImjI  Kriniinalaktcn,  in  welchen 
noch  Lebende  eineRdle  spielen,  wird  er  sich  stets  die  beiden  Fragen 
vorhalten:  gehörten  diese  Schriftstüdce  bereits  der  Oeffentllchkeit  an? 
Sind  sie  der  G^enpartel  schon  einmal  voi^elegt,  so  dass  sie  als 
gemeinschaftliche  zu  betrachten?  Sind  beide  Fragen  zu  verneinen, 
so  whrd  der  Archivar  nur  den  Korporationen  oder  Familienmitglie- 
dem  und  ihren  Rechtsnachfolgeni  die  Einsidit  gestatten,  andere  Ge- 
suchssfcller  aber,  wenn  sie  sieh  nieht  hcruhigcn  wollen,  zum  ge- 
riclillichcn  Editionsvcrfaiiren  verweisen.  Die  Ilaliener  geben  die  Kri- 
minalakten, wenn  70  Jalire,  und  die  Verwallungsakten  schon,  wenn 
30  Jahre  seit  der  letzten  Verhandlung  verflossen  sind,  der  öffent- 
lichen Benützung  preis. 

5)  In  den  Archiven  findet  sich  endlich  Manches,  was  benutzt 
werden  kann,  um  die  ötlentliche  Sittlichkeif  zu  l)eleidigen,  einer 
Konfession  Aergerniss  zu  geben,  o<ler  dem  guten  Huf  einer  Familie 
elwas  anzu>|)r('ngen.  Scliriflstücke  dieser  Art  sind  nur  in  sehr  Ix»- 
dingli'r  Wt'is(>  iXiclifbeamten  vorzulegen.  So  wenig  man  Klostcr- 
geschichten  Jemand  in  die  Hände  gibt,  der  bloss  Skandal  sucht,  so 
wenig  wird  man  die  Akten  der  Jesuiten  gleidi  Jedermann  anver- 
trauen. 

XXVI.  Uichto  BenOtzbartoit  der  Arehive. 

Diese  ist  gegel)en,  sobald  als  Grundsatz  testst(>lit:  kein  Archiv- 
geheimniss  gibl  es,  als  in  den  vorgcdachten  fünf  Fälli>n. 

Archive  sind  alx'r  dessliall)  noch  innner  keine  Bibliothek.  Nicht 
Jedermaini  eih;Ut  Zutritt,  .suiuiern  nur,  wer  Vertrauen  verdient,  und 
den  Arl)eiten  der  Archivbeaiuten  nicht  hinderlich  fallt.  Der  acht 
wissenschaftliche  Forscher  wirti  anders  bedient,  als  ein  ewig  for- 
dernder und  fragender  Dilettant,  und  ein  anerkannt  ehroiwertlier 
C!hanikter  gieU  festere  Gewähr  gegen  Hissbrauch,  als  der  erste  beste 


Diyitizcü  by  GoOglc 


Vom  Berat  unserer  Afduve  in  der  Gegenwart. 


67 


Unbekannte.  Denn  immer  bleibt  Arrhivbonützung  oino  Vertrauens- 
sachc:  die  sirengslo  Vor-  und  Aufsicht  kann  nicht  Jetli"  Verwirrung 
oder  Bescliädigung  oder  Verfälschung  oder  Eiitfrenidung  von  Arclii- 
vaUen  vcrliüten.  Wolicr  sollton  auch  Arciii\i)eamle  die  Zeit  riehnion, 
um  jedes  Blatt  und  Siegel,  das  Einem  in  die  Hände  gegeben  wird, 
vorher  und  nachher  aufs  Henauesfe  durchzuforschen  ?  AVer  archi- 
valisrlie  Untersuchungen  macht;  verlangt  selten  bloss  ein  einziges 
Scliriflstück,  sondern  in  der  Regel  eine  Reilie  Urkunden  und  Akten. 

Wer  aber  soll  bestimmen,  ob  dieArchiTbenützung  zu  gewfihfen, 
und  nöthigenfalls,  ob  sie  wieder  zu  entziehen  sei  ?  Diese  Entscheidtuig 
mOge,  wie  schon  gesagt,  fSr  gewöhnliche  Fifle  in  die  Ißnde  der 
Aidüwerwalinng  selbst  gelegt  werden.  Diese  wird  sich,  wenn 
sie  allein  die  Verantwortong  trBgt,  auch  erst  gehörig  tüaer  die 
Persönlichkeit  und  viefldcht  gebeiinai  Zwecke  dessen,  der  Ar- 
chivalicn  einzusehen  wünsclit,  unterrichten.  Feiner  Blick,  persön- 
licher Takt,  und  amtliche  Erfaluimg  des  Archivars  bietoi  dem 
Staate  in  diesen  Fragen  eine  viel  bessere  Gewähr,  als  lange  schrift- 
liche Erörterungen  zwischen  dem  Archiv  und  seiner  vorgesetzten 
Stelle,  üb  Diesem  und  Jenem  die  Archivbenützung  zu  gestatten. 
Man  zähle  die  Fälle  zusammen,  wo  Minister  und  Ohcrjiräsident 
anders  entschieden,  als  der  Archivar  es  vorschlug,  es  werden  , in 
langen  Zeiträumen  nur  sehr  wenige  sein:  wozu  also  die  Umstände? 

Man  schneide  also  all  die  hergebrachten  Förmlichkeiten  ab 
und  gebe  dem  Archivar  mehr  Freilieit,  verstärke  aber  seine  V^ant- 
wortlidikeit 

Eine  feste  Ihstroktion  regele  seme  Befogniss.  Wird  Znlaasong 
zum  FamilienarchiT  erbeten,  so  legt  der  Archivar  seüi  Gutachten 
dem  Landesherm  oder  dessen  Hausminister  vor.  Handelt  es  sidi 
um  Scliriftstäcke  des  geheimen  Staatsarchivs,  so  entscheidet  der 
Mmister  der  auswftrtigen  Angelegenheiten.  In  allen  andern  Fällen 
entscheide  d^  Arduvar  selbst,  jedoch  unter  der  doppelten  Bedingung, 
dass  er,  wo  nach  seiner  Ansicht  ein  Vermögens-  oder  sonstiges  In- 
teresse des  Staats  obwaltet,  die  Arcliivbcnützung  niclit  eher  gestatten 
darf,  als  bis  er  im  einen  Fall  ein  Gutachten  von  der  bclreffi'nden 
fiskalischen  Behörde,  im  andern  Fall  und  auch  dann,  wenn  er  sieh 
der  fiskalischen  Beliörde  nicht  anschliessen  mag,  die  Entscheidung 
vom  Staatsministerium  eingeholt  hat. 

Es  genüge  also  bei  Archivbenützung  durch  l'rivatc  ein  einfaches 
Gesuch  an  die  oberste  Archivstellc,  und  dic^e  entscheide  darauf 


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68 


Lfiher: 


selbstständi^ ,  nachdom  sio  vnn  dorn  Untoraicliiv.  wenn  dieses  die 
Scliriftslücke  vorwahrt,  Bcriclit  und  Gutarhten  eingeholl  hat.  >Vird 
das  Gesucli  an  einem  untern  Arcliiv  abgegeben,  so  werde  es  von 
diesem  sofort  an  die  Zentralstelle  geleitet.  Diese  ist  am  besten  im 
Stande,  alle  Bedenken  zu  überschauen,  und  wo,  wie  so  häufig,  die  Ur- 
lomden  und  Äktm  bei  mdireren  Aid&wn  TertheOt  sind,  eine  gleidi- 
mässig  fOr  alle  geltende  Entscheidung  zu  geben.  Bei  ihr  sammelt 
sieh  von  selbst  eine  Reihe  von  Nonnen  und  bedeutenderen  Feilen, 
welche  die  Richtschnur  für  ähnliche  geben.  In  zweifellosen  Dmgen, 
z.  B.  wo  es  sieh  handelt  um  bereits  veröffentlichte  Schriftstdcice,  oder 
um  Urkunden  und  Kodizes  von  nur  mehr  rein  historischer  Bedeu- 
tung, oder  in  einem  Prozesse  um  solche  Akten  oder  Dokumente, 
die  gemeinschaftlich  und  von  der  einen  Partei  bereits  eingesehen 
sind,  kann  auch  den  Unterarchiven  die  Entscheidung  überlassen 
werden.  Selbstverständlich  bleibt  einem  Jeden ,  dem  die  Archivo 
keine  Benutzung  gestatten  wollen,  der  Beschwerdeweg  an's  Ministerium 
unbenommen. 

Anders  stobt  die  Sache  bei  amtlicher  Benützung  der  Archive. 
Jeder  staatlichen  Behörde  muss  es  freistehen ,  bei  dem  Archive,  wo 
sie  dienliche  Archivalien  vernmthet,  deren  Einsicht  zu  verlangen. 
D^r  direkte  Weg  ist  der  beste,  da  alle  Staatsbeamte  dem  Staate 
dienen.  Das  Archiv  aber  muss  sofort  antworten,  welche  Schrift- 
stücke es  besitzt,  und  nicht  das  allein,  sondern  wenn  eine  bestimmte 
Frage  gestellt  ist,  auch  erklären,  welcherlei  Aufschlösse  darin  ent- 
halten sind.  Denn  die  Staatsverwaltung  soll  an  allen  Enden  ihre 
ROslung  sofort  bereit  haben,  gleichwie  der  Advokat,  wenn  er  zur 
Prozcssvcrhandlung  geht,  seine  Registratur  hinter  sich  weiss,  um 
sogleich  auf  diesellje  zurückgreifen  zn  k")iinen.  Selbstverständlich 
bleiben  auch  bei  Archivbenützung  durch  irgend  eine  Behörde  die 
vorgo(lacliton  riirnzen  des  Familien-  und  geheimen  Staatsarchivs  un- 
berührt, und  wird  die  Aichivverwaltuii^^  sich  schon  vorsehen,  dass 
unter  dem  Verwände  amtlicher  Zwecke  nicht  etwa  andere  verfolgt 
werden. 

XXVII.   Veröffentlichung  von  Repertorien. 

In  Frankreich  »sind  sämmtliche  Departements-,  Gemeinde-  und 
Hospital-Archive  wohl  geordnet.  Ueber  die  Departemental-Archive 
und  deren  einzelne  Thcile  giebt  es  eine  gedruckte  allgemeine  Uel)er- 


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Vom  Beruf  imaerer  Archive  iu  Uer  GegeuwarU 


69 


sieht  und  iluiieben  einen  Geiieralkalalog  aller  Karlularc  *).  Die 
Anfertigung  der  sogenannten  summarischoi  hiraitare  (Reperlorien)  ^) 
ist  der  VoDenduiig  nahe,  die  der  Inventare  der  Gemeinde-  und 
HospiUdarchive  meistens  beendigt,  und  Abschriften  derselben«  soweit 
sie  historisch  wichtig  sind,  bei  der  Archivdirektion  ui  Paris  vor- 
handen. Diese  mit  eiserner  Konsequenz  durchgeführten  Ordnungs- 
und  Repertorisirungsarbeiten  bilden  indess  keineswegs  den  AbscMuss 
der  franzosischen  Archlvreformen:  ae  scheinen  vielmehr  nur  grössere 
wissenschaftliche  PublUcationen  vorzubiTeiten«  *). 

Also  drei  verschiedene  gedruckte  Inhaltsanzoigen  für  die  De- 
jKirlementsarchive,  die  etwa  un^^eni  Kreis-  oder  Provin/.ial-  wlcr 
StallhalUioiarcliiven  entsprechen.  Dazu  kommen  liandliclie  Weg- 
weiser durch  die  französischen  An  hive*).  Und  wir  in  Deutschland  y 
Was  haben  wir  dieser  ön'enUiclieu  Fürsorge  gegenüber  zu  stellen? 

Allerdings  sind  die  deutsclien  Archive  im  Ganzen  viel  reich- 
halliger,  viel  mannigfaltiger,  und  —  viel  ungeordneter,  als  die  fran- 
zösischen. Sehr  wesentlich  fällt  der  Umstand  In's  Gewicht,  dass  sie 
nicht  eniem  einzigen  Staate  angdiSren,  sondern  vielen,  und  desshalb 
unter  vielen  selhstständigen  Verwaltungen  stehen.  Allein  ist  das  ein 
genügender  Grund,  dass  Deutschland  mit  der  Veröffentlichung  des 
Inhalts  seiner  Archive,  und  käme  auch  bkns  der  historische  m  Be- 
tracht, so  lange  zurück  bleibt? 

Uebelstände  können  sich  mit  der  Offenlegung  oder  gar  Ver- 
öfTcntlichung  der  Rei)crtorien  verbinden,  kein  Zweifel.  Allein  man 
trete  einmal  aus  dem  historischen  Nebel  des  Archivgebeimnisses 
h^US  und  gebe  unbefangen  Antwort  auf  die  Frage:  wicgl  gegen  den 
Nachtheil,  welchen  die  Freigebung  der  meisten  Reperlorien  nach  sich 


*)  Tahlrau  ^^i'-ntTul  iuiiiiL*ri(|ue  «li's  l'oiids  ilfs  archives  (Itparlcnifiilalcs 
unU-ricures  ä  IVJO  public  pur  hi  cuiiiiniissiun  deä  urchivcä  dtipiiilt.'iiitiiiluk>ä  el 
communales.  Paris  1848,  4*. 

^  Catalogue  gim«  rnl  dt  s  cartulaiics  des  archivvs  d^partemenUles  par  1a 
m^me  corimi.    Paris  1847,  4*. 

*)  Vgl.  z.  ii.  für  duä  Archiv  des  NicdereUoss  zu  Slrassbui^  die  vier  Quart« 
Ubide,  efsdileiieii  1868—1874. 

*)  H.  Pfannenschmid,  das  Aiebivwesen  in  Elsass-LoUiringien.  CSdmar 
1876^  8,  IX-X. 

*)  Bordior,  I,es  arcliives  de  la  Francf.  Par.  1S55.  C  bampolHon-Flgeac, 
Maiiiiol  de  Turcliivistc  duä  prefeclures ,  deä  iiiaires  el  des  hospices.  Par.  läSO. 
Derselbe,  Annoaire  de  raxchiTiate.  Par.  1860—1868.  VyL  Pfannensehmid 

«.  a.  o.  xvi-xm 


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70 


Lflher: 


ziehen  kann,  nicht  viel  schwerer  der  Verlust,  welchen  Staat  und 
Wissenschaft  durch  deren  Veriiehnlichung  erleiden?  Jener  Schaden 
ist  ein  möglicher  und  kann  durch  die  Art  und  Weise  der  Redaktion 
leicht  verhütet  werden:  dieser  andere  Schaden  aber  ist  ein  gewisser 

und  tagtäglicher. 

Mindestens  sollte  jede  Kreis-  oder  Bczirks-Rcgicrung  Abscliriften 
der  Repertorien  dos  Arcliivs  besitzen,  mit  dem  sie  am  meisten  zu 
thun  hat,  Oder  sind  diese  noch  nicht  vollständifr  in  Ordnung,  so  gehe 
man  wenigstens  systematische  Ueljeisichlen.  Durch  ihren  Öflern 
Gebrauch  und  durch  die  Aktenvorlagen,  welche  darauf  aus  den 
Aichiven  erfolgen,  werden  die  Regicrungsbcaiuten  sich  schon  dai'übor 
oricntircn,  was  für  sie  in  den  Archiven  zu  linden  ist. 

Werden  die  Repertorien  aber  gedruckt  und  Ebcemplarc  auf  den 
Landes-  und  Universitäts-Bibliotheken  und  bei  den  niedem  vrie  obem 
Justizp  und  Verwaltungsbdidrden  aufgestellt,  so  werden  sich  mit  der 
erhöhten  Zahl  der  Forscher  auch  mehr  blosse  Dilettanten  emstellen. 
Diesen  schleppe  man  alles  Mögliche  massenhaft  herbei,  was  sie  nur 
verlangen:  dann  konunen  sie  nicht  wieder. 

XXVIIL  Ardiivalletivartondung. 

Sind  die  Areliive  geordnet  und  ihr  Tnliall  veröflenlliehl.  so  wird 
Wold  rings  um  die  meisten  beständig  ein  kleines  Archiv  auf  Heisen 
sein,  nicht  für  Gelehrte,  wohl  aber  für  Staatsbehörden.  Denn  an 
letztere  muss  die  Zusendung  ebenso  häufig,  als  an  wissenschaftliche 
Forscher  selten  geschehen. 

Es  handelte  sich  bei  einem  Gerichtshof  um  die  Frage,  welche 
Rechte  die  Erben  einer  Kaufinannsfrau  an  dem  Handlungsgcschaftc 
hatten,  das  in  einer  frfiheren  Reichsstadt  ihr  Hann  betrieb,  mit 
welchem  sie  in  Gütergemeinschaft  lebte.  Die  Sache  war  nach  dem 
alten  Sonderrecht  der  Stadt  zu  entscheiden,  und  die  Kläger  berufen 
sich  auf  den  Wortlaut.  Ein  Justizbeamter  von  höherer  vrissenschaft- 
Hcher  Bildung,  den  die  Frage  inteiessirte,  kam  in*s  Archiv,  liess  sich 
die  Statuten  und  KopialbQcher  der  Reichsstadt  vorlegen  und  sludirte 
darin  eifrig  und  lange.  Als  man  erfulir,  warum  es  sich  handdle, 
wurde  snfoi  I  (  ine  Urkunde  aus  dem  vierzehnten  Jahrhundert  abge- 
sclirieben,  die  klar  und  deutlich  über  das  in  Rede  stehende  Partikular- 
recht  Aufsclüuss  gab.   Wäre  es  nun  nicht  einfacher  gewesen,  der 


Üiyitizcü  by  GoOglc 


Vom  Beruf  omerer  ArehlTe  in  der  Gegenwart  71 

Gerichlshor  hätte  dem  An  hiv  bezeichnet,  worauf  es  ankam,  und  so- 
fort die  Urkunde  und  dazu  eine  beglaubigte  Abschrift  erhalten? 

Zu  anillichm  Zwecken  sollen  numlich  die  Archive  jeder  grossen 
untl  kleinen  Staatsbehörde  stets  zu  Dionsfon  sein,  und  weil  es  un- 
möglich ist,  (lass  bei  irgend  lebliaflor  Benüt/JUMj-  all  die  Beamlcn  m 
den  Archiven  kommen,  so  muss  es  zur  allgciiuMnen  Pfliclil  und  ilc- 
wohnlioit  werden,  dass  die  Archive  zu  den  Beamten  kd^nnicn,  d.  h. 
einer  jeden  Stelle  oder  lieljürde  des  Staats  auf  Verlangen  sofort  be- 
stimmte  Archivaren  zusenden,  und  zwar  mit  den  et\ya  erforderlichen 
Äbscfariften,  Erläuterungen ,  Gutachten.  Muss  die  Untere  steh  erst 
an  Ihre  ObeitehOrde  und  diese,  nachdem  sie  nicht  minder  den  Fall 
geprüft  hat,  sich  an*8  Archiv  wenden,  so  entsteht  ein  Vielschreiben 
und  Umherschicken,  das  gar  nicht  nöüiig.  Die  Archivare  werden 
schon  selbst  Einhalt  thun,  wo  man  unberechtigte  Anforderungen  an 
sie  stellt  Urkunden  der  ältesten  Zeit  werden  sie  überhaupt  nur  in 
beglauirigten  Abschriften  hergeben,  kostbare  Kodizes  und  Urkunden 
aber,  sowie  solche  Schriftstücke,  die  durch  Versendung  leiden  können, 
oder  überhaupt  nicht  für  die  OeiTentlichkeit  bestimmt  sind,  weder 
einem  Boten  noch  der  Post  anvertrauen. 

Können  aber  nur  bei  direktem  Archivalienvorkohr  sämmtlicher 
Amtsstellen  mit  den  Archiven  diese  all  den  .Nutzen  leisten,  welchen 
der  Staat  aus  ihnen  ziehen  kann,  so  muss  audi  durch  strenge  und 
gleichförmige  Massregeln  dafür  gesorgt  sein ,  dass  überall  gewissen- 
hafte Aufbewahrung  und  pünktliche  Rücksendung  stattfinde.  Bei 
eigener  Verantwortung  müssen  die  Staatsbeamten  dafür  haften.  Es 
{st  eine  allgemeine  Erfahrung ,  dass  Behörden  es  mit  der  Rflcksen- 
dong  von  AktenbeOagen  leicht  und  lässig  nehmen:  um  so  schärfer 
soll  der  Archivar  dahinter  her  sein.  In  gemessener  Frist  muss  seine 
Mahnmig  und  nOthigenfalls  seine  Beschwerde  so  pünktlich  erfolgen, 
wie  der  Schlag  dec  Uhr. 

Die  Beamten  können  nicht  zu  den  Archiven  kommen,  das  ^vürde 
zuviel  Zeit  nebst  Tag-  und  Reis^lder  verschlingen:  umgekeiirt 
können  die  Archivalien  nicht  zu  den  Gelehrten  kommen,  das  würde 
den  Archivbeamten  viel  zu  viel  Zeit  und  Mühe  kosten.  Nur  dann, 
wenn  es  gilt,  verdiente  Gelehrte  oder  nationale  wissenschaftliche  Unter- 
nehmungen zu  unterstützen,  lässt  sich  eine  Ausnahme  rechtfertigen. 
Der  Archivalien  dürfen  auch  in  solchen  Fällen  nicht  zu  viele  sein, 
sie  müssen  vor  der  Versendung,  wenn  es  Akten  mler  Kodizes  sind, 
gebunden  oder  geheftet,  jedenfalls  im  Empfangschein  sorgfültig  be- 


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V 


72  Löher: 

schrieben  sein.  Jedoch  auch  dann  dfirfen  AichiTallen  nie  in  privaten 
Gewahrsam  eingeben,  sondern  das  Geschäft  nrass  rein  amtUch  bleilien. 
Eine  BibliothelL  oder  Universität  oder  Staatsbehörde  hat  die  Archi- 
valien ZVL  empfangen,  in  ihrem  Lokale  vorzulegen,  und  für  Rüde- 
Sendung  in  voller  Integrität  und  zu  gesetzter  Zeit  zu  haften. 

Die  geistlichen  Behörden  aber,  die  PfkiTÜmler,  diu  Magistrale, 
die  Vorstände  der  Stiftungen  und  Genossenschaften,  die  Notare  und 
Advokaten  sind  in  Bezug  auf  Archivbenützun^'  nicht  anders,  als  wie 
Privatpersonen,  zu  behandeln.  Ihnen  darf  der  Archivar  nur  dann, 
wenn  er  von  seinem  vorgesetzten  Ministerium  dazu  beauftragt  und 
bevollmricliligt  wird,  Scliriflslücke  aus  dem  Archive  darleilien. 

IKiclistons  Ar(liivl>eaniten,  und  etwa  besonders  vertrauenswür- 
digen l'ersonen,  die  ;un  Arcliivorlc  wohnen,  dürfte  man  das  Privilegium 
zugestehen,  cinzekic  Urkunden  und  Kodizes  mit  nach  Hause  zu 
ndunen.  Jedoch  kdnnte  dies  nur  in  AasnahmeföUen,  bkiss  för  wissen- 
schafUiche  Arbeiten,  und  nur  unter  Vorwissen  und  Genehmigung  der 
Archivxentialstelle  geschehen. 

XXIX.  Folgerungen. 

Unordnung  in  den  Archiven  ist  dne  innere  Krankheit  des 
Staats,  ist  ein  aller  Walu'spruch,  und  man  kann  hinzusetzen:  — 
unbenülzte  Archive  sind  Bergwerke  ohne  Bergleute.  Man  sollte  end- 
lich in  allen  deutschen  Staaten,  wo  es  noch  nicht  geschehen  ist,  den 
Eiitscliluss  fassen,  die  Archive  so  rasch  als  möglich  auf  die  Höhe 
ihrer  LeistungsITdiigkeit  zu  bringen,  hi  Frankreich  hatte  man  1838 
weder  geordnete  Archive ,  no(;h  Reperlorieti ,  noch  auch  gebildete 
Archivbeamte:  in  verhrdlnissmässig  kurzer  Zeit  wurde  alles  geschaffen, 
jedoch  nur  durch  die  unablässig  drängende  Tliäligkeil  der  obersten 
Archivbehördc  in  Paris,  deren  Anregungen  die  Ministerien  Folge 
gatien.'  In  Belgien  und  Holland  leisten  die  Archive  Vorzügliches. 
Auch  in  Italien  hat  man  jetzt  ernstlich  die  Hand  an's  Werk  gelegt. 

Ist  aber  einmal  der  Entsdiluss  gefoaät,  so  shid  auch  die  Folge- 
rungen daraus  nicht  zu  scheuen.  Solche  sind: 

1.  Errichtung  einer  Archivzentralstelle  mit  hinlänglichen  Ari)elt8- 
kräften  und  mit  bestimmten  Aufträgen  und  Beftignissen,  die  sich  über 
dm  ganzen  Staat  erstrecken. 

2.  Ein  umfas.sondes  Gesetz,  welches  die  Neuorganisation  der 
Archive  und  ihre  Thatigkeit  regelt,  nebst  Anweisungen  an  die  Staats« 


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Vom  Beruf  annrer  Arclüve  in  der  G^enwarL 


73 


(icmeinde-  und  KirchcnbcaiiiU'n  sowie  an  die  Ilechlsanwallr  und 
Notare  darüber,  in  welchen  Fragen  die  Arcliivc  mit  Vortheil  zu 
benützen. 

3.  VermdiraDg  der  Arehivbcamicn,  in  dnigen  Staaten  vidleicht 
um  das  Drei-  und  Ffbffadie.  WiD  man  gründlich  die  Hand  an*s 
Werk  legen,  um  Alles,  was  in  die  Landesarchive  gehOrt,  planmässig 
zusammen  zu  liringen,  woU  zu  vertheilen,  und  wenigstens  in  Tor- 
läufig  genügender  Ordnung  und  Verzeichnung  au&usteUen,  so  wird 
es  nöthig  sein,  für  die  erste  Zeit  rüstige  Arbcitsknirie  aus  den  Kreisen 
jüngerer  Justiz-  und  Verwallungsbeanilen  zu  Hülfe  zu  nehmen. 

4.  Besserstellung  der  Arthivbeamtcn  in  Rang  und  Gehail. 
ihnen  rnuss  besonderes  Vertrauen  geschenkt  werden ;  sie  bedürfen 
eines  imgewölinliclien  Masses  von  verschiedenen  wissenscliafllielieri 
Kt  imlniHseii  imd  praktischen  Fähijrkeiten  :  ihr  Gcsclifift  i.st  mühseli^^  und 
greitl  die  (Jesuiidlieit  an;  ilir  Vorrücken  eriblgt  langsam  und  in  einem 
engen  Dienstkroise.  Sie  müssen  auch  auf  den  seht  inen  Lohn  ver- 
zichten, welchen  die  önenlliclie  Anerkennung  des  Verdienstes  gcwälul; 
denn  ihre  Tliatigkcit  bleibt  allen  ausser  den  nächsten  Berufsgenossen 
verborgen.  Wahrlidi  Gründe  genug,  um  die  Arcfaivbeamten  fiberall 
wenigstens  den  h5heren  Regierungsbeemten  gleich  zu  stellen. 

5.  Gründung  von  Archivscfaulen  an  den  Hauptaichiven;  Sorge, 
dass  die  archivalischen  Hülfewissenschaften  an  den  Universitäten 
binlftnglich  vertreten  seien;  Einricbtung  eines  geregelten  Bildungs- 
ganges zur  Vorbereitung  für  den  Arcliivdienst  und  der  nöthigen  Prü- 
fimgen  hcl  Eintritt  und  Anstellung. 

6.  Herstellung  von  Amlsbibliotlieken  \m  jeilem  Landesarchiv  mit 
ausreichender  Literatur  an  archivalischen,  historischen,  juristischen, 
pnläographischen,  diplomatischen,  heraldischen  und  sphrogislischen 
Werken. 

7.  Neue  feste  Archivgebäude  mit  Finriclitungen  zur  leichten  Ret- 
tung der  Arcliivalien  bei  Feuers-  und  Kriegsgefahr,  mit  grossi'n  hellen 
Sälen,  mit  passenden  Schreinen  und  Gestellen  zur  systematischen  Auf- 
stellung, mit  der  nöthigen  Zahl  von  Geschäftszimmern,  und  mit  einem 
Saal,  in  welchem  die  Archivbenützcar  unter  beständiger  Auföeht  ar- 
beiten und  die  Archivalien,  deren  sie  andern  Tags  noch  bedürfen, 
einscUiessen  können. 

Alles  das  erfordert  Mühen  und  Kosten.  Gewiss,  aber  ebenso 
sicher  und  ungleich  grösser  ist  der  Nutzen,  welchen  wohlgefQllte 
und  gutgeordnete  Archive  für  das  ganze  Staatswesen,  wie  für  die 


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Löiier:  Vom  Beruf  uiu>ercr  Archive  in  der  Gegenwart. 


gesammte  historische  Forschung  mit  sich  bringen.  Beamte  und  An- 
wälte werden  bald  lernen,  wie  sehr  es  ihre  Berufsarbeiten  fördert, 
wenn  die  Archive  Ihnen  auf  Fragen,  die  sie  selbst  erst  lange  studiren 
mässten,  ohne  doch  häufig  darin  rechten  Grund  und  Boden  zu  finden, 

sofort  v'mc  klare  und  sichere  Antwort  gel>en.   Dann  werden  sich 

mit  jodcm  Jalir  die  Gesuche  und  Aufträge  zu  ardiivalischon  Gulachlen 
und  Vorlagen  steigern.  Man  mache  die  scheinbar  todlen  alten  Schrift- 
niasson  durcli  Vereinigung  Ordnung  und  rechten  Gebrauch  nur  erst 
lebendig,  sie  werden  sieh  dankbar  beweisen.  Kein  Baum  kann  in 
der  Liiff  stehen:  auch  Rahtsbildiingen  und  SlaaUs^'esihärtcn  der 
Gegenwart  ist  es  von  Vortheil,  wenn  sie  geäctiichUichc  Wurzeln 
haben. 


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III.   Das  bayerische  ArchiTwesen. 


Tom  Heraasgeber. 

Im  vorfiei^ohcndcn  Aufsalz  wurde  darzulegen  vci-suclil,  was 
liLiitzula^ro  die  Ardiive  leisten  könnten  und  wie  der  Archivdienst 
einzurichten  sei,  um  so  viel  leisten  zu  können.  Erwünscht  ist  es, 
auch  anilere  Ansichten  zu  hören,  sofern  sie  nur  ein  wenig  sich  auf 
praktische  Erfahrungen  stützen. 

Es  ist  aber  für  die  hier  vertretene  Auflassung  der  Sache  gleich- 
sam die  praktische  Probe  zu  Ifefem,  indem  das  Archiirweaen  Bayerns 
geschildert  wird.  Die  GrundzOge  sowohl  der  Organisation  als  der 
ArchiTafienordnmig  landen  sich  vor,  als  der  jetzige  ReichsarchiT- 
direkter  am  9.  Mai  1864  die  Leitung  des  ReichsarcfaiTs  und  der  acht 
Kreisarchtre  COmmahm.  Seitdem  hat  sldi  im  Einzefaien  Vieles  ver- 
ändert, nicht  dme  Mühen  und  Arbeit,  hofifentlieh  jedoch  überall  zum 
Bessern,  wenn  auch  noch  Manches,  ach  noch  recht  A'ieles  fehlt.  Die 
Fortschritte  aber  sind  —  ausser  dem  redlichen  Mithelfen  der  Archiv- 
bcaniten,  namentlich  auch  der  jüngeren  Kräfte,  —  der  allerhöchsten 
Gnade  Sr.  Majestät  Ludwig  IT.,  welcher  auch  dem  Archivwesen  huld- 
vollste Aufmerksamkeit  zuwandte,  und  der  erieuchtelon  Fürsorge  und 
Liberalität  des  .Staatsministeriums  des  Innern  zu  verdanken.  Sechs 
Minister  und  sechs  Archiv-Ueferenten  fül|.'ten  sich  in  den  zwölf  Jahren 
einander:  jedoch  beinahe  wechsellos  von  Allen  auf  das  Wohlwollendste 
unterstützt,  gelang  es,  mancher  Schwierigkeiten  ganz  allmäiilig  Herr 
zu  werden. 

Nach  Hinblick  auf  Entstehung  und  Ausbildung  der  baye- 
rischen Archive  ist  nun  zun&chst  deren  äussere  Einrichtung, 
dann  die  Thfttigkeit  in  den  Hauptzweigen  des  Dienstes,  darauf  der 


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76 


Löher: 


Geschäftsgang  im  AUgcmeiiien,  endlicli  die  Beslreiiung  der  Kosten 
zu  erOiiem. 

Die  öffentliche  Darlegung  wird  das  Reicbsarchiv  auch  von  einer 
Arbeü  befreien.  Wiederholt  hatte  dasselbe  im  letzten  Jahrzehnt  auf 
den  Wunsch  fremder  Regierungen  und  Archivare  seine  Organisation 
bis  in's  Einzdne  hin  zu  zeigen  und  zu  bescbreibcEn.  Künftig  wird 
man  dafOr  auf  diese  Bogen  verweisen  dürfen.  Die  vcrclirtcn  Kollegen 
aber,  denen  jene  frühere  Arbeit  über  den  G(>gcnstand  zug^jangen 
ist,  mögen  dazu  aus  dem  Folgenden  noch  nähere  £igänzungen  ent- 
nehmen. 

Willkommen  IrilTt  mit  dieser  Darslellun^'  der  bayeriscliiMi  Eiii- 
richliingcn  die  der  neuen  italienischen  zitsiuiiinrii,  welclu'  der  nikli.st- 
folgcndc  Aufsalz  bringt.  Das  Königreicli  Ilalioii  hat  sich,  wie  gesagl, 
zu  dem  Entscliluss  erliolwn,  sein  gesanimtes  Archivwesen  von  Grund 
aus  neu  zu  ordnen.  Diese  Organisation  ging  freischaffi'nd,  unter  Be- 
nützung des  Besten  aus  andern  Liindtm,  durch  die  htxlistcn  Uc- 
gierungsgcwaltm  vor  sich,  wahrend  man  in  einem  altgefuglen  Atdüv- 
wesen  häufig  mit  den  Fesscbi  und  Anschauungen  eben  des  Alten  zu 
kämpfen  hat. 

L  GeMhlchWeher  RIciibnciL 

1.  Würdigung  drr  Urkuinlcn  iin  Millelalter. 

Die  flescliiclilo  der  Arcliivc  im  Königreich  Bayern  ')  und  ihrer 
Vorstände  wird  einmal  anziehende  Blätter  zur  Archivalisclicn  Zeit- 
schrifl  liefern,  belehrend  in  mehr  als  einer  Hinsicht  Hier  soll  nur 

• 

')  Quolli-n  sind  die  Archivakton.  Zu  vgl.  Muffat  (innKlzflfro  zur  ällpm 
ftpscliiclilt'  iJor  liayori seilen  Ijainl<-sarcliiv<',  in  »li'ii  (Ji'l.  Aiizt'ijicii  ilcr  baycr.  Akail. 
d.  Wissciuicb.  Iti55  S.  Ö4— 100,  und  was  itci  MufTat  von  den  l'ublikatiuncn  in 
Krenn«r*8  bayerischen  Londtagsverhandlungen  und  Huyer^s  GeneraKensamm- 
hiu[:  autrczcipl  hl.  Ferner  Pölling' er  Sauiiiilunp  <ler  bayer.  Verordnungen  IX, 
116— i;i4.  Lülior  Beiträge  zur  (Jescli.  der  .lakoliäa  von  Hayern ,  2.  AMIi. 
Manchen  1865  ».  216,  232.  Uäulle,  Arrodenius,  im  Uberiiayer.  Archiv  XX.XIV, 
II  190  ff*  Stieve  «ur  Entstehung  der  Mteehener  Archive,  Alig.  Zcilung  1876 
Befl.  89.  T.  Freyberg  DenkwUrdigkeiten  des  Kanslers  v.  UnerU  mFreyberg*s 
Sammlung  liistor.  Scbriflon  und  l'rkunden,  Slutig.  und  Tüb.  1828  II  67  IT. 
V.  Horniayr  das  pmsse  öslorreich.  Ilausprivilegium  von  1156  und  das  Archiv- 
wescu  in  Bayern,  München  1832.  v.  Freyberg  die  künigi.  Archive  in  Bayern 
in  Goreman*s  fVden  Presse,  bel|^h-gennaiiiscbe  Blfttter,  BrOasel  1840  Nr.  18»  18. 
Friedemann  in  seiner  Zntschrift  flir  die  Archive  Deatsdilands  t  146fL,  Ober 


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Du  bayeriaehe  ArchiTwesen. 


77 


ganz  in  dor  Kürze  dor  Männer  und  Thatsachcn  gedacht  werden, 
denen  die  ausserordentliche  und  werth volle  Fülle  der  bayerischen 
Archive  und  die  Einrichtung  ilires  öflentlichen  Dienstes  zu  ver- 
danken. 

Da  steht  beständig  ün  Yordergnmde  der  edle  konservative  Sinn, 
der  bei  Ffiist  und  Volk  auf  der  sdiwfibisdi-bayerisdien  Hoehd)ene, 
wdehe  die  Voralpen  umlagert,  von  jeher  ebenso  einheimisch  war, 
wie  irgendwo  aitf  westfiUischer  Haide  oder  hn  Haischlande  der  Nord- 
see. Gleichwie  jener  staatsholde  Smn  der  bayerischen  Rechts*  und 
VeifiuBungageschichte  den  Charakter  des  Dauetsamen,  Stfttigai,  Un- 
unterbrochenen verieiht,  so  lässt  sich  auch  die  Gesdüchte  des  bayeri- 
schen Ärchiv\vescns  an  fortlaufender  Urkundenkette  bis  hoch  m*s 
Mittelalter  verfolgen. 

Nur  einige  Beispiele  davon.  Als  im  Jahr  1310  die  Söhne  Ludwig 
des  Strengen,  Rudolf  und  Ludwig,  Oljcrbayern  thcillen,  wurde  aus- 
drücklich festgesetzt:  »Wir  suln  auch  bald  unser  rat  und  unser 
sclireiber  mit  einander  heizzen  suchen  und  lesen  unser  hantfest,  die 
\vir  haben;  —  und  swaz  hantfest  ist,  die  zu  unser,  Ilertzog  Uudolfes, 
lail  und  laut  gcliürent,  die  sei  man  uns  antwurten;  swaz  aber  hant- 
fest  ist,  die  zu  unser,  Hertzog  Ludwigs,  tail  und  land  gehörrat,  die 
sol  man  uns  antwutten;  —  swaz  aber  ander  hantfest  sei,  nmb  daz 
ungetaflt  gut  und  die  uns  baiden  Stent  und  gemam  sint,  die  sullen 
wir  baid  mit  gemainen  rat  antwurten  an  die  stet,  da  wir  ir  bald 
gewaHieh  sintc  Fast  zu  gleicber  Zeit  beschk)ssen  die  Herzoge  von 
Niederbayem,  es  sollten  ihre  Handfesten  und  UrbarbOcher  zusammen 
gefordert  und  gebracht,  jeder  Streit  abee  auf  Grund  derselben  ent- 
schieden werden,  xlas  man  uns  aDm  geleich  davon  wart...,  das 
einen  als  recht  gcschech  sam  dem  andom.«  Aus  vier  Regierungs jähren 
Kaiser  Ludwigs  besitzen  wir  noch  seines  Kanzlers  Berthold  von  Tull- 
lin;:,'en  Kanzleibucli  mit  Einträgen  von  und  über  Urkunden,  die  der 
Kaiser  ausstellte  Sobald  Ober-  und  Niederbayern  wieder  vcriMnigt 
wurden,  brachte  man  sofort  da.s  ganze  bayerische  Archiv  zusammen 
und  legte  es  nieder  in  des  Herzogs  »Briefgewülb«  zu  München.  Bei 

das  Rdehnrchivgdilude.  Sehlieh tegroll  Ober  ArehlvTecbt  und  Arehiv» 
Wesen,  das.  S06  K  BOfamer  Untteltbacher  Regesten,  Stuttg.  1864,  Vorred«. 
Kaufmann  Einige  Worte  zur  h<"lipron  Würdigung  des  DpiilRclioti  An-liivwnscns, 
als  Manuskript  gedriirlil  1859.  (iacharJ  Hiie  visite  aux  archives  et  4  la 
bibliothfquo  royalcs  de  Munich,  Uruxelles  1864. 
0  Abgedruckt  bei  Oefele  I.  766-777. 


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78 


Löher; 


neuer  Thciliing  der  Lande  wurden  die  Archivalien  in  das  »gemeine 
licliriltniss«  zu  Strauliing  f^ebracht,  der  Herzog  zu  München  wie  der 
/AI  Laiid-siiul  halle  einen  Solilüssel  dazu :  brauchte  man  eine  Ur- 
kunde, so  Icanicn  RäÜic  beiderseits ,  ^-^enieinschafllich  sie  zu  holen 
und  wieder  zu  bringen.  Bef^'lanbi^'te  Abscbriflen  gab  man  immer 
gern,  die  Ursliuke  niclit  uhne  Veisiclierung,  dass  f^io  richtig  zurück 
kamen.  Bei  der  letzten  Landeslheilung  1514  wurde  festgesetzt,  alle 
Briefe  SalbQcher  und  Register  sollten  fortan  ungetrennt  bleiben,  so 
wie  sie  sich  in  der  Kanzlei  und  Rentstube  zu  Mfinchen  beisammen 
länden. 

2.  Eine  Arclii vinstruktion  im  16.  Jahrhundert  ' 

In  den  von  1550  an  auf  einander  folgenden  Herzogen  Albrecht  V. 
Williolm  V.  und  Ifaximilian  I.  begegnen  wir  ganz  besondcm  Freunden 

des  Arcliivwesens. 

Der  Zweite  erliess  beieit>;  am  16.  März  1586  eine  ausführ- 
liche Archivinstruktion,  welche  beginnt:  »Nachdem  wir  die  zeit  beer 
unserer  l  egierung  vilmals  zu  gemüet  gefürl,  darneben  oflerinals  von 
uiisern  l'ürntMnon  riillien  underthonig  und  Irenherzig  veiinonl  worden, 
das  wir  unser  fürstlich  archivum  als  den  furnenibslen  schätz  discs 
lands,  daran  uns  und  unsern  nachkommen  land  und  louten  nif  die 
minstc  wolfarl  gelegen,  in  höchster  achtung,  gucter  onhiung  und 
rcgistratur,  fümemblich  aber  in  sicherer  verwarung  halten,  und 
darob  sein  sollen,  damit  alle  desselben  vUfdtige  hochwichtige  an- 
sehenliche  Schriften  und  acte»,  wie  die  namen  haben  mögen  und 
bisheer  yederzeit  alda  verwart  haben,  vleissig  ersehen  und  in  ein 
guete  Ordnung  oder  registraiur,  und  sovU  muglidk  zu  nutz  gebracht 
wurden.c  In  zwdlf  Artikeln  wird  nun  dem  praefectus  archin  sein 
Amt  vorgezeichnet.  Er  soll  »das  archivum  embsig  besuchen,  die  ob- 
bemelten  schriflen  mit  vleis  durchlesen ,  dieselben  nach  Inhalt  der 
Kölner  und  Docior  Schwapachen  selig  registi'aturen  zusammen  rich- 
ten, —  dise  Schriften  aber,  welche  erst  nach  obbenanten  bayden 
rcgislrantcn  selig  in  unser  archivnm  komen,  auf  denselben  modum, 
oder  do  er  einen  bessern  wüste,  gleichsvals  registriren,  was  zu  ein- 
ander gehörig  zusammenriclitcn ,  ordenliciic  protocolla  und  indices 
darüber  machen,  —  item  was  er  in  solchen  sciuiflen  finden  wirdet, 
daraus  uns  und  unsern  nachkomcni,  int  weniger  auch  unserri  landen 
und  leulcn  yelzt  oder  künftig  nuU  gcschalVl  werden  mag,  vleissig 
und  vor  andern  sachen  notiem,  ime  solcher  punctcn  gewisse 


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Dis  bay«riiehe  AiditvireBni. 


7» 


momorialia  machon.«  Was  aus  dorn  Arciiiv  iiorau«gokommon ,  dorn 
soll  er  naclisj)üron  iiiul  es  cifrijj  wieder  herein  zu  hringen  sucheM; 
das  Ziisaniineiij:ehr»rige  wieder  /.iisanimeiifü^'en  :  vnn  d(>n  Urkunden, 
die  vor  Alters  zerfallen,  notarielle  Abschi'iften  besorgen;  in  jwlen 
Laden  ein  Verzeiehniss  des  Inhalts  legen.  Was  unncithiger  Weise 
in's  Archiv  gekouuuen,  soll  er  wieder  heraus  und  dorthin  sciialTen, 
wohin  es  gehört,  —  dagegen  was  vor  dem  Briefgewölbe  und  in  der 
innern  KaiuEMube  sich  In  Kasten  Truhen  Laden  StedUi  noch  in 
grosser  Menge  vorhanden,  bä  erster  Gelegenheit  durchsehen  und  das 
P&ssende  im  Archiv  hinterlegen.  Wenn  in  die  Residenz  oder  in  die 
Kanzleien  oder  zu  den  fürstlichen  Rathen  in  ihre  Hauser  ArchiValien 
verlangt  werden,  so  soll  der  Archivar  niSgliehst  Kopien  statt  der 
Originale  geben,  das  Ausgeliehene  aber  sorgföltig  notiren  und  zu 
gesetzter  Zeit  zurückfordern.  Vier  Jahr  später  erhielt  dieser  Artikel 
einen  Nachtrag:  Kanzler  und  Räthe,  die  ein  Stück  aus  dem  Archive 
entliehen,  sollen  eine  Beschreibung  desselben  mit  eigener  Hand  als 
Empfangschein  unterzeichnen.  Endlich  soll  der  Archivpräft^kt  jeden 
Monat  über  seine  Thätigkeit  Bericht  erstalten  und  dabei  anzeigen, 
sowohl  wo  etwas  fehle,  als  was  er  durch  sein  flcissiges  Nariispür(>n 
in  Scliriflen  gefunden,  das  vielleicht  einer  Herathschlagung  oder  Nach- 
gedenkens würdig  und  für  die  Prozesse  und  (Jerechtigkeilen  und  das 
Kamnicrgut  des  fürstlichen  Herrn  nützlich  zu  verwcrtlien  sei. 

3.  A e u s s e r e s  und  inneres  A r c Iii v. 

Das  herzogliche  Archiv  stand  früher  unter  dem  Protonotar  oder 
Kanzler,  welcher  alles  Schreibwesen  der  Regierung  des  Fürsten  be- 
sorgte und  in  der  Regel  auch  einer  der  Räthe  des  Fürsten  war, 
w<'l(  lio  später  den  (  Jeheiinen  Math,  d.  i.  das  eigentliche  Ministerium, 
bilileten.  Als  sich  bei  Ausgang  des  Mittelalt(.'rs  aus  den  früher  ')  an- 
gegebenen Gründen  mehrere  oberste  Landesstelleii  l)ildeten,  bekam 
eine  jede  ihre  eigc^ne  Registratur.  In  München  waren  diese  höchsten 
Behörden  ausser  dem  Geheiraerath  der  Ilofrath,  die  Ilofkanimer, 
ui^  der  Kri^ratlk  Jetzt  .wurde  auch,  da  das  forstliche  Archiv 
mehr  und  mehr  anwuchs,  die  Fürsorge  fQr  dasselbe  einem  eigens 
dazu  angestellten  Beamten  fibergeben.  Jedoch  behielt,  wie  die  eben 
erwähnte  Instruktion  Wilhelm  V.  es  in  ihrem  ersten  Artikel  besagte, 

»)  Seite  4-G. 


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80 


Lßher: 


der  Geheime  Rath  und  Oberste  Kanzler  jeder  Zeit  primariam  in- 
spectionem. 

Es  hatte  sich  aber  seit  den  letzten  Zeiten  des  Mittelalters,  als 
bei  den  mäditigeren  deutsehen  Fürsten  die  aügenidne  Jagd  auf  die 
Besitzungen  der  kleinen  ReichsstSnde  begann,  eine  Menge  von  Man- 
daten Korrespondenzen  Prozessaklen  und  Verträgen  gehäuft,  die 

alle  die  unaufhörlichen  Streitigkeilen  und  Verhandlungen  mit  den 
Nachbarn  betrafen.  Diese  Archivalicnmasse,  welche  sich  sowohl  von 
den  Registraturen  der  obersten  Landesstellen  als  dem  fürstlichen 
Landesarchiv  abhob,  nannte  man  in  Bayern  das  äussere  Archiv, 
weil  sich  sein  Inhalt  auf  auswärtige  Angelegenheiten  bezog.  Im 
Gegensatz  dazu  erhielt  nun  das  bisherige  Archiv  den  Namen  inneres. 

Kurfürst  Maximilian  I.,  ein  guter  nauslialtcr,  wie  je  einer  auf 
fürstlichem  Throne  sass,  erliess  mitten  unter  den  Kämpfen  und  Sorgen 
der  letzten  Zeiten  des  drcissigjährigcn  Kriegs  am  10.  August  1G40 
eine  Instruktion,  welche  das  äussere  Archiv  mit  den  Registraturen 
der  vier  obersten  Landesstellmi  ans  efnandor  setzte.  Nadidem  kur- 
fOistliche  Durchlaucht,  heisst  es  zu  Eingang,  »em  zeithero  verspfirt, 
dass  bei  dero  hiesigen  registratum  und  sonderlich  bei  dem  äussern 
archiv  oftermalen  acta  und  schrflften,  ja  wohl  ganze  tomi,  daran 
Sr.  kurfürstl.  Durchl.  nicht  wenig  gelegen,  hin  und  wieder  veriegt, 
vertragen,  oder  wol  gar  verloren  worden ,  als  haben  Sie  auf  miti, 
wie  sowol  alles  wider  ZUWegen  gebracht  und  der  abgnng  ersezt,  als 
auch  inskonflig  besser  ordnimg  bei  den  registratum  und  vorab  bei 
dem  äussern  archiv  ze  halten  sein  niechte,  gedencken  ln?sen.« 

Allen  Regi>trntoren  soll  nun  von  ihren  Vorständen  schaiT  ein- 
^'«•ImtuItMi  werden,  jedes  ihrer  Scliriflstücke  wühl  zu  registriren,  und 
jede  Ausleihe  zu  verzeichnen  und  Ix'i  Zurückkunfl  zu  löschen.  In  den 
nächsten  drei  Wochen  aber  sollen  alle  und  jede  Rätlie  der  oh-rj^fen 
Stellen,  aber  auch  die  Regierungen  und  Rentnieister  im  Lande,  welche 
Reichs-  Kreis-  Deputations-  und  Munztags- Akten,  ebenso  Grenz-Land- 
achailssachen  und  Verträge  mit  den  benachbarten  Forsten  und  Ständen 
aus  dem  äussern  Archiv  oder  anderswoher  bekommen,  demselben  ein- 
liefern, damit  alles  eingeschrieben  werde.  Was  aber  an  dergleichen 
Schriften  und  Urkunden  neu  entsteht  oder  einläuft,  soll  von  all  jenen 
Stellen  und  Behörden  entweder  dem  ftusson  Archivar  sofort  zugestellt, 
oder  darüber,  wenn  man  ihrer  noch  bedarf,  jedes  Vierteljahr  ihm  ein 
Verzeichniss  vorgelegt  werden,  damit  er  Alles  wisse  und  verzeichne,  was 
in  sein  Archiv  gehöre.  Die  Originale  der  Schriftstücke  —  Abschriften 


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Dai  bayerische  Archivwesen. 


81 


daTon  können  die  Behörden  zurficklialtcn  —  soll  er,  soviel  mfiglich,  in 
festen  Bänden  vereinigai,  dabd  mit  dem  Innern  Ardilv  konespondiren, 
was  etwa  dorthin  abzugeben  oder  von  dort  noch  zu  entnehmen  sei. 
Der  Snssere  Archivar  soll  auch  ein  genaues  und  eingehendes  Repar- 
lorium  von  allen  Grcnzstroitigkeitssachen  bereit  halten,  damit  man 
bei  irgend  einem  Anlass  gleich  wisse,  welclic  Scliriltstücke  darüber 
handeln.  Verlangt  ein  Kollegium  oder  ein  Rath  Archivalien,  so  soll 
entweder  der  Rogistrator  oder  der  Ra(li  sel])st  einen  Empfangschein 
ausslollon,  jedes  Vierteljahr  aber  Mahnung  um  /ui  iU  kgabe  erfolj,'en. 
Dasselbe  soll  bei  allen  Registraturen  Stall  finden.  Stirbt  ein  Rath, 
der  Akten  hinter  sich  hat,  die  aus  dem  Ari  hiv  oder  der  Registratur 
stammen,  so  soll  auf  Grund  ihres  Ver/eiclinisses  danach  in  seiner 
Wohnung  gesucht  werden.  Endlich,  daniil  Alles  dies  wohl  beobachtet 
würde  und  nidit  wieder  Unordnung  aufkomiue,  so  sollte  zu  Anfang 
eines  jeden  Jahn  ans  jedem  EoQegiam  ein  Rath  za  einer  Kommis- 
sion zusammen  treten,  welehe  das  äussere  Archiv  visitiren  und  seinen 
Vorstand,  sowie  alle  Registratoren  Torfoidem  »und  zuredt  steilen 
sollen,  ob  und  was  gestalt  diser  Ordnung  nachgelebt  werde,  was  dem 
äussern  ardüTario  in  schrfiften  abgehe,  und  wie  sich  seine  und  der 
andern  registratoren  register  und  Yeizaichnusse,  die  sy  gegen  einander 
halten,  verglaichen,  was  aueh  selbiges  jähr  für  neue  grencz>  oder 
andere  sachen  einkommen,  und  ob  sy  eiiigeschriben  worden  oder 
nit  usw.  und  was  dergleichen  mehr  ist,  welches  sy  die  verordnete 
commissarv  gleich  alsbaldt  zu  verbeschaiden ,  und  wan  lx>i  ainem 
otler  mehr  sonder  mengl  und  unfloiss  befunden  werden  sollen,  das- 
selbig  gehörigen  orLlien  anzemeklen,  damit  mau  gegen  den  unlleissigcn 
die  wcuttere  notturft  fürnemen  möge.« 

Diese  Verordnung  wurtle  in  allen  Kollegien  zu  fleissiger  Obser- 
virung  und  Vollziehung  vorgelesen. 

i.  Qreitheilung  der  Archive. 

Zu  dem  inneren  Archive  nun,  welches  den  Kern  des  jetzigen 
geheimen  Hausarchivs,  und  zu  dem  äussern  Archiv,  wekfaes  den 
Kern  des  jetzigen  gefaeunen  Staatsarchivs  enthielt,  sah  man  sich 
anderthalb  hundert  Jahre  später  genöthigt,  em  drittes  als  das  eigent- 
licbe  Landesarchiv  hinzuzufügen.  Denn  Aktenmassen,  die  weder  zur 
Geschidite  des  kurfürstlichen  Hauses,  noch  zu  den  au^wärligen  Be- 
ziehungen gehörten,  vielmehr  die  Landesregierung  selbst  darstellten, 
waren  bei  allen  Stellen  und  Behörden  angeschwollen,  und  doch  ent- 

Arehivalitcho  Zeludirift.  L  0 


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82 


Löher: 


hielten  sie  noch  so  viel  Werthvolics,  dass  man  nicht  daran  denken 
durfte,  sie  zu  Temiditen.  Also  erging  am  26.  Juni  1799  eine  Ver- 
ordnung, welche  die  Errichtung  eines  geheimen  Landesarchivs  befahl, 
Inhalt  und  Rechte  der  drei  Archive  abgrenzte,  und  dabei  zwei  für 
das  gesammte  Arehivwesen  ebenso  heilsame  als  durchgreifende  Grand- 
sätze aussprach. 

Es  sollten  nämlich  nach  Artikel  I  nicht  bloss  alle  Archive, 
sondern  auch  dio  Registraturen  in  den  drei  HauptbeliäUnissGn  ver- 
einigt werden.  Daniii  war  erklärt :  dass  man  Alles  und  Jedes,  was 
zum  laufenden  Dienst  nicht  mehr  nöthig,  wohl  aber  noch  nuf- 
bewahrungswerlh  sei,  archivalisch  sammeln  ordnen  und  verwalten 
solle. 

E«:  wurden  ferin^r  tür  jedes  Archiv  zwei  Archivare  eniMiinl  und 
im  Ai  tikcl  V  gesagt:  Diesp  sollton  »die  Landesdireklionen  und  übrigen 
OlxMlaiidesverualtuiig.sstellen  zwar  nicht  ordciillich  frc(|uentiren ,  je- 
doch im  erforderlichen  Falle,  und  wenn  es  diese  Kollegien  für  nöthig 
finden,  können  dieselben  bcigozogen  werden,  in  welchem  Falle  ihnen 
in  den  Sitzungszimmern  ein  angemessener  Platz  anzuweisen  ist.« 
Dadurch  war  mit  dem  alten  H^kommen  gebrochen,  nach  welchem 
die  Archivare  zugleich  als  Räthe  und  Sekretäre  bei  irgend  einer 
Hof-  odw  Regierungsstelle  arbeitete.  Sie  wurden  jetzt  lediglich  auf 
Uircn  Archivdienst  angewiesen,  und  das  war  um  so  nothiger,  als 
dieser  altein  schon  die  beste  Zeit  und  Kraft  eines  Mannes  in  Anspruch 
nimmt,  während  bei  den  vielfachen  Unannehmlichkeiten  gerade  des 
Archivdienstes  in  jedem  andern  Staatsamte,  das  der  Archivnr  eben- 
falls vollständig  bekleiden  soll,  eine  grosse  Versuchung  liegt,  vom 
Arcliive  abzuschweifen. 

Im  Hausarchiv  sollte  man  nun  hinlcrlet,'en 
»alle  Länderlhcilungsbriefe,  Krbvorträgr,  lleirathspaklen,  Testa- 
mente, Verzichte,  Wittumssachen,  Appanagon,  Venia  adalis. 
Kaiserliche  l'rivilegien  Unscrs  Hauses,  Allodiiil-Vcrlassensi  liafls- 
Verhandlungen ,   Regierungsrcsigna lions-  und  Antritlssui  In  n, 
Trauerfalle,  Geburtsfeierlichkeiten  und  Taufpathsachen,  Fürst- 
Kcbe  und  Familien-Begräbnissgegenstftnde,  Fiddkommisssacfaen, 
Erbverbrüderungen ,  Reichs-  Erz-  und  Erbämter,  FamiUen- 
korrespondenzen,  natürliche  Kinder,  Ritterorden-  und  Provinzial- 
Erb&mter  befareffende  Urkunden  und  Akten.€ 
Fflr  das  Staatsarchiv  wurden  bestimmt 
»alle  NegQziatk>nen  und  Traktaten  mit  den  europaischen  Poten- 


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Du  bajeriadie  Arebivwflseo. 


83 


taten  und  Republiken,  Allianzen,  gofülirle  Kriege,  Subsidien, 
Ansprüche,  dio  Vcrhältnisfse  mit  dini  päpstlichen  Stuhl  und 
das  Nuntiaturwesen  botrofTondon  Aklon,  dann  dio  Rcichstags- 
sachen,    die    Rcichsgeso(/o ,   Heichsfiiodens-Handlungon  und 
Sdilüssp,  dio  Rei('hsdo})ulali()nssa(  hon,  die  Kaiserwabi,  Kntnung  • 
und  Wahl- Kaj)itnlatinn-s-Vorbandlungen ,  dio  Kurfui'sU'ntage, 
Kreissachon,  alle  Krtnsläge,  Kreisexekutionen,  Kauinu  igi'iiclils- 
präsentalionen;  Rcichsmatrikulanvcsen ,  Reichskontingente  und 
Römennonate,  die  Kammergerichtlichai  Gegenstände,  als  Vid- 
tationen,  Kammerzieler,  Kurpr&sentationen,  Ansteflung  der 
Prokuratoren  und  Agenten,  die  ReichshofrätUichen  Angelegen- 
heiten, als  Reichslehen-Empfibngniss,  Relerien  und  dergleichen, 
wegen  Eonneuon  der  Sachen  auch  das  ganze  böhmisdie  Lehen- 
wesen, dann  das  aktive  und  passive  Gesandtschaftswesen.« 
bi  das  Landesarchiv  kommen 
»dio  Ankunftstilel  der  Graf-  und  Herrschafion  oder  Landge- 
richten, die  dazu  gehörigen  Saal-  und  Lagorbücher,  die  Grenz- 
besclireibungen ,  die  Regalien  als  Mauth-  Borgwork-  l'nigeld- 
Mustorung-  Wildlangsreclite ,  päbstlichc  Monaton,  Panisbriefe, 
Rechte  der  ersten  Bitte,  Jagdregalion,  hohes  Forstroclit,  Forst- 
ordnung, Froigoldor,  Landschaflssachon,  Privilegien  der  Stände, 
Landt.itrsakten,  Postulatshandlungen,  Steuersaclien.  Jurisdiktio- 
nalien, iioiuiarks-,  Dorfgericht-,  Kdelsil/.e-,  Kdeluuums-,  Frei- 
heits-Konzessionen der  Stände  und  Landsassen,  die  Munizi- 
palftttssadien  und  Privilegien  der  Städte  und  Iffirkte,  die 
Besitzungen  des  geisUichen  Standes,  Landesklfister  und  Stif- 
tungen, die  Privilegien  und  Uikunden  des  Bauemstandes,  die 
Lehensachen,  Lehenskatasler,  Lehenbriefe,  Ritter>Pferdsakten, 
die  Landes-  Güter-  und  Volkslieschreibungen,  die  Verhältnisse 
mit  den  angrenzenden  und  allen  iibrigen  deutschen  Staaten, 
soweit  sie  aus  der  Nachbarschaft  entspringen  und  von  dem 
Lande  selbst  honrühren,  c 

Die  Dreitheilung  von  1799  bildet  noch  jetzt  die  Grundlage :  jedoch 
hat  sich,  wahrend  Hau?-  und  Staatsarchiv  blieben  was  sie  waren, 
das  geheime  Landesarchiv  zum  alltn  inoinon  Reichsarcliiv  i  iwcitert 
und  zu  gleicher  Zeit  seine  Gliederung  und  Wirksamkeit  über  das 
ganze  Land  au^;cdchnt. 


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84 


L5lier; 


6.,  Ausgezeichnete  Archivare. 

Bei  soviel  Fiirsort,'!',  wcldic  die  Fürsten  persönlich  tloii  Archiven 
widmeten,  erble  sich  von  Altei's  her  ein  grosser  Schatz  von  Urkunden 
•  Amtsbächcm  und  Akten  fort,  der  —  vorfibergehendc  Unglfickszcitcn 
abgerechnet  —  treulich  t)ewahrt  und  beständig  vermehrt  wurde. 
Dabei  aber  hatten  die  Archive  das  Glück,  eine  Reihe  von  bedeuten- 
den  Männern  an  Ihrer  Sjulze  zu  sehen. 

Schon  im  fünfzehnten  Jahrtiundert  waren  die  Urkunden  des 
Briefgewölbes,  das  sich  unter  des  Kanzlers  Aufsicht  befand,  von  den 
Archivaren  systematisch  in  Schreinen  und  Schiebladcn  einfrcllieill. 
Auf  die  Rüclv?:(Mto  schrieben  sie  ein  kurzes  Regest,  um  jedes  Stück, 
aucli  ohne  das  Perp:anienl  zu  entfalten ,  gleich  finden  zu  können. 
In  den  ersten  Jahr/.ehntcn  des  folgenden  Jahrhunderts  verfasslo  der 
Sekretär  Augustin  Kölner  ein  fortlaufendes  Regesfen-  und  T'rkundcn- 
werk,  dessen  einer  Theil  noch  im  siebzehnten  .lalirliunderl  gednu  kt 
wurde,  das  erste  Werk  dieser  Art  in  Deutsdiland.  Es  sind  clio 
»brieflichen  Urkunden,  soviel  derselben  im  Gewölb  zu  München  vor- 
handen, die  viel  Jahr  verlegen,  in  dieses  Buch  durch  Augustin 
Khdbier,  Ihrer  fOrstlichoi  Gnaden  alten  Sekretären,  zum  Theil  sum- 
marie  und  zum  Theil  von  Wort  zu  Wort  registrirt  und  in  bessere 
riditige  Ordnung  nach  den  Jahrzahlen  Christi,  m  jedes  Fürsten  Re- 
gierung nach  einander  ausgangen,  gebracht  worden.«  Ausser  dieser 
merkwürdigen  Druckschrifl ,  die  jedoch  ohne  Jahreszahl  und  Druck- 
ort erschien  und  wohl  nicht  für  die  Oeffesitlichkeit  bestimmt  war, 
ist  von  Kölner  im  R(Neli-archiv  noch  eine  hnndsi  briftliche  »Archiv- 
besclu'eibung«,  worin  er  für  beide  »Briefgewölbe«  Lade  für  Lade  den 
Inhalt  der  Urkunden,  welche  darin  lagen,  theils  kurz  theils  ausführ- 
lich angiebt. 

Als  Herzog  Albrecht  V.  1 5  75  fand,  das-  >  im  Brief-nnd  Kanzleigewölh 
die  darin  verwahrten  geheimen  >a(lu>n  uiul  Ijrieflichen  Urkunden  etwas 
in  Unordnung  und  Zerrüttung  kommen <  ,  wandte  er  si(  b  an  seinen 
früheren  Archivar,  dem  gelehrten  Krasmus  Venl.  Dieser  hatte  in- 
zwischen die  bedeutende  Stelle  eines  herzoglichen  Ratlis  und  Kast- 
ners —  auch  KÜnef  war  bei  seinem  Tode  lö49  Grosszollner  in 
München  —  erworben,  und  vertrat  auf  Reisen  bei  dem  Fürsten 
Kanzlers  Stelle.  Der  Herzog  begehrte:  er  solle  sich  des  Rentamts 
ganz  entscfalagen  und  nach  seinem  besten  Fleiss  und  Verstandniss 
das  Archiv  in  gute  Ordnung  und  Richtigkeit  bringen  und  registriren, 


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Diu  bayerische  ArebiYwesen. 


85 


und  sich  dann  durch  keinen  Besuch  von  Rällieii  oder  Koiinnis.sionen 
liindern  lassen,  es  ?ei  denn,  der  Fürst  bofelile  ihm  in  ei|jener  Person 
etwas  Anderes  zu  verrichten.  Dafür  bewilligte  er  ihm  Unabsetzbar- 
keit  und  ansehnliche  Besoldung  auf  Lebenszeit 

Von  Kölner  und  seinm  Nachfolger,  dem  Doktor  Schwapach, 
woide  das  Archiv  nach  einem  festen  System  geordnet,  und  dieses 
musste  noch  i)ir  Nachfolger,  Doktor  Galling,  zu  Grunde  I^n, 
welchem  Wilhebn  neben  seinem  Rathsdienst  1586  die  ArchivprSfek- 
iur  (ibertrug  und  zwei  Archivschreiber  zur  Hälfe  beigab.  Ein  neues 
Regestenwerk  verfasste  der  aus  dem  Jesuitenorden  dimittirte  A ro- 
den ins,  welcher  noch  von  Ilor/.op:  Wilhelm  IV.  berufen  war,  um 
Avenlins  Geschichte  für  den  damals  am  Hofe  herrschenden  Geschmack 
mundgerechter  zu  machen,  und  es  dahin  zu  bringen  wusste,  dass  er 
Archivar  wurde.  Dieses  sein  Amt  endigte  schon  1594,  aber  aus  den 
wenigen  Jahren  dessolboM  riihivn  ausser  dem  Archivum  Monaconso, 
einer  Beschreibung  ganzen  Archivs,  seine  vier  Bände  Rc^rislra- 
tura  sumniaria  lier,  von  welchen  ilie  ersten  drei  aurli  mit  einem 
Index  versehen  sind.  Beidf>  hanilschriftliche  Werke  sind  noch  vor- 
handen. Arodenius  Nachfolger  war  Doktor  Gewold,  der  vielschrei- 
bende Genealog  und  Historiker,  Maximilian  I.  vertrauter  Geheim- 
sekretär, welcher  fast  ein  Menschenalter  hindurch  das  Amt  bekleidete. 
Seine,  wie  seines  Vorgängers  rechte  Hand  bei  dem  Ordnen  des  Archivs 
war  der  flelssige  Lieb,  der  auch  vier  Bände  handschriftlicher  Nach- 
träge zu  Hundts  bekanntem  genealogischen  Werke  hinterliess. 

Unter  den  späteien  Ardiivaren  shid  hmorzuheben  Adlzreiter 
von  Tettenwciss,  dn  ausgezeichneter  Jurist,  der  von  lß38  bis  1662 
geheimer  Ardiivar,  die  letzten  zwölf  Jahre  auch  Gelmer  Kanzler 
war,  —  sodann  v.  Unertl,  1696  geh.  Archivar,  der  »auch  in  An- 
sehung der  von  demselben  mit  dem  Arcliiv  vorgehabt  öftere  Mani- 
pulation und  der  daraus  gezogenen  nicht  gemeinen  Wissenschaft  der 
Secret  und  Archivalien«  1726  ebenfalls  zum  wirklidien  (!eh.  Kanzler 
ernannt  wurde,  —  Aettenkiiofer.  der  1731  Archivadjunkt  wurde,  und 
von  seiner  länger  als  ein  Mensciienaltor  dauernden  Thäligkeit  Spuren 
genug  im  Archiv  zurückliess,  —  endlich  Lori,  der  geistvolle  und 
freisinnige  Mann,  der,  seit  1764  Archivar,  vier  Jahre  später  auch  den 
Rang  eines  Geh.  Raths,  wie  alle  bayerischen  Archivare  vor  Ihm,  erhielt. 
In  unserm  Jahrhundert  aber  haben  sich  von  fünf  Reichsarchiv- 
direktoren vier  auch  durch  historische  und  andere  Schriften  wohl- 
bekannt gemacht,  Ritter  von  Lang,  die  Freiherren  von  Freyberg 


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86 


Löber: 


und  Hormayr,  und  v.  Rudhart»  denen  der  Direktor  des  Geh.  Haus- 
und StaatsarchiTs,  Frfar.     Are t in,  zuzuzählen. 

Nicht  vergessen  aber  darf  man  die  ÄrcbiTare,  welche  Uricunden- 
schätze,  die  erst  durch  die  Säkukrisitung  und  Mediatisirung  m  die 
bayerischen  Archive  kamen,  m  Ordnung  brachten.  Besitzen  wir  doch 
selbst  schon  aus  Karolingerzett  das  kostbare  Freisinger  Urlcunden- 
werk  cUs  Kozroh!  Weiss  doch  fast  jedes  grössere  alte  Archiv  auf 
bayerischem  Gebielc  hochverdiente  Vorstände  zu  nennen,  wie  Schätzel 
zu  Würzburg,  Strebe!  zu  Biunlxrg,  C4onrad  zu  Passau,  Zirn- 
giebl  und  Gmain  er  zu  Regensburg.  Und  welche  Männer  hätten 
sich  um  die  archivalische  Wissenschaft  im  vorigen  Jiilirhunderl  ver- 
dienter gemachl ,  als  der  Plasscnburger  Spiess,  der  Würzburger 
Fries,  der  Z\veiljrüci(er  Baclimann? 

E.s  war  ganz  natürlich,  dass  auf  bayerischem  I3oden  ^ich  so 
früh  und  ergiebig  Lust  und  Fleiss  kundgab,  die  alten  IVrgainonte 
neuzubclebcn.  An  die  iiistorisdien  Werke  von  Hundt  undMeichel- 
bcck,  an  die  Urkundeu-Editionen  von  Pez  und  Ocfclc,  schlössen 
sich  alsbald  die  Honumenta  boica,  die  seit  1763  durch  das  Ver^ 
dienst  der  Ältesten  Mitglieder  der  Akademie  der  Wissenschaften  be- 
gründet und  vom  33^  Bande  bis  zum  42.  an  durch  die  Rdchsaichiv- 
beamten  Wittmann,  Muffat,  Rockinger  weiter  geführt  wurden, 
—  die  Regesta  Boica,  die  in  13  Bänden  durch  die  Reiclisarchiv- 
vorstände  Lang,  Freyberg,  Rudhart,  —  endlicli  die  Quellen 
und  Erörterungen  zur  bayerisclien  und  deutschen  Gescliichte, 
die  in  10  Bänden  aus  den  Münchener  Archiven  und  Bibliotheken 
von  deren  Beamten  Quellenschriften  brachten. 

Ii.  Raichtarohiv  mit  Kreisardilvan. 

1.  N«i]er  ArchiTalien>Brwerb. 

Mit  den  sükularisirlen  und  uiediatisirlen  Ländern  Städten  und 
Klöstern  gingen  an  die  Krone  Bayern  zaldreiche  Archive  über,  und 
gerade  diese  Archive  gehörten  zu  den  ältesten  reichsten  und  wohl< 
geordnetsten  in  Deutschland. 

Da  waren  die  Archive  von  Reichsstädten  wie  Augsburg,  Nüm- 
lierg,  Regensborgi  Uhn,  Nördfingen,  Rothenburg,  Weissenburg,  Winds- 
heim, Lindau,  Memmingen,  Kempten,  Kaufbeuem,  —  von  geistlichen 
Fflrstenthfimem,  wie  Augsburg,  Regensburg,  Passau,  Freyung, 
Chiemsee,  Eichstädt,  Bamberg,  WQrzbuig,  Speyer,  Kempten,  Bercfates- 


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Das  bayeriächc  Archivwesen.  g7 

gsden  und  Salzburg,  —  von  weltlichen  Färstenthdmern  wie  An»* 
badi,  Bayrcutli,  Kulmbadi,  Asehaffenburg,  Kurpfalz,  Zweibrficken, 
Neoburg  und  Sulzbach,  Burgau,  Oettingen,  Mtmtfort,  Leuchtenberg, 
Reichslandvogtei  in  Schwaben,  —  femer  die  Ritterschailen ,  der 
Deutschorden,  Malteserorden,  Jesuitenorden,  —  endlich  die  grosse 
Menge  der  Reichsdtifker  und  CSiorstifter  Abtäen  Klöster  und 
Karthansen. 

Wie  umfassend  schon  in  der  Kloslerpnippo  der  Erwerb  war, 
m^e  eine  blosse  Aufzählung  der  Namen  bekunden,  die  im  Rcichs- 
archiv  mehr  oder  weniger  vertreten  sind:  Al)en.sberg:,  Adelberg,  Adlers- 
IxTf»  oder  Arlesberg,  Ahausen,  Aldersbach,  Allenliolienau,  Altenötling 
(Cliorstift,  Franziskaner,  Jesuiten),  Altmünster,  Amberg  (Franziskaner, 
Jesuiten,  Paulaner,  Salesianerinnen),  Andechs,  Anhausen,  Argcnhart, 
Aspach,  Attel,  Au,  Augsburg  (St,  Katharina,  Kunneliler,  Dominikaner, 
St.  Georg,  St.  CJcrtrud,  hl.  Kreuz,  St.  Moriz,  St.  Peter.  St.  Stci>ban, 
Maria  Stern,  St.  Ulrich  und  Afra,  St.  Ursula,  St.  Anna,  Jesuiten), 
Bauniburg,  Bebenhausen,  Beuerberg,  Beiliarling,  Bcilngries,  Benedikt- 
beuern, Berchtesgaden,  Bernried,  Beuern,  Biburg  (Benediktiner, 
Jesuiten),  BDdenreutb,  Bkubenem,  Burgau,  Burghausen,  Cham, 
Ghieoisee  (Herrn-  und  FVauen-Cihienisee),  Deggingen,  IKessen,  DielAirt, 
Dietfam8zel],I)iUingen  (Dominikanerinnen,  Franziskanerinnen,  Jesuiten), 
Dingolfing,  Donanwarth,  Dinkdsbühl,  Ebersberg  (Benediktiner,  Je- 
suiten), Echenbrunn,  Eggenfelden,  Eichstadt  (ßL  Willibald,  St  Wal- 
bnrg,  Dominikaner,  Jesuiten),  Elchingen,  Elsbethenzell,  Ensdorf,  Ettal, 
Formbach,  Frauenzell,  Freising  (St.  Andrä,  St.  Johann,  Pauliner, 
St.  Veit,  Franziskaner),  Freistadt,  Fürstenfeld,  Fürstenzell,  Füssen, 
Fultenbach,  Gars,  Geissenfeld,  St.  Georgenlxirg,  Gnadenberg, 
Gottszell,  Grönenbach,  Gutelsfein,  Gutlenzell,  Habacli,  Ilerrieden, 
Ilcrwärtingen ,  lliuniielsthrün,  Ililpoltstein,  Höglwörth,  Ilohenwarlh, 
Holzen,  Ulmünster,  Indersdorf,  higolstadt  (Augustiner,  Franziskaner, 
Gnadenthal,  Jesuiten),  Innsbruck,  Irrsee,  Isen,  Kaiserheini,  Kastl, 
Kaufbeuern,  Kelheim,  Kemnatli,  Kirchheim,  Königsbrunn,  König.s- 
hofen,  Kreuzlingen,  Kulibacb,  Landau,  Landsberg  (Jesuiten,  Ureu- 
linerinnen),  Landshut  (Chorstift,  Dominikaner,  Franziskaner,  hl.  Kreuz, 
Jesuiten),  Langenau,  Lauingen  (Augustiner,  St.  Agnes),  Lenzfried 
(Franziskaner  und  Franziskanerinnen),  Lichtenstein,  Lierzheim,  Lindau 
(fitrstl.  Frauenstift,  Baifiasser),  Maliersdorf,  St  Mang  (m  Stadt  am 
Hofy,  Mannsee  (Mondsee),  Mariaburg,  Marchtall,  Maria  Maiungen, 
Mariastein,  Matsee,  Mattigkofen,  Medingto,  Hedlmgen,  Memmingen 


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88 


Löher: 


(Aiigusliiier,  Kreuzlierrn,  Maria  Garten),  Metten,  Michell^ouern, 
Micheirddon ,  Mindcllicim ,  Monheim,  Moosborg,  Ufihldorf,  Mün- 
chen (Ghorstlft,  Anger,  AugusUncr,  Bannherzige  Brüder  und 
Schwestern,  am  Lilienberg,  englische  Mulein,  Franziskaner,  zum 
Bitrich,  Ridlerfirauen,  Hieronymitaner,  Jesuiten,  Earmeliten,  Kanne- 
litinnen,  Minoriten,  Paulaner  (BasOier),  Salesianerinnen,  Senriten, 
Theatiner),  Münchsmfinster,  Hurhart,  Meresfaeim,  Neubuig  (St  Peter, 
barmherzige  Brüder,  Benediktinerinnen,  Franziskaner,  Jesuiten, 
Karmeliton,  Kamiolitinncn),  Noukirchcn,  Neuwettingen,  Neustadl 
a.  d.  Aisch,  Neustift,  St.  Nicola,  Niederaltoich,  Niedernburg, 
Niederscliöncfold,  NiodeiTiclibacli,  Oboraltoirh,  Oborfjchönofekl,  Oster- 
hofen, Sl.  Oswnld ,  Ottobenern,  Pilring,  PättpiKlorf,  Passau  fl'Vanzis- 
kaner,  Jesuiten,  Kai)U/.iner)^  Petersberg  (oder  Matron),  PfanV'tiliofeii, 
Pfanenmünster,  Pfarrkirchen,  Pfreimt,  Piolonhofen,  l^lanksteltcn, 
Polling,  Priel,  Prüfening,  Raitenhaslach,  Ratiisau,  Ransliofen,  Rallen- 
Im'I-^'-,  Rebdorf,  Regen>burp  (St.  Emmeram,  Xie<lermiin>ter.  Ober- 
niünsler.  Alte  Kapelle,  St.  Paul,  Augustiner,  Dominikaner,  hl.  Kreuz, 
St.  Clara,  Franziskaner,  Karmeliten,  Minoriten,  St.  Jakob  [Schotten J), 
Reichenau,  Reichenbach,  Reichersberg,  Reitberg,  Rincbnach,  Roggen- 
burg, Rohr,  Roth,  Rattenbuch,  Sahnansweiler,  St  Salvator  (Prämon- 
stratenser).  St  Salvator  (Augustiner),  Schamhaupten,  Scheuem, 
Sclilehdorf,  Schliersee,  ScfaäfUam,  Schönthal,  Schrägau,  Schrobcn- 
hausen,  Schussenried,  Schwarzhofen,  Seemanshausen,  Seligenthal, 
Seeon,  Söflingen,  Solenhofen,  Speinshart,  Stadt  am  Hof  (Franzis- 
kaner), Steingaden,  Sfranliing  (St.  Jakob,  Franziskaner,  Jesuiten, 
Karmeliten),  Suben,  Sulzbach,  Sunenbmg,  Tegernsee,  Thierhauplen, 
Tölz,  Türkhoim,  Urfahrn,  Sl.  Veit,  Vilshofon,  Vohburg,  Walderbach, 
Waldsa>scn,  Weinrn,  Weilienstephan.  Weilheim.  Weingarten,  Weiden, 
Weltenburg,  Wessobrunn,  We>(erwinkl,  Wettenliausen ,  Wiblinp'en, 
AVilten,  Wilzburg,  Winsberg,  Wörishofen,  St  Woifgang,  Zeilhofen, 
St  Zeno,  Zimmern,  Zwifalten. 

Ausserdem  sind  im  Reichsarchiv  noch  Urkunden,  jedoeh  in  der 
Regel  nur  ältere,  von  folgenden  Karthausen  Klöstern  Ghorstifteru  und 
Reichsstiftern  voriianden : 

Zur  Alben,  Amorbach,  Anhausen,  Ansbach,  Aschafifenburg, 
Aschfeld,  Aura,  Bamberg  (Karmeliten,  Dominikaner,  St  Getreu, 
Franziskaner,  St.  Gangolf,  Heiliggrab,  St  Jakob,  St  Klara,  St.  Stephan, 
St  Theodor),  Banz,  Berg  bei  Worms,  Bergen,  BikUiausen,  Birkach, 
Birkenfeld,  Birklhigen,  Bleidenstadt,  Brixen,  Brombach,  Ghristgarten, 


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Das  bayerische  Arcbivwewn.  89 

St.  Klara  bei  S|K>yor,  Disilnadeiiberg ,  Donnorsijcrg,  Khtucli .  Ep:or 
(St.  Klara),  Elhvarifron,  Engelj^arton,  Enfrelthal,  Enkenbach,  Eiisst  rs- 
Ihal,  Feucblvvangcn,  Forchheiin,  Frankenliml,  Frankfurt  a..M.,  Frauen- 
aurach, Frauenroth,  Frauenthal,  Fulda,  Gengenbach,  St.  Goar, 
Gottweicb,  Gründlacbf  zum  Hani  bei  Bolanden,  Hailsbronn,  HaHsbruck, 
Hansen,  Heidenfeld,  Heidenheini,  Heidingsfeld,  Heiligenthal,  Hemmen- 
rode, Herdt,  Himmelqpforten,  Hof  (Karmeliten,  St.  Klara,  Fnuztskaner), 
Ifob,  Hornbach,  St  Johann  unter  Wildberg«  Kaiserslautem,  Kirch- 
berg, Kitiingen,  Kogowe,  Kombnrg,  Kulmbaehi  St  Lambrecht,  Lang- 
heim, Liebenau,  Limburg,  Lobenfeld,  Lorsch,  St  Magdalena  bei 
Wfirzburjr,  Maidlironn,  Marburghausen ,  Maricnstoin,  Marienlhal, 
Heran,  Michelsberg,  Mosbadi,  Münchaurach,  Münnerstadt,  Münster- 
dreisen, Neuenburg  bei  Heidelberg,  Neuenstadt,  Neunkirchen,  Neu- 
stadt a.  M.,  Neustadt  a.  d.  S.,  Nonnenmünster,  Nürnberg  (Augustiner, 
Karthäuser,  S(.  Katharina,  St.  Klara,  Doutscliorden,  Dominikaner, 
St.  Egidien,  Franzi>kaner),  Ober/ell,  Oetfingen  (Dnitschorden),  Otter- 
berg, Pillenreut,  Ramsen,  Uodenkirclien,  Rosenthal,  St.  Ruprechl-s- 
berg,  Rothenijurg  (Augustintn-,  Deutschorden,  Dominikaner,  Domini- 
kanerinnen, Franziskaner,  Johanniter),  Salzburg  (St.  Peter,  am  Non- 
berg),  Scbeftersheim,  Schlächtern,  Schlüsselau,  Schmalkalden,  Schönau, 
Schönthal,  Schwarzach,  Seligenpforten,  Seligenstadt,  Sonnenfeld,  Spalt, 
Speyer  (Geimansstift,  Guidoetift,  Heiliggrab,  St  Harx),  Steinach,  Sulz, 
Syoo,  Tettwang,  Theres,  Triefenstem,  Tückelhausen,  Tulba,  Unterzell, 
Usbergi  Veilsdorf,  Vestra,  Wadgassen,  Weehterswinkel,  Welssenburg, 
Weissenohet  Welchweiler,  Wiesenate^,  Worms  (Andreasstift,  Ifartins- 
stifl,  Paulstifl),  Würzburg  (St  Afra,  St.  Agnes,  Augustiner,  Beguinen, 
St.  Ourkluirt,  Karmeliten,  Deutschorden,  Dominikaner,  Franziskaner, 
Stift  Ilaug,  Johanniter,  St  Marx,  Neumünster,  Sctiotten,  St  Stephan), 
Wolzburg. 

S.  V e r 0 r il n II iig  von  1812. 

Wohlthütig  wirkte  nun  für  die  Erhaltung  all  dieser  vielen  kleinen 
und  grossen  Archive  der  alte  schöne  konservative  Sinn  in  Bayern, 
der  auch  in  der  französisch-revolutionären  Zeit  nicht  ausging.  Wohl 
ist  sehr  Vieles  und  sehr  Werthvolles  verschleudert  und  zu  Grunde 
l^ogangen :  im  Ganzen  jedoch  in  keinem  deut.sehen  Lande  so  wenig, 
als  in  Bayern.  Gelreu  viehneln-  der  hergeljrachtcn  Fürsorge  für  die 
Archive,  wurde  nicht  daran  gedacht,  wie  man  sie  yorthellhaft  unter 
den  Hammer,  sondern  wie  man  das  Beste  daraus  in  eine  Ordnung 


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90 


Loher; 


bringe,  welche  dem  neuen  Staatswesen  sich  angliedere.  Man  wolUc 
die  »mehreren  bedeotende»,  zum  Theil  sehr  wichtigen  Archire  der 
fiberkoiDinenen  Besitzungen«  einem  Zustande  entzidien,  in  welchem 
sie  »in  ▼erschiedenen  LokalitSten  nicht  nur  einer  gehörigen  Aufeicht 
nicht  unteigeben  und  der  Crefkhr  der  Zersplitterung  ausgesetzt  waren, 
sondern  auch  nicht  zweckmässig  benfitzt  werden  konnten«.  Am 
6.  Febr.  1811  wurde  der  Regierungskanzleidirektor  Joh.  Heinr.  Lang 
von  Ansdbach  nach  Hänchen  berufen,  um  dio  sämmtlichcn  T.andcS' 
archivo  zu  orfranisircn,  und  nach  scharfen  Gefechten,  die  er  mit  don 
Vorständen  des  geh.  Haus- und  gell.  Staatsarchivs  zu  bestehen  halle, 
kam  die  Verordnimp:  vom  21.  April  1812  ZU  Stande,  welche  das 
Rcichsartiiiv  und  seine  Filialen  schuf. 
Es  heisst  darin : 

»Das  bisheri^'O  ^'clit  iinc  Laiidcsarcliiv  hört  von  nun  an  auf, 
und  geht  mit  allon  meinen  iiestandlheilen  zum  Ueichsarclüv 
als  dessen  Grundlage  üi)er. 

Die  sämnitlichcn,  wo  immer  im  Keiche  befindlichen  einzelnen 
Archive  hören  gleichfalls  auf,  selbstständige  Archive  zu  sein, 
und  sind,  ob  sie  gleich  vor  der  Hand  in  ihren  bisherigen  Lo- 
kalitäten verbleiben,  als  Filiale  des  Reichsarchivs  zu  betrachten, 
dass  sie  demselben  untergeordnet,  in  fortwährender  Verbindung 
mit  ihm  gesetzt,  und  gleichfSrmig  mit  ihm  eingereihet  wmien, 
so  dass  ihr  Urkunden-  und  Aktenbestand  als  Theile  des  all- 
gemeinen Reichsarchivs,  und  ihre  Re[)crtorien,  welche  sogleich 
herzustellen  und  zum  Reichsarchive  einzusenden  sind,  als 
Theile  des  alida  hinterliegenden  Generalrepertoriums  anzusehen 
kommen. 

Eben  so  hört  das  bisher  ^'osondert  bestandene  ZentralK^hcn- 
archiv  auf  und  geht  zum  Reichsarchive  über,  und  Wir  wollen, 
dass  die  unmittelbare  Vereinigung  mit  demselben,  sobald  die 
Re|)ertorien  fibergeben  sind,  vorgenommen  werde. 

In  Folge  dieser  Verfügungen  wiid  nun  das  Reiclisarchiv  alle 
Urkunden,  alle  zu  ihrer  Erläuterung  nöthigcn,  oder  ihnen  an 
ü^cfatigkeit  gleleluntstellfliiden  Akten,  insofeme  sie  nicht  zum 
Ressort  des  Staats-  und  Hausarcfaivs  gehören,  femers  alle  Ur- 
kunden Bücher  und  archivalische  historische  Merkwürdigkeiten 
in  sich  begreifen,  welche  bisher  in  den  vorgenannten  geson- 
derten Archiven,  dann  in  den  Archiven  der  Uns  angefallenen 
Lande,  der  vormaligen  Landstände,  der  aufgehobenen  mittel- 


Üiymzao  by  v^üOglc 


Das  bayerische  Arehinveaen. 


91 


buren  Klöster  und  der  zentralisirten  Stiftimgen  sich  befunden 
haben. 

Auch  aus  den  Archiven  der  Medialisirten  soll  das  lU^u  lisarthiv 
alles  das  aulnehnien,  was  die  allgemeine  Geschichte  des  Landes 
und  die  an  Uns  übergegangenen  Iloheilsrechte  bcüifTl.  Wir 
werden  desswegen  die  Repertoricn  dieser  Archive  einfordern 
und  Unserm  Reiehsaichivdirektor  sustelleii  lassen,  damit  dei> 
seU»  die  geeignete  Auswahl  treffen,  und*  wir  sonach  wegen  der 
Ablieferung  des  Gewählten  das  NOthige  erlassen  kOnnen.« 

8.  Zentralisation. 

Nach  vorstehender  Verordnung  urogreill  also  das  Rcichsarchiv 
das  archivalische  Material  im  ganzen  Lande,  soweit  es  der  Krone 

gehört,  wo  immer  es  sich  befinden  mag,  ausgenonmien  nur  das  geh. 
Haus-  und  Staatsarchiv.  Letzteres  sollte  aber  auch  über  die  Grenz- 
differenzen die  Kollogialakten  zum  Rei(hsarchiv  abgeben. 

Die  früher  selbstständigen  Archive  wurden  also  in  blosse  Ab- 
theilungen oder  Filialen,  ihr  Inhalt  in  Bestandtheilc  des  Rcichsarchivs 
verwandelt.  Folglich  mussten  die  Zweiganstaltcm  in  ihrer  Verwal- 
tung gänzlich  und  allein  dem  Reichsarciiiv  unterstellt ,  und  dieses 
musste  in  den  Besitz  von  Abschriften  ihrer  Reperlorien  über  ihre 
Aicfaivalien  gesetzt  werden. 

Der  Grundgedanke  war,  das  gesammte  Archivwesen  von  einem 
Zentralpunkte  aus  durch  Sachverständige  zu  leiten,  alles  in  einem 
und  demselhen  Geist  zu  verwalten  und  nach  gltichen  Nonnen  ein- 
zurichten. 

Zweifelkis  bat  diese  scharfe  Zentralisation  heilsam  gewirkt  Nur 
durch  sie  liess  sich,  wie  die  Dinge  einmal  lagen,  das  Archivwesen 
zur  Blüthe  bringen  und  seinem  Personal  beständig  die  Anregung 
geben,  deren  Archivbeamte  mehr  als  andere  bedürfen. 

Es  ist  nicht  ohne  Interesse,  eines  energisciien  Versuchs  zu  ge- 
denken, diese  Zentralisation  zu  brechen.  Da  jede  Kreisrejrierung 
Ix'Ponders  viel  mit  dem  Aidiive  ihres  Bezirks  zu  tiuin  hat  und  ge- 
wöhnt ist,  über  die  säninitlichen  untern  Verwaltungsbehörden  zu 
gebieten,  so  lag  es  sehr  nahe,  als  man  1825  die  ohrrsten  Verwal- 
tungsstellen in  den  Provinzen  neu  lonnirte  und  Einfacliheit  und 
Sparsamkeit  sich  zum  Ziele  setzte,  auch  die  Provinzialarchive  den 
Regierungen  anzugliedern.  Die  Verordnung  vom  17.  Dezbr.  genannten 
Jalu?es  ordnete  sie  abo  den  Regierungsknnunem  des  bmem  der 


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92 


Luher: 


Kreise  unter,  und  befahl,  dass  über  jedes  ein  hiczu  vorzüglich  ge- 
eigneter Regierungsrath  die  Respizienz  fOhren  und  die  Etats  ^mml- 
lieber  äussern  Archive  und  Konservatorien  unverzüglich  revidiren 
und  auf  den  nöthigsten  Bedarf  bemessen  solle.  Was  aber  folgte 
dieser  Verordnung  auf  dem  Fusse?  Verwirrung  und  Lähmung  der 
Aichivthätigkeit,  und  alsbald  kam  die  Einsicht,  dass  Archive  nur 
von  Sachverständigen,  d.  h.  von  Archivaren,  zu  leiten.  Schon  ein 
Jalir  spüler  verkündigte  eine  neue  Verordnung:  dass  d\o  'nschafl 
ilor  äussern  Archive  und  Konservatorien  als  integrireiulor  liesland- 
Iheile  des  Reiclisarchivs  nicht  aufgehoben  sei,  und  dass  die  Anord- 
nungen zur  Einrichtung  derselben  nacli  wie  vor  vom  R(>irlisarchiv- 
vorstarule  ausgehen  sollten :  nur  solle  er  sich  desshalb  an  die  Kreis- 
i  i  Lni  rnngen  wenden ,  diese  aber  seinen  Requisitionen  schnell  und 
jiiiükllieh  entsprechen.  Das  ganze  Resultat  war  also,  tlass  das 
Reiclisarchiv  jetzt  seine  Anonhiungen  auf  di-ni  Umwege  durch  die 
Regierungen  erliess.  Eilf  Jahre  lang  hielten  sie  diese  Weitscliwcifig- 
Iceit,  sowie  das  ihnen  übertragene  Beaufsiclitigungsrecht  fest:  dann 
erfolgte  am  21.  Jan.  1837  der  allerhöchste  Befehl: 

Wir  finden  Uns  allergnädigst  bewogen,  sowohl  zur  Verein- 
fachung der  Geschäfte,  als  zur  Wiederherstellung  der  noUi- 
wendlgen  Einheit  in  d^  Leitung  des  Archivdienstes  und  der 
unerlässlichen  Verbindung  zwischen  dem  Reichsarchive  und  den 
äusseren  Archiven  Archivskonservatorien  und  Aktendepots  zu 
verordnen,  was  folgt: 

Unser  Rei(  hsarchiv  hat  von  dem  1.  April  1.  J.  an  die  obere 
Leitung  und  Beaufsichtigung  der  noch  bestellenden  äusseren 
Archive  und  Archivskonservatorien  wieder  zu  ühernehnien:  es 
treten  daher  an  dieseiu  Tage  an  die  Archive  zu  Nürnherg 
Bamberg  Würil)urg  und  Speyer,  dann  die  Archivskonsei  vatoi  ieii 
zu  München  und  Landshut,  und  die  Depolregistratureii  zu  i\eu- 
burg  an  der  Donau  und  zu  Aiuberg  zu  demselben  in  das  Ver- 
iiältniss  unniiltelharer  Untercjriiuuug. 

Jedoch  blieb  den  Regierungen  mit  vollstem  Recht  die  Befugniss, 
dh%kt  Aktenvorlage  von  den  Unterarchiven  zu  verlangen. 

4.  Acht  Provinzialarcbive. 

Da  es  ebenso  unnöthig  als  unmöglich  war,  für  die  grosse  Zahl 
der  Archive  der  Klöster  und  Land-  und  Rdchsständeeinegldche  Menge 
Beamte  anzustellen,  so  trachtete  man  von  Anfang  an  danach,  die 


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Dos  bayerische  Archivwesen. 


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vielen  kleinen  Archive  in  jrrössereii  Sainnilunfron  v.u  vorcinifri  ii.  Je 
nacli  iliirr  flrösso  und  l?etleutung  nnnntt>  miin  sie  Archive  oder 
An'hivkonservatorieii  oder  Regislralurdrpols.  Im  Jahr  1820  jrah  es 
in  den  Provinzen  nur  noch  vier  Archive,  ncinlich  zu  Nürnl)org 
Bambei^  Würzburg  Dillingcn,  sieben  Konservatorien,  die  zu  Speyer 
Mönchen  Landshut  Arnberg  Neuburg  Andiech  Regensbmg,  und 
acht  Depots,  die  sich  in  den  genannten  Stftdten  und  ausserdem  zu 
Aschaffenburg  befenden.  Gfinzburg  Suhbacfa  Eichstädt  Kempten 
und  andere  St&dte  hatten  die  Landesarchlve,  welche  dort  lagerten, 
hergeben  müssen. 

Nun  schien  aber  nichts  naturlicher,  als  dass  man  stets  zu  dem 
Gedanken  zurückkehrte:  jede  Provinz  müsse  ihr  Provinzialarchiv 
haben,  worin  all  ihi-o  öfTentlichen  Archivalien  vereinigt  seien.  So 
wurden  mehr  und  mehr  Arcliive  cin^rezogen,  bis  es  zuletzt  nur  noch 
die  aclit  Kreis-  o<ler  Provinzialarchive  gab,  nemlich 

in  Mvinclien  für  Oberhavern, 

in  Landshut  für  Niederbayern, 

in  Amberfj:  für  Oherj>falz  und  Rej^ensburg, 

in  Neuburg  für  SchwabcMi  und  Neuburg, 

in  Nürnlxjrg  für  Mittelfraiikcn, 

in  Bamberg  für  Oberfranken, 

in  Wfirzburg  für  Unterfiranken, 

in  Speyer  ffir  Rheinpfalz. 
Drei  von.  ihnen  fOhrten,  weil  sie  auch  grosse  Urkundenarchive 
waren,  —  Nürnberg  Bamberg  Wfirzburg,  —  den  Titel  »Archivec, 
die  andern  fOnf  mussten  sich  mit  dem  niedem  Titel  »Ardiivkon- 
servatorienc  begnügen;  denn  sie  hatten  fast  nur  Akten  und  Amts- 
bücher, da  Ihre  Urkunden  und  Kodizcs  zum  besten  Theil  in's  Reichs- 
archiv  gewandert.  Die  Vorstände  der  vornehmeren  Archive  hicssen  auch 
»Arcliivarc«,  die  der  übrigen  bloss  »Archivkonservatoren«.  Weil  aber 
diese  Unterarchivesummtlich  in  ihrer  Besetzung  und  Lei^^lung  sich  unge- 
mein jümlich  waren,  so  wollte  man  sie  auch  Im  Namen  gleichstellen 
und  drückte  1837  auch  die  drei  Archive  wie  im  x\anien,  so  in  Rang 
und  (iehalt  ihrer  Vorstände  zu  »Archivkonservalorien«  herunter. 

Dieser  Name,  w^elcher  sich  zusammensetzte  etwa  wie  »Gallerie- 
bewahranstalt«,  war  aber  noch  nicht  der  unglückücliste :  nachtliciliger 
nodi  wirkte  der  Titd  >Arehivof8zian(en«  fär  die  zweiten  Beamten; 
denn  er  erinnerte  gar  zu  sehr  an  »Zoll-  oderSteoefofBziantenc,  und 
Hess  die  Meinung  aufkommen,  man  bedörfe,  um  Archivoffiziant  zu 


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94 


Löher: 


werden,  keine  luiliere  wi>sonschaftliclic  Bildnnpr.  Eine  ähnliche  Miss- 
achtnnpr  hinpf  an  dem  Titel  der  drillen  lJeanitenkla:iSC  der  Arcliiv- 
zenlralstelle,  iler  ;  lleii  lii^archivkanzlist«  lautete. 

Als  nun  der  Grundsatz  zur  Geltung  gebracht  war,  dass  Nie- 
mand an  den  neun  Archiven  angestellt  werde,  der  nicht  dfe  Univer- 
sität absolvirt  habe,  so  wurde  dorch  eine  Terardnung  von  1865  der 
Titel  »Rdchsarcfaivkanziist«  in  »Reichsarchivsekretärc  und  der 
Ofn^ant^name  in  »Archivsekretärc  umgeändert  Allein  erst  am 
21.  Dezeml)er  vorig<en  Jalirs  verschwand  auch  der  hfissBche  Doppel- 
titel der  Unterarchive,  und  hdssen  sie  jetzt  gleichmfissig  »Kreis- 
archive« und  ihre  Vorstände  »Kreisarcbivare«. 

Dieser  Süssem  Gleichstellung  muss  nun  auch  mehr  und  mehr 
die  im  Inhalt  folgen.  Im  Wesentlichen  ist  sie  bereits  vorhanden; 
denn  um  eine  Rechts-  oder  Thal sachenfrs^  aus  Archivalien  des  fünf- 
zehnten Jahrhunderts  zu  beantworten,  braucht  es  dieselbe  Bildung 
und  Feinarbeit,  als  wenn  sie  durch  ältere  Schriftstücke  zu  lösen  wäre, 
r.is  in's  IVinf/elinte  Jahrliundcrt  aber  gehen  die  Akten  und  Amti;- 
linch'  r  sfiiuintlii  her  Kreisarchive  zurück.  Es  haben  auch  diejenipren, 
well  lie  liiiiier  keine  gesonderten  Urkundenarchive  hatten,  seit  zehn 
Jahrin  an^M'fangen,  ihre  Urkunden  aus  den  Akten  zu  sondern  und 
Reihen  von  andern  Urkunden  aus  ihrem  Kreise  zu  saniiiieln.  So- 
bald vier  dieser  Archive  grössere  und  l)esserc  Lokale  gewonnen 
haben,  können  ihnen  auch  vom  Reichsarchive  die  Archivalien  xn- 
fliessen,  die  sie  zur  Vertretung  ihres  Kreises  brauchen. 

ft.  Reichsftrchivdirektion. 

Aus  dem  Vor^n  erhellt,  dass  der  Reichsarchivdireirtor  der  un- 
mittelbare Vorstand  von  neun  Archiven  ist,  welche  als  Abtheilungen 
einer  und  derselben  Anstalt  im  Lande  vertheüt  sind.  Die  Antrilge 
auf  Anstellung  oder  Entlassung  ihres  Personals  gehen  von  ihm  aus, 

er  hat  Urlaub  zu  gewähren,  Ffdiigkeit  und  Leistung  eines  Jeden  in 
den  Qualinkationstal)eUen  zu  würdigen,  und  ertheilt  den  Kreisarchiven 
Vorschriften  und  Aufträge  gerade  so  wie  am  Reichsarchive.  Denn 
seine  Aufgabe  ist  es,  den  gesaminfen  Geschäftsgang  der  neim  Archive, 
sowie  ihre  Ordnungsarboiten,  insbesondere  niicli  ihren  Dienst  für  den 
Staat  wie  für  die  Wissenschaft  und  Privatpt  rsnneti,  m  leiten  zu 
überwachen,  und  tiieihveise  selbst  zu  vollziehen.  In  seiiK  in  Namen 
werden  alle  l'.eiiclife  und  Anträge  dem  Ministerinni  unterbreitet  und 
erfolgen  die  Erlasse  und  Instruktionen  an  die  Arcluve. 


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Dm  bayerische  Archivwesot 


95 


Zur  Besorgung  dieser  (lt»srliäfto  sind  ihm  lliithe  As.sessoren 
und  Sekretäre  zugesellt.  Jcnlocli  bilden  sie  keine  kollegiale  Behörde, 
sondern  weil  es  sich  unmittelbar  um  Bewahrung  und  Verwaltung 
TOQ  SUatagat  handelt,  so  ist  der  Dfreltor  seihst  TentntwortUch. 

Es  ergiebt  sich  ferner  aus  der  selbststfindigen  Stellung,  welche 
das  ArduTwesen  In  Bayern  ekmhnmt,  dass  auch  die  Leiinng  des- 
selben möglichst  frei  und  adbstst&ndig  sein  muss,  deshalb  unter  keiner 
andern  BehSrde,  als  dirdct  unter  dem  Mhiisterlum  stehen  kann. 
Die  grundlegende  Verordnung  von  1812  verordnete  deshalb  Folgendes: 
Die  Direktion  des  Reichsarchivs  sldit  unmittelbar  und  aus* 
schliesslich  unter  dem  Ministerium  der  auswärtigen  Angelegen- 
heiten ,  und  erhält  von  keiner  obersten  Behörde,  als  d^ 
dirigirenden  Minister  dieses  Departements,  Befehle. 

Der  Diiokfor  erstattet  in  allen  Arcliivsgegcnständon  den  Vor- 
trag an  d('iisell)cn.  Was  von  anderen  Ministerien  an  das 
Fieichsarchiv  gelangi'n  soll,  wird  auf  dem  Wege  der  Konunu- 
nikaliou  an  das  Ministerium  der  auswärtigen  Angelegenheiten 
gebracht. 

Alle  Verfügungen  an  die  Generalkommissariate,  Finanzdirek- 
tionen und  andere  Stellen  hat  der  Direktor  des  Reichsarchivs 
durch  einen  schriftlichen  Antrag  an  den  vorgesetzten  Minister 
zu  veranlassen. 

An  die  untergeordneten  Filialarchive  ertheOt  er  unmtttdbar 
unter  der  Firma  des  Reichsarcfaivs  die  erforderlichen  Anwei- 
sungen, welchen  sie  genau  nachzukommen  haben. 
In  allem  Wesentlichen  gilt  das  noch  heute,  nur  mit  dem  Unter- 
schiede, dass  das  Reichsarchiv  dem  Staatsministerium  des  Innern 
unterstdlt  ist,  und  dass  es  seit  den  letzten  zwei  Jahren  mit  den 
Ministerien  und  Behörden  unmittelbar  verkehrt. 

III.  Baaliche  Einrichtimgen. 

1.  Das  ReiehsarehiT. 

»Unter  allen  architektonischen  Schöpfungen,  welche  der  preis- 
würdige Kunstsinn  des  Königs  Ludwig  1.  hervorrief,  hat  das  erwähnte 
Gebäude  durch  Zweckmässigkeit  für  den  Inhalt,  Grossartigkeit  der 
Anlage  ^  Schönheit  der  Gonception,  und  Sorgfiilt  der  Ausfuhrung 
einen  der  ersten  Pl&tze.«  Mit  diesen  Worten  begrOsste  der  Heraus- 
gdier  der  Zeitschrift  fiir  die  Archive  Deutschlands  hn  Jahre  1847 


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96 


LOher: 


das  nou(>  R{Mrhsari  liiv^'ol);in(lo  Es  war  vier  Jaiiro  vorher  nadi 
eilfjährigciii  Bau  fertig  gewürdcn,  und  ist  ulVenbar  die  scliÖnste 
Leistung  des  berühmten  Baumeisters  F.  v.  Gärtner,  der  es  in  allen 
EimEelheiten  auch  näher  dargestellt  hat  Der  prachtvolle  Bau  be- 
steht aus  Ziegeln,  und  ist  im  florentinischen  Stil  und  voll  schlichten 
Adels  gehalten.  In  seinem  sehr  hohen  untern  Stockwerk  beherbergt 
er  das  Reicharchiv,  in  den  beiden  ohem  Stockwerken  die  grosse 
Hof-  und  Staatsbibfiothek.  An  der  Ludwigsstrasse  nimmt  das  Haus 
eine  glatte  Länge  von  mehr  als  fünfhundert  Fuss  ein  und  erreicht 
eme  Höhe  von  beinahe  hundert.  Vor  der  Milte  dient  eine  Freitreppe 
zum  bequemen  Aufgang  wie  zur  Zierde,  freschrauckt  mit  den  Stein- 
bildsäulen des  Homer  Tliukydides  Hippokrates  und  Aristoteles. 
Das  ungeheure  Viereck,  das  von  seiner  Nachbarschaft  durch  eine 
Umfassungsmauer  weil  abgetrennt  ist,  schliesst  zwei  grosse  gras- 
bcwachsono  Höfe  ein,  in  deren  Milte  sich  die  Brunnen  befinden. 

Der  Gcschäflszimnier  sind  15,  der  eigentliclien  Arcliivsäle  39. 
Die  letzteren  sind  von  sehr  verschiethMier  Grösse  und  Lage,  durch 
l)o<}ueme  Üurchgünge  mit  einander  verbunden,  und  sämmllich  hell 
und  hochgeräumig.  ^ 

Der  ganze  Raum  für  das  Archiv  zerfallt  in  vier  grosse  Abihei- 
lungen, von  welchen  die  eine  die  Geschäftszimmer  mit  der  Bibliothek, 
die  drei  andern  die  Archivalien  umfassen.  Die  beiden  vorderen 
Abtheüungen  shid  je  durch  Thorgänge  von  den  beiden  letztem  ge- 
trennt, diese  aber  gerade  in  der  Mitte  geschieden  durch  einen,  prfich- 
ligen  weiträumigen  Säulensaal  und  seinen  Vorsaal.  Sie  heissen  der 
grosse  und  kleme  Wappensaal  und  dienen  zur  Henicfatang  von 
Archivalien,  zur  Au&tellung  der  Siegelabguss-Sammhuig,  und  zum 
Bergen  von  Stempeln  und  Aehnlichem  in  den  Schranken.  Stehen 
die  beiden  Seitenpforten  des  grossen  Wappensaals  ofTen,  so  sieht 
man  von  einem  Ende  der  beiden  hintern  Archivabtheilungen  in 
gerader  Linie  und  auf  einer  Länge  von  mehr  als  ein  halb  lausend 
Fuss  durch  eine  herrliche  Flucht  von  18  Sälen,  die  sämmllich,  wie 
noch  22  andiMi'  mit  Urkunden  Kodizcs  alten  Amtsbüchern  und 
Akten  gefüllt  sind. 


')  Friedomann  in  ilrr  Zfilsrluifl  I.  HG. 

F.  V.  Gfirliu'r  Sammlung  <l«r  Entwürfe  ausgefOhrler  Gclifiude.  Müncheo 
1845.  Hca  1  Uli«)  2. 


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Das  bayeriaehe  Afchivweaen. 


97 


f.  KreisarchiT  der  Oberpfalx. 

Das  oberpfälzische  Kreisarcbiv  zu  Amberg,  welches  das  dritt- 
Ueinste  und  in  einein  fräheren  R^^rungsgebäude  untergebracht  ist, 
hat  nur  2  Geschäftszimmer  und  16  ebenerdige  Archivrftume.  Von 
diesen  sind  6  erst  seit  den  letzten  sieben  Jahren  hinzugekommen, 
gleichwohl  macht  sich  der  Raummangel  überall  empfindlich  fOiilbar. 
Wohl  möchte  als  begründet  das  Anrecht  auf  diejenigen  Räume 
im  Gebäude  selbst  erscheinen,  welche  das  Archiv  früher  dem  Appel- 
laticMisgerichte  einräumte,  dieses  aber  wieder  verlassen  hat 

8.  Krelsarehiv  von  Oberfranken. 

Da«  Kreisarchiv  zu  Bamberg  für  01)citr;inl<('ii  Itelindet  sich 
in  dem  auf  dem  Domberge  hochgelegenen  künigiichen  Hesidenzschloss, 
WO  es  das  Ende  des  schönen  Flügels  nach  dem  Dome  zu  einnimmt,  und 
zwar  3  Gescbäflssdmmer  und  5  helle  hoch-  und  weiträumige  gewölbte 
Säle,  ausserdem  noch  11  Gewölbe  halb  unter  der  Erde.  Da  aber  diese 
letzteren  dunkel  und  feucht,  dabei  ebenso  wie  die  Archivsftle  längst 
überfüllt  sind,  dagegen  aus  den  alten  Registraturen  der  königlichen 
Stellen  und  Behörden  diesem  Archiv  ebenso  wie  den  üt}rigen  neuer 
Zuwachs  bevorsteht,  so  lässt  man  die  Hoffnung  nicht  sinken,  das? 
durch  die  Gnade  Sr.  Majestät  des  Königs  dem  Bamberger  Archiv 
ebenso,  wie  zu  Würzburg  im  Residenzschlosse  geschehen,  neue 
Räume  bewilligt  werden. 

4.  Kreiaarebiv  von  Niedarbayern. 

Auch  dem  Archiv  von  Niederbayem  ist  bei  Landshut  ein 
köiüg^ches  Residoizschk>ss  angewiesen,  die  romantische  Traussnitz- 
bürg,  welche  von  der  Berghöhe  über  der  Isar  weit  in's  Land  bückt. 
Hier  besitzt,  im  Schlosse  vertheilt,  das  Archiv  24  Räume,  die  zum 
grossen  TheQ  vortrefflich  sind.  Als  vor  ein  paar  Jahran  drei  Archiv- 
säle abgetreten  wurden,  uro  för  Seine  Majestät  ein  reizendes  Ab- 
steigequartier einzurichten,  erhielt  das  Archiv  reichlichen  Ersatz  und 
insbesondere  ein  schönes  helles  und  feuerfestes  Gewölbe,  inn  darin 
sdne  Urkunden  und  im  Fall  der  Noth  die  wichtigsten  Archivalien 
sieher  zu  bergen. 

6.  Kreisarehiv  von  Oberbayern. 

Das  Hauptregistraturdepot  von  Altbayem,  welches  im  Jahr  1814 
ab  ein  besonderes  Archiv-Konservatorium  dem  Reichsarchiv  ehiver- 

AnhlTulfteba  ZaItMhrlfl.  I.  7 


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98 


Löher: 


leibt  wiirile  uinl  ilie  Voraktoii  für  den  (lehraucli  iiK-lirerer  Kreis- 
r<'<.M('rinig<'n  cnthifll,  sollte  sich  y/.u  einer  Miistetre^ristratur  und  zu 
einer  vorzügliclien  Unterriclilsanslalt  in  der  praktischen  Regislrutur- 
wissensthaft  bilden«  %  Es  fand  deshalb,  jedoch  als  eine  besondere 
Anstalt,  im  Gebäude  des  Reichsardiivs  seinen  Platz.  Da  aber  für 
den  neuen  grossen  Zuwachs  derselbe  nichf  hinreichte,  so  sammelte 
sich  in  dem  sog.  Altenhof,  der  in  einem  andern  Stadttheile  gelegen, 
eine  gleich  bedeutende  Aktenmasse  an,  und  die  Beamten  waren  des 
Dienstes  wegen  genöthigt,  beständig  zwischen  ihren  beiden  Archive 
hin-  und  h^uwandeln.  Diesem  argen  Missstande  wurde  vor  zehn 
Jahren  dadurch  ein  Ende  gemacht,  dass  das  Konservatorium  ganz 
in  den  Altenhof  auswanderte.  Es  trat  mit  seinen  Räumen  im  Reiclis- 
archiv  auch  die  Archivalien  ab,  welche  mehr  zu  diesem  als  zu  ihm 
gehörten,  und  erwarb  dafür  im  Altenhof  16  neue  Lokale.  Das 
Kreisarchiv  zu  München  besitzt  jetzt  4  rJeschäflszininier  und 
31  Archivlükale.  von  denen  jedoch  die  untein  (iewölhe  Maniii'l  leiden 
an  Licht  wie  an  Trockenheit.  .\u(  li  diese  Häuine  sind  sclion  wieder 
ülx^rfüllt,  der  l)eträclitli(  he  neue  Aktenziiwachs  aber  ist  nicht  abzu- 
wehren. Da  nun  andere  Lokale  sich  in  der  nau|)t-  und  Residenz- 
stadt nicht  wollen  finden  lassen ,  so  bleibt  am  Ende  nichts  übrig, 
als  auch  ftlr  dieses  Kreisarchiv,  gleichwie  fOr  das  zu  Nürnberg,  auf 
Errichtung  eines  Neubaues  Bedacht  zn  nehmen. 

6.  Kreisarchiv  von  Schwaben  und  Neuburg. 

Das  vierte  Archiv,  welches  sich  in  einem  königlichen  Residenz- 
schloss  sammelte,  ist  das  Neu  bürg  er  ffir  den  Kreis  Schwaben  und 

Xeubur};.  Es  theilt  aber  jetzt  das  Schloss  mit  einer  Militärgamison. 
Es  ist  das  zweitkleinste  unter  den  Kreisarchiven  und  hat  nur  2  Ge- 
schäftszimmer und  7  Archivsäle.  Obgleich  die  letztern  ziemlich  ge- 
räumig sin«l,  Ci  hlt  es  doch  an  l'lal/. .  und  nachdem  Verhandlungen, 
um  andere  Staatsgebäude  zu  gewinnen,  tehlge.sclil.igin.  wird  jetzt  Hand 
an's  Werk  gelegt,  um  den  liber  dem  .Vrchiv  beiimiliclicn  ungeheuren 
Theatersaal  zu  restauruvn  und  in  Arcliivlokaie  umzuwandeln. 

7.  Kreisarchiv  von  MittelfrankeD. 

Am  unglücklichsten  ist  das  mittelfränkischc  Arciiiv  zu  Närn- 
berg  mit  seinen  Räumlichkeiten  bestellt.  Dasselbe  besitzt  ein  schmales 

*)  Venifdoungen  von  1814  und  16S0  bei  DOUinger  TS.  IM,  1S7. 


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Das  bayerische  AKhivuei^en. 


99 


alles  Haus,  wi-lclus  nur  in  den  untern  (iewölbeii  ein  wenig  von 
steinerner  Festigkeit  an  sich  liat  und  vom  Ratlihause  eingeklemmt 
ist  Man  steigt  aus  den  obem  engen  Gelassen  hinunter  in  noch 
engere,  die  nicht  überall  ganz  trocken  sind.  Ausserdem,  da  das 
Archir  sehr  gross,  so  nimmt  es  noch  an  fünf  andern  Orten,  die  im 
weitlaufSgen  Rathhause  von  einander  entlegen  sind,  je  eine  Reihe 
▼on  Lokalen  ein,  helle  und  dumpfige,  hoch  auf  dem  Speicher  und 
halb  in  der  Erde.  Die-e  ['ebelstände  traten  >o  frrell  in's  Aupre.  dass 
vor  em  paar  Jahren  besclilossen  wurde:  jedenfalls  das  Archiv  anders 
wohin  zu  verlegen.  Anfangs  sollte  es  nach  Eichslfidt ,  wo  »las  (Je- 
bäude  des  Appellalionsjreri«  leer  geworden.  Allein  die  Archivver- 
waltung machte  geltend,  d;i--  » ine  .«o  gro>-e  uihI  wertlivollc  Sammlung 
von  t'i'kniiden  Kodizes  und  Akt»  ii,  wie  die  \rindii  r;.'er,  nur  auf  <lem 
lJudeii,  auf  welchem  sie  entstanden,  die  l  echten  hislurisclicn  Kriu  lile 
bringe.  Die  Arcliivare  hatten  nun  gern  ein  prachtvolles  l'atrii^ierliaus 
aus  der  Kenaissancezeit,  das  einzig  in  seiner  Art  in  Euiopa  eriiniten 
ist,  erworben,  das  berühmte  Pellerfaaus  nebst  dem  anstoss^den 
Hause,  das  schon  früher  mit  ihm  vereint  war.  Als  jedoch  eine 
wiederholte  Untersuchung  der  Baurerständigen  herausstellte,  dass 
diese  Geb&ude  (ur  die  Archivalienmasse  nicht  hinlfinglichen  Raum 
böten,  auch  mehrere  andere  Gebäude  in  Nürnberg  sich  als  ungeeignet 
er\v!esen,  rnusste  an  einen  Neubau  gedacht  werden.  Für  diesen 
bewilligten  die  Kammern  in  diesem  Jahr  die  Sniniiii  von  351,000 Rm., 
und  wurden  vor  dem  Thor  in  ruliiger  üarlennaeliljarsciiaft  zwei  Tag- 
werk Grund  erworljen,  auf  Avelchen  man  sofort  die  Grundmauern 
zu  zwei  Arehivgeliäudeii  legen  wird.  \uu  dt-nen  das  eine  die  Arehi- 
valien  auf  jiirhf  weniger  als '>4<)()  (Juadi  atmelci  ii  beniitzbarei- Wand- 
lläche,  das  andere,  welcll(^s  mit  ihm  durch  einen  ^M  d»  rkten  fJang  in 
Verbindung  gesetzt  wird,  tlie  Cleschiiltszimmer  uml  die  Dienslwoli- 
nuijgen  enthalten  soll. 

8.  Kreivarchiv  der  Rheiupfalx. 

Dieses  ist  das  kleinste  der  acht  Archive,  und  besitzt  in  der  alten 
Bischofstadt  Speyer  zwei  Gebäude,  die  nur  durch  ein  Höfchen  ge- 
trennt sind.  Das  eine  ist  Dienstwohnung  und  Amtsstabe  des  Archivars, 
das  andere  oith&lt  zwei  Gesehäftnimmer  und  die  Archivlokale.  Da 

in  diesen  sich  die  Archivalien  in  einem  gepressten  Zustande  befanden, 
so  wurde  in  den  letzten  Jahren  dadurch  etwas  Luft  geschallt,  dass 
mit  dem  Aktendepot  der  Kreisregierung,  welches  hier  untergebracht 


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100 


L5her: 


war,  aufgeräumt  und  ein  paar  kleine  Lokale  zu  Archivzwecken  her- 
gerichtet wurden.  Allein  trotzdem  droht  auch  hier  wieder  lieber- 
füllong. 

9^..  Kreisarcbiv  von  Niederfranken. 

Früher  am  übelsten,  ist  das  Würzburger  Archiv  jetzt  am  besten 
daran.  Noch  vor  sechs  Jahren  lagerte  es  in  fiOnf  von  einander  ent- 
I^^en  Lokalen.  Zwei  Tlioih^  befanden  sich  im  königrliclion  Residcnz- 
schloss,  al>er  in  zwei  {,'etrennten  Flügeln,  drei  andere  Theiie  in  der  Stadt, 
nämlich  einer  im  Guttenberwhof  zur  Miethe,  einer  im  alten  dom- 
kapitelschen  Gebäude,  und  wieder  einer  auf  Speicher^ininiern  der  Uni- 
versität. Durch  die  (Jiiade  Sr.  Majestät  dos  Königs  wuidi  ii  dem 
Archiv  im  Hesiden/.schloss  neue  und  ausreichende  Räume  bewilligt, 
und  seil  zwei  Jahren  ist  das  gesamiiite  grosso  Archiv  vereinigt  in 
22  Sälen,  die  sämmtüch  hell  trocken  unti  schon  sind.  Es  befinden 
sich  darunter  zwei  HundsäJe  von  enormem  Umfang,  und  ein  60  Meter 
.  langer  Korridor,  d&t  zur  Aufeldlui^  von  Arehiralien  enigerichtet 
wurde. 

10.  Geschäi'lszi luiner. 

Diese  liegen  zur  Zeit  noch  überall  in  den  Archivg^uden  selbst: 
in  dem  neu  zu  erbauenden  zu  Nümbei^  worden  sie,  wie  gesagt,  um 
die  Sicherheit  gegen  Feuersgeiähr  zu  vergr^ifisem,  in  das  Wohnhaus 
der  Beamten  verlegt. 

Bei  den  Kreisarchivon  ist  die  Regel ,  dass  der  Vorstand  sein 
eifrenes  (leschrin-ziniiner  hat,  und  Sekretäre  und  Sclireiber  im  an- 
slossi  iulen  Ziiiiiiier  arboiti'n.  Leider  siml  die  (leschällsziinnier  an 
den  meisten  Orten  gar  zu  ix'sdn-änkt.  Wenn  mehr  als  einer  oder 
zwei  Archivbenützer  sich  einstellen,  gibt  es  Missstände.  Selbst  im 
Reichsarchiv  kommt  man  in  Verlegenheit,  sobald  nur  ein  geringer 
Andrang  von  Archivbenfitzem  entsteht.  Das  Reichsarchiv  besitzt 
überhaupt  nur  sechs  grössere  Gesch&flszimmer,  davon  gehören  zwei 
der  Bibliothek,  zwei  den  Akzessisten  und  Archivbenützem,  eins  dem 
Du«ktor,  eins  der  Kanzlei.  Ausserdem  hat  jeder  Beamte  sein  Zim- 
mer, die  jüngeren  aber  müssen  in  der  Regel  mit  einem  Praktikanten 
den  Raum  theilen.  Für  Diener  und  zur  Aufbewahrung  von  Kisten 
und  Gcräthschaften  diemm  drei  kleinere  Lokale  und  in  einem  andern 
lagern  die  noch  übrigen  £xempiare  der  dreizehn  Bande  bayerischer 
Regcsten. 


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Das  bayerisebe  Arehivwesen. 


101 


Das  prächtige  und  woitriinmifro  ReichsarchivgebTuide.  ?o  vortroft- 
lich  es  mit  ?;pinor  Abwechselung  von  sehr  tn-ossen,  niillehiuissigen 
and  kleineren  Archivlokalen  auspodacht  ist,  hat  doch  auch  den 
emptindlichen  Fehler,  dass  die  hoch^'ewülhtcn  Geschäftszimmer  im 
Winter  oben  übermässig  heiss  werden,  wiilirend  sie  das  ganze  Jaiir 
hindurch  unten  an  Kälte  leiden. 

11.  Dienstwohnungen. 

Je  länger  ein  Archiyar  in  seinem  Archive  waltet,  desto  ver- 
trauter  ond  desto  lieber  \nrd  es  ihm,  nnd  desto  besser  ist  es  fSr 
das  xVrchiv.  Denn  ein  jedes  hat  seine  besondere  Art  und  Weise  von 

Archivalien,  die  ihre  dgenthüroliche  Sprache  reden.  Man  sollte  daher 
überall  daran  denken,  wenigstens  die  Vorstände  an  dem  Archive, 
das  ihnen  anveKrauet  wurde,  möglichst  festzuwurzeln.  Dazu  trfigt 
aber  nichts  mehr  bei,  als  eine  ^'esunde  anständige  und  bequeme 
Dienstwohnung  mit  hübschem  Garten  dabei.  Nur  dürfen  die  Wohn- 
gemächer sieh  nii  ht  im  Archivj:e])äude  betinden,  weil  Kinder  und 
Dienstboten,  iiisi)esondere  gegen  Feuersgefahr,  sich  nicht  beständig 
überwachen  lassen. 

Gegenwärtig  ist  nur  mit  zwei  bayerisclien  Archiven  dieser  Vortheil 
verbanden,  em  drittes  wird  bald  sich  in  ausgezeichneter  Weise  seiner 
erfreuen,  und  bei  den  andern  Kreisarehiven  muss  man  hoffen,  mit 
der  Zeit  auch  soweit  zu  kommen. 

Auf  der  Traussnitz  haben  Archivar  Sekretftr  und  Diener  häbsche 
Wohnungen.  In  Speyw  steht  dem  Archivgeb&ude  ein  anderes  gegen- 
über, wdcbes  der  iüfehivar  bewohnt,  das  Zwischenhöfchen  ist  durch 
gemeinsame  Mauer  von  der  Stras.se  abgeschieden.  In  Nürnberg  halte 
früher  der  Vorstand  und  jetzt  der  Sekretär  über  dem  Archive  eine 
Dienstwohnung:  durch  den  Neubau  sollen  Archivar  Sekretär  und 
Diener  in  dem  Hause  hinter  dem  Archiv,  welches  die  Geschäfts- 
zimmer umfasst,  ebenfalls  Dienstwohnungen  erhalten. 

IV.  Vertteihing  der  ArehivallM  im  Und«. 

1.  Vereinigung  altbayerischer  Archivalien. 

Der  erste  Reichsarchivdirektor,  dessen  Memoiren  noch  immer 
gern  gelesen  Waden,  hatte  im  Sinne,  im  Reichsarchiv  möglichst  viel 
Archivalien  v<m  vorzugsweise  lüstorischer  Bedeutung  hi  München  zu 


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102 


L5lier: 


vproinigon,  diese  ahor  von  lini  Akti n.  deren  man  noi  h  zum  Dienst 
für  die  I{erhlsverliällni>s('  des  St.iats  und  der  Privaten  liedürfe,  v.n 
trennen.  Er  wollte  ein  liistürisclies  Archiv  und  daneben  ein  ad- 
minislrative?;.  Samet,  v.  Längs  Nachfolger,  setzte  die  Ausfüh- 
rung seines  Getlankens  fort. 

Allein  es  zeigte  sich  hier  wie  anderswo,  wo  man  denselben 
Gedanken  hegte,  dass  er  nicht  durchführbar:  die  Trennung  musste 
mehr  oder  minder  gewaltsam  geschehen  und  wäre  doch  nur  eine 
halbe  Trennung  geblieben. 

Auch  stellte  sich  sofort  heraus,  dass  die  Archivalien  der  neu 
erworbenen  Fürstenthdmer  Wurzbui^  Aschaffenburg  Bamberg  Elch- 
städt  Ansbach  Bayreuth,  nicht  minder  drr  fränki?;rhen  Reichsstädte 
ihre  besondern  Gcschiclitcn,  wie  ,ihre  be>ondern  Gebiete  repräsen- 
tirten.  Die  Rheinpfalz  aber  war  damals  noch  im  französischen 
Besitze. 

Man  hu.schrünkte  sich  a\<o  auf  die  allen  witlrMjarhisciicn  Land»» 
Ober-  und  Niederbayern  Obcrpialz  Xeul)ur^'  Sul/l)ach.  und  aul"  die 
von  ihnen  eingeschlossenen  Cebiete,  weiche  früher  reiciisständiscii 
waren,  wie  Freysing  Chiemsee  Berthtesgadcn  l*assau  llegensburg 
Augsburg  und  theiiweise  auch  Eichstadt,  und  nahm  die  anstossenden 
schwäbischen  Gebiete,  vne  Eempt«i  Burgau  Meramingen  Lindau 
Kaufbeuren,  noch  hinzu.  Voii^all  diesen  Landen  und  Gebieten  kamen 
weitaus  der  grösste  Theil  der  Archivaliengruppen,  wetehe  aus  dem 
Mittelalter  stammten,  sammt  deren  Fortsetzungen,  soweit  diese  sich 
einmal  nicht  abtrennen  Hessen,  in's  Reidisarchiv :  die  andern  Akten 
Hess  man  in  den  Archivkonservatoi  ii  n  München  Landshul  Amberg 
und  Neuburg.  Aus  den  fränkischen  Landen  und  der  Hhein|ifalz  zog 
man  wenigstens  Lehen-  in  hive  nach  München.  Dagegen  blieben  die 
Arrliivalien  der  Reichs-trelli'  Auprsbnrjr  Weissr^nburg  Xördlingen  und 
Rnfenijurg  an  der  Tauber  damals  zum  grossen  Theil  an  ihren  bis- 
herigen Stätten. 

Als  man  aber  so  kolo-sale  .Mas-en  ini  Heii  hsardiiv  bei  einander 
hatte,  sj»ülteten  sie,  auch  wenn  überliau|it  die  genaue  Scheidung  in 
eine  historische  untl  eine  administrative  Abiheilung  sich  hätte  machen 
lassen,  ihrer  schon  durch  den  Umfang.  Ausserdem  aber  gab  es  viele 
Gruppen,  die  bereits  ihren  Innern  festen  Zusammenhang  hatten,  der 
sich  ohne  Gefahr  der  Verwirrung  nicht  mehr  zerreissen  Hess. 


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Das  bayerische  Arcbivwesen. 


103 


2.  r  r  k  u  ti  de  II  Sit  III  m  1  u  II  K  int  H  <■  i  <•  Ii  s  a  r  <•  Ii  i  v. 

In  ciiKr  f Vzieliiuji,'  ist  Laiig's:  ur^id-ünirliclifr  IMan  zur  Au.<- 
lüluuiig  ^'L'koiiiiiien.  SilinnitliclK'  l'rkundon  l»i>  zum  Endo  des  Jaliros 
1400  sind  aus  dem  ^'anzon  ivfini^n cicin'  nach  München  gebracht  und, 
soweit  sie  nicht  sdion  fiüiier  zum  Geh.  Haus-  und  Staatsarchiv 
gehörten,  m  lleichsarchiv  vereinigt. 

In  den  Ereisarchiven  blieben  nur  einzelne  Kopien  und  Verzeich- 
nisse znrficlCf  und  können  sie,  wenn  der  laufende  Dienst  darauf  flttirtf 
aus  dem  Reichsarchiv  Belehrung  und  AuszQge  oder  leihweise  die 
Urkunden  selbst  erholen. 

Das  Alles  bezieht  sich  jedoch  nur  auf  lose  Urkunden,  nicht  auf 
die  Abschriften  in  den  Diplomatarten,  auch  nicht  auf  Originale,  die  m 
festen  Bänden  vereiniprt  sind.  Xur  an-  den  altbayerischen  ober- 
pfalzischen  und  schwäbischen  Landen  sind  auch  diese  Kopialbücher 
und  Urkundenbände  in's  Reichsarchiv  gekommen,  nicht  aber  aus 
den  drei  fränkisciien  Provinzen;  in  der  Rhein|>faiz  war  nach  der 
französischen  Zeit  ohneiiin  nicht  viel  mehr  ülirit:. 

I^ald  nach  dem  Fjiitrilt  des  jelzifren  lieichsarchivdirektors 
wurden  diejenigen  l'ikunden,  welche  im  Reichsarcliiv  verzeichnet 
waren,  in  ihren  Anzahlen  zusammengestellt,  und  es  ergaben  sich 


folgende  Summen: 

Urkunden  der  Klöster    122,624 

„       „   Hochstifle   38,242 

„       „  Reichsstädte   80,092 

„       „  Land-  und  Pfleggerichte     .   .   .  84,703 

Fürsten-  und  Landesurkunden   14336 

Lehensurkunden   26,042 

Landesständische  Urkunden     .......  1,950 

Ritterschaftliche  Urkunden   ß,4ll 

Adelsselekt-Urkunden  beiläufig  berechnet  auf  .    .  34,740 

Kaiserselekt  823  mit  Nachträgen  u.  s.  w.     .    .  1,169 

Kaiser  Ludwigs  Selekt  1.177 

Verschiedene  andere  Serien   7.660 

Urkunden  über  Verhältnisse  zu  andern  Ländern  6,3 l'J 
Es  rechnete  sich  bereits  hieraus  eine  Summe  von  375,025  Ori- 
ginalurkunden  zusammen. 

Seit  den  zwölf  Jahren  shid  nun      der  Adelsselekt  aMn  er- 


giebt  jetzt  schon  ehi  Mehr  von  60,  258  Urkunden  und  Dokumenten 
~  so  viele  Stücke  hinzugekonmien ,  entweder  weil  sie  neu  er- 


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104 


Loher: 


worben  oder  erst  verzeidinet  wurden,  dass  die  Gesammtzahl  der 
Einzellirkunden  im  RdchsarchiT  sieh  jetzt  in  runder  Summe  auf 
460^  Stflcke  steUt 

Wurde  man  dii|jenigen  hinzurechnen,  die  in  Foliantenreilien  fest 
eingeheftet  oder  in  der  Ddo'etensammlung  oder  nur  in  den  Ab- 
schriften der  Kopialbficher  —  die  Neubuiger  Koplalböcher  zfihlen 
allein  105  Folianten  —  vorhanden  sind,  so  mOchte  dch  jene  Summe 
noch  sehr  bedeutetul  erhöhen,  und  dürfte  man  weit  über  eine 
halbe  Million  Urkunden,  die  allein  im  ReichsarchiT  vorhanden  sind, 
annehmen. 

Zu  Gunsten  dieser  ungeheuren  Ansammlung  von  Urkunden  lässt 
sich  die  Erfahrung  anführen ,  dass  eine  grosse  wissensrhaftHche 
SammUmg  von  den  Forschern  gcwtiiinhcli  mehr  besucht  wird,  als 
vifle  kk'hie  Sammlungen,  zumal  wenn  sie  weil  umher  zerstreut  sind. 
Allein  ebenso  richtig  ist  auch,  dass  man  historische  Archivalien 
nicht  von  dem  Boden  losreissen  soll,  auf  welchem  sie  entstanden 
sind,  und  daas  man  vat  alten  ihre  chronokigisch  fortlaufenden  Serien 
nicht  willkührlich  zerreissen  soll.  Bei  konsequentem  Verfohren 
mflsste  man  nun  auch  all  die  altm  Eodizes  und  Amtahflcher  von 
Nfimberg  Bamberg  und  Würdburg  in's  Reichsarchiy  bringen:  welch 
eme  BelSstigung  und  Hemmung  würde  aber  dadurch  für  den  laufenden 
Dienst  entstehen  l  Immerhin  ist  nun  einmal  diese  Urkunden-An- 
sammlung im  Reich^archiv  zusammen  gebracht  und  sind  Eintheilung 
und  Repertorien  darauf  eingerichtet.  Man  lässt  sie  desshalb  be- 
stehen, da  sich  noch  kein  dringendes  Bedürfniss  zeigte,  den  Archiven 
wenigstens  der  Rheinpfaiz  und  der  drei  fränkischen  Provinzen  ihre 
Urkunden  zurückzugeben. 

3.  U  r  k  II  n  d  e  n  s  a  m  m  1  ii  ii  <^  e  n  d  »>  r  K  r  i  -  a  r  r  h  i  v  e. 
Gegenüber  so  unpeheurer  Urkundenanhüulung  im  Zentralarchiv 
können  die  Kroisarcliive  nur  geringe  Zahlen  aufweisen.  Gleichwohl 
stellen  sich  auch  hier  nach  einer  Schätzung  in  den  grössern  und 
nach  der  Zählung  in  den  kleinen  Urkundenarchiven  nocli  ansehn- 


liche Mengen  heraus. 

Es  finden  sich  nemlich  im 

Kreisarcliiv  zu  Amberg    1,408 

„       „  Bamberg   61^00 

„       „  Landshut   398 

„       „  München   '186 

„       „  Neuburg   5,977 


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Das  bayerische  Arcbivweäen. 


105 


Kreisarchiv  zu  Nürnberg  gegen  ....  30,000 

„        „  Speyer   6461 

„       „  Wünborg  gegen  ....  55,000 
Demgemftss  ergibt  sich  für  die  acht  B^sarduve  noch  dne 
Summe  von  beilänfig  160,000  von  den  Akten  gesonderter  Urlranden, 
TOD  ebnen  fit^Iidi  über  nenn  Zehntel  bloss  auf  die  drei  grossen  Ur- 
Inmdenarchhre  in  Bamberg  Wfirzbuig  und  Nürnberg  sich  vertheilen. 

4.  L  e  h  e  n  s  a  r  c  hi  V  e. 

Aus  praktischen  Gründen  hat  man  früher  im  Zentrallchenarchiv 
einen  grossen  Theil  der  Uricunden  Aintsliürlier  und  Akten  vereinigt, 
welche  über  das  Ldieiuvesen  all  der  hislonsciien  (iebiele,  aus  denen 
«ich  Bayern  zusammensetzte,  Aufschluss  galx'n,  Xachdem  in  neuerer 
Zeit  einzelne  Partien  in  die  Frovinzialarchive ,  weil  man  sie  dort 
notfawendig  brauchte,  zurückgewandert  sind,  gibt  es  im  Ueichs- 
areUve  noch 

an  Lehen-Urkunden: 

Altbayeriacfae  vom  Jahre  1284—1824  (mit  Einachhiss  der  hn 
Laufe  der  Zeit  ange&llenen  abensbergischen  halsischen  ortenbur- 
gischen,  sowie  der  der  Hochstifte  Freising  und  Passau  und  verschie- 
denen  Klöster  u.  s.  w.),  Oberpfalzische  1329 — 1820,  Leuchten^ 
bergische  1389— 1813,  Neubiuger  1305— 1811,  Brandenburg-Ans- 
bacher  1288—1821,  Regenshurger  1233—1806,  Eichstädter  1294 
-1805,  Bamberger  1125-1812,  Würzburger  1355—1813,  Rhein- 
pfalzer  und  Zweibrücker  1257  —  1819; 

an  Lehen- Amtsbücliern  und  -Akten: 

Bayerische  (wieder  mit  Einschluss  der  vorbemeikten  GrupjM^n) 
1329—1829,  Oberplalzisihe  1404  — 181(),  Leuchtcnbcrgi>che  vom 
Schlüsse  des  XIV.  Jahrhunderts  bis  1818,  Neuburger  1404—1798, 
Brandenberg- Ansbacher  1209—1808,  Regensburger  1320—1815, 
Bäehstfidter  1362—1807,  RhehipfiÜzer  und  ZweibrOcker  1346-1823. 

6.  Archivalien  der  Kreigarchive. 

Aus  dem  Vorigen  erhellt  bereits,  dass  nur  die  Kreisarchive  zu 
Nürnberg  Bamberg  und  Würzburg  die  weitaus  grOsste  Masse  der 
ArduTalien,  die  in  den  Gebieten  entstanden,  aus  welchem  ihr  Kreis 
zusammengesetzt  ist,  beisammen  haben.  Es  entbehren  dagegen 
die  Kreisarchive  zu  München  Landshut  Amberg  und  Neubm-g 
eines  bedeutenden  Theils  der  Arcbi Valien ,  aus  neuerer  wie  aus 


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106 


Lüher: 


ältt  ivr  Zeil ,  welche  leili^rlicli  ilircn  Kn  i-en  an^'eliöreii  und  welche 
aucii  liocli  für  rein  |)raklistlie  Zwecke  Ei>:ebnisse  liefern.  Auch  zum 
Arcliiv  der  Rheinpfulz  gehören  noch  mehrere  Akten,  namentlich 
ZweilMröck«r,  die  iii*s  Reidisarchir  kamen,  weil  die  letzten  Kurfürsten 
aus  der  ZweibrfidEer  Linie  waren. 

Bereits  tet  Vieles  geschehen,  um  die  Akten  und  Amtsbucher, 
deren  die  Kreisarchive  zum  praktischen  Dienst  benöthigt  sind,  ihnen 
wieder  zuzuwepden.  Grändliche  Durchführung  dessen,  was  in  dieser 
Beziehung  noch  nöthig,  hängt  auch  von  der  Beschaffung  grösserer 
Räume  ab.  Einstweilen  wird  durch  Mittheilung  von  Repertorien- 
Abschriflen  geholfen. 

Die  weiter  unten  folgenden  sysleniati<(lien  Uebersichten  der 
Lanelesarchive  werden  deren  jetzigen  Inhalt  no»  h  deutlicher  erkennen 
lassen,  l'n.sere  arrhivalisrhe  Zeitsdirift  ai)or  wird  noch  öflerrielepen- 
ln-it  haht-n,  auf  eluzelne  l)edeuti  iulr  (Jruj>j>en  unil  Serien  aucii  der 
Krei-arciiive,  iiedeutend  für  hlölüriöche  oder  füi-  praktische  Zwecke, 
näher  einzugehen. 

6.  Rftumliche  Zerstflckelung  Ton  Archi  valiengroppen. 

Eine  Kalamität  für  das  bayerische  Archivwesen  bildet  das  Ver- 
hältniss,  in  welchem  sieh  theUweise  der  Inhalt  des  k.  Gehehnen 
Haus»  und  des  k.  Geheimen  Staatsarchivs  zum  Reichsarchiv  be- 
findet. Das  Hausarchiv  ist  in  der  königlichen  Residenz,  das  Staats- 
archiv im  alten  Jesuitengebaude  an  der  Maxburggasse  untergebracht. 
Sie  sind  vom  Reichsarchiv  nicht  bkiss  räumlich,  sondern  vollständig 
auch  in  Verwaltung  und  Beamten  getrennt,  und  hat  das  erslere 
durchaus  keine  andere  Beziehung  zu  jenen  beiden  Archiven,  als  dass 
es  in  der  Verordnung  vom  21.  April  1812  heisst:  »Eine  ungehemmte 
Benützung  des  Hausarchivs  wird  jedoch  dem  Reichsarcbivdirektor 
zur  Unterstülzunir  der  historischeji  Arbeiten  gestallet.« 

Diese  Trennung  bal  wiederlKilt  in  Kreisen  der  Historiker  und 
Archivbeamlen  zu  Kla^n  ii  Vt-ranlussung  ge;-'eben ,  Klagen,  die  nüt 
ungemeiner  Heftigkeit  auch  in  der  Presse  iiireii  Ausdruck  fanden  M- 
Die  Ursache  ist  aber  die  systemlose  Vertlu  ilung  der  .\rchivalien. 
Serien  von  Urkunden  und  Akten,  die  längst  nur  noch  historische 


')  Br>|inier  Wiltflshai  hcr  lUve-t'^n.  i^tutl^'.  1854,  Vormli«.  v.  DriinVl  Brit-te 
und  Akten  zur  Geschichte  des  16.  Jahrhiinderls,  München  1873,  VI— VII.  (Chr. 
Mayr)  Allgemeine  Zeitung  1878  Beil  178. 


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Dan  bayerische  Archivwesen. 


107 


Bcdeuturi}?  haben  un<l  ihrer  tranzcn  Natur  nach  l  in  (Janzes  bilden, 
sind  zerrissen,  und  behnden  sich  ilire  Thcilc  l)ald  in  dem  einen  bald 
in  dem  andern  Archive.  Diese  Zer^tin  kelun;/  jrehl  ohne  irjrend  er- 
kennbaren Zweck  bis  in's  dreizehnte  Jahrhundert  zurück.  I\s  lässt 
sieb  «leshalb  auch  im  Relcbsarchiv,  ehe  dessen  Hauplgruppen  ihre 
nothwendige  Ergänzung  wenigstens  aus  dem  Geheimen  Staatsarchive 
gefunden,  eine  yollständige  Ordnung  und  Repertorisirung  nicht  durch- 
führen. 

7.  Inlialt.silhei-sichl  de»  k.  Geh.  Haus-  und  Staatsarchivs. 

Ueber  die  Bestimmung  beider  Arrliive  war  l>ereits  oben  *)  die 
Rede:  zu  annfdierndei'  Kenntniss  ihres  Inhalts  mö^re  liier  ein''  kurze 
üebersicht  Platz  finden,  die  von  der  Direktion  derselben  verfasst  ist: 

»Das  k.  (  Jeheinie  Hau^arehiv,  welt  iios  dem  regrierenden  flerrseher- 
hau«e  if  inz  eij:en thümlirh  angehört  und  dalier  Iceineui  Fremden 
zugilnglieh  sein  kaini.  uiiil'asst: 

1.  alle  Urkunden  über  (!eburt,  ICrziehung,  Vorsorge  an?  väterlicher 
Gewalt,  Vermählung,  Willwenstand,  .Altieben,  letztuillige  Ver- 
fügungen, iürstl.  Faniiiienbegi-äbniss-Gegenslände,  Fideikommiss- 
sachen,  Kauf-,  Tausch-  und  Schuldensachen,  nach  Hassgabe 
des  königlichen  Fumilienstatutes  vom  5.  August  1819. 

2.  Familienvertrfige,  welche  entweder  das  Gesammthaus  oder  em- 
zelne  Linien  betreifen. 

3.  Gegenstände,  welche  mittelbar  den  hohen  Rang  und  Würden 
der  Familienglieder  berühren,  als  Auszeichnung  durch  Titel, 
Würden  und  Orden,  Ilofzeremoniell ,  hiventar  der  Residenzen, 
Stift  ungsnachrichten  vonHofkirchen,Hofkapellen,  Kunstschätzen, 
AHerthümern  n.  s.  w. 

Die  eigentlichen  Originalurkunden  werden  in  dem  Konser- 
vatorium unter  engem  Verschlusse,  und  die  Akten  oder  die 
auf  erstere  i)ezüglichen  V'erhandlungen  in  dem  Uepositorium 
aufbewahrt. 

Das  k.  Geheime  Staatsarchiv  zerföUt  mit  Rücksicht  auf  die 
Urkunden  und  Akten  vor  dem  Jahre  1799  in  drei  Hauptabthei- 
hmgen,  hidas  kurbayerische,  in  das  kurpfälzische,  und  das 
herzoglich-zweibrückensche  Staatsarchiv.  Jedes  dieser  be- 
sondere Landesarchive  begreift: 


>l  Seite  8S-88. 


106 


Löher: 


1.  Die  Verhältnisse  gegen  das  Reichsoberliau|it,  Kurrecht,  Wahl- 
kapitulation, kaiserliche  Privilegien,  Belehnungs-  und  Bestätigungs- 
briefe. 

2.  Die  Verhältnisse  zum  deutsdieii  Reiche  im  Allgemeinen,  Reichs- 
und Ereisabsduede,  FQrstenrath,  Reichshofrath,  Reicfaskammer- 
gericht,  Reichsanlagen; 

3.  politische  Vereine  und  Konföderationen  mit  auswärtigen  Mächten ; 

4.  Kurvereine; 

5.  Münzvereine; 

6.  Verliältnisse  ZU  einzelnen  deutschen  Hcichsständen  und 

7.  Verhältnisse  zu  den  europäischen  Mächten. 

Diese  Abtlieilnng  nach  Ländern  verschmilzt  nach  Auflösung 
des  deutschen  Reiches  und  nach  Annahme  der  souveränen 
Würde  in  ein  Ganzes ,  welches  das  Königreich  Bayern  in  der 
Gesainmtvereinigung  aller  altern  und  neiuMn  (jchietstheile  als 
souveränen  monarchischen  Slaat  zum  Subjekte  hat,  wobei  als 
Rubriken  erscheinen:  I.  V'erhäUnisse  Uayenis  als  unabhängigen 
monarchischen  Staates;  II.  Verhältnisse  Bayerns  als  Mitgliedes 
des  Deutschen  Bundes;  IIL  VerhfiHnisse  Bayerns  als  Kontrahent 
mit  bundesverwandten  Staaten  fiber  das  Zoll-  und  Handels- 
wesen u.  s.  w.c 


V.  Amtsbibliotheken  und  Handaktan. 

1.  Ansiuiiimlungeu  alU-r  1)  r uc  k  m- Ii  r  i  I  t  n. 

Mit  den  alten  Klostor-  und  Kapitelarchiven  hatte  das  Reichs- 
archiv auch  eine  Menge  historischer,  juristischer,  liturgi^^cher  und 
anderer  alter  Druckwerke  bekoninion.  Dies  gab  den  Grundstock  zu 
einer  Amtsbibliotiiek,  welche  sehr  bald  vermehrt  wurde,  als  die 
Reiclisarchivdirektoren  Ritter  v.  Lang,  Freiherr  v.  Freyberg,  und  Frei- 
herr V.  HomiajT,  alle  drei  viellesendo  Gelehrte,  vielerlei  Bücher  und 
Zeitschriften  anschalUen,  die  ihren  Studien  entsprachen. 

Aus  gleichen  Gründen  hatte  sich  in  den  Archiven  zu  Wfira- 
buig  Bamberg  und  Mflnchen  em  ganz  ähnlicber  Bestand  von  alten 
Bächem  und  Scbriften  angesammdt  Die  Archive  zu  Nürnberg 
Speyer  und  Amberg  bentzen  durch  Ffirsoige  früherer  ArchiTare 
neuere  Werke  historischen  und  topographischen  Ihhatts.  Gerade  an 
solchen  ist  das  Münchener  KreisarchiT  arm,  und  was  in  den  zwei 


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Das  bayerische  Archirweeen, 


109 


andorn  Archiven  sich  an  einer  ei^rentlichen  Aintsl)ibliothek  vorfand, 
konnte  früher  ein  Mann  mit  Leichtigkeit  davon  trapren. 

Aber  auch  bei  säiinatUchen  Archiven,  das  Heichsarchiv  nicht 
ausgenommen,  wurden  vielfach  gerade  archivalische  und  rechts- 
historisehe  und  andere  unentbehrliche  Nadischlagewoke  vermtsst. 
Dagegen  fand  sich  fast  überall  eine  Menge  von  alten  Dedoktioiien, 
Verordnungs-  Sammhingen  und  Ähnlichen  Druckschriften,  die  von 
Niemand  gebfaucht  als  todte  Masse  bloss  den  Platz  wegnahmen. 

2.  Arntsl.ihliothekiii. 

Will  aber  der  Archivbeanile  seine  Berufsaufgaben  zum  Nutzen 
von  Staat  und  Wissenschuft,  flemoinde  und  Familien  ji^ründlich  lösen, 
so  wird  er  oft  in  den  Fall  konmicn,  7.u  den  Archivalien  sich  Finger- 
zeige und  Erläuterungen  /.u  suchen  aus  historischen  tojjographischen 
und  rechtshistorischen  Schrillen.  Noch  mehr  bedarf  er  der  Werke 
über  Staatsverwaltung  und  Gesetzgebung  zum  laufenden  Dienst.  Die 
älteren  und  neueren  paläographischen  und  dipioniü  tischen  Arbeiten 
eröffnen  das  besso«  Verstflndniss  der  Urkunden.  Die  schOnen  Edi- 
tionen von  Gescfaichtsquellen,  die  unserer  Zeit  rechteigentlieh  angehören, 
geboi  erst  die  volle  Fk«ade  an  den  Archivalira,  den  Zei^issen  der 
wirklichen  Geschichte. 

Jedes  wohlausgestattete  Archiv  braucht  also  eigene  Bflcher  in 
Menge,  und  wird  daher  Bedacht  genommen,  für  alle  Archive  plan- 
massig  nach  und  nach  eine  zureichende  Amtsbibliothek  zu  schaffen. 
So  karg  auch  die  Regiemiltel,  namentlich  den  Kreisarchiven  zuge- 
messen sind,  so  wird  doch  jährlich  eine  Summe  für  nücherankauf 
verwendet.  Im  Roicli-an  hiv  steigt  <io  auf  500  bis  TUO  .Mark.  Ausser- 
dem sucht  man  passende  Werke  durch  Austausch  Geschenke  nml 
Zuführung  aus  den  iicgistraturen  der  k.  Stellen  uml  Behörden  zu 
erwerben.  Umgekehrt  aber  entledigte  man  sich  allmählig  des  Wustes 
alter  todter  Druckwerke,  sei  es,  dass  sie  an  die  öffentlichen  Biblio- 
theken Universitäten  und  historischen  Vereine  gegeben,  oder  an 
Makulatuibändler  verkauft  werden. 

Angeschafft  werden  aber: 

1.  Bücher  und  Zeitschriften  fiber  Paläographie,  Diplomatik,  Archiv- 
kunde, und  wo  sie  es  verdienen,  auch  heraldische  und  q)hra- 
gisüsche  Publikalmnen. 

2.  Werke  fOr  administrative,  rechtshistorische,  und  juristische  Be- 
lehrung. 


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110 


Lühi-r : 


3.  Topograi)hisches  und  Kartographisches  über  das  Landgebiet, 
das  im  Archive  vertreten  ist. 

4.  Alle  historischen  Werke  und  Schriften  äl>Gr  dasselbe. 

5.  Soweit  die  Mittel  reichen,  die  besten  Werke  über  bayerische 
und  deutsche  Geschichte  überhaupt,  namentlich  Quellenwerke. 

Gegenwärtig  zahlen  die  Archivbibliotheken 

des  r.(  i  lisarchivs.  ....    15.800  Bände, 

zu  Ainbei{,'   864  „ 

„  Bamberg   1,820  „ 

„  Landshut   576  „ 

„   Müllrlicjl   1,138  „ 


Oefler  noch,  als  in  Büchern,  ist  an  Archiven,  die  einen  grossen 
laufenden  Dienst  haben,  das  Nachschlagen  in  der  eigenen  Manual- 
registratur nöthig.  Die  Menge  der  Verordnungen  über  Einrichtung, 

fJoschältsgang.  Taxen,  Pflichten  und  Befugnisse  will  in  iliiiT  prak- 
tischen Anwendung  wieiierlnjlt  iluidilesen  sein.  Um  die  Gescliichte 
des  Archivs  und  seiner  Tlieile  sich  klar  zu  maclicn,  wird  man  auf 
die  alleren  Akten  •/urückg'reifen.  Es  sammelt  sieh  aber  auch  ein 
dankbariT  Sind"  über  die  Archivbenüfzuii'j.  in  welchen  bei  ;\hiilichen 
Fällen  (Mwün-t  hte  Helehruiitr  /.n  finden.  Wiederholt  endlieh  kann 
der  Archivar  in  die  La^'e  kcminien.  über  ilas,  was  im  Arehive  ^'o- 
schehen  i.>l,  iSacliweis  zu  geben.  (Jerade  weil  die  Archive  öneiitliclies 
Staatsgut  von  Werth  verwalten,  so  wird  darauf  gesehen,  dass  bei 
allen  Archiven  in  der  Kanzlei  über  Dienstsachen,  in  denen  Oberhaupt 
schrifUlch  gearbeitet  wird,  sofort  Handakten  angelegt  werden,  und 
überhaupt  diese  Registratur  fibersichtlich  geordnet  und  verzeichnet 
werde. 

Es  ergeben  sich  von  selbst  Akten-Abtheilungen  für  die  Geschichte 
der  Anstalt,  für  die  Herkunft  und  Zusammensetzung  der  Ardiivtheile, 
für  den  früheren  und  spät  tuen  Personalstand,  für  die  allgemeinen 
VerordnunL^'n.  und  für  die  Archivlienützunp,  die  sich  wiederum  gliedert 
in  die  Arbeilen  fiir  den  Staat,  für  Vermögensinteressen  der  Genieinden 
und  Privaten,  und  füi-  historische  und  genealogische  Forschung. 


„  Neu  bürg 
Nürnberg 

„  Speyer  . 
Würzburg 


8.  Handakten. 


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Das  bayerinrhe  Archivwesen. 


III 


Was  zum  laulVndeii  Dieii.st  nocli  Nutzen  l)rinfrt,  nnis>  bostimdig 
zur  Hand  sein,  das  Utbrige  wird  von  Zeit  zu  Zeil  ausgeschieden  und 
im  Archiv  hinterlegt. 

VI.  Beamte. 
1.  Rflckblick. 

Vor  65  Jahren,  als  das  Reichsarchir  gegründet  wurde,  erfreute 
es  sich  &nes  Beamten  mehr,  als  es  jetzt  besitzt.  Es  hatte  nämlich 

damals:  zwei  Vorstände,  den  Reiclisarchivar  für  den  Staatsdienst,  den 
Reichsarehivdirektor  für  den  wissenscliafliichen  1)1»  nsl  und  die  Ober- 
leitung. Jetzt  dagegen  l)csitzl  das  Reiclisarcbiv  »bei  Abschreiber 
mehr.  Was  die  Kreisarcbive  beirifn,  >o  \nn<lt'  (he  Beanitenzahl  in 
demsf'lben  Zeitraum  bei  einem  um  (h'ei  vermindiTl,  bei  einem  an- 
dern um  einen  erhöht;  jedoch  gewannen  auch  sie  bedeutend  an 
Schrei  bhült'e. 

Die  Vermehrung  iler  Arl)eitsla>t  aber  war  in  den  letzten  25  Jahren 
an  allen  Archiven  belrächtlii  Ii.  Das  lleich-ari  luv,  bei  welchem  das 
Fallen  oder  Steigen  der  Geschällsnumraern  in  der  Kegel  genau  Meh- 
rung oder  Minderung  der  Geschäfte  ausdrückt,  hatte  z.  B.  Geschäfls- 
nummern 


1812 

von 

Ende  April  bis  Dezember 

520 

1813 

Januar  bis  Dez^ber 

651 

18U 

II      II  II 

602 

1830 

II      II  II 

575 

1840 

II 

»j      11  1' 

589 

1851/52 

M 

Oktober  bis  Oktober 

lOfiO 

tl 

II      II  II 

1202 

1864/6Ö 

it 

11  1' 

1891 

1870 

II 

Januar  bis  Januar 

2023 

1873 

»» 

II      tl  II 

2689 

1874 

1» 

II      II  II 

2721 

1875 

1» 

11      11  11 

2(11;:» 

Durehschnlttlieh  «teilte  sich  also  die  Arbeitslast  in  tien  letzten 
drei  Jahren  etwa  lünfmal  höher,  als  ein  den  ersten  drei  Jahrzehnten 
des  Reichsarchivs.  Zugleich  zeigte  sich  in  den  beiden  letzten  Jahr- 
zehnten eine  beständige  Zunahme  der  Geschäfte,  während  erst  in  den 
letzten  Jahren  ihre  Zahl  sich  ziemlich  gleichblieb.  Der  Grund  liegt 
zum  Theil  in  der  vermehrten  Benützung  der  Archive,  und  die  Be- 


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112 


Löher: 


nülzung  vermehrte  sich  mit  der  steigenden  Leistungsfähigkeit.  Diese 
aber  hängt  von  ihrer  besseren  Ordnung  und  Reperlorisirung  ab,  für 
welche  jetzt  ungleich  mehr  als  ehemals  geschieht,  und  damit  hängt 
wieder  eine  Steigerung  der  Thätigkeit,  wie  in  Zuleitung  der  Archi- 
vaiiai,  so  audi  in  allen  andern  Zw«gen  des  Archivdienstes  zu- 
sammen. 

Wenn  nun  in  65  Jahren  wohl  die  Abschreiber,  nicht  aber  die 
Beamt^  vermehrt  worden,  gleichwcdil  atter  jetzt  unverhältnissmässig 

mehr  geleistet  wird,  so  Ifisst  sich  das  nur  orreichen  durch  Mehrarbeit, 
durch  zweckmässige  Vertheiluntr  derselben,  durch  Steigerung  der  An- 
forderungen an  diejenigen,  die  mittlerweile  in  den  Archivdienst  ein- 
traten oder  darin  vorrücken  wollten. 

S.  Personalstand. 

(Jegeiiwrirtig  stellt  sich  der  FV'rsonallM'stunil  wie  folgt: 

Das  Ueiclisardiiv  iiat  1  Vorstand  3  Käthe  1  Assessor  3  Se- 


kretäre 8  Akzessisten  und  Praktikanten  2  Kanzlisten  (Funktionäre), 
und  2  DiaifflT,  vcm  denen  einer  zugleicii  Eopistendienste  leistet. 
Das  Kreisarchiv  zu 


Amberg  hat  1  Archivar,  1  Sekretär,  1  Funktionär, 

1  Diener, 

Bamberg  „  1 

*» 

2 

tt 

1 

»» 

1  1. 

Landshut  „  1 

1 

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1 

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München  „  1 

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Neuburg    „  1 

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Nürnberg  „  1 

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Speyer      „  1 

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1 

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»1 

1  H 

Würzburg  1 

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2 

11 

0 

1 1 

1  „ 

hn  Ganzen  arbeiten  jetzt  an  dou  M  An  luven  I  Direktor  3  Reichs- 
archivräthe  8  Kreisarchivare,  von  denen  der  zu  Hamberg  Reichs- 
archivrath ist,  1  Reichsarchivassessor  3  Ueiclisarchivsekreläre  10  Ar- 
chivsekretäre 8  Akzessisten  und  i'iaktikanten  12  Funktionäre  und 
11  Diener  —  also  57  Angestellte  im  Ganzen. 

8.  Anstellunrsweise. 

Das  Prinzip  des  Dienstalters  erstens,  die  Rücksicht  zweitens  auf 
die  besondere  Befähigung,  welche  zur  Lösung  der  Aufgaben  eines 
Vorstandes  an  den  verschiedenen  Ardiiven,  sowie  zu  den  Stellen 

am  Reichsarchiv  gehört,  die  Erwägung  drittens  der  gcsammten  Di«ist- 
führung  geben  die  Normen  bei  Begutachtung  zu  Anstellungen. 


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Dtts  bajrerische  Archivwesen. 


113 


Sämmtlirho  Archivbeamte  werden  von  Sr.  >fajestäl  dem  Könige  • 
ernannt;  der  KeiL'hsarcliivdiroktor  wird  vom Slaatsminister  des  Innern, 
sämintlirhe  übrige  Beamte  werden  vom  Keichsarchivdirektor  dorn 
Minister  und  von  diesem  Sr.  Majestät  vorgeschlagen  und  hcgutachtol. 

Die  Zulassung  zur  ainllirhen  Vorbereitung  (Praxis)  für  den 
Archivdienst,  sowie  die  Aufnahme  der  Kanzlisten  (Funktionäre)  er- 
folgt auf  Antrag  des  Reichsarchivs  durch  den  Minister. 

Die  Diener  an  den  Ereisarehiven  stellt  der  Reichsarchivdirektor 
an,  die  Diener  am  Reichsarchiv  der  Minister.  Jedoch  wird  kein  An- 
derer als  Diener  angestellt,  als  wer  nach  mehijährigem 'Dienst  unter 
den  Waffen  von  der  Militärbehörde  einen  Zivilanstellungsschein  er- 
halten und  ehie  genägende  Handschrift  dargethan  hat,  demgemäss 
auch  m  die  Liste  der  Anstelluugsbefiihigten  bei  dem  Reichsarchiv 
eingetragen  ist. 

4.  D  i  e  n  H  l  e  i  d. 

Niemand,  auch  kein  Diener  oder  Funktionär  oder  Praktikant, 
wird  in  ein  k.  Archiv  aui'genommen,  ohne  dass  er  vorher  feierlich 
verpflichtet  worden. 

Dabei  schwört  der  Archivbeamte,  sowie  der  Archiv-Praktikant, 
gleichwie  jeder  andere  Staatsbeamte: 

Treue  dem  Könige,  Gehorsam  dem  Gesetze,  und  Beobach- 
tung der  Staatsverfassung,  ferner,  dass  er  den  Nutzen  Sr.  Majestät 
des  Königs  fördern  und  Schaden  ihm  abwenden  wolle,  — 

femer  gebbt  und  verspricht  er,  dass  er  keinem  Vereine, 
dessen  Büdung  dem  Staate  nicht  angezeigt  ist,  angehöre  noch 
je  angeboren,  —  sowie  dass  er  die  ihm  zukommenden  Obliegen- 
heiten und  Pflichten  stets  willig,  getreulich,  und  gewissenhaft 
erfQllen  werde. 

Kofnsten  Schreiber  und  Diener,  die  sämmtlich  nicht  Beamten- 
rechte  haben,  werden  noch  besonders  eidlich  verpflichtet : 

keine  Urkunden,  Akten,  oder  anderes  ardiivaliscbes  £igen- 

thum  zu  entfremden  oder  zu  versrhleppen, 

uTifer  keiner  Bedingung  Archivalien  oder  Akten  nach  Hause 

nutzuiu'hnien. 

von  dem  ilinen  in  ihrei-  diinsflichen  Stellung  Anvertraiilen 

oder  son.-t  kündbar  CJewonlem  iii   keinem  Uidjerulenen  unter 

irgend  einem  V'orvvand  Mittheilung  zu  machen, 
AreUvallMke  SSoltselirtft.  I.  8 


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114 


Loher: 


den  Inhalt  und  Wortlaut  dor  Sdiriftf^n ,  welche  ihnen  bei 
ihren  ihenstlichen  Arbeiten  unter  die  Hände  kommen,  sorg- 
fältig zu  verscliweigcMi, 

die  Mundirungs-  Kopirung?-  und  andere  Arbeiten  genau 
und  sorgsam  zu  fertigen,  und  namentlich  den  Inhalt  d&e  Ur- 
kunden und  Aktenstücke  weder  durch  Zusätze  noch  durch 
winkührliche  Auslassungen  zu  ändern, 

jederzeit  nach  Kräften  für  die  Konserrirung  der  Archivalien 
und  des  archivalischen  Eigenthums  Sorge  zu  tragen, 

ihren  Vorgesetzten  stets  willigen  und  pünktlichen  Gehorsam 
zu  leisten, 

endlich  sich  ausserhalb  ihrer  dienstliehen  Verrichtungen  dnes 
anständigen  und  sittlichen  Wandels  zu  beileissigen. 

ft.  Rechte  der  Archivbeamteiu 

Die.si'  können,  ^'leiclnvie  andere  bayerische  Beamte,  sobald  die 
ersten  drei  Jahre  nach  der  Anstellung  nli^jelaufen  sind,  zwar  in  Folge 
einer  administrativen  Erwägung  oder  organischen  Verfügung  versetzt 
oder  quieszirt  oder  entlassen  Averdcn,  behalten  aber  in  allen  Fallen 
von  ihrem  Gehalt  im  ersten  Jahrzehnt  sieben,  im  zweiten  acht,  im 
dritten  neun  Zehntel.  Nach  vierzig  Dienst-  oder  siebzig  Lebens- 
jahren steht  ihnen  das  Recht  zu,  ihre  Versetzung  m  den  Ruhestand 
zu  verlangen,  und  zwar  der  Siebzigjährige  mit  BeibehaRong  des  vollen 
Gehalts.  Ihre  Wittwen  haben  Anspruch  auf  em  Fünftel  dieses  Gehalts, 
und  von  diesem  Fünftel  wieder  auf  an  Fünftel  für  jedes  Kind,  das 
noch  nicht  zwanzig  Jahre  alt  oder  zu  Stande  gekommen. 

Die  Akzessistra  und  Praktikanten,  sowie  die  Kanzlcifunktionäre 
und  Diener  können  dagegen  durch  ministerielle  Verfügung  entlassen 
werden,  haben  jedoch,  falls  nach  längerer  braver  Dienst führung  ohne 
ihre  Schuld  Untauglichkeit  eintritt,  sichere  Aussicht  auf  Sustentation. 
Erwägung  möchte  aber  verdienen,  ob  nicht  auch  die  Kanzli^ten  und 
Diener  an  den  k.  Archiven,  wenn  sie  nach  eint^'en  Jahren  ProlK'zeit 
sich  bewährten,  fest  angestellt  werden  kcmnen.  Funktionäre  auf  Ruf 
und  Widerruf  anzustellen  ist  französische  Weise,  nach  welcher  der 
Beamte  abhängig  ist  vom  Wink  und  Willen  der  Vorgesetzten.  In 
Deutschland  fasst  man  das  öffentliche  Amt  als  einen  ehrenvollen 
Beruf  auf,  in  welchem  ESner  sein  Lebelang  mit  seinem  ganaen  Wissen 
und  Wollen  aufgeht.  Zu  solcher  Stellung  darf  man  auch  die  Ktastr 


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Du  bayeri.scbe  Archivweäen. 


115 


listen  und  Diener  an  den  Archiven  erheben,  da  ihnen  ohndiin  so- 
Tiel  anvertraut  werden  muss. 

VII.  Autblldang  zum  liUieren  ArclihriHtntL 

1.  Vorbedingung. 

Um  sich  zur  Anstellunfr  im  höheren  Archiv(hon.-t  zu  befähigen, 
ist  na«  h  jt'tziger  Observanz  die  Vorbedin}.'un^'  eiiinial  Gymnasial-  und 
I  niver.-itätsbiidung,  sodann  theoretisch-praktisclie  bchule  an  einem 
Arcliiv. 

Der  Archivdienst  erfordert  nictit  bloss  ein  prr.-.sores  .Mass  von 
Kenntnissen,  sondern  vorzugsweise  logische»  Denken  und  klare  be- 
stimmte Ausdnid[8«dse,  wie  sie  das  Gymnaäum,  —  er  verlangt 
femer  fireie  wissenschaftliche  Thätlgkeit,  wie  sie  die  Universität  an- 
gewöhnt. Nur  ein  vorzugliches  und  ernst  strel)endes  Talent  kann 
durch  Sdbstbelehrung  nachholen,  was  ihm  durch  Nichtbesuch  jener 
Erziehungsanstalten  des  Geistes  entgangen  ist.  Kommen  noch  ein 
oder  zwei  Jahr  praktischer  Beschäftigung  bei  einem  Gerichtshof, 
einem  Notar  oder  Advokaten,  oder  bei  einer  Re^'ierung  dazu,  so  ist 
die  Vorbiklung,  wie  sie  zum  Eintritt  in  die  archivaliscbe  Vorl)erei- 
tung  zu  wünsciien,  vollständifr  vorhanden. 

Den  Vorzug'  lind<'n  also  angehende  Justiz-  und  Verwallungs- 
beamte,  wclclie  ihr  Staatsexamen  mit  einer  ^'uten  Note  bestanden. 
Juristische  (lewandtheil,  welclie  lier  niatlieiiiatisriu  n  ähnlich  ist,  weil 
sie  Thatsacheii  auf  bestimmte  Fra;^en  uml  Verhältnisse'  anwendet, 
ist  im  Archivilienst  vorzugsweise  förderlich.  Jener  Aueschuss  aber 
an  Praktikanten  und  Akzessisten  (Referendarien),  welchen  die  Justiz 
und  Verwaltung  nicht  mag,  lässt  sich  noch  weniger  im  Ardiivwesen 
verwenden.  Soll  dieses  gedeihen,  so  braucht  es  verhältnissmSssig 
mehr  Talente,  als  andere  Zweige  des  Staatsdienstes. 

Nach  Jenen  sind  erwünscht  junge  Gelehrte,  die  als  Juristen, 
Historiker,  oder  Phik>logen  den  Doktorgrad  bereits  besitzen  oder  diesen 
Schmuck  sich  noch  verdienen  wollen. 

In  dritter  Linie  stehen  alle,  die  in  der  juristischen,  staatswirth- 
schafllichen ,  oder  philosophischen  Fakultät  vollständig  ihre  Studien 
gemacht  haben,  besonders  wenn  sie  schon  auf  der  t 'niversität  auch 
sich  der  Geschichte  Hechtsgeschichte  und  des  Lesens  alter  Schriften 
betleis-igten.  Bt'i  Theülo;.ren  und  Medizinern  waltet,  wenn  sie  nicht 
besondere  Liebe  zur  historischen  Wissenschaft  bekunden,  das  Be- 


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llü 


Lüher: 


denken  vor,  ob  sie  noch  ssämmtliche  für  den  Archirdienst  erforder- 
lichen Studien  nachholen  werden. 

Alle  aber,  die  nicht  bereits  ein  Staatsexamen  oder  eine  Doktor- 
prüfung bestanden,  müssen  sich  noch  einer  kurzen  Prüfung  (Ten- 
tarnen)  auch  am  Reichsarchiv  unterziehen,  um  zu  beweisen,  dR^s 
sie  in  der  Geschidite,  wo  möglich  auch  in  Rechtsgescbichte  und 
Paläographie,  die  ndthigen  Studien  gemacht  haben. 

2.  I'  r  a  k  t  i  (■  h  e  A  r  c  h  i  v  s  c  h  u  I  e. 

Diese  schreitet  fori  vom  Ordnen  und  Verzeichnen  und  Rci)erlori?irt  n 
leichterer  Akten  /.u  niciir  verworren ori,  -  vom  I^e.-cn.  Kopiren,  Aus- 
ziehen, Bi  >(  lireil)en  und  Hefristriren  deutlicher  l>icunden  und  Kodi'/.es 
des  IIohen>laureii/eit;iII<'r-  bis  zu  den  schwierigeren  des  lYintV.elinfen, 
siebzehnten  und  aciil/chnteii  Jahiiiimderls,  —  von  der  i'eiliüHe  in  der 
Kanzlei  bis  zur  Führung'  der  (les(  liätt>i)ücher.  —  vom  Recheixliiren  in 
vorgelegten  Archivahen  bis  zu  äelijslstündijrer  Xachforstiiung  in  den 
Rcpertoden  und  am  Fach,  —  vom  Entwerfen  kurzer  amtlicher 
Schreiben  bis  zum  Ausarbeiten  grösserer  Bericlite,  welche  das  Er- 
gebniss  von  Nachforschungen  und  das  Gutachten  auf  gestellte 
praktische  oder  historische  Fragen  darlegen. 

Der  angehende  Archivbeamte  soll  sich  in  allem,  was  im  Archiv- 
dienste vorkommt,  gründlich  unterrichten  und  förderlich  arbeiten 
lernen.  Zu  dem  Ende  wird  er  auch  einzelnen  Referenten  zugeordnet, 
welche  seine  Urkundenkopien,  seine  Repertorien  und  Re^'  -  ti  n.  sowie 
seine  Entwürfe  zu  amtlichen  Schreiben  durchsehen  und  nach  Befund 
lehrend  korrigriren.  Ein  vorzügliches  Mittel  der  praktischen  Ausbil- 
dung ist  die  Zuzielunivr  zu  den  Visitationen  der  Kreisarrhive. 

Die  ersten  Jahre  in  dieser  praktiselien  Arrhivsrhnle  arbeitet  der 
angehende  Areliivbeamte  an  der  Areliivzonlralstelli'.  Naheil  sich  die 
Zeit,  wo  sich  die  Hoirnuii'-'  auf  Anstellung  erötTiu  t ,  so  wird  er  an 
ein  Kreisarchiv  auf  ein  halbes  Jahr,  nach  Umständen  auch  auf 
längere  Zeit  versetzt,  um  dort  unter  der  Leitung  des  V^orstandes  sic  h 
in  allen  amtlichen  Dingen  und  Aufgaben  umzuthun.  Ein  und  an- 
derer Bericht  des  Kreisarehivs,  welchem  die  bezügllehen  Arbeiten 
und  Manualakten  beiliegen,  gibt  dem  Reichsarchivdirektor  die  Be- 
weise, ob  die  Ausbildung  im  praktischen  Ai-chivdienste  fOr  genügend 
zu  erachten  oder  was  darin  noch  fehlt. 


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Das  bayerische  Arebirwes«!. 


117 


8.  Theoretische  Arehivsehule. 

Hand  in  Hand  mil  dieser  praktischen  Ausbildung  gehl  die 
wissenschaftliche. 

Diese  besteht  erstens  im  Besuch  von  Vorksungen  auf  der  Universität 
und  des  historischen  Seminars.  Welche  Vorlesungen  naehgehOrt 
iverden  mCtesen,  hängt  von  dem  früheren  Bildungsgange  ab.  Als 
nothwendig  gelten  folgende:  deutsche  Staats-  und  Rechtsgescfaichte, 
deutsches  Privatrecht,  Ehrchenrecht,  —  Paläographie  und  Diplomatik, 
—  historisches  Seminar,  nm  sich  in  Bdiandlung  und  Verwcrthung 
historischer  Quellenschriften  zu  üben,  —  femer  deutsche  und  bayerische 
(iesdiichte,  —  als  nülzUch:  bayerisches  Verfassungs-  und  Verwal> 
lungsreciit,  und  Alt-  und  Millclliotlideulsch. 

Am  R<'ichsarchive  aber  hält  zuvitons  iler  gcrrenwärli^'o  Vorstand 
alhvöchcntlich  ein  diplomafiscli-archivalisches  Seniinar,  in  uckhfni 
Vorträge  und  Erörlornnfren  über  paläograpiii^cln' .  diploniatin  he, 
rechlshistorische  und  aichivalische  I'^ragen  Statt  limlon,  und  von  Zeit 
zu  Zeit  wissenschaftliche  Abhandlungen  aufgegeben  und  rezensirt 
Wiarden. 

Diese  Arehivsehule  verdiente  wohl  mehr  ausgid>ildet  und  fester 
begründet  zu  werden.  Es  gibt  so  Manches,  was  dem  angehenden 
Archivbeamten  zu  wissen  nöthig  ist,  und  worüber  er  stdi  in  Büchern 
nur  sdiwierig  Raths  eriiolt.   Wie  lange  dauert  es  nicht,  bis  er  m 

der  Menge  von  Verordnnnfron  und  Erlassen,  nach  denen  er  spfder 
ein  Archiv  verwalten  soll,  sich  zu  Hause  fühlt!  Lernt  er  dalR>i  auch 
(las  Archivwesen  in  andern  Ländern  kennen ,  so  bieten  sicli  ihm 
belehrende  Vergleiche  von  ^elb-f  dar.  Die  schriflliclien  Arbeiten  aber 
und  die  freien  mündlichen  Erürtenmp  ri  :_'el)<'ii  den  besten  Massslab, 
um  den  Fortschritt  in  wissenschaftlichen  Studien  zu  prüfen. 

4.  Honorirung  der  Reiehsarchivaksessisten. 

Da  bei  den  wenigen  Arcliivstellen  vom  Eintritt  in  die  Archiv- 
praxis eine  Heilie  von  Jalu'en  vergehen  kann,  \As  ein  Akzessist  an- 
gestellt wird,  andererseits  aber  die  innere  Ordnung  Repertorisirung 
und  Regestirung  der  Archivalienmassen  im  Reichsarchive,  wenn  sie 
lege  fortschreiten  soll,  gerade  auf  die  Beihülfe  junger  rüstiger  Arbeits- 
kräfte angewiesen  ist:  so  ist  nunmehr  die  Emrichtung  getroffen, 
dass  fünf  dieser  Stellen  dothi  worden,  und  zwar  mit  einem  Minimal- 
bezug von  1101  RM. 


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118 


Es  ist  dadurch  Gelegenheit  gopebcii,  junge  wissenschaftliche 
Talente  zum  Arrhivdienst  heranziizielien  und  dnrin  festzulialh-'n. 
Wollen  sie  während  ihrer  Vorbereitungszeil  am  Reiclisarchiv  zugleich 
sieh  als  Privatdozenten  an  der  rniver>ität  ausbilden,  so  u^ewäiuen 
die  Nachmittags-  und  Abendstunden  freie  Zeit  zu  Vorlesungen. 

6.  Archivexamen. 

Wenn  sich  an  einem  Archiv  die  Stelle  des  Sekretärs  eröfihet, 
80  hat  in  der  Regel  der  älteste  Akzessist  am  Reichsarchiv  den  An- 
spruch darauf,  muss  jedoch  seine  Beföhigung  erst  durch  ein  münd- 
Kdies  Examen  vor  dem  ReidisarchiTvorstande  und  eine  schriftliche 
Probearbeit  darthun. 

Das  Examen  besieht  in  Fragen  und  Aufgaben  aus  dem  deljiete 
der  deutschen  Staats-  und  Rcchtsgeschichte ,  des  deutschen  Prival- 
und  Lehensrechts  mit  Ix'soiiderer  Rücksicht  auf  frühere  und  noch 
bestehende  Provinzialrei  lile  in  Bayern,  dos  bayerischen  Verfassungs-und 
Verwaltungsrecht.s,  (lc<  KiirlKMiirciits,  (l<'r  bayerischen  rHScliicble.  der 
deuts<  lien  und  europäisclien  nosrhichle,  der  mittelalterlichen  (Jeographie 
Deutschlands,  der  Palaographie,  Diplomatik,  ujid  Archivkunde. 

Die  schriftliche  Probearbeit  besteht  in  einer  kleinen  wissenschaft- 
Hchen  Abhandlung  oder  in  der  Behandking  eines  praktischen  Falles. 
Sind  boreits  durch  eine  TerOffentlichte  Arbeit  Kenntnisse,  logisches 
Denken  und  Stil  hinlänglich  dargethan,  so  kann  die  Probearbeit  er- 
lassen worden. 

Nor  in  solcher  Weise  vorbereitet  und  durch  Prüfung  bewährt, 

geben  die  angehenden  Archivbeamlen  Sicherheit,  dass  sie  ihrer  sechs- 
üacben  Pflicht  genügen  werden,  nemlich  der  kundigen  Konservirung 

der  Archivalien,  —  ihrer  richtigen  Einthcilung  Ordnung  und  Ver- 
zeichnung, —  detn  Dienste  für  die  Staatsgescluifle,  —  dem  Dienste 
für  die  Archivbeiiützung  durch  Private,  —  dei-  Kru^nuzung  der  An  hiv- 
bestaude,  —  uiid  der  Obsorge  über  die  im  Lande  umher  zerstreuten 
Archivalien. 

Wie  nun  in  diesen  sechs  Dienstzweigen  in  den  bayerischen 
Archiven  die  Arbeit  eingerichtet  ist,  soll  nunmehr  kurz  und  über- 
sichtlich hier  zusammengestellt  werden. 


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Das  bayeiibche  Archivweüea. 


119 


Vni.  Konservirang  der  Arehivalien. 

1.  Sicherung  gegen  Feuersgefabr  im  Reichsarchiv. 

Die  Massregetn  und  Voifcdirongent  die  gegen  GeMa  von  Feuer 
Einbruch  und  Ärcliivalienrerderb  getroffen  sind,  bewiesen  sich  bisher 
als  völlig  ausreichend. 

Das  Reichsarchiv  sieht  ringsum  frei ,   an  seine  Umfassungs- 
mauer Stessen  nur  Gärten  und  Höfe,  sämmtlirho  Säle  und  Zimmer 
sind  feuerfest  von  Stcinrn  anff.'eführt  und  gewölbt.  Aus  den  beiden 
Hofbrunnen  lässt  sich  (lurch  Pum]K"n  das  Wasser  durch  eine  Rüliren- 
leitung  in  die  Abiheilungen  des  (iel)äudes  lreil>eii.     Da  wo  die 
Kralmen  zu  Tage  stehen,  hängen  daneben  in  einem  Kaslcn  die 
Scliläuche,  welche  leiclil  sich  ansdirauben  und  in  ihrer  Länge  durch 
die  SSIe  fShren  lassen.  Ausserdem  gibt  es  Handspritzen  und  Feuer- 
eimer. In  den  Gittern  der  Fenster  befinden  sich  an  gewissen  Stellen 
grosse  Oellhungen,  die  von  innen  au&uschliessen:  unter  diese  Gitt^ 
ölltaungen  können  draussen  Wagen  vorfahren,  welche  die  Archivalien 
aofhehmen.  Die  Urkundenk&sten  aber  sind  so  emgerichtet,  dass 
man  sie  mit  ihrem  Inhalt  verschliessen,  aus  ihren  Behältern  heraus- 
ziehen und  durch  die  GitteröfTnungen  liinaiis^rhieben  kann.  Zur 
Hülfeleistung  muss  bei  Feuerausbruch  in  der  Nälie  des  Gebäudes 
die  nächste  Kaserne  eilends  1  Offizier  mit  4  Unteroffizieren  und 
50  Mann,  und  das  nächste  Zeughaus  12  Deckehvagen  schicken,  und 
jeder  Angeslellle  sofort  sich  im  Archive  einfinden.  Eine  genaue  In- 
struklion  regelt  für  solchen  Fall  ihr  Verhallen.    Ausserdem  ist  mit 
der  vortrcll Hellen  freiwilligen  FeiKTWchr  ein  Ahkürnmen  getrofTen, 
demzufolge  diese  sofort  jede  Art  von  Hülfe  leibtet.   Als  Bergungsort 
ist  für  den  Augenblick  einer  wirklichen  Gefahr  der  grosse  Rathhaus- 
saal bestimmt  Die  Oberieitnng  der  sftmmtlichen  Lösch-  und  Rettungs- 
anstalten steht  bei  Ausbruch  eines  Feuers  dem  königlichen  Polizei- 
direktor zu. 

Die  Kaminöfen  und  Rauchröhren  werden  alle  vierzehn  Tage 
unter  Aufsicht  des  Hausmeisters  rein  gekehrt  Allmonatlich  werden 
in  Gegenwart  eines  Archiv-  und  eines  Bibliotliekbeamten  die  Brunnen 
Pumpen  Rölirenleitung  Ppril/en  und  Schläuche  probirt,  ob  Alles 
noch  in  gutem  Stande  ist,  und  über  den  Befund  ein  kurzer  Vermerk 
angenommen,  welcher  den  Direktoren  vorgf leert  wird.  Ausserdem 
findet  zweimal  im  Jahre  eine  grosse  Generalprobe  Statt.   Auf  den 


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120  Loher: 

Speichern  aber  stehen  Wasserznber,  die  Tom  Mai  bis  OIctober  gefüllt 
gehalten  werden. 

Gehazt  wird  das  Reicbsarchiv  durch  warme  Luft,  welche  aus 
den  Kellern,  wo  sich  die  Oefen  befinden,  durch  feuerfeste  Kamine 
in  die  Geschäftszimmer  geleitet  wird. 

Zu  grösserer  Sicheilit  it  ijezieht  im  Gebäude  eine  Feuerwache 
von  zwei  Mann  jeden  Abciitl  ihren  Posten  und  muss  in  der  Nacht 
Wiederholl  Gänge  und  Treppen  begehen. 

2.  Feuersicherheit  der  Kreisarehtve. 

In  keinem  Archive  darf  —  ausser  bei  Pa(  ken  und  Siegehi  — 
Licht  gebrannt  oder  geraucht  werden,  auch  im  Reichsarchive  nicht. 

In  den  Kreisarchiven  stehen  zwar  die  geheizten  Oefen  in  den 
Geschäftszimmern,  jedoch  sind  diese  ebenso,  wie  im  Reichsarchiv, 
überall  von  den  Ärduvsälen  durch  Gänge  getrennt  oder  wenigstens 
durch  eiserne  Tfaüren  abgeschlossen.  Bei  Verlassen  des  Ardiivs 
wird  überall  sorgfältig  nachgesehen.  Der  beste  Schutz  der  Archive 
aber  besteht  darin,  dass  sie,  das  Nürnberger  ausgenommen,  sich  in 
Gebäuden  oder  Scblosstheilen  befinden,  welche  nicht  bewohnt  werden. 

Sollte  aber  dennoch  Feuer  ausbrechen,  so  nehmen  die  Archive 
in  Bamberg  Landslmt  Neuburg  und  Würzburg,  welche  in  königlichen 
Ro-idenzschlössern  lagern,  an  deren  Lüschgerüthen,  nächtlichen  Wacht- 
posten, und  son.^tifren  Vorkehrungf^n  TIkmI.  Auf  der  hohen  Trauss- 
nitz  bei  Landshut,  wohin  das  Wasser  scliwiei  ig  zu  leiten,  ist  wenigstens 
soweit  ^'esorgt,  dass  vor  der  Burg  Wasser  sich  in  grossen  Behälteni 
samnK'll ,  und  in  «ler  Burg  Wasser  in  Brunnen  und  Kufen ,  sowie 
Fouers|iri(zen  Löscheimer  Leitern  und  Haken  vertlieilt  sind.  Solial«!  die 
Kapeilcngiocke  auf  der  BurgertTnil,  eilen  von  imten  aus  dt  r  Sla<il  Büi  ger 
und  Soldaten  zur  Hülfeleistung  herauf.  Eine  Löschkoinmission,  aus 
Stadt-  und  Arehivbeamten  bestehend,  führt  beständig  Aufsicht,  ob  die 
Vorkehrungen  gegen  FeuersgeCahr  sich  in  gutem  Stande  befinden.  . 

In  sämmtlichen  Kreisarchiven  sind,  wie  ün  Reichsarchiv,  Laternen 
mit  aufgesteckten  Kerzen,  sowie  Tragbahren  und  TragkSrbe  durch  die 
Säle  vertheilt.  Wie  auf  der  Traussnitz  stehen  auch  ui  den  Archiven  zu 
Neuburg  und  Speyer  gefüllte  Wasserkufen  auf  den  Gängen.  Die 
Kreisarchive  zu  Anil)erg  München  und  Speyer  haben  ihre  eigenen 
Spritzen  und  Löschgerälhe,  zu  Neuburg  werden  sie  jetzt  angeschaflPL 
Am  meisten  Gefahr  hätte  das  Archiv  zu  Nürnberg,  jedoch  unter- 
hält das  Rathhaus  eine  Feuerwache  und  reichlidies  Löschgeräth. 


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Das  bayerische  Arcbivwesen. 


121 


Von  der  Stadtkoni mandanLsclialt  rnü?scn  sich  Hort  bei  Feuerausbruch 
sofort  2  Unteroffiziere  mit  25  Mann  und  3  Deckelwagen  im  Archiv 
änfinden,  und  ist  eine  Kirche  zum  Lagerplatze  bestimmt. 

9,  Sicherung  gegen  Einbrnchsgefafar. 

Alle  Archive  wurden  in  Üestgemauertöi  Sälen  und  Gewölben 
untergebracht,  in  wichen  sämmtliche  Sftle  dunA  starlce  feste  Thfiren 
wohl  verschlossen,  die  im  Reichsarchiv  von  Eisen  und  auch  in  den 
Kreisarchiven  jetzt  der  Art  sind ,  dass  sie  ohne  Schlüssel  sich  nur 

durch  längere  Anwendung  von  Gewalt  wfirden  öifhon  lassen.  Schad- 
hafte Tliüren  oder  Sclilösser  wurden  durch  neue  ersetzt.  Säinnüliche 
Fenster,  wenn  >ie  nicht  sehr  hocli  über  dem  Boden  sich  befinden, 
sind  in  den  ArchiviMi  >fari<  vcr^MH<'it. 

Im  Reidi.sarchiv  lial)on  Hausinoister  und  Thürstchor  streng 
darauf  zu  adilcn,  dass  sich  nicht  utib('fti^.tr  Personen  in  den  Gänfren 
und  Höfen  aufhalten,  und  nicht  verdeckte  Körbe  oder  Kisten  heraus- 
gdiradlt  werden.  Wo  sich  etwas  Verdächtiges  zei<rt,  müssen  sie 
sofort  Anzeige  maehen.  Auch  ist  überall  Fürsorge  getroffen,  dass 
des  Nachts  die  Archive  an  den  Vorkduimgen  zur  Sich^iidt  ganz 
besonders  Theil  nehmen.  Das  Reichsarchiv  und  fünf  Kreisarchive 
er&eocn  sidi  nächtlicher  Wachposten,  in  Speyer  wohnt  der  Archivar 
dicht  neben  dem  Archiv,  auch  die  Kreisarchive  in  Hünchen  und 
Amberg  sind  besonderer  Obhut  empfohlen. 

Die  vornehmste  Sicherheit  gegen  Einbruch  liegt  übrigens  in  der 
Treue  und  Sorgfalt  der  Archivbedipnsleten.  Wenn  verschwiegen 
bleibt,  an  welcher  Stelle  im  Archiv  werthvolle  Urkunden  oder  Kodizes 
lagern,  so  werden  die  Aktenmassen  zu  gewaltsamen  Versuchen,  sich 
ihrer  zu  bemächtigen,  niemals  anreizen. 

4.  Sicherung  gegen  ArehWalienTerderb. 

Feuchtigkeit  in  den  Wänden  oder  Fu^sböden,  Mangel  an  Schutz 
gegen  Whld  und  Wetter,  sowie  gegen  das  Eindringen  von  Insekten, 
Umnöglichkeit  beständigen  Lufldurchstreichens  —  dergleichen  Uebel- 
stände,  welche  mit  den  Baulichkeiten  zusammenhängen,  lassen  sich 
oft  schwer  beseitigen.  In  den  neun  Archiven,  von  denen  hier  die 
Rede,  möchte  —  sobald  die  zu  Nürnberg  Bamberg  und  München 
statt  ihrer  Gewölbe  im  Erdgeschoss  bessere  haben  —  von  jenen 
Mängeln  jetzt  kaum  noch  etwas  zu  merken  sein.  Feuchte  Wand- 
steilen  sind  trocken  gelegt,  modrige  Fussböden  erneuert,  zerbrechliche 


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122 


Löher : 


Ft  nsterstöcke  ilun  h  bessere  ersetzt,  für  r(^eliuässige  Lüftung  gesorgt. 
Wo  das  Eindringen  von  Raupen  Käfern  und  Schmetterlingen  der 
Lage  des  Archivs  wegen  zu  fOrchten,  werden  vielfach  feine  Gitter 
angewendet,  welche  jedoch  der  Luft  nicht  Zutritt  verwehren. 

Da  bei  jeder  Inspektion  das  ganze  Gebäude  untersucht  wml, 
am  Schlüsse  aber  jeden  Jahrs  die  Archive,  gleichwie  die  andern 
StaatBgebäude,  den  Baubeharden  ihre  Anzeigen  einzureichen  haben, 
ob  und  was  etwa  in  baulicher  Hinsicht  zu  ändern  oder  zu  bessern 
ist,  so  darf  man  gewiss  sein,  dass  jedem  Gebrcclitn  abgeholfen  wird. 
So  winden  z.  B.  9000  Mark  in  diesem  Jahr  dazu  bestimmt,  die 
Fussbodenkälte  in  den  Geschäftszimmern  des  Reichsarchivs  durcli 
zweckmässige  Vorriclilungon  zu  mindern. 

Um  Staub  und  Uureinlichkeit  zu  entfernen,  findet  in  allen 
Archiven  niindf'-!ens  jäbrlirli  L'ininal  eine  Reinigung  aller  Lokale 
Gestelle  Ka.-ten  und  Scliicbladen  Statt,  wobei  die  Anhivalien  ab- 
gestäubt werden.  Au-scrdeni  gebt  periodisch  wiederkehrend  eine 
gründliche  Durchninigung  durch  alle  Archivalien,  in  diesem  Jahr 
gilt  es  dieser,  im  nächsten  jener  Parthie.  Dabei  wird  jedes  einzelne 
Stück  zur  Hand  genonunen  und  durchgesehen,  Blatt  und  Siegel,  wo 
nölhig,  behutsam  geputzt,  und  wo  sich  feuchte  Stellen  bemerkbar 
machen,  das  Stück  sofort  an  der  Luft  getrocknet.  Das  Besichtigen 
Putzen  und  Ausbessem  der  vielen  Fenster  im  Reichsarchiv  wird 
jährlich  durch  gelernte  Glaser  vorgenommen. 

6.  Ausbesserung  schadhuflcr  Stücke. 

Wo  sicli  im  Reichsarchiv  bei  dem  Nachforschen  oder  Durch- 
reinigen Kodizes  und  Amtsbücher  zeigen,  deren  Blätter  zerrissen  oder 
losgelöst  sind,  werden  sie  vermerkt.  In  den  Sommermonaten  er- 
sclieint  dann  ein  darauf  eingeübter  Buchbinder,  um  sie  nach  An- 
weisung und  unter  Aufsicht  eines  Beamten  auszubessern.  Dabei 
wird  sorgsam  jedes  Stück  Pergament  oder  Papier,  das  zu  den  Kodizes 
gehörte,  bewahrt  und  belesligl,  ausgebrochene  Blattränder  werden 
tiergestcllt,  und  das  Cianze  zwar  mit  neuem  festen  Einbände  versehen, 
jedoch  in  einer  Art  und  Weise,  dass  überall  noch  deutlich  vor  Augen 
liegt,  wie  der  Kodex  in  seinen  Trümmern  aussah.  Mit  besonderer 
Sorgfalt  wird  jede  Zeile  Schrift  erhalten:  kann  es  nicht  durch  Unter- 
legen ebies  festeren  Stofb  geschehen,  so  wird  die  Zeile  mit  feineQ 
durchsichtigen  Blättchen  Lackpapier  überzogen. 

In  derselben  Weise  sucht  man  Urkunden  zu  retten,  die  im  Zer- 


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Du  bayerische  ArebiTweaen. 


123 


blSltern  un»!  Vermodeni  iH  -iiiVi/ii  sind.  Beliutsain  worden  <\f  auf 
durcbsicliliijciii  l'apier  oder  PtT^'ameiit  aiifrrokK'bt  oder  slelhMiweise 
cliunil  überzogen,  ohne  ila^ss  irgend  ein  Seliriftzug  darf  verdeckt 
werden. 

* 

6.  Torkehrungen  gegen  Unordnung  und  Verschleppung. 

Unordnungen  in  einem  Archiv,  in  wdcliem  einmal  jedes  Stäck 
seinen  festen  Platz  bekommen  hat,  kann  der  Vorstand  leicht  steuern, 
wenn  er  fleissig  nachsieht,  wenn  Niemand  hmein  darf,  als  wer  amt- 
lich beschäftigt  ist,  und  wenn  alleReiiügangs*  und  Reparaturarbeiten 
stets  nur  unt*  r  ^'ehöriger  Aufsicht  Statt  finden.  Es  versteht  sidi 
von  selbst,  da-s,  ehe  da-  Archiv  verlassen  wird,  man  sich  versichert, 
ob  Alles  wohl  {gesperrt  und  die  Schlüssel  abgeliefert  sind. 

Gewöhnlich  aber  pelit  viel  weniger  diircii  Unordniinpen  im 
Arcliive  selbst  zu  (nurule,  als  durch  die  Verschloiii  imgcn  von  Archi- 
valien,  die  aus  den  Archiven  leihweise  lierau^koiiuiicu.  Da  lässl 
sich  nur  helfen  durch  genaues  Pu'perlori-iren  und  Beschreibt  u,  durch 
Aufdrücken  eines  Stempels,  welchi'r  den  Namen  des  Archivs  zeigt, 
und  durch  sorgfältiges  Verbuchen  und  Reklamiren.  In  letzteier  Be- 
ziehung sind  jetzt  im  Rdchsarchiv  und  seinen  acht  Kreisarchiven 
folgende  Massregeln  eingeführt: 

1.  Ein  einziger  Beamter  hat  die  Aushebung  und  Reponirung  der 
Archivalien  im  Archiv,  und  vermerkt  eine  jede  kurz  im  Aus- 
beberegister  nach  Tag  und  Datum  und  dem  Namen  dessen, 
für  welchen  die  Herausgabe  geschah.  Was  irgend  aus  den  Archiv- 
salen  herauskommt,  sei  es  behufs  Studien  der  RefiH%nten  oder 
behufs  Archivbenützung  oder  behufs  Versendung,  mrd  genau 
verbucht. 

2.  Im  Zimmer  der  A  rchivbenützer  maclit  -ich  derjenige, 
welcher  die  Aufsicht  führt,  darüber  einen  kurzen  Vermerk, 
und  wacht  über  die  Aufbewahrung  und  Rücklieferung. 

3.  Gehen  die  Archivalien  aus  dem  Archiv  heraus,  so  werden  sie 
genau  und  vollständig  im  Ausleihebuch  eingetragen,  und 
dabei  Lagerort,  Signatur,  Tag  der  Versendung,  und  Empfänger 
vermerkt. 

4.  Im  Postbuch,  welches  die  Archivdiener  fuhren,  bescheinigt 
der  Post-  oder  Bahnbeamte  den  Empfang  jeder  Archivalien- 
Sendung. 

5.  Von  jeder  Behörde  und  jedem  andern  Archivbenützer,  denen 


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124 


Löher: 


aus:serhall)  des  (n  häiulfs  Arrliivalien  zu<:<'stollt  werilen.  wird 
ein  mit  rntoiricln  ilt  vrrsclioiK  i  Empfangscheiii  eingefordert 
und  im  Manualakle  aufbewahrt. 

6.  Bei  Versendung  von  Archivalien  wird  je  nach  Lage  des  Falb 
eine  fYist  der  Rilcklieferang  bestimmt  und  der  Tennin  im 
Reproduktionskalender  eingetragen.  Ist  am  bestimmten 
Tage  das  Archivale  nicht  zurück,  wird  es  eingefordert 

7.  Alte  Stficke,  die  länger  als  zwei  Jabre  ausstehen,  kommen  ui 
ein  Schuld  buch,  damit  man  sie  stets  vor  Auo:en  habe  und 
wicdcrholf  (Vw  Eiiiiifanger  mahne,  sie  zurückzuschicken. 

8.  Da  aber  die  meisten  Archivsendungen  an  die  Kreisregie- 
rungen gehen,  ist  -oit  einigen  Jaliron  die  Einrlrlihing  se- 
troflen,  d.iss  bei  einer  jeden  ein  Resistor  ütjer  lunipl'ang  und 
Hücksendung  von  Archivalien  geführt  wird. 

IX.   Eintheilung  der  Arcliivalien. 

1.  Historische  Gruppen. 

In  den  bayerischen  Archiven  herrscht  nichts  weniger,  als  die 
französische  Schablone,  nach  welcher  man  die  Archivalien  in  ein 
Ziffersystem  einschachtelt,  etwa  wie  eine  grosse  Notariats-Registratur. 
Durchgängig  gilt  vielmdir  der  Grundsatz,  es  müsse,  was  hist(Hrisch 
d.  h.  seiner  Entstehung  nach  zusammen  gehört,  sei  es  als  ein  grösseres 
oder  kleineres  Canzes,  auch  beisammen  bleilien.  Jedes  Archiv  zap- 
(allt  dalier  in  eine  ^h>nge  grosser  und  kleiner  Archive. 

Für  die  idlere  Zeit  ergibt  die  frühere  Territorialeintheilung,  fÖr 
die  neuere  Zeit  er;.'t>l)en  die  Floftimter,  die  .Stual.^ministerien ,  die 
Ke^'icniiiirslelien  nnd  ihre  t'ntorbehrirden ,  die  grossen  nnd  kleineu 
Justizhöfe  den  (irnnd  zur  Kintheilun?  des  Archivinaterials. 

Es  zeiCallen  aber  die  grossen  (Iiupjien  wieder  hir  die  ältere 
Zeit  in  kleinere  Gebiets-,  für  die  neuere  in  kleinere  Amts-Bestfuide. 
Innerhalb  jeder  grossen  und  kleinen  Gruppe  wird,  soweit  es  irgend 
möglich,  die  chronobgische  Reihefolge  der  ^ücke  beobachtet. 

Wo  aber,  abgesehoi  von  diesen  Grundsätzen,  von  früheren 
Archivaren  bloss  aus  Rücksicht  der  Innern  Verwandtschail  und 
Ärmlichkeit  des  Materials  einmal  gewisse  grosse  Aktengruppen  und 
Urkundensdekte  gebildet  worden  sind,  hat  man  auch  diese,  wenn 
der  Gnmd  der  Eintheilung  nicht  sinnstörend  odar  geschäftshindemd 
war,  nicht  aufgelöst,  sondern  ihre  Stücke  beisammen  gelassen. 


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Oos  bayei-iscbe  Archmresen. 


125 


2.  Scheidung  der  Urkunden  von  den  Akten. 

Durrhganjrig  aboi  biklon  die  I/ikuntleii  den  einen,  die  Kodizes 
iVinUbüclier  und  Akten  den  andern  Tlieil  einer  Gruppe.  Wo  dies 
in  den  Archiven  zu  Würzbuig  Speyer  Landshui  Amberg  Neuburg 
Manchen  mehr  oder  weniger  noch  nicht  der  Fall  war,  ist  es  in  den 
letzten  zehn  Jahren  grOsstentheils  durd^ießihrt. 

Das  (Jrkundenarchiv  ist  aber  nur  im  WOrzkirger  und  m  den 
kleineren  Ardiiven  besonders  aufgestellt:  in  den  übrigen  findet  sich, 
sovreit  die  Lokale  es  zuUessen,  in  jedem  Saale  neben  den  Akten, 
die  in  Gestellen  an  den  Wänden  st^en  oder  liegen,  auch  die  dazu 
gdiörige  Urkundensammlung. 

Jedoch  ni(ht  überall  Hess  sich  im  Reichsarchiv  die  Trennung 
von  Akten  und  Urkunden  durcliführen.  In  einer  Abtheilung,  dem 
grossen  Adels-  und  Familiensolekt.  der  in  lauter  einzelne  Kästen 
zorHilK .  liegen  die  rrkundon  und  Aktenstücke  für  jedes  rjesclilocbt 
in  einem  Kasten  heisaiiiMicn.  Da  viele  unter  den  mehr  als  liinf- 
tausend  Familien  nur  durch  wenige  Dokumente  vertreten  sind,  so 
hat  diese  Einrichtung  die  Be(iuenilichkeit  für  sich.  Grosse  rel)el- 
stilnde  dagegen  sind  mit  Aetten  kholer  s  Folianten  verbunden.  Dieser 
nemlicli  hat  während  seiner  langen  Verwaltung  lange  Bändereiben 
gebildet,  in  denen  er  das  verwandte  Material  zusammenbinden  liess, 
einerlei  ob  es  in  Urkunden  Korrespondenzen  oder  Verhandlungen 
bestand.  Jedoch  beschränken  sich  diese  Sammlungen  meist  auf 
Schriftstücke  von  Papier,  und  gehen  nur  m  den  sogenannten  Fursten- 
tomen  über  das  fonfzelmte  Jahrhundert  hinauf.  Verwandtes  Material 
ist  aber  zu  je  einem  Bande  öfter  nur  oberflächlich  zusaramengerafiTt, 
und  ni<ht  besser  ist  es  gar  häufig  mit  den  Inhaltsanzeigen  bestellt, 
die  Aettenkhofer  selbst  den  Bänden  aufschrieb. 

Ueberhaupt  wird  man  in  so  grossen  Archiven  noch  lange  ver- 
zichten müssen,  Urkunden  und  Akten  so  schön  herzurichten,  dass 
alles  gleichwie  in  einer  Bibliothek  sicli  heraiisnehineii  luid  einschielx?n 
lässi.    Die  nächste  Zeit  gehörl  noch  nölhigeren  Ürdimugsarbeilen. 

8.  Plankammern. 

Da  die  Flur-  und  Forst-,  die  Weg-  Fluss-  und  Seekarten,  che 
Situationspläne  Grundrisse  und  Bauentwürfe  meist  grosse  Pergament- 
oder  Papierstücke  bilden,  die  sieh  nicht  wohl  zu  den  Akten  biegen 
und  falten  lassen,  —  da  sie  eingerollt  nicht  in  die  Gestelle  passen. 


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126 


Lölier: 


—  da  sie  endlich  in  der  Kegel  niciü  bloss  fär  eine  Urkunde  oder 
Aktenzahl,  sondern  für  eine  Gegend  zur  Erlfiuterang  dienoi:  solcaiii 
schon  Aettenkhofer  auf  den  guten  Gedanken,  diese  Art  von  Archi- 
valien zu  sammeln  und  die  Stäeke  gleichmässig  in  langrunden  Papp- 
schachteln zu  verwahren.  Diese  Rollen  werden  nun  auf  breiten  Ge- 
stellen in  tiefe  Schichten,  die  sich  über  einander  befinden,  in  der 
Weise  «ngel^,  dass  die  Enden  der  Rollen,  welche  numerirt  sind, 
hervorstehen  und  man  die  betreffende  Nummer  des  Repertoriums 
zur  Plankarnmer  leicht  abliest.  Die  ganze  Sammlung  ist  nach  Ört- 
liclikeiten  geordnet  ,  jedoch  unter  fortlaufenden  Nummern.  Um  das 
System  der  Einlheilurig  zu  markiren  und  das  Durcheinanderrollen 
zu  vorinitcn,  sind  dio  Srhiclifen  in  Fächern  abgethoilt.  Diese 
vortivnii(  lie  Einrirhluiig  wurde  roi  ti,'e.-etzt ,  und  e?  ciitstand  im 
Reithsarciiiv  eine  Sammlung  von  gegen  10,000  solcher  Pläne  und 
Grundrisse. 

Auch  in  den  Kreisarthiven  werden  die  Pläne  mul  Karten,  wo  es 
früher  noch  nicht  geschehen,  von  den  übrigen  Archivalien  geschieden, 
und  auf  einem  besondern  Gestelle  vereinigt,  die  Gestelle  aber  ent- 
weder an  den  Wänden  oder  m  der  Mitte  eines  Saals  so  aufgestellt, 
dass  man  ringsherum  gehen  kann. 

4.  ZimeliensammlungeiL 

Gleichwie  die  Hof-  und  Staatsbibliothek  im  obem  Stock  beson- 
ders seltene  und  kostbare  Stücke  zu  einer  Sammlung  vcfeinigt  hatte, 
wurde  auch  im  Reichsarchiv  schon  frühzeitig  eine  ähnliche  Samm- 
lung gebildet.  Sie  entliält  die  ältesten  Urkunden  in  deutscher  Sprache, 
die  früheste  Urkunde  auf  Linnenpapier,  andere  merkwürdige  Ur- 
kuiidon,  Goldbullen  der  Kaiser,  seltene  Siegel,  fJoldsclirilten,  Wachs- 
tal'eli)ü(  her,  Konfraternitätsrotulß,  Nekrologien  mit  Malerei,  und  der- 
glei(hen. 

Auch  zu  Nfirnbcrg  und  Band)erg  haben  die  Archive  aus  ihren 
alten  Reiclithüiuern  Kleinodiensanunlungen  gebildet. 

5.  Gruppensftle  im  Reichsarchiv. 

Als  das  neue  Reichsarchivgebäude  vor  etwas  mehr  als  dreissig 
Jahren  bezogen  wurde,  gab  es  darin  sehr  grosse,  mittelgrosse,  und 
kleine  Säle.  In  der  glficUichsten  Weise  wurden  damit  die  grosseren 
Aichivgruppen  in  Beziehung  gebracht.  Jede  bekam,  soweit  es  mög- 
lich war,  ihren  eigenen  SaaL  Dadurch  hatte  man  das  gleichart^ 


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Das  bayerische  ArebiTwesen. 


127 


und  verwandte  Material  jfdcsüial  nahe  beisannnen .  und  brauchte 
die  zusaniniengehörigen  Arcliivalien,  was  den  Dienst  jedciirall<  er- 
schwert hätte,  nicht  zertrennen,  um  sie  in  mehreren  gleichförmigen 
Silen  m  verthelleii. 

So  gibt  es  mm  einen  F  Arstens  aal,  weldi«  die  Urkunden 
fiber  Haus-  und  TheilungsvertrSge,  die  Sukzessionshandlungen,  die 
Annahme  der  Köoigswörde  mnfasst,  femer  den  Fürsten selekt 
d.  i.  eine  Sammlung  von  Urkunden  altbayerischer  Herzoge,  den 
Kaiser  Ludwigs  Selekt,  ebenfalls  eine  grosse  Urkundensammlung, 
sowie  eine  in  41  grossen  Foliobänden,  den  sogenannten  Fürsten- 
lomi,  bestehende  Sammlung  von  Eorrei:pondenzen  der  Herzoge  und 
sonstifren  Haus-  und  Familiensachen  derselben. 

Der  Lehnssaal  vereinigt  die  Urkunden  Anitsbücher  und  Akten 
der  Lehnshöle  von  Altbayern  und  frülier  selbststundigen  Fürsten- 
thümern. 

Der  Landschat'tssaal  enthalt  vom  Beginn  des  vierzehnten 
Jahrhunderts  an  die  Archivalien,  welche  sich  auf  landständische  Ver- 
hftltnisse  beziehen,  denen  sich  die  Verfassungsarkunde  sammt  den 
neueren  Landtagsabachieden  anreihen. 

Die  Kirchenraths-  und  Geheimen  Raths-Protokolle 
biklen  eme  lange  Folgereihe  von  Binden  über  die  Beschlüsse  der 
obersten  Staatsbehörden  von  1556  resp.  1676  an,  ergänzt  durch  die 
Dekretensammlung,  etwa  10,700  Stück,  die  mit  dem  Jahre  1514 
beginnen. 

Der  Nachbarensaal  entluält  die  Verhandlungen  über  frühere 
nachbarliche  Differenzen  und  Verträge  mit  den  Bayern  umgebenden 
Fürslenthüniern. 

Der  lanfro  Oo  rieht  esaal  unitassf  die  auf  Grundbesitz  und 
grundherrlichen  VerhiUtnisse  bezü'^'lichen  Urkunden  Saalbiicher  und 
Akten,  die  nach  den  älteren  Land-  und  Ulleggerichten  eingetheilt 
sind,  mit  l  nterabtiieilungen  für  Städte  Märkte  und  Hofmarken. 

im  grossen  Rechtssaal  sind  die  Gerichtsordnungen,  Landrechte 
und  Landesordnungen,  Poluseisachen,  Hexenpiozesse,  und  andere 
wichtige  Zivü-  und  Eriminalakten  bis  auf  die  politischen  Prozesse 
dieses  Jahrhunderts  vereinigt. 

Der  Religionssaal  enthält  dagegen  die  Verhandlungen  der 
Reformationszeit,  die  Protokolle  des  Geheimen  Kirchenraths,  und 
andere  Religions-  und  Kirohensachen  der  Katholiken  Protestanten 
und  Juden. 


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128 


Löher: 


Eine  Sualfol^rt.'  uiii^'ioifl  eine  Auswahl  aus  dm  .säkularisirten 
Archiven  der  Hothstifte.  Bei  jedem  wurde  die  alle  Einllieilung  in 
Archivalien  des  Hochstifts,  des  Domkapitels,  und  der  einzeloen 
Pfarreien  und  Ämter  beibehalten,  da  ihr  die  zahlreich  vorhandenen 
alten  Diplomatarien  und  Repertorien  entsprechen.  Auch  was  an 
Schriftstücken  über  nicht  bayerische  Hoch-  und  Domstifte  vorhanden, 
fet  dieser  Gruppe  anzureihen. 

Der  grosse  Klostersaal  mit  drei  anstossenden  kleineren  Sälen 
umfasst  das  Roste  an?  den  Archiven  der  aufgeliobenen  Kloster,  In 
diesjer  wie  in  der  Ilochslifiersammlung  finden  sich  die  ältesten  und 
werihvollslen  Kodizos  Oh(M-deu!>(lil;inds. 

Dabei  i>t  zu  nennen  der  ürden-saal  mit  den  Ardiivaiien  des 
Deutschherren-  Malteser-  und  Je-uitennrdens. 

Im  Stfidtesaal  landen  ihren  Platz  die  Arehivalien,  soviel 
man  ihrer  aus  den  inediatisirten  ileielisstädlen  ül)er  ilie  früliere 
Souveränität  und  was  damit  zusanunenliiiig,  ausgelesen  hat. 

Im  ähnlichen  Verhältniss  steht  der  Grafen-  und  Herrensaal, 
zu  welchem  jedoch  nur  ein  sehr  kleiner  Theil  der  auf  die  ehemalige 
Landeshoheit  der  roediatisirten  weltlichen  Reichsstände  bezüglichen 
Akten  und  Urkunden  zusammengebracht  ist.  Man  Hess  den  Me- 
diatisirten,  noch  mehr  als  Reichsstädten,  Schonung  bezuglich  ihrer 
Archive  angedeihen. 

Hieran  schliessen  sich  die  Urkunden  der  ehemaligen  Reichs- 
ritterschaft, eingetheilt  nach  Kantonen. 

Im  Saal  des  Kaiserselekts  lageit  die  grosse  kostbare  Samm- 
lung von  Kaisonn'kundeii  von  777  an. 

Der  Adelssaal  dafjofren  enllifdt  in  410  Kartons,  die  nach 
den  iJeschlerlitsnanien  ali»lial)eti-rli  t:eordnet  sind,  die  überaus  zahl- 
reiehen  l  ikunden  Stanuubäume  und  Akten  von  adligen  und  andern 
hervorragenden  Fa  i n i  1  ien . 

Andere  grosse  Samndungen  bilden  die  Akten  des  Reichs- 
kammergerichts und  Reichshofraths,  sowie  insbesondere  auch 

die  Kriegsakten,  unter  denen  z.  B.  bloss  flba*  den  dreisagi- 
jährigen  Krieg  melir  als  800  Foliob&nde  und  ausserdem  noch  an 
550  Aklenbündel  vorhanden  sind. 

Eine  vollständigere  und  noch  mehr  systematische  Ordnung  des 
Reichsarchivs  kann  erst  dann  Statt  flnden,  wenn  es  seine  sehnlich 
erwünschte  EnKänzung  aus  dem  Geh.  Staatsarchive  gefunden  hat 


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Das  bayerische  Arcbivwesen. 


129 


6.  Urknndeii-Lagerun^  im  ReichHarehiv. 

Durch  die  Mitte  der  nieisten  Säle  läuft  ein  langer  Schrein, 
100  Gentlmeier  hoch,  und  84  oder  auch  weniger  breit.  Die  Platte,  weldie 
ihn  bedeckt,  dient  als  ein  langer  Tisch.  In  dem  Schreine  stehen 
grosse  Urkundenkästen,  entweder  bloss  in  einer  Reihe  neben,  oder 
in  zwei  Reihen  gegen  einander.  In  einigen  Sälen  sind  die  Urkunden- 
schreine auch  an  den  Wänden  angebracht 

Jeder  Kasten  hat  seine  versohl iossbaro  Thür,  und  lässt  sich  aus 
dem  Schrein  initlelsl  eiserner  Ilakon  herausziehn.  Man  hat  jedoch 
bei  der  ersten  Anlage  dieser  Einrichtung  nicht  berethnet,  wie  schwer 
und  unboliüiriidi  du  Kasten  wird,  wenn  seine  Schiebladen  mit  Per- 
gamenten «relüllt  sind. 

In  jedem  Ka.^tiMi  befinden  sich  über  cinaiidiT  striis  Schiebladen. 
Diese  sind  sehr  ^'eränmig,  nämlich  92  (lentiiiielcr  breit,  75  tief, 
13.14  liocli,  und  da  man  sie  alle  weit  her;ius/ielien  kann,  so  lässt 
sich  mit  einem  Bück  tier  darin  ausgebreilele  Inhalt  überschauen. 

In  den  Schreinthüren  sind  feinvergitterte  Luftlöcher  angebraclit, 
und  das  Vorderln«tt  jeder  Schieblade  hat  von  oben  zwei  halbkreis- 
tOrmige  Löcher,  in  welche  man  bei  dem  Herausziehen  hineinfasst 
Dadurch  ist  das  beständige  Eindringen  und  bei  den  zweiseitigen 
Kastenreihen  auch  das  Durchstreichen  der  Luft  beigestellt,  welches 
90  sehr  beiträgt,  das  Vermodern  der  Dokumente  und  insbesondere 
ihrer  Siegel  zu  verhindem. 

7.  A  r c  Ii  i  V  ;i  I  i  (■  11  ur  il  II u ng  in  «Icii  k  i f  i  s a  n- h  i  v  ii. 

In  allem  Wesentlichen  ist  die  l'rknndenlageiim;^',  sowie  die  Aut- 
stellung der  übrigen  Archivalien  in  drri  Kreisardiiven  dieselbe,  wie 
im  grossen  Zentralarchiv  zu  .Müncht.-n.  Jeiloch  lehlt  viel,  dass  über- 
all die  Urkimdenschreine  und  Aktenm'stellc  so  gut  und  gleichförmig 
eingerichtet  wären,  wie  im  Kreisarchiv  zu  Bamberg.  .Man  mnssto 
vielmehr  das  aus  den  alten  Archiven  und  liegi»tratui  en  überkummene 
Mobiliar  benutzen,  so  gut  es  eben  ging.  Bei  der  Knappheit  der  Geld- 
mittel Hess  sich  erst  hier  und  da  ein  besseres  hohlen. 

Bei  dem  grossen  ArcbiTneubau  zu  Nfimberg,  mit  welchem 
bald  wird  begonnen  werden,  gelingt  es  hoffentlich,  auch  in  dieser 
untergeordneten  Frage  Behörden  und  Publikum  vor  Augen  zu  stellen, 
wie  ein  grosses  Archiv  heutzutage  eingerichtet  sein  soll. 

Im  Uebrigen  hat  jeiles  Archiv  in  der  Anordnung  Lagerang  und 

Archivullscbe  Zelucbrtfl.  J.        ^  9 


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13U 


Aufslollun}/  seiner  E>i',släii<lc  seine  Eiijenthünilichkeileii.  die  man  gerne 
beibehrill ,  soweit  dadurch  dem  laulonden  Dienst  und  der  Konscr- 
virung  der  Archivalien  kein  Eintrag  geschieht. 

X.  Archivaliseher  SiMtsdimt. 

1.  Bedeutung  der  bayerischen  Archive  für  den  Staat. 

Gemäss  ihrer  ganzen  Entstehung  und  Geschichte  und  gemäss 
ihrer  neiioron  Orjranisation,  welche  die  .ilf< n  Grundsiltze  fori  und 
fort  weiter  ausbildete,  nehmen  die  bayerisclicn  Archive  eine  Stellung 
zum  Staate  ein ,  welche  ?ich  von  ihrer  Bedeutung  in  vielen  andern 
Lfmdern  nntersrlieidet.  Niehl  die  hislorischen  und  wissenschan liehen 
Intercs-eii  -lehen  im  Vordergrunde,  sondern  die  reclitlicheu  und  ad- 
ministrativen. 

Der  leitende  Getlaiike  ist  ein  dopiieller. 

Erstens :  Alles  Material  an  Akten  Amtsbüchern  und  Dokumenten, 
das  för  jetzt  oder  später  noch  einmal  Dienste  leisten  kann,  das  aber 
nicht  mehr  zum  laufenden  Dienst  der  Ministerien  Regierungen  Api)el- 
latirasgerichte  mid  der  niedem  Justizr  und  Verwaltungsstellen  ge- 
hört, soll  in  den  Archiven  angesammelt  und  hi  diesen  als  ein  Ganzes 
arehi?aHsch  geordnet  und  verwaltet  werden. 

Zweitens:  All  die  Fragen,  zu  i^enxi  Beantwortung  diese  Akten 
Amtsbücher  und  Dokumente  dienen,  w  ill  man  nicht  durch  wechselnde 
Justiz-  und  Regierungsbearnte  gelöst  wi.^sen.  sondern  durch  ständige 
Archivboa m te ,  welche  einerseits  die  Archivalien  beisammen  haben, 
sie  kennen  und  überschauen,  andererseits  al)er  v.n  jener  Aufgrabe  ge- 
schickt sind,  sowolil  durch  läii'^'ere  Uebunj;.  als  durch  ihre  liislorischen, 
insbesondere  reclitshistorischen,  administrativen  und  juristischen,  aber 
auch  durch  ihre  paliiographischen,  diploiuatischen,  und  philologischen 
Kenntnisse, 

Taucht  also  irgendwo  bei  k.  Stellen  und  Behörden  eüie  Frage 
auf  äber  frühere  gfiterrechtliche  Verhältnisse,  über  alte  Rechte  Gesetze 
und  Einrichtungen,  über  ehemalige  Aemter  Stiftungen  und  Behörden, 
fiber  ehemalige  oder  noch  bestehende  Pflichten  und  Rechte  in  Bezug 
auf  Besetzung  der  Pfarren,  Unterhaltung  der  Kirchen  und  Schulen,  der 
Wege  und  Strassen,  fiber  Forst-  und  Gemeindegrenzen,  Flussläufe  und 
Flunrermessungen ,  Ansiedlungen ,  oder  sonst  ii^nd  eine  Frage  auf 
dem  wdten  Gebiete  der  Real-  und  Staatsrechte  früherer  Zeit,  so  wendet 


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Das  barerische  Arebivwesen. 


1dl 


nan  sich  von  allen  Seiten  an  die  Archive.  Denn  jeder  Staatsbeamte 
weiss,  dass  die  Archivare  die  hetreflenden  Akten  Anitsbücher  und 
T^rkunden  bis  vor  (]rei-^>ip:  Jahren  aus  dem  ganzen  Königreich  zu 
samniehi,  zu  sludiren ,  und  unter  Vorlegung  und  Erläuterung  der- 
selben die  Frage,  worauf  es  ankommt,  zu  beantworten  haben. 

8.  A  n  t  or  (1  »•  III  II   eil  an  die  Ar  chivl>eamten. 

Die  bayerischen  Archivlx»amten  sind  also  die  Verwalter  aller  aus 
dem  laufenden  Dienst  ausgeschiedenen  amtlichen  Dokumente,  alM:>r 
zugleich  auch  die  bestellten  Sacliverstäntligen  des  Staats  in  Bezug 
auf  ihren  Inhalt,  sowie  insbesondere  die  Fragen,  die  sicli  aus  diesem 
Inhalte  ergeben. 

Es  haben  desslialb  säminllielie  Arcliivbean>ten  folgende  Wei- 
sungen : 

Nur  dann,  wenn  einfach  die  Vorlage  eines  bestimmt  beieich- 
neten  Archivstfickes  und  nichts  anderes  verlangt  wird,  genOgt  ein 
blosser  Begleitberichi :  in  allen  anderen  Fällen  ist  der  Regel  nach 
auf  die  Sache  selbst  einzugehoi. 

Kommt  es  —  was  aus  dem  die  Recherche  veranlassenden 
Schreiben  einer  Behörde  leicht  zu  erkennen  —  auf  einen  Rechts- 
punkt oder  auf  ein  Faktum  an,  zu  deren  Aufhellung  Archivalien 
dienen  sollen,  so  muss  der  Archivbericht  auseinander  setzen,  in  wie 
fem  jene  Rechts-  oder  Thatsachenfrage  in  den  Akten  und  Urkunden, 
Amtsbüchern  undKodizes  wirklich  ihre  Aufklärung  findet.  Der  Arehiv- 
beamlo  muss  also  bestimmt  erklären :  ob  und  wodm-ch  die  Frage 
bejaht,  oder  ob  sie  verneint,  oder  ob  sie  in  Zweifel  gelassen  wird. 
Er  muss  zugleich  die  haujitsäcliiichen  Schriftstücke  bezeiihnen  und 
vorlegen,  welclie  darauf  Bezug  haben,  und  dabei  die  Indizien  angeben, 
welche  man  In  anderen  findet,  mn  dem  Sachverhältniss  auf  die  Spur 
zu  kommen.  In  manchen  Fällen  wird  es  der  anfiragenden  Behörde 
erwünscht  sein,  Aber  das  gesammte  Archivmaterial,  welches  mit 
dem  Gegenstande  der  Frage  zusammenhängt,  Eenntntss  zu  erhalten, 
und  zwar  auch  dann,  wenn  der  Archivtieamte  dasselbe  nicht  glaubt 
m  Vorlage  bringen  zu  sollen. 

8.  LOtuo^  der  Aufgabe. 

Um  nun  diesen  Anforderungen  zu  genügen,  ist  Folgendes  un- 
erläsdich: 


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132 


Lölier: 


1.  Der  Arihivbeaiii'c  inu>>,  oho  er  an  d'io  Rcclierclie  ^clil.  dio 
Frujj'e,  auf  welche  es  anküiinnl,  sii  li  klar  machen,  uml  nöthigeii  Falls 
sich  aus  Büchern  und  Karten,  —  sei  c?;  in  zivilrethlHclier  oder  staats- 
rechtlicher, oder  auch  topogiapliisciicr,  historischer,  und  adtninistra- 
tiver  Beziehung,  —  Belehrung  verschaffen. 

2.  Man  darf  sich  nicht  immer  begniigen,  im  betreffenden  Reper- 
torium  nachzuschlagen  und  das  dort  etwa  Verzeichnete  herauszu- 
holen: es  wird  viehnehr  häufig  unumgänglich  sein,  nicht  bloss  in  den 
verwandten  Partien  anderer  Repertorien  nachzusehen,  sondern  auch, 
was  gewöhnlich  am  meisten  hilfl ,  am  Fache  seihst  die  Recherclien 
zu  machen.  In  zweifelhaften  Fällen  legt  man  sieli  die  lieiden  Fragen 
vor:  an  welcher  Stelle  k()nnlen  jemals  Akten  oder  Dokumente  nber 
diesen  Fall  entstanden  sein  ?  l'nd  ist  es  wahrscheinlich  oder  möghch, 
dass  sie  in  das  Archiv  jjelaMg-ten  ? 

3.  Die  irefnndenen  Archivalieii  aber  niiiss  der  Archivlieamtc 
selbst  studiren.  Nur  wenn  er  sie  mit  eigenem  Fleiss  diuchdrungen 
und  bewältigt  hat,  ist  er  im  Stande,  einen  gründlichen  Bericht  dar- 
über zu  erstatten,  welcher  der  anfragenden  Stelle  oder  Behörde  all 
die  Behelfe  Erläuterungen  und  Erklärungen  an  die  Hand  gibt,  die 
ihr  nützlich  sein  können. 

4.  Was  endlich  die  Verzeichnisse  von  Urkunden  Kodizes  Amts- 
bücUem  und  Akten  betrifft,  —  sei  es,  dass  sie  mit  ihnen  oder  ohne 
sie  in  Vorlage  kommen,  —  so  müssen  sie  so  gefei  tigt  werden,  dass 
der  betreffende  Regierungs-  oder  Justizl)oamte  leicht  und  sicher  dar- 
aus ersieht,  was  in  i!<n  verzeichneten  oder  beigefügten  Archivalien 
zu  linden.  Niemals  diii  tm  unklare  oder  ungenügende  Inhaltsanzeigen 
von  <\on  alten  Tekturen  oder  aus  früheren  Repertorieu  abgeschrieben 
werden. 

In  Frag(»n  wichtigeren  und  allgeiiieinercn  Inhalts  findet  eine 
wii-di  i  holtr  Klärung  des  Archivalieninhalls  Statt,  einmal  bei  den  Kreis- 
archiven und  sodann  bei  ihrer  Zentralstelle,  welche  ihre  Berichte  ver- 
gleicht, selbstsländig  die  ganze  Sach-  und  Archivalienlage  durchprüft, 
und  nach  Befinden  noch  nähere  Aufklärungen  aus  den  Unterarchiven 
einholt. 

4.  Berechtigang  zu  Auftragen  an  die  Archive. 
Keiner  Stelle  oder  Behörde,  als  allein  dem  Staatsministerium 
des  Innern,  steht  es  zu,  dem  Reichsarchiv  oder  seinen  acht  Filialen 
Aufträge  zu  geben,  oder  auf  ihre  Geschäfte  Einwirkung  zu  üben,  oder 
irgend  Jemand  Archivbenützung  zu  gewähren. 


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Das  bayerische  Archivwesen. 


133 


Wohl  alm  können  Vorlage  von  Archiralien  oder  Aafschlüsse 
Auszüge  und  Kopien  daraus  verlangen: 

1.  Säninitliche  Staatsniinislerien. 

2.  Die  Kreisregrierun^'cn  und  iliiv  Fiskale. 

3.  Die  Slaalsanwälte,  diese  jeilorli  nur  ;ils(iaiiii.  wenn  Ix'- 
reils  im  Editionsverfalireii  das  X  orhaudeuäcin  der  Arclii Valien  kon- 
stalirl  i>t. 

Will  eine  andere  k.  Stelle  oder  Behörde  etwas  aii.s  den  Archiven 
lieben,  so  muss  sie  sicli  entweder  an  ihr  voi^etzles  Ministeriuni, 
oder  wenn  es  sich  bloss  um  Kreissachen  handelt,  an  die  betreffende 
Kreisr^ening  wenden. 

Es  suchen  jedoch  die  Archire,  um  Zeitverlust  und  Vielschreibe- 
rei zu  mindern,  jedon  billigen  direkten  Ansuchen  einer  k.  Stelle  oder 
Behörde  nach  Möglichkeit  zu  entsprechen. 

Auch  können  die  Kreisarchive  gleichwie  ihre  Zentralstelle  mit 
allen  önenllichen  Organen  der  k.  Zivil-Staatsministerien,  sowie  mit 
I{(  ( iitsanwällen  und  Privatpersonen  in  Bayern  in  unmittelbai'en  Ge- 
schäftsverkehr treten,  wenn  dabei  weder  eine  Mitwirkung  noch  eine 
Kennlnissnahme  von  Seile  de>  Reielisareliivs  nfitliig  ist. 

Dagegen  stellen  Maj.'^istrate  und  sonstige  tiemeindevorsiände, 
ehenao  wie  biscliüfliclie  Ordinariate  Dekanale  und  Pfarreien,  Stiltun- 
gen  und  andere  Genossensehaften,  niclit  minder  hislorisciie  Vereine, 
und  höhere  oder  niedere  Lehranstalten,  den  k.  Archiven  nur  als 
Private  gegenüber.  Noch  wen%«r  könnte  den  Kammern  oder  ihren 
Auraehüssen  oder  ihren  Mitgliedern  das  Recht  zugestanden  werden, 
den  Archiven  Aufträge  zu  geben.  All  die  Grenannten  können  sich 
aber  entweder  direkt  an  das  Reichsarchiv  oder  an  eine  Kreisregie- 
nmg  oder  ein  Ministerium  wenden,  um  die  betreffende  Anweisung 
an  ein  Archiv  zu  erwirken. 

Niehl  anders  werden  Retiuisitionen  von  fremden  Archiven  be- 
handelt. Gelten  sie  auf  diplomatiscliem  W^e  einem  Ministerium  zu 
und  macht  dieses  die  Sache  zu  seiner  eigenen,  so  haben  die  Archive 
dorn  Auftrage  gleichwie  in  jeder  andern  Sache  des  Staatsdienstes  zu 
entspreclien.  Es  versteht  sieh  aber  von  selbst,  dass  die  bayerischen 
Archive,  auch  wenn  ein  fremdes  sich  dii'okt  an  diesellieii  wendet, 
dem  Verlangen  mit  mögliclister  Kollegialität  gern  und  vollstiuidig  zu 
entsprechen  suchen. 


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134 


LOher: 


5.  V  e  r  f a  Ii  r  e  II. 

Handelt  os  sicii  um  solche  Arcliivalien  oiltr  Aufschlüsse  und 
Auszüjj'e  daraus,  welche  nur  ein  bestinunfcs  Archiv  aii^'rhen,  so  wird 
bloss  dieses  von  der  betn  lTonden  Sh:^lle  oder  Bei lürdt;  beaullrat^d  oder 
ersucht.  Dasselbe  erledigt  dann  die  Saciie  durcli  liecherche,  Studium, 
und  Zusendung  des  Berichts  mit  oder  ohne  Archivalien.  Da  es 
wohl  möglich  ist,  dass  zweckdienliches  Bfaterlal  zur  Beantwortung 
der  gestellten  Frage  auch  in  emem  andern  Archive  vorkommt,  so 
sind  sfimmtliche  Ereisarchive  ermächtigt,  im  Fall  eine  solche  Ver^ 
muthung  auftaucht,  von  einander  oder  vom  Reichsarchiv  auf  direktem 
Wege  Archivallen  und  Behelfe  zu  erholen.  Sokhe  wechselseitige  Aus- 
hülfe ist  in  manchen  Fftlloi  erwfinscfat,  sogar  nothwendig.  Es  kfinnen 
z.  B.  Archivalien  über  ein  Gut  in  Schwaben,  welches  früher  einmal 
im  Besitz  eines  fränkischen  Bisthums  war,  theils  im  scbwfibisdien, 
theils  in  einem  der  drei  fränkischen  Kreisarchive  liegen,  während 
der  Re^ierun^sbeanite,  welchem  dies  unbekannt,  nur  hei  dem  ersten 
die  Nachforscliung  anrr^^t. 

Ist  daj^open  eine  Frage  allgemeinerer  Xatur  oder  berührt  sie 
mehr  als  ein  Kreisarchiv,  >o  gelangt  von  vornherein  Auftrag  oder 
Ersuchen  an  das  Reichsarchiv.  Nachdem  die  Sache  hier  bearbeitet 
worden,  ergehen  an  die  Kreisarchive,  welche  dienliche  Archivalieu 
oiier  Aufklärungen  geben  können,  die  nüthigen  Anweisungen,  wie 
die  Nachforschung  einzurichten  und  auf  welche  Punkte  es  dabei  an- 
koBunt  Dte  Krdaaichive  berichten  alsdann  an  ihre  Zentralstelle  und 
schicken,  wo  es  irgend  nötbig  oder  r&thlich  erscheint,  zugleich  die 
Archivafien  mit.  Am  Reiclisarcliiv,  bei  welchem  mzwischen  die 
Recherche  unter  den  eigenen  Archivbestfinden  Statt  gefonden,  wird 
endlich  eine  Gesammtdarlegung  der  Saeh*  und  Rechtslage  ausge- 
arbeitet, welche  erforderlichen  FaDs  mit  den  erklärenden  oder  er- 
gänzenden Archivalien  und  Auszügen  oder  Abschriften  begleitet  ist. 

Die  Archivalienzusendung  erfolgt  in  df  i  Regel  direkt.  Sie  ist 
bei  fast  allen  neun  Archiven  zahlreich  und  niunnt  viele  Zeit  in  An- 
spruch. Die  Versendung  geschieht  bei  Urkunden  in  Kartons,  die  mit 
Werg  otler  Baumwolle  gefüttert  werden,  oder  in  festen  Packen.  Alte 
kostbare  Urkunden,  insbesondere  Kodizes,  in  denen  sie  nur  ab- 
schriftlich vorhanden,  werden  in  der  Regel  nicht  versandt,  sondern 
statt  ihrer  l)eglaubigte  Abschriften. 

Sämmtliche  k.  Stellen  und  Behörden  sind  streng  gehalten,  so- 


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Da:*  bayeriürhe  Archivwesen. 


135 


fort  bei  Empfang  der  Archivalien  denselben  zu  bescheinigen,  und 

sobald  sie  derselben  nicht  mehr  bedürfen,  sie  zurrirkzuschitken. 
Welche  Vorsichtsmassrcgeln  getrotlVti  isind,  dass  die  Rücksendung 
sicher  erfolpe,  fand  oben  unter  den  Mitteln  zur  Sicherung  der  Archi- 
valien Erwähnung. 

XI.  ArdiivlMnlHzung. 

1.  Arten. 

Es  wurde  ba*eits  bemerkt,  dass  ausser  den  staatlichen  Stellen 
und  Behörden  alle  anderen  ArchiTbenfitzer  als  Privatpersonen  be- 
handelt werden,  einerlei  ob  es  Korporationen  oder  Einzelne,  geist- 
liche oder  weltliche  Vorstände  sind.  Eine  Ausnahme  findet  nur  in- 
sofern Statt,  als  demjenigen  Gemeinden  Stiftungen  und  Genossen- 
schaften, wekhe  ihre  Archive  von  freien  Stücken  und  unter  der 
Bedingung,  dass  ihnen  die  Benützung  derselben  beständig  frei  stehe, 
den  Archiven  des  Staats  übergeben  wollen,  ihre  Anrechte  vorbe- 
halten bleiben. 

Nun  kommen  an?  dm  verschiedensten  Lehenskrei.sen  Gesuche, 
um  di«'  F>('\villigiing  zur  Ein.siciit  und  Ahschrifl  von  Areliivalien,  oder 
um  Auszüge  und  Kopien  zu  erhalten.  Jeder  Fall  hat  sein  Eigen- 
thümliches:  im  Ganzen  alx*r  lüsst  sicii  die  Privat-Archivbenützung 
dreifach  eintheilen.  Sie  lindet  SlalL  entweder  in  Rechtssachen,  oder 
im  wissenschaftlichen  Interesse,  oder  zu  genealogischen  Zwecken. 
Nicht  die  Persönlichkeit,  sondern  was  sie  beabsichtigt,  macht  bei 
der  ArehivbenfitzuDg  einen  Untersdiied,  der  in  der  Behandlung  der 
Ffille  gewisse  Bcsonderiieiten  mit  sich  bringt 

Es  sei  hier  zunächst  das  Allgemeine,  sodann  das  Besondere 
der  drei  Arten  erOrtert. 

2.  F  r  ü  Ii  t>  res  H  e  g  I  o  ni  •>  n  f. 

Es  sind  noch  nicht  dreissig  Jahre  her,  als  der  Heichsarcliiv- 
•lirektor  Freiherr  von  Hormayr  dem  Staatsministerium  über  die 
Alt  und  Weise  der  Archivbenützung  unter  aniieren  folgende  Vor- 
schläge maclite: 

1.  Die  Archivbenülzung  ist  nkht  Jedennann,  sondern  in  der 
Regel  nur  den  mittel-  und  unmittelbaren  Staatsdienem  zu  gestatten, 
—  Subalternen  jedoch  und  Akzessisten  ohne  Namen  nur  dann,  wenn 
ihre  Amtsvorstftnde  es  begutachten,  —  ausserdem  ausländischen 

»)  Seile  123-124. 


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136 


Gelohrton  in  .dorn  Falle,  wonii  sie  bereits  durch  ihre  III' i ;iris<-hen 
Lt  i-lungen  bekannt  und  ihre  Stellung  im  öllentlichen  Leben  iler  Art 
iät,  dass  sie  hinlängliche  (larantie  gewährt«  oder  wenn  der  Gesandte 
ihres  Sonverains  nürgschaft  leistet. 

2.  Die  Ki'inäcliligung  zur  litMiüt/un;.'  de?  An  liivs  ist  bei  (Je- 
scliirlilslbrx  hern ,  die  mehrere  Arcliivalien  braiu  hen ,  in  der  Uegrl 
von  der  Bedingung  ajjhiingig  zu  machen,  dass  sie  die  allenrall-;  gc- 
macliten  Exzerpte  oder  die  aus  den  Arcliivalien  angeferliglen  Aus- 
arbeitungen dem  Reichsarchivvorstande  zur  Einsicht  vorlegen»  welcher 
aodann  diesdben  je  nach  Umständen  sofort  zurückstellen  oder  aber 
höherer  Genehmigung  unterstellen  wird. 

3.  Vidimirte  Abschriften  von  Archivalien  können  nur  mit  höherer 
Genelunigung  oder  mit  Zustimmung  der  betreffenden  Kreisregierung 
an  Private  verabfolgt  werden. 

4.  Die  Ablieferung  eines  Exemplars  von  allen  denjenigen  Werken, 
die  aus  den  Quellen  I{t'ich?arcliivs  geschöpfl  lialien,  an  des-en 
Bibliothek  wäre  nui*  als  ein  Akt  der  Danklmrkeit  und  desshalb  als 
keine  Last  anzuerkennen. 

Diese  Vorseidfige  des  Freiiierrn  v.  llormayr  wurden  vom 
Ministerium  als  Observanz-  und  sacligemäss  genelinii;,d,  dagegen  sein 
einziger  liberaler  Vorsclilag:  die  Arcliivijenülzung  solle  im  AlluM'meinen 
zwar  von  ministerieller  Genehmigung  al)bnngig  bli-iben,  jedoch  der 
Reiclisarchivdireklor  enuächligt  werden,  in  minder  erheblichen  Fällen, 
wenn  es  ach  z.  B.  bloss  um  Einsicht  und  Benützung  einzelner  Archi- 
valien handele,  die  längst  nur  einen  historischen  Werth  mehr  hätten, 
ex  propria  auctoritate  und  auf  eigene  Verantwortung  die  Archiv- 
benützung zu  gestatten,  —  dieser  Vorschlag,  welcher  die  Behand- 
lung der  Archivbenfitzerfrage  doch  etwas  erleichterte,  wurde  damals 
höheren  Orts  verworfen  und  dem  Reichsarchivvorstande  nur  die  Be- 
willigung des  Gebrauchs  jener  Archivalicn  zugestanden,  die  bereits 
veröffentliclit  worden. 

8.  Einfahrunpr  liberaler  6ran<t sä l zf. 

In  so  l'ornd)eengter  und  besorgnissvoller  Weise  bestand  das 
Reglement  über  die  Archivbenützung,  kleine  Erleichterungen  abge- 
rechnet, im  Wesentlichen  ("ort,  bis  vor  sechs  Jahren  eine  gründliche 
Veränderung  begann,  welche  die  vorangeführlen  vier  Tunkte  des 
Freiherm  v.  Hormayr  wegräumte,  dagegen  seinen  letzten  Vorschlag 
nicht  bk)ss  annahm,  sondern  weit  darüber  hinausging. 


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I 


Da9  liayeriscbe  Archivivesfeii.  137 

Vorsiclili^'  und  schrittweise^  und  zwar  -Ids  mil  llt'iKlikinjr  der 
bisherigen  Erfalirungen,  wurde  dies  Ei^ebniss  erreicht.  Wie  in  all 
don  Fnifien,  die  in  die  (lojictzgcbung  einschlagen,  es  rathlidi  oi- 
scht'inl,  wurde  auch  liior  von  d<-r  Arthivzcntrnl.-telle  au?  den  vor- 
gckonuiietien  Fällen  das  (Jeuifinsanic  lioraus^e/.ugt-ii  und  darauf 
stützt  ein  Vorschlaj:  luirli  dem  andern  dem  Ministerium  uuterhri  iti  t. 
Zunächst  wurde  der  .Modus  der  Arehivbenützuiig  erhMchtert.  Dann 
wurden  Grundsätze  aufgestellt,  nach  welchen  in  bestimmten  Fällen 
die  Frage  der  Zulassung  oder  Versagung  zu  beurtheilen.  Darauf 
wurde  fiber  die  Entscheidung  in  historischen  Dingen,  —  endlich  un 
laufenden  Jahi*  auch  in  allen  andern  Ärchivbenätzungsfhigai  «ne 
andere  Norm  eingeführt. 

Die  Anregung  zu  dieser  lib^loren  Ordnung  der  Archivbenützung 
lag  hauptsaehfich  in  dem  ausserordentlichen  Aufsch\Minge,  welchen 
die  historischen  Studien  frenommen.  Zu  den  bayerischen  Are  hivcn, 
diesen  grossen  Fundgmben  für  historische  Forschung  jeglicher  Art, 
steigerte  sich  mit  jedem  Jahre  der  Andrang  von  Gelehrten  und 
Liebliabern  aus  ganz  Europa,  von  Gemeinden  Pfarren  und  Stit'fimgen. 
von  Advokaten  und  wissensclKillli«  lieii  \'ereiiien.  Eine  freiere  und 
raschere  Erledii/nn;.'^  iiirer  (iisiulie  erschien  unausweichlich.  Dits 
Reiclisarchiv  setzte  sich  mit  den  bedi-utendsten  Archiven  in  Deutsch- 
laud  und  Milteleurüj)a  in  Verbindung,  um  deren  Normen  lür  die 
private  Archivbenützung  kennen  zu  lernen,  und  die  Frage  nach  allen 
Seiten  hin  zu  erörtern. 

Dk  rasch  fortgescluittrae  Regulirung  abor  der  Pflichten  und 
Rechte,  welche  mit  den  alten  Lehens-  und  Patronats-  und  den 
grund-  und  gerichtsherrlichen  Verhältnissen  zusammen  hingen,  er- 
ledigte mehr  und  mehr  ganze  Hassen  von  Archivalien  jed^  Bescurg- 
niss,  ob  man  sie,  ohne  den  Staatsinteressen  zu  schaden,  der  öffent« 
liehen  Benützung  anheini  geben  könne. 

Andererseits,  je  mein-  sich  l)ei  der  nach  allen  Richtungen  vor- 
dringenden Ordnung  und  Hepertorisirung  der  neun  Archive  ihre 
Tiefen  aufhellten,  um  so  deutlicher  stellte  sieh  heraus,  wie  wenig 
Stoff  sie  eigentlicii  enthielten,  aus  denen  eine  Schädiunm;:  der 
hitere.ssen  (ies  Staats,  der  Religion,  der  öffentlichen  Sittlichkeit,  oder 
auch  einzelner  Familien  abzuleiten. 

Endlich  lehrte  der  .Rückblick  auf  eine  Reihenfolge  von  Ent- 
sdimdungen  in  Archivbenützungssachen,  dass  diese  fast  immer  so  aus- 
fiden,  wie  von  den  Archiven  begutachtet  war.  Ihrer  gewissenhaften 


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138 


LAher: 


und  sacliverständi^'oii  riiif'nnp  liurfle  man  in  allen  nnlx^lenklichen 
Fällen  gt?tro>t  die  Ent>i  heiiinnfr  überla.':>en,  zumal  damit  eine  f,'io>^e 
Ersparrui?  an  Schreiberei  und  unnützen  Umständlichkeiten  ver- 
bunden war. 

4.  Geanche  um  Arehivbenfltxaiig. 

Jedermann  hat  nun  das  Recht  aaf  Archivbenützung,  und  es 
macht  keinen  Unterschied,  db  er  Staatsbeamter  oder  Privatmann, 
Bauer  oder  Gelehrter,  aus  Bayern  oder  Deutschland  oder  andern 
Staaten  ist.  Auch  die  Ausländer  bedürfen  keiner  diplomatischen 
Vertretung  mehr.  Wohl  aber  muss  jeder  Unbekannte  sich  über  seine 
Persönlichkeit  wie  über  seine  Zwecke  genügend  legitimiren. 

Die  Gesuche  künnen  schrifllich  oder  mündlich  angebracht  werden* 
lieber  jedes  mündliche  liegehren  wird  kurz  ein  Protokoll  aufge- 
nommen: denn  die  öffentlichen  Archive  müssen  sich  beständig  über 
ilure  TliiUigkeit  ausweisen  können. 

Es  ist  auch  einerlei,  oh  der  Ardiivbenützor  sieh  an  das  Reichs- 
oder an  ein  Kreisarchiv  wentlt-t.  hu  letzteren  Falle  wird  das  Ge- 
such der  Archivzeidralstelle  eingesendet  und  dabei ,  wenn  es  nicht 
von  vornherein  unannehmbar,  auf  die  Sache  eingegangen,  so  dass 
das  Reiehsarchiv  gleich  auch  den  Bericht  erfailt,  ob  und  wodurch 
dem  Gesuche  zu  willfahren. 

Entschieden  aber  wird  darauf  gehalten,  dass  Gesuche  nicht  in*s 
Weite  und  Breite  gestellt  werden,  sondern  einen  bestimmten  und 
deutlich  öbenehbaren  Zweck  ausdrucken.  Sie  dürfen  sich  weder 
ganz  allgemein  auf  Benützung  einer  bestimmten  oder  gar  aller  Arehiv- 
anstalten  richten,  noch  auf  ^^anze  Zeifepochen,  noch  auf  alle  Archi- 
valien  einer  Stadt  oder  Landschaft  überhaupt.  Eingaben  dieser  Art 
werden  dem  Gesuchsteller  zunlckge^'ehen.  damit  er  sie  bei  historischen 
Untersuchungen  auf  eine  bestimmt  angegebene  Frage  und  einen 
nicht  zu  weit  gefasslen  Zeitraum  beschränke,  in  andern  Dingen  aber 
je  nach  Lage  der  Sache  entweder  genau  die  Archivalien  selbst  oder 
das  Rechtsverhällniss,  7AI  dessen  Aufliellung  er  ihrer  bedarf,  bezeichne. 
Die  Arcliive  sind  nicht  dazu  da,  eud-  und  ziellosen  Studien  von 
Dilettanten  zu  dienen,  noch  weniger,  Advokaten  und  Prozesse  An- 
strebenden Gelegenheit  zu  geben,  nach  Material  zu  Rechtshftnddn 
zu  suchen. 


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Da«  bayerische  Archivwesen. 


139 


5.  U  e  \v  ä  ii  1-  u  n  ^  oder  V  e  r  s  u  g  u  n  g  oder  £  u  t  z  i  o  Ii  u  n  g  der 

Archivbenfltzang. 

Die^o  liegt  zuiuulist  in  den  Händen  de.s  ll»'icli?^an  liiv(liivklürs 
oder,  wenn  er  wegen  Krankheit  oder  im  Urlaub  abwesend  ist,  in  den 
Händen  seines  legitimen  Vertreters.  Das  bezieht  sich  sowold  auf 
Gesoehe  von  Privaten  Gemeinden  und  Stiftungen,  welche  die  Er- 
mittelung und  Klarstellung  von  Rechtsverhftitnissen  bezwecken,  als 
auf  solche  Gesuche,  wdche  die  Benützung  der  kfiniglichen  Archive 
zur  Erforschung  der  Landes-  Orts-  oder  Familiengeschichte  bezielen. 
Wo  ab«*  Staatsinteressen  berührt  erscheinen,  ist  ministerielle  Ge- 
ndunigung  nothwend^» 

Da  hierdurch  auch  die  Verantw(»Uichkcit  des  Reidisarchivdirektors 
wesentlich  gesteigert  ist,  so  müssen  an  derselben  auch  die  Referenten 
am  Reichsarchiv  sowohl  als  die  Kreisarchivare  Theil  nehmen.  Diese 
haben  deshalb  in  jedem  Falle  einen  kurzen  schriftlichen  und  mit 
ihrem  Namen  unterzeichneten  Bericht  zu  den  Akten  zn  geben,  in 
welelKm  (ho  ganze  Sachlage  unter  Aufführung  der  betrefTenden 
Archivalien  erörtert  wird.  Die  letzteren  selbst  werden  dabei  je  nach 
Umständen  dem  Reichsarchiv  vorgelegt  oder  eingesendet. 

Die  Prüfung  richtet  sich  also  stets  auf  zwei  Punkte.  Der  eine : 
ob  Persönlichkeit  und  Zweck  des  Ardiivbenilteers  danach  angethan 
sind,  dass  seinem  Gesuche  Statt  zn  geben?  Die  andere  Frage  ist: 
ob  Staatsinteressen  in  Frage  kommen? 

Personen,  deren  Charakter  nach  vorliegenden  Thatsachen  oder 
Erfahrungen  für  die  Integrität  der  Archivalien  nicht  volle  Garantie 
bietet,  werden  unnachsiditlidi  von  der  Benützung  ausgeschlossen, 
beziehungsweise  der  sorgfaltigsten  Ueberwachung  unterstellt.  Da  aber 
Archivbenützung  stets  eine  Sache  des  Vertrauens  bleibt,  so  muss 
sie  denjenigen  wieder  entzogen  werden,  welche  sich  dieses  Vertrauens 
unwürdig  machen  oder  sonst  zu  l>edenklichen  Wahrnehmungen  An- 
lass  gelx-n. 

Was  den  Zweck  betritTl,  so  hat  der  Archivbeamte  wie  gesagt 
das  Interesse  der  Religion,  der  Sittlic hkoit ,  der  Staatsordnung,  und 
der  lebenden  Familien  zu  wahren,  und  muss  auch  von  diesem  Stand- 
punkte aus  die  Zulässigkeit  des  Begehrens  prüfen. 

Findet  er  aber,  dass  irgendwie  ein  Staatsfnteresse  berührt 
wird,  so  ist  die  Archivbenfitzong  abzulehnen  oder  ist  hShere  Ge- 
nehmigung einzuholen,  ehe  die  Archivbenützung  bewilligt  oder  fort- 


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140 


LOher: 


geselzl  wird.  Für  diesen  Fall  isl  Einrichtuiifr  ^t  lroft'en,  da>.>  ein 
(iularlilen  der  betrcflenden  Slaatsbeliörde  sich  auf  die  einfacli-le 
Weise  mit  dem  des  R('irli>ar('liivs  vorbinde,  um  dem  Ministerium 
in  einem  ciiizifren  l  eberblick  alle  die  Punkte  vorzulegen,  auf  welelie 
t'S  bei  Würdigung  der  Frage  ankonuiil. 

6.  Art  und  Weis«  der  Archivbettützung. 

Bfit  der  Benachrichtigung,  dass  ihr  Gesuch  bewilligt  sei,  wird 
den  ArchivbenOtzem  in  der  Regel  ein  orientirendes  Verzeichniss  der 
Arcbivalien  vorgelegt,  welche  für  ihren  Zweck  dienlich  sind. 

Deren  Durchsicht  und  Studium  geschieht  nur  in  loco  archiri 
und  coram  archivario.  Stets  föhrt  dabei  ein  Beamter  oder  Akzessist 
die  Aufsicht.  Dieser  wncht  insbe-ontl"  i  c  aiu  h  darüber,  das?,  wenn 
mehrere  Archivben ülzer  im  selben  Loiuil  arbeiten .  die  Sclirifl- 
stücke  sich  nicht  unter  einander  mengren.  Jeder  Archivbenützer 
muss  sie  viclmelir.  eh<>  er  das  Lokal  verläset,  zusammen  und  an 
einen  bestimmten  Platz  Ic-,'«  !!.  wo  er  sie  bei  seiner  Rückkehr  in  s 
Archiv  wieder  findet,  bn  Jleiclisarcliiv  wiid  dazu  It  ilcin,  der  längere 
Zeit  arbeilen  will,  ein  Karton  oder  Schrein  anjrew  ii  scii. 

Will  endlich  ein  Archivbenützer  l  rkunden  Akten  oder  Aiuts- 
bücher  nicht  in  dem  Archiv,  wo  sie  lugern,  sondern  an  einem  andern 
bayerischen  Archive-  emsehen,  so  wird  ihm  auch  darin  willfahrt,  je- 
doch hat  er  die  Yersendungskosten  zu  tragen. 

Die  Archivalioi  werden  dem  Benfitzer  in  solchen  Partien  vor- 
gelegt, dass  der  Archivbeamte  alle  StQcke  vorher  wohl  durchgehen 
und  sich  verzeichnen  kann. 

Vorlage  von  Repertorien  findet  in  der  Regel  nicht  Statt.  Nur 
die  Mitarbeiter  der  historischen  Konnnission  bei  der  k.  Akademie  der 
Wissenschaften,  die  im  bayerischen  Staatsdienst  angestellt  sind,  können 
die  ihre  liistortschen  Forschungen  beti-eHenden  Repertorien  selbst 
einsehen. 

Jedem  Archivbenützer  ist  n  laubt,  sich  Auszüj:»'  und  Abschriflen 
zu  machen,  und  braucht  er  sie  in  der  Regel  nicht  erst  vorzuzeigen, 
ehe  sie  sein  Eigentlium  werden. 

Das  Abformen  und  Nachbilden  von  Siegeln  AN'ajjpen  Miniaturen 
Gravirungen  und  Handschriften  wird  nur  dem  gestattet,  der  sich  als 
sachverständig  darin  erwiesen  hat,  damit  Schrift  oder  Siegel  nicht 
leide. 


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Das  bayerische  Aix-liivweäen. 


Ul 


7.  Gebahren. 

Dte  Archivbenfitzang  durch  Geschichtsforscher,  welche  lediglich 
im  Inleresee  der  Wissenschaft  geschieht,  wird  unter  die  zur  Förderung 
▼om  Staate  begünstigten  Unternehmen  gerechnet  und  ist  daher  lax- 
und  stempelfrei. 

Auch  für  andere  FfiUe  ist  nur  der  Erlass  an  den  Archivbenfltzer 
mit  ein»  Taxe  von  1  M.  70  Pf.  bel^L  Nimmt  jfdoch  das  Auf- 
suchen und  VerzeiclitK  !i  t]f>r  pewünschlen  Arcliivalion  längere  Zeit 
in  Anspruch,  so  wird  diese  Taxe  etwas  erhöht.  Will  der  Anliiv- 
benützer  dabei  Abschriflcn  durch  da>;  Amt  anfertigen  und  heglaubigen 
lassen,  so  wird  eine  kleine  Kopialgcliüiii-  von  35  Pf.  füi-  den  Hogen, 
sowie  ein  Beglaubigungsstempel  bererlinel,  der  für  den  ersten  Bogen 
50,  für  je<len  folgenden  20  Pf.  beträgt. 

Man  uiuss  gestehen,  dass  diese  leichte  Taxirung  der  Archiv- 
benützung nicht  zum  Vortheile  des  Staates  gereicht,  welcher  die 
Archive  unterhält  und  ihre  Beamten  besoldet.  MUg  und  recht  ist, 
dass  Gelehrte,  deren  Archivstudien  der  Wissenschaft  wirklich  zu 
Gute  kommen,  mit  grOsster  Liberalität  behandelt  werden.  Wenn 
aber  die  Archivbenützung  zum  Besten  von  Advokaten  und  Prozess- 
führenden,  Gemeinden,  Familien,  und  Dilettanten  in  der  Geschichts- 
forschung geschieht,  so  macht  ihnen  der  Staat  durch  die  äusserst 
billige  Taxirung,  während  die  Archivbeamten  für  sie  öfl»  wochen- 
lange Arbeiten  haben,  ein  Geschenk.  Italiäner  und  Franzosen  wissen 
in  dieser  Beziehung  anders  zu  verfahren. 

Will  .Jemand  Privatabschriflen  vom  Archivamt  beglaubigt,  so 
beträgt  ausser  der  el)en  bezeichneton  Slcmpclgcbühr  die  Taxe  lur 
den  ersten  Bogen  1  Mark  10  Pf.  und  für  jeden  folgenden  Bogen 
20  Pf. 

Wünscht  dagegen  der  Archivbenützer ,  dass  ihm  Abschriften 
oder  Auszüge  von  einem  der  bei  dem  Archiv  Angestellten  gefertigt 
werden,  so  hat  er  sich  mit  ihm  wegen  der  Vergütung  für  die 
Arbeit  zu  verständige,  und  dieser  die  Zustimmung  vom  Vorstand 
einzuholen.  Ist  das  nicht  erfolgt,  so  wird  die  Veigfitung  vom  Voi^ 
Stande  nach  billigem  Ermessen  festgesetzt.  Weil  aber  derlei  Arbeit 
Privatsache  ist,  so  Icann  sie  nicht  anders,  als  vor  oder  nach  den 
Dienststunden  Statt  finden. 


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142 


Löher: 


Xli.   Archivbenutzung  in  Rechtssachen. 

1.  Grundsfttse. 

Für  die  Vennögensinteressen  des  Staats  sind  seine  Archive  das- 
sellM,  was  für  jeden  Staatsburger  seine  Registratur.  So  wenig  dieser 
verpflichtet  ist,  sie  Jedermann  za  öffhen,  damit  man  darin  vielleicht 
RechtsUtel  und  Beweise  sammle,  um  Anspräche  und  Prozesse  gegen 
ihn  selbst  zu  erheben,  ebenso  wenig  besteht  eine  solche  V^erpflichtung 
Hör  den  Staat.  Im  Gegotilheil,  woil  am  Staatsvermögen  alle  Theil 
nehmen  und  der  Sondervortheil,  der  einem  Einzelnen  eingeräumt 
würde,  Beeinträchtigung  der  Uebrigen  wäre:  so  smd  die  Archivare 
verplliciitet ,  bei  Arcliivbenülzung  in  Rechtssachen  zuerst  darauf  zu 
schauen,  ob  Fiskus  belheiligt  ist. 

Es  sind  aber  imnnielir  eine  Heilie  von  Grundsätzen  festgestelll, 
welclio  den  Archivaren  7,ur  liitlitung  dienen  und  die  Benützung  der 
Archivalieu  ungemein  erleiclitern. 

I.  Es  fragt  sich  zunächst,  ob  die  Akten  Urkunden  und  Anits- 
bQcher  zwischen  Fiskus  und  Archivbenfttzer  als  gemeiDscfaaftliche  zu 
betrachten  sind?  Ist  dies  der  Fall,  so  wird  die  ArchiTbenAtznng 
auch  bei  Betheifigong  des  Fiskus  nicht  versagt. 

IL  Bezüglich  der  Amts-  Saal-  und  LageiliQcfaer  wird  angenommen, 
dass  sie  als  solche  zu  betrachten,  welche  hn  gegenseitigen  gemein- 
schaftlichen Interesse  errichtet  wurden. 

in.  Was  die  Lehensarchivalien  anbelangt,  zählen  hierher  die  L^en- 
muthungen  Belehn ungsprolokoUe  Lehenbriefe  Rever.se  Spezifikationen 
Gesuche  um  Verpfandungs-Konsens  Lehenaufsendungen  Beschwerden 
wegen  Lehenbeeinträchligung  Gesuche  um  Auszahlung  von  Lelien- 
stamuizinsen  Urkunden  ül>er  Lelienfnl'^'e  und  V'eräusserungs-Konsense, 

IV.  Ebenso  erscheinen  die  Akten  ülx?r  Rechtsstreite  zwischen  den 
streitenden  Theilen  als  gemeinschaftliche  Akten,  und  fällt  jedes  Be- 
denken hinweg,  wenn  die  Sache  durch  Erkenntniss  detinitiv  erledigt  ist. 

V.  hl  gleicher  Weise  ist  kein  Anstand  bezüglich  älterer  Akten 
dann  zu  erheben,  wenn,  wie  hinsichtlich  der  Jagd-  und  Zehent- 
differenzen,  die  Gesetzgebung  die  betreffenden  RechtsverfaSitnisse  in* 
zwiscben  voUstfindig  umgestaltet  hat 

VL  Was  die  Veijährungszeit  betrifll,  so  kömmt  nicht  eine  hun- 
dertjährige m  F^age,  sondern  es  wird  beachtet,  dass  innerhalb 
30  Jahren  alle  Klagen  erlöschen  und  nur  die  ausserordentliche 


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l)m  bayerucbe  ArebivweMii. 


143 


Ak(iuisitivvorjälirung  gopron  Stifliinproii  und  Fiskuf;  »'iiic  lüii-jeii'  Frist 
tTlurdurl,  audi  die  hundertjährige  Ersilzuiig  nur  von  iIliu  kaiujiiisc  hon 
Rechte  bezfigUcb  der  Gfiter  der  römischen  Kirche  gefordert  wird. 
Endlich  ist  der  Fiskus  durch  die  besonderen  Verjährungsgesetze  von 
den  Jahren  1811  und  1831  gegen  Ansprüche  aus  der  Vorzeit  ge- 
schützt, was  eine  freiere  Benützung  der  Archive  zu  hbtorisclien 
Arbeiten  als  zulftssig  eischemen  Iftsst 

2.  Wahrung  des  S l a  a  t  ^  i  ii  t   r  o  s  s  e  s. 

Tritt  nun  ausser  den  vorg^enannltn  Filllen  das  fiskalische 
Interesse  erkennbar  hervor,  mögen  darüber  Hechtsstreite  bereits  an- 
liängig  sein  oder  erst  in  Aussicht  stehen,  wie  z.  B.  in  Fragen  der 
Kultu^bauLi-it .  der  P;itronatsre<'hte ,  der  Rorhfo  auf  Forston  Six'n 
Wasseriii u  1* ■ .  ller^'wcrkr'  u.  s.  w. .  so  wenden  sich  die  Ardiivlx;'- 
liörden  uniiiittclliar  an  die  hclictfendt'  Krei.-stelle  (Krei-Üskalat)  oder 
Zentralsteile,  setzen  ihnen  den  Fall  auseinander,  fü|jen,  wo  es  rätii- 
lich  scheint,  die  betreffenden  Archivalien  bei,  und  erholen  sich  von 
ihnen  &n  Gutachten. 

Tritt  das  Reichsarchiv  diesem  Gutachten  bei,  so  ist  damit  — 
einerlei,  ob  es  auf  Ablehnung  oder  Bewilligung  des  Gesuchs  um 
Archivbenfitzung  geht,  —  die  Sache  erledigt,  und  wird  demgemfiss 
der  Gesuchsteller  besehieden. 

Glaubt  aber  die  Archivbehörde,  dem  Gutachten  der  sachver- 
ständigen Kreis-  oder  Zentralstolle  nicht  hoitreten  zu  kCnnen,  SO 
unterbreitet  sie  die  Sache  der  niini-toiifllen  Entscheidung. 

In  sonstigen  Fällen,  in  welchen  Interessen  des  Staats  politischer 
oder  administrativer  Natnr  iK'rfihrt  erscheinen,  bleibt  Boriclitt'rslattung 
an  das  Ministerium  crfordt  rlich,  und  können,  l)is  dessen  (ionclimigung 
erfolgt,  die  Archivalien  dem  Gesuchsleller  nicht  vorgelegt  werden. 

8.  ArchiTalienvorlagen  bei  Gericht 

Sind  Archivalien  bei  einem  Gericht  vorzulegen,  so  bat  sie 
der  Archivar,  wenn  er  am  Sitze  des  Gerichtshofes  wohnt,  diesem 
sdbst  zu  produziren.  Ist  aber  das  Archiv  vom  Sitze  der  Gerichts- 
behörde entfernt,  so  übersendet  es  die  Archivalien  an  den  daselbst 
auligestellten  k.  Staatsanwalt,  welcher  den  Empfong  zu  bescheinigen, 
die  Voriage  bei  Geiidit  resp.  an  den  Gesuchsteller  zu  bewirken,  und 
f&r  unbeschädigte  Röcksendung  zu  sorgen  hat.  Die  Kosten  der  Ifin- 
und  Hersendung  trSgt  der  Gesuchsteller. 


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XIII.  ArehivallenbenOtzimg  zu  wlssensdiafilicliein  Zwack. 

1.  W Qrdigung  der  Gesuche. 

Die  Kreisarchive  sind  eniKK  htigt,  nach  eigenem  Ermessen  die 
ÄFchivbenützung  in  folgenden  Ffillon  zu  prowaliren: 

1)  wenn  es  sich  um  Einsi*  lit  solcher  Archivalien  handelt, 

dio  im  Druck  «chon  verönentlicht  sind: 

2)  wenn  der  Ge»uch:>tt'llor  blo<s  Siosol,  Medaillon,  Siegel- 
slücke,  Abbildungen,  Miniaturen,  Holzschnitte,  (Jravirun^ren, 

;})  alte  und  neue  Druckschriften  oiler  iiand^clii ilHiche  Ab- 
handliuifren  histori-ciien,  ^'enealo^Mschen.  heraldi-chen,  juristi- 
schen, oder  to|)ograpiiisclien  Inhalts  einzuselien  wünsclil. 
Handell  es  sich  dagegen  um  mechanisches  Nachformen  von 
irgend  etwas,  ist  von  der  ÄFchivzentralstelle  Genehmigung  zu  er- 
holen. 

Ehenso  entscheidet  in  allen  andern  Fällen  der  Reichsarchlv- 
direktor  auf  Bericht  der  Referenten  oder  der  Ereisarchive,  indem  er, 
wo  es  räthlich  scheint,  die  betrefiTenden  Archivalien  seihst  durch- 
sieht. Nur  wo  Staatsinteressen  berührt  werden,  ergeht  vor  der  Ge- 

nehmifrung  des  Gesuciis  sein  Berlcld  an  das  Minist^um.  Kommen 
unter  dem  Deckmanlei  historisclier  Untersuchunpren  Rechtsverhält- 
nisse des  Staats  in  Fra<^'e,  so  wird  das  Gesuch  behandelt,  als  sei  es 
von  vornlierein  in  Hechtssachen  f^estellt. 

Sonst  aber  isl  <^'r()ssle  Liberalität  in  Unterstützung'  der  Wissen- 
schall der  leitende  Gesiehts})unkt ,  und  es  wird  nur  daraul'  fjeselien, 
dass  die  Archivbenützung  nicht  olTenbar  dazu  tliene,  v'm  relitriri-es 
oder  konfessionelles  Aergerniss  zu  ^'ebeii,  Skandal^^esehichlen  .uit/.u- 
frisi  hen,  oder  die  staatliche  Ordnung  anzugreifen,  oder  auch  lebende 
Personen  und  bestehende  Familien  zu  verletzen. 

2,  Unterstfltsung  der  Forschung  selbst« 

Sämmtliche  Archivbeamten  sind  deshalb  angewiesen,  da  wo  es 
sich  um  wissenschaftliche  Zwecke  handelt,  die  Archivbenützer  in 
zuvorkommendster  Weise  zu  unterstfitzen,  ihnen  die  ndtfaigen  Bficher 
Karten  und  Quellenwerke  zur  Seite  zu  legen,  ihrer  Forschung  mit 

Ralh  und  Thal  an  die  Hand  zu  gehen,  und  sich  keine  Mühe  und 
Arbeit  verdriessen  zu  lassen,  bis  all  die  Archivalien,  die  mittelbar 
oder  unmittelbar  zum  Zwecke  dienen  können,  herausgefunden  und 


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Das  bayeriächo  Airhivwewu. 


145 


vorgelegt  sind.  Man  darf  auch  wob)  sagen,  dass  sämmtliche  Ardiiv- 
beamte  sich  dieser  Au^abe  mit 'Lust  und  liebe  unterziefan. 

Historische  Vereine  und  verdiente  Gelehrte  gcniessen  besondere 
Berücksichligung.  Ihnen  vorzüglich  werden  auch  schrifllich  Auf- 
schlüsse und  Notizen  über  und  aus  An^hivalien  zugeschickt.  Nur 
darf  solclie  Unterstützung:  fremder  Fors<  hiing  die  übrigen  dienstlidien 
Aufgaben  des  Archivbeamten  nicht  beeinträchtigen. 

8.  Versendung  von  Arehivalien. 

In  ilitfser  lifzieliung  i.st  grössto  Zurfu  klialtung  geboten,  weil  bei 
der  Menge  und  Eutternung  der  Archivbenützer  sich  alsbald,  wenn 
man  die  Versendung  einmal  zuliesse,  unliebsame  Folgen  und  Fol- 
gerungen kund  geben  wfirden.  Es  finden  daher  nur  folgende  Aus- 
nahmen Statt: 

1.  UriEunden  und  Akten  werden  auf  Verlangen  an  firemde 
Archive  zur  Beihilfe  bei  deren  eigenen  Arbeiten  nur  dann  ge- 
schickt, wenn  jene  zu  gleichem  Dienst  sich  bereit  erklären,  und 
die  Versendung  ohne  alle  Sorge  für  die  hitegrität  der  Archi- 
valien g»'S(  liehen  kann. 

2.  Die  Heichsarchivbeamten,  welche  .Mil;;lieilt"r  der  k.  Aka- 
demie der  Wissenschaften  in  München  sind,  kcinnen  zu  deren 
Sitzungen  ArchivaJien  mitnehmen,  wenn  sie  darüber  Vortrag 
halten  wollen. 

3.  Nach  vorgängiger  Cienohmigung  des  Reichsarchivdiroktors 
darf  ein  Archivbeamter  feste  Archivbiinde,  aber  jedesnial  nur 
einen,  zur  Benützung  in  seine  Wohnung  mitnehmen. 

4.  Den  Mitarbeitern  der  historischen  Kommission  werden 
zu  bequemerer  Bearbeitung  Archivalien  m  festen  Bänden  auf 
die  Akademie  der  Wissenschaften  geliefert,  worüber  sowohl  der 
Akademtesekretär  als  das  Reichsarchiv  Buch  führt. 

5.  Zum  Besten  verdienter  Gelehrter  werden  ^vohl  auch 
Kodizes  auf  kurze  Zeil  versendet,  jedoch  stets  nur  einer  und 
in  einem  festen  Band,  der  eine  genaue  Beschreibung  nebst 
Archivslempel  enthält,  und  stets  nur  an  ein  Archiv  oder  eine 
Bibliothek,  welchen  der  Kodex  nebst  der  sorgfälti'^'  verpackten 
Beschreibung  zugesundt  wird  und  welche  bei  der  Empfangs- 
bestätigung sich  verbürijren.  dass  die  Benützung  nur  in  ihrem 
Lokal  geschehe,  und  dass  der  Koch  x  nach  Ablauf  der  be- 
stimmten Frist  an  s  iieichsarchiv  zurückgelange.    Dasselbe  ist 

AreMvaltaeli«  Zdtoehrtft.  I.  10 


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U6 


Lolier: 


der  Fall  mit  einzelnen  Urkunden,  welche  sich  ohne  altes  Bedenken 
gut  veraenden  lassen. 

XIV.  Archivbentttzung  für  genealogische  und  ähnliche  Zwecke. 

1.  Vermehrunp  gen f alogischer  Porschun}:. 

Es  mag  wohl  kaum  eilt  Aicliiv  in  Europa  gclM-n,  wt'lrlie-.  für 
IJntersncluinfron  auf  ^'('noaioj,qs(  licm  Gebiet  so  viel  Quellen  darhiett  l, 
als  das  Ueichsarchiv.  Ihnen  dienen  nicht  bloss  die  nngohfurc  Menpro 
alter  Urkunden  und  Kodizes,  die  sich  hier  angesammelt  haben,  nicht 
bloss  die  zahlreichen  Probalionsbücher  der  Domkapitel,  nicht  bloss 
die  kaum  fibeisdibaren  Reihen  der  alten  Ämtsbfieher,  wekhe  genaue 
topographische  Forschung  gestatten,  sondern  einer  der  grSssten  Säle 
ist  mit  dem  Adels-  und  Familienselekt  angefüllt,  welcher  in  410  Kar^ 
tODS  Aber  5262  Geschlechter  94,998  Dokumente  enthält,  noch  immer 
anwächst,  und  jetzt  bis  zum  Buchstaben  S  neu  geordnet  und  ver» 
zdchnet  wurde. 

Die  Kunde  von  diesen  reidien  Fundgruben  muss  sich  in 
neuerer  Zeit  verbreitet  haben ;  denn  die  Zahl  genealogischer  Forscher 
▼on  fern  und  nahe  stejrrt  mit  jedem  .lahr.  Es  map  dabei  viele 
Eitelkeit  und  blosse  Liebhaberei  milunlrriautt-n :  im  (iaii/.eii  t:>"- 
nonnnen  ist  al^er  diese  zunehmende  .lagd  auf  f?encalopisi  hen  (inindi  n 
kein  seldeclites  Zeichen  für  unser  Volk.  Wenn  die  Familien  wieder 
ihre  historischen  Erinnerungen  pllegen,  hebt  sich  auch  die  nationale 
Kraft  und  Ehre. 

Uebrigens  zeigte  sich  hierbei,  wie  Viete  doch  aus  dem  jetzigen 
bayerischen  Gebiete  einst  in  die  Oder-  Weichsel-  und  Donaulande 
und  in  noch  weiter  östlich  gelegene  Reidie  ausgewandert  sind,  wäh- 
rend die  Zuwanderer,  die  jetzt  so  häufig  aus  Nord-  nach  Säddeutsdi- 
land  kommen,  ans  den  Niederlanden  Frankreich  und  Italien  firäher 
viel  zahhreicher  waren. 

2.  V  0  r  s  c  Ii  i  t'  (l  f  n  f  Genealoge  ii. 

Die  genealogischen  Untersuchungen  sind  entweder  reine  Privat- 
sache eines  Mannes  oder  Geschlecht.-,  oder  sie  verfolfren  einen  wissen- 
schaftlichen Zweck.  Letzteres  ist  anzunehmen,  wenn  sich  Gelehrte 
denselben  unterzichrn .  odi  r  das  llesultat  in  einem  Bui^he  soll  ver- 
öllcntliclü  werden.  Dann  zieht  die  Orts-  und  I^andesgeschichte  stets 


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Dias  bayerische  Archivwesen. 


147 


einigen  Vortlieil  dnvon.  und  verdiont  die  Archivbenützung  selbst  als 
eine  liistorisch-wi?.senscliaflliclie  behandolf  zu  werden. 

Wenn  es  sich  dagegen  um  Begi'ündun^'  eines  Erbrechts,  Wieder- 
herstellung eines  Adelstitels,  Ergänzung  eines  Familienarchivs,  und 
dergleichen  handelt,  so  lisst  sich  die  Angelegenheit  nur  wie  eine 
Aidürbenützung  in  Rechtssachen  ansehen,  bei  welche  jedoch 
Staatsinteressen  fast  niemals,  wohl  aber  Rechte  lebender  Familien 
in  Frage  kommen. 

3.  Heraldiker  und  Spliragistiker. 

Auch  die  Wappen-  und  Siegelkunde  erfreuet  sich  jetzt  wieder 
mannigfacher  Pflege,  wenn  auch  keineswegs  immer  nach  wissen- 
schaftlicher Methode  und  zu  wirklich  historischen  Zwecken.  Die 
Archivo  in  München  Nürnberg  FJanihcr^r  und  Würzl^urg  bieten  dnfür 
reiche  Fundtrruben ,  und  jiranz  besoiuicre  Dicn-le  leistet  die  grosse 
Rückl'sche  Sammlung  von  Siegelabgüsscn  uml  Gipslbrmen,  welche, 
nebst  dem  üeheimniss  des  Röckl-schen  Melallgusses,  jetzt  vom 
Staate  angekauft  und  dem  Reichsarchiv  einverleibt  worden.  Ein 
folgender  Jahrgang  der  Archivalisch^  Zeitachrifl  wird  darüber 
Näheres  mittheilen. 

XV.  Ergänzung  der  Archive. 

1.  Archivlflckpn. 

In  unserer  Zeit  stecken  noch  vielfach  ungekannte  Reste  alter 
Archive  hier  und  dort  umher,  die,  wo  sie  auftauchen,  verschwinden. 
Händler  verschiedener  Art  machen  Jagd  darauf.  Deutscliland ,  wo 
es  früher  die  meisten  und  werthvolNttMi  Archive  gab.  ist  dei'  Hoden, 
von  dem  sich  die  Sammlungen  der  Liehhahi-r  in  fremden  Ländern 
am  re!i  hli(  listen  nähren.  Nicht  genug  können,  um  historische  iSchutze 
zu  retten,  die  deutschen  Archivbeamten  aulmerken. 

Unkenntniss  und  Vorurteil  bereiten  ihnen  dabei  manches  Un- 
gemach. Ad  gar  vielen  Orten  schätzt  man  die  alten  Akten  und 
Urkunden  nicht,  und  lässt  sie  in  Dachkammern  und  alten  Gewölben 
vermodon,  bis  sie  unvers^ens  in  flremde  Hände  gerathen. 

Jedes  Archiv  wird  noch  seine  LOcken  haben,  wenn  man  die 
Oertlichkdten,  die  in  ihm  vertreten  sein  sollten,  überblickt  Durch 
Anregung  zu  Schenkungen,  durch  Ankauf,  durch  Einleitung  oinef? 
Aastauschverfahrens  mit  andern  Regierungen,  durch  Aufspüren  bei 


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148 


LOher: 


den  Stellen  und  Behörden,  lässt  sich  noch  heute  manche  Lücke 
ausfällen. 

2.  Erwcrli  iliir<  li  Ankauf  und  S  r  h  *•  n  k  ii  n  g. 

Sämmiliche  Beamte  des  Reichsarchivs  und  der  acht  Kreisarchive 
sind  angewiesen,  auf  Arcliivalien,  die  irgendwo  bei  Privaten  vor^ 
handcn ,  ein  wachsames  Auge  zu  hahen.  Zu  gleichem  Zwe<  k  sind 
aucli  aii<>i  r  di  u  Aicliiveu  liior  und  da  Vorlrauensmänncr  aufgestellt. 
Nicht  bluss  Antiquarläden .  auch  die  AVerkstätfen  der  Golclschl;i;,^or, 
die  so  viel  altes  Fer^Mineiil  verhraucheii ,  werden  rejjelmässig  be- 
sucht. Sobald  werlhvolle  Akten  und  Dokumente,  die  keine  Familien- 
stücke, ausgeforscht  werden,  ruht  mau  nicht,  bis  durch  Ankauf  oder 
Schenkung  das  Archiv  in  ihren  Besitz  gelangt  So  wanderte  noch 
in  jüngster  Zeit  das  Hohenaschauer  Archiv,  für  3000  fl.  angekauft, 
in  einem  halben  Hundert  Eisten  in*s  Reidisarchiv  ein,  und  führte 
ihni  bloss  an  alten  Urkunden  gegen  zwOlfhundert  Stflcke  zu.  Wieder- 
holt gelang  es,  für  geringe  Summen  die  bedeutendsten  Erwerbungen 
bei  Privaten  zu  machen.  Noch  mehr  wurde  den  Landesarchiven 
durch  hoctiherzige  Liberalitat  der  Besitzer  zugewendet 

3.  Ausl.iusc  li  mit  an«li>rn  Staaten. 

Indem  man  in  den  tiandakten  die  Spuren  von  ehemals  getlüch- 
teten  Oiler  durch  frühere  Landesherren  mitgenommenen  Archivalien 
verfolgte,  und  die  rechten  Männer  für  die  Aufgabe  interessii  te,  wurde 
in  den  auswärti^^en  Artliiven  ein  grosses,  für  vaterländisrlip  Ge- 
scliiclite  und  Interessen  werlhvolles  Material  aufgesjtürt,  und  soilann 
ge-en  Abgalx*  solcher  Archivalien,  welche  sicli  niciit  auf  bayerisches 
Gebiet  beziehen,  erworben. 

Dieser  gegenseitige  Archivalien-Austausch  ist  mit  Elsass-Loth- 
ringen,  Preussen,  Baden,  Hessen,  Württemberg,  Oesterreich  theils 
schon  durchgeführt,  theils  noch  im  Gange.  Der  Reichsarchiv- 
durektor  wurde  z.  B.  1867  von  der  kaiserlich  französischen  Regie- 
rung eingeladen,  selbst  die  Archive  in  Strassburg  Kolmar  und 
Metz  zu  besuchen  und  mit  den  dortigen  Archivaren  sich  persönlich 
über  einen  Austausch  zu  benehmen.  Das  Ergebniss  war  beiderseits 
erfreulich. 


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Das  bayeriwhe  Archivwcaen.  149 

4.  A  u  f  s  11  r  Ii  e  1 1  von  a  r  c  Ii  i  v  a  1  i  1 1-  It  i-  tu  Alants  ^  u  t. 

Auch  den  Archivalien,  welclie  in  Bayern  selbst  bei  Säkularisininjr 
von  Klöstern  und  Stiflnnjren,  oder  bei  Mediatisinu);-'  von  Heiclisstiinden 
sich  verirrten,  oder  auf  Üaclikaiiiniern  und  Speichern  liej^en  hliel>en, 
oder  auch  in  Privathände  geriethen.  wird  nachgeforsrht  und  ihre 
Rückerwerbuuf?  angestrebt.  So  wurde  im  Jahr  1853  aus  Nördlingen 
noch  eine  sehr  bedeutende  Menge  werlhvoUer  Archivalien  geholt, 
und  noch  vor  ein  paar  Jahren  fand  sich  in  Weissenburg  in  Franken 
ein  grosses  rdchssiädtisclies  Archiv,  das  ganz  sollte  verschwunden  sein. 

b.  Zogftnge  von  k.  Stellen  und  BehArden. 

-  Den  meisten  Zuwachs  aber  erhalten  die  k.  Archive  durch  die 
fort  und  fort  geh^de  und  in  den  letzten  Jahren  hOchst  umCang- 
reiebe  Ablieferung  der  antiquirten  Akten  Urkunden  und  Amtsbücher 

aus  den  Regi.strnturen  der  k.  Stellen  und  Behörden.  Die  Zahl  der 
eingdieferten  Bände  Aktenhefie  und  Urkunden  ging  in  den  letzten 
Jahren  bei  mehreren  Archiven  wiederholt  in  die  Tausende. 

T^m  n.ätnlich  Alles,  was  etwa  noch  hislorisclies  oder  statistische-J 
oder  administratives  Iiileresse  l>ieleii  könnle,  zu  konserviren,  winden 
durch  gemeinsame  Entschliessung,   weklie  im   hüllenden  Jaluv.elinl 
von  den  k.  Staatsmini.sterien  der.lustiz,  des  Innein,  und  der  Finanzen 
ausgingen,  bestimmte  Grundsätze  aufgestellt,  die  bei  der  Ausschei- 
dung und  Vernichtung  älterer  Akten  und  AmtsbQcher  als  Richt- 
sdmor  dienen.  Wenn  sich  bei  einer  Gerichts-  oder  Verwaltungs- 
stelle ein  Bedörfhiss  zur  Ausrfiumung  aUer  Registraturen  ergibt,  — 
wie  dies  namentlich  bei  Einfiührung  der  neuen  Prozessordnung  an- 
geze^  erschien,  da  sie  gewissermassen  einen  Abschluss  des  bis- 
herigen Registratorwesens  nach  sich  zog,  —  so  sind  vorerst  alle 
Akten,  die  noch  für  den  dienstlichen  Gebrauch  erforderlich,  ab/.u- 
sondem  und  bleiben  als  Amtsaklen  in  der  Registratur.    Ueber  alle 
übrigen  Akten  Amtsbucher  und  Urkunden,  Pläne  Grundrisse  n  1 
dorirleirhen  sind  von  den  Behörden  Verzeichnisse  anzulegen ,  welche 
Inhalt  und  Enfstelnitips/ei)  jedes  Sh"ickes  kurz  angeben,  und  an  das 
Reichsarchiv  einzusenden.   Diesem  allein  steht  die  Eiilscheidung  zu, 
welche  Akten  in  den  Stampf  zu  geben,  und  welche  als  in  historischer 
oder  anderer  Beziehung  werlhvoll  aufzubewahren  sind.   Die  Archiv- 
zentralstelle erholt  aber,  ehe  sie  die  endgiltige  Auswalil  trifft,  gewöhn- 
lich erst  ein  Gutachten  des  Kreisarchives,  welches  die  Sache  zunächst 


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löO 


angeht.  Alle  Stücke,  die  als  archivalisches  Gut  in  Ans|)rucli  genommen 
sind,  werden  sodann  von  den  Ic.  Stellen  und  Behörden  auf  eigene 
Kosten  an  das  betreffende  Archiv  abgeliefert 

Wenn  in  besonderen  Fällen  genauere  Sichtung  der  zur  Aus- 
scheidung bestimmten  antiqiürten  Akten  an  Ort.  und  Stdle  nöthig 
erscheint,  erfolgt  die  Absendung  eines  Archivbeainten. 

Es  ist  Anordnung  getroffen,  dass  bei  allen  Amtsinspeivtionen 
und  Uebergaben  besonders  darauf  gesehen  wird,  ob  nicht  zur  Al)- 
gabe  an  die  Aniiive  j:epij:netes  Material  hinlerlic^'c  Namenflirli  aus 
den  Registraturen  ikr  Ilcnt-  Bezirks-  und  Landgerichtsäniter  ergab 
sich  nicht  selten  n'iche  Ausbeute  für  die  Archive,  ganze  Kloster- 
arcliive  lagt-n  dort  verborgen.  So  wird  nacli  und  nach  das  ganze 
Land  nach  Archivalien  abgesucht,  wie  ein  Jagdgebiet  nach  Wild. 

Die  planmässige  Ausscheidung  Verzeichnung  und  Reponirung 
der  neuen  Zugänge  bildet  eine  Hauptarbeit  des  inneren  Dienstes. 

(S.  Austausch  mit  den  Bibliotheken. 

Da  in  fast  allen  Ardiiven  sich  noch  eine  Menge  alter  Disser> 
tatioDen  und  Druckwerke  vorfinden,  die  von  Niemand  benützt  werden, 

so  ist  ein  Austauschverfalu on  mit  rnivt  rsitäts-  und  Stadlbibliotlieken 
eingerichtet.  Denn  in  der  liegel  sind  diese  im  Besitz  alter  Akten 
und  Kodizes,  die  reiht  eigentlich  archivalisches  Material  enthalten, 

auf  den  Bibliotlukfu  aber  nicht  gesucht  werden. 

Insbesondere  unifangroicli  und  langwierig  ist  der  Austausch 
zwischen  der  k.  Hot-  und  Staatsbibliothek  und  dem  Reichsarchiv. 
Dieses  Geschäft  geht  strenge  nach  den  Grundsätzen  vor  sicli,  welche 
oben  ')  aufgestellt  wurden. 

7.  Ausscheidung  werthloser  Akten. 

Bei  der  stürmischen  oder  fahrlässigen  Art  und  Weise,  wie  der 
hihalt  der  Kreisardiive  zu  Ende  des  vorigen  und  zu  Anfang  dieses 
Jahrhunderts  zusammengerafft  wurde,  konnte  es  nicht  fehlen,  daas 
auch  viele  Prozess-  und  Verwaltungsakten  hinein  kamen,  die  nie- 
mals mehr  gebraucht  wurden  und  sich  mit  jedem  Jahre  mehr  als 
blosse  Makulatur  herausstellten.  Uni  nun  neuen  Zugängen  Raum 
zu  schaffen,  werden  solche  Akten  bei  fortschreitender  Repertorisirung 
ausgemustert,  Stück  für  Stück  sorgfältig  durchgesehen  und  ver- 

')  Seile  63—56. 


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Das  h«yeriwhe  ArchivwMen. 


151 


zeichnet,  sodann  die  Verzcichnis<:e  mit  ausführlichem  Ii»  rieht  über 
den  Cliarakfer  der  Akten  dem  Roichr^archiv  vorgelebt.  Nachdem 
hier  nociimal  (he  Verzeichnisse  (huTh;;eprüft,  erforderlichen  Falls  auch 
Aklenproben  zur  Einsicht  vom  Kreisarrhiv  erholt  sind,  erfolgt  die 
Entscheidung',  was  zu  verkaufen,  an  \V(>n,  unter  welchen  F^edincrimpen. 
Li  der  Regel  lindel  der  Verkauf  iin  Papiermühlen  Statt,  bei  denen 
ein  Archlvbeamter  den  Einstanipf  überwacht. 

XVI.  ArdiivaHsche  Verzeiehnung. 

1.  Zwei  Arten. 

Xeljen  den  vorgedachten  Geschäften,  welche  den  sogenannlai 
lautenden  Dienst  umfassen,  ?eht  beständig  her  der  sogenannte  innere 
Dienst,  d.  h.  die  archivalische  Verzeichnung  des  gesanimten  Inhalts 
der  Archive.  Jedem  ist  sein  Stuck  Arbeil  daran  zugemessen,  und 
jede  Viertelstunde,  welche  der  übrige  Dienst  frei  lässt,  gehört  dieser 
Aufgabe. 

Es  gibt  aber  zwei  Arten  von  archivalischen  Ordnungsarbeiten, 
die  rohe  und  die  feine.  Die  erste  ist  vollendet,  wenn  alle  Archivuiien 
$7stematisch  und  chronologisch  aufgestellt  sind,  und  zugleich  an  Ver- 
zeichniasen  und  Regesten  so  viel  vorhanden  ist»  dass  ein  Archiv- 
beamter,  wenn  er  seine  Schuldigkeit  thut,  alles  Material  zur  Lfisung 
einer  historischen,  administrativen,  od«:  juristischen  Tnge  sicher 
aisanunen  findet.  Natürlich  kommen  dabei  Fleiss  und  Kenntnisse 
des  Arehivpersonals  vorzugsweise  in  Betracht  Dies,  dass  das  Archiv 
bis  zum  Grunde  benutzbar,  ist  die  allererste  Forderung,  und  jeder 
Archivar,  der  ein^  Hülfe  hat,  soll  und  kuin  es  auch  in  dniger 
Zeit  soweit  bringen. 

Im  bayerischen  Reichsarchiv  ist  Jetzt  keine  Gruppe  mehr  ganz 
ungeordnet  und  unverzeichnet ,  und  kaum  möchte  es  auch  in  den 
aclit  Kreisarchiven  noch  eine  oder  die  andere  geben,  in  welcher  bei 
dem  gegenwärtigen  Stande  der  Re|>er(orisirung  und  des  Archivper- 
sonals jener  Aufgabe  im  Recherchiren  nicht  könnte  vollständig  ge- 
nügt werden. 

Soll  aber  das  Archiv  wirklich  beseelt  werden,  so  muss,  nach 
wissenschaftlichen  Grundsätzen  geleitet,  Regestirung  aller  Urkunden, 
Beschreibung  aller  Kodizes,  und  Repertorisirung  aller  Akten  hinzu 
treten.  Mit  dieser  Art  Arbeit  wird  man  in  emem  grossen  Archive 


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152  l^w: 

kaum  jomal.';  zu  Kude  konimefi:  stets  wird  äich  aus  der  getlianen 
noch  eine  feinoro  lioraussplialon. 

Im  rJanzcn  und  Clro^^ni  i>f  <liopc  /.weile  :jcnaiierc  Arl  arthi- 
valist'hor  V'erzeicliming'  aller  l<e>taiule  in  den  Krcisarcliiven  vor  allem 
zu  Nürnberg,  sodann  in  Xcuhurg.  sodann  in  Speyer  von  ihrer  Vollen- 
dung nielit  mehr  so  weit  enlfernl,  —  in  nainborg  und  \\  ür/lnuv 
nidiert  man  sich  ihr  mit  starken  Scliritten,  —  in  München  braucht 
es  noch  viel  Zeit  und  Mühe,  —  am  meisten  in  Landshut  und  Arn- 
berg, wo  beinahe  Alles  neu  zu  arbeiten  war.  Im  Reichsarchir  aber 
wird  man  in  den  nächsten  Jahren  mit  den  grösseren  Hauptgnippen 
der  Akten  und  Kodizes  fertig,  und  ist,  was  die  Urkunden  betrifft, 
hlnsichtlicb  aller  bis  zum  dreizehnten,  der  meisten  bis  zum  fänf- 
zehnten,  und  hinsichtlich  der  übrige  wichtigeren  bis  zum  sechs- 
zehnten Jahrhundert  fortgeschritten. 

2.  N  e  u  r  r  |>  c  r  I  o  r  i  s  i  r  II  \i  jjr. 

Diese  Erfolg'e  sind  theils  und  wesenllieh  den  früheren  Aicliiv- 
beamlen,  theil-;  aber  auch  der  andres! renkten  Arbeil  in»  jün^'sten  .hdir- 
zehnt  zu  danken.  Teher  die  Arl  und  Weise,  wie  bei  letzterer  zu 
Werke  jiegani-'en  wurde,  sei  noch  Kiniges  hier  bemerkt. 

Es  gab  im  Heiclisarchiv  wie  in  den  Kreisarcliiven  eine  Menge 
von  Repertorien  und  Inventarien,  Transportverzeichnissen,  Regesien, 
und  Uebersichten  aller  Art,  die  aus  dem  laufenden  und  aus  dem 
vorigen  Jahriiundert  stammen.  Da  sie  aber  zu  einem  grossen  Theil 
sehr  unvollstSnd^  und  lückenhaft  waren,  oder  den  jetzigen  Anfor- 
derungen der  Wissenschaft  nicht  mehr  entsprachen,  so  musste  man 
skh  —  es  sind  etwa  eilf  Jahre  her  —  entschliessen,  planmSssig  und 
mit  Auf  biet  mig  aller  Kräfte  eine  Neurepertorisirung  durchzuführen, 
bei  welcher  alle  Verzeichnisse  und  Regestenwerke  mit  den  Beständen 
verglichen,  das  Unvollkommene  verbes.sert,  das  Feiilende  neu  gearbeitet 
wurde,  rmfangreicli  ülier  alles  Mass  ersdiien  die  Aufgal>e:  um  so 
mehr  tiius-;l(ni  die  voriiandenen  Arl)eitskräfte  zum  durchdachten  Zu- 
saimnenwirken  geleitet  und  angeregt,  und  zugleich  junge  llülfsarljeiter 
gewonnen  und  geschult  werden. 

8,  Kltirstellnng  der  Archi vbestftnde. 

Ehe  nun  an  dies  weit  aussehende  Unternehmen  der  Neureper^ 
torisirung  gegangen  wurde,  suchte  man  zunächst  den  wirklichen 
Bestand  der  Archivalien  klar  und  fest  zu  stellen. 


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Daa  bayerische  Archivwesen. 


153 


Es  waren  niinilich  aus  alter  ül'ler  Aiiprowolmlicil  von  vielon 
Stellen  und  Hohörden  Archivalien  nicht  zurückgeschickt.  Sie  blieben 
bei  den  Akten.  ;:erielhen  in  die  Regislrafuren ,  wurden  verpressen, 
auch  wohl  versciileudi  i  t.  .^o  war  aus  den  D  Landesarcliiven  s^q'ü  mehr 
als  fünfzijr  Jahren  eine  l'nzahl  Anüsiniclier  Akten  und  Dokunicnle 
unter  hundert  und  mehr  Staals.stellen  und  Behüiden  zers>treut  worden, 
und  man  musstc  nun  entweder  sie  wieder  In  die  Archive  herein- 
schaffen,  oder  sieh  vergcwissenit  dass  fUe  unwiederbringlich  verloren. 

Es  wurden  deshalb  zuerst  in  jedem  Archive  aus  den  Handakten 
und  allen  möglichen  Notizen  und  mit  allen  erdenklichen  Hfllfsmitteln 
Verzeichnisse  über  die  Archivalien  aulj^ellt,  die  in  den  fünfzig  Jahren 
anBdiörden  und  Stellen  ausgeliehen  und  nicht  deutlich  als  zurflck- 
gekommen  vermerkt  waren.  Dann  wurde  konstatirt.  ob  sie  etwa  doch 
zurückgekommen  seien.  Noch  während  man  mit  der  Aufstellung'  der 
Schuldbücher  über  die  nicht  zurückgelanglen  Archivalien  beschäftigt 
war.  begann  bereits  bei  allen  nenn  Archiven  (hc  Oeneralreklaniation, 
die  endlich  trotz  vieler  Mühen  und  Schwierigkeiten  nach  und  nacli 
bis  auf  den  Grund  durchgeführt  wurde. 

Nachdem  auf  solche  Weise  erst  wieder  ein  fester  (Jnmd  des 
Besitzstandes  gewonnen  war.  ging  man  ilaran,  Alles  an  liivalisch 
zu  verzeichnen,  was  noch  gar  nicht  oder  nicht  vollständig  reper- 
torishrt,  beschrieben,  oder  regestirt  worden. 

4.  Allgemeine  Grundsfttie. 

Bei  diesem  Werke  der  Neurepertorisirung  werden  folgende  Crrund- 
satze  befolgt: 

1.  Die  Gruppen,  auf  welche  das  praktische  Bedürfniss  hinzeigt, 
werden  zuerst  in  Angriff  genommen,  nach  ihnen  diejenigen,  welche 
am  meisten  verwahrlost  scheinen. 

2.  Bei  der  Vertheilung  unter  die  Beamten  und  wissenschaft- 
lichen Hülfsarbeiter  erhfdt  Jeder  möglichst  das  zu  bearlxMten,  was 
seinen  besonderen  Studien  und  Vorkenntnissen  am  meisten  entspricht, 

3.  Das  Nebeneinander  und  die  Folgereihe  der  Arl>eiten  eines  Jeden 
wird  so  eingericlitet,  dass  nach  und  nach,  indem  eine  Partie  sich  an 
die  andere  ansetzt,  eine  Hauptgruppe  nach  der  andern  sich  erledigt. 

4.  Wo  einigermassen  befHedigende  Repertorien  vorhanden,  wird 
ihr  Inhalt  am  Fache  selbst  konstatirt,  korrigirt  und  ergänzt,  dabei 
aber  'eine  neue  Ordnung  und  Nummerirung  der  einzelnen  Stücke 
durchgefDhrt. 


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154 


Loher: 


5.  Wo  (Uifjegon  vollstänilit:  neiu'  R('|HMloritMi  nöthipr.  werden  sie 
nun  auch  erschüplend  und  mit  allen  Rückweisen  hergestellt. 

0.  Die  Art  und  der  Repertorisirang  kann  aber  nicht  eine 
schablonenmässig  gteidie  sein:  sie  Helltet  sicli  vielmetir  nach  der 
Eigenthömlichlieit  der  verschiedenen  Gruppen,  insl)esondere  auch 
nach  dem'  pralctischen  Bedürfnisse.  In  der  Regel  stellt  sie  sich  erst 
nach  vielerlei  Proben  Erwdgongen  und  Konferenzen  heraus.  Im 
Reichsarchiv  fibmiimmt  gewöhnlich  ein  Archivbeamter  mit  einem 
o<]<  f  iiiehraen  Hülfsarbeitern  je  eine  Giiippe.  Die  Arbeiten  und  die 
KoiitVicn/cn  mit  dem  Direktor  linden  in  den  Sälen  seihst  statt,  und 
n.ichdeni  die  richtip^e  Methode  frolnnden,  hat  der  botrenende  Beamte 
regelniä>;?ipr  mündlich  oder  .^chi  ittlii  h  lilier  den  Fortgang  der  Arbeit 
dem  Dirfktor  zu  berichti'H,  oder  diisoii  zuzuziehen.  Alle  wichtigen 
Anordnungen  werden  aufgc/i  ichnct  und  zu  Handaklm  gesammelt, 
die  jetzt  und  später  zu  Aut>ciiiüs-i  n  uml  Belehrungen  tlienen. 

Auf  solche  Weise  wird  das  gesaramte  Archivmaterial  systema- 
tisch durchgearbeitet.  Alle  Urkunden  sollen  nach  und  nach  regestirt^ 
alle  Akten  und  AmtsbOcher  repertorisirt,  alle  Kodizes  beschrieben 
werden. 

7.  Schliesslich  müssen  aus  allen  diesen  Verzeichnissen  und  Be- 
schreibungen alphabetische  Generalkataloge,  nämlich  Orts-  Personen- 
und  Sachregister  angelegt  werden,  welche  das  ganze  Archiv  umfassen, 
indem  sie  jeden  Bestandtheil  bis  in  Einzelne  hin  klar  steltoi. 

5.  U  e  p  e  r  t  o  r  i  e  ii  1»  ü  c  h  e  r. 

l'm  d;i-  auf  eine  längere  Reihe  von  Jahren  Iwreehnete  Neu- 
rt'perloi  isn  uiigswerk  phuiniäsi^ig  auf  fosfem  Boden  fortzuführen,  wur- 
den l'fc'bersichten  ausgearbeitet,  in  welchen  sännnl liehe  Gruppen  und 
Serien  des  Archivs  kurz  nach  Schlagwort  und  Entstehum?szeit  auf- 
geführt werden,  zu  jeder  aber  auch  angegeben  ist ,  was  darüber  an 
alten  oder  neuen  Repertorien  Inventarien  und  Uebersichlen  irgend 
einer  Art  vorhanden.  Zu  -jedm  dieser  Gruppen-  oder  Serien-Ver- 
zeichnisse wurde,  soweit  es  noch  ennittelt  werden  konnte,  auch  hin- 
zugefügt, wann  es  entstanden  und  von  wem?  Eine  neue  Kolonne 
aber  enthält  die  Kritik  eines  jeden  Verzeichnisses  nach  seinem  arehi- 
valischen  Werth,  so  dass  erhellt,  ob  es  gut,  oder  leicht  zu  adaptiren, 
oder  noch  mehrerer  Verbesserungen  bedürftig,  oder  ganz  zu  verwerfen. 

Dieses  kritische  Repertorienbuch  soll  also  zeigen,  was  fQr  jede 
Gruppe  oder  Serie  im  Archive  geschehen  ist  oder  noch  geschehen  muss. 


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Das  bAyeriflcbe  Archivwesen. 


155 


Das  lioi(  lisarcliiv  erhielt  ausserdem  einen  (ü-neral-Inilex  zu  den 
sämmllichen  Repertorien  und  Verzeidinissen,  die  im  Gobraucli  sind. 
Dieser  Anzeiger  besteht  in  Oktavblättcrn ,  deren  nicht  weniger  als 
11^2  geworden,  welche  24t  Kartoos  CQUeii.  Jede  kleine  oder  grosse 
Archivparzelle  hat  darhi  Ihr  Blatt,  auf  wekhem  sie  unter  Hinweis 
auf  das  darüber  sprechende  Repertorium  oder  Verzeichniss  ver- 
merkt steht. 

6.  Gesammt-Ueberciehten. 

Eine  andere  Reihe  von  Repertorien  und  Arbeiten  etgüA  sagh 
dadurch,  dass  für  den  di^tlichen  Gebrauch,  damit  man  bei  Nach- 
forschungen im  Archiv  sich  rasch  zurecht  finde  und  nichts  auslasse, 
Handweiser  und  Uebersichten  dessen,  was  in  jedem  Archivlokal  sich 
lindet,  gesehafTen  weiden,  sog.  General-Konspekte. 

Das  Heichsarrhiv  l)(sa>;>  schon  früher  ein  prcii^seres  Inventar 
dieser  Art  in  zwei  FoHohaiKim  und  eine  kleinere  L  ebersicht  in  einem 
Hände.  Hiezu  kam  zur  leichteren  Orientirung  ein  liand,  in  welchem 
die  Archivalien^Miippcii  topo^'raphi^ch  durch  verschiedene  Farben  mit 
Inschrilten  Uuciistaben  und  Ziilern  dargestellt  sind,  walu-end  auf  der 
gegenüberstehenden  Seite  die  Erläuterung  zu  den  Buchstaben  und 
Ziflbm  stehL 

Die  Kreisarchive  haben  durch  das  Verdienst  der  jetzigen  Archivare 
groesentheils  vortreffliche  Generalüiwrsichten  erhalten. 

7.  r  r  k  11  it  il  <■  II  r        s  t  i  r  u  n  g. 

Diese  geschieht  auf  Quartblrdtern,  welc  lic  im  Reichsarchiv  sodann 
ohne  Unterschied  des  Inhalts  und  Lagcrorts  der  Urkunde  rein  chrono- 
logisch aneinander  gereiht  und  in  Ouart-Kartons  eingelegt  werden. 
Ein  Beispiel  möge  die  gewülmliciie  Art  und  Weise  veranschaulichen: 
VII  ;   1.  1155  2U.  Juni.  Mainz  Erzstift. 

Arnoldus  archiepisc.  Mogunt.  institutionem  et  dofationem 
coenobii  in  Northun  per  praetlecessorem  suum  Lu- 
[ioldum  factaui  confirmat.  Dat.  Mugunt.  XU  Kai.  Jul. 
1155  ind.  lU. 

2  Ccp,  aus  d.  16.  und  1&  Jahrhundert,  worauf  zugleich 
eine  Urk.  des  Erzbiscfa.  Lupoid  von  1055. 
Die  rflmische  Zahl  gibt  den  Saal,  die  arabische  über  dem  Strich 
den  Schrein,  die  unter  dem  Strich  die  Schieblade,  imd  die  folgende 
Zahl  den  Bündel  (Faszikel)  an,  in  wekhem  in  der  Schieblade  nch 
die  Urkunde  befindet.  —  Noch  ein  Beispiel  aus  den  Selekten: 


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156 


Löher: 


KaisiM-scIckl  490.  ^-ec        i    •       du*  j 

Harität.-Sel.  4G.  12.  Berchtesgaden. 

Fridericus  I.  imp.  coenobium  Bertherscadem  in  tuitionem 
suscipiens  omnes  possessiones,  specialiter  autem  forest  um 
circa  cellam  a  comite  Bcringario  de  Snlzbah  traditumf 
confinnat.  Dat,  Jd.  Jun.  1156  ind.  DI  reg.  V  imp.  II, 
c  aurea  bulla. 

Die  auf  solche  Weise  gebildete  Rcgestensamralung  unifasst  be- 
reits Urkunden  niis  allen  im  Reichsarchiv  befind liclien  Serien,  haupt- 
sachlich aber  die  vor  1400  entstanden,  und  füllt  sflion  jetzt  759 
grosse  Karton?  an.  Znr  Zeit  der  drei  ersten  Vorstände  —  v.  Lang, 
Saniot ,  I' reiht  ri  v.  Freyberg  —  wurde  besonders  fleissig  an  der 
Regt \s  t  i  r u n  g  g<  'u  i  bo  i  t  e t . 

Diese  ungeheure  Suiiunlung  von  Regeslenblätlern  wurde  vor 
zwölf  Jahren  neu  goordnet. 

Sodann  ging  es  an  ein  Ausscliöpfen  des  »lioiicn  Meers«.  Wenn 
nach  einer  wichtigen  Urkunde  vergebens  gesucht  war,  hiess  es  zuletzt : 
»Vielleidit  8chi£ft  sie  im  holien  Heer.c  Wie  das  nftmlich  in  einem 
so  grossen  Archive  leicht  kommen  kann,  dass  Urkunden,  die  gekauft 
geschenkt  oder  sonst  woher  gesdiickt  oder  zurückgeschickt  werden, 
sieb  leicht  aufhäufen,  wenn  man  nicht  sofort  ihren  Lagerort  be> 
stimmen  kann,  so  hatte  sich  auch  im  Reichsarchiv  seit  einem  halben 
Jahrliundert  eine  grosse  wüste  Urkundenansammlunp^  —  darunter 
allein  8500  aus  dem  Mittelalter  —  gebildet.  Jed(^  einzelne  wurde 
nun  erst  reges t i rt ,  dann  ihr  richtiger  Lagerort  bestimmt,  endlich 
luiter  den  zahllosen  Faszikeln  derjenige  aufgesucht,  in  welclien  sie 
liiiiein  gehörte. 

Darauf  wurde  ein  Urkunden -Selekt  nach  dein  andern  vorge- 
nommen, z.  B.  der  Kaiserselekt,  der  Kaiser-Ludwig-Selekt,  der  Rari- 
tülen-Selokt  u.  s.  w. 

Endlich  wurde  von  sämmtlichen  Urkunden  vor  1200  jede  einzelne 
mit  den  vorhandenen  Regestotblättem  verglichen,  diese  korrigirt 
und  eiigänzt,  oder  wo  die  Regesten  fdilten,  neue  gearbeitet  und  ein- 
gdegt.  Darauf  wurde  dieselbe  AuQualie  fOr  die  Etoster-Urknnden  des 
13.  Jahrhunderts  durchgeführt,  und  steht  jetzt  die  Arbeit  bei  den 
Urkunden  der  Hochstifter,  während  die  Menge  kldnerer  Gruppen 
sofort,  wenn  sie  durch  Ankauf  Schenkung  oder  durch  Zugang  von 
den  königlichen  Stellen  in's  Reictisarctiiv  gelangen,  oder  bei  einer 
andern  Arbeit  auftauchen,  zur  Regestirung  gelangen,  von  den  Doku- 


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Da«  bayerUclie  Archivwesen. 


Iö7 


uaiiltn  ilts  Adelsseickls  aber  zur  Zeil  nur  erst  die  wichtigeren 
regestirt  werden. 

Gegenwärtig  sind  der  Regestenblätter  aus  den  älteren  Jahrhun- 
derten bis  zum  Jahr  1900  gegen  10,000,  —  das  Tienefante  Jahr- 
hundert ist  mit  40,000,  —  das  fünfzehnte  mit  70,000  vertreten,  ~ 
wahrend  die  drei  folgenden  Jahrhunderte  zusammen  nur  9000  Stück 
zählen.  Im  Ganzen  also  sind  bis  jetzt  129,000  Regesten-Quartblätter 
vorhanden,  jedoch  darunter  viele  Urkunden  zwei-  und  drdmal  ver- 
treten. Im  Allgemeinen  darf  man  wohl  annohmen,  dass  von  den 
Urkunden  aus  dem  Mittelalter,  soweit  sie  historisch  wichtig  sind, 
nicht  mehr  viele  in  der  Regestensanimlung  fehlen,  und  bietet  diese 
daher,  auch  so  wie  sie  ist,  ein  sehr  ächätzbares  Hülfsmittel,  um  sich 
in  jener  Urkundenwelt  zu  orientiren. 

6.  Kodiies*Besehreibung. 

Weijii  das  Reichsarchiv  von  Kodizes  und  alten  Schriflbänden 
auch  nur  diejenigen  behielte,  in  denen  sich  eigentlicher  UrkundenstofT 
findet,  so  wSrde  noch  eine  so  ansdmliche  Reihe  alter  wertbvoller 
Folianten  verbleiben,  dass  eine  noch  so  grosse  Menge  in  den  meisten 
anderen  Ardiiven  dagq^en  kleUi  erschiene. 

Kodizes  und  Amtsbficfaer  sind  unter  den  Akten  aufgestellt, 
biklen,  da  sie  älter  sind,  gewöhnlich  den  Anfimg  der  Serien,  und 
kommen  mit  ihnen  zur  Repertorisirung. 

Von  wichtigeren  Kodizes  aber  werden  neben  der  summarischen 
Vt  rzoichnung  auch  pnanci  r  Drx  ln  eibungen  angefertigt,  weVhe  alle 
zur  Charakteristik  des  Inhalts  erforderlichen  Notizen  enthalten.  Diese 
Kodizes  werden  zu^^'Ieich  auf  dem  ersten  und  letzten  Folium  mit  dem 
Scbwarzdruckstenipel 

KÖiN.  ALLG.  REIGHS-ARCHIV 

versehen. 

*  Allniäiilig  .-üll  diese  Stempelung,  welche  die  Eigenthumsange- 
hörigkeit konslatirt,  durch  sämmtliche  Archive  und  alle  ihre  Be- 
stände geführt  werden. 

9.  Repertoriiirung  der  Akten  and  Amtsbflcher. 

Bei  der  Nenverzeichnung  der  Akten  und  Archivall^de  wii4 
zuerst  alles  Hierhergefaörige  auf  fliegenden  Blättern  verzeichnet,  und 
der  Inlinlt  der  SammeMnde  spezialisirt,  so  dass  jede  Urkunde  und 
jedes  Aktenstück  darin  leicht  ersehen  und  aufgefunden  werden  kann. 


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158 


Löher: 


Lose  Akten  werden  mit  Papicrunischlrigen  verseilen  und  auf  diesen 
Inhalt  und  Entstehungszeit  kurz  nngogeben.  Sänimtliche  Bände  und 
Akten  erhalten  Schildchen,  die  Lagerort,  Namen  und  Nummer  der 
Serie,  sowie  die  Nummer  des  einzeben  Stückes  angeben.  Die  auf 
fliegenden  Blättern  angelegten  Verzeichnisse  werden  schliesslich  in 
festen  Folianten  zusammengesduieben.  Zugleich  aber  werden  alpha- 
betische Orts-  Personen  und  Sachregister  angelegt,  welche  Schlag- 
wort, Entsfehnng!=7.eit,  Stückzahl,  und  Lagorort  aufTuliron  und  zur 
leichteren  Auföndung-  des  Inhalts  jedes  Bandes  oder  Faszikels  dienen. 

Ein  Beispiel  möge  die  Dauer  und  Mühsamkeit  dieser  Arbeiten 
erläutern.  Kfwa?  mehr  nU  die  Wandhälfle  eiiit>s  ein'/ifren  Saals  im 
Reichsarchiv  hillt  die  hir  praktische  Px-Khlrfnisse  besonders  wichtige 
Gru|»|ie  der  allhaycrisrhcn  l.and-  und  Plli  ;.'<:erichte.  Daran  arlieiteten 
sechs  l)endii^de  jiHi{,'e  iMätiner  von  INGT)  1807,  al-;o  nicht  weniger  als 
drei  Jahre,  und  /.war  unter  der  best;liidi;.'i'ti  Leitung  und  Theilnahnie 
eines  Raths  als  Spezialrefercnten ,  und  des  Direktors.  Das  alpha- 
betische Orts-  Personen-  nnd  Sachregister  umflEUste,  als  die  Gruppe 
vollendet  war,  nicht  weniger  als  7300  Quartblätter,  das  systematische 
Repertorium  aber  füllte  zwei  mächtige  Folianten.  Jenes  Blätter- 
Raster  mit  seinen  Schlagwört^  zeigt  dem  ArchiTare  sofort,  ob 
über  eme 'Frage  im  Archiv  etwas  vorhanden  ist,  und  das  Reper- 
torium breitet  vor  seinen  Augen  die  ganze  Menge  der  ArrhiTalien  aus, 
in  welchen  er  sich  für  eine  bestimmte  Aufgabe  Raths  erholen  kann. 

In  ähnlicher  Weise  ist  jetzt  im  Reiclisnrchiv  die  viel  grössere  Mence 
der  Kodizes  IJände  und  Faszikel  der  Klöster  behandelt.  un<l  wird  in 
kurzer  Frist  elxnifalls  zu  Knrle  geführt  sein,  c'lcifhwie  die-  bereits  der 
Fall  ist  mit  den  grossen  Serien  der  Fürstriihäudr.  der  Kricg^iikten.  des 
Landschall-saals,  der  altbayerischeii  Hecht sl)U(  ln'r  und  Prozess-(  )rd- 
nungen,  eines  Theils  der  Höchst  in  e.  uud  anderer  Hauplgruppen,  die 
man  in  den  letzten  neun  Jahren  bewiUtigte. 

10.  Urkundliches  Ortslexikon. 

Für  Urkundenverständniss  und  historische  Studien  ist  ein  un- 
schätzbares Hälfsmittel  gewonnen,  wenn  man  den  Wechsel  und  die 
Vemnsteltungen,  welchen  die  alten  Stadt-  und  Dorf-,  Kirchen-  und 
Kapdtei-,  Fluss-  See-  und  Waldnamen  im  langen  Laufe  der  Zeit 
erlitten  haben,  übwblicken  kann.  Die  wichtigsten  und  schwierigsten 
dieser  Ortsnamen  müssen,  so  wie  sie  in  den  alten  Urkunden  ver- 
schiedener Jahrhunderte  verschieden  erscheinen,  nach  und  nach 


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Das  bayerUfcbe  Arcbivweseii. 


159 


koiistatirt  wtiilcn.  Diese  Arbeit,  seit  zwölf  Jaiireii  begonnen,  ist 
jetzt  soweit  gediehen,  ilass  für  01)erl>ayern  2152  Namen,  für  Xieder- 
bayern  1618,  für  Oborpfalz  782,  für  Scliwaben  uml  A'euburg  U31, 
fOr  Mittelfranken  974,  für  Oberfranken  57ö,  fQr  Unterfranken  2600, 
und  fQr  die  Rheinpfalz  334*  —  im  Ganzen  also  9956  bearbeitet  sind. 

XVII.  Sorge  fHr  die  Archive  der  Gemeinden  Stiflirngen  und  Vereine. 

1.  Sland  der  Gesetzgebung. 

Dokumente,  welche  l>ei  den  OiMueinden  Stiftungen  und  Vereinen 
sicli  h<^rinden,  einerlei  ob  sie  ^osse  otler  kleine  Archive  bilden,  ergeben 
die  natürliche  und  nothwendige  Ergänzung  dessen,  was  in  den  Landes- 
archiven  enthalten  ist.  Auf  den  letzteren  sollten  sich  dalier  Ab- 
schriften der  Re|»ertorieii  über  jene  Archive  und  von  kostbaren  und 
wichtigen  Dokunienit  n  auch  l)ej.'laul)igte  Koiiion  befinden.  Erst  dann 
würde  man  übcrs(  hauen  ktiniien.  wa>  im  Laniie  an  historischen 
Dokumenten  vorbanden  ist .  und  >eine  Studien  darnach  einrichten. 

Nun  fehlt  in  Bayern  jchl  Beslinunung  über  eine  organisciie 
Verbindung  der  LandcsarcbiTe  mit  den  übrigen  Archiven  im  Lande, 
—  die  Archive  der  Verwaltungen  der  katholisdien  Bisthfimer  Stifte  und 
PfiEurren  bleiben  der  Aussenwelt  verschlossen,  —  und  die  Archive  der 
protestantischen  Konsistorien  und  Pfarren  öflhen  sich  nur  auf  be- 
sondne  Bitten. 

Hinsichtlich  der  Geineindearchive  aber  gilt  noch  folgendes  Gesetz 

vom  4.  August  1809: 

1.  Die  Archive  der  Gemeinden  enthalten  die  Urkunden  über 
ihre  öfTentlichen  und  Privatverhfillnlsse,  sohin  über  ihre  ur- 
sprüngliche l»iKlun.ir.  über  ihre  Privilegien,  ül>er  ihre  vorzüg- 
lichen Verdienste  uiu  den  Staat,  ülK'r  die  Erwerbung  und  Er- 
hallung ihres  Vermögens,  über  Verträge  n.  dgl.  Diese  l'rkunden 
sind  unverletzbares  Eigenthnm  einer  Gemeinde.  II.  Die.se  Archive 
werden  daher  den  Gemeimlen  belassen,  und  mit  dem  Staats- 
archive nicht  vereuiigt.  III.  Die  Kosten  der  Unterhaltung  eines 
Gemeindearchivs  fallen  auf  das  Geroeindevermögen,  IV.  Der 
Regierung  steht  die  Aufsicht  und  Leitung  hinsichtlicb  einer 
zweckmässigen  Verfassung  der  Gemeindearchive,  und  die  Ein- 
sicht in  dieselben  zu.  Sie  kann  daher  durch  Eommissftre  die 
Originalurkunden  kopiren  lassen,  um  z.  B.  diese  Kopien  zum 
Behufe  der  vaterländischen  Geschichte  zu  benfitzen.  Das  Original 


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160 


Löiicr : 


soll  duith  einen  Kommissär  dem  Archive  einer  Gemeinde  nie 
entzogen  werden.  V.  Die  Kommissionskosten  werden  aus  der^ 
jenigen  Dotation  bestritten,  welche  für  }&oß  Stelle  bestimmt  ist, 
zu  deren  Bedarf  die  Kopirung  der  Urkunden  bei  Unsemi 
Staatsministcrinni  der  auswärtigen  Angelegenheiten  beschlossen 
worden  ist.  VI.  In  einem  jeden  einzelnen  Falle,  welcher  die 
Einsicht  eines  Genieindearchivs  nothwoiidio:  macht,  winl  das 
einsohläpfige  Genoi-alkoiiitiiissariat .  in  seiiu-r  Ei^M-nschaff  als 
Knnmiunalknratel ,  aii^'cu  ie.-cn  werdt-n .  die  betrenViidr  (u>- 
ineiiule  ZU  l)('au(lra};t'n,  (lern  iiominii  ten  Koinniissär  die  Einsieht 
do>  (ieiiipindeareiiivs  unil  dieKupii  ung  der  Urkunden  zu  gewähren. 

Nach  diesen  Grundsätzen  ist  in  allen  vorkommenden  Fällen, 
in  Beziehung  auf  die  Archive  der  Gemdnden,  zu  verfahren. 

a.  Aufgaben  der  Archivbeamten. 

Bei  diesem  Stande  der  Gesetzgebung  ist  also  eine  organische 
Vefbindnng,  wie  sie  zum  Heile  des  Land^  und  der  Gemeinde-  und 
Stiftsarchive  in  Frankreich  Preussen  und  andern  liLndern  besieht, 
zur  Zeit  in  Bayern  noch  ausgeschlossen,  hi  jenen  Staaten  finden 
regelmässige  Visitationen  dieser  Arcliive  durch  den  Landesarchivar 
statt,  die  bestinunte  Anordnungen  zur  Folge  haben. 

Man  muss  sich  daher  begnügen,  über  den  Inbalt  dir  kleinen 
im  Lande  zcrstrcnton  Arcliivo,  die  nicht  zu  den  (UTeiil liehen  ^a'hüren, 
niögiiehst  genaue  und  veil)ür^'le  Nachrichten  einzuziehen,  sei  es  dass 
gelegcntlicli  einem  Archivbeaniten  die  Einsicht  gestattet  wird,  oder 
dass  Freunde  der  Landesgeschichle  sich  der  Sadie  annelimen.  Nun 
sind  am  meisten  die  Gemeindearcliive  gefährdet,  da  man  —  einige  Städte 
direnvollm  Rufe  abgerechnet  —  bei  dem  Wedisel  der  Gemeindever- 
waltungen niemals  sicher  sein  kann,  «ne  die  Archivalien  behandelt 
werden.  Denn  die  Ifissachtung  der  alten  Papiere  und  Pergamente 
geht  in  vielen  Gegenden  noch  mit  der  Unkenntniss  Hand  in  Hand. 

Die  Archivbeamten  sind  daher  angewiesen,  wo  und  wie  sie  können, 
insbesondere  auch  durch  Reisen  in  ihrem  Bezirke,  sich  über  Inhalt 
und  Zustand  der  Gemeindearchive  Kenntntss  zu  verschaffen,  und  die 
Gemeinden  durch  geeignete  Vorstellungen  entweder  zu  dem  Einen 
oder  Andern  zu  beweu'on.  Entweder  müssen  sie  durch  Sachver- 
ständige ihr  Archiv  ordnen  und  veizeicimen  lassen,  es  sodunn  gut 
verwahren,  das  Repertoriuni  aber  dem  Landosarchivo  zur  Abschrift 
senden.   Oder,  was  an  gar  vielen  Orten  das  Beste  und  Sichersie  Ist, 


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Das  bayerisch«  ArchivweMn.  [Qi 

man  erstrebt  eine  Ausscheidtiiig  der  DokameDte,  die  vorzugsweise 
nnr  historiseben  Werth  haben.  Diese  werden  dem  LandesarchiTe 
einmieibt,  welches  sie  repertorisirt,  eine  Abschrift  des  Verzeichnisses 
nebst  Regesten  der  Gemeinde  zuschickt  und  ihr  die  amtliche  Zu- 
sicherung ertheilt/dass  sie  im  Fall  Bedürfens  jeder  Zeit  Dokumente 
kost^ifrei  wieder  zugesendet  erhält 

XVill.  Geschäftsgang. 

1.  Im  Allgemeinen. 

Alle  amtUchen  Geschäfte  werden  im  Archivgebäude  Terrichtet, 
wo  jeder  Beamte  in  der  Regel  sein  eigenes  Zimmer  hat,  in  welchem 
er  für  sich  allein  arbeitet.  Der  expedirende  Sekretär  hat  auf  dem 
Reicbsarcbiv  die  beiden  Kanzlisten  nebst  dem  Kopisten  zu  sdner 
Seite:  ähnliche  Entrichtung  besteht  bei  den  Kreisarchiven.  Aus- 
nahmsweise werden  auf  dem  Reichsarchiv  Akzesslsten  und  Kanzlisten 
unbedeutende  !  •  S  in  if!-[ncke  mit  nach  Hause  gegeben,  um  sie  in 
freien  Stunden  abzuschreiben. 

Wäliren<l  die  Diener  von  den  Ministerien  und  Behörden  die 
amtlichen  Sclireiben  zum  Arcliive  l)rinf,'en,  holt  der  Archivdiener 
.^elbsl  Briefe  und  l'äcke  ta^Hirh  /.weinial  am  Vormittag  von  der 
Post.  Der  Einiauf  wird  im  Heifii.sarchiv.  wenn  die  Adn'?S(>  nicht 
aui^drücklich  an  den  Direktor  laiitel,  zum  exj)edirendeu  Sei^it  hir  jrtv 
bracht,  der  alles  öffnet,  in  die  Ges«  häftsbücher  einträgt,  mit  der  laulen- 
den  Nummor  und  dem  Präsentalionsdatum  versieht,  und  dann  dem 
Direktor  Torlegt  Dieser  Terfügt  entweder  selbst  darauf,  oder  er 
bestimmt  einen  Referent«i.  Bei  allen  wichtigeren  Sachen  hält  der 
Referent,  nachdem  er  sie  bearbeitet  und  die  Recherche  vollendet 
bat,  dem  Direktor  Vortrag. 

Handelt  es  sich  um  bedeutendere  Fragen  im  Archivdienst ,  die 
eine  mehr.seiti(,'o  g:ründliche  Erörterung  fordern,  so  kann  der  Reichs- 
aichivTorstand  sänimtliche  Räthe  Assessoren  und  Sekretäre  zu  einer 
Konferenz  berufen,  in  welcher  jeder  Einzelne  seine  Ansieht  erörtert, 
in  solchen  Ffdlen  wird  über  die  Verhandhmg  vom  jünj^'sten  Sekretär 
ein  i^rotokoll  Lrefiilirt.  Soll  dagegcji  in  einem  Fall  (M'/ent liehe  kol- 
legiale FJeliandlung  stattfinden,  so  wird  das  Ueichsarchiv  dazu  vom 
Ministerium  angewiesen. 

Berichte  Erlasse  und  Schreiben  werden,  ehe  man  sie  mundirt, 

Archlmlliebe  ZetMebilft.  L  11 


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162 


LClier: 


dem  Vorstände  des  Archivs  zur  Genehmigung  oder  Abänderung  oder 
Ergänzung  vorgele^,  wie  er  denn  auch  allein  unterzeichnet,  während 
der  pxpedirende  Seiiretär  seinen  Namen  zum  Zeichen,  dass  die  in  der 
Kanzlei  gemachte  Abschrift  mit  dem  Original  stimme,  beifügt,  ür- 
kundenkopien  werden  jedoch  vorher  mit  dem  Referenten  kollationirt. 

Da  die  acht  Krei?an  liive  sowohl  in  }'er>on.il-,ic]ipn.  als  in  An- 
gelei-'enlieiten  ihrer  Lokale  Archivljeslände  Bud;ret>  und  «.'esammten 
Ein^iciltun^^  al-  au<  li  ft-iner  in  Sachen  de.>  laufenden  r)ien>tis  und  der 
innern  Ordiiimgsarbeitcn  an  die  Gerit  limijzuntjr  ihrer  Zentralstelle  gt^ 
bunden  sind,  da  die>e  au>  den  Berit hten  der  Kreisarchive  die  Ge- 
samnitberichtc  und  Schreiben  an  die  Ministerien  und  die  Hof-  und 
LandessteOen,  sowie  an  auswärtige  Archive,  in  der  Hegel  auch  an 
die  ArchiTbenätzer  verfasst:  so  findet  bei  dem  Reichsarchiv  beständig 
ein  grosser  Ein-  und  Auslauf  von  dienstlichen  Schreilien  statt. 

Aduilich  wie  am.  Reichsarchive,  ist  an  den  Kreisarchiven  die 
Behandlung  der  Geschäfte  eingerichtet,  nur  mit  dem  Unterschiede, 
dass  sie  dort  sich  einfacher  und  {ibersichtlicher  geben. 

2.  V  f  r  t  Ii  f  i  1  II  Ii  ^'  (1  t'  r  It  i  e  ti  s  t    <■  s  r  Ii  ä  f  l 

Zum  besondern  Referate  des  Rei  !!  uchivvorstandes  gehören 
in  der  Regel  die  Personalsarhen  von  etwa  tünfzig  Angestellten .  die 
Lokal-  und  Vermögenssachen  der  neun  Archive,  die  wichtigeren 
Instinktinnen  und  (iesammtberichte,  besonders  in  allgemeinen  An- 
gelegenheiten des  Arehivwesens. 

Unter  die  ül)rigen  Ht^amten  des  Heichsarehivs  sind  die  Arbeiten 
und  Geschäfte  des  laufenden  Dienstes,  die  Referate  über  die  Fie- 
cherchon  bei  den  Kreisarchiven,  die  Gutachten  in  Sachen  der  Archiv- 
benützung, der  Archivalienaustauscli  mit  andern  Behördmund  Stakten, 
das  Aushebm  und  Reponiren  der  Archivalien,  die  BlbliothdEver- 
waltung,  die  Kassenfflhrung,  das  Feuerlöschwesen,  die  Sorge  für  die 
Gememde-  und  Stiftungsarchive  u.  s.  w.  zweckmässig  vertheüt,  eben- 
so der  regelmässige  Yerlcehr  mit  den  Kreisarchiven  und  Stellen  und 
Behörden,  sowohl  was  die  Auswahl  als  Zuleitung  aus  den  reponirten 
Registraturen  betrifft.  Jedem  der  drei  Reichsarchivrathe  sind  für 
beständig  zwei  bis  drei  Kreisarchive  zugetheilt,  da  Orts-  wie  Per- 
sonalkenntniss  wesentlich  die  Beurtheilung  ihrer  Angelegenheiten 
erleichtert. 

Die  Ak/.essisten  und  Praktikanten  leisten  bald  bei  diesem,  bald 
bei  jenem  Gescliätle  Beihült'c.   Zwei  von  ihnen  führen  die  Aufsicht 


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Das  bayerische  Archivwesen. 


163 


im  ArchiTbenützersaal,  einer  hat  die  Regestensammlung  zu  äber- 
wachoi,  und  die  Anfertigung  vm  Urkundoiabechriften  wird  unter 
sie  vertheilt 

Neben  diesem  laufenden  Dienst  gebt  der  innere  Dien«:t  her, 
nfimlich  die  Ordnungs-  Reperlorisininps-  und  R^eslirungsarbeiten, 
an  welchen  Alle  Theil  nrfinien.  In  der  wrirmem  Jahreszeit  werden 
sin  in  den  Arcliivsfden  am  Fadie,  in  der  kälteren  auf  den  Gesdiäfts- 
zimmern  gemacht. 

Das  für  die  ;;esaniintf  (Jeschäflsführung  wichtifje  Amt  eine? 
expodirenden  Sekretärs  wechselt  jahresweisc  unter  den  Reichsarchiv- 
sekretfircn.  E.<  gehört  dazu  die  Führung  der  Geschäftsbücher,  die 
Autsiciil  und  Anordnung  in  der  Kanzlei,  die  Verantwortung  für  die 
richtige  Mundirung  und  Expedirung  der  Schriftstücke,  die  Zurück» 
leitnng  der  Ärchivalien  an  den  Aushebebeamten,  die  Fortbildung  und 
Besorgung  der  Amtsregistratur,  die  Soige,  dass  jeder  Refwent  alle 
erforderlichen  Handakten  erb&lt,  das  Taxwesen,  sowie  insbesondere 
auch  die  Aufeicht  Ober  die  Repertorien. 

8.  Geschäfts hücher. 

Ausser  den  schon  genannten,  in  welchen  das  Ausleihen,  die 
Rückforderung,  und  die  Rückkehr  von  Archivalien  verbucht  wird, 
konmien  vorzugsweise  das  Tagebuch  und  der  Reproduktionskalender 

in  Betracht. 

Das  Tagebuch  vermerkt  kurz  jedes  einlaufende  Schriftstück 
und  was  ilaranf  g(>schehen  ist.  Es  hat  zehn  Kolonnen :  die  ei'ste 
enthält  die  laufende  Nummer,  —  die  zweite  den  Betreff  des  Manual- 
akts und  den  Namen  des  Referenten,  —  die  dritte  den  Einsender  des 
Scbriftstfickes,  —  die  vierte  bezeichnet  dessen  Datum  und  Lnhalt,  ~  die 
fOnfte  ist  Ittr  Bemerkungen  dazu,  —  die  sechste  bis  neunte  Kolonne 
vermerkt  den  Auslauf  nach  Adressat,  Datum,  Inhalt,  und  Datum  der 
Expedition,  und  zdgt,  wo  es  rfithlich,  auch  Nummer  des  Austölie- 
buchs,  —  endlich  die  zehnte  Eotonne  lässt  noch  für  allerlei  dienstliche 
Bemerkungen  Platz. 

In  den  Reproduktion  Skalen  der  wird  jede  Sache  einge- 
tragen, an  welche  man  zu  bestimmter  Zeil  erinnert  sein  will.  Da- 
durch wird  ein  pünktlicher  Geschäftsgang  ungemein  gefordert,  ins- 
Imsondere  auch  die  Uebersicht  ühvv  die  Geschäftsführung  der  Unter- 
archive,  die  Rückforderung  ausgeliehener  Archivalien,  und  die  Er- 
ledigung der  Ordnungsarbeiten  in  den  Archivsälen.  Am  bestimmten 


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164 


LAher: 


Reproduktionstage  hat  der  Sekretär  das  betreffende  Aktenstück  vor- 
zulegen. 

Da- Tax  buch  «  tidlirli  gieljl  an,  welche  Gebühren  für  Urlaubs- 
^jeuiihrung ,  Aichivi)t_'nLit'/.ung ,  Abschriflen  und  deren  anitlich»'  Ho- 
'^'laubigunr'  einliefen.  Das  Inventar  zeitrt,  welche  .Möixln  und 
(leriUhe  vorhanden  sind,  das  .\  n  s c h a f f  u  n g s  1» n c h  führt  die  nn- 
gekaulten  Bücher  und  Archivalien  auf,  die  Kassenbücher  weisen 
Einnahme  und  Ausgabe  von  Geldern  nach.  Das  Qualifikations- 
buch bleibt  im  Verschluss  des  Vorstandes. 

4.  Uebersicht  der  dienstlichen  Schreiben. 

« 

Eine  ungefähre  Anschauung,  welchen  Ge^^chaftsverkehr  die 
bayrischen  Archive  haben,  wie  er  sich  vertheilt,  und  wie  er  sich 
vermehrt,  gibt  eine  Zusammenstellung  der  Nummern  des  Geschäfls- 
Tagt'buchs  ans  den  letzton  fünf  Jahren.  Jede  Nummer  bezeichnet 
in  der  liege!  nicht  bloss  ein  einziges  Schriftstück,  sondern  hegroifl 
ancli  dasjenige  in  sich,  welches  als  Erwiderung  darauf  erfolgte.  Es 
hatte  nämlich  Geschäftsnurnniern 

das  Reichsarchiv 

1871  1872  1873  1874  1875 

1.  au  Recherchen  für  k.  Stelleu  U.Behörden  282  206  166  287  300 

2.  Recherchen  für  Archivbenützer    .   .   383  526  756  574  578 

3.  Reklamationen  ausstftndigerArehiTalien'   6    40    96  III  74 

4.  Austausch  mit  fremden  Archiven         60    54 '  118    94  72 

5.  Archivalienausscheidung  bei  k.  Stellen 

und  Behörden  und  Magistraten  .   .   360  220  247  218  252 

6.  Sonstiger  Archivalienerwerb   ...  Iii    31  107    42  21 

7.  Inspektion  der  Kreisarchive    ...    28    35  115    43  22 

8.  Sonstige  Korrespondenz  mit  den  Kreis- 
archiven  880  220  25;")  ;5n)  276 

9.  Personalsachen    319  405  341  362  272 

10.  Ukalilats-  Regie-  und  Generalsachen    125  296  495  671  792 

Im  Ganzen   2004  2039  2698  272 1  2665 
In  denselben  fünf  Jahren  fand  bei  den  Kreisarchiven  folgende 
Oeschäftsbew^^g  Statt.    Es  hatten  Geschäftsnummern  im  Ganzen 

die  Kreisarchive 

1871  1872  1873  1874  1875 
Arnberg  ....  218  LSI  :J47  436  426 
Bamberg      ...    271        356       443       525  446 


Digiti/Oü  by 


Das  bajreritche  ArchiTwesen. 


165 


1871 

1872 

1873 

1874 

1875 

Laiidslml 

.    .  320 

356 

718 

547 

München 

.    .  989 

873 

iioy 

4507 

1732 

Ncuhiiig 

.    .  2fi!J 

428 

435 

516 

Nürnberg 

.  .  47:i 

000 

540 

519 

522 

Speyer     .  . 

.    .  207 

198 

304 

545 

495 

Wiirzbiirg  . 

.   .  892 

896 

1080 

1035 

1008 

3647 

3670 

4923 

5720 

5U92 

Wohl  bemerklfcfa  maeht  sich  hier  auch  bei  dea  Kreisarcbiven 
der  best&ndig  wachsende  Geschältsverkehr,  aber  auch  im  Verhältniss 
der  Arbeitskräfte  eine  Uel)erlastung  der  ArcfaiTzentralstelle.  Dabei 
ist  aus  diesen  Nummern  der  Geschäflsbächer  noch  nicht  ersichtlich 
der  innere  Dienst,  d.  h.  was  an  Rep^orien  und  Heesten  gear- 
beitet wird. 

B.  Dienststunden. 

Im  Keichsarchive  siml  —  des  Verkehrs  wepen  mit  den  höchsten 
Staatsbehörden  und  den  Fremden  —  die  Geschäflsslinulen  von  Mor- 
gens 9  bis  Nachmittags  2  Uhr.  In  dicker  Zeit  niuss  sich,  wenn 
nicht  bezüglich  des  früher  oder  später  Anfangens  und  Aufiiürens 
ganz  besondere  Ausnahmen  gestattet  werden,  jeder  Beamte  und  An- 
gestelKe  in  seüiem  Geschäftszimmer  oder  im  Archivsaal  Anden  lassen. 
Dies  ist  die  Regel:  je  nach  den  AnfOTderungen  des  Dienstes  wird 
«fie  Geschäftszeit  ausgeddint. 

Die  Diener  am  ReichsarchW  haben  in  der  Regel  auch  am  Nach- 
mittag noch  im  Archiv  zu  arbeiten,  da  sie  mit  ihren  Angehörigen 
die  tägliche  Reini{mng  der  Goschäflszininier ,  und  ausserdem  im 
Sommer  die  periodisch  durch  alle  Säle  gehende  Reinigung  der  Archi- 
valien besorgen. 

Die  Akzessisten  und  Praktikanten,  sowie  die  Kanzlisfen  und 
Diener  sind  in  der  warmen  Jaiireszell  aucli  beschüfligt,  die  Urkunden 
zu  reinigen,  wobei  jeder  der  zahllosen  Faszikel  aufgebunden  und 
jede  Urkunde  darin  durchgesehen  wird. 

Bei  den  Tiiterarchiven  sind  die  Geschäftsstunden  Vormittags  von 
8  bis  12,  und  ausserdem  des  Nachmittags  im  Winter  von  2  bis  4, 
im  Sommer  von  3  bis  6  oder  7  Uhr  festgesetzt 

Auf  Urlaub  hat  in  der  Regel,  wenn  sonst  der  Dienst  es  zulässt, 
jeder  Beamte  sechs  Wochen  Anspruch.  Die  Nichtbeamten  erhalten 
Urlaub  je  nach  Umständen. 


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166 


Lühcr: 


XIX.  Ueberwachung  der  ArehIvverwaKung. 

1.  Verkehr  der  Kreisarchive  mit  ihrer  Zentralstelle. 

Die  Ueberwachung  der  ArchWverwaltung  liegt  für  die  Kreis- 
archive ihrer  Zentralstelle,  für  diese  selbst  demMinisterimn  des  Innern 
ob.  Da  die  Arcbivare  Sekretäre  und  sonstigen  Bediensteten  bei  den 
L^nterarchiven  zum  Roich^archivdirektor  nicht  anders  stehen,  al?;  die 
Ruthe  Assessoren  Sekretäre  und  sonstigen  Angestellten  am  Reichs- 
archiv, so  ergibt  sirli  dnraus  ein  so  ununterbrochener,  so  lebhafter 
Verkeiir  mit  der  Zentralstelle,  dass  die>(^  beständig  von  allen  Vor- 
gängen und  Arbeiten  an  den  äusseren  Archiven  in  Kenntnis?  bleibt. 
Die  Aufträge  einer-,  die  Berichte  und  Antragen  andererseits  iiören 
ninmier  auf.  Kt  ine  Frage,  zu  diesem  mannigfachen  Hin-  und  Her- 
schreiben braucht  es  viel  Zeit  und  Mühe,  allein ,  wie  die  Erfahrung 
zeigt,  im  Ganzen  genommen  dient  es  zum  wahren  Heil  des  Arciiiv- 
wesens.  Es  erzeugt  einen  gemessenen  Gang  in  den  Geschäften,  eine 
gleichmässige  Behandlung  derselben,  und  einen  gedeibUcben  Wett- 
eifer, da  beständig  der  Vergleich  so  nahe  liegt. 

Es  bedarf  jedoch  kaum  der  Bemerkung,  dass  sich  Alles  das 
nur  auf  die  Archivverwaltung  beziehen  kann:  in  ihrem  wissenschaft- 
lichen Urtheil  dagegen,  wie  diese  und  jene  Frage  zu  beantworten, 
bleiben  die  Kreisarchivare  so  selbslständig,  wie  jeder  Beamte  am 
Reichsarchiv. 

Um  nun  die  Ueberwachung  des  gesammten  Archivdienstes  auch 
an  periodische  V^orgänge  zu  knüpfen,  sind,  ausser  der  Vorlage  der  Ar- 
beiten im  innern  und  äussern  Dienst,  die  Jahresberichte,  bi^ktionen, 
und  Amtsüberweisungen  eingeführt. 

2.  Repertorienabsehriften. 

Aus  jedem  Bericht,  weichen  ein  Unterarchiv  der  Zentralstelle 
Über  ein  Hecherche-Ergebniss  einsendet,  kann  diese  einige  Kennt- 
niss  schöpfen,  was  und  wie  dort  ^^earhiNlet  wird.  Dazu  nützen  ins- 
hesondere  auch  die  Abschriften  der  lieiiortorien  sämmtlicher  Kreis- 
archive. Die  Abschritten  bilden  im  Reichsurcliiv  eine  grosse  Samm- 
lung, jedes  Archiv  bat  darin  eine  verschiedene  Farbe  des  ESn- 
bands,  woran  es  leicht  zu  erkennen.  Sobald  ein  neues  Reperiorium 
fertig,  ist  die  nächste  Arbeit,  davon  eine  Abschrift  zu  nehmen, 
welche  dem  Reichsarchiv  eingesendet  wird. 


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Das  bayerische  Archivwesen. 


167 


Biese  Repertoriensamiulung  erfüllt  ihren  Zweck  in  vierfSEU^her 
Richtung: 

1.  Ep  lasst  sich  daraus  die  RiclitigicL'it  des  Systems  sowie 
die  Gründlichkoil  eines  Re|)ertoriuins  ix'urtlieiloii ,  soweit  das 
überhaupt  möglich  ist,  ohne  die  Archi Valien  seihst  vor  sich 
zu  haben. 

2.  Die  Abschriften  dienen  der  Zi-nlralslcllc  /.ur  Orienlirnn?, 
bei  welchen  Kreisarchiven  eine  Hcclitrciie  gemacht  werden  nius->. 

3.  Liegt  deren  Bericht  über  das  Ergebniss  vor,  so  lässt  sich 
in  den  Repertorien-Abachriften  nacbprfifon,  ob  das  Unterarchiv 
aof  all  den  Gdueten,  auf  welche  die  Repertorien  hindeaten, 
die  Nachforschung  gepflogen  hat. 

4.  SoUte  einmal  ein  Repertorium  ehies  EreisardÜTS  verloren 
gehen,  so  lässt  es  sich  aus  seinen  Abschriflen  leicht  wieder 
lierstellen. 

In  älmlicher  Weise  müssen  die  Kreisarchive  nach  und  nach 
Abschriften  von  den  Repertorien  des  Heichsarchlvs  bekommen,  die 
sicli  über  Archivaliengruppen  verbreiten,  welche  den  ihrigen  ver^ 
wandt  sind. 

8.  Jahres-  und  andere  Berichte. 

Ursprünglich  hatten  die  Archivkonservutorien  jeden  Monat  regel- 
mässig über  ihre  Gesammtlhäligkeit  ihrer  Zentralstelle  zu  berichten, 
später  nur  alle  Vierteljahr.  Diese  Berichte  bestanden  aber  zuletzt 
einfach  nur  aus  Absdiriflen  der  Geschäftstagebücher.  Statt  dessen 
wurden  vor  einem  Jahrzehnt  halbjShrige  Berichte  und  Vorlage  der 
GeschäHsbücher  eingeführt  Darin  hatte  das  Archivkonservatorium 
sich  nach  einem  Schema  fiber  seuie  Zustände  Leistungen  mid  Be- 
dürfnisse zu  verbreiten,  worauf  Punkt  für  Punkt  vom  Reichsarchiv 
die  Erwiderung  erfolgte.  Da  jedoch  die  Arbdt«!  in  den  Kreis- 
archiven ub(  rall  ihren  geordneten  Gang  geh^,  so  genügt  nunmehr 
ein  Jahresbericht,  der  jedesmal  am  20.  Januar  fib^  das  letztver- 
gangene Jahr  erstattet  wird. 

Dieser  ist  ^'aiiz  im  Ansclilus>  an  den  (Jesammtbericht  grdaclil, 
welchen  der  Reiclisarchivdirektor  jedes  erste  Vierteljahr  über  die 
Vor^,'änge  und  Geschäfte  des  letzten  Jahrs  an  sännntliclien  Archiven 
dem  5?taatsministerium  des  Innern  erstattet.  Dieses  erlässt  darauf 
eine  Entschliessung,  aus  welcher  die  sie  betreffenden  Sätze  ribnmt- 
Uchen  oder  einzelnen  Beamten  und  Archiven  erGflthet  werden.  Diese 


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168 


Loher: 


Jahresberichte  b9den  die  fortlaufend(  Kioniiv  der  Archire,  üidem 
sie  sich  über  folgende  Gegenstände  verbreiten: 

I.  Persona l?tand.  Aenderungen  im  Personalstand,  längere 
Urlaubscrtheilungcn ,  bodcutciidore  Krkrankungen  oder  andere  Stö- 
rungen, wichtigere  Vorkominnis^^e  im  Familienstand  des  Personals, 
Auszeichnungen,  literarische  Publikationen. 

IT.  Lokale.  Aenderungen  in  der  Beschatrenheit  derselben  seit 
letztem  Jahresberichte. 

m.  Ar  Chi  Valien  bestände.  1.  Zuwaclis  durch  Extradition 
▼OR  Amtsregistraturen  u.  s.  w.,  —  Eintausch  systemwidrig  gelagerter 
Archivalien,  —  Kauf  Schenkung  od&  Deponirung,  —  Eintausch  von 
nicht  bayerischen  Archiven.  2.  Al)gabe  entweder  an  das  Reichsarchiv 
oder  an  die  Kreisarchive,  oder  durch  Austausch  an  nicht  bayerische 
Archive,  oder  sonstige  Abgaben.  3.  Makulirung.  4.  Etwaige  Vor- 
Ivoninmisse  bezüglich  der  Aktendepots,  wo  solche  noch  vorhanden. 
5.  Massregeln  zur  besseren  P<  \vahrung  von  Archivalien. 

IV.  Geschäftsbetrieb  im  Allgemeinen.  Geschäftsver- 
theiiung,  -  Leistungen  besonderer  Art.  —  Visitationen.  —  Extra- 
ditionen an  neue  Vorstände  oder  deren  Vertreter,  —  Beschäl'ligung  von 
Praktikanten,  —  Anilsbibliotlieken,  —  Taxertriigniss,  -  l{i'gie\VL->en. 

V.  Laufender  Dienst.  Geschäftsbewegung  überhaupt,  Zahl 
der  Geschäflsnummern  mit  vergleiciienden  Rückblicken  auf  die  Vor- 
jalire,  —  Recherchen  und  Berichte  in  Rechts-  und  Administrativ- 
Angelegenheiten  veranlasst  durch  das  Reiclisarcfalv  oder  ein  anderes 
Ereisardiiv,  oder  von  Sdte  der  königlichen  Kreisregienuig  und  anderer 
königlicher  Stellen,  oder  durch  Advokaten  und  Private,  —  Redier- 
chen  zu  vHssenschafUichen  oder  genealogischen  Zwecken,  —  Aus- 
fertigung von  Kopien,  Erläuterungen,  oder  grosseren  Auszügen,  — 
Archivalien-Verkehr  mit  den  königlichen  Stellen  und  Behörden,  — 
Stand  des  Ausleilie-  und  S«  huhibuchs. 

VL  Ordnungsarbeiten.  l{ei)ertorisirung:  Anführung  der 
Gruppen  oder  Serien,  welche  bt  arbeitet  wurden .  nach  Oualität  und 
Umfang,  in  welcher  Weise  die  He|)erlorisirung  geschah,  durch  wen, 
mit  welchem  Zeitaulwande,  —  1  legestirung,  desgleichen,  —  Kodizes- 
besciueibung,  desgleichen,  —  Adaptirung  von  Heijertorien,  —  Um- 
stellung von  An  hi Valien. 

VII.  Sonstige  ungewöhnliche  Arbeiten,  wobei  Alles  xu 
erw&hnen,  was  bezflgUch  der  Zustande  und  Letetungen  im  Aidiiv 
noch  von  Interesse  erscheint. 


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Da5  bayerische  Archivwesen. 


169 


Auf  den  Jaliresbericlil  jedes  Kroi«;irchivs  erfolgt  Punkt  für 
Punkt,  wo  es  räthlicli  erscheint,  eine  Krwiiierung  der  Zontraisteile, 
ist  dagegen  Anlass ,  ihr  einen  (iegen.stand  eiiigelienik'i  darzule^'en, 
so  gescliieht  das  in  gesondi>rtem  Beric  lite.  In  S])ezialheiiflit('n  wei  - 
den überliaupt  alle  Angelegenheiten  Ijcliandelf,  in  welchen  da>  Kivis- 
arcliiv  Beseheid  oder  Anweisung  vom  Ileichsarehiv  erwartet,  oder 
dieses  an  jenes  eine  bestininite  Frage  gestellt  hat. 

4.  Inspektion  der  Kreisarchive. 

Jedes  Kreisarchiv  wird  ein  um  das  andere  Jahr  vom  Direktor 
oder  einem  Reichsarchivrath  visitirt  Die  Visitation  hat  sich  auf 
Ordnung  und  Aufstellung  der  Archivalien,  auf  die  Geschäftsbücher 

und  gesammte  Verwaltung,  sowie  üher  die  Arbeiten  des  laufenden 
und  inneren  Dienstes  zu  erstrecken.  Vor  Allem  wird  dabei  auf  die 
Voiiständigkeit  und  Sicherheit  der  Archivbestände  dos  Augenni«rk 
gerichtet. 

lieber  die  Verhandlungen  bei  der  Ins])ektion  wird  ein  Protokoll 
geführt,  welches  nebst  gutachtlichem  Berichte  dem  Ministerium  vor- 
gelegt wird.  Das  Kreisarchiv  selbst  erhält  sodann  vom  Beiehsarchivc 
einen  ausführlichen ,  artikelweise  abgefassten  hisjioktionsbescheid, 
welcher  auf  alles  Vorgekouiniene  eingehl  und  Aufträge  bezüglich  der 
nOthig  erscheinenden  Einrichtungen  und  Arbeiten  ertheilt.  An  deren 
Befolgung  knüpfen  sich  dann  weitere  Korrespondenzen  und  Erlasse. 

In  gleiche  Weise  ist  mit  jeder  Extradition  eines  Archives  an 
einen  neu  ernannten  Vorstand  eine  gründliche  Visitation  verbünde». 

Die  Reisduwten  für  die  Visitanten  werden  aus  den  etatsmässigen 
He^emittdn  des  Reicbsardüvs  bestritten. 

XX.  Kotten  und  Reebnongsweten. 

1.  E  i  n  r  i  f  Ii  t  II  11  j:. 

Die  bayerische  ArchivverwaUung  wird  last  nur  aus  Staatsfonds 
unterhallen.  Die  sehr  geringen  (leldbeträge,  welche  die  Archive  füi' 
Recherchen  und  Erlasse  bei  Archivbenülzung,  für  amtliche  Kopien 
und  Beglaubigungen,  endlicli  für  Urlaubstaxen  einnehmen,  werden 
jährlich  an  die  Kreisregierungen  abgeführt  Nur  der  Erlös  aus 
roabilirten  Akten  verbleibt  den  Archiven  zum  Besten  ihrer  wissen- 
schaftlichen Publikationen. 

Die  Beamten  FunktionSre  und  Diener  rücken  von  fünf  zu  fünf 


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170  Lßhw: 


Jahren  in  ein  höheres  Gehalt  ein.  Die  Akze?sisten  Funktionäre  und 
Diener  lu  ziehen  auch  eine  Theuerungszulaj-'e.  Das  Vorrücken  in  die 
Alter.szulagen  ist  durrh  die  Würdigkeit  ijcchngt,  und  für  die  Funk- 
tionäre und  Dil  ner  in  jedem  einzahlen  Falle  die  ministerielle  Ge- 
nehmigung einzuholen. 

Was  ein  Archiv  an  Kanzleikosten  braucht,  —  worin  auch  die 
Kosten  für  Mobiliar,  und  Bücher-  und  Archivalien -Anscfaafiting, 
ferner  an  persönlichen  Ausgaben  für  Funktionäre  und  Diener,  sowie 
endlich  an  besondem  Kosten  fOr  nothwendige  grössere  Anschaffüngen 
einbegriffen  sind,  —  darüber  hat  es  alle  zwei  Jahre  seine  rootivirten 
Budget-Vorschläge  einzureichen.  Jenachdem  die  Kammern  bewilligen, 
ablehnen,  oder  ennässigen,  wird  sodann  den  Archiven  vom  Ministerium 
ein  Etat  auf  zwei  Jahre  zugefertigt,  \velchen  keines  fib^chreiten  darf. 

Ersparungen  in  den  einzelnen  Etatsposten  dürfen  ohne  Geneh- 
migung des  Staatsministeriums  des  Innern  nicht  anders,  als  bestimmt 
worden,  verwendet  werden. 

Ueber  die  Verwendung  ist  sorgfältig  Reclmung  zu  führen  und 
zu  legen. 

2.  Kanzleikosten. 

Die  wirklidu  ii  xVusgaben  stellen  sich  für  jedes  der  Jahre  1876 
und  iS'i  i  wie  lulgt : 
Reichsarchiv: 

a.  Kanzleibedarf,  Feuerung,  Reinigung  der 
Geschäftszimmer  und  Archivsäle  sowie 
der  Archivalien,  nebst  Ankauf  von 

Büchern  und  Arcfaivalien   ....  5000  M.  (  _  -oon  m 

b.  Kommissionsdiäten  und  Reisekosten  .    900  „  j  ~~ 
Kreisarchive: 

München  (darunter  455  M.  ausser- 
ordentlicher Aufwand  für  Einrieb- 


.    .    .    2000  M. 

1 

.    .    .     720  „ 

Amburg  

.   .    .     720  „  1 

)  =  8400  M. 

...     800  „ 

Würzburg  

.    .    .    1450  „  ' 

zusammen   14300  M. 


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Dts  bayerische  Archivwesen. 


171 


Dazu  koiniiu  ii  <lio  -ocjenannten  ständigen  Baiiau>gaben,  welche 
den  Archiven  au.s  ilen  Staatskassen  in  der  jedesmaligen  Ilülie  des 
Anfalls  zurückvergütet  werden.  Es  sind  darunter  die  Kosten  für 
Fenenidieilieil,  Reinigung  der  Gänge,  Höfe,  Aborte,  Fenster  n.  e.  w., 
Kaminkehreii,  Scfaneeräumen,  Strassenspritzen  und  Aehnlicfaes  be- 
griffen. Sie  beziffern  sich  im  Reichsarchiv  auf  .etwa  800  M. 
jfthrUcfa. 

3.  B  e  a  m  l  e. 

Die  Gehälter  steigen  je  nach  Altersklassen  in  Iblgenden  Normen: 


1 

Gebalt 

Klasse 

Ulltl 

Uten. 

^  Beamten-Kategorien. 

1 
1 

!   fai  den 
t  Jabraa. 

I 

vom  ß.  bis 
tncl.  10. 
Jahrsb 

vom  II.  bis 
loel.  ift. 
Jahn. 

1 

vom  II),  bis 
1  incl.  ao. 
JahM. 

für  Jedes 
wettet« 
Qai»|^ 

elm  Ueh- 

runr  TOB 

n.  a. 

IV.  b. 

VI.  b. 
VU.K 

vnL 

Der  Vorstand  des 
ReiebsareliiTes  . 

Die  SHeichsarehiTs- 

rätlic  jeder      .  . 
Der  Heirli-sarchivs- 

Assessor     .    .  . 
DieSKrei'-arcIlivare 

Die  8  Reichsarchi  va- 
Sekretäre  jeder  . 

8660 

4660 
1  8640 

3860 

3000 

1  M. 
7020 

4820 
6720 

3720 

33r/) 

M. 
7880 

«880 
8800 

4080 
3540 

M. 
7740 

6460 
4060 

4260 

3720 

M. 

IHO 
bis  cum  Ma- 
ximalirebalt 
von  7910. 

180 
180 

180 

180 

DC.  c. 

Die  10  Archiv-Sekre- 

in <len 
ersten 
3  Jahren. 

vom  i.  bis 
incl.  5. 
Jahre. 

vom  «.  Iii» 
incl.  II». 
Jahre. 

vom  11.  bis 
incl.  16. 
Jahre. 

vom  IC.  bis 
incl.  leo. 
Jahre. 

täre  jeder  .  .  . 

2280 
■ 

8640 

2880 

800O 

"3180 
fllr  iedee 
weitere 
<iuln- 
iiuenniuni 
eine  Meh- 
nns  voB  • 
180 

Hiemach  beziehen  zur  Zeit  (August  1876)  Direktor,  Räthe, 
Assessor  und  Sekretäre  des  Reichsarchivs  zusanunen 

35,580  H. 

die  Kreisarchivare  und  Sekretäre  der  Kreisarchive  .  .  59,220  „ 
so  dasB  sich  die  wirklichen  Bezüge  sämmtlicher  26  Archiv- 

beamten  auf  94^800  M. 

belaufen. 


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172 


LOher: 


4.  A k  ze s s i t  iMi  am  H  e i c Ii     rc  h i  v. 

Von  (icM  juiifren  Mäiuiein,  die  sicli  im  Vorlxjreiluiiirsdiensl  Ix- 
linden,  haben  fünf  einen  Gehalt  und  zwar  von  wenigstens  900  M. 
mit  201  M.  Zulage.  Unter  Einholuiig  ministeridler  Gendiinigung 
kann  der  Rdchsarchivrorstand  Einzelnen  nach  Massgabe  der  für  das 
nicht  stabile  Personal  liewilligten  Büttel  erhöhte  Beträge  zuwenden. 

Demgemäss  sind  für  jedes  der  beiden  Jahre  1876  und  1877  zu- 
sammen 5724  M.  bewilligt  Die  drei  Jüngsten  sind  noch  ohne  Bezug. 
Dagegen  erhält  ein  Siebzigjähriger,  dessen  Sustentation  der  allgemeine 
Pensionsotat  trägt,  ausserdem  für  seine  fortprosotzte  Thätigkeit  am 
Reichsarchiv  von  diesem  einen  Bezug  von  jährlich  180  M. 

6.  Funktionfire  und  Diener. 

Auch  ihre  Bezüge  theilen  sich  am  Reichsarchiv  vrie  an  den 
Ereisarchhren  in  Funktionsgehalte  und  in  Zulagen.  Erstere  steigen 
von  einem  Mmimalsatze  aus  nach  je  fünf  Dienstjahren  um  90  M. 
und  die  Zulage  im  Verhftltnlss. 

Das  Schema  der  Gehaltsbezuge  dieser  Kategorien  ist  nach- 
stehendes : 


Bedienctete. 

FunkUoiubenii;  mit  Zidane. 

in  ilei) 

Virlll  Ii. 

viin\  11. 

VI. in  ir,. 

v.itii  Sil. 

vdiii  ib. 

vom  31. 

«rsten 

bis  Ih. 

bii  in. 

bin  s:,. 

hih  30, 

Jahr«" 

5  Jahren. 

Jahre. 

Jahre. 

Jährt'. 

Jährt". 

.lahrr. 

au. 

M. 

m7 

M. 

M. 

M. 

M. 

8  Funktionare  des  R^tas- 

archivs  jeder  .... 
2  Diener  des  Reichsarchivs 

1820 

liSl 

1542 

1650 

1760 

1872 

irdtT  

9  Fimkliuuäre  dei'  Kreis* 

1101 

1212 

1S20 

'l4Sl 

1582 

1650 

" 

arehive  jeder  .... 

8  Diener  der  Kreisarchive 

882 

990 

1.01 

1212 

1320 

1431 

1512 

Diesem  Schema  gemäss  besidien  tm  Zeit  an  Gehalt  und  Zulage 

am  ReicfasarchiT  die  Funktionäre   2640  M 

„        „         „  Diener   2S13  „ 

an  den'  Kreisarchiven  die  Funktionäre   .  .  .  11,052  „ 

»»    I.  »>        Diener   8259  „ 

2434  M. 

Ausserdem  btv.iolü  ein  Portier  und  Diener  bei  einem  Kreisarcbiv 
aus  dessen  Mitteln  einen  Zuschuss  von  201  Mark. 


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Das  bayerische  Archivwesen. 


173 


Der  Etat  überhaupt  für  ini-tändipr«  Personal,  d.  h.  für 
Akzossistcn  und  Praktikanten,   FunktioiiiUe  und  Diener,  ist  für 


Die  Besoldungen  werden  an  die  Beamten  des  Reichsarcfalvs 
direkt  aus  der  k.  Zentral-Staatskasse,  an  jene  der  Kreisarchive  durch 
die  Ereiskassen  oder  Rentämter  ausbezahlt 

Aus  denselben  Kassen  erhalten  die  Archive  auch  je  nach  Bedarf 

die  ihnen  durch  den  Etat  bewilligten  Gelder  für  Kanzleikosten  und 
das  nicht  ständige  Personal  (Goliülfen  und  Diener).  Diese  Gelder 
veru-alten  sie  selbst  und  haben  ilarüber  nach  den  in  Bayern  über- 
liaupt  bestehenden  Normen  jahrlich  im  Februar  Rei  hnung  zu  stellen, 
und  zwar  das  Reichsan  hiv  der  k.  Rechnnnpskaninior  und  die  Kreis- 
anhive  der  betrclfciiden  Kegicrungsfinan/'.kaminer.  Die  täglichen 
Einnahmen  und  Ausgaben  werden  in  chronologischer  Reihenfolge  in 
einem  >  Kassa-Tagebuch«  verniiikt.  Hei  dem  Reichsarchiv  wird 
dieses  monatlich  abgeschlossen  und  mit  <lein  Kassenstand  verglichen. 
Ausserdem  werden  die  Einträge  des  Kassabuchs  in  ein  »Kassa-Manual« 
Übertragen,  und  zwar  nach  den  Kapiteln  und  Paragraphen,  wie  sie 
in  der  spätem  Rechnung  zusammenzustellen.  Die  Kreisarchive  legen 
dem  Retdisarchiv  eine  Abschrift  ihrer  Rechnung  zur  Genehmigung 
vor.  Der  prüfenden  Rechnungsbdiörde  aber  wh^  die  Rechnung  im 
Dapükat  eingereicht,  mit  den  Quittungen,  dem  Möbel-Inventar,  den 
Verzeichnissen  der  angekauften  Bücher  und  Archivalioi,  und  allen 
sonstigen  Bel^n.  Nach  Prüfung  und  definitiver  Festsetzung  der 
Rechnungsergebnisse  wird  mit  den  Kassen ,  welche  die  Vorschüsse 
geleistet,  endgültig  abgerechnet,  und  schliesslich,  unter  Rückgabe  einer 
Ausfertigung  der  Rechnung,  von  der  revidirenden  Stelle  <lem  Rech- 
nungssteller  das  »Absolutorium«  ertheilL 


eines  der  Jahre  1!=^76  und  1877  festgesetzt  wie  folgt: 
am  R  e  i  c  h  s  a  r  c  h  i  V :  ]  \ 

a)  Funktionsgehalte     8820  M.j  10805  j 

b)  Gehaltszulagen  .     1985  „  '     *      (  _. 


Summa  30,335  M. 


tt.  Rechnungslegung. 


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I 


lY.  Die  neueste  Organisation  der  Staatsarchive  in 

Italien. 

Von 

Frolossor  v.  Zahn, 

Dircctor  tles  steiennäiki-clieu  Landesarchivä  in  Gi-atz. 

Es  ist  noch  kein  volles  Jahr  verflossen,  seit  in  Italirn  die  Krage 
der  Reorganisation  der  Staatsarchive  gesetzlich  und  endt.'ilti[r  al)?e- 
schlössen  wurdo.  Oft  war  sie  in  Zoitsclirifton  und  Broihüren.  in 
CommissioncTi  und  vor  dorn  Parlauifufc  nörtert  worden,  und  haben 
seit  Jalu-zehcnten  in  ihr,  ihrer  theoretisclien  Auffassunf:  und  prak- 
tischen Tiöpung  Fachmänner  aus  dem  Norden  und  Süden  der  Hall>- 
insel  sicli  versucht  und  Minister  und  Abpreordnete  ihre  Ansiclilen 
nach  beiden  diesen  Riclitungen  verlauten  lassen.  Blicken  wir  liefer 
und  irren  wir  nicht,  so  hat  auf  die  Regelung  deutsches  Urteil,  wenn 
auch  nicht  ostensibel,  einigen  Einfluss  genommen,  was  wir,  auf 
Grundlage  der  Acten  und  nach  unserem  FVUen,  nur  constatiren 
wollen,  denn  in  dem  Benätien  fremdländischer  geklärter  Anschaue 
ungen  sehen  wir  keine  That  zum  Danke  dieser,  sondern  zu  eigenem, 
und  von  diesem  Standpuncte  will  auch  vorliegendes  Referat  durch- 
wegs getragm  sein :  Italien  zum  Danke  für  seine  vorschreitende  That 

Dieses  neue  Archivgesetz,  datirend  vom  27.  Mai  1875  und  in 
Kraft  gesetzt  am  1.  Juli  desselben  Jahres,  liat,  wie  jede  Institution 
in  Lebensfragen,  eine  ausgiebige  Vorgeschichte,  und  bildet  eigentlich 
die  Krönung  eines  Werkes,  das,  wie  an  einer  Leiter  aufsteigend, 
tastend,  und  dann  und  wann  widerst relw?nd  in's  Leben  gerufen 
wurde.  Obf^leich  das  italische  Volk,  wie  alle  Romanen,  sehr  nach 
Gentralisalion  hin  sich  neigt,  vollzog  sich  die  Umformung  des  frülieren 


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Die  neueste  Organisation  der  StaaUarrlüve  in  Italien. 


176 


in  archiialibus  geteilten  Wesens  doch  nicht  ganz  leicht.  Factische 
Verhältnisse  besitzen  stots  oine  gewisse  Schworkraft:  die  Anscliau- 
ungen  der  Fathmänncr  gingen  in  ihren  EnHschhis.-on  öftiM--  au-  ein- 
ander. weihv;elton  darin  nach  der  vor>(  ]ircitond('n  politischen  Gestal- 
tung des  Ucichos,  und  trafen  auch  in  den  Staalsinännern  niclit  jeder- 
zeit das  nötige  Verständniss.  Ahweichonde  Ansichten  über  wesentliche 
Formen  in  der  NeuschafTung  dort,  gingen  mit  Zeichen  der  Abneigung 
ivider  Fnndam^talBfttze  derselben  da  Hand  in  Hand,  und  die  Klftrung 
nach  beiden  Seiten  hin  wollte  Zeit.  Darin  aber  waren  alle  einig, 
dass  die  Frage  Sdiätze  der  Wissenschaft  und  Gesdiichte,  somit  die 
Ehre  des  Landes  betreffe.  Und  geht  nur  jeder  Act  für  die  Ent- 
wicklung staatlich»  Institutionen  von  diesem  obetsten  Grundsatze 
jedes  ehrlichen  Staatsbürgers  ans.  so  verschlägt  ein  Bischen  im  Eifer 
unterlaufender  Unrichtigkeit  in  der  Anfassung  gar  hichts. 

Das  Bedürfniss  der  Reorganisation  früherer  Verwaltungsfonnen 
lebt  so  ziemlich  in  jeder  neu  eintretenden  Regirung.  In  Italien  gab 
die  von  1859 — 70  in  grossen  Schritten  sich  vollziehende  ünifiration 
der  besteilenden  Neigung  mehr  Gegenstand,  als  leicht  und  kurz  zu 
bewältigen  war.  Aber  es  kennzeichnet  den  .Schwung  der  Regirungs- 
männer,  dass  sie  inmitten  der  riesigen  Tagesgescliäfle ,  und  selbst 
zu  einer  Zeil,  wo  der  Satz:  „Italia  h  fatta"^  —  noch  keineswegs 
besigelt  war,  die  Reorganisation  der  Staatsarchive  bereits  in*s  Auge 
fassten.  Das  erinnert  ungeffir  an  den  französischen  Convent,  der 
mmitten  der  Archivsbrftnde,  womit  einzelne  semer  Sendlinge  und 
jacobmische  Banden  sich  erlustigten,  der  modernen  Archivsorgani- 
sation  Frankreichs  den  Grund  legte.  Und  warum  läugnen?  Das 
heimelt  gewissermassen  an  gegenüber  dem  Verfaren  in  anderen 
Staaten,  wo  die  Archive  im  grossen  Ganzen  die  allerletzten  der 
letzten  Staatsinstitute  zu  sein  scheinen,  denen  man  das  Augenmerk 
zuwenden  will. 

Doch  nicht  nur  der  Drang,  die  Archive  der  annectirten  oder 
erworbenen  Staaten  mit  einem  Neusb;'ni|>el  eigenen  Models  auszu- 
statten, bewog  die  italische  Regirung  die  Reorgunisutionsfrage  aufzu- 
greifen, und  der  nicht  zu  läugnende  Eifer,  für  diese  Stätten  italischen 
Glanzes  iMemd  einzutreten,  sondern  es  lagen  noch  andere,  mehr 
sachliche  Beweggründe  vor.  Der  wesentlichste  mag  die  giosse  Ver^ 
sehiedenheit  der  übernommenen  und  bestehenden  .^chivinstitutionen 
gewesen  sein,  ein  Merkmal,  das  sich  über  Stofre,  hierarchische  Unter- 
ordnung, Verwaltung,  Reglement  und  Alles  erstreckte,  was  bei 


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176 


Zahn: 


Archiven  in  Betracht  kam  &n  Umstand,  der  allerdings  ebensosehr 
die  Leitung,  als  die  Vorwaltang  und  gleichrofissige  Ent^cklmig  er^ 
schweren  musste.  Für  die  hierin  notwendige  Unälcation  scheint  die 
Regining  ihren  ideellen  Ausgangspunct  dort  gewonnen  zu  haben,  wo 
sie  ihre  ersten  vorsichtigen  Schritte  für  die  Neugestaltung  der  Staats- 
archive einselzto,  7.11  Florenz  nämlich,  ihrer  dnmaH{?en  Residenz,  und 
zugleich  der  Conlralo  der  loscanischcn,  von  dem  hab.sburgiscli-Iotlirin- 
f/ischen  Hause  begrüntlelen  Arcliivleilung.  Da«s  uns  in  dem  Gesetze 
von  1>S7,5  so  Manches  bege^met,  was  an  das  luifer  Bonaini's  Leitun^r 
berümle  toscanisclie  Staats-  und  Centralarcliiv  erinnert,  ist  wol  nicht 
Zufallssache,  sondern  weist  auf  die  geistige  Quelle  und  Fürung  der 
Reorganisationsbewegung  allem  Anscheine  nach  zaröck.  Freilich 
dOrfoi  wir  nicht  Terschwdgen,  dass  nidit  in  Toscana  aOem  die  zum 
Einheitsregimente  gelangte  sardische  Regirung  ein  (formell  wenigstens) 
wol  constituirtes  Archivwesen  vorfknd,  sondern  dass  diess  auch  in 
Neapel  der  Fall  war.  Nach  dem  was  uns  vorliegt '),  hatte  man  da- 
selbst tüchtig,  und  in  weit  früherer  Zeit  als  in  Toscana,  an  der 
systematischen  Regelung  des  Archivwosens  gearbeitet,  und  nicht  Min- 
fleres  lässt  sich  vom  Centraiarchive  zu  Venedig  sagen  Aber  dass 
an  einzelnen  Orten,  in  einzelnen  Staaten  Italiens  bereits  vor  1870 
trtM1li(lie  Archivsinstitulionen  bestanden,  behob  den  gemeinsam  an- 
klebenden Manpel  der  Einheit  in  Leitimg  und  Streben  nicht. 

Diess  war  übrigens  ein  Moment,  welches  italische  Gelehrte  und 
Archivare  durchdrang,  lange  ehe  der  Gedanke  der  politischen  Eini- 
gung seine  Verwirklichung  gefunden  und  somit  für  jenes  die  reelle 
Basis  geformt  hatte.  Bevor  es  zu  Letzterer  gd[mnmen,  strebten  sie, 
wie  in  Lombardo-Venetien ,  die  Verwirklichung  der  Pflege  und  der 
Einheit  in  derselben  fiOr  die  Einzelstaaten  nach  dem  Huster  Toscanas 
an.  Und  umsomehr  ergab  sich  dazu  der  Anlass,  als  ja  selbst  die 
Regirung  zu  Wien  (1857)  in  Florenz  um  Mitteilung  der  Grundzfige 

*)  »ievfaiwdoiie  poiiliv»  degli  Aichivj  dd  Regno^  eontenente  la  legge  orguüe» 

del  12  X(»vviiibre  1818,  e  pli  anllo^;si  if'<r(»l:inienti  coii  tntti  i  mii'-tMutivi  reali 
dwreli  eoc.  nifcolli  rlal  inarrli.  Angelo  Graiiito  .  .  .  sopniiiitendent«'  gfiierale 
degU  Arcliivi  iM  Regiiu.«  Neapel  1856,  8".  Vgl.  auch  Trinchm:  »Degli  Archivii 
napolitaDi,«  1873.  pp.  121  n.  ff.,  907. 

*)  »II  Repio  Arcliivio  GeiHT;iIo  Hi  Vt^ipzia,«  Venedig,  1873,  8*.  tlaiin  Toderini 
und  Ocolietti :  >Ii*An  liivig  di  Sl.itn  in  Voiiozia  ncl  DiTonnio  1666— 7.'»,«  Vene<15e. 
1876  ,  8*,  worin  naimiitürh  »li<*  Litpratur  in  dankenswerter  Wfise  voll.ständiK 
gegeben  ist. 


Die  neue:»te  Oi-ganisaÜou  der  Staatsarchive  in  Italie». 


177 


der  Ordnung  des  dortigen  Cenlralarehives  ersucht  hülle.  Eine  leb- 
hafte Htorarische  Bewegung  begann  von  da  ab  in  Archivsdingen  sich 
bemerkbar  zu  aiaeben;  Beschreibungen,  Auszäge,  Fingerzeige  und 
allgemeine  Vorschläge,  sftmmtHch  gen&hrt  ▼on  dem  neu  erwachten  Eifer 
für  geschichtliche  Studien  und  wieder  diesen  bebend  und  nährend, 
drängten  sich  fOrmlicb  sowol  in  selbstständigen  Publicationen  als  ia 
Zeitschriften,  und  sie  gewannen  in  ihren  Ideen  immer  breit^e 
Grundlage,  je  mehr  sich  der  politisrho  Rinigungsact  Italiens  vollzog. 

Unter  den  Autoren,  welche  ihre  Ansichten  mehr  minder  aus- 
förlich  und  bei  wachsenden  VerhäUnissen  mit  steigender  Berück- 
sichtigung des  allgemeinen  italischen  Archivwesens  darlegten,  nennen 
wir  Böhmer'),  Gloria  *),  Trinchora Bonaini  Cechetti  Gar  ^ 
und  Silvestri  "),  und  diese  nur  bis  ISIO.  In  den  wissenscliafllichen 
Zielen  eins ,  weiclien  sie  nach  gewissen  Seiten  der  Systematik  von 
einander  wol  ab  —  wie  diess  in  einem  Concerte  zwischen  Gelehrten 
leicht  begreiflich  —  im  Ganzen  aber  ergibt  sich  aus  Ihren  Werken  doch 
die  Stimme  der  Lage.  Von  ihr  konnte  die  Regirung  als  einer  vor- 
arbeitenden Ratgeberin  Gd>rauch  machen,  wenn  sie  die  Zeit  der 
Angrifihame  der  Archivsorganisation  für  gekommen  hielt. 

Das  war  1870  der  Fall;  denn  dass  die  Regirung  bereits 3  Jahre 
vorher  Bonaini  und  Gar  zur  Formulirung  eines  organischen  Statutes 
für  alle  Tom  Unterrichtsministerium  abhängigen  Archive  ein- 
geladen, ist  nur  ein  Teilsclirilt,  der  weder  «ne  durchgreifende  Ten- 
denz, noch  auch  Folgen  halle. 

In  diesem  letztein  Satze  wird  man  auch  einen  der  Uebelstände 
im  italischen  An  liivwcscn  nngedentet  fülen:  es  ist  jener,  dass  die 
verschiedeneu  Staatsarchive,  ohne  besondere  Rücksicht  auf  die  Res- 


^  *Opuseoli  drcft  all*  ordinäre  gli  Arebivj,  e  «peeialmente  queUi  di  Firenw,« 
1865  (ilatirt  von  1850  und  wurde  e»t  16  Jabre  ipftter  von  Bonaini  mit  einer 

Vorteile  verselif'ii  pulilicirl). 

»Feiisieri  intoruu  a  uu  iniglior  reyolaiucnlo  degli  Arcliivj  ilclle  Veuete 
proTinde.«  Padoa,  1868. 

*)  »Pn^etto  di  un  ordinamento  goneralf  dv^W  Archivj  d'Haliat-^  NVapoI,  18GC. 
»Di  aicune  i>riii(i|iali  (|u*^stioni  siitrli  Arcliivi  Ilali.iiii,«  Luccn.  18G7. 
»AIcuni  pensieri  sugU  Archivii,  e  üella  «lispeudenza  dcgii  Archivj  di  Slalo,< 
Venedig,  1869. 

•)  »SugU  Aichivj  di  Stato.«  Venedig,  1889. 

»Sullo  statu  e  siilla  rifortna  della  legislaiione  dd  poblici  Ardiivj  in  Italia,c 
Palermo,  1870  (Riviata  Sicula). 

AfeblTftUache  XeUiehrlft  I.  12 


178 


Zahu: 


sorts,  welche  sie  vertraten,  verschiedenen  Ministerien  unterstanden. 
Daran  schliesst  sich  auch,  dass  es  an  manchen  Orten  grosse  Mengen 
wirlcHcher  Staatsarchivallen  gab,  welche  bei  UnterbehGrden  und  so- 
mit ausser  allem  organischen  Ärchivverbande  lagerten.  Dergleichen 
uns  nicht  geläufige  Unterordnungen  haben  sich  in  England  wol  mehr- 
fach erhalten;  bei  Neubildungen,  wie  im  modernen  Italien,  wirken 
sie,  wenn  man  den  Beweggrund  nicht  kennt,  befremdend.  Es  fällt 
uns  z.  B.  auf,  dass  sogenannte  Satole  tecniche  (Oberrealschulen) 
dem  ITandelsniini^terium  in  Oberleitung  zugewiesen  sind;  ähnliriie 
Veranlassunfren  nioclilcii  alter  vielleicht  auch  bestehen,  als  man  »lern 
Ministerium  des  Innern  die  Slaatsarchivi-  von  Turin,  Mailand, 
(Jenua,  Cagliari,  Brescia,  Modena,  Parma  und  Palermo  (von  1870 
ab  auch  Jene  von  Horn),  dem  für  Unterricht  die  von  Neapel  mit 
Montetassino  und  Lacava,  Florenz,  Venedig,  Siena,  Lucca,  Pisa  und 
Mantua,  dem  der  Finanzen  nur  die  Fibanzarchive  von  Turin 
und  Mailand  und  dem  fär  Gul  tus  und  Justiz  sämmtliche  Notariats- 
archive,  das  Obergerichtsarchiv  von  Bologna  und  die  Jrdthj  dei 
eotUraUi  von  Florenz,  Siena  und  Lucca  unterordnete  Man  begreift, 
dass  dieses  Wirrsal  im  hierarchischen  Gewebe  dem  Tngesgeschäfle 
im  öffentlichen  Dienste  nicht  förderlich  sein  konnte,  noch  mehr  aber, 
dass  Einheit  für  die  Bewarung,  Leitung,  Bearbeitung,  Verwaltung 
und  Fortbildung  der  Staatsarchive  unter  so  gelegentlich  gewälten 
fiesichtspuncten  der  Unterordnung  gar  nicht  möglich  war,  —  die 
Frage  des  Arcliivsiechtes  des  Staates  gegenüber  den  Provinzen,  Ge- 
meinden und  Körjii  rsrimften  unbes|)rochen. 

Das  Fülbare  solcher  Missstände  im  Bunde  mit  dem  eigenen 
Gefüle  des  Wertes  der  Archivalien  für  die  Geschi»  lite  Italiens  und 
Europas,  den  fiberdies  so  viele  patriotische  und  wissenschaftlich  be- 
deutende Männer  der  eigenen  Nation  dargelegt  und  andere  aus  der 
Fremde  gewfirdiget  hatten,  bewog  die  Minister  des  Innern  und  des 
Unterrichtes  1870  eine  Enqu^ecommission  einzuberufen,  der  sie  zwdlf 


')  ScIjoii  18G5  klagte  ili»-  nml^-f  tcdiiuiiissioii  des  Pailaiii.-ntt's  üImt  (tie*e  Zer- 
spliltfrunp.  Nodi  t  iii;:etieinler  lautet  der  nu<iKftl»prirlit  von  18r.<>  (('.ccclietti :  «di 
aicune  principali  qaeslioni^  u.  s.  w.  p.  28).  Die  Minister  waren  betreffs  der  Zu- 
weisung geteilter  Meinung:  Ratasri  stimmte  (ttr  das  Ministerium  des  Innern, 
INruzzi  filr  das  Grosssigelbewanuit,  Mamiani  fBr  das  Unterrichtsministerium; 
Andere  wollten  Iiistot isrhc  und  adminktrative  Arrliive  schaffen,  und  jene  der 
letzt-,  diese  der  erstgenannten  Zentralstelle  Oberweisen  (Cecclielti  1-  c.  29). 


yiu^uü  Oy  Google 


IM«  ntonta  Orfuiration  der  Staatsarchive  in  Italien. 


179 


Fragen  zur  Beantwortung  vorlegten  Da  .-;chon  dio  or-to  derselben 
betonte,  ob  da^  Interesse  der  Wlssensdiaft.  des  öttentlichon  Interesses 
und  des  privaten  Bedarfes  die  Vereinijrung  der  Staatsareliive  unter 
Feinem  Ministerium  räihlicli  ersciieinen  lass*'?  —  >n  zeigt  sieh,  dass 
die  Angelegenheit  in  der  nuii[tt>;aehe  auf  eine  Differenz  der  An- 
schauungen der  zwei  Minister  hinauslief,  deren  Jeder  für  sich  aus 
dem  Gutachten  der  Commission  eine  Stütze  fQr  seine  Anschauungen 
hl  der  Sache  zu  gewinnen  erwartete.  Mit  dieser  Frage  fost  sich 
deckend  ist  die  zweite,  betreffend  die  Scheidung  der  Staatsarchive 
in  historische  und  admuiistrative,  und  deren  ministerielle  Zutheilung. 
Von  dermaleB  noch  alisteigendeni  Belange  waren  die  Fragen  fiher 
die  Provineialarchive,  das  Aufsichtsrecht  des  Staates  fiber  Kdrper- 
schaftsarchive,  Zusammenlegung  von  Archiven ,  Einhdtsstatuten, 
Normen  für  Benützung  und  Herausgabe  von  Documenten.  Taxen, 
das  Personale,  und  endlich  über  die  Abtretung  der  Ivotariats- 
archive. 

Die  ( Ininuiission  ging  ausfnlirlieh  in  die  Beantwortung  ein  und 
Itgte  zugleich  einen  topographischen  Entwurf  vor.  der  Italien  in 
52  Archivsdirectorate  gliederte,  darin  neun  Insjxi toratf  mit  der 
Oberaufsicht  bekleidet  wären,  und  dem  ein  organisches  Statut  in 
34  Paragraphen  sich  anschloss. 

Blit  Einhelliglceit  sprach  sie  sich  aus,  dass  die  Verteilung  der 
Archive  an  verschiedene  Ministerien  eine  dauernde  Berechtigung  nicht 
habe,  und  dass  das  Staatsarchivwesen  Italiens  nur  Einem  Ministerium 
unterordnet  sein  solle.  In  der  Erörterung  des  Punctes,  ob  eine 
Trennung  der  Archive  in  historische  und  administrathre  rätHch,  ge- 
langte sie  ganz  richtig  dahin,  diese  Nomendatur  als  unpassend  zu 
bezeichnen,  und  empfahl  dafür  jene  von  ^,parte  atitica"  und  „mo- 
derun",  was  unseren  Untersehietlcn  zwischen  Arrhiv  und  Registratur 
annähernd  entsprechen  würde,  Die.^o  Begriltstestsfellung  erleichterte 
auch  der  Mehrheit  der  Commission  unbedingt  für  das  Ministerium 
des  Innern  als  jene  Zentralstelle,  welcher  die  Oberleitung  des  Staats- 
archivwesens  anvertraut  werden  sollte,  sich  zu  entscheiden.  Da 

■)  Deeret  vom  l(k  Ittn  1870;  Mitglieder  der  CSommisrion  waren  der  Staats- 

niiiiirfter  Graf  (lihrario.  .lie  Senatoren  Ca>-tplli  und  Graf  Pallien,  Bonaitti,  Ganestrini 
und  Guasti  (Florenz),  Gar  (Venedig),  Osio  (Mailand),  Trincliera  (Neapel)  urd 
Runchini  (Parma). 

")  Aus  Gesimdbeitaraeltriehten  waren  Bonaini  und  Ronchini  hei  der  Bericht- 
ledaction  nicht  beteiligt.  Ersterer  trilte  zwar  gans  den  Ideengang  der  Commission 


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180 


Zabn: 


ferner  die  CSommiaskMi  das  in  Neapel  und  Toscana  bestehende  In- 
stitut der  Inspectorate  (Sovrintendenze)  als  praktisch 'bewährt  er^ 
kannte,  sprach  sie  sich  auch  g^n  die  Beibehaltung  der  von  d^ 
piemontesiscben  Hierarchie  in's  italische  Ministerium  des  hnem  Oher^ 
nommenen  »Generatdirection  der  Staatsarchive«  aus,  und  sollten  die 
Ihspectoren  directen  Verkehr  mit  dem  Ministerium  haben.   Als  Pro- 
vincialarchive  wollte  sie  nur  die  Actensammlungen  der  Pro\  in  ial- 
räte  (Consigli  e  Deputazioni  provinciali)  angesehen  wi=;?pn,  und  die 
•:tädli>cln'n  ndor  (Tomeindearrhivo  der  Vonvaltung  der  botreirenilen 
Körper>i  lianc'n  anlieitnpropobon .   nicht  aber  ohno  auf  deren  Kichlig- 
stelliing,  Bewarunpf  nnd  Fortbildung:  durch  die  IVäfeeten  im  Ver- 
eine mit  den  Inspectoren  einen  woidtidigen  Einlluss  zu  nehmen. 
In  letzlerem  t*uncte  wünschte  sie  ofFenbar  die  Zwecke  liir  Dienst 
und  Wissenschaft  mit  den  Postulaten  der  Gemeindeautononüe  zu 
vereinen,  die  Geroeindearchive  nicht  ausser  Acht  zu  lassen,  und  doch 
wieder  sie  nicht  in  französischer  Weise  zu  bevormunden.  Dagegen 
sollte  die  freiwillige  Einkörperung  der  Gemeinde-  m  Staatsarchive 
alle  Förderung  haben.  Von  Umsicht  zeigt  namentlich  auch  jener 
Teil  des  Berichtes,  der  Aber  den  Handel  mit  Pergamenten  und 
Papieren,  über  die  Notwendigkeit  des  Ruckkaufes  derselben,  dann 
über  die  Ergänzung  der  Archive  aus  den  TTand?chriflensammlungen 
der  Bibliotheken  spricht.    BelrelTs  der  Notariatsarchive  wünscht  er, 
verdeckt  zwar,  doch  kennbar  genug,  die  Vereinigung  des  älteren 
Materiales  (vom  12.  bis  16.  Jahrhundert)   mit  den  St;ud-;;irrhiven, 
doch  betont  er  nur  die  Notwendigkeit  der  Zugilnglichinaciinng  dieses, 
lehnt   weiteres  Eingehen   auf  Grund  der  ('.nmj>etenz  eines  dritten 
Ministeriums  ab  und  slclll  die  Entscheidung  dem  schon  damals  er- 
warteten Notariatsgesetze  anheim.  Von  dem  Entwürfe  des  organischen 
Statutes,  welchen  d^  Bericht  in  seiner  Bdktge  G  Inringt,  sehen  wir 
ab;  zum  Teile  kehrt  er  im  Archivgesetze  von  1875  wieder,  und 
anderseits  fürte  seine  Emflechtung  hier  uns  zu  sehr  in*s  Detail. 
Dagegen  legt  er  entsprechendes  Gewicht  auf  den  diplomatisch-archi- 
vistischen  Unterricht,  der  an  jedem  Inspectoratsarchive  erteilt  werden, 
und  den  Ans! alten  den  notwendigen  vorgebikleten  Personalwuchs 
sichern  sollte  % 

hielt  aber  betreffs  des  UnterriebtsmiitisteriunM  als  Obwleibing  seine  Mhere  An- 
flicht fest. 

'1  Der  Bmrht  prsohipn  1871,  mit  <l>'iii  Patnm  13.  April  lft70,  Mnl<>r  flm 
Titel:  >$ul  Kionlinamento  degli  Archivi  di  Stato.    Helaziun«>  della  Üon[itnis.sione 


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Die  neueste  Organisation  der  Staatsarchive  in  Italien. 


161 


Mit  Ausnanu-  w  t  nr^'i  r  l'iim  t».'.  uoklie  die  der  Cloiniiii.ssiuM  vor- 
gelegten Fragen  betüiiteii,  hatte  ilie-sellx-  mit  Tact  iirul  Verstäii(ini>s 
sich  in  Ein/.elheiten  nicht  eingelassen.  Es  niussfen  zuerst  })rinci|iielle 
Entscheidungen  gewonnen  werden;  ohnehin  hatten  diese  noch  um 
den  Boden  zu  ringen,  und  wie  konnte  manches  Detail,  der  Gommission 
sehr  nahegehend,  wie  z.  B.  die  Gontrole  der  Gemeindearchive,  in 
setner  dem  fiedürfbiae  angepassten  correcten  Fasstmg  bei  den  VoUcs- 
männern  des  Parlamentes  Anstoea  erregen  und  dem  ganzen  Werke 
Gefor  bringen !  Auf  alle  Falle  hatte  die  Regining,  was  sie  wollte 
und  brauchte:  gereiftes  Urteil  in  der  obschwebaiden  Differenz  imd 
Fingerzeige  für  die  Entwickelimg  des  Positiven,  wenn  Erstere  ge- 
löst worden. 

Rasch,  und  namentlich  im  Sinne  der  Comniissionsarheiten  er- 
folgte aber  die  Verwertinig  (li'r>elb('ii  keineswegs.  Es  kamen  bald 
nach  ilirem  Si  hiusso  (he  'l'ap-  von  Mom  und  die  letzten  Annexionen 
—  Tiiat-ai  heil,  welche  durch  ihre  polilische  Tragweite  unil  den  Zu- 
wachs aut  uri  hivistischem  Gebiete  die  Lösung  der  sciivvebenden 
Frage  begreiflich  leicht  stauen  konnten.  Aber  in  den  Winterver- 
handhingen des  Senates  zeigte  sich,  dass  der  Unterriehtsminteter 
Gorrenti  das  Votum  der  Gommission  kemeswegs  für  so  rOcksichtswert 
ansah,  als  es  warsdieinlich  der  Fall  gewesen  wflre,  wenn  es  anders 
gelautet  hfitte.  Sein  von  mehreren  Seiten  unterstfitzter  Widerstand 
gegen  die  Unterordnimg  der  Staatsarchive  untor  das  Ministerium 
des  Innern  brachte  es,  wo!  im  Vereine  mit  anderen  l'ni>tänilen, 
abermals  dahin,  dass  eine  Pause  eintrat  und  der  Bericht  der  Com- 
mission  als  »wertvolles  Materiale«  für  koqnmendo  Tage  aufgespart 
wurde.  Demungeai  htet  wurde  durchgesetzt ,  dass  man  die  bislier 
bestandene  »Geneialdirection  der  Staalsaniiive«  Ix'im  Ministerium 
des  Innern  aut  Hess,  und  dem  Letzteren  zu  den  Archiven  seiner  Olier- 
leitung  noch  die  Finan/.archive  von  Mailand  und  Turin,  das  Ki  iegs- 
archiv  des  Königreiclies  Sardinien,  das  Archiv  der  (verstorbenen) 
Notare  von  Palentio  und  endlidi  das  Staatsaidiiv  von  Rom  einver- 
leibte. Ohne  in  die  Motive  dieser  m  sich  verschiedenen  Vorgangs- 
welse einzugehen,  liegt  es  doch  nahe  zu  bemerken,  dass  dmvh  die- 
selben Factoren,  welche  den  Knoten  nicht  duichhauen  wollten,  in 
die  Wagachale  des  Ministeriums  des  Innern  so  viel  gelegt  wurde, 


institnita  dai  Ministri  dell'  Interno  e  della  PultbKca  Istnuüone  oon  Deereto  de* 
16  MaRO  1870,€  Florenx,  8*. 


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182 


Zahn: 


dass  schliesslich  das  natörliche  Uebergewicht  der  Einlage  an  sich 
schon  den  Ausschlag  gelten  konnte. 

Uebor  die  Actionstendenzen  des  nächsten  Jahres  liegen  ofBcielle 
DoGum«ite  nicht  vor.  Auf  kein^  Fall  aber  war  man  im  italischen 

Unterricht^niinisteriinn  iiiüssig,  die  Ueberzeugung,  dieses  all^n  habe 
sacliiich  mit  den  Archiven  die  wesentlichste  inneve  Ffllung  und  den 
Beruf  lür  die  Enlwickelung  derselben  zu  sorgen,  beweiskräftig  vor 
Augen  zu  legen.  Indessen  rncxliten  wol  nicht  zu  V'iele  an  das 
Beweismittel,  das  gewält  wurde,  gedacht,  und  als  es  ins  Lel)en 
trat,  nur  Wenige  an  seine  ausreichende  Wirkungsfahigkeit  geglaubt 
haben. 

Der  Unterrichtstninister  leitete  nämlich  die  Errichtung  einer 
»Gentraloonuniaakm  zur  Erforschung  und  Erhaltung  der  Kunst-  und. 
historischen  Denkmalec  (Giunta  consultiva  di  storia,  areheologia,  e 
paleografia)  ein,  und  ein  königliches  Decret  vom  4.  Jänner  1872 
sanctionirte  dieselbe.  Diese  (Kommission  hatte  für  Kunst-,  archäolo- 
gische und  Schriftdenkmale  beratend  zu  sorgen,  und  §§  3  und  6 
deßmren  als  ihre  Mitaufgabe,  über  bessere  Ordnung  der  geachieht- 
liehen  Archive  Vorschläge  zu  erstatten. 

Heule  gehört  dieses  DecM-et  mit  den  darin  für  das  Archivswesen 
enthaltenen  Aiisktinn.smilteln  zu  den  ülxjrwundenen  Standpuncten. 
Für  uns  ist  Zweierlei  daran  von  Interesse:  nicht  allein  nümlifh,  dass 
das  Ministerium  seinen  hierarchischen  Standpnnct ,  sondern  dass  es 
auch  die  von  der  Enquete-Gommission  von  1870  widerratene  Glide- 
rung  in  historische  und  administrative  Archive  festhielt,  endlich  dass 
es  die  Notwendigkeit  der. Besserung  zwar  obenan  stellte,  und  den- 
noch eine  Realisirung  derselben  anf  solchem  Nebenwege  erwartete. 
Als  ob,  von  diesem  Idealismus  abgesehen,  nur  dem  Unterrichts- 
Ministerium  Archive  mit  sogenannten  »historischen«  Abteilungen 
unterständen,  und  sich  au(  h  nur  um  diese  die  brennende  Frage 
drehte !  In  zweiler  Reihe  fallt  jedoch  auf^  dass  dieser  unvoillcommene 
Schritt  Gorrenti's  in  Oesterreich  bis  zu  gewissem  Grade  Xachahmungr 
fand.  Hier  nämlich  lieslehl  schon  seit  mehr  als  2ü  Jahren  eine 
»Centralconniiission«  obigen  Titels,  welche  bis  18T8  wesentlich  auf 
Baulichkeiten  ihre  ungemein  verdienstvolle  Thätigkeit  beschränkte, 
seit  genanntem  Jahre  aber  gelegentlich  einer  (ad  liot  ?)  vorgenommenen 
Reorganisation  eine  Section  für  Schrifldenkmale,  re.sp.  Archivswesen 
sieh  beigesellle.  Glaubte  man  bn  Kaiserstaate,  dass  die  staatliche 
Basis  und  die  Vorbedingungen  des  Vorgehens  ganz  die  gleichen  seien 


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Die  neueste  Orgaiikation  der  SUataarehive  in  Italien. 


183 


wie  in  Italien  V  Mtitit  man  etwa  heule,  das*  der  EnlwicklungsgaDf 
der  Din'fTe  ilort  dt-rseUx?  werden  nuis;se,  wie  er  liier  gewesen? 

Sonnt  stand  im  Jahr  1873  die  Areliivangi'le;j:inheit  in  Italien 
noch  immer  mit  dem  Charakter  einer  Personailragi-  da.  Dass 
im  Parlamente  selbst  Stimmen  laut  wurden,  welche  die  Enquele- 
Gommission  von  1870  in  ihrem  Votum  betreffe  der  Cardinalpuncte 
als  eine  sduecterichterliche  hinstellteii,  deutet  an,  dass  den  Schritt 
Gonrentrs  allgemeine  Zustimmung  nicht  begleitete.  Und  wie  derartig 
zugespitzte  Dinge  denn  in  der  Regel  zu  fallen  pflegen,  so  kam  es 
auch  hier.  Beim  Wechsel  der  Minister  musste  endlich  die  eine  oder 
andere  Seite  oben  auf  kommen.  Der  neue  Minister  des  Innern, 
Gantelli,  übernam  die  Traditionen  seines  Vorgangers;  CSorrenti  trat 
ab  und  sein  Nachfolger  hatte  leichter  rein  sachlich  zu  entscheiden, 
denn  es  war  elx-n  Cantelli,  der  auch  das  Portefeuille  des  Unter- 
richt sn)  i  n  is  t e  r  1 11 M 1  s  (Vi  rt  e . 

Nun  erlulgti  ii  dit."  Kiits(  lilicssungfii  ziemlich  rasch  und  gedrängt. 
Das  Jahr  1874  braclite  nicht  weniger  als  zehn  das  delinitive  Archiv- 
gesetz vorbereitende  Decrete  und  Erlasse. 

Der  Molivenbericht  des  ersten  derselben  (vom  5.  März)  stellt 
als  Ziel  der  allgemeinen  reconstniirend«!  Bewegung  die  der  Wissen- 
schaft und  dem  Öffentlichen  Dienste  besser  angepasste  Stellung  der 
Archive  hin,  geplant  im  Interesse  des  Staates  und  der  Archiv- 
beamten, als  eines  besonderen  Standes  im  Gesammtkörper  der  öffent- 
lichen Diener.  Sämmtliehe  Staatsarchive  sollten  vom  1.  April  1874 
ab  dem  Ministerium  des  Innern  unterordnet  sein. 

£in  weiteres  Decret  (vom  26.  März)  ordnet  die  Ausdehnung  der 
bisher  in  Neapel  und  Tosrana  allein  bestandenen  und  daselbst  be- 
wärten  Archivin spectorate  über  das  ganze  Reich  an.  Im  selben 
Geiste  jedoch,  der  die  Beseitigung  der  (ieiieraiarchivdirection  heischte 
und  durch  die  Arlx'iten  und  den  uinnittelbaren  (^ontact  der  Inspec- 
torate  mit  der  Cenfralstelle  iieilsiunere,  sicherere  und  schnellere  Er- 
folge zu  erzieltii  höhte,  sehlug  die  Uegirung  zugleich  die  Einsetzung 
eines  Arcbivrates  vor.  Eben  wegen  der  Eigenart  des  Dienstes, 
der  speciellen  Schulung  und  Sonderstellung  der  Archivbeamten, 
wollte  sie  sich  die  geistige  Mithilfe  eines  Kreises  von  erfarenen  MÄnnem 
in  Kern-  und  gdqpenheitlichen  Fragen  sichern,  wdl  eben  diese  An- 
gelegenheiten nicht  nach  dem  gewOnlichen  Massstabe  der  Fordenmgen 
und  Leistungen  im  Staatsdienste  gemessen  werden,  und  Einzelver- 
fügungen  selbstständiger  Gewalten  leicht  fehlgreifen,  ja  die  schwer 


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184 


Zübii: 


genug  an's  Lkhi.  gLlicltneii  Schöplung  schädigen  könnten.  Die  Voll- 
machten dieses  Rates  sind  weitgehend,  obgleich  die  Geneinigung 
seiner  Anträge  stets  dem  Minister  vorbehalten  ist.  Er  besteht  aas 
neun  Mitgliedern^  die  nicht  sozosagen  »Ardüvsv^wandte«  sind,  aber 
durch  ihre  Kenntnisse  und  ihr  sachliches  Interesse  die  Wal  legiti- 
mireUf  welche  auf  Vorschlag  der  Minister  des  Innern  und  für  Unter- 
richt vom  Könige  voll/ogon  wird.  Der  Secretär  des  Archivrates 
ist  jeweilig  der  Director  jener  Abteilung  im  Rlinislerium  des  Innern» 
welcher  der  Archivdienst  zugewiesen  U\  (Divisione  6).  Die  Dien.-te=- 
loistung  der  Mil;?lider  ist  un('nl}reldlicli ,  doch  sind  den  ausserhalb 
Rom  Wononden  Reisrenlschüdifjun^'en  zufjosichert.  Ihr«'  Comitotenz 
erstreckt  .sicii  auf  d\c  Forinulirun;:  und  Erläul«  run":  der  ort;aiii>chen 
Statute  und  Xui  nialien ,  die  Keststeliunjz  der  all^a'meinen  Ordnung; 
der  Archive  und  den  Dienst  an  denselben ,  ilie  Formen  der  Ord- 
nungsarbeiten und  tier  archivistisclien  Publicationen,  der  Zulassung.— 
und  Vorruckungsprüfungen  der  Beamten,  die  Bntscbädung  des 
Avancements  nach  Verdienst  u.  s.  w.  Als  erste  Arbeiten  war  dem 
Archivrate  aufgetragen,  Grundztige  für  seine  eigene  Geschäftsord- 
nung fOr  Normirung,  Classification  und  Bedingungen  des  Archiv- 
personales, t&e  innere  Dlsciplin  und  den  öffentlichen  Dienst,  für 
paläographische  oder  Archivschulen  und  Prüfungen,  für  Einhdts- 
taxen,  für  Uebemame  von  Materialien  in  die  Archive  und  für  Scar- 
tirungcn  aufgetragen  —  durchaus  Punete,  dei  en  Erörterung  die  Re- 
gininp'  hei  Schöpfung  des  definitiven  Archivgesetzes  zu  verwerten 
gedachte  '^). 

Von  den  erwänlen  Decreten  orgaiiisirt  jenes  vom  31-  -^hu  die 
I  n  ?  per  t  or  a  t  >  bezi  r  ke.  Hei-  Aniiivrat,  welcher  an  dessen  For- 
iiiulirung  l>ereils  mitwirkte,  liat  verständiger  Weise  die  Inspeelorale 
nicht  an  bestimmte  Städte  Ijintlen  wollen,  sondern  jeweilig  dem  tüch- 
tigsten Director  eines  Archivbezirkes  den  Inspectorsposten  zudenken. 
Daher  erfolgte  auch  die  Benennung  der  Inspectorate  nicht  nadi 
Städten,  sondern  nach  Provinzen.  Solcher  sind  10:  jenes  von  Pie- 
mont  (mit  Staatsarchivdirectionen  zu  Alessandria,  Guneo,  Novara 


*)  OeiHMnit.'1'l  mit  Miiii«lerialerlas?  vorn  3U.  April  1S74. 

*)  Der  erste,  mit  königlicliem  Decrcle  vom  7.  April  1874  in's  Lelit-ii  gerufene 
ArehiTTat  fürt  den  Senator  Amari  als  PrSsidenten,  die  Senatoren  Caatelli, 
Lnmiiorticn,  Tabarrini  uml  Vannucci,  dann  Gormiti,  Villari.  Porro^Lambertenglii 
und  Abbale  Tosti  a.h  Häte  auf. 


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Die  neueste  Organisatiun  der  Staatsarchive  in  Italien.  185 

und  Turin),  von  i>i^Mn  it  ii  (mit  Genua  nnd  I'oito  Mauri/io).  <Um- 
Loin  ba  i  d  if'  (iiiil  I)fr;_Miii(i,  Brestia,  Conio,  Creiiiüna,  Mailaiiti.Manliia. 
I'avia  und  Sondriu),  Vi-neliens  (mit  Bolluno,  Padua.  Huvipo.  Tiv- 
viso,  Udine,  Venedig,  Verona  und  V^icenza),  der  Euiilia  (niil  Bo- 
logna, Ferrara,  Forli,  Modena,  Parma,  Piacenza,  Havenna  u.  Reggio), 
von  Toscana  (mit  Arezzo,  Florenz,  Grosseto,  Livomo,  Lucca,  Massa, 
Pisa  und  Siena),  von  Rom  (mit  Anoona,  Ascoli,  Macerata,  Perugia, 
Pesaro  und  Rom),  von  Neapel  (mit  AquHa,  AveUino,  Bari,  Bene* 
Tent,  Gampobasso,  Gaaerta,  Gatanzaro,  Ghiett,  Gosenza,  Foggia,  Lecce, 
Neapel,  Potenza,  Reggio,  Salemo  und  Teramo),  von  Sicilien  (mit 
Caltanisetta,  Catania,  Girgenli,  Messina,  Palermo,  Syrakus  und  Tra- 
pani)  und  von  Sardinien  (mit  Cagllari  und  Sassari).  Das  <,Mössle 
Inspectorat  ist  das  neapolitanische  mit  16.  die  kli-insten  sind  das 
ligurische  und  sardinischo  mit  je  zwei  Slaatsanhivdirectionen.  Nur 
ist  mit  dieser  Einteiluntr  das  ^mu/c  neue  Gebäutle  fix  uiiil  ferlijr 
hlos  ge[)lant;  thatsAchlich  bestehen  heute  erst  an  etwa  17  der 
genannten  Orte  Staatsarchive  und  an  weiteren  15  (im  Xt  apolitani- 
schen)  wo)  Archive,  allein  die  staatliche  Zugehörigkeit  derselixii  ist 
wegen  deren  bisheriger  Abhängigkeit  von  äsn  ProvincialcoUegidn 
(Landschaften)  noch  nicht  geordnet.  Somit,  ist  im  Grossen  und 
Ganzen  erst  das  Gadre  gegeben,  welches  allmälig  zu  ergänzen  sein 
wird. 

Die  Erörterung  der  einzdnen  tmd  in  das  organische  Statut  ein- 
schlagenden  und  dort  ausfürlicher  reprodueirten  Bestimmungen  Aber 

das  r\isonale,  die  Schulen  u.  s.  w.  auf  die  Besprechung  jenes  ver- 
schiebend, wollen  wir  hier  nur  eines  Grundgedankens  im  Decrete 
vom  26.  Mär/,  erwänen,  di'r  uns  sehr  rücksichtsvoll  erscheint,  eine 
Gesinnung,  die  ifraktisdi  und  warm  auch  im  betrelVciulcn  .Motiven- 
berichte sich  p]tie^'('lt.  »Die  Archivbeamlen  jedes  Ins|>ectorales.c 
sagt  §  0,  »Ijüden  einen  Separatstatus  tTir  sich;«  und  g  10:  xDn- 
Anhivbeamten  des  einen  hisjHctorates  können  nicht  ausserhalb 
ihrer  Archivprovinz,  und  innerhalb  derselben  nur  aus  Dienstes-  oder 
DIsciplinaiTÜcksicbten  nach  Einholung  des  Gutachtens  des  Archiv- 
fates  versetzt  werdra.  Jede  VorrQckung,  auch  zimi  Posten  eines 
bspectors,  bringt  nicht  auch  Versetzung  von  dem  finlhoen  Orte 
mit  sich  ').<  Da  §  8  die  Bewerbung  als  eine  der  Vorrfidcungs- 


^  »Cogli  uffltiali  compresi  nel  territorio  di  una  Sovrintendenza  si  forma  per 
1f  promorioni  di  merito  e  di  anzianitii  un  solo  ruolo  sepanto  da  quello  di  ogni 


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186 


Zaim: 


Ix'dingungeii  eikläit,  ~o  ist  natürlich  dfi"  Sta^Miation  ilurcli  Hiiuleiung- 
der  freiwilligen  Versetzungen  soweit  möglich  vorgebaut.  Die  Motive 
des  Ctrundgedankens  diesor  Einriehtung  drückt  der  Minister  ungefar 
so  aus,  dass  er  sidi  auf  doi  verschiedenen  Gai^  der  Geschichte  in 
den  verschiedenen  italienischen  Lflndem  beruft,  den  gleicher  Weise 
auch  die  Acten  der  Archive  repHlsentiren;  desshalb  hätten  die  Arbeiten 
an  diesen  unter  sich  verschiedene  Substrate,  und  setzten  nicht  minder 
ver^cliiedone  Slndifn  voraus;  die  Theorie  allein  fronüge  für  einen 
guten  Archivar  iii<  Iii .  es  müsse  dersolhc  am  Ii  oin  tüchtiger  Praktiker 
cfin.  eingeweiht  in  die  Specialf,'es(  hidite  der  Provinz  und  in  die 
Ei!-''Mart  deren  Anliivhestände ,  und  denuiacii  die  erste  locale  Wal 
Seiten.-  des  Beamten,  siItu-  Ifingeif  Piaxis  auf  ilem  einen  Boden, 
vereint  mit  seiner  Li«'l)i'  zu  dt  iii-<ell)en,  seint-r  Kenntnis?  dessen  Ge- 
schichte, Bräuchr  und  Dialekte  niassgeljend  bleiben  für  dauernde 
örtliche  Verwendung.  —  In  der  That  kann  es  auch  nicht  leicht  eine 
grossere  Verschiedenheit  der  Materialien  geb^,  als  z.  B.  in  den  Ar- 
chiven von  Venedig  einer-  und  von  Neapd  andersdts,  und  der  an 
dem  einen  Orte  Eingeschulte  arbdtet  an  dem  anderen  schwer  und 
mit  woiig^  Eifer  als  in  semer  engeren  Heimat  Namentlidi  aber 
für  das  wissenschaftliche  Zusammenwirken  scheint  die  möglichste 
Durchdringung  des  Individuums  von  der  Luft  des  stationären  Ge- 
bietes <'nt-;(hiodcii  forderlich. 

Die  libri^'cii  auf  die  Reorganisation  bezüglichen  Erlässe  (vom 
u.  ?!».  Aug.,  1.  Sept.  u,  1.  Oct.)  betreffen  die  Recherchen  durch 
die  Insjif»  torcn,  die  Präft-cte,  die  Finanzintcndanteti  und  k.  Procura- 
loren  bei  den  Gerichtshöfen  nach  Materialien .  welche  iiocli  nicht 
einem  der  Staatsarchive  einverleibt  bei  den  verschiedenen  kgl.  Aem- 
tem  hinterlegt  wären,  dnsdilinsUch  der  äberhaupt  bei  diesen  vor- 
handenen Acten. 

Das  letzte  der  Decrete  endlich  (vom  22.  Oct.)  verfügt  die  Er- 
richtung eines  Staatsarchives  zu  Bologna,  vorwaltend  aus  den  längst 
schon  verfugbaren  Mengen  des  ,fArekmo  ie^  aiU  ehili  e  crminalif*, 
des  „Archivio  dd  reggimento"  und  „tlitnanieU«^  daselbst,  f&r  welche 


altra  Soviintendtfuza.  —  (ili  ultiziali  d'arcliivio  nun  vengoito  IrasUicaü  fuori  del 
territ«fio  della  profnia  Sovrintendema.  e  nel  territorio  della  medcaiina  sono 
traslocati  ^lamente  per  motivi  di  serviKio,  e  dl  disriplina.  udito  U  oonsi^io  per 
arctiivi.   Lp  promozioiii  non  importano  cambio  di  resideiuw,  neppun»  per  la 

nurniiia  <ü  Sovrinlendent«.« 


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Die  neueste  Organisation  cler  StaatMirchive  in  Italien. 


187 


Schojifnn^'  die  Stadt  Ijolo^'na  >ell)>t  bereits  Manches  vorfrearbeilet 
und  die  sie  jetzt  au.-pithip  m  unterstützen  versproelicn  hatte. 

Wir  haben  nun  vor  uns  tlas  e  i  e  n  1 1  i  e  Ii  e  A  r  eh  i  v  <:  e  s  e  t  7. 
vom  27.  Mai  I8TÖ,  in  Krall  seit  1.  Juni  dcss.  Jahres.  Ks  l)ildet 
den  Abschluss  für  die  früheren  vorbereitenden  Massnamen,  und  als 
Grnndgesetz  den  Boden  d«r  sachUchen  und  gesunden  Entwickelung 
des  StaatsarchiTswesens  in  Itaifen.  Interesse  gew&rt  es  natOrlich 
immerfain,  diese  Basis  Icennen  zu  lernen;  unzweifelhaft  h&lt  sie  mandi 
Neues  und  viel  Gutes  in  sich.  Noch  mehr  hätte  es  jedoch  interessirt, 
die  Nonnen  der  Bearbeitung  der  Archive  zu  kennen,  welche  der 
Archi^Tat  einzuführen  gedenkt.  Bis  jetzt  scheinen  dieselben  aber 
noch  nicht  festgestellt;  denn  unseres  Wissens  ist  nach  diesem  orga- 
nischen Statute  nur  mehr  ein  Reglement,  den  innern  Dienst  be- 
treffend (vom  10.  JiHii  187()),  vcriantbart  worden  ').  Freilich  sind 
eben  diesie  \ormen  am  schwierifrston  zu  gestalten;  allein  sicherlich 
könnte  man  aucii  am  meisten  (hd)ei  leinen. 

Das  organisclie  Statut  oder  eigentliche  Archivgesetz  beruht  in 
den  Puneten  betreffs  des  Personales  und  der  persönlichen  (lompe- 
tenzen  auf  den  Grundzugen,  welche  das  kgl.  Decret  vom  26.  März 
1874  ansspricht  und  deren  oben  gedacht  worden  ist.  Es  behandelt 
in  79  Paragraphen  die  verschiedenen  Arten  der  Staatsarchive,  ihren 
Inhalt,  dessen  Gliderung  und  ö£fientlichen  und  reservirten  Charakter, 
ihre  Ei^nzung  aus  den  Registraturen,  aus  privaten  Besitze  und 
Bibliolheken,  ihre  Inventare,  bidices  und  Repertoricn,  ihr  Personale, 
dessen  Auftiame,  Prüfungen  oder  Vorruckungen,  ihre  Schulen,  den 
inneren  IKenst,  die  Benützung  und  die  Taxen  daflSr,  endlich  die 
Seartirungen. 

N.ich  diesem  Gesetze  giebt  es  in  Italien  centrale  und  nicht  cen- 
trale Staatsarchive  (§§  1—3).  Die  ersteren  sind  jene,  welche  die 
Arten  der  (lentralstellen,  entweder  des  Reiches  in  sich  aufnemen  — 
also  das  Rei eh  s  a  rc h i  v  —  o<ler  die  Docnmt  nir  der  (lentralstellen 
jener  Staaten  aufbewaren,  aus  denen  das  Königreich  Italien  sich 
herausgebildet  hat.  Diese  heissen  Centraiarchive.  Hinsichtlich 
der  Bildung  des  Reicbsarehives  ist  bis  jetzt  noch  nichts  verfügt, 

')  \ch  l)f'nrit7P  «lif-^«'  Uflecf-nlifit  iiiii  Herrn  dnv.  B.  (^crfiotti.  t)irertor  des 
Centralarchives  zu  Ver.»'ilig  uiul  hispector  der  venetischeu  Archive,  ineinen  ge- 
bärenden Dank  IQr  die  reiebliche  und  stets  geftttige  Bristelinng  des  hier  in 
Besprrabung  gekommenen  legislatorischen  Materiales  ansaadrOeken. 


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18Ö 


Zahn: 


doch  erwartet  man,  dass  iniu'rhalb  dieses  Jalues  die  iiötliigen  Trans- 
locationen  von  Florenz  nach  Roiu  stattfinden  werden.  Gentraiarchive 
sind  dermalen  sni  Turin,  Genua,  Mailand,  V^edig,  Paima,  Florenz, 
Rom,  Neapel,  Palermo  und  Cagliari.  Von  ihnen  hängen  die  nicht 
centralen  Staatsarchive  ab,  deren  Bezeichnung  das  Gesetz  nicht  an- 
setzt, die  aber  wahrscheinlich  »Provincial-Staatsarchive« 
genannt  weiden  dürften.  Sie  haben  die  Actenstücke  der  betreffenden 
Provinzbehörden,  welrlie  ilt  ttn:ilt'ii  nocli  bei  diesen  eingelagert  sind, 
die  Arrhive  der  aufgehobenen  Klosb  r  der  F'rovinz  und  endlicli 
jene  Docuniento  auf/.unomen ,  weklie  früher  bei  verscliiedenen  Ver- 
aidassiin^'on  an  die  Ci  iitialarcliive  i:elaiifj:l  waien  und  systeiiuilisch 
be.s>er  diesen  torriturialen  Saninielaii.slalteii  zn^'ewiesen  sind.  .Si)lrlie 
Pruvitieial-^^taatsarchive  iK'stelieii  «lernialen  nur  /.u  lire.scia,  MauUia, 
Bologna,  M(xiena,  Lucca,  Pisa  und  Siena.  Denn  die  neapolitanischen 
ProvindalarchlTe  tragen  nicht  den  r^n  staatlichen  Gharaktw,  scm- 
dem  hängen  von  den  »Provinzenc  —  wir  würden  sagen  »Ständen« 
oder  »Landschaften«,  in  Italien  heissen  sie  ColUgßt  Consigljf  Deputa- 
zimi  oder  Oiunte  prtmneiaU  —  ab bi  Bezidiung  auf  diese  Classe 
von  Archiven  bleibt  also  da*  R^nmg  noch  sehr  viel  zu  thun  übrig : 
Klärung  des  Verhältnisses,  namentlich  bezüglich  der  Erhalt ungsbei- 
träge,  im  Neapolitanischen,  Errichtung  neuer  Provineialarchive  (§  TG), 
und  Aus«.^inandersetzung  mit  den  Municipicn  und  Museen,  welche 
bisher  als  HeUungs|)lrdze  für  Arclüvalien  dienten,  die  jetzt  als  Staats- 
eigenlbuiii  erklärt  sind. 

Dill  lull  alt  dieser  Art  iiive  bilden  alle  Acten  des  freien  Eigens 
des  Staates,  weh  iie  nadi  juridisclieiii  oder  diplomatischem  Begi  ilVe 
den  Charakter  öfTentlicher  oder  privater  Docuniente  haben  (§  4). 
Nach  §  72  ist  aber  die  Deponining  daselbst  von  Archivea  oder  Aden 
der  Provincialrftte,  der  Gemeinden  oder  moralischen  Körperschaften, 
und  von  Privaten  oder  Familien  keineswegs  ausgeschlossen,  sondern 
den  betteffienden  Darleihern  sogar  manche  Erleichterung  der  sonst 
nicht  kostenfreien, Benützung  der  Archive  in  Aussicht  gestellt*). 


')  Dir  Fravr»' ,  wii'  -^icli  iN-r  Staut  ^'o^MMifilif r  dfii  Malerialeii  aufgoholH-ii«*r 
KKister  und  (Jriit'n  vi  i  liallen  wird,  weUiie  er  —  namciUlicb  iiacli  1866  und  nach- 
weisbar in  Venclifu  —  auä  den  Finanzurchiven  älädlischen  Museen  oder  der 
stidtiscben  Venraltnng  Oberwies,  mues  da  wohl  auch  noch  lor  Austraipiiig  kommen. 

■)  \V1.  Trimrhm:  »Degli  Archivii  Xapolitani«  p.  157  fT. 

•)  I>if  Aufnamo  solcher  nirhtstaatlirlior  Archive  macht  das  »Regolaniftito 
pei  Serviziu  internu«  von  1876,  §.  4U  von  der  Genuniigung  des  Ministers  ai>* 


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Die  neueste  Organisation  der  Staatsarchive  in  Italien. 


189 


Was  die  I  n  h  a  1 1  s  1  i  d  e  r  u  n  fr  Ix-h  ifll,  so  will  das  {Jesetz,  dass 
die  Acton  der  Centralstellen  der  frülieren  Länderrcgirungen  eine  ab- 
gesonderte Section  in  den  Gentralarebiven  mit  der  Bezeichnung 
»Staatsacten«  elnnemen  (§  5),  und  dass  die  anderen  Acten  in  drei 
Sectionen:  Gerichtswesen,  Verwaltung  und  Notare sich  gliderten, 
wfihrend  alle  übrigen  Specialsertlonen  bilden  (§  6).  Jede  Section 
soll  abgesondert  nach  Behörde,  Amt,  Körperschaft,  Notar,  Familie 
und  Person  ((Sassen)  in  sidi  rhronolo<:isrli  aufgestelH  sein  (§  7). 

Für  diesen  gesamroten  Inhalt  fordert  das  Statut  8)  die  An- 
fertigung eines  Inventars,  nach  der  Zal  der  Bände  oder  Fasrikel 
und  ihres  Acteninlialtes,  mit  Angnbe  oh  Originale  oder  Copien  (und 
wol  auch  des  Jahreslaufcs).  dann  (j^  9)  eines  Index  für  jeflo  Sorlion 
und  eines  Repertor  iuni  s  für  jede  (Ilasse,  doch  ist  die  Auisteliuiig 
der  R^eln  für  die  Anfertigung  der  Inventare,  hidices,  Repertorien, 
Regesten  und  jedes  anderen  Arbeitsfachs  dem  Archivrate  vorbe- 
lialten  (§  10). 

Die  ArchiTBlioi  sind  mit  Ausnamen  von  gewissen  vinculirten, 
der  Verwendung  fär  die  Oeffentlichkeit  freigegdien.  Derselben 
entzogen,  od«r  nur  mit  Gestattung  der  betreifenden  Ministerien  ihr 
anhdmgestellt,  sind  confldentielle  Personalacten  oder  Documente  fQr 

die  Geschichte  der  innern  und  äussern  Politik  bis  zum  Jahr  1815 
zurück.  Strafprocessa(  ten  werden  70  Jahre  nach  Abschluss  der  Pro- 
cesse,  Verwaltungsacten  30  Jahre  nach  Ende  der  Verhandlungen  frei 
für  die  Benutzung  (iji«  11 --14). 

Dem  Archivsrci  hie  des  Staates  gegomiber  fremden 
Archivalien  ist  nur  in  5$  22  in  allgemein  gehaltener  Form  ein 
Platz  gewart.  Diesem  zufolge  .sollen  die  Archive  der  dem  Staate 
TQgtbaren  Körperschaften,  somit  der  Provinzräte,  Gemeinden,  Bis- 
thömer,  Capitel,  woltätigen  Anstalten  u.  s.  w.  der  CSontrQle  seitens 
der  Inspectoren  unterstehen.  Weder  das  Notariatsgesetz  vom  25.  Juli 


hingig.  Ohne  Zweifel  wird  derselbe  keine  drOclcenden  Bedingungen  betrefTs 
Ezelusivitit  der  BenOtsunir  durch  Andere  als  die  Kgentflmer  zulassen. 

Zwei  Monate  nach  Wrlaullwrung  dicMS  Slatulcs  wuiiIp  «las  Notariats« 
gesetz  bekannt  gemacht ,  »lenspii  hier  pinsrhlSpigen  'IVil  wir  :\m  Srhln?s»'  dipsfr 
Erörterung  t>t'rüren  werden.  In  den  Staatsarchiven  auf  »Nutarialüsectionen«  zu 
reflectiren  und  abgeeonderte  Notariatsarchive  »i  errichten  scheint  eine  Abwdehung 
im  Principe  zu  enthalten.  Hat  man  im  Statute  auf  die  Eiuverl'  i  i!;;.'  der  Notariats- 
in  die  Staatsarchive  reflertirt,  und  ist  dem  dann  vom  Justizminisler  nicht  geniigi 
worden? 


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190 


Zahn : 


1875  imteroidnet  die  Notariatsarchive  der  Ueberivachung  seitens 
der  Inspectorenf  noch  s|Michl  das  Statut  im  genannten  §  von 
demselben.  Das  Erstere  erwänt  im  Ausfurungsdecrete  vom  30.  De- 
cember  1875  §  146  nur«  dass  das  Archiv  der  Xtaari  CapitoUni  zu 
Rom  dem  Staatsarchive  daselbst  einverleibt  bleitte.  Oflenbar  liegt 
in  jenem  Auftrage  nichts  als  der  Kern  eines  künftigen  Gesetze?,  das 
manchen  Anstois  finden  dürfte.  Bei  dem  Reichtum  der  italisihen 
Städte  und  Kirchen,  auch  der  Spitäler,  an  Archiven,  Ixji  der  Not- 
wendigkeit, dass  für  diese  zweckinässig  ^e<orj»'t  werde,  wäre  eine 
Ingerenz  des  Staates  s-n<iri(er  in  nnxJo,  forfifi,-  in  sehr  wün- 
siiienswert :  wie  aber  die-<'lbe  gepnuibei-  selbslständigeii  Verwal- 
tungskörperii  ohne  Beeiiitriu  liligung  des  autonomen  Princij^es  er- 
reicht werden  könne,  bedarf  besonders  kluger  Wemlungen. 

Die  Ergänzungen  der  Staatsarchive  erfolgen  durch  Abliefe- 
rungen der  Acten  aus  den  Aemtem,  durch  Beschlagname  der  Amts- 
papiere in  den  Verlassenschaften  verstorbener  Staatsdienst  durch 
Ankauf  von  in  den  Handel  gebrachten  Documenten  und  durch 
Tausch  mit  den  Bibliotheken  (§  15,  16,  23  und  74;.  Die  Amts- 
r^lstraturen  haben  im  ersten  Semester  jedes  .lalircs  die  auf  10  Jahre 
zurückreichenden  Acten  abgeschlossener  Verliandlungen  dem  be- 
treffenden Archive  abzuliefern;  nur  die  Reservatsacten  bleiben  so 
lautre  im  Amlt>  bis  der  no.>.-;ortiMini>fei'  die  Ablieferung  befielt,  die 
Ht'j-'ister  der  ^aiichtlieheii  Eulscheidungen  30  Jahre  und  oline  An- 
gabe der  Zeitdauei-  auch  die  Civilstaudsaclen  (i;  j? — 20).  Die  Vor- 
sicht der  Anordnung,'  der  IJeschlagname  von  Staatsi»;ipiertii  in  den 
Nachlässen  von  Slaatsbeamlen  (inassime  diplomalici  o  minisleriali) 
mag  fOr  die  Beirrenden  Peinliches  involiiren,  gegebenen  Falles  aber 
entschieden  geboten  und  nützlich  sein,  und  erinnert  sehr  an  die 
Affaü^  Arnim  und  Lamarmora.  Wird  aber  der  Artikel  betreffs  der 
Bibliotheken  durchgefürt,  so  müssen  den  Archiven  bedeutende  Be- 
reicherungen erwachsen ;  nur  ist  es  umgekehrt  schwer  denkbar,  dass 
die  Arcliive  die  bibliothekarischen  Aec}uivalente  (an  Manuscripten) 
aufzubringen  im  Stande  seien.  So  scheint  dieser  Artikel  einer  der 
schwierigst  d urchfür baren ,  auch  deshalb,  weil  noch  ganz  andere 
Hindernisse  als  die  der  ungenügenden  G^engaben  sich  in  den  Weg 
stellen  dürften. 

Hinsichtiii  h  des  l'ei  >ona  les  setzt  das  Statut  (§24),  al)tje>ehen 
von  den  Inspectoren  und  Diret  toren,  zwei  Kategorien  fest,  davon  die 
eine  die  eigentlichen  Archiv-  (Conccpts-),  die  andere  die  Manipula- 


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Die  neueste  Urganiiiatiou  der  ütaaUarcbive  iii  Italien. 


191 


tkmsbeaoiten  begreift.  DieEisteie  zahlt  den  eisten  (Capo  areliivista), 
nraÜen  (ArdiiTista)  und  dritten  Archivar  (Sott*  archivista),  und  den 
Aspiranten  (Ahurno),  die  Letztere  den  Registrator  und  Schreiber 
(Gopista),  und  ist  jeder  Grad  (der  des  Aspiranten  ausgenommen)  in 
Glasseo  geteilt,  und  entspricht  deren  jeder  einer  besonderen  Ge- 
haltsstufe. För  die  Aufhame  ,in  die  zweite  Kategorie  genügt  (von 
den  übrigen  Bedingungen  abgesehen)  das  Unteigymnasium  (lic^iza 
pinnasiale);  für  die  erste  aber  wird  das  Obergymnasium  (licenza 
liceale)  gefordert      25).  Zur  Aufnamo  als  Aspirant  und  ohne  Prü- 
füHfr  ormäcliti^'t  der  Nachweis  eines  vollendeten  Cnrses    in  der 
Paläogi'aphie  und  tliploniatisehen  Kritik  an  einer  Universität  oder 
höheren  Lehranstalt  (J;        Der  Aspirant  liat  mindestens  zwei  Jahre 
nnentgeldlieli  zu  dienen,  dann  kanti  er,  nach  hel'riedifrender  Lö-un? 
einer  vom  Archivrale  ihm  gestellten  Aufgabe  mit  einer  Jaiues- 
remuneration  von  nicht  unter  400  Lire  (320  Mark)  bcleilt  werden 
(§  27).  Im  Falle  der  Postenvacanz  erfolgt  seine  Ernennung  zum 
dritten  Archivar  nach  Mass  seiner  Verwendung  (per  merito)  28). 
Sonst  findet  die  Besetzung  der  Posten  der  dritten  Archivare  mittels 
von  Goncursen  statt,  namentlich  wenn  die  betreffenden  Archive  durch 
die  Natur  ihrer  Materialien  noch  die  Kenntniss  einer  orientalischen 
%Nrache  heischen  (§  29V    Hiezu  werden  die  Ausschreibungen,  und 
zwar  der  untersten  Stellen  (d'umissione)  im  Amlsblatle,  der  oh'ren 
freien  aber  durch  Circulare  an  die  Beamten  des  betreffenden  In- 
speflornfes  verlautbart,  und  geschieht  die  Entscheidung  auf  Grund 
der  am  Sitze  des  Inspcetorates  ahzulcgendeii  Prüfungen  (i{  .34).  Die 
Commission  dieser  besteht  aus  ileni  hr^^iteetor  und  vier  üi)ei-  Vor- 
schlag des  Archivsrates  vom  Minister  ernannter  >niglider  35). 
Die  Prüfungen  dauern  drei  Tage ;  für  die  schriltli«  he  sind  davon 
zwei  mit  je  nicht  mehr  als  seclis  Stunden^  und  eine  für  die  münd- 
liche mit  einer  Stunde  bestimmt.  Die  Fragen  fär  erstere  werden 
vom  Minister  dem  Obmanne  versigelt  zugemittelt,  und  haben  erst 
vor  den  Goncurrenten  erOflhet  zu  werden  (§  36).  Behufs  Zulassung 
zum  Aichivdienste  zweiter  Kat^rie  fordert  das  Gesetz  (Tabelle  A), 
an  schriftlichen^Arbetten  eme  geschichtliche  Erzftlung,  eine  Ueber- 
Setzung  aus  dem  Lateinischen,  eine  arithmetische  und  kalligrajdiisclie 
Aufgabe,  dann  für  die  mündliclie  Prüfung  allg(>meine  Kenntniss  der 
politischen,  literarischen  und  Kunstgeschichte  Italiens  vom  Verfalle 
des  römischen  Reiches  bis  auf  die  Gegenwart :  —  bei  der  ersten 
Kat^orie  die  erstgenannte  Aufgabe  der  zweiten  Kategorie,  eine 


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192 


/.uhu : 


Ueber?etzung  aus  dem  Italienischen  in's  Lateinische  und  eine  Ueber- 
i^etzung  aus  dem  Französischen,  Spanischen  oder  Deutschen  (je  nach 
den  Bedürfhissen  des  Ärchives)  in^s  Italienische,  endlich  für  die  mfind- 
liche  Prüfung  (mehr  als  allgemeine)  Kennt niss  im  selben  Fragegegen- 
stand wie  bei  der  zweiten  Kategorie,  und  allgemeine  Kenntnisse  aus 
flem  römischen,  kanonischen,  Lohens-  und  Stndtcrechte.  Für  die 
Vorrückunofvpnifungen,  und  zwar  der  /.weiten  Kato^'orie  fordert  das 
<Ie~of7,  ('ral)clle  II)  an  Schrifllieheni  ilie  EntzitVening  und  Copic  einer 
rikuiiiie  des  \{).  o<ier  17.  und  einen  Auszug  ans  einem  Xotiiriats- 
instrumenfe  des  18.  Jahrhunderts,  für  die  mündliche  Prfifim^'  Kennl- 
niss  der  hauptsächlichen  politischen  Institutionen  und  tler  Territorial- 
geschichte der  ArdiivproTinz,  femer  der  Archii^esetze,  —  hei  der 
ersten  Kategorie  Entzifferung  und  Uebersetzung  und  diplomatische 
Kritik  eines  lateinischen  Documentes  vor  dem  14.  Jahrhundert,  für 
das  mflndliche  Examen  Kenntniss  der  italienischen  Alterthumsge- 
schiclite,  des  Mittelalters,  der  politischen,  territcnrial^,  Kunst-  und 
Literatur-  und  Slädtegeschichte,  der  Münzen,  Masse  und  Gewichte 
besonders  d<  r  betreffenden  Archivprovinz,  der  Archivgeschichte  der- 
selben, der  Archivkunde  und  der  einschlägigen  bestehenden  Gesetz- 
gebung. 

Die  PriifnnL'sei<?ehnis?e  hat  (he  < '.oniniission  inil  au.<turlichem 
Berielite  und  Vorschlägen  dem  Ministerium  zur  Genemigung  mitzu- 
teilen 37). 

Solche  Prüfungen  haben  die  dritten  Archivare  um  Posten  zweiter 
Archivare,  und  die  Schrdber  um  Stellen  der  Registratoren  abzu- 
legen (§  30).  Die  VorrQckung  vom  zweiten  zum  ersten  Archivar 
geschieht  auf  Grund  der  Verwendbarkeit  (§  31).  Die  Directoren 
und  Inspectoren  werden  Aber  Vorschlag  des  Archivrates  ernannt 
(S  33,  und  Gesetz  vom  26.  März  1874  §  8;.  Die  VorrOckung  von 
Classe  zn  Cta<:se  im  selbra  Grade  hat  nach  der  Dienstzeit  zu  ge- 
schehen (S  33). 

Vm  für  den  Dienst  das  geeignete  Personale  heranzii})ilden, 
soll  an  vom  Ministeriuni  bestimmten  Anhiven  seitens  dafür  ge- 
wälter  Beamte  Unterricht  in  Paliin^raphie  imd  Archivkunde  erteilt 
werden  (J^  45).  An  einzelnen  Archiven  Italiens  bestehen  solche 
Schulen  bereits  seit  geraumer  Zeit ,  so  zu  Florenz  ') ,  Neapel  *)  und 


(ßon.iiiii:)  »Gli  Archivi  <]i  .Stato  Toscani,«  p.  45. 
*)  Trinehem:  »Degli  ArehivH  Nupolitanl,«  p.  51  u.  fil 


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Die  neuiMte  Cteiganisation  der  Staatiarefaive  hi  Italien. . 


19a 


Venedig  und  zwar  ist  die  neapolitanische  die  äUeste.  Sic  waien 
eine  Folge  des  Bedürfnisses,  das  tlie  befrefl'enden  Artiiivsvor- 
slände  den  llegirungen  nahe  gelegt;  jetzt  hrdle  unter  allen  Umstünden 
der  Staat  sorgen  mässen ,  solche  Schulen  zu  errichten,  wollte  er  die 
Reorganisation  nicht  in  Stagnation  geraten  lassen,  und  braucht  nun 
nur  mehr  an  das  Gegebene  anzuknfipfen. 

Der  Leiter  der  Schule  ist  jeweilig  der  Inspector,  doch  kann, 
wenn  eine  solche  nicht  am  Inspectocatsaichive  besteht,  auch  der 
betreffende  ArdiiTsdirector  damit  betraut  werden  (§  47).  Von  ihm 
h&ngt  auch  der  Vorschlag  des  unterrichtenden  Beamten  ab,  dessen 
Ernennung  vom  Minister  des  Innern  im  Einvememen  mit  jenem  des 
Unterrichts  erfolgt  46).  •)  Der  Unterricht  unifasst  zwei  Jahre  und 
zwei  CiH"so  (von  November  bis  Juli)  und  dürfen  der  Unterrichts- 
stunden nicht  weniger  als  zwei  die  Woche  sein  (§  48).  Die  Unter- 
richtsprograinnie  niüsstm  den  beiden  otigonanutcn  Ministerien  vorge- 
legt werden  (i^  50).  Ver])niclil('t  zum  l3e-;iK'lie  sind  die  Aspiranten, 
doch  kann  der  Lehrer  auch  Hörer  zulassen,  wenn  sie  den  Nachweis 
der  Absolvirong  des  Obergymnasiunis  beibringen  (§51).  G^enstände 
des  ersten  Gunes  sind  die  Elemente  der  Pakographie  und  der 
dipbmalischoi  Kritik  im  Allgemeinen  und  Italiens  im  Besondem, 
dann  die  Grundzuge  der  ArchiTsoidnung,  r-  des  zweiten  Gurses  die 
Pattographie  und  diploroatiscbe  Kritik  mit  besonderer  Betonung  des 
Gebrancfaes  fai  der  betreffenden  Archivsprorinz,  dann  aller  jener 
Gegenstände,  welche  bei  mundlirlion  Vorriickungsprüfungen  zur  Frage 
«Bgesetzt  sind  (§  49).  Am  Ende  eines  jeden  Curses  sind  Prüfungen 
vorgesehrieben;  die  Commission  hiezu  besteht  aus  dem  Inspector, 
dem  Lf^lirer,  dem  Vorstande  der  Staatsbibliothek,  dem  Professor  der 
Paläographie  der  Universität  (iiella  rejjia  universitä  o  nel  regio  istituto 
universitario)  und  dem  Literaturprofessor  des  Oberjjyinnasiunis  (nel 
regio  liceo).  Der  Universitätsprolessor  kann  autli  —  für  den  Fall, 
dass  keine  Universität  am  Prüfungsorle  —  durch  den  Geschiehts- 
professor  des  Obergymnasiums  supplirt  sein  (§  Ö2).  Die  Prüfungen 
smd  milndliche  und  scbrHUiche  (§  53),  deren  Ergebnisse  die  Com- 
mission classi6cirt  und  deren  günstige  Zeugnisse  für  die  Zulassung 


*j  (Toilerini  uinl  Cecelietli:)  »11  Hegio  Arcliivii)  Generale  di  Venezia,«  p.  413  u.  ff. 
Oid«n:)  »yArehivio  di  Stato  in  Venena  nei  Deeennio  1666— 1876|«  p.  ISS  u.  ff. 
*)  Wtfdie  Hnmnenitioii  der  Lehrer  benebe,  iet  ningencls  geeagt 
AreklnüiMi«  ZritMhitfl.  t  18 


194 


Zahn : 


an  den  höheren  Cursen  für  Paläographie  der  Unirnsitäten  (negli 
istituti  universltari)  befähigen  (§  54). 

Die  Stunden  des  Dienstes  sind  täglich  sieben,  Sonn-  und 
Fdertago  au^enonunen,  und  kann  aus  AnitsrQcksiditen  der  Director 
auch  mehr  Zeit  von  den  Beamten  beanspruchen  (§  38).  HinsichHicli 
dor  rJoscliän^zuwcisun?  braucht  dersellK-  auf  Grad  oder  Cla-sc  d»'r 
Bcninf'  M  koini-  Hürksif  lit  /.n  ncnien  30).  Am  ersten  Ta^e  jedes 
dritten  Monates  hat  jeder  Heanitu  -  der  Dircrtor  niHfriMionniien  — 
auf  einer  Talielle  die  von  ihm  in  den  letzten  /.wei  Monaten  vor;_'e- 
nomnienen  Arbeiten  zu  notireii,  wclrhe  Tabelle  der  Direetor  und 
der  In>|ierlor  vor  der  Einsendung  an  da-;  Ministerium  verifkirl  (>;  42). 
Keinem  Beamten  i>l  n-rslatlet,  Arehivs-,  Bil)liolheks-  oder  Secretärs- 
dien.-te  Ixi  i'rivalen  zu  iibernemcn,  mit  Doeumenten  oder  Auto- 
graphen  Handel  zu  treiben  (§  43),  oder  aber  von  Privaten  Aufträge 
för  Arbeiten  an  dem  Archive,  bei  welchem  er  dient,  zu  fibemenien 
(§  44).  Kurze  Urlaube  gewärt  der  Inspector,  doch  darf  ihr  Zeit- 
ausmass  30  Tage  im  Jahre  nicht  Obersteigen  (§  40);  er  kann  auch 
nachlässigen  Beamten  Gehalt  sabzfige  bis  zu  zehn  Tagen  dictiren,  wo- 
gegen schärfere  Strafen  dem  Ministerium  vorbelialten  sind  (§  41). 

Die  Benützung  der  Arcliivo  ist  bei  den  als  üfV«  iilli<  ]i  erklärten 
Documenton  frei,  l>ei  I'rivalen  (wenn  sie  ein  Hecht  hinteresse  ver- 
fül;^en)  ^'e^^'cn  srliriftliches  An>uchen  auf  vStempelpapier  (Ji  57).  Von 
I]ntlelinun;,'en  durcli  F^rivate  spricht  das  Statut  merk\viirdi;.'er\vei>e 
nicht,  ungeaelitcl  die  .\ot\\ eniligkeit  auf  solclie  Frdle  Rücksicht  zu 
nemen,  lieute  ta^rtägheh  mehr  sieh  er^'üjt.  Nur  in  Angele/inheiten 
de-s  öllentlichen  Dienstes  ist  eine  Ausliebung  gestallet  (nessun  do- 
cumento  puo  essere  estratto  dagli  archivi  se  non  temix)rai'iamente, 
e  per  neoessitä  dcl  pubblico  servizio);  dass  auch  die  amtliche  For- 
derung emer  Actenbehebung  einen  bureaukratischen  Gang  von  oben 
herab  zu  den  Inspectoren  und  dann  erst  an  die  Archive  durchzu- 
machen habe  (§  55),  scheint  .«cliworlSllig  und  kaum  Im  Interesse  des 
Dienstes  und  der  Parteien.  Die  Einforderung  der  Aber  Gebür  rück- 
ständigen Ausleihstücke  hat  das  Ministerium  zu  besorgen  56). 

Für  Studien  ist  die  Benützuni.'  der  Archive  innerhalb  der  für 
öffentlich  eiklfulen  Materialien  frei,  und  da<  Ansnchen  schrilllich, 
doch  ungcslempell  *)  mit  genauer  Angabe  des  Zweckes  einzubringen 

*>  Beziflil  sich  dal  auf  etwa  «ier  4}.  44  il<  >  <  He^olnmeiitn  «It-l  Srrvi/in  iiiterno« 
vom  10.  (18.  'f)  Juni  187G,  so  isl  allenlirnr>  ein  &0  C*iil  -SleinjuM  iiutig. 


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4 


Lie  neueste  Organisation  der  Staatsarchive  in  Italien.  195 

(S  69).  Wes^luilb  aber  der  Director  nur  für  oinou  Monat  tk-rartigf 
Sludion  trestatton  darf  und  fiir  eine  län^'erc  Zeit  dn-  Ins|tertor  um 
dir  (k'wärun^'  orsuclit  werdrii  nius-,  ist  sadilicli  nnklai.  P^rkliiiiicli 
ti-clit'iid  allerdings,  dass  man  jedes  Jahr  neu  nacliPUclicii  mu>?:. 
doch  liessc  sich  das  bei  Zwrckwn  hsel  vorgosthriobene  jodrsinali^'e 
neue  Ansuchen  einfaclier  abthun,  und  feit  dagegen  auch  die  in  die 
ganze  Systematik  passende  Verfügung,  dass  die  Directoren  den  In- 
spectoren  vierteljährig  oder  in  kürzeren  Terminen  Qber  die  iiterariscfae 
tind  andere  Benfitzang  ihrer  Archive  tabellarische  Uebersichten  zu 
liefem  hfttten.  Ebenso  ist  den  Inspectoren  keinerlei  derartiger 
Halbjahrs-  od^  Jahresbericht  an  den  Minister  aufgetragen,  da- 
durch man  im  Ministerium  sich  jeweilig  rasch  Ober  den  Stand  der 
geistigen  Bewegung  in  Italien  auf  diesem  Gebiete  Rechenschaft  geboi 
zu  können. 

iSn  minutiös  behandelter  Pinul  dis  Statute?  ist  jener  der 
Taxen.  Gele^'enheit  solche  zu  fordern,  ist  Ix'i  Archiven  über- 
haupt leicht,  und  unisoniehr  dort,  wo  die  Acten,  mit  sehr  ge- 
ringen Ausnamen  schon  nach  10  Jahren  als  Arcliivalien  betrachtet 
werden.  Sie  sind  an  sicli  gewiss  gerechlfertiget ,  das  Ixilarf  wol 
keiner  Beweisfürung,  aber  nach  den  Statuten  sind  sie  in  Italien 
sdir  hoch.  Sie  erinnern  bis  zu  gewfesem  Grade  an  die  moderne 
EinfQrung,  die  Besichtigung  von  Staatsgebftuden  und  Museen  an 
die  Zalung  von  Eintrittsgeld  zu  knüpfen,  welches,  wie  es  tieisst, 
dem  Staate  schon  eine  recht  ansdmliche  Rente  abwirft.  Ent- 
wickelt sich  der  Bedarf  und  das  historische  Studium  an  Ardiiven, 
so  dürfte  mittels  der  Taxen  manche  Ärchivsprovinz  in  ihren  Kosten 
gedeckt  sein. 

Für  die  Aufsuchung,  Kin-iclit  oder  Lesung  eines  einzelnen  genau 
angegebenen  Actes  —  es  versteht  sieh  nur  für  Parteien  in  ihren» 
Rechts  verfolge  —  anrh  dann  \\riin  der  Act  nicli!  gefunden 
wird  —  bezahlt  man  1  Lira:  will  der  PetrolVende  eine  Anzal  von 
Aden,  ohne  genaue  Angabe,  einsehen,  so  hat  er  für  die  Stunde  1  Lira 
zu  entrichten  5Ö,  59).  Für  den  Fall  der  Nichtauftinduiig  ent- 
hält das  Statut  eine  Widerholung  und  zugleich  einen  Widerspruch. 
So  heisst  es  in  §.  58:  »La  tassa  (di  una  lira)  si  paga  uguahuente 
se,  fatte  1e  ricerche,  non  sia  trovato  ii  documento  richiesto;«  dann 
aber  9>  65:  »Ogni  dicliiarazkme  che  un  documento  non  si  e  trovato, 
imposUL  la  tassa  di  due  lire.«  Dass  hier  eine  schriftliche  Erklärung 
gemeint  sei,  ist  nicht  gesagt;  eine  solche  erklärt  aber  schon  §.  58 


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196 


Zahn: 


ohne  Taxerböhung  (Qr  möglich  Bei  Gopten  ist  für  die  Seite  der- 
selben, bei  Documenten  vor  dem  Jahre  1000  5  L.,  zwischen  1000  und 
1500  4  L.,  zwischen  1500  und  1700  3  L.,  zwischen  1700  und  1800  2, 
nach  1800  1  L.  zu  entrichten  und  gelten  diese  Ansätze  anch  in 
Fullen«  wo  nicht  im  Parteiinteresso,  sondern  behufs  Studien  Ab- 
schriften gewünscht  werden  (8  70).  Bei  Schriften,  welche  nicht  im 
lateinischen  Alphabete  geschrieben  sind,  i-t  die  Taxe  doppelt  (§.  Gl). 
Für  die  Zeichnungen  und  Plfine  wird  nai  h  ih  n  Arbeitsstunden  (2  L.) 
(§.  62),  für  Copien  von  Acten  des  Civilstandes  nach  den  Normen  des 
n<>setz('>  voin  15.  Nov.  1805  (§.  63).  dir  Copien  von  Notariatsacten  nach 
dein  Xorniale  der  Notare  (g.  ()4)  ;.'eie(  hnel.  Auszüge  scheinen  nicht 
geniarht  zu  werden  (non  .^i  riiasciano  ai  privati  copie  di  l)rano  tli 
docuuienti)  (§.  liT),  und  das  reiche  Feld  der  Kinzeldaten  für  das 
historische,  genealogische,  heraldische  Gebiet,  worauf  der  Geschichts- 
forscher so  sehr  rcflectirt,  ist  im  Statute  nicht  bedacht.  Die  Taxen 
sind  im  Vorhinein  zu  bezalen;  Ifisst  sich  ihre  Grösse  nicht  gleich 
anfangs  bemesseUf  so  ist  euie  annähernde  Summe  zu  deponiren  (§.  68). 
Von  der  Taxenzalung  befireil  sind  nur  die  Behörden,  gewisse  Körper- 
schalten für  wohlthätige  Zwecke  und  Mittellose  mit  Armutszeugnissen 
(anuuessi  al  gratuito  patrocinio),  dann  eine  Reihe  von  Acten  die 
Walen,  die  Armee,  die  Nutionalgarde,  die  Pensionen  und  Cautionen 
betreffend  (i^  71),  endlich  jene  Personen  oder  Corporationen,  welche 
ihre  Archive  in  den  Staatsarchiven  deixjiiirten,  für  eben  diese  Doou- 
mente  (g.  72).  Die  Tnxergebnis.se  haben  munatiich  in  die  Staats- 
ras.sen  abgefürt  zu  werden  (§.  73). 

Was  endlich  die  Scarten  anbelangt,  so  untersagt  iö  allen 
Verwaltungsäüitern,  solche  an  ihren  Acten  vorzunemen,  und  fordert 
§.  21,  dass  die  neu  abgelieferten  Aden  von  den  Direetoren  mit 
Rficksicht  auf  die  Scarth*ung  untersucht  zu  werden  haben,  ehe  Aber 
sie  eui  Archivsüiventar  abgcfasst  wird.  Die  Vorschläge  dieser  müssen 
mit  einem  Gutachten  der  betreffenden  Amtsvorstände,  von  welchen 
die  Acten  einlangten,  verseben  an  den  Inspector  und  von  da  an  den 
Minister  gehen,  der  nach  Anhörung  des  Ardiivrates  verfugt.  Ohne 
Billigung  des  Letzteren  darf  nichts  von  den  bereits  inventarisirten 
Materialien  scartirt  werden  (§.  8). 

Man  wird  erkennen,  dass  das  organische  Statut  viele  treffliche 


*)  »Des:'nl«»nin«lo  11  richieHentf  un  allostalo  negalivn,  questo  vicne  rila-ciati» 
colk  formula,  hon  «i  trora,  esclnsa  senipre  la  dicbiarazioue  di  noa  esislenza." 


Die  neueste  Organisation  der  Staatsarchive  In  Italien. 


197 


Sdtra  hat.  Da^:  kann  nicht  loirlit  anders  sein,  wvim  ihi  (  s  Vaterlandes 
und  dessen  Rulimes  gedächtige  Männer  unter  dem  Patrocinluni  einer 
gicichgesinnlen  Regirung  in  allgemoinen  An^rele^renl leiten  desselben 
beraten,  Manehe  Verfügungen  sind  lieilidi  etwas  kur/.  geraten; 
namentlich  scheint  diess  bei  g.  5  betrells  der  Aden  der  ehemaligen 
Staatsregirungen  der  Fall.  Die>TT  5^.,  welclitT  L'igentiiih  die  Haupt- 
massen und  strenge  genommen  <la>  wesentlicli  Archivalisdie  enthfdt, 
mag  wol  einer  besonderen ,  sehr  eingehenden  und  von  Archiv  v.u 
Archiv  wechselnden  AusfQrung  noch  bedfirfen.  Notwendig  ist  sie 
.aber,  da  sonst  §.  10,  über  Anlegung  der  Register,  wenig  praktischen 
Wert  hätte.  Die  §§.  5—7  machen  überhaupt  den  Eindruck,  als 
hätte  man  gegenüber  den  kolossalen  Massen,  für  welche  ehi  Ord- 
nungsrahmen SU  geben  war,  um  die  Fassung  gerungen.  Unter 
solchen  Umständen  pflegt  dieselbe  meistens  sehr  knapp  auszufallen, 
weil  sie  verhältnissmässig  noch  am  mdsten  Bewegungsraum  gestattet. 
So  aber  scheint  sie  auch  mehr  den  modernen  Archivalien  angepasst, 
als  dem  Kernstocke  der  alten,  welche  sie,  genauer  besehen,  dennoch 
obenlalls  begreift.  Zu  wünschen  wäre  noch,  dass  die  Registraturen 
für  ihre  nestiinde  (gli  atti  dei  fribimali  e  degli  uflizi  ainministrativi, 
linche  rimangono  ])resso  i  iiie'l(^:-imi)  eine  ( )rdimng>anweisung  er- 
hielten, welche  mit  der  Einteilung  der  SlotTe  in  den  Archiven  klappe, 
derart,  dass  die  Ablieferung  an  die  Letzteren  nur  eine  Aenderung 
des  Locales  für  die  Ersteren  involvirte,  und  ebenso,  dass  den  modernen 
Acten  an  den  Ardiiven  j«ie  Gliderung  gegeben  würde,  welche  der 
Bedarf  der  Aemter  als  eine  natürliche  in  den  R^'straturen  be- 
gründet In  Beziehung  auf  die  Studien  wird  Erkleckliches  an  diesen 
und  an  Prüfimgen  gefordert  Allein,  irren  wir  nicht  so  decken  sich 
eigentlich  die  V^orrückungsprüfungen  mit  jenem  nach  dem  2.  Curse 
der  Archivssdiulen  fast  gänzlich,  so  dass  jene  nur  eine  Widerbolung 
dieser  sind.  Dagegen  scheint  —  wenn  auch  nicht  in  der  Paläo- 
grapllie  —  doch  auf  fremdes  Element  in  den  Lehrfachern  nicht 
allzusehr  Iiücksicht  genommen.  Es  sollte  unbedingt  Kenntniss  fremder 
Sprachen  gefordert,  und  Anhivkunde  und  Ardiivgesef/.gebung  nicht 
auf  Italien  alh'in  beseliränkt  sein.  In  letzteren  Gegenständen  ist  es 
das  übelst  gewälte,  auf  eigene  Findigkeit  sich  zu  verlassen  und  die 
Ergebnisse  fremden  Denkens  und  fremder  Erfarung  zu  ignoriren. 
Die  auf  Avancement  Aspirirenden  aoDen  ja  Ihrerzeit  Directoren-  und 
Inspectorenstelkm  bekleiden ,  von  ihrem  Denken  wird  zum  Teile  die 
Entwickelung  des  italischen  Archivwesens  abhängen,  und  fttr  diese 


1»8 


Zahn: 


kann  OS  nur  /.\v<m  kmü-sig  sein,  wenn  sie  mit  tremden  Arbeiten 
genau  si(  Ii  iM-kannl  ^'eniacht. 

Seit  Inkratlst't/.uii;,'  dos  ort:aiii>chen  ^tatiitos  ist  iin-oros  Wissons 
nur  mehr  das  Hc^'lonioiil  t'Qr  den  i  im  er  on  Dienst  vom  10. 
^1 6.  V)  Juni  1876  erschienen.  Es  begreift  JO  Abteilungen  in  70§§. 
und  handelt  in  Ersteren  von  den  Inspectoren  (§§.  1—5),  den  INrec* 
toren  (§§.  6—10),  den  Beamten  11—17),  dem  Oekonomen 
(§§.  18—21),  von  den  Goncursen  und  PrOfiingen  (§§.  22—33),  dem 
inneren  Dienste  (§§.  34—42),  dem  öffentlichen  Dienste  (§§.  43—51), 
der  Benützung  für  wissenschaftliche  Zwecice  (§§.  62—61),  der  Hilfs-. 
bibliothek  (§§.  62^65)  und  von  den  Thürhulem  und  Dienern 
(§§.66—70).  Es  ergänzt  und  erklärt,  wie  <lio  Xormalien  ein  Gesetz, 
das  organische  Statut.  Von  seiner  Erörterung  dürfen  wir  hier  wol 
ah-clien  :  t^iie  solche  hätte  vielleicht  <lann  mehr  Vorfoil,  wenn  Ver- 
t:lfi(  |i-nKiti  iialr  von  anderwärts  her  dazu  in  Fra^'o  käme  Wün-chons- 
wt-rt  zu  ortären,  weil  für  das  l^rtoil  über  die  inatoriolh»  L'iit(>r-tiitziHig 
der  5,'oisti^'on  Entwickolun^'  von  Wesenheit,  wäre  go\vo-on ,  welche 
Summen  die  Kegirung  auf  die  ßildungsniillel  an  <len  Archiven  zu 
verwenden  gedenkt.  Vielleicht  erwächst  aber  später  hierzu  (lolegen- 
heit  sich  zu  äussern. 

Noch  eines  ganz  mächtigen  Factors  im  Archivwesen  Italiens 
ist  aber  zuletzt  zu  gedenken,  der  Notariatsarchive. 

Wer  Italien  nur  einigermassen  in  Betreff  historischer  Ifat^ialien 
kennt,  wird  von  der  gewaltigen  Bedeutung  dieser  Sammlungen 
Zeugniss  geben.  Auch  annältornd  Aehnliches  besitzt  Deutschland 
gar  nicht,  und  selbst  Frankreich  kann  sich  darin  mit  Italien  nicht 
im  Entferntesten  messen.  Wollen  wir  nur  eines  solchen  Archives 
gedenken,  des  zu  LMinc.  das  keineswegs  eines  der  grösslen  Italiens 
ist.  Es  enthält  von  nicht  weniger  als  3540  Notaren  ganz  oder  zum 
Teile  die  PiTjtokoiie  (Conceptbiiclier)  nnit  Arten,  und  zwar  beginnend 
vom  Jahre  V^'id;  und  doch  lindet  man  allenthalben  in  den  friau- 
lisclien  liibliolliekeu  und  i'rivalsammlungen  Mengen  solcher  Bände, 
Virelche  aus  den  Verlassenechaften  der  Notare  nicht  den  Weg  in  die 
gesetzliche  Sammhing  gefunden  haben.  So  ist  es  allenthalben  in 
Italien.  Die  Coromission  von  1870  hat  auch  in  ihrem  Votum  die 


')  Xiclil  in  60,  wie  eis  in  «lern  Mijiisterial«locrete  h<>i«-l,  welches  iit  der 
Untenchrifl  das  Datam  10.,  and  in  der  Aufschrift  (dem  Betreffe)  Jenes  vom 
la  Juni  trigt. 


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Die  neueste  OrgaDisaüou  d«r  Staatsarchive  in  Italien. 


199 


Rücksiclili?nanio  auf  die  Xoturialsarcliivt'  bi  i  ih-v  Bildung'  der  Staal<- 
ai  t  liivo  g:eliüri^'  lietont  Merk\vüi  di;:(  r\veise  ist  es  jedocli  im  Nütariats- 
gestlz  von  1875  iinbeaclilet  geblielien. 

Dieses  behandelt  die  Archive  in  Titel  IV.,  Capitel  3,  §§.  87-105 
und  117  (im  Tarife  §§.  34—36).  Dos  Durchfürungsgesetz  vom 
19.  Dec.  1875  spricht  davon  in  Titel  IV,  Capitel  3,  §§.  90-119, 
Titel  V.  Allgemeine  Verfügung  $.  120»  und  Titel  VI.  §§.  130—137 
und  146-^160.  Daraus  heben  wir  nur  h^vor,  dass  weder  die  Gewalt- 
thätigkeit  darin  widerkehrt,  mit  weldier  die  Regining  1870  öiTentlichen 
und  Privathibliollipken  ihren  Besitz  an  Xotariatsprofokollen,  ohne 
nach  dem  Recht.-titel  zu  fragen,  streitig  machte  und  selbe  ihnen 
kurzweg  als  ölTentliclies  Gut  wegnenien  wollte,  noch  aber  zeigt  sich 
darin  auch  nui'  andeutungsweise  eine  Verfügung,  welche  mit  dem 
Volum  der  ( lonmiission  von  1870  zusanunenliele  uiul  dem  (!ei>tp  di  r 
Arcliiv'^'eselz^-'cbuiv^  von  18i4 — 75  entsprädie.  Das  ist  eine  tief  be- 
klagenswerte In(  onse(iuenz,  um  so  mehr  als  sie  nicht  auf  Principien 
zu  beruhen  scheint,  sondern  einfach  darauf,  dass  wirklicli  die  eine 
Hand  nicht  weiss  was  die  andere  Ihut.  Heilsam  ist  derlei  für 
keine  Seito  des  Staatslebens!  Bis  zu  diesem  Notariatsgesetze 
herauf  wurden  die  Notariatsarchive  als  Staatseigentum  unter  directer 
Verwaltung  des  Staates  geflürt,  und  war  -ihre  BenQtzung  sehr  er- 
schwert Heute  ist  wenn  nieht  der  Begriff  des  directen  Staats- 
eigentums daran,  so  doch  die  directe  Verwaltung  durch  den  Staat 
aufgegeben  und  gingen  die  Notariatsarchive  in  die  Verwaltung 
der  Notariatskammern  über.  Die  jeweiligen  Vorstände  sind  Notare 
von  den  Kammern  gewält;  ihre  Gehrdter  sollen  aus  den  Amtsein- 
künften bestritten  werden.  Auch  wenn  diese  nicht  penn^^en.  will  dio 
Regirung  nichts  beisteuern.  Freilich  werden  vom  GewiUtt  n  Lust  zum 
Fache  und  die  nölij^ren  Eigenschaften  gefordert.  Al)er  es  lässl  sich 
durchaus  nicht  absehen,  wie  auf  diese  Weise  das  riesige  und  liüdist 
werlvolle  Materialc  nicht  allein  wol  erhalten,  sondern  auch  bearbeitet 
werdm  solle,  noch  auch,  wozu  überhaupt  die  Kammern  die  Adm 
ihrer  Vorfahren,  sagen  wir  nur  bis  incl.  zum  16.  Jahrb.,  brauchen 
magen.  Ihnen  können  daraus  nur  Nachteile  entstehen.  Wenn  diese 
einmal  so  gross  und  vidf&ltig  geworden,  dass  sie  selbst  ^rechen, 
dann  wird  allerdings  ebne  Verfägung  getroffen  werden,  welche  jetzt 
weit  conseqnenter  und  leichter  in's  Leben  zu  rufen  gewesen  wäre. 

')  »Sul  riordinameiUo«  elc.  p.  19. 


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V.    Ueber  ArchiTneubau  und  Eini'ichtungen. 

Von 

Archivrath  Dr.  Burkhardt, 
Vontand  der  grosdieRaglieh  und  hentogL  sfichnscben  Archive  in  Weimar. 

Gegendber  der  Lage  des  deutschen  Ärchivvresens  im  Allgemeinen, 
welches  die  VentOirung  dringlicher  Fragen  zur  Pflicht  macht, 
dürfte  die  Behandlung  dieses  Thema's  fast  von  untergeordnetem  In- 
teresse erscheinen.  Pralctischen  Nutzen  wird  diese  Darl^fung  von 
Ansichten  nur  in  seitnern  FViIIm  gewährai,  da  Arehi  vneubauten 
wenig  angestrebt  werden.  Erfahrungsmässig  steht  fest,  dass,  wo 
pich  selbst  die  Xothwendigkeit  solcher  ergibt,  sie  nicht  immer  mit 
inni;.'etn  Interesse  geplant,  noch  viel  weniger  mit  diesem  ausgeführt 
werden. 

Auch  dies  Verhültniss  künrieii  wir  unbedenklich  zu  den  Krebs- 
schäden des  deutschen  Arthivwesens  rechnen.  Es  ist  oft  kaum 
glaublich,  welcher  Reichthuni  an  ungesuinleii  Ideen  sich  docuiuentirt, 
wie  sich  selbst  bei  dringlichen  und  unabweisbaren  Neubauten  die 
Frage  verschleppt  und  welche  Versuche  gewagt  werden,  um  die 
Unterbringung  anerkannt  wichtiger  Archive  in  »disponible  R&umec 
zu  ermöglichen,  die  m  der  Regel  zu  schlecht  für  alles  Andere,  immer 
aber  noch  gut  genug  erscheinen,  um  für  die  Aufnahme  »alter 
Acten«  gut  befünden  zu  werden. 

Von  je  her  giht  es  in  Deut.schland  nur  wenige  Archivlocale,  die 
um  der  Archive  seihst  willen  hergestellt  sind.  Mit  geringen  Aus- 
nahmen zeigen  sich  nothdürftige,  zum  Theil  sogar  gegen  alle  Normen 
für  die  Behandlung  historisch  wichtiger  Archive  verstossende  Auf- 
bewahrungsarten ,  die  Ober  Nacht  die  trostlose  Lage  —  und  was 


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Ueber  AKhivneubau  und  •Einrichtungen. 


201 


das  Betlaiicrnswei  thc  ist  —  das  ^rerinpc  VL'rstiinclni.^s  uml  gar  wenig 
Syiniialhif  für  die  i'Uege  der  historischen  Zeugnisse  eines  Landes 
bcurlcimdcn  können. 

Erst  die  jüngere  Vergangcnht  il  lial  au  einzelnen  Stellen  unseres 
Vaterlandes  neben  gänzlich  verfehlten  Anlagen  leidliche  Archivgebäude 
geschaffen,  obwohl  sie  nicht  immer  einem  Zwedie  allein,  sondern « 
verschiedenen  Bestimmungen  zu  dienen  hatten,  wobei  oft  die  Rück- 
sicht auf  die  Archive  erst  in  zweite  Linie  zu  stehen  kam.  Von 
einem  Comfort  der  Archivverwaltung,  der  unbedingt  da  seui  muss, 
wo  die  Leistungen  in  angemessenem  Veibällniss  zum  Aufwand  von 
Zdt  und  Kräften  stehen  sollen,  kann  namentlich  da  nicht  die  Rede 
sein,  wo  man  die  Baufrage  vielleicht  aus  rein  finanziellen  Rücksichten 
al)geworfen  und  die  Prunksäle  vergangener  Zeiten  zu  Archivräumen 
gestempelt  hat. 

So  im  AllgeiiU'iiU'n  weiii^'  von  der  iaisscrn  der  deutschen 

Archive  und  natürlich  anrh  ihrer  iiinrrn  EinriihtunK  nach  befriedigt, 
stellte  sich  mir  gelegentlich  die  Aufgabe,  einen  Neubau  mit  seinen 
Innern .  Eim  icht  in rp;L'u  zu  conslruiren,  welche  den  besten  Anfor- 
derungen an  eine  tüchtige  Verwaltung  genügen  sollen.  Wenn  ich 
auch  weit  davon  entfernt  bhi,  an  die  stricte  Durchführung  all'  dieser 
Ideen  zu  jj^uben,  so  wird  doch  die  Möglichkeit  vorliegen,  dass  ein- 
zehie  bisher  unzulängliche  Einrichtungen  sich  beseitigen  und  die  vor- 
geschlagenen- fSr  die  bessere  Gestaltung  der  Einzelarchive  adoptü*en 
lassen. 

Ich  schicke  voraus,  dass  der  beiliegend  milgetheilte  Plan  eines 
Nmbaucs  durchaus  nicht  für  specieUe  Verhältnisse  berechnet  ist.  Es 
war  die  Aufgal>e,  ihn  dehnbar  zu  machen,  den  verschiedensten 
Verhrdtnissen  anzupassen.  Die  Erweiterung  desselben  ist  ebenso  gut 
in  F^iH  ksicht  gezogen,  als  die  Reducirung:  letzteres  ist  mit  ganz  be- 
sondeier  Rücksicht  darauf  vorgesehen,  weil  bekanntlich  im  Allge- 
meinen in  Deutschland  wir  uns  noch  nicht  gewöhnt  hal>en,  das 
ArchivwL-sen  mit  roiihliclien  Mitteln  zu  bedenken. 

Vor  Allem  lioilen  wir  aber,  dass  der  Plan,  der  aus  euiem 
mnigen  Zusammoiwlrken  mit  dem  Henrn  Architecten  C.  Weichardt 
in  Weimar  hervorgegangen  ist,  seinen  Werth  behaupten  wird.  Es 
ist  das  ganz  besondere  Verdienst  desselben,  dass  die  mancherlei  Er- 
fahrungen auf  archivaliscfaem  Gebiete,  sowohl  in  dem  Grundrlss  als 
m  der  Fa^ade,  die  wir  beizugeben  unterlassen  haben,  mit  besonderer 
Liebe  verarbeitet  worden  sind.  —  Das  Gebäude  ist  keineswegs,  wie 


I 


202  Burkliordl: 

es  Ifi.Irr  so  oft  gi->iliirhl,  auf  ila<  l)los>  Afn>sere  l)erccl)n.'t,  son.k'in 
es  eiilwickeU  sich  natiir^rfiiiass  aus  ilfuj  sachliclien  inneren  IJedürf- 
niss:  ohne  dass  das  monumentale  des  Baues  in  irgend  ein«r  Be- 
zieliung  verietzt  wird. 

Es  bedarf  wohl  kaum  der  Erwähnung,  dass  wir  für  den  massiv 
,  gewölbten  Bau  die  Wahl  eines  in  hinreichender  Entfernung  von  Ge- 
bäuden liegenden  freien  Platzes  voraussetzen.   Die  Hauptfront  des 
Gebäudes  möchten  wir  wegen  constunter  Licht«  und  Wärmeverhftlt- 
nisse  am  liebsten  nadi  Südon  gelegt  wünschen. 

Im  Aeussern  wird  sich  das  zweistocki},'e  (uhäude,  dem  bei 
grösserem  Raninhedürfniss  leicht  eine  sr  illic  he  Ausdehnung  gegeben 
oder  ein  <h'itl(  r  Stock  zup-fügt  werden  kann,  als  ein  im  Rundhogeu- 
slil  au><.'efrihrle<  {»räsoiiliii  n.  Die  Anlage  dessell)en  entspricht  dem 
eigenartigeil  W  esen  der  Anstalt  auch  im  hinein.  Denn  ein  Staats- 
archiv wird  trotz  dor  w  i  s  s  e  n  s  c  h  a  f  1 1  i  c  Ii  e  ti  Stellung,  die  es  liei 
richtiger  Behandlung  behaupten  muss,  doch  inmier  nur  von  einem 
numerisch  beschränkten  Publicum  besucht  werden  und  gerade  dieser 
Umstand  ist  bei  der  Ausarbeitung  des  Planes  von  besondeoem  Ge- 
wicht gewesen.  Demgemftss  galt  es  eine  Einriditung  anzustreben, 
welche  nach  Aussen  vollständige  Sicherheit,  im  Innern  aber  flQr  die 
Berufsthatigkeit  freie  und  leichte  Bewegung  gestattet,  um  mit  dem 
gesammten  archivalischen  Materiale  in  Verkehr  treten  zu  können. 
Grossi  -  (iewicht  ist  auf  die  möglichste  A  usnützung  des  Raumes 
gelegt,  ohne  dass  jedoch  die  mindeste  Beengung  sich  fühlbar  macht, 
welche  der  Wurde  des  Institute«  entschiedenen  Abbruch  thun  würde. 
Zum  Innern  des  fletKUides  lührt  in  der  Hegel  nur  eine  vorn  Diener 
lieaufsichtigte  Thür,  da  der  zweite  hintere  Zugang  lediglicli  auf 
Räumung  des  Archives  hei  Feuersgefahr  und  zur  Hefri«'digung  wirth- 
schafilicher  F>eilürfnisse  (Einfuhr  von  Acten,  Brennniati  i  ial  u.  s.  w.) 
berechnet  ist.  Im  Uebrigen  sichern  das  Gebäude  Rolljalousieen  von 
Innen,  da  die  theilweise  oder  bewegliche  Vergitterung  bei  Gefahren 
nicht  r&thlich  erscheint. 

Wenn  in  grössern  monumentalen  Gebäuden  mit  Nothwendigkeit 
auf  prachtvolle  Treppenhäuser  Gewicht  gelegt  wird,  so  haben  wir 
diese  kostspielige  und  raumzehrende  Einrichtung  in  den  Hintergrund 
gedrängt,  ohne  dass  der  monumentale  Hau  beeinträchtigt  wird.  Hier 
ist  darauf  Bedacht  genonnnen  worden,  dass  das  Vestibül  in  stilvoller 
Ausführung  die  Würde  des  (iehändes  im  Innern  vertritt.  Der  licht- 
volle Eingang,  der  durch  das  immerhin  sichtbare  Treppenhaus  bc- 


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Ueber  ArchiTneubau  und  -Einrichtungen. 


203 


flingt  wird,  kann  seinen  Eindruck  nicht  verfehlen,  und  nii'ht  minder 
(hlrff'-n  die  lichtvollen,  in  leichter  Verbindnnir  stehenden  ArbeitsriUnne, 
•leren  Erweiterung  leicht  niö-^dich  ist .  zur  Innern  rietViedi^iing  hei- 
lragen. Im  Uebrigen  zeigt  der  rJrunilri«:-^.  dass  allen  niöglifhen  Be- 
<lürtni~-en  eine>  grös-^ern  Al  f  liiv(^>  Hei  hnung  gelragen  i^^t ,  deren 
obere  liiiurne  in  leichte  Verbindung  durch  das  Trep}>eniiaus,  Liallerie- 
Ireppen  und  Aufzüge  nach  Iwwährter  Gonstruction  gebracht  sind. 

Hitiächtlich  der  OrSssenverh&ltnisse  der  einzehieii  Arduiräume 
bemerken  wir  nur,  dass  möglichst  grosse  Actensäle  angestrebt  worden 
sind,  weil  wir  weniger  eine  Central anstalt  von  dem  Umfange 
des  Mfinchener  allgemeinen  Reichsarchivs,  in  dem  seiner 
ganzen  Organisation  nach  eine  schärfere  locale  Theilung  der  Archi- 
valien stattfinden  musste,  im  Auge  gehabt  haben.  Auch  hat  uns 
le<liglich  die  finanzielle  Frage  bestimmt,  nicht  allein  auf  blosse  Wand- 
flächen hinzuarbeiten,  sondern  auch  den  übrigen  Raum  mit  Re- 
posituren  zu  besitzen,  weil  wir  unter  allen  Umständen  hillige 
Archivprojecte  an=:treben ,  in  denen  der  Raum  rniiglicli-t  ausgenützt 
wird,  ohne  dass  der  V'oruuif  <ler  Beengtheit  Platz  greifi  n  kann. 
Dass  ein  einziger  T  r  k  u  ii  de  n  s  aal  projectirt  ist,  wird  natürlich 
auch  nur  da  als  richtig  anzuerkennen  sein,  wo  die  Eitu-ichlung  des 
Archives  einen  solchen  gestattet.  Die  Herstellung  desselben  hängt 
natürlich  von  besonderen  Verhältnissen  des  Archives  und  von 
den  Ansichten  über  die  systematische  Zusammenordnung  der  Urkunden 
mit  den  Akten,  oder  der  rein  chronologisehen  Au&tellung  der  Original* 
Urkunden  ab,  der  man  sich  neuerdings  nicht  mit  Unrecht,  nament- 
Kdi  in  kleinem  Archiven  zugewendet  hat  —  Die  filvigen  Geschäfts- 
localitrden  ergeben  sidi  aus  dem  Grundriss,  in  dem  besonders  noch 
das  Kartenarchiv  zu  erwähnen  ist,  auf  welches  man  in  vielen  deut- 
schen Archiven  leider  gar  keine  Rücksicht  genommen  hat. 

(Janz  besonders  wird  es  aber  für  eine  glückliche  Arrhiveifu-ich- 
lung  auf  die  Aufl)ewalii'ungsart  der  Acten  uiiil  Originalurkunden 
ankouuuen,  die  wir  eingrliender  zu  Ix-liandeln  haben,  da  die  (lon- 
slruction  des  An  hivgebiiudt lediglich  von  dem  Innern  Aufbau  dieser 
Materialien  abhängig  gemaciit  ist. 

*)  l'eluT  <Iip  ncarlu  itmi.'  Ii-r  rrkiimlen  in  ilfin  Weiinari>^<!uMi  Staatsarchive 
verj{l.  den  Auf!<Htz  von  Mei;zel  in  Sylirls  Zeitschrilt.  woraus  sich  ergibt,  dass  die 
Concepte  der  Urkundenregeslen  zu  einem  systematischen  Repertorium, 
die  Reinschriften  tu  einem  chronologisehen  Veraeichnisse  verwendet  werden. 


204  Burkhardt: 

Dir  beiden  Stockwerke  tk-s  riebäudes  >uid  gleichmässi;.'  5  Molei- 
hücli.  Diese  Höhe  würde  bei  voli.-ländifrer  BcsetzuniL'  der  Räume  mit 
Archivalieii  wieder  einen  joner  !\Iis.s>tände  iierbeifüliren,  der  in  altern 
Archiveinrichlungen  fast  überall  /,u  Tage  tritt.  Die  Hobe  derllaume 
würde  den  Gebrauch  von  Leitern  und  Staffeln  bedingen,  die  un- 
bedingt gefahrbringend  und  bei  Sdte  sa  schieben  sind. 

Letzto^s  ist  möglich,  wenn  jedes  Stockwerk  durch  je  eineGal- 
lerie  der  Höhe  nach  in  zwei  gleiche  Theile  getrennt  wird,  so  dass 
der  Galleriebau  nicht  allein  an  den  Seitm  des  Gdbäudes,  sondern 
auch  zu  den  in  der  Mitte  der  Säle  stehenden  ArchiTrqwsituren  hin- 
läuft, und  zwar  so,  dass  üba  der  ersten,  dritten,  fünften  u.  s.  w. 
eine  Gallerie  mit  Doppolrepositur  sich  befindet,  welclie  ül)erall  durch 
die  Grösse  der  Rundbogenfenster  mit  dem  nöUiigen  Lichte  ver- 
sehen ist. 

Von  Austen  kann  und  darf  die  das  Slo(  kwei  k  dun  lisdnieidende 
Gallerie  nicht  siditbar  sein  und  störend  auf  die  Fac^ade  des  Ge- 
bäudes wirken,  da  diese  Construction  durch  die  richtige  Fenster- 
theOung  völlig  gedeckt  wird.  Durch  diese  Gallerien,  die  wieder  durch 
Uehie  eiserne  Treppen  verbunden  sind,  und  ebenfalls  auf  einer  Eisen- 
construction  beruhen,  die  zur  Verankerung  des  massiven  Baues  bei- 
tragen, wird  aber  die  bequeme  Handhabung  der  Arehivalien  erreicht, 
indem  diese  ohne  jedes  Requisit  aus  den  Reposituren  genommen 
und  in  dieselben  zurückversetzt  werden  können. 

Wir  kommen  hierbei  notliwendig  auf  die  mehrfach  erwogene 
Frage  zurück,  welcher  Aufbewahrungsmefhodo  wir  uns  zuwenden, 
ob  das  Liegen  oder  Stehen  des  Actennialerials  /.u  empfelilen  ist. 

Nacli  einer  langjährigen  Erfahrung  und  nach  niannigfaciien  in 
den  Weimarischen  Arciiiven  anj^estellten  Verbuchen  müssen  wir  \m 
Neubauten  unbedenklich  das  Stellen  der  Akten  empfehlen.  Ab- 
gesehen davon,  dass  in  Archiven  mehr  oder  weniger  gebundenes 
Material  vorhanden  ist,  welches  an  sich  schon  zu  dieser  Behandlung 
auffordert,  bietet  das  Stellen  der  Acten  grosse  Vortheile  für  den 
Expeditionsdienst,  s(Md  man  sich  unserer  Aufbewahrungsart  an- 
schliesst  Eine  einfoche,  aus  starkem  Papier  bestehende  Enveloppe, 
die  das  Actenmaterial  deckt,  und  die  eine  Sicherheit -Vorrichtung 
gegen  das  Zerschneiden  des  Bindfadens  hat,  ist  das  Geheinniiss, 
welches  die  leichteste  Handhabung  der  Acten  erschliesst.  In  den 


Se  ist  durchweg  von  Eisen  und  ihr  Fussboden  durchbrochen. 


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Uelier  Ari:hivneubau  und  -Einrichtuiigeii. 


205 


Weimariachei)  Archiven  gehen  wir  in  dieser  Einrichtung  noch  ein  gutes 
Stäck  weiter,  indem  wir  auf  die  ganz  allmählige  Beseitigung 
des  schädigenden  Bindfadens  hinarbeiten,  da  auf  die  EinfOhrung  von 
Mappen  ia  Buchform  (nicht  Zugmappen)  *)  hingearbeitet  wird.  Diese 
schützen  das  Actenmaierial  vor  Staub  und  jedem  verderblichen  Ein- 
fluss.  Eine  jälirlich  verhältnissmässige  kleine  Summe,  welrho  auf 
diese  Einrichlun|jr  verwendet  wird,  fribt  dem  Aoussorn  des  Archivcs 
ntfht  allein  ein  saul)eres  Aussehen,  sondern  fördert  auch  die  strengste 
Aufrei  iitliallung  der  Urdnung. 

Welcher  drr  beiden  Anfbewahrnng.-rm^Üioden  man  sich  auch 
anschliessen  wiid,  jedenfalls  wird  sich  das  Praktische  derselben  nicht 
verkennen  lassen.  Sie  erzielen  mit  Sicherheit  grosse  Raumerspamiss, 
enorme  Beweglichkeit  des  fliaterials  und  sind  die  wesentlichsten  Stütz- 
punkte fÜSr  die  gute  Gonservirung  desselben.  Vielleicht  entgegnet 
man  mir  mit  Recht,  dass  das  liegende  Material  noch  weniger  Raum 
beansprucht!  Dem  gegenfiber  möchte  ich  aber  an  die  mancherlei 
Unzuträglichkeiten  erinnern,  welche  sich  im  Gefolge  dieses  Modus 
finden.  Entweder  sind  die  Locate  überfüllt  und  dann  vmirsacht  die 
Aushebung  und  richti^re  Reponirung  der  Acten  ofl  grosse  Mühen, 
oder  die  Locafe  sind  massig  besetzt  und  dann  ist  die  Raumersparniss 
illusorisch.  Ganz  besonilers  aber  leidet  das  Actenmatorial,  wenn  die 
Heftsattel  nach  herkönunlicher  Weise  ausserhalb  des  Actes  ange- 
bracht sind,  da  sie  in  der  Regel  /nni  Hängenbleiben  beim  Heraus- 
ziehen Veranlassung  bieten  uml  das  Heft  beschädigen  *). 

Air  diese  Nachtheile  besitzt  unsere  Actenaufstellung  nicht  Sie 
gewährt  sogar  Raumerspamiss,  sobald  man  Doppel  reposituren  ein- 
richtet, in  der  die  Akten  staff  eiförmig  in  zwei  Reihen  aufgestellt 
woden  können.  Die  Gonstruction  derselben  verlangt  ebie  Fachhöhe 
von  50  Gentimeter  und  eine  Tiefe  von  90  Gentimeter.  Es  ist  selbst- 
verständlich, dass  die  A(tenpaquete  in  handlicher  Weise  forinirt 
werden  mässen  und  die  Signatur  ihres  Inhaltes,  d.  h.  die  Ai  liiv- 
zeichen  am  obern  Ende  des  Paquctes  tragen,  damit  diese  bei  der 
staffelförmipron  Aufstellung  jeder  Zeit  sichtbar  sind. 

Besondern  V^ortheil  ^rewähit  die  Bildung  der  Etiquelten  von 
verschiedener  Form.    Sie  verhindert,  dass  eine  Verstellung  von 


')  Dir  Mappen  siiul  fesle,  oWu  und  seillich  "IT. n  mil  Hfnidpru  versehen, 
•j  In  ileu  Weiiiiarischen  Archiven  wird  diese  veiallete  Heflweise  streng  ver 
nucdcn  und  der  Hefla&ttel  innerhalb  de»  Adenstfleks  u^ilvaeht. 


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20b 


Burkharill: 


Paqueten  nicht  so  leicht  stattfinden  kann,  oder  fördert  die  haldigste 
ElntdeckuQg  der  unteigelaufenen  Feliler 

Noch  ein  anderer  wesentlicher  Vortheil  gesellt  sich  dem  Bemerk- 
ten zu.  Wer  je  die  Angabe  gehabt  hat,  in  Archiven  mit  liegendem 
Material  bedeutenden  Zuwachs  von  Acten  systematisch  einzu- 
reiliou,  wird  sich  nicht  allein  der  unangenehmen  Arbeit  erinnern,  am  K  he 
die  Fortbewegung  grosser  Massen  verursacht,  sondern  oft  auch  »Kt 
grössten  Vorlcijcnhoit ,  welclio  die  rntcrl)ringung  bereileto.  Audi 
diese  l'nannehiiiliclil^eit  reducir!  >irh  Ijei  unserer  Einrichtung  auf  ein 
Minimum,  wenn  sie  nichl  iranz  iieseitigl  wird. 

Aus  |)i-acti-chea  üründen  wird  man  natuiiicli  hei  der  erslen 
Aufstelluni-'  eines  Archives  in  allen  AhllieiiunL'en  nicht  snfctrt  die 
doppelte  Besetzung  der  Reposituren  vollziehen.  Denn  dadurch  wird 
erzielt,  dass  bei  dem  Einstelloi  selbst  ehies  bedeutenden  Zuwachses, 
sich  das  Umstellen  respective  Nachrücken  eines  verhältnissmässig 
kleinen  Archirthelles  nöthig  macht.  Neben  dieser  leichten  Hand- 
habung ist  aber  auch  die  Raumerspamiss  durch  die  Gonstruction 
der  Doppeh«posituren  mit  staffelförmigcr  Aufstellung  bemerkbar. 
Denn  an  sich  würden  hei  einreihiger  Aufstellung  die  Actenfacher 
86  Gentimeter  Höhe  haben,  während  sie  jetzt  50  Gentimeter  in  An- 
spruch nehmen. 

Mithin  wurde  da-  Archiv  mit  2  Etagen  und  2  Galleiieii  und 
je  5  Actenreihen  ühereinaniler  :  4  X  5  X  36  =  720  (ientimeter 
Höhe  für  da>  Stellen  der  Acten  mit  eintaclu  r  Aulstellung  nöUiig 
haben,  während  es  für  die  slatfelförniige  nur  4  X  5  X  *>'>  r'.eiiti- 
meler  Höhe  =  1000  Gentimeter,  also  2.S0  Centimeler  mehr  bedür- 
fen, mit  der  ein  doppelt  ergiebiger  Raum  geschaffen  wird,  wran 
wir  die  Tiefe  der  Reposituren  in  Abrechnung  bringen,  zu-ischen 
denen  der  hinlfinglich  freie  Raum  von  90  Centimetem  zu  liegen 
kommt. 


Im  Weiniarischen  StaaUarchive  hai>en  wir  C  Hauptahtheiluugcn  der  Acten 
di<*  mit  A,  B,  C  D,  E  und  F,  bezeichnet  sind.  Jede  Hauptabtheitung  beginnt 

mit  1  und  lüufl  deu  Zahlen  nach  so  weil  Ober  alle  Unterabibeilun-cn  fori,  als 
•Tfonlcilicli.  Dindi  dicsi'  r{('Z»-irlinunK!i\viM>i-  der  Arlf>u  i>l  ein  lirthuni  nicht 
niü^lich.  Die  einfachen  Zeiclien  und  die  verschiedenen  Eliquetlcnfoimen  der 
Hauptabtheilungen  vereinfachen  das  Geschäft  in  jeder  Beziehung  ungemein.  Der 
lieMchränkteste  Diener  winl  nicht  im  Stande  sein,  eine  auf  längere  Zeit  unent- 
deckt  hh-iht'ndc  Verstelhinii  <lor  Acten  zn  Vfi>iliiiM<'ii.  .ledcr  Zmvach«;  entbllt 
die  Bezeichnung  milteUt  der  £x|>unenten:  z.  Ii.  10&6ä',  ln568'.  10568'. 


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Uebei-  Aroliivneubau  und  -Einrichluitgeu.  207 


Wir  fibergehen  die  practische  Einrichtung  des  Kartenarchives, 
welches  gleichzeitig  das  actliche  und  andere  Rartenmateriale  enUiSlt, 
dos  nur  in  seltenen  Fällen  der  Verwaltung  der  Staatsarchive  unter- 
slellt  ist,  um  der  wichtigen  Einrichtung  des  Uricundenarchives  uns 
zuzuwenden,  die  el)enfalls  für  diesen  Plan  (le>  Ntul)aues  bweclmol  ist. 

Unter  den  mannichfaeh  erkünstelten  Aufbewaliinnp^nietlioden 
steht  wohl  diejenige  oben  an,  woIcIk'  ;m!  Entfernung  der  Brü«  lio  in 
Urkundon  und  ihre  breite  AuflK'waluuii^'  in  Mapi^en  hinarbeitet.  Sie 
kann  un^:  aus  nianclierloi  practisi  iien  Gründen  nicht  zusa;.'en.  Das 
Nalurgeinässe  ist,  dass  wir  die  l'rkuiulcn  in  der  (leslalt  kis.sen.  wie 
sie  auf  uns  vererbt  ist.  und  mit  dieser  Gestalt  eine  naheliegende 
Aufstellungsweise  versuchen,  die  übersichtlich,  handlich  und  d^  Gon- 
senrirung  günstig  ist 

Man  wird  am  besten  thun,  einen  Umschlag  in  Brieflbnn  mit 
möglichst  gleichen  Format  aus  starkem  Papier  zu  Iwechen,  in  dem 
die  fiberwiegende  Zahl  dorUrkundai  sich  bequon  einlegen  filsst. 
In  dio^ir  Verpackung  .'■ind  bei  reichlichem  Papier  sowohl  die 
Urkunde,  als  die  Siegel  vor  schädlichen  Einflüssen  geschützt,  ^lan 
darf  auch  nicht  glauben,  das?  die  verschiedene  Grö-se  die  Einrich- 
inng  unmöglich  oder  niiiideslens  schwerfällig  macht,  denn  bei  niilie- 
rnn  Eingehen  wird  man  linden,  dass  man  höchstens  dreier  verschie- 
ilt  ner  (irössen  von  Umschlügen  bedarf,  in  die  sicli  auch  das  grösste 
Urkuridenmalerial  unterbringen  läs>t.  Auch  hier  kommt  es  natür- 
lich auf  die  Consiruclion  der  Urkundenschrünke  und  auf  die  Auf- 
stellung der  Urkunden  selbst  an,  die  in  chronokigischer  Folge  sich 
an  einander  reiben  mfissen.  Aber  practisch  ist  die  Aufbewahrungs- 
art nur  dann,  wenn  die  Aufstellung  innerhalb  der  Terschiedenen 
Urkundenformate  chronologisch  ist. 

Die  Aufstellung  und  Zusammenreihung  v^chiedener  Formate 
empfiehlt  sich  wegen  der  Rauniersjiarniss  nicht,  und  die  Anfertigung 
von  Schränken  ein  und  derselben  Gonstruction  ist  so  einfach,  dass 
Weniges  nach  beiliegender  Zeichnung  für  das  Verständniss  beizu- 
fügen  ist. 

Jeder  Urkundenschrank  i-t  80  Conlimeler  lief,  Uü  Centimeter 
hoch.  Die  Höhe  jedes  Zugkastens,  der  in  Falsen  läuft  und  des.-halb 
nie  herausfällt,  beträgt  20  Cenlimeter,  die  Breite  dessellxn  32  Cenli- 
ineter.  Für  Urkunden  des  gewöhnlichen  Formates  befinden  sich  in 
jedem  Schranke  16  ZugßLcher,  alle  andern  Urkunden,  welche  m  diese 
nicht  passen,  werden  in  chronologischer  Aufstellung  in  Schränke  mit 


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208  Burkbardt: 

4  Schubfächern  gewiesen.  Man  wird  sich  bei  Vollendung  der  Ein- 
richtung überzeugen,  dass  selir  wen^  Urkunden,  die  eine  eigene 
Aufbewahrungsart  verlangen,  sich  dieser  Aufstellung  widersetzen. 
Die  Urkunden  werden  in  Fol<jre  der  freien  Bewegung  des 

Kastens  weder  ansto^sen,  noch  durch  Schwere  auffallen.  Ueber 

jeder  Urkundonsrliicht  i>t  soviel  Raum,  dass  die  I.uft  gehörig' durcl)- 
streii  hen  kann  ' j ,  sobald  die  verschliessbai  en  Thüren  ,  die  we^'en 
ilor  Si(  lierheil  und  zur  Vi-rineidung  des  Slauix-s  an;-'i'l)raclit  sind, 
iCrritVnt  t  norden.  Bei  Fcuersgclahr  sind  die  Urkunden  Ix-'ueglichor, 
als  in  sogenannltn  tragbaren  Schränken,  da  die  Kasten  leiciit  und 
handlich  sind 

FQr  die  UebersichtHchkeit  und  das  äussere  Ansehen  der  Ein- 
richtung, auf  das  m  Arctiiven  vor  Allem  Gewicht  gelegt  werden 
sollte,  empfiehlt  sich,  dass  das  reducirte  Datum  auf  die  Umschläge* 
gedrucict  wird,  auf  denen  vielleicht  noch  ein  kurzes  Regest  ange- 
bracht werden  kann.  Eine  kleine  Handpresse,  die  in  jedem  Archive 
vorhanden  sein  sollte,  leistet  das  Möglichste,  erspart  Zeit  und  Kosten 
und  erleiclitcrt  die  geschmackvollen  Einriolifim;-'('n.  Das  reducirte 
Datum  und  das  Forniatzeiclien  1.  2.  3.  auf  den  Umschlägen  reichen 
völlig  hin,  um  mit  Sicherheit  dioselhen  auszidiebon  und  zu  reponiren, 
da  man  t'oi  Urkunden  mit  gleichem  Dalum  sich  der  Exponenten  auf 
den  Re^^t'slen  und  auf  der  EnveIoj>pe  bedient.  Man  wird  wohl  kaum 
im  Stande  sein,  unter  ö5  oder  mehr  Urkunden  mit  dem  Dattmi  1524 
10.  Mai  eine  lalsche  auszuheben,  wenn  Piegesf  und  Urkunde  tiie 
Bezeichnung  1524,  10.  Mai  "  tragen.  Ebenso  verhidt  es  sich  bei 
Undatirten,  bei  denm  dodi  wenigstens  annäherungsweise  die  Zahl 
des  Jahres  ermittelt  sein  muss. 

Auch  diese  Eüirichtung  hat  gleich  der  Aufstellung  der  Acten 
für  sich,  dass  sie  weder  subtil  ist,  noch  schwer  sich  aufirecht  «"hal- 
ten  dfirfte.  Dagegen  bestehen  ihre  Vorzflge  in  leichter  Handhabung, 
grosser  Dehnbarkelt  und  Bequemlichkeit  bei  Einschaltung  grossen 
Zuwachses,  wenn  wir  der  vni-züglichsten  Eigenschaft  nicht  gedenken 
wollen,  dass  diese  Aufbewahrung  der  bestmöglichsten  Erhaltung  der 
Urkunden  günstig  ist. 

Damit  glauben  wir  die  Uauptgrundzüge  einer  Neueinrichtung 


')  Uenhalb  «od  absichtlich  keine  Qaenehiede  in  den  Schrinlien  ange- 

braclit. 

')  In  je<len  Srhiant  jjeheu  900—1000  l'rkund«Mi  gevvüiiiiliclien  Fonnates. 


u\'jio^cü  uy  Google 


Udwr  Arehitmeubaa  und  •Einriebtiiiigen. 


209 


gegeben  zu  haben,  deren  practischer  Nutzen  sich  in  den  kleinsten 
Ausführungen  schon  bewähren  wird.  Die  Prüfung  des  Dargestelltai 
mag  diesen  vorangehen  und  die  Mittheilung  anderer  Erfahrungen 

veranlassen.  Denn  auch  in  diesem  Punkte  hoffe  ich  von  dem  gegen- 
seitigen Austausche  der  Ideen  für  die  Förderung  und  IIobunL'^  des 
deutschen  Archivwescri^  viel  da  die  prac  tische  Einrichtung  der 
Archive  ein  nicht  unwesentlicher  Factor  desselben  sein  wird. 


Ai^lraliich«  Zeituchrift.  I. 


U 


I 


VI.    Kurze  systematische  Uebei-sicht  des  Inhalts 

der  bayerischen  LaudesarcMve.  > 

I.   Kreisarchiv  Amberg. 

Neuere  Urkunden  und  Kopien  alterar,  Amtsbücher,  Akten,  Hechnangen,  PUne. 

I.    Hersogrthum  Oberpfals. 

a)  Hollei  t  ssac  hon:  Hcichssaclicii  ( 15(»()—  isofj) ;  Ui  icliskaiiunor- 
giTitlitsakteii  (152B— 1794);  Müii/.wo.sfn  (1560—1796):  fiii-st- 
Uche  Korrcsijoiuh'nzuii  (1552 — 1601);  ilivissii,'jiüirij?er  Krieg; 
Landeshuldigungeri  (1544—1780). 

b)  Grenzgebiete  und  nacbbarlicbe  Differenzen:  Bayern« 
Pfo]z-Neuburg,  Ansbach  und  Bayreuth,  Böhmen,  Bamberg, 
Eichstatt,  Domicapitel  R^gensburg  (Herrschaft  Hohenburg), 
Reichsstädte  NQmberg  und  Regensburg  (1318—1833). 

c)  Land>assen  und  Lehensachen  (1443—1831). 

d)  Verwaltung  und  Justiz:  Genenilipii  und  Verordnungen, 
ApniterorganLsalion,  Administrativ-  und  Hechlsg^enstände  aller 
Art,  Landreclil  iirul  Poli/oi,  flcwerbe-  und  Zunft\ve.«on.  Handel- 
Zoll-  KaimT.-d-  und  Fi.skal-Sachon ,  Forstsaclicii .  Bergwerke, 
Steuer-  uiul  Auf^chlagwesen.  Zcjieiileii,  Baiisaehen.  Schulden- 
wesen,  Musterungs-  und  Militäisadien  etc.  (1402 — 1852). 

c)  K  i  rchen  Wesen  :  Ueligionssacht  ii  überliaiiiif.  I !i  foi  iiialioii  und 
Konflscalion  derLandsas.sengütcr,  Kirchen-,  Pfarr-  und  Pfründe- 
sachen (1301—1825). 

f)  Aeniter  und  Städte  (mit  den  dazu  gehörigen  Orten  und 
Pfarreien):  Arnberg  (Stadt-  und  Landgericht),  Auerbach,  Bär- 
nau,  Bruck,  Cham,  Eschenbach,  Freudenberg,  Freystadt,  Qrafen- 


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Kiine  System.  Ueborsicbt  des  Inhalts  der  bayer.  LandesarebiTe.  211 


wdhr,  Haimbargt  Hartensteiii,  Helfenbeig,  Hiracbau,  Hotienfeb, 
HoOnitdii,  Murach,  Nabburif,  Naimarid,  Neuenbürg  v.  W., 

Pfaffenhofen,  Rioden,  Rölz,  Tännesberg  und  Treswitz,  Thum- 
bach, Thumdorf,  Tirschenreuth,  Vilseck,  Waldeck  und  Kemnath, 
WaUhnütK  hon,  Waldsaasen,  Weiterfeld,  Wörth,  Zeitlara  und 
Saliern  (11  IG— 1833). 
g)  Stifte,  Orden,  Klöster,  deren  Pfarreien  und  flüter: 
Arnberg  (Franziskaner,  Kapuziner,  Jesuiten,  Salesianer,  Paulaner, 
Malteser),  Ensdorf,  Gnadenberg,  Kastl,  Michelfeld,  Reiclienbach, 
Schönthal,  Seligenpforten  (nebst  Klosterarchiv  1242 — 1817;, 
Speindiart,  Waiderbach,  Waldsasaen  und  Weissenohe;  alte 
Kapelle  und  Kldster  in  Regensburg;  Deutschorden  (1249—1844). 

II.   Füratenthom  Pfala-Sulabaoh. 

a)  Allgemeines:  Hoheit  «suchen  (1135 — 1791);  Fürstensachen 
(1483—1845);  Administrativ-  und  Rerlitsfregenstände  (1409  bis 
1829);  Militär-  und  Kriegssachen  (1597—1810);  Reformation, 
Relip^ions-  und  Kirrhensachen  (1560 — 1811). 

b)  Städte  und  Aeinter:  Floss,  Parkstein,  Pieistein,  Sulzbach, 
Vohenstrauss,  Weiden  (131ü— 1853). 

HL   Ziandgrafbohafl  Lenohtenberg. 
Akten  aller  Art  (1350—1821). 

IV.  Hwrachaflen. 

a)  Herrschaft  Wolfstein,  Sulzbfirg  und  Pyrbaum  (1353—1799). 

b)  Reichsherrschaften  Lobkowitz  und  Sternstein  mit  Wald- 

thurn  (1353-1823). 

c)  Ganerbechaft  Rodenberg  (1427—1814). 

V.  Neuere  Akton 

und  Anliquar-Amtsregistraturen. 

a)  Von  Kreisstelion:  R(%'ierunjr  von  01)crpfalz  und  Regens- 
burg (Klosleraufliebungsakten  1500 — 1852);  Appellationsgcricht 
Amberg  (Gerichtsakten  1519—1860). 

b)  Von  äusseren  Aemtern:  Zehent-  Lehen-  Zins- und  Steuer- 
sacfaen,  Rechnungen,  Gfltorbeschreibungen,  Forst-  und  Bau- 
sachen, Pfarr-  und  Gemeinde-Angel^ienhdten,  vorschiedene 
Rechte  und  PriTilegien,  Verordnungen  etc.  und  zwar:  von 


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212 


Kurze  ^yäteinatische  Ueliersicht  des 


den  Rentamtern  Arnberg,  Auerbach,  Cham,  Eschenbach, 
Kastl,  Kemnath,  Neuenburg  W.,  Regensbuig,  Rtedenburg, 
Suizbach,  Walderbach,  Waldmfinchen,  Waldsassen  und  Weiden; 

den  Landgerichten  Arnberg,  Auerbach,  Eschenbach,  Nab- 
burg, Neumarkt,  Neustadt  a.  W.,  Roding  und  Waldsassen; 
den  Bezirk  sä  IM  fern  Cham,  Kemnath,  Neumarkt,  Neustadt 
a.  W. ,  Stadfainliof,  Sulzbach,  Velburg,  Vohcnstrauss  und 
WaldniüiH )i(>n ;  endlidi  dem  Stadtmagistrat  Weiden; 
(1331—1863). 


II.   Kreisarchiv  Bamberg. 

Urkunden  (mit  Kopien  und  Duplikaten  vor  dem  .l:ilir»'  1100),  Kodizes.  Amts- 
hflcher,  Akten,  Rechnungen,  Manuskripte  hiäturi:>chen  Inhalts,  Pläne. 

I.   FUrafbiafhuin  Bamberg. 

A.  Hnchstifl. 

a)  Fürstbischöfe:  Wahlen,  Hultligunpren ,  kaiserliche  Beieh« 
nungen,  Personalien,  Ableben,  Verlassenscliaftssachcn ,  Erb-, 
über-  und  Interomter,  Hofhaltung,  Korrespondenzen,  Reisen 
(1400-1800). 

b)  Ho  hei  f  S5:ae  hen  und  allgemeine  Landesangelegen- 
heitcri:  Kopial-  und  Privilegienbücher,  Urkunden  etc.  (1390  bis 
1800);  Gerichts-  und  Amtsordnungen  und  Instruktionen;  Ver- 
ordnungen und  Dekrete  aller  Art;.  Bamberger  und  Forehheimer 
lAndtage,  Landtagsabschiede;  (1491—1683);  Schuldenweseii 
(1412— 1722);  Vertrige  mit  dem  Domkapitel,  den  ElOstem 
und  der  Stadt  Bamberg  (1251-180^;  Berichte  Ober  die  Be- 
standtheile  und  denZastand  des  Fürstbisthums  (1803-1807). 

c)  R  ei c  h  s  Sachen:  Reichstagsakten,  Protokolle,  Relationen 
(1196-1802),  Reichskammergericht  (1517—1775),  kaiserliche 
Koniinij?sionssachen  (1730 — 1775). 

d)  Fränkische  Kr e i s- A  n  g elegenhei  t  en :  Krt^isaklen  (Bani- 
berger.  Ansbacher,  Hayreiilher,  Schweinfurter,  Würzburger 
1438  ff.)»  Matrikular-  und  Kreiska>se  (1006—1806),  Münzwesen 
(1441  —  1776),  Kreis-Kriegs-Kontingenl-  und  Subsidien-Akten 
(1683-1799),  Kreisabschiede  (1531—1788),  Kreis- Allianz- 
Rezesse  (1643—1748). 


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Inhalts  der  tiajreriscbeu  Laudvsardüve. 


213 


e)  Kriegs-  und  Bundessiulirn:  Scliwähisclier  liuii»!  (1489 
bis  1539),  kaiserlicher  und  Landsijeri-'or  Bund  (1535 — 1592), 
fränkische  Einigungsakten  (1554—1557),  Union  und  Liga  (160Ö 
bb  1633),  Kriegs-  und  Fdideakten  im  Allgemeinen  (1500—1599), 
Bauernkrieg  (1525 — 1537),  Gnimbachische  und  Markgraf  Albrech-, 
tische  Hftndel  (1550—1559),  Dreissigjfihriger  Krieg,  preussischer 
Einfall  (1756  ff.). 

f)  Nachbarliche  Verhältnisse  und  Differenzen  mit 
Bayern  und  Oborpfalz  (1402-1709),  Würzhurt?  (1416-1760), 
Ansbach-Bayrcuth  (1401-1803),  der  Reiclis4adl  Nürnberg 
(1449—1740),  den  sächsisclien  Häusern  (1432-1778)  und 
Reuss  (1(358—1709). 

g)  Auswärti^M'  Besitzungen:  Güter  und  Lehen  in  Kärn- 
tlun,  Sfeier,  Tyrol  und  Niederösterreich  (1  l7l>— 1Ö03),  Lehen 
in  Boppaid  a,  Rh.  und  in  Uttenhauscn  (1G38— 1798),  Lehen 
im  Markgrafenthum  Brandenburg,  Besitzungen  in  Tlifiringen. 

h)  Lehen  und  Adel:  Kammer-  Bürger-  und  Bauem-Lehen 
(1422—1803),  oherpf&lzische  Lehenbficher  (1523—1783),  ober- 
frfinkische  Lehenakten,  Konsensbücher  etc.  (17.  bis  19.  Jahrb.), 
Nürnberger  Patrimtslchen  (1413—1750),  Akten,  Urkunden 
und  Lehenl>öcher  der  fränkischoi  Adelsgeschiechter  (1400 
bis  1815). 

1)  Kirchen-  und  Schulwesen:  Weihbischöfe  (1474— 1771).  Vi- 
kariats-und  Vikariatsjjeiichfs-S  iclien  (1491  — l.SOJ).  Kuadjutorei- 
Sachen  (1  T()S-1800j,  Relornuitiunsakten  (1504  —  1734),  Pfar- 
reien und  rtniiidcn  (l.'US— 1818),  Schulen  (15:;{— 1802),  Uni- 
versität (1047—1802;,  Aufsessisches  und  Klerikal-Seniimu-  in 
Bamberg  (1566—1809),  Missions-Rechnungen  (1775  -1801). 

k)  Justizpflege:  Bamberger  Landrecht  (1769—1770),  Hals- 
gerichtsordnung  (1607  und  1580),  kaiserliches  Landgericht  (Proto- 
kolle und  Bücher  (1455—1601),  Landgerichts-Reformationen 
(1503—1707),  Bücher,  Ordnungen,  Protokolle,  Akten  etc.  des 
Saal-  oder  Hofgorlrhts  (1484— 170J),  des  Landgerichts  (1557 
bis  1695),  des  Hofraths-  und  der  Regierung  (1G75-1802), 
des  Obei-schullheiss-  oder  VMzedom- Amtes  (1533—1 790),  Fraisch- 
und  Zentbücher  (1565-  1Ü09),  iMaletizsachen  (1598—1774), 
westfälische  Gerichte  (1445  — 150ü). 

1)  Verwaltung:  Akten,  Ordnungen,  Protokolle  etc.  der  Statt- 
hallerei  (1698—1802),  des  Kanzleramts  (1702—1767),  der 


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214 


Kune  systematische  Uebeniebl  des 


Ober-Einnahme-  oder  obersten  Finanzstelle  (1691 — 1799),  der 
Hofkamnier  (1038—1802),  des  Oberbergwerks-Kollegs  (1796 
bis  1802),  Bestallungs-  Besoldungs-  und  rilichtbürher  (1500 
bis  1786),  Beamten,  Dienstkautionen  (1777—1819),  Kanuner- 
meister-,  Umgelds-  und  andere  Rechnungen  aller  Art  (von 
1414  an),  Giltbücher,  Urbarien,  flegister  (von  1500  an),  Steuer^ 
Sachen,  Eatasterbeschreibungen,  Zehnten  (1500—1796),  Forst- 
Jagd-  und  Bergwerksachen  (1353—1806),  Handel  und  Gewerbe, 
Zunftwesen  (1434—1799),  Flosa-  Mflhien-  und  Watterbaii- 
sachen  (1448—1799):  Armen-  und  Krankenhäuser,  Stiftungen 
aller  Art  (1321—1802),  Amts-  Güter-  und  Grenzbeschreibungen 
(von  1500  an),  Ortssachcn  (1115-1800). 
m)  Städte:  Bamberg  (Rath  und  Stadtgericht,  Privilegien,  Im- 
munitrden,  DifTcrcnzon  mit  den  Bischöfen,  Spitülor.  son^^tigc 
Stiftungen,  T^nhTrichts-  und  Wolilthätigkcits-Anstalten,  Juden, 
Weinberge,  (iärlnerei  (1  ir)4— 1835);  Forchheim  (Rath,  Spi- 
tal, SlitUmgen,  Feslungsbau,  (1321—1742);  Höchstadt  Spi- 
tal (1511-1684);  Kronach  Bergbau  (1794  fl"). 

B.  DomkapiteL 

a)  Allgemeines:  Au&chwGr-  Agnaten-  und  Wappenbflcher 
(1385-1795),  Statuten  (14.— 18.  Jahrb.),  Kaiendarien  und 
Aniüversarien  (13.-17.  Jahrb.),  Lehensachen,  Probstei-  und 
andere  Domämter  (1194—1780),  Kopialböcher  (14.— 18.  Jahrb.). 

b)  Justiz  und  Verwaltung:  Dekanats-  und  Konsistorial- 
Gericht  (Hexen-  und  Schatzgräber- Akten),  Syndikats-Protokolle 
(1747—1775),  Blutbann  in  Staffelstein  (1411—1737),  Fürther 
Lehenbücherund  Gerichtsprotokolle  (1483  — 1767),  Akten,  Proto- 
kolle, Rezesse,  Hechnungen  des  Kapitels  und  der  einzelnen 
Domämter  (1500-1804). 

c)  Domkirche:  Pfarrei,  Benefizien  und  Vikarien,  Dom-  und 
Chorbruderschaa,  Ritter-  und  Stulilbrüder  (1296—1780). 

G.  Stifte  und  Klöster. 

Urkundea  von  1097—1800,  Privilegien-  iind  Kopialbflcher,  Kalendarim,  Ndro- 
logien,  Statuten.  RcgelbOcher,  Gerirhls-  01)Ici-  Z'm<-  und  LehenbOcher  TOm  19. 
bis  18.  JatirlnuKlert,  RecJmungen  und  Akten  von  1500  an. 

a)  Im  Hochstift  Bamberg:  Stifle  St.  Stephan,  St.  Jakob  und 
'  SU  Gangolph  in  Bambeig;  St.  Martin  in  Forchheim;  Klöster: 


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Inhalts  d«r  bayerischen  Landesarehhre. 


215 


Mirhel?borg  (Pfortengeriehl),  St.  Theodor  und  St.  Gertrud  in 
Bamberg,  Banz,  Ebrach  (sog.  Konservatorien),  Langheim,  Neun- 
kirchen am  Brand,  Schlüsselau  und  Weissenohe;  Jesuiten  in 
Bamberg;  Betteliclöstor  in  Bamberg.  Forchheim,  Freienfels:,  Gü.ss- 
\voin?toin,  Höchsladl,  Klosberg,  Kronach,  Maria-Weiher,  Pom- 
mers feklun,  St.  Theres,  V'ilseck;  Karthause  Ilmbach, 
bj  In  der  Oberpfalz:  Kastl,  MiclicHV'ld.  Spoinshart.  Wald.-asson. 

c)  In  Nürnberg:  Sl.  Ac^'idien,  St.  Veit,  St,  Salvator,  .'^t.  Katha- 
rina, St.  Klara,  Dominikaner,  Franziskaner,  Karthause  Maria- 
zeD. 

d)  In  Bayern  und  Schwaben:  Aldersbach,  Aqiach,  Kaisers- 
beini,  Niedenüteich,  Prieffing. 

e)  In  Kärnthen:  Arooldstein,  Griefentha],  ^itäl  am  Piro. 

f)  In  Rheinland:  Gengenbadi,  Schfitftem,  Stein, 
(f)  In  Sachsen:  Salfeld,  Sonnenfeld,  Vessera. 

IL   Fürstenthümer  Anabooh  und  Bayreuth. 

(PJassenbo^er  Arehir). 

A.  Beide  Fflrstenthümer. 

a)  Generelles:  Kaiserlidio  Privilegien  (1267—1718),  sog.  Ge- 
meinbücher (1409— 1662),  sog.  kaiserliche  Bücher  (1431— 1492), 
brandenburgische  Kollektaneen-Sammlungen  von  Verschiedenen, 
Staats-  Lehen-  Kirchensaefaen,  privatrechtlichen,  aber  auch 
politischen  und  geschichtlichen  Inhalts  (1366  ff.). 

b)  Markgrafen:  Brandenbuiger  Haus-  und  Familiensachen, 
Heirathen,  Hofhaltung,  Finanzsachen,  Schulden,  Verlaasenschaf- 
ten,  Vormundschaften  fldOT— 1791);  Landestheilungen,  Sukzes- 
sions-,  Haus-  und  geheime  Verträge  (1404—1770).  branden- 
burgtsche  und  preussische  Sukzessionsakten  (1603—1751),  Erb- 
einigiingen  (1860- 178."^);  fürstliche  KorresfXjndenzon.  z.  B.  der 
Markgrafen  Albrecht  Achilles,  Sigmund,  Albrecht  Alcibiades  etc. 
(1468  ff.);  Landeshuldigimg  (1522—1542). 

c )  Reichs-  und  K  r  e  i  s -  A  n  g  c  1  e  g  o  ii  h  e  i  t  e  n  :  Roichsbeleh- 
nungon  (1347—1717),  kaiserliche  Koinniissionssachen  (1465  bis 
1771),  Judensteuer  (1412—1464),  Reichstagsakten  (von  1414 
an),  Regensburger  Relatifmen  (1786—1789),  Ansbacher  Agen- 
tie- und  Eondtialakten  (1726-1790),  firinkische  Ereisakten 
(Ansbacher  Serie  von  1438  an),  Ansbachische  Kreisgesandt- 


216 


Kurze  syvteinaUwbe  Uebenicht  des 


scliaasakteii  (1710-1732),  Kurlürstcncinigungon  (13  t9  bis 
1471),  Hhcinzoll  (1361-1141).  Wur/burg-  r  Guld.  nzoll  (1422 
inilj,  Kayreulhor  MüiizMkteii  (von  14ll5  an),  ^Sul)«idien- 
V.  ili;if.'<'  (1756  tr.),  Ansbach-Bayreuthcr  Quurliurfreiheit  (1702 
bis  IT!*;");. 

d)  Kriegs-  und  ßundessachen:  Fehde-  Kriegs-  und  Bundes- 
Akten  im  Alig«  iiieinen(1412— 1790)«  Kriegszüge  der  Markgrafen 
gegen  Bayern,  Landshut,  Burgund,  die  Niederlande  etc.  (1460fr.)i 
Bauernkrieg  (J 514— 1529),  schmalkaldischer,  dOjähriger,  7jäh- 
riger  Krieg,  kurlmyerische  Kriegsunruhen  (1702—1704),  schwä- 
bis(  lier  Bund  (1492—1538),  Städteunionsakten  und  Abschiede 
(14,31-i621j. 

e)  Auswärtige  Bezieh  untren:  Brandenburger  Verträge  mit 
vcrschiedent'n  RciclisstäiKk'n  und  aus  wärt  i^'en  Sta;if<'n,  mit  dem 
Deutsi:h-  und  Johannitoi -Orden,  mit  Klosfor  Langlicini,  Adt- 
ligon  otc.  (1335—1792).  Brandenbuip  i  DilYt  renzen  mit  Bani- 
bcrg  (1375— 17!»4).  Bölimen  (1412  —  1403),  Bayern  und  I^falz 
(Herzog  Otlon-Bueh,  buyeii>che  Bücher,  1336—17^5),  Sachsen 
(1470-14U9),  Köln  und  Lüttich  (1418—1488),  Eger  (1412 
bis  1580),  Wiener  Agentenberichte  (1703—1790),  Berliner 
Gesandtschaftssachen  (1701—1713). 

f)  Brandenburger  Besitzungen:  Kaiserliches  Landgericht 
des  Burggrafenthums  Nürnberg  (1466—1721),  Bayreuther  Pas- 
sivkhen  (1390  -1466),  Besitzungen  in  Oesterreich,  Ungarn  und 
Böhmen  (1207  -17.S0),  in  Schlesien  (1531).  am  Rhein  bezw. 
im  Elsass  (13<il -1473).  Pommernsche  Lehen  (1447—1660), 
Jüliihisclie  Sukzes>ionsakten  (16 10-- 1743). 

g)  Lolien  uinl  K  i  1 1  e  r  >  c  ha  f  I  :  Bayioulher  adeliche  Lehen, 
Hitlerlehenliücherele.  (1400— ISOO).  Adol-^-csrhleehter  (1450  IT.). 
Brandenburgfer  Nürnbeiger-Lohen.  Sj)anurk"s(  he  Lelien  (133<» 
bis  1785),  Lt  henhül'akten  und  Lehengeiichtsbücher  (1466  bis 
1566),  Brandenburger  Ritterschaft,  Rillergüter  etc.  (1515  ff.), 
lefaenherrliche  Konsensbriefe  (1523—1538),  Bürger-  und  Bauem- 
lehen  (1400—1602). 

h)  Archiv:  Registratur,  Protokolle,  Repertorien  des Plassenburger 
Archivs  (1471-1800). 


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Inhalts  der  faayerisclwn  Laodesarcbire. 


217 


B.  Fflrslenlhum  Bayreuth  insbesondere. 

a)  Lanilesvcrw.iltung:  Laiidlajrs- und  Lands(  haftsakten,  Ab- 
schiedo,  Protokolle  (1515— 1T»4),  Ansbacher  Landta^'saklen 
(von  1524—1582),  Geheime-Raths-ProtokolA'  (166I-1T03), 
Akten,  Bücher,  Protokolle  des  kaiserlichen  LandgerichU,  dann 
Brandenburg.  Hoi^richts  and  Regierung  (von  1466  an),  West- 
Oliscfaes  Gericht  (1455—1499),  Hof-  und  Landgerichts-Eonek- 
taneen,  Stadt-  und  Landbucher  der  Aemter,  Saal-  und  Urbare 
bücber  (1441  IT.),  Bestallungs-  und  Besoldungsbucher  (1536  bis 
1580),  Brandenburger  und  Ansbadier  Veroi>dnurigen  (1470  bis 
1791),  Urfehden  (1404-1577),  LandcsscliukUn  (1522—1756), 
Verwaltung.«-  Justiz-  und  Finanzakten  alk'r  Art,  Bergwerke- 
Jagd-  Forst-  und  Weidesachen  etc.  (1347 — 17U9),  Recb- 
nuntzen  etc.  (1741— 1830j. 

b)  Aernfer  und  Städte:  Bayreuth  (Sladt-  und  Privilegicn- 
bucli  14G4  fT.  Residenzbau.  Reiterka.serne  etc.),  Baiersdorf, 
Erlangen  (Scliloss-  und  Theater-Inventar  1719  etc.),  Hof 
(Juden  1373—1582,  Belagerung  1574),  Kulmbach  (Plassen- 
burger  Bauakt  1459  -1723,  Schlossordnung  1545  etc.),  Münch- 
berg,  Neustadt,  Sdb,  Wunsiedel;  Vogtei  Seybelsdorf  (Akten 
und  Protokolle  1696—1745),  Aeniter^  und  Grenzbeschreibungen 
(1646-1774),  Orts-Urkunden  (1294-1802). 

c)  Kirchen wesen,  Schul- Unterrichts-  und  Wohlfhätig- 
ke itsanstalten:  Bayrculher  Pfarreien  und  Pfründen,  Be- 
schreibungen, Lehen,  Urbar-  und  Zin^^büiher.  \'isilafionen,  Stif- 
tungen (140T— 1775),  Priesterjuranientenbuch  (1545— 15TU), 
Zehntsachen  (1530-1700).  Reforniationsakten  (1503-1770), 
französische  Refonuirtc  in  Erlangen  (1681  —  1719).  Erlanger 
Universitätsakten  (1742—1746),  Gymnasiuni  Bayreuth  (1703), 
Stipendien  (1G20— 1790),  Adeliche  Fräuleinstifte  (1740—1790;, 
lateinische  und  deutsche  Schulen  (1548  tf.),  Waisenhäuser  und 
Sjntfiler  (1264-1761). 

d)  Klöster:  Birkenfekl,  Ghristgarten,  Frauenaurach,  Frauenthal, 
Hellsbronn,  Hunmelkron,  Hof  (Franziskaner  und  Klarissinen), 
St.  Jobst  bei  Bayreuth,  Kulmbacfa,  Langenzenn,  Münchaurach, 
Mflnchsteinach,  Neustadt  am  Kuhn,  Pielenhofen,  Riedfeld,  Wilz- 
burg  (1349  ff.). 


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218  Kurse  systematische  Uebersicht  de« 

III.    Fränkische  Roichsritterschaft. 

a)  Allgemeines:  Akten  der  sochs  Ritterkantone  in  Franken 
(von  l')\H\  an),  Rittertage  (1490—1555),  Sociisortstage  und 
Kantonsre/,(>??o  (1421  — 1(587),  Rilter>cliaftliclio  Korrospnndenz- 
Hf/.e-^se  und  Konfcicn/.akta  (ir)(;()— 1 18U),  Bainijer^Msclie,  Würz- 
burgische, Nürnbergischo.  Hayerische  und  Brandenburgische 
Differenzen  mit  der  Reichsrillerschaft  (1550  fr.)i  Ritterschafl- 
liche  und  Reichsstädtiache  Bündnisse  gegen  die  Reichsföratioi 
(1453— 1471)t  Besitznahme  der  Rittencbaflsgüter  durch  Preossen 
(1792  ff.)  und  Bayern  (1802  fll) 

b)  Einzelne  Kantone:  Direktoriabachen  vom  Ritterschaftsort 
Gebfirg,  kaiserliche  Konuniasionsakten  in  Sachen  dieses  Ortes 
(1725)»  Akten  der  Kantone  (Sebörg,  Steigerwald  und  Baunach 
(1422—1804),  Voigtländiscfae  Ritterschaftsbucher  und  Akten 
(1515—17:^8),  Konfpionzaklon  mit  dem  Kanton  Altmühl(171 6 
bis  1729),  Ortsgebürgisdios  Damenstift  (1812—1813),  Rech- 
nungen der  Hitterorts  Gobürg-  und  Steigerwald-Kasse  (1027 
bi^^  1709),  Direkloriai-Rechnungen  des  Kantons  Steigerwald 
(1081—1691). 

c)  F^inzelno  Geschlechter  und  (hiter:  Personalien,  Lehen- 
saciien  und  Akten  des  fränkischen  Adels  und  der  Reichsrilter- 
scliall  (1400  1S05),  Ganerbschaft  Rottenberg  (Bücher,  Akten, 
Urkunden,  Rechnungen  etc.  1360—1091),  Marschall  von  Ost- 
heim'sches  Amt  Trabelsdorf  (Klagsprotokolle  von  1774—1805). 

XV.   VeneM  Akten 

und  Antiquar-Amtsregistrataren. 

a)  Akten  und  Rechnungen  der  Regierung  von  Ober- 
franken: General-  und  Spezialakten  (tber  die  Aufhebung  der 
KlBster  und  Stifte  fai  Oberfranken  (1803—1824),  Kasten-  und 
Rentamtsrechnungen  (1682—1830),  Bamberger  Assekuranz* 
Rechnungen  (1777—1811),  Oberfrtnkische  Kreislrrenanstalt 
(1866). 

b)  Akten  des  k.  Appellationsgerichts  Ton  Oberfranken: 
Bayreuther  Ifinisterial-Kabinetsakten  des  kaiserlichen  Land- 
gerichts Burggrafenthums  Nürnberg  (1720—1791),  desgleichen 
äber  Reichskammer-Gerichtsprozesse  (167S— 1681),  desgleicben 


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Inhalts  der  twTwiMlien  Landesarehhre. 


219 


kai^rrÜche  Kommissions-,  Prox.(>=s-  und  Exckution>ak{on  (1642 
bis  1783),  desgleichen  über  Zivilrecht-Prozesse  (1518—1766). 

c)  Akten  sonstiger  Kreisstellen  etc.:  Akten,  Rechnungen, 
Journale,  Protokolle  dos  Staatsschuldentilgun^'S-Kommissariats 
und  der  Spocialkassa  Baml)erg  (1807—1864),  oberfränkisrhe  k. 
I^henakten  (1804—1826),  Sliflische  Lehen  und  Kammcrlohen- 
Akton  etc.  (1790—1820),  Xeckarsuiint  i-  und  Philippsburger 
Konnnissariatsie<hnungen  (1698 — 1753). 

d)  Registraturen  der  äusseren  Aemter:  Kriminal-  und 
Zivilaktcii,  Zmtakten  imd  Protokolle,  Amtsprotokolle  und  Parti- 
kularien ,  Kanuiier-Aiiitsakti  ii ,  Kassenamts-  und  Voglei-Rech- 
nungen  und  Protokolle,  neuere  Akten,  Revisionsprotokolle  etc. 
der  verschiedenen  oberfiränkischen  Bezirks-  Stadt-  und  Land- 
gerichte, Bezirks-  Rent-  und  Forstamter  u.  s.  w. 

HL  KreisarcliiT  Landshut 

(Akten,  AmtabOeher,  Rcchnungeo,  vereinielt«  ürkonden.) 

1.  Bayern. 
A.  Akten. 

a)  Landschaft:  Akten ,  Verhandlungen ,  Rechnungen  (1429 
bis  1805),  Schuldenwesen  (1620—1790). 

b)  Ministerial-Akten:  Hofrath  Zivilstreitakten»  ProtokoUe, 
Journale  (15r)0— 1803). 

Hof  kämm  er  Gesfliäflsbücher  (IGIG— 1808). 

G  en  er  a  II  a  n  d  e  s  d  i  r  e  k  l  i  o  n :  Militär-  und  Zivilakten  (1803 
bis  1816),  Geschüllsbücher  und  Protokolle  (1T73— 1807). 

Staatsministerium  des  Innern:  Stiflungs-  und  Kom- 
munalsachen,  Anlehen,  Sehulbücherverlage  etc.  (1707—1819). 

Kriegsmtnisterium:  Kriegsakten  und  Rechnungen 
(1696-1816). 

Geistlicher  Rath:  Akten  Ober  Stift,  Probetei  und  Kapelle 
Ältötting,  der  Regierungen  und  Landeskommissariate  Arnberg, 
Ansbach,  Burghausen,  Eichstätt,  Manchen,  Neubuig,  Straubing, 
und  ühn  (1617--180r> 

c)  Zentral-Landes-Stellen:  Oberster  Lehenhof:  Akten, 
Rechnungen,  Protokolle  (1400-1826). 


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220 


Kurse  systenuttUvbe  Uebersicht  des 


Slaa  t  s  -^cli  u  I  (k'  II  -  '1"  i  1^'  1111  ^'s  -  A  nslal  l :  allj^eineiiie  und 
besomii'ii'  Aiileluii,  Akten,  liiTlmungon  (1775 — 1813).' 

G  e  n  e  r  a  I  -  Z o  II  -  A  (i  111  i  n  i  s l  r  a  l  i  o  n :  Maut- ,  Kouiinerzial- 
unil  IVrsoiuilakti  ii  (1327— lö-iti). 

Geueral-Lolto-Adtninistration:  Lottoaufliebung 
(1858-60). 

General-Forst-Administration:  Betriebs-  und  Per- 
sc*nalakten  (1617—1817). 

General-Bergwerks-  und  Salinen-Administration: 
Berg-  und  Salzamtsakten  und  Rechnungen  (1520-1825). 
d)  Kreis-Stellen:  Alte  Regierungen  (Rentämter):  Burg- 
hausen: Zivilstreitakleti,  nedinnnfrcn  verscliiecicner  Art  (1400 
bis  1809).  Landsliiil:  Zivil-troitakttn  niederbayrischer  Plleg- 
pr»Ticliti>  (1500  -179.)),  Straubing:  Zivilstreit-  und  Lehen- 
akttii,  Reciitinn^^cii  \\\n-\-  Kultus,  PerliUcherei,  Bergwesen, 
Baulrn  etc.  (14U0— 1Ö03,). 

K  re  i  s  regier  u  n  gen :  Ilausruck-Viortel:  Akten  und 
Reelmungen  (1809  — llj,  Lsarkrei-s ,  bezw.  Oberbayern: 
Akten  und  Rechnungen  aller  Art  (1596-1839),  GeschftlU- 
protokoDe  (1808—17),  Regenkreis:  Akten  verschiedener  Art 
(1800—31);  Salzachkreis:  Akten  und  Rechnungen  aller 
Zweige  (1803—1817);  Unter-Donaukreis,  liezw.  Nieder- 
bayern: Akten  aller  Art  (1313—1860),  Geschäftspiotokolle 
(1808—37),  Akten  betr.  Aufsicht  auf  den  Pfarrfonds,  Stiftungs- 
wesen der  Landgerichte  Landshut  und  Vilsbiburg  und  der  Stadt 
Landshut. 

A  ppell  a  t  Ion  sgorich  f  e:  OiH  rbaycrn:  Kriminal-,  Zivil- 
streit- und  Fiskalat-s-Aklcn  (1500—1848);  JNiederbayern: 
Kriminal-  und  Zivilstrcitakten  (1341 — 1849). 
e)  Aenitcr  und  Hi-iiörden: 

1;  Oberbayern:  Akten  der  Landgerichte  Altütting  (1400 
bis  1835),  Berchtesgaden  (1796  -1813),  Dorfen  (1830— 47); 
Akten  und  Rechnungen  des  Hofkasten-  und  Rentamts 
München  (1591—1819);  Rechnungen,  Protokolle,  SaalbQcheretc. 
des  Rentamts  Erding  (1579—1849). 

2)  Niederbayern:  Akten  der  ehemaligen  und  gegenwärtigen 
Gerichts-  und  Verwaltungsbehörden  Niederbayems,  Insbesondere 
des  Hofkassenanits  Landshut,  der  verschiedenen  Land- und  Pfleg- 
gericlite,  der  Renl-  Bezirks-  und  Forstämter  etc.  (1400-rl848). 


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Inhalts  der  hayeriBchen  Landesarchiv«. 


221 


3)  Oberpfalz:  Akten  des  Landgerichts  Auerbach  (1786 

bis  1831). 

f)  Orden  und  Klöster:  Akten  der  Deut >(liorilens- Kom- 
mende St.  Gilgen  (1006 — 1752);  Akten  und  lleclinungcn  der 
Johanniter>Kommende  (1572 — 1816);  Akten  der  Klöster: 
AUersbach,  Ettal,  St  Nicola,  SebäfRlam  tmd  Tegernsee  (1498 
bis  1803). 

B.  Reehnongswesen. 

a)  Hofämter  und  Zentralstellen: 

1)  Rechnungswesen  Oberhaupt:  AeUere  Hofämter 

(1503—1811),  Ilofstäbe  und  Intendanzen  (1709—1825); 
Generaldireklion  der  Verkebrsanstalten :  Eisenl>ahnbau (1840 
bis  1857),  PostadministratifMi  (1808—18):  General-Zoll- 
administration: Mautrechnungen  (1351 — 1747):  St  aal  s- 
^'ülerad Ulinistrat  Ion  (1811 — 30);  Schul-  und  Studie n- 
direktion:  Schullbnds  ('1500—180!)),  Seuiitiare,  Stutlien- 
anstalten ,  Universitäten  etc.  (1680—1831);  Haupt-  oder 
Zentral-Staatskassa  (1763—1822);  Generallottoadmi- 
nistration (1804—60);  Staatsschuldentilgungs-An- 
stalten.(1808— 46). 

2)  Regierechnungen:  der  Hofkammer  (1700—1800); 
der  Staatsministerien  des  Aeussem,  der  Justiz,  des  hmem 
(IStl— 18)  und  der  Finanzen  (1804  -  26);  der  Akademie  der 
Wissenschaften  (1802—25).  und  jener  der  Künste  (1808—26), 
der  Schul-  und  Studiemlii  «  ktion  (1804^17). 

b)  Kreise:  Kreiskassa- 1\ im  hnungen  des  Altniühl- (1808 — 16), 
Eisack-  (1808—11),  Etscli-  (1809-11),  Hier-  (1808—16), 
Inn-  (1809 — 14l,  Isar-,  bc/w.  Oberbayern  nebst  Rentamts- 
rechnungen (1804 — 31),  Oberdonau-,  bezw.  Sc  hwaben  (1808  bis 
1825),  Obermain-  (1811-22),  Pegnitz-  (1808—10),  Regen- 
(1808—31),  Rezat-  (1811-23),  Rhein-  (1816—31),  Salzadi- 
(1809—16),  Unlerdonau-,  bezw.  Niederbayern  (1809-  31),  und 
Untermainkreises  (1811-22). 

ProTlnzial-Hauptkassa-Reehnungen  des  Hier-  und 
des  Innkreises  (1805—14),  des  InnTiertels  (180&— 12),  des 
Oberdonaukreises  (1803— «),  der  Oberpihlz  (1794—1810),  von 
Bambeig  Und  Wfinburg  (1803—6). 

Aufschlags-Rechnungen  des  Iiier-,  Inn-,  Oberdonau-, 
l'^itz-,  Rezat-,  und  Salzachkieises  (1811). 


%22 


Kurze  äysleiiiatiM-lie  U«bersicht  de^ 


Land-Bau-Rechnungen  des  Iiier-,  Inn-,  Lech-,  Nah-, 
Oberdonau-,  Regen-,  und  Salzacfakreises  (1803—10)  und  von 
Niederbayern  (1824-37). 

Kriegskosten-Rechnung  des  Unterdonaukreises  (1809 
bis  1816). 

c)  Aeussere  Aemter: 

1)  Oberbayern:  Rt'chnungen  aller  Art  der  Pfleggerichte 
und  Aemter  (1440—1807).  Steuer-  und  Kirchenrechnungen  von 
Aihling  (1449  -l.sO;S),  Stiftunfrsrechnun^cn  von  Altölling  ( löUS 
bi-s  1801),  CJeriehts-  und  Amtsrechnuiigen  von  Dafliau  (150.3 
bis  1803),  Gericlitsndinungen  von  Benediktheiireii  (1704  bi;^ 
1803),  Amtsivi  himni:eii  ülier  Berchtesgaden'sche  Enklaven  im 
Rentamt  Erdinp  (ItiSO -1802). 

2)  Niederbayern :  Rechnungen  der  Renl-,  Forst-,  Kasten- 
etc.  Aemter  (1448—1860);  Kultus-  und  Stiftungsrech- 
nungen der  Pfle^  und  Landgerichte  Abbach,  Abensberg,  Egg- 
mühl, Kelheim,  Kirchberg,  Kötzting  und  Neustadt  a.  D.  (1790 
bis  1818);  Amts-  und  Umgetd-Rechnungen  von  Deggendorf 
(1497  bis  1803). 

3)  Oberpfalz:  Rentzahlamtsrechnungen  von  Amberg (1763 
bis  1792). 

4)  Schwaben:  Schlossverwaltmv^'  Augsburjz  (1S17— 30), 
Stadt kammer-Anlags-Rechnungen  von  Donauwörtii  (1613  bis 
1777). 

d)  Stifte  und  Klöster:  Kollegialstitte  Landshul,  München  und 
Straubing  (1418-1803);  Stift  Allültin^' ( 1 598- 1801):  Jesuiten 
in  Augsburg  (1773—87);  Klöster  Au,  Bernrietl,  Reuerbei-g, 
Dietramszdl,  Ettal,  Fürstenzell,  Gnadenberg,  Geisenfeld,  Inders- 
dorf,  Augustiner  und  Theatiner  in  München,  Niederschönfeld, 
Paring,  Polling,  Raitenhaslach,  Schamhaupten,  Seligenthal, 
Scheuem,  SchäflUam,  Tegernsee,  Thierhaupten,  St  Veit,  Wmd- 
beig  (1493-1803). 

II.    Säkularisirte  Fürstbisthümor. 

1)  Hochstift  Freisin-:  llofkammerakten  (1367-1802):  Hof- 
raths-Protokolle  (1510—1802):  Hofrunter-,  Domkapitel-,  Ge- 
richts- und  Amt.srechnun;/en  (1440  —  1803). 

2)  Hochstift  Passau:  Horkanimer-  und  Hofrath>akten  (lf)(X) 
bis  1804;,  Akten  und  Rechnungen  der  passaui^clicn  Herr- 


Üiyitizcü  by  GoOglc 


Inhalts  der  bayerischen  Landeearchive. 


223 


scharten  und  Aemter  (14y7— i803j,  Akten  des  Domkapitels 
(1533-1803). 

3)  Erzstift  Salzburg:  Verträge  mit  Bayern  (1442—1527), 
Gericfatsakten  (1368—1807);  Gerichts-,  Kireben-  ete.  Rech^ 
Hungen  (1600-1811). 

4)  Probstei  Berchtesgaden:  Salzbtirg'ache  Gerichtsakten 
(1491-1813). 

ni.  KurptUi. 

Aemter-Recbnungen  (1588 — 1649;. 

JV.  mederlande. 

Hofaints-  und  Kriegszahlamts-Rechnungen  (1701—1715). 

IT.  KreisarehlY  Mttnchen. 

Akten,  Amtabficher,  Rechnungen,  wenige  ftitere  Urkunden. 

A.  Aellere  Bestftide. 

I.   Bayern:  Herzogthum,  KurfUrstenthum,  Königreich, 
a.  Akten  das  Gesammt-Landesgebiel  betreffend. 

1)  Generalregistratur,  d.  i.  General-,  Spezial-  und  Personal- 
akten de?  geheimen  Raths,  des  geistlichen  Rath  .  <h-v  Kirchen- 
administrntion ,  der  liofkammer,  der  obcroii  Landesiogieruiig. 
der  rioiirralianilo.sdirektion  etc.  in  dem  W'ii-kun^'skrois  dieser 
Dikitsterien ,  und  (jci-^fiiständo  der  Latidschan  ,  des  Adels  und 
Leliemvesens ,  der  Anitsorgaiiisalioti  und  Verwaltung.  Justiz 
und  Polizei,  fiskalische  Sachen  alltr  Art,  bayerlÄciies  und  tVei- 
singisches  Münzwfsen,  Steuer-  und  Rechnungssachen,  Landes- 
und Kultusbausachen,  Reichs-  und  bayerisches  Postwesen,  Gegen- 
stände des  Unterrichts  und  der  Bildung,  geistliche,  Kirchen- 
und  Pfarrsachen,  Stiflungs-,  Kloster^  und  Ordenswesen  etc.  etc. 
umÜBssend  (von  ca.  1550—1814  mit  einigen  neuem  Zugängen). 

2)  Hofamtsregistratur,  d.  i.  Aicten  der  obersten  Landes- 
steUen,  über  Organisations-,  innere  und  Personalsachen  sämmt- 
licher  HoCstabe,  IIoHimter.  K'  ibinetsgüter  und  Schlossverwal- 
tungen, dann  aller  ZenlrallandesstcUen  für  Verwaltung,  Finanzen, 
Justiz,  Wissenschaft  und  Kunst  (vom  16.  Jahrh.  bis  ca.  lÖOÖ). 


224 


Kurie  «ystematiaehe  Uebersicht  d«s 


3)  Akten  nmi  Bücher  oinzolncr  Zontralstellon:  Sessions- 
Prnlokollc  (U-r  HofkarDmer  (1550—1779),  der  Obern  Landes- 
ifgierung  (1779  —  90)  uml  der  Ceneiallandesdirektion  (1800  bis 
1804),  Ilofzahlamtsrec  hnun^ren  (1511—1 803),  Akten  der  General- 
forstadministration  über  Jagdsachen,  Jagd-  und  Forstpolizei 
(1537-1818);  Akten  des  geheimen  Raths  über  Forst-  und 
JagdsBchen  von  Altbayem  und  Pfalz-Neuburg  und  Sulzbach 
(1712—89);  Akten  der  Strassen-  Brucken-  und  Wasserbau- 
direktion (17.  und  18.  Jahrb.). 

I).  Aklen  einzelne  <i  c  h  i  »•  t  <l  h  p  i  I  e  betreffend. 

1)  All«;  der  G encralrogisl ra t u r :  Akten  der  Generalforsl- 
adniitiistralion  über  die  Forstin-^pektionsbozirke  Deggendorf, 
Fric  dheig,  München  und  Neustadt  a.  D.,  sowie  der  Trift-  und 
Ilolzgärlen:  Akten  der  Forstinspektionen  Münclien,  Garmisch 
und  Salzburg,  Akten  des  gein^tliehen  Raths  und  der  Kirchen- 

■  administration  und  der  Stift ungsadministralionen  über  Fach- 
gegenstSnde  der  alten  Regierungsbezirke  (Rentämter)  Mflnehen, 
Landsbut,  Burghausen,  Straubing,  Amberg,  Sulzbacfa  und  Neu- 
burg, später  des  Oberdonau-  Regen-  und  Rezatkreises  (1550 
bis  1807);  Akten  fiber  Strassen-  Bracken-  und  Wasserbauten 
in  Oberbayero  (1599—1818). 

2)  Altbayerische  Gerichtsreglstralur,  d.  i.  Akten  der  ver- 
schiedenen obersten  Landesstellen  in  Hegiminal-,  Finanz-, 
Kommunal-,  Stiftungs-  etc.  Sachen  über  die  Rentämter  (Re- 
gierungshezirke)  .Münclien.  Land^hut,  Straubing  und  Burghausen 

•  und  samiiitliche  darin  g<'l<'gcne  Hofkastenäniter ,  Land-  und 

Pfleggerichte,  Herrschatleti  tind  Städte  (mit  Stiften  und  Klöstern), 
dann  über  di6  schwähischL'n  Herrsduiften  Mindelheim,  Wer- 
tingen, Wiesensteig,  Illerlissen,  Illereichen  und  Schwabeck,  die 
Herrschaft  Dumau  und  Gameltshausen,  die  Grarschaft  und  das 
kaiserliche  Landgericht  Hirschberg,  die  Grafechaft  Ortenburg, 
die  Stadt  Regensburg  und  die  Herrschaft  Donaustauf,  die 
Graf  Seinsheimischen  Besitzungen  etc.  (ca.  1550  bis  ca.  1808). 
8)  Inn  viertel:  Akten  derselben  Landesstellen  Ob»  die  Gerichte 
Braunau,  Friedburg,  Matiigkofen,  Mauerkirchen,  Ried,  Schäi^ 
dhlg,  ültendorf  und  Wildshut  (bis  1779  reichend). 

4)  Judizialakten:  Aklen  des  kurfürstlichen  Hofrathn,  Hofge- 
richts und  Hofoberrichteramts  (spätem  Stadtgericlits)  Münclien 


Üiyitizcü  by  GoOglc 


I 


Inhalts  der  baymsclien  Landesarchive.  225 

in  Prozess-  und  VerlasseDSchaflssachen  (vom  17.  Jalirh.  bis 
ca.  1810). 

11.  Stitte  und  KiUster. 

Akten  sSmintlicher  altbayerlscher  Klöster  und  EoUegiat- 
stifte  über  Gründung,  Verwaltung,  die  dazu  gdiOrigeii  Pfoneieii, 
dann  deren  Aufhebung,  Konventualen  und  Güterwesen  (von  alteren 
Zeiten  bis  ca.  1820). 

III.  HoMHIe. 

1.  FürstbiBthnm  Treising. 

a)  Akten  der  verschiedenen  hoch-  und  domstiftischen  Be- 
hörden und  Aemter  bi?  zur  Säkularisation  (1803). 

b)  Akten  des  Generalkommissarials  Freising  über  das  Hoch- 
und  DomsUft  nach  der  Säkularisation,  und  zwar: 

a)  Verwaltungsakten  aller  Art,  Reichatagsveihandlmigen, 
Ldienwesen,  geistliche,  Kultus-  und  Stiftungssaehen ,  Stifte 
und  KUtoter  etc. 

ß)  Besitzungen  in  Bayern:  Stadt  und  Geridit  Freising,. 
die  Herrschaften  Burgrain  mit  Isen,  Ismaning,  Kopfsburg,  die 
Gra£schaft  Werdenfiels,  die  Hofmarken  Eisenhofen,  Massen- 
hausen, Ottenburg  und  Zeilhofen. 

y)  Besitzungen  in  Oesterreich:  der  freisingische  Hof, 
die  Grundbuchsverwaltung  und  die  Hofkellerei  in  Wien,  die 
Herrschaft  hiching  in  Tyrol  und  die  Weinvcrwaltung  im  Elsch- 
land;  die  Herrschaften  Lack  und  Ilothenfels,  dann  Enzersdorf, 
Hollenburg,  ülmenfelden  und  Waidliofen,  Lehen  in  Oesterreich, 
Steiemuurk  und  &am. 

S.  FCLrsfblstiram  Panao. 

a)  Hocbstlftische  Akten. 

a)  Bischöfe:  Wahlen,  Ableben,  Personalien,  und  Korre- 
spondenzen der  Fürstbischöfe,  Koadjutorie-  und  Interregnal- 
sachen,  Huldigungen  (1538— 1797),  Akten  und  Korrespondenzen 
des  Fürstbischofs  und  Kardinals  Grafen  von  Lamberg  (1693 
bis  1754). 

ß)  Verwaltung:    Verordnungen,   Erwerbun^ren   und  Be- 
sitzungen (1662—1768),  Besitzungen  in  Ober-  und  Niederöster- 
reich (1526—1770),  Aktiv-  und  Passivlelien,  Verträge  mit 
AnUvaliadM  UlMhiifti  L  15 


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226 


Kurae  systemalis^clic  L'ehei'äicht  deä 


Bayern  und  Kloster  Niedemburg  (1549 — 1792);  das  Innbruck- 
amt  und  dessen  Stiftungen  (1489—1790). 

Y)  Kirchen wesen:  Geistliche  Sachen  Oberhaupt  (1613  bis 
1785),  insbesondere  Pfarrsachen  (1663—1764). 

d)  Aemter  und  Städte:  Ffirsteneck,  Griesliach,  Hutten, 
Jandelsbrunn,  Uz,  Leoprecliting,  Obemzell,  Passau,  Tbümau, 
Waldkirchon,  Wi'fr.-^cheicl,  Wolf^toin. 

b)  Domkapitolakten:  Statuten,  Aufschwörnnfi^en,  geistliche  und 
\vtltli(he  Angci^nheiten,  Protokolle,  Rechnungen  etc.  etc. 
(1570-1797). 

c)  Bayi  i>pli<'  Akten:  Akten  untl  Protokolle  der  Säkularisations- 
konnnis.sion,  provisori-clirn  Lan(le>re};ierung,  und  des  «jeistlichen 
Administrationsiallis  in  Passan  üht'r  alle  Zweige  der  Verwal- 
tung (180.)  — ISOti),  pa^sauisclie  Kaincralraths-l'rolokolle  (1603). 

d)  Salzburgische  Akten:  Passauische  Akten  des  Medizinalraths, 
des  Kriegsraths,  und  der  obersten  Justizslelle  in  Salzburg  (1803 
bis  1806). 

3.  Erzstift  Salzburg  und  Probstei  Berchtesgaden. 

a)  Sliltische  Akten:  lürstlich  Salzburgistlio  und  Berchles- 
gadt-n'sclie  Areliivalakten:  Stil'l  BerelitesgadenVelie  Grenz-,  Salz-, 
iManl-,  Sfifliings-,  Klosteramls-  etc.,  dann  Walduklen;  Berchtes- 
gaden sehe  Herrschaft  Wascrntegernbach. 

b)  Akten  der  Gerichtsregistratur:  die  salzburgischen  Gerichte 
Laufen,  Mühldorf,  Teisendorf  und  Tittmoning. 

c)  Bayerische  Akten:  Akten  der  Generallandesadminlstration 
Ton  Salzburg  und  Berchtesgaden  über  Beamte,  Polizei,  Wald, 
Alpen  und  Weiden  etc.  etc.,  Akten  der  Landes*  und  der  Hof- 
kommission von  Ried  und  Salzburg;  Salzachkreis;  Akten  der 
Regierang  m  Salzburg. 

B.   Neaere  Akten 
und  AnliquaroAmtsregislraturen. 

I.  Dn  fame  Kbnigreich  beirttfond. 

1.  Akten  der  Staatsministerien, 
a.  Staatsministerium  des  Innern  hoiii-r  Abiheilungen. 
Einlaufe-  und  Expoditionsprotokolle  (1808—46),  Sitzungs- 
protokolle des  Ministeriums,  dann  der  Kirchen-  und  Studiensektion 


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Inlttlt«  der  bayeriocheu  Laiidesarcbive. 


227 


(1804—23);  Regie- und  Personalakten;  Etatswesen  der  innem 
Verwaltung  des  Kfoigrachs  (1817^31);  Verwaltung^pegen- 
stände  aller  Art  über  Industrie,  Kultur,  Gewerbe;  Landraths- 
und Landlagsvorhandlungen:  Dienstordnunfr  und  Gericht^lizd, 
Mi'dizinalgegenslände;  Militärsachen ,  und  Forderungen  gegen 
Frankreich;  ferner  Polizei,  und  öffonlliclie  Sicherheit,  Statistik; 
Merkaiililwcsen ,  Landwirlhschatt ,  SchifTfahrl  und  Mainzölle; 
Gemeindeangelcgenheiten ;  Personalien:  gut.sherrliche  Grerichts- 
barkeit,  Auswanderuntri-n,  Indiireiial;  Orden  etc.  etc. 

Akten  und  Hechimn^ri  ii  über  das  Bauwesen  und  dessen 
Organisation  (1786—1039),  Strassen-  undLandbaugegcnstände, 
Koitus-  und  Scholhausbauten,  Personaliai  d^  Hof  bauintendanz 
(1804—35). 

Ak\ea  der  Ministwialstiftungssektion :  Organisation,  Perso- 
nalien, Geschftflsgang,  geistliche,  Stiftungs-,  Studien-  und  Kom- 
munalsachen, Stiftungsanlehen,  Forderungen  an  Oesterretcb, 

Zenlralstiftungskasse. 

Verhältnisse  der  Bisthümer  und  Ordinariate,  Geistlichkeit, 
Konsistorialsachen,  Piarreien,  Benefizien,  niedere  Kirchen- 
diensto. 

Universitäten  (auch  Altdorf  und  Innsbruck),  Klerikal-  und 
Lehrerseminare,  deutsches  und  laleinisclies  Schulwesen,  Spezial- 
leliranstalten,  Stipendien,  Institute  für  Kunst  und  Wissenschaft. 

b.  Staftisminlsierium  der  Finanien. 

Administrationsgegenstände ,  Etatswesen  der  gesammten 
Staatsverwaltung,  Lehen-,  Staats-  und  Kriegsschulden,  Zwei- 
brficker  und  Rappoltsweiler  Schulden,  Kultusbauten,  Zollsachen. 

Akten  der  Steuer-  und  Dom&nensektion  (1808->18)«  sowie 

des  Generalfiskalats. 

Kameralgegenstände,  namentlich  Getreide wesen,  Grundober- 
eigentluims-Ablösunf.'cn,  Dominikairenten,  Frolmden  und  Schar- 
werk,  Staatsrealiläten  und  Staatsgüter. 

e.  Staatsministerinm  des  Handel«. 

Akten  über  Landwirllisciiaft,  Handel  und  Verkehr,  Statistik, 
tedmische  Lehranstalten. 


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228 


Kurze  systematiscbe  Uebersicht  des 


9.  Zentralstellftn. 

a)  Akten,  Bücher  und  Rechnungen  der  Provinzial- und  Haupt- 
kasse, sowie  der  Zentralstaatskasse  (1804—40). 

b)  Akten  und  Rechnungen  der  Reebnungskammer  {Iber  das 
k.  Haus,  die  Ifinisterien,  obersten  Stellen  etc.  (1811—42). 

c)  Rechnungen  der  Staatsschuldentilgungs-Haupt-  und 
Nebenkassen  (1846—66). 

d)  Geschäflsprotokolle  der  GcncralltaiKÜroktion  (1806 — 16); 
Akten  der  obersten  Baubehörde  über  Organisation,  Perso- 
nalien, Strassen-,  Land-  und  Knltusbauten  (181)4—43). 

e)  Akten  des  ObermedizinalkoHegiums  (1817—25)* 

II.  Akten  Uber  einzelne,  insbesondera  jetzt  ttsterrelchische 

fitbieittheife. 

1)  Minislerialaktcn  über  geistliche,  Stiflungs-,  Kommunal-  etc. 
Sachen  des  Fürstcnthunis  Salzburg,  der  Provinz  Tyrol  und  Vor- 
arlberg; des  Salzach-,  Inn-,  Etsch-,  Eisack-  und  lUerkreises, 
der  Provinzen  Franken  und  Schwaben. 

2)  Akten  über  die  Insurrektion  in  Tyrol  (1809). 

3)  Akten  fiber  Veräusserung  von  Stifts-  und  Klostergätern  in 
Tyrol  (1808-17). 

4)  Akten  der  Hofkommission  von  Tyrol  und  Vorarlberg. 

5)  Akten  der  Hofkommission  zur  Österreichisch-bayerischen 
Grenzregulirung,  mit  Länderaustausch,  dann  gegenseitigen 
Forderungen  in  Folge  dieses  Austausches  bezüglich  des  Stif- 
tungs-  und  Kommunalwesens,  der  Kriegskosten  etc.  etc.  im 
Inn-  und  Hausruckviertel,  im  Salzburger  Gebiet,  in  Tyrol  und 
Vorarlbo«  (1816  £f.). 

III.  Regierungskreis  Oberbayern. 

1)  Akten  der  Genoralkommissariate  des  Isar-,  Salzach-  und 
Unt^onaukr^pes  in  Kommunalp  und  Sliflungssachen  der  im 
Jahre  1838  ZU  Oberbayem  gekommenen  Gebietsttieile  (1808 

bis  1818). 

2)  Akten  der  Regierung  von  Oberbayern  (Isarkreis): 

a)  der  Kammer  des  Innern  über  alle  Zweige  der  Ver- 
waltung. 


Inhalts  der  bayerischen  LandeswehiTe. 


229 


b)  der  Kammer  der  Finanzen,  sowie  des  Fiskalats: 
Generalia ;  Fitianzgcgcnstände  der  sämmtlichon  Rcntaiiitshezirke; 
Akten  Ulm-  allodifizirte  Ritterlelu'n:  Malzaufschlag,  Kerlinungs- 
wesen,  Zwangsarbeit shaus  in  Wasserburg,  Kloster  Höglwörth, 
Ausgleichsverliandlungen. 

3)  Kegierungsakten  beider  Kammern  über  die  im  Jahre 
1838  an  Oberbayem  gekommenen  Gebietstheile  und  zwar: 

a)  des  Oberdonaukrelses,  Ober  die  Gerichte  Aichach, 
Friedberg,  Rain  und  Schrobenhausen. 

b)  des  Unterdonaukreises  insbesondere  über  die  Gerichte 
in  Neuötting  und  Buighausen,  sowie  die  Patrimonialgerichts- 
bezirke  im  eliemaligen  Salzachkreise. 

r)  iIsRegenkreises  insbesond^  über  das  Gericht  Ingolstadt. 

4)  Judizialakten: 

a)  Akten  (Iis  Appellationsgerichts  von  Überbayern. 

b)  Akten  des  Appellationsgcrichts  von  Sr Invaben 
und  Neu  bürg  aii>  den  Landgerichten  Aichach,  Friedberg, 
Rain  und  Schrobenhausen. 

o)  Akten  des  Stadt-  und  Bezirksgerichts  München, 
dann  des  Öladtgericiits  München  über  Hochverratlisprozesse 
(1833  flf.). 

5)  Akten  der  äussern  Aemter: 

a)  die  Antiquarregistraluren  fsst  sftmmtlicher  Landgerichte, 
Bezirks-  und  Rentämter  (bis  zur  neuesten  Zeit  reichend). 

b)  Akten  der  Forstämter  Ingolstadt  und  Schongan. 

c)  Akten  der  Stiftungsadministrationen  Freistng,  Neumarkt, 
Tölz,  Wasserburg,  München  (1808— 18) :  der  Sliflungsstationen 
Aibling,  Aichach,  Burghausen;  der  FlofkuUus-  und  der  Untere 
richts-Sliftungsadministration  München. 

d)  Akten  der  Polizeidirektion  München. 

IV.  Regierungskreis  Nlederbayem. 

a)  Akt eu  der  R  e g  i  e  r  u  n  g  v  o  n  N  i  o d  e  r  b  a  y  e  r  n  (dos  ünterdonau- 
kreises),  Kammer  der  Finanzen:  Rentamt  Landsliut;  die  allo- 
diflzirten  Beutellehen  in  den  Rentämtern  Landshut  und  Vils- 
biburg. 

b)  Judiziahkten  des  Appellationsgerichts  von  Nieder- 
bayern. • 

(Fortsetnmg  folgt) 


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YII.    Aus  städtischen  Archiven  Altbayerns. 


Von 

Dr.  H  o  i  fr  0 1 , 

Heielisirfl)iv*.krt'tär  in  Mriiirlifii. 

Ein  Aul'lrutr  clor  lii-^torischfii  ( Kommission  führte  mich  in  den 
zwei  letzten  Jalirrn  in  nicliitie  ätiulfi^rho  Arciiive  Allhayerns  und 
der  Oljt'rpl'alz.  Diiich  il<  ii  allzu  früh  dein  Dienst  der  Wissensehafl 
entrissenen  Professor  Kern  waren  für  (he  Sammlung  mitlelalterHcher 
Städiechroniken  die  bayrischen  Archive  vorerst  Dur  flüchtig  durch- 
forscht worden,  so  dass  die  Annahme  nicht  angeschlossen  war,  es 
möchte  sich  noch  irgradwo  geeignetes  Hatarial  entdecken  lassen. 
Professor  Hegel  beauftragte  mich  daher,  Nachlese  zu  halten. 

Diese  archivalische  Forschungsreise  war  nach  mehr  als  einer 
Richtung  lehrreich,  die  Lehre  selbst  allerdings  in  vielen  F&Uen  nicht 
gar  tröstlich.  Man  stössl  nur  zu  häufi^^  iuif  Anschauungen,  wie  sie 
auf  Schloss  Bielstein  über  des  seligen  Frater  Tobias  Bachhuber  ver- 
grabenen Nachlass  herrschen,  —  daraus  erklaren  sidi  die  seltsamen 
Massnahmen  oder  vielmehr  Nichtmassnahmen ,  die  von  den  Vätern 
mancher  Stadt  für  Aufbewahrung  und  Sicherung  der  schriftlichen 
Denkmale  der  Vergangenheit  getroffen  werden.  Sogar  geschichtlich 
bedeutsame  OrtschaRen  haben  häufig  von  ihren  Freiheitsbriefen, 
Rechtsbüchem,  Handwerksordnungen  etc.  wenig  oder  nichts  mehr 
anzuweisen.  Nicht  bloss,  dass  man  bei  Staats-  und  Geroeinde- 
beamten  selten  dem  historischen  Sinn  begegnet,  der  über  den  An- 
Ibrderungen  und  Leistungen  der  Gegenwart  nicht  vergisst,  auch 
Ursprung  und  EntwicUung  des  Bestehenden  zu  erfbrachen,  —  selbst 
sogenanntd  Geschichtsfreunde,  die  Ober  jeden  Meilenstein  einer 
an  ihrem  Wohnort  voröberziehenden  Römerstrasse  unterrichtet  sein 


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Aus  flUdtischen  ArebiTen  Allbayenu. 


231 


wollen  und  darüber  die  eingehendsten  Unlersuchunfren  verüirent liehen, 
lassen  ohne  Skrupel  j?eschclien,  dass  ganze  Archive  an  Goldschläger 
mler  Buchbinder  verkault  werden  oder  in  den  Stani|)f  einer  Papier- 
mühle wandern.  Man  wird  dabei  unwillkürlich  an  eine  Aeusserung 
GoeUie*8  erinnert,  der  alle  »unnfitz  schwatzenden  Schrillsteiler«  lieber 
geniHhi^  sfthe,  »Urkunden  zu  schaben,  tironische  Noten  zu  sortiren, 
Register  zuzuschneiden  und  andere  dergleichen  nfltzliche  Handarbeiten 
mehr  zu  thun.«  Unwissenheit  und  Gleichgiltigkeit  der  Besitzer  sind 
weit  geffihrlichere  Feinde  archivalischer  Schätze  als  Moder  und 
Feuer. 

We  oft  waren  alle  taktischen  Massregeln  und  eifrigsten  Be- 
mühungen vergeblich !  Namentlich  eine  komische  Episode  wird  mir 
in  Erinnerung  bleiben.  Es  war  mir  versichert  worden,  dass  im 
Halhhau^  zu  Hals,  das  dicht  an  die  in  Trümmern  liegende  Stamm- 
burg des  berühmten  Gratengeschlechts  aiigeliaut  ist,  noch  »alte 
Schriften«  in  Menge  verwahrt  seien.  Natürlich  iKeiite  ich  mich,  den 
Markt  zu  besuchen.  Der  Bürgermeister  gab  freundlichst  die  Erlaub- 
niss,  überall  nachzuspüren.  Vom  Polizeidiener  ijegleitet  durchsuchte 
ich  nun  das  ganze  Haus,  Registraturgewölbe,  Sitzungssaal,  Schul- 
zinuner  und  Gef&ngnisszellen,  ohne  etwas  Anderes  ausfindig  zu 
machen,  als  ein  paar  Kirchenrechnungen  und  Kastenamtsprot(A;one. 
Die  Spende  ehies  Trinkgelds  entlockte  meinem  Begleiter  die  Aeusse- 
rung, er  könne  sich  wohl  erinnern,  dass  der  ventorbene  Markt- 
schreiber oft  in  einem  »sehr  alten  Rechtsbucht  gelesen  habe.  Neue 
Durchsuchung  aller  Nischen  und  Truhen,  bis  sich  endlidi  dieses 
>sehr  alte  Hecbtsbuch«  fand,  es  war  —  ein  »Intelligenzblatt  vom 
Jahr  1810«!  — 

Doch  sollen  hier  nicht  die  Aventiiuen  der  aicliivalischen  Reise 
geschildert  werden,  sondern  nachstellende  Mittheilungen  verfolgen 
nur  einen  bestimmten  praktischen  Zweck.  Da  nritnlich  mehrere 
städtische  Archive  ausser  den  Beständen  von  rein  lokaler  Bedeutung 
auch  viele  Urkunden  und  Ck)dices  verwahren,  die  für  allgemeinere 
politische,  Rechts-,  Kirchen-  und  Culturgeschichte  dankenswerthe  Bei- 
tröge  bieten,  so  wird  es  för  manchen  Forscher  von  Interesse  sein, 
ein  wenn  auch  nur  in  fluchtigen  Umrissen  gezeichnetes  Bild  ihres 
hihalts  zu  erhalten.  Für  den  Lokalforscher,  der  jederzeit  Gelegenheit 
bat,  sich  mit  den  Beständen  inniger  vertraut  zu  machen,  sind  selbat- 
verstfindlich  meine  Aufzeichnungen  nicht  bestimmt,  und  ich  kann 
auch,  wie  es  in  der  Natur  der  Sache  liegt,  da  zur  Einsichtnahme 


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232 


Heigel: 


der  Archive  nur  wenige  Tage  zu  Gebole  standen,  für  einzelne  Un- 
genauigkeiten  und  Lücken  meiner  Angaben  keine  Verantwortlichkeit 
fliberacilmsn. 

I.  Passau. 

Es  berflhrte  wohlthurad,  in  der  alten  Bischofetadt,  der  schönsten 
unter  unsem  Donaustädten,  ein  im  Allgemeinen  wohlgeordnetes 

städtisches  Archiv  und  hoi  den  Gemeindebeamten  rege  Theilnahme 
für  die  geschichtlichen  Denkmale  ihrer  Stadl  zu  finden.  Das  Archiv 
verdankt  dem  vor  Kurzem  gestorbenen  Dr.  Ertiard,  dorn  verdienst- 
vollen Verfasser  einer  Geschiclile  der  Stadt  Passau,  seine  Aufstellung 
uml  VL-rzciciinung;  die  Bestände  werden  jedoch,  worauf  ich  unten 
zurückkomme,  durch  eine  .sori^'fältijjere  LTntersuc  Imng  der  Rathhaus- 
räuuie  noch  erheblicli  bereichert  werden  können.  Das  1869  voll- 
endete Rcpertorium  urafasst  1413  Numcm  ans  den  Jahren  1299 
bis  1695,  ein  von  Magistralsrath  Pleitner  angelegtes  Nachtragsver* 
zelchniss  160  Nummern  aus  den  Jahren  1385—1805.  Die  Archi- 
valien sind  in  praktisch  eingerichteten  Gartons  vorwahrt,  die«  über- 
sichtlich aufgestellt,  einen  grossen  Kasten  füllen. 

Die  älteste  und  werth  vollste  Urkunde  ist  der  von  Bischof  Wem- 
hart  1299  ausgestellte  Stadtrechfsbrief  (Original  mit  anhangend«! 
Siegeln  des  Bischofs  und  des  Domkapitels).  Aus  dem  14.  Jahrhun- 
dert sind  schon  überaus  zahlreiche  kaiserliche,  königliche  und  her/of:- 
lich(>  Originalurkuiulen  vorhanden,  ein  Beweis,  welch  hohe  Bedeutung 
damals  schon  dieser  Handelsplatz  am  Zusammenfluss  von  Inn  und 
Donau  und  an  der  Grenze  zwischen  Bayern,  Böhmen  und  Oester- 
reich halte.    Unter  andern  seien  hier  genannt: 

Herzog  Friedrich  von  Oestenreidi  gewährt  den  Bflrgem  von  P. 
(iOr  die  ihm  geleisteten  Dienste  Steuerf^eit  fOr  ihre  Weinberge  in 
Oesterreich,  1314  (Or.  m.  anh.  Reitersiegd); 

E5nlg  Friedrich  stiftet  Frieden  iw&MÄen  den  Chorherm  und 
den  Borgern  von  P.  einer^  und  Egilolf  von  ScheDenberg  andrerseits, 
1316  (Or.  m.  anh.  Königssiegel); 

Herzog  Leopold  von  Oesterreich  stimmt  diesem  Vergleich  bei, 
1316  (Or.  mit  anh.  Beitersio-rl) ;  • 

König  Friedricli  beurkundet,  dass  er  der  Stadt  P.  noch  die 
Hälfte  eines  geliehenen  Kapitals  schulde,  1321  (Or.  m.  anh.  S.); 

Heinrich,  Ott  und  Ileinricli,  Herzoge  in  Bayern,  nehmen  Passau 
in  ihren  Schulz,  1330  (Or.  m.  2  anh.  S.); 


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Aaa  städtiaeben  Aichiven  iJtbayerns. 


233 


Dieselben  befehlen  ihren.  Vitztumon ,  die  Bürger  von  P.  überall 
zu  schirmen  und  7,u  fordern,  1330  (Or.  ni.  1  anli.  S  ); 

Ludovicus  iniperalor  civil)us  Niireinljer^ansihus  oiiinia  jura  s|)e- 
cialiter  in  theloneis  etc.  civitaluni  Verona  etc.  usque  ad  Pataviam  etc. 
confirmat,  1332  (Vidimus  v.  J.  1458); 

Kaiser  Ludwig  bestätigt  alle  von  frühem  Kaisern  der  Stadt  P. 
ferliehenen  Privilegien,  1336  (Or.  m.  anh.  S.); 

Derselbe  befreit  die  Bürger  von  F.  von  den  Zöllen  auf  allen 
Wassern,  wo  sie  Handelscbaft  tmben,  1343  (Or.  m.  anh.  S.); 

Derselbe  bestätigt  den  Bürgern  von  F.  ihre  Rechte  etc.,  1345 
(Unächte  Urkunde  mit  Fortrit  Kaiser  Ludwigs  und  einer  ftchten 
Qoldbulle); 

Markgraf  Ludwig  von  Brandenbui^  bestätigt  die  Gnadenbriefe 
seines  Vaters,  1349  (Or.  ni.  anh.  S.); 

Kaiser  Karl  IV.  widornift  krafl  kaipcrlither  Machtbefugniss  alle 
Ladung  und  Klage,  die  llenii.inii  Woyt  von  Repensburg  bei  dem 
kaiserl.  Hofgericht  gegen  die  Stadt  V.  anhangig  machte,  1376  (Or. 
ID.  anh.  S.); 

Herzog  Ileinricli  von  Schlesien,  des  rümischen  Kaisers  Karl  IV. 
Hofrichter,  thut  kund,  dass  der  Kaiser  die  Stadt  P.  aus  der  Reichs- 
acht gelöst  habe,  1378  (Or.  m.  anh.  S.). 

Fapst  Urban  VI.  ermahnt  die  Bürger  ?on  F.,  Rupert  Ton  Berg 
als  Bischof  anzuerkennen,  1388  (Or.  m.  B.)  u.  s.  f. 

Kfinig  Wenzel  ist  mit  19  Originalurkunden  vertreten,  eine 
grosse  Anzahl  UrkundNi  bodehl  sich  auf  die  Fehden  zwischen  den 
Herzogen  von  Baymi  und  Oesterreich  im  14.  und  15.  Jahrhundert, 
auf  Judenverfolgungen,  bischnfliche  Doppelwablen,  die  Hussitenkriege 
(Papst  Martin  V.  crmahnt  die  Bürger  von  F.,  g^n  die  böhmischen 
Ketzer  zu  Felde  zu  ziehen,  1423  (Or.  m.  B.)  etc.). 

Ferner  bieten  sich  Einladungen  zu  Fürslcntagen ,  Vorladungen 
vor  das  Hofgericht,  auch  vor  das  wcsl laiische  Freigericht,  Üarlehens- 
bescheiiii^^nng'en  bayeri.scher  Herzoge,  Fehde-  und  Urfehdohriefe  etc. 
von  Ritlern  aus  der  Umgebung  Passau's,  der  Auer  von  Prcmberch, 
Puchperger  von  Wildenslain,  Grafen  von  Schaumberg,  Wazman- 
storfer,  Grafen  von  Hals,  Haderer,  Drachsatz  von  Httllenstain  etc. 

als  200  Urkunden  beziehen  sich  auf  die  in  Folge  der  Doppel- 
wahl des  Kardinals  Hasler  und  des  Dr.  Friedrich  Maurkvcher  zum 
Bischof  von  F.  zwischen  Bayern,  Oesterreich  und  Böhmen  entstan- 
denen Differenzen  1480  etc. 


1 


234  Heigel: 

Ausser  der  oben  erwähnlen  falsclioii  Urkunde  Kaiser  Luthvips 
ist  auch  ein  Gnadenbrief  Kaiser  Sigmunds  für  P.  (1434)  mit  goldener 
Bulle  versehen. 

Von  höchstem  Interesse  sind  viele  Urkunden  für  die  Geschichte 
des  deutschen  Handels,  des  V^ehrs  mit  Venedig,  Ungarn  etc. 

Auch  von  den  Codices  sind  viele  von  geschichtlichem  Interesse, 
z.  B.  für  die  Geschichte  der  Hussitenkriege  (Kriegsregister  der  zum 

böhmischen  Feldzug  zu  stellenden  M;inn>(  liafl,  Arnintnr,  Munition  elc, 
c.  1493;  Rathschlag,  in  welcher  Wei-c  der  Anschlag  wegen  des 
Zuges  nach  Bölunen  vollbracht  werden  soll ;  Vorschriften,  wie  man 
sich  bei  dem  deulschen  Ihvre  auf  dem  Zufrc  nach  nölnnon  verhallen 
soll  etc.),  der  TOrkenkriege  (Ver/eiclini>:5  der  Gesehütz  nnd  Munition, 
die  von  deutschen  Fürsten  und  Städten  dem  Kaiser  zum  Zu^^  u'*  iren 
die  Türken  geliehen  wurden  und  gegenwärtig  auf  der  Dnnun  liei  ab- 
geführt  werden,  1534  etc.).  Von  den  (lopialbüchern,  die  eine  gro>se 
Anzahl  kaiserlicher  und  herzoglicher  Urkunden  vom  13.  Jahrhundert 
an  enthalteR,  sind  die  bonerkenswerthesten  die  Vertrags-  und  PH* 
vilegienbQcher  (16.  Jahrhundert),  Gememer  Stadt  P.  Recht  und 
Freiheiten  1208^1539,  Zusanunenstellung  der  zwischen  Bischof  und 
Burgerschaft  streitigen  Recht,  c.  1399,  Urkunden  und  Gorrespon- 
denzen  bezüglich  der  Doppelwahl  1480  ete.  Andere  sind  für  die 
Geschichte  städtischer  Culturentwicklung  Iiedeutsam,  z.  B.  Wasser- 
mautordnung vom  Jahr  1309,  Schiflferordnung  c.  1420,  Zeugregister 
1488,  Besclireibung  dei  Ceremonien  bei  Huldigung  der  Bürger  im 
bischöflichen  F'alasl  1541  ,  Reschreibung  der  bei  dem  grossen  Frei- 
schiessen in  P.  1555  stat tji^ehabten  F'cstlichkeiti  n  (Ceieiml),  Einnahm- 
und Ausgabbüchel  1598  etc.  Eine  »Frlentternng  dess  Statlbuchs 
zu  P.  1539«  enthält  auch  eine  Clirnnik  ilrs  Oisthunis  und  der  Stadt 
1*.  ans  dem  16.  Jahrhundert  (»Um  welche  Zeil  Passau  ihren  Anfang 
genommen  hatc  etc.),  doch  besitzt  die  Münchner  Hof-  und  Staats- 
bibliothek eine  filtere  Handschrift  (Cod.  bav.  1732).  Von  der  Pas- 
sauischen Reimchronik  aus  dem  17.  Jahrhundert  sind  drd  Handschriften 
(mit  Fortsetzungen)  vorhanden,  femer  eine  »Abhandlung  von  denen 
Stätten  Lorch  und  Passau,  dann  denen  Erz-  und  Bischöfen  dieser 
beeden  Orthen«,  von  G.  Bruschius,  ein  »Chronicon  deren  Erz-  und 
Bischöfen  zu  Lorcli  und  Passau«,  von  Geheimrath  v.  Hornick  1693 
verfasst,  eine  »Beschreibung  der  uralten  hochfürstlichen  Residenzstatt 
Passau«,  1G99  vonllomick  verfasst  (mit  Nachrichten  über  die  Passauer 
Archive,  u.  A.  dass  der  beste  Theil  des  fürstbiscböUichea  Archivs 


L.idui^cü  uy  Google 


AuB  Btädtischen  Archiven  Altbayerm. 


235 


im  Sfhloss  fJr.  ifTr'nstoin  in  Niederö>( erreich  verwahrU  1529  aber  von 
den  Türkiii  fnrlgo.'^clilL'iiiif  wunle  etc.). 

Anrli  ein»'  werllivoUf  Inciinaliol  jsl  vorhanden:  Ajiiiollaf ion  des 
Domkapitel  zu  PA.>>au  an  l'apsl  Sixtus  IV.  '^c^en  die  Walil  des 
Kardinals  1  lasier  zum  Bischof  von  Passau  14f>0. 

Ein  vortreffliches  Repertorium  ist  der  1540  angelegte  »(Jchaini- 
sager«,  woraus  erhdlt,  dass  schon  in  jener  Zeit  ältere  Urkunden 
als  der  oben  erwähnte  Stadtrechtsbrief  nicht  mehr  vorhanden  warsn; 
dagegen  sind  allerdings  sowohl  hier  als  in  einem  1714  verfassten 
>Register  über  der  Statt  Passau  in  dero  gehaimb  vorhandene  Ver- 
träge eine  Menge  Archivalien  verzeichnet,  die  sich  jetzt  nicht  mehr 
vorfinden.  Unter  andern  fehlen  die  noch  von  Professor  Kern  im 
städtischen  Archiv  eingesehenen  Bände  mit  gleichzeitigen  Berichten 
Aber  die  Fehdon  zwischen  Bischöfen  und  Bürgerschaft  aus 
14. — 15.  Jahrhundert. 

Um  dieser  und  viclleieht  noch  anderer  Archivalien  habhaft  zu 
werden,  durelistöberle  ieh  alle  Re^'istralur-  und  Sjxiicherräume.  Im 
sogenannten  »Rattenkaiumer!«  stiess  icli  denn  auch  unter  einem 
Haufen  neuerer  werthloser  Akten  auf  eine  Originalurkunde?  Kaiser 
Karls  IV.  vom  Jahr  1378  mit  wühlerhaltenem  Siegel,  auf  einen  Frei- 
heitd)rief  Kaiser  Friedrichs  m.  vom  Jahr  1491,  auf  mehrere  werth- 
volle Codices,  u.  A.  Salzordnung  vom  Jahr  1397,  Statuten  und 
Verträge  der  Stadt  Passau  (16.  Jahrhundert),  Almosenspiegel  (Bruder- 
hausordnung) vom  Jahr  1554,  das  »Erst  Urimrbuchc  des  Spitals 
St  Gertrud  vom  Jahr  1580  etc. 

Herr  Rechtsrath  List,  der  mich  bei  meinen  Untersuchungen 
freundlichst  unterstützte,  gab  die  Versicherung,  et  werde  eme 
g«iaue  Durchsuchung  aller  Räume  des  Ratlihauses  anordnen  und 
Sorge  tragen,  da.'^s  alle  neu  aufpefundonen  Urkunden,  Codires  und 
älteren  Akten  der  repertorisirten  Sainnilun^'  an^'ereiht  würden.  Dies 
ist  denn  auch,  wie  mir  ein  Brief  d'S  llnrii  Reclilsrulh^  mittheilte, 
theihveise  durchgeführt  worden;  leider  konnten  aber  die  von 
Kern  erwähnten  Pergamentbände  niciit  mehr  zu  Tage  ge- 
fördert werden. 

II.  Vilthofen. 

Die  magistratische  Registratur  verwahrt  nur  noch  etwa  50  Ori- 
gfnahnlnmden  und  einige  ältere  Ckxlioes,  worunter  ein  Zinsregister 
vom  Jahr  1543,  wegen  der  auf  die  verschiedenen  Leistungen  der 


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236 


Heigd: 


Zin.-j)fliclitigen  Ix'zii glichen  Miniaturen  von  Intorossp.  Die  älteste  Ur- 
kunde  ist  der  Freiheitsbrief  Kaiser  Ludwigs  für  die  Stadt  Viishofen 
1345  (Or.  ni.  anh.  S.).  Die  übrigen  sind  thcils  spätere  Bestäti- 
gungen bayerischer  Landesfürsten,  theils  Verbriefungen  von  Rechts- 
und  Besitzrerhältnissen,  Stiftungen  etc.  Die  bis  in's  16.  Jahi^ 
hundert  zurückreichenden  Akten  haben  nur  für  die  Specialgeschichte 
Bedeutung. 

Das  Städtehen  Vilshofen  tritt  in  der  Geschichte  Bayerns  mehr- 
mals in  den  Vordergrund,  wiederholt  pochte  der  Krieg  an  seine 
festen  Mauern,  im  Landsliuter  Erbfolgekri^,  im  dreis.sigjäliri;.'rn  Krictr 
und  im  ö-terreichi.schen  Erbfolgekrieg  wurde  es  belagert,  doch  sind 
liierüber  iin  städtischen  Archiv  Aufzeichnungen  von  Zeitgenossen 
nicht  vorhanden.  Ueber  die  Belagerung  im  Jahr  1501  ist  bekannt- 
lich »ein  sclitui  Lied  von  Vilshofen«  verfasst ;  die  älteste  Ilandscliritt 
verwalirt  ilie  Münchner  Hof-  und  Staatsbibliothek,  eine  jüngere  ist 
im  Besitz  des  Herrn  Professor  Scharer  in  Vilshofen,  der  zur  Zeit 
eme  Chronik  der  Stadt  bearbeitet. 

III.  Cham. 

Dieses  am  Eingang  in  den  bayerischen  Wald  gelegene  Städtdien 

wurde  vor  einigen  Jahren  durch  Feuersbrunst  fast  gänzlich  zerstört, 
auch  das  Rathhaus  brannte  in  seinen  Hauptthcilen  ab.  Um  so  über- 
raschender  beriilirte  es,  in  einem  erhalten  gebliebenen  Gewölbe  des 
Rathhauses  ein  verhältnissmässig  bedeutendes  IJrkundcnarchiv  anzu- 
treffen. Es  umfasst  ungefähr  1,100  Pergamenturkunden,  wovon  mehr 
als  zwei  Dritttheile  dem  14.  und  15.  Jahrhundert  angeliüreii.  Sie 
sind  faszicuiirt,  über  niciil  cluonologisch  geordnet.  Bei  vielen  Stücken 
ist  nidit  recht  erklärlich,  wie  sie  in  das  Chanier  Rathliaus  gelangten, 
z.  B.  den  Ältesten,  einem  Schenkongsbrief  der  Albero,  pmcema 
Austriae,  et  Henricus,  marscalcus  Äustriae,  fintres  de  Ghunringe, 
für  die  cokmi  St.  Gnicis  in  Gesweint  1268,  einer  Urkunde  der 
Aebtissm  Herfourgis  von  Gosse  über  einen  Kauf  handel  des  Rudelin 
von  Pels  1275,  einem  Vergleich  des  Ott  von  Lichtenstain,  Gammerer 
in  Steiermark,  mit  seinem  Schwager  Hertneid  von  Petowc  wegen 
Heiralh>=guts  1299  u.  a.  Auch  vereinzelte,  aber  meist  unbedeutend 
Urkunden  des  Kloster?  Überaltaich  und  der  Städte  Furth,  Kötzting, 
Viechtach  etc.  liegen  hier. 

Den  werthvollsten  Theil  der  Sammlung  bilden  die  zahlreichen 


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Aus  stSdlisehen  Archiven  Altbayenis.  237 

kaiserlichen,  königlichen  und  herzoglichen  Or^nalurkunden,  darunter 
*    viele  von  geschichtlic  lioiii  Interesse,  u.  A.: 

Herzog  Heinrich  von  Bayern  ordnet  an,  dass  auch  seine  Kastn^ 
und  Zöllner  in  Cham  stciirrn  müssen,  1331  (Or.  m.  anh.  S.); 

DerseilK?  geloht,  für  die  Stadt  Cham  gegen  König  Joiiann  von 
ßehani  einzustehen,  1331  (Or.  m.  anh.  S.): 

die  Herzoge  Heinrich  der  Aoltere  und  Heinrich  der  Jüngere  er- 
lauben den  Bürgern  der  Stadt  Cli.  das  Brauen  und  Malzen,  1332 
(Or.  m.  2  anh.  S.); 

Herzog  Heinrich  entlehnt  200  Pfund  Regensburger  Pfenn^  von 
der  Stadt  Gh.,  1335  (Or.  m.  anh.  S.); 

Kaiser  Ludwig  erlfisst  der  Stadt  Gh.  in  Anbetracht  ihrer  grossen 
Verderbnuss  die  Hälfte  der  Stadtstener  von  200  Pfiind  Regensburger 
Pfennig,  1341  (Or.  o.  S.); 

Margaretha,  Herzogin  in  Bayern,  thut  kund,  dass  sie  die  Bürger 
von  Ch.  des  Eides,  den  sie  ihr  und  ihrem  Vater,  dem  König  von 
Behaim,  geschworen,  gänzlich  ledig  lässt,  so  dass  sie  keinen  An- 
spruch auf  die  Stadt  mehr  habe,  die  nur  ihrem  lieben  Herrn  Kaiser 
Ludwig  huldigen  >;oll,  1341  (Or.  m.  anh.  S.  der  Iler/.o^nn); 

Kaiser  Ludwig  lässt  der  Stadt  Gh.  die  Stadtsteuer  auf  6  Jalirc 
nach,  1341  (Or.  o.  S.); 

König  Johann  von  Bdiahn  entlisst  die  Bfirger  von  Gh.  ihres 
Bandeseides,  1341  (Or.  o.  S.); 

Kaiser  Ludwig  lässt  der  Stadt  Gh.  die  Stadtsteuer  nach,  damit 
sie  ihre  Mauern  wieder  aufbauen  könne,  1345  (Or.  ni.  anh.  S.); 

Kaiser  Ludwig  gestaltet  den  Bürgern  von  Gh.,  Fremde  als  BOrger 
aufzunehmen,  und  diejenigen,  die  ihnen  nicht  genCigen,  aus  der  Stadt 
zu  weisen,  1347  (Or.  m.  anh.  S.); 

Ludwig  und  Stefan,  Mark^^afen  von  Hrandenburg,  gewähren 
der  abgebrannten  Stadt  Gh.  Steuerfreiheit  auf  10  Jahre,  1348 
(Gr.  m.  2  anh.  S); 

die  nändichen  geben  der  Stadt  Gh.  den  Marktzoll  und  die 
Leytgifl,  1348  (Or.  m.  2  anh.  S.); 

Herzog  Stefan  hebt  die  Rügung  in  den  Gerichten  Kamb  und 
Eschelkamb  auf,  1349  (Or.  m.  anh.  S.); 

Herzog  Ruprecht  verleiht  der  Stadt  Gh.  das  Recht,  von  Sab 
einen  Zoll  zu  nehmen,  1349  (Or.  m.  anh.  S.); 

derselbe  erlaubt  der  Stadt  Gh.,  von  Kaufmannswaaien  Zoll 
zu  nehmen,  1366  (Or.  m.  anh.  S.); 


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238 


Hei({el : 


die  Stadt  Ch.  schlicsst  mit  der  Stadt  Teintz  in  Böhmen  einen 
Freundschaflsvertrag,  1369  (Or.  m.  anh.  S.); 

Herzog  Heinrich  schliclilot  den  Streit  zwischen  Heymeran  Nolhafl 
und  Tristram  Zenger,  1423  (Or.  o.  S.); 

Herzog?  Johann  lässl  der  abgebrannten  Stadt  Gh.  zwei  Drittel 
der  SliuUsteiu-r  nach,  14.55  (Or.  ni.  anh.  S.) : 

ChristolT,  Köni^'  von  Dänemark,  Ilorzofr  in  Bayern,  Ix  tifhlt  dem 
Rath  zu  Gh.,  .meinem  PIIc^mt  zu  ^'elior-anien,  1445  lOr.  ni.  anfgcdr.  S.); 

derselbe  verzi  ilit  der  Stadl  Ch.  die  Missiumdlung  seines  Fliegers, 
1447  (Or.  m.  anh.  S.); 

Kaiser  BlaidmiBan  L  schlichtet  die  Streitigkeiten  der  Familie 
Humhaimb,  1511  (Vidimus  des  Rathes  der  Stadt  Strassbiug  vom 
Jalir  1640)  etc.  etc. 

Der  Umstand,  dass  Cham  der  Hauptori  des  Ghamgau*8,  erklärt, 
dass  hier  noch  mehr^  Hundert  von  Adeligen  aus  d^  Umgebung 
:iusfro?tollie  Urkunden  verwalirl  lio^'en.  Es  seien  nur  erwähnt  die 
Familien  Chamerauer  zum  Haidstein,  Ramsperger  zu  Rams{)erg, 
Chatzberger  auf  dcru  Cliatzb^rg,  Satelperprer  zu  Zant  (sehr  zahlreich), 
Lichtenecker.  Paul-toi-ter  zu  der  Küni.  Eyl)  auf  Ilniidin^'.  Valchen- 
steiner.  lIauzeiiiH'r;.'('r,  CJleisserilhaler,  Notiiat't,  Sclit.'nki.'ü  von  Keicheri- 
eck,  F'üdeiistorfer  zu  Sehäcliendorf,  i\uiitinK(-'r  von  Runting,  Paul- 
storfer  zum  Hauzen.staiu,  Trülinger  zum  Türl.slain  etc.  etc. 

Dagegen  sind  ältere  Cknlices  nicht  melir  vorhanden.  In  den 
Kästen  auf  den  Gängen  des  Rathhauses  fand  sich  zwar  viel  Akten- 
material aufgestapelt,  aber  nichts,  was  aber  das  17.  Jahrhundert 
zurückreichte  oder  von  geschichtlichem  biteresse  wäre. 

IV.  Furth. 

Schlimmer  litt  das  Archiv  des  benachbarten  Städtchens  Furth 
durch  das  verheerende  Element.  Der  übrig  gebliebene  Urkuuden- 
vorralh  l)eläun  sich  nur  auf  13  Originalurkunden,  darunter  der 
Statitreehtsbrief  Herzog  Heinricli  s  v.  J.  1332  (Or.  o.  S.)  und  eine 
Originalurkunde  Kaiser  Ludwigs,  Befreiung  der  Stadl  F.  von  der 
Gericiit^burkeit  der  Vizlume,  1341  (Or.  o.  S.).  Die  wenigen  Copial- 
bücher  und  älteren  Akten  sind  ohne  Bedeutung. 

V.  Sehwandorf. 

Hier  sah  ich  nur  noch  den  Platz,  wo  einst  em  kleines  städtisehes 
Archiv  untergebracht  war, —  die  Archivalien  selbst  wurden 


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Ans  slädtiächen  Archiven  Allbayerns. 


239 


Tor  einigen  Jahren  an  einen  Buchbinder  verkauft  Nur 
*  ein  Transsumpiliben  äber  die  lYeibeitsbriefe  der  Stadt  1299—1650 
und  ein  paar  ältere  Salbäeher  sind  noch  vorlianden. 

VI.  l^andshui 

Die  Erwartung,  dass  die  freundliche  barstadt,  —  die,  durch 
glücklichere  La^rc  und  den  Reidilhum  der  hier  residirenden  Fürsten 
begünstig't,  Jahrhunderle  lang  mit  Mönchen  wetteiferte  und  in  der 
zweiten  Hälfte  des  If).  Jahrhunderts  der  Schwesterstadt  sowohl  an 
Umfang  und  Bevölkeiuny^szahl  wie  an  reicherer  Gultuieiitwicklung 
last  den  Vorsprung  abgewann,  —  einen  grossen  S<'hafz  gescliic  litlicher 
Dokumente  besitze,  wurde  nicht  getäuscht.  Das  Verständniss  für 
seine  Bedeutung  ist  abov  erst  seit  Kurz<'m  an  lellciuler  Stelle  er- 
wacht, und  dem  Geschichlsfreunde  der  btailt  ist  in  seiner  Verwer- 
thung  für  Stadt-  und  Landesgeschichte  die  lohnendste  Aufgabe  ge- 
boten. Herr  Kalcher ,  S^kretfir  des  k.  Archivs  auf  der  Trausnitz, 
unterzog  sich  mit  uneigennfitzigstem  Eifer  der  Mähe,  in  dasWirrsal 
Ordnung  zu  brhigen,  so  dass  wenigstens  schon  em  TheO  der  im 
eigentlichen  Arcfaivgewölbe  lagernden  Pergamente  chr^ologisch  ge- 
sichtet ist.  Noch  liegen  aber  einige  Tausend  Aktenfasdkel,  in  denen 
auch  Urkunden  stecken,  in  der  anstossenden  sogenannten  Sleuer- 
stube  auf  dem  Hoden  aufgeschichtet.  Niemand  kennt  ihren  Inhalt. 
Die  grosse  Mehrzahl  ist  vermuthlich  werthlos ,  aber  es  kann  auch 
manches  gescliichtlich  Interessante  hier  verborgen  liegen.  Ich  selbst 
zog  ein  Bündel  Perganienlurkundcn  hervor:  es  waren  Urfehdebriefe 
aus  dem  14.  Jahrliunilerl.  Von  der  gegenwärtigen  Stadtverwaltung' 
lässt  sich  übrigens  mit  Sidierheit  erwarten ,  dass  sie  der  Ordnung 
des  Archivs,  das  ja  die  wichtigsten  Quellen  für  die  Geschichte  der 
Stadt  erschliesst,  erhöhte  Aufmerksamkeit  zuwende  und  auch  nach 
dieser  Richtung  die  Ehre  der  Stadt  gebährend  wahre. 

Im  Archivgewölbe  lagern  in  51  grossen  Schiebladen  die  Ur- 
kunden, vorläufig  nach  Jahrzehnten  geordnet  Die  älteste  ist  eine 
Urkunde  Herzog  Henirichs  v.  J.  1272,  wodurch  er  dem  hl.  Geist- 
spital zu  Landshut  zur  Deckung  der  durch  den  Bau  der  barbrücke 
erwachsenen  Kosten  den  Brückenzoll  überlässt.  Aus  dem  13.  Jahi^ 
hundert  sind  ausserdem  noch  etwa  12  Originalien  vorhanden,  dagegen 
schon  mehrere  Hundert  aus  dem  14.  Jahrhundert,  darunter  drei 
von  Kaiser  Ludwig  dem  Bayer  (Bestätigung  der  Privilegien  1319, 
Verleihung  der  50  Pfund  Pf.  zur  Wehr  1343,  Besetzung  der  Pfarrei 


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240 


Heigel: 


1345),  zwei  von  Ludwig  dem  Brandenburger  und  viele  Freiheitsbriefe, 
SteuemadilBSsdecrete,  Sdiuldverscbreibungen  etc.  der  niederbayrischen 
Herzoge,  und  eine  noch  betr&chtlichere  Menge  Stifts-,  Kauf-,  Urfehd-, 
Heiraths-,  Geburts-  etc.  Briefe  aus  d«n  15.  Jahrhundert. 

Ein  überaus  werthvoller  Codex  aus  dem  14.  Jahrhundert,  über- 
schrieben: »Der  Slat  Landfliut  ain  alt  bucch  mit  freyhaiton,  stat-  • 
rechten,  satzen  und  andern  eingeschriben  geschichten,«  enthfdt  eine 
vollstundi|,'e  Codification  des  Landshutor  Stadfreehts,  eine  reifhe 
Fundgrube  für  Rechts-  und  Sfadtgcj^chichte,  da  bisher  nur  einige 
herzogliche  Ilandvosteu  als  belangreich  für  die  Landshuter  Slatular- 
rechte  veröCfentlichl  und  für  die  Stadtchroniken  benützt  sind.  In  idui- 
licher  Weise  wie  im  (»elcannten  ältesten  Augsburger  Stadtrechtbuch 
ISsst  sich  hier  aus  Zusätzen  und  Einschaltungen  die  Fortentwicklung 
aller  Rechtsreriiältnisse  erkennen;  jeder  neue  Beschluss  des  inneren 
und  des  äusseren  Rathes,  der  Zünfte  und  »der  wagsten  und  pesten 
der  Gemeine  wurde  vom  Stadtschreiber  hier  eingetragen,  audi  die 
»gemeinen  Sätze  für  alle  Innungen,  Burgfiriedenstbstsetzungen,  Luxus- 
verbote (das  älteste  vom  Jahre  1361),  Stadtvcrweisungsdecrete  und 
sonstige  Bürgerstrafen,  wichtige  Prozessentscbeidungen,  Aufzeich- 
nungen über  merkwürdige  Vorfälle  etc.,  so  dass  wir  aus  diesem 
Stadtbuch  im  eigentlichen  Sinn  des  Worts  ein  ebenso  getreues,  wie 
lebendiges  Bild  des  städtischen  Lebens  gewinnen.  Eine  schätzbare 
Ergänzung  bieten  die  Einnahm-  und  Ausgabbiichlein  von  1424  und 
1426  und  die  vom  Jahr  1563  in  fortlaufender  Reihe  erhaltenen 
Stadlkammerrechnungen.  Für  die  Verfassung  der  Stadt  sind  ferner 
von  Wichtigkeit:  ein  Ckxlex  aus  dem  16.  Jahrhundert,  die  Handvesten 
und  landrechtlichen  Verordnungen  von  1279—1559  enthaltend;  das 
Privflegienbuch  der  Stadt  L.  1279—1601  (1779vidiroirt);  die  Land- 
lechtsverordnungen  Ludwigs  des  Reichen  v.  J.  1474  etc.  In  einem 
»Statbucb«  aus  dem  15.  Jahrhundert  sind  die  wichtigsten  Kauf-, 
Heiraths-  etc.  Verträge  der  Bürgerschaft  gesammelt,  lieber  die 
frommen  und  Wohlthäli;,'keilssliflungen  sind  alte  Codices  in  grosser 
Zahl  vorhanden,  ein  Urbarbuch  von  St.  Martin  v.  1331,  ein  Urbar- 
buch des  hl.  Geistspitals  v.  1340,  ein  Salbuch  des  nämlichen  S{)itals 
V.  1409,  ein  Urbarbuch  des  Ffarrgotteshauses  St.  Niklas  v.  14Ü0, 
ein  Calendarium  des  hl.  Geistspitals  aus  dem  15.  Jahrhundert  etc. 

Von  den  ihrem  ganzen  Umfang  nach  irrthümlich  dem  Hans 
Vetter  zugeschriebenen  Fasti  con.sulares  Landishutani,  einem  Raths- 
wahlregister nebst  geschichtlichen  Notizen  vom  Jahre  1439  an,  ündet 


« 


Am  sUdÜBchen  ArehfTen  AlttMyerns. 


241 


sich  hier  eine  jün;;ere,  von  der  auf  clor  Münehencr  Ilot-  und  Staals- 
bibliotliek  verwahrten  ällereii  unabhängige  Handschrift  mit  Forl- 
setzungen bis  1726,  ferner  ein  andere?  Rathsregister  v.  J.  1626  an, 
mit  ausführlichen  Notizen  über  die  Kriegsereignisse  bis  zum  Jahr 
1634  etc.  Die  Ratlisprotokolle  reichen  nur  bis  in  das  17.  Joluhuu- 
dert  zoräck;  die  Altären  wurden  kidtf  bei  Uebergabe  der  StadU 
gerichtsregistratur  an  das  k.  Beztrksgencht  1862  als  llakulatur 
verkauft. 

Aus  den  älteren  Akten  seien  nur  einige  von  allgemeinerem 
historischem  Interesse  henrorgebob»i:  Akt.  Vicedomhfindel  betr.  (die 
Artikel  Herzog  Ludwi^rs  des  Reiciien  ül>er  Scheidung  der  Crlminal- 
(alle  zwischen  dem  Vicedomamt  und  dem  Sladtrichter  1474  ent- 
hnllend);  30jähr.  Kriegs- Acta,  Gorres|)ondenzen  de.«  Stadtraths  mit 
Maximilian  I.  und  den  Fülirern  der  feindlichen  Armetm,  Herichte 
über  die  schwedische  Okku|(;itH»ii,  Cnrrespondcnz  der  1634  abiroführ- 
ten  Geissein  etc.;  Kriegsanla^'-nchiiungen  aus  dem  17.  Jahrliumlcrt : 
Acta,  den  bürgerlichen  Sladlfahnen  betr.,  1792;  Acta,  den  Landwehr- 
und Sladtfalinen  bclr.,  1635—1810;  Abforderung  der  Stadtthor- 
scfalfisscl,  liüO;  Schwärmerei  und  Aberglauben,  1592—1717  (Ver- 
folgung von  Akatholiken);  Gonversionen,  1T76;  Wallfahrten,  1610 
bis  1801;  Aufführungen  von  Dramen  durcli  Musiker  von  St.  Jodok 
betr.  (17.  Jabrbdt.)  etc.  Auch  in  den  übrigen  Serien  über  Erziehungs- 
und  Unterrichtswesen,  Statistik,  Kredit-  und  Nabrungswesen,  Ge- 
werbsachen etc.,  die  tlieilweise  bis  in's  16.  Jahrhundert  zurückreichen, 
findet  sich  natürlich  Vieles,  was  für  die  Gulturgesehichte  der  echt 
altbayrischen  Landstadt  von  wichtigem  Belang. 

VII.  Straubing. 

Im  städtischen  Archiv  ist  durch  Dr.  Sieghart ,  der  1838 
eine  Geschichte  der  Stadt  verfasste,  genügend  Ordnung  geschallen, 
das  geschichtlich  merkwürdige  Material  von  den  Verwallungsachen 
und  Rechnungen  ausgeschieden  und  in  praktischen  Cartons  untere 
gebracht  Es  Ist  dieses  Verdienst  des  bekannten  Kunsthistorikers 
um  so  dankbarer  anzueikennen,  da  das  Straubinger  Archiv  Überaus 
reich  an  wichtigen  Urkunden  bayrischer  LandesfOrsten.  So  sind 
hier  verwahri:  ein  Original  der  Handveste  König  Olto's  von  Ungarn, 
worin  er  sich  der  niederen  Gerichtsbarkeit  etc.  begiebt,  1311 ;  Steuer- 
befreiung der  Stadt  Straubing  durch  Kaiser  Ludwig,  1341 ;  Vidunus 

ArchlrulUcbe  Z«UKhriA.  I.  16 


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242 


Heigel: 


des  Ehecontracis  zwischen  Kaiser  Ludwig  und  Margaretha  von 
Holland.  1.144;  Befreiung  der  Stadt  Str.  vom  Brückenzoll  durch 
Markgraf  Ludwig  den  Brandenburger,  KU8:  Festsetzung  der  Stadt- 
>tcvicr  durch  Herzog  Albrecht,  13f)6:  Verleihung  des  Pflaslerzolls 
durch  Herzog  Albrecht.  1376;  Vertrag  zwischen  Herzon- Johann  und 
der  Stadt  Pa.<;>au  \\t'^'en  Salznie<lorlage ,  1411:  Cojiie  des  Vortra^'s- 
hriefes  der  wieder  ausge.söhnten  Ilci  zöge  Signunul,  Albrechl.  Ciiristof 
und  Wolfgang,  1472;  Vertrag  Herzog  Wolfgangs  mit  der  Landschaft. 
1508 ;  Gopie  eines  Concordats  der  bayrischen  Bischöfe  mit  dem  päpst- 
lichen Stuhl  etc.  Mehrere  von  diesen  herzoglichen  Briefen  sind,  weil 
in  den  k.  Archiven  nicht  Tertreten,  unter  die  Monumoita  Wittels- 
bacensia  nicht  aui^nomnien.  Alle  diese  und  eine  grosse  Anzahl 
anderer  Handvesten,  Steuerbefreiungsvertrfige  etc.  aus  dem  14.  und 
15.  Jahrhundert  sind  wohlerhalten  und  mit  unversehrten  Siegeln 
versehen.  Ferner  sind  vorhanden  in  grosser  Zahl  Kauf-,  Tausch-  etc. 
Briefe  über  Rechte  und  Realitäten  des  Stadtraths  und  der  Privaten 
in  Str.,  sowie  der  umliegenden  Edelsitze  und  Dorfschaften  Aifting, 
Breitenwald,  Feldkirclien,  Goltolfmg,  Hundi'ndorf.  Leiblfmg,  Liebtiofen, 
0})j)erkofen.  Reiberstorf,  Borau  etc.;  die  L'rknuiden  iUier  die  Streilig- 
keilen  des  Stadlratlis  mit  dem  Domkapitel  von  Augsbuip,  das  eine 
Propstei  zu  Str.  hatte,  von  1415  —  1536;  Urkunden  über  Besitz  und 
Rechte  der  verschiedenen  Klöster  und  Kirchen,  tlenossensclial'ten, 
Stiftungen  etc.  zu  Str.,  aucli  der  Klöster  Windberg  und  Nieder- 
aHaich  etc. 

Unter  den  Codices  ist  vor  Allen  wichtig  das  sog.  rothe  Buch, 
ein  Prachtpefgamentcod»  aus  dem  15.  Jahrhundert,  der  die  gesamm- 
ten  Statutarrechte  Straubings  umfasst  Der  Inhalt  erstreckt  sich  auf 
alle  Gebiete  und  Formen  städtischen  Lebens  und  bietet  namentlich 

für  Erkenntniss  des  allmäligen  Eindringens  rfuniseher  Reehtsbegi'iffe 
wichtige  Beiträge.  Im  sog.  grünen  Bucli  sind  alle  Freiheitsbriefe  und 
Privilegien  der  Stadt  von  1311 — 16(X)  gesammelt;  ein  zweiter  Band 
mit  Nachträgen  reicht  bis  zum  Jalir  1742.  An  älteren  Codices  sind 
.«onst  noch  verbanden:  ein  Calendariura  und  Copialbuch  der  Zech 
zu  Str.  1375  ,  Erhart  Saidel's  Salbnch  1450 .  Salbuch  der  Sunder- 
siechen  zu  Str.  1428,  Salbuch  der  Stadtkammer  1537  etc. 

Die  30jährigen  Kriegs -Acta  sind  sehr  lückenhaft,  ebenso  die 
Akten  über  Kriegsereignisse  aus  der  Zeit  Max  Emanuels  1704  etc.; 
dagegen  ist  die  »Ofßzielle  Beschreibung  aller  bei  der  Belagerung  der 
Stadt  Str.  1742  erlittenen  Schäden  und  vorgefallenen  Kriegsläuftei 


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Aus  städtischen  Archiven  Altbayems. 


243 


vollstärulig  uiul  ausführlich  und  lindel  in  einer  Menijre  auf  diese 
ruiu  II  volle  Episotle  der  Stadtgoschichle  bezügliclier  Akten  Ergänzung. 
Eine  aus  dem  Ursulinerinnenkloster  zu  Str.  stammende  Schrift  »Ver- 
zetcbniss,  was  sich  im  Baierland  (in  specie  in  und  um  Straubing)  • 
begeben  hat  nach  dem  Ableben  des  ChurflQrsten  Max  Josephe,  1778 
bis  1779»  ist  kutturgescbicfatiich  piquant. 

Die  Landtagsverhandhingen  aus  dem  16.  Jahrhundert  sind  ziem- 
lich vollständig  vorhanden;  ihnen  reihen  sich  mehrere  Bftnde  Ccnr- 
respondenzen  des  Stadtrath?  mit  Landlagsvorordneten  an. 

Eine  dem  16.  Jahrliundert  angehörende  Aufzeiclmung  der  Schick- 
sale Slraubin;?-  trägl  weniger  den  Gharacler  einer  eigentlichen  Chronik 
als  einer  Fnrsrherarheit.  Vorzugsweise  Aventin  wird  h.iulig  tiarin 
bemilzt,  wälircnd  die  sell)slst;indigen  Nachriclitm  fast  durchweg 
werthlos,  z.  B.  dass  Straubing  ehedem  Raubing  geheissen  halx?,  — 
wegen  der  vielen  hier  hausenden  Räut)er!  —  und  das  St  erst  später 
hinzugefügt  wenden  sei  etc.  Ebenso  verhält  es  sich  mit  einem 
Schriftchen  des  17.  Jahrhunderts:  »Merkwürdigkeiten  oder  Ursprung 
der  Stadt  Straubing.c  Werthvoller  ist  ein  »Verzeichnuss  etlicher 
alter  Geschlechts,  die  vor  Alters  in  der  fiärstlichen  Hauptstadt  Strau- 
bing gewohnt«,  gesammelt  von  J.  W.  Freymann  von  und  auf  Hocben- 
nandeck  1628«  mit  vielen  Wappenbildem. 

Vllk  WasNfburg. 

Die  schon  im  Jahr  1618  zur  Aufnahnie  des  Stadtarchivs  her- 
gestellten drei  (iewölbe  im  Wasserburger  Huthliaus  liowährlen  sich 
bei  dem  jüngsten  grossen  Brande  vor  drei  Jahren  aufs  treuestc; 
sie  blieben  mit  ihrem  gesammlen  Inhalte  unversehrt,  obwcdd  d» 
Flammen  dnrdi  aUe  Foister  schlugen. 

Das  reichhaltige  Archiv  wurde  1832  von  Stadtschreiber  Heiserer 
geordnet  und  in  seinen  Haupttheilen  auch  repertorisirt,  und  es  ist 
nur  zu  wfinschen,  dass  diese  Ordnung  erhalten  bleibe  und  die  Re- 
pertorisirung  ui  glenher  Weise  fortgeltihrt  werde. 

Einen  besonderen  Selekt  bilden  die  46  landesherrlichen  Freiheits- 
briefe. Vom  rdtesten.  den  Kaiser  Ludwig,  die  Saizdurchfuhr  nach 
München  betr.,  1332  erliess,  ist  nur  eine  Abschrift  vorhanden,  aber 
eine  andere  Urkunde  Kaiser  Ludwigs,  wodurch  er  der  Pfarrkirche 
zu  Wasserburg  die  Erträgnisse  der  Stadtwage  überlässt,  v.  J.  1342, 
in  Original;  ebenso  Urkunden  der  Herzoge  Stephan  des  Aelleren  von 


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244 


Heigel: 


1364  und  1374,  Olto  137G,  Stephan  undJohann  1376,  Stephan  1381 
und  I3ü2  etc.  bis  herub  auf  Karl  Albert. 

Dftran  reiht  sieb  eine  Gruppe  von  kaiserlichen,  herzoglichen  etc. 
Urkunden,  die  nicht  auf  die  Stadt  Wasserburg  unmittellmr  Bezug 
haben,  z.  B.  Vertragsbrief  der  Herzoge  Ludwig,  Emst  und  WUbehn 
mit  der  bayr.  Landschaft  1429  (Vidimus),  Friedbrief  zwischen  Uaric- 
graf  Friedrich  von  Baden  und  Uem^  Ludwig  von  Bayern  1444 
(Vidimus),  Geleitsbrief  Kaiser  Friedrichs  IlL  für  Herzog  Ludwig  den 
Bärtigen  1447  (Original)  u.  s.  w. 

Zwei  Kästen  mit  24  Schicbladi^n  enthalten  Kauf-,  Tan«ph-^ 
Lehens-  etc.  Briefe  df«  Rafhes  und  der  Binyop  von  W..  von  1347 
hi>j  1770.  Ausserdem  -iml  noch  iti  t'irM'in  Kasten  mit  27  Schieb- 
laden viele  Geburts-  und  Wa|>penbriefe  1021  —1768  verwahrt. 

Durch  Schenkung  eines  Privaten  kam  hiclur  eine  Handschrift 
von  Kaiser  Ludwigs  Rechtsbuch,  worüber  sich  MÜtheilungen  in 
V.  d.  Pfordten*s  Monographie  finden.  Ausserdem  sind  hier  vor- 
handen em  »Statbuch  nach  Ordnüng  des  Statrechts  von  Wasser- 
burg« (14.  Jhdt.)  und  eine  umfongreiche  Sammlung  von  landes- 
herrlichen Edikten  über  alle  Zweige  der  Gesetzgebung  vom  16.  bis 
18.  .Tal ir! Mindert. 

Von  Klusterarehivalien  stiess  ich  nur  auf  ein  Gopialbuch  des 
Klosteis  Allel  aus  dem  15.  Jahrhunderl, 

Wider  Vermuthcn  findet  sich  an  Kreissachen,  obwohl  Wasser- 
buii:  längere  Zeil  Silz  des  bayrischen  Kreistages  war,  nur  WerUi- 
loses. 

Eine  Gruppe:  »Geschichtlicht'  Xolizen  und  Gegenstände«  ent- 
hält insbesondere  Anordnungen  für  Durchreisen  von  Königen  und 
Fürsten  durch  die  Stadt  W.  (17.-18.  Jhdt.)  und  andere  Festlich- 
keiten, Schützenordnung  v.  J.  1816,  Hochzeitsbeschreibmigen,  Ein- 
ladungen zu  Promotionsakten  vom  16.  Jahrhundert  an,  Danksagungs- 
schreiben bayrischer  Fürsten  und  Bdelleute  für  Geschenke  des  Wasser- 
burger Rathes  (namentlich  Steinraben),  ein  »Liedt  von  einem  Obrislen 
zu  München  ausfrepran^en«,  1589,  bayr.  Verhältnisse  unter  Herzog 
Wilhelm  V.  behandelnd,  Berichte  über  Auffindung  von  »heidnisrhem 
(u'ld«  in  den  Aeckern  um  "Wasserburg,  BericlJe  über  den  »Bauern- 
k()nicrc  iiiid  Vfilk-autwie^iler  Wolfen  Maier  160(>,  über  den  Baucrn- 
aul'nihr  zu  Wasserburf;  1634,  über  die  Uokrutenaushebuni?  der 
Oesterreicher  i,  J.  1542,  Bürgerbeschreibungen  behufs  Aushebung; 
für  die  Türkenkriege  etc. 


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Aus  stftdtiaehcn  ArdÜTen  Altbayems. 


245 


Die  Gorrespondenzen  und  Dekrete,  Wasserborger  RathswaUen 
betr.,  gehen  bis  1506  zurück,  die  Stadtkammenechnungen  bis  1441, 
ifie  Rentmeistonunlsrechnungen  bis  1495  etc. 

Eine  Gruppe  >Deutsche  Reichsgegenstände«  enlhfilt  namentlich 
einen  interessanten  Akt  über  das  Verhallen  der  Stadt  Wasserburg 
im  Landshuter  Erbfolgekrieg  1504,  worin  auch  mehrere  Original- 
erlasse der  von  Herzog  Georg  eingesetzten  fiegentscliafl  an  die 
bayrischen  Stände  etc. 

(Wird  fortgesetzt.) 


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YIU.   Ueber  Schreibstoffe  in  Bayern. 

Von 

üniversitätsprofessor  Dr.  Ludwig  Rockinger, 
Reichsarcbivassessor  in  München.  - 

I.  BedUrfniM  der  Kunde  det  Sdirfftwennt  In  wetteren  wie 

engeren  Qrinzen. 

Wor  inimor  aurh  nur  in  einem  nicht  besonders  hervorra<-'en- 
den  Archive  sich  mit  Schrit'tcrzeugnissen  früherer  Zeit  bescliäftigrt 
hat,  ist  bald  auf  solche  gestossen  welche  auf  Pergament  gefertigt 
sind,  iMdd  auf  solche  welche  auf  Papier  erscheinen.  Aber  er  wird 
auch  ziemlich  schnell  nicht  unbedeutende  Verschiedenheiten  an  dem 
Pergamente  oder  an  dem  Papiere  bemerict  haben.  Ersteres  begegnet 
bald  unangenehm  rauh,  bald  sorgflltigst  bereitet,  theilweise  und 
zwar  sogar  meistens  auf  beiden  Seiten  kaum  meitiich  unterschieden, 
theilweise  nur  auf  der  einen  mit  einer  gewissen  Berücksichtigung 
behandelt.  Ebenso  treten  beim  Papiere  ganz  auffallende  Verschie- 
denheiten in  der  Festigkeit,  in  der  Dicke,  in  der  Feinheit,  in  der 
Glätte  u.  s.  f.  entgegen.  Sind  nun  auch  Pergament  und  Papier  die 
hauptsrichlichsleri  Schreibstoffe,  auf  welchen  sich  entweder  die  Schrift- 
werke der  Voriillern  zu  uns  vererbt  haben  oder  welche  in  diesen 
und  jenen  Zeiten  für  sie  zur  Anwendung  gelangten,  so  sind  es  doch 
keineswegs  die  einzigen.  Es  dürfte  sich  desshalb  wohl  eine  Be- 
trachtung der  Schreibstoffe  von  welchen  in  Bayern 
die  Rede  sein  kann  rechtfertigen. 

Sie  bilden  einen  nicht  zu  unterschätzenden  Theil  dessen  was 
beim  Schrift-  oder  Schreibwesen  überhaupt  genaue  Erwägung  er- 
häscht, for  welches  ja  beispielsweise  auch  gleich  die  Schreibgerlthe 


Üiyitizcü  by  GoOglc 


Ueber  Sclueibttoffe  in  Bayern. 


247 


und  sonstigen  hiefiOr  erforderlichen  Bedürfnisse  in  Betracht  kommen, 
oder  die  Formen  der  einzelnen  Schriftcr/euf,'iiisse  als  Rollen  oder 
BQcher  oder  Urkmiden  und  Briefe  in's  Auge  fallen. 

Wen  Neigung  oder  Beruf  dahin  geführt,  sich  einlüssliclior  mit 
diesen  oder  jonon  Schriftwerken  do?  AHorlhuins  oder  (\v^  Miltelalters 
oder  auch  späterer  Zeiten  zu  bescliäftigtn  .  rui  den  sind  gewiss  als- 
bald, wenn  er  sieh  auch  nur  an  eine  anscheinend  nicht  weitgreifende 
Frage  gemacht  hat,  Dingo  herangetreten,  welche  ganz  unwillkOrlich 
dazu  veranlassen  das  Augenmerk  auf  etwas  zu  richten,  was  über 
die  weim  auch  ansclieinend  nicht  weitgreifende  Frage  hinausleitet, 
was  auf  das  Bedürfniss  der  Kenntniss  des  gesammten 
Schriftwesens  sei  es  ui  ehier  nur  schmal  gezogenen  Grftnze  sei 
es  auf  breiterem  oder  breitestem  Räume  hinlenkt. 

Die  wissenschaftliche  That  welche  tot  der  Inangrilfiiahme  gleich 
der  zuletzt  berührten  Aufgabe  hauptsächlich  für  das  Mittelalter  nkti 
zurückgeschreckt  ist,  und  welclie  ihr  auch  gerecht  zu  werden  xer- 
standen  bat,  ist  von  Watten bach  im  Jahre  1871  vollbracht  worden. 
Zu  welchem  Danke  er  nicht  elwa  allein  diejenigen  welche  sich 
tagtäglich  mit  Paläographie  und  insbesondere  Diplomat ik  zu  beschäf- 
tigen haben  durch  das  »Sehr  i  f  twosen  im  Mittelalter«  ver- 
pllichtet  hat,  ist  zu  allgemein  anerkannt  als  dass  es  hieriiher  vieler 
Worte  be<lürfle.  Es  Vie^l  in  ihm  die  dorthin  einschlagentle  Tliälig- 
keit  im  Morgen-  wie  im  Abendlande  vor  unsern  Augen  aufgeschlagen. 
Leber  die  mannigfachsten  Verhältnisse  welche  hiebei  in  Betraclit 
komm^  finden  wir  die  trefllicbste  Belehrung.  Dass  mit  diesem 
Werke  auch  ein  wurUiches  Bedürfoiss  befriedigt  worden  ist,  dafür 
spnehi  kaum  etwas  beredter  als  der  Umstand  dass  bereits  im  Aus- 
gange des  vorigen  Jahres  dasselbe  in  ein»  zweiten  wesentlich  ver^ 
meluten  Ausgabe  den  Lauf  durch  die  Welt  begonnen. 

Nidit  jedem  ist  es  gegfinnt,  so  aus  dem  Grossen  im  Gros- 
sen zu  schaffen.  Eine  gewisse  Berechtigung  wird  indessen  auch 
weniger  umfassend  angelegten  A  rbeiten  nicht  abzusprechen 
sein  welche  sich  bescheiden  derartiges  in  einem  enger  l)eg ranz- 
ten Gebiete  zu  verfolgen,  ja  es  besieht  sogar  in  Wirkhchkeit  für 
bestimmte  Kreise  ein  Bedürfniss  auch  nach  solchen  recht  gut  noch, 
vorausgesetzt  natürlich  dass  in  diesem  enger  begninzten  Gebiete  eine 
geistige  Thätigkeit  gewaltet  hat  weldie  überhaupt  einer  Berücksich- 
tigung Werth  erscheint 

Das  ist  gewiss  in  hohem  Grade  bei  Bayern  der  Fall,  worunter 


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2*9 


Roekinser: 


wir  indessen  hi^  nicht  das  heutige  Königreich  dieses  Namens  ver- 
standen wissen  wollen,  sondern  lediglich  dessen  jetzige  (wie  mitunter 
auch  einstige)  Bestandlheiie  bayerischen  Stammes.  Nur  klein  zwar 
ist  das  Feld  auf  welchem  wir  uns  bewegen.  Docli  fand  liier  eine 
geistige  Thfiligkeit  nach  den  mannigfachsten  Seiten  hin  von  alten 
Zeiten  her  eine  so  traute  Wohnstütte  wie  sehr  luiutig  anderswo  auf 
rinem  viel  ausgedehnteren  Ilauine  niclil  der  Fall  gewesen.  Schon 
früh  genossen  seine  einst  berühmten  Bischofsitze  eine  weitiiinragende 
Bedeutung.  Man  denke  nur  an  Frdsing,  Passau,  Regensburg,  Salz- 
burg. Würdig  stehen  daneben  filtere  wie  jüngere  Klöster  und  Stifter. 
Es  sei  nur  an  die  beiden  Altach,  Benedictbeuren,  die  beiden  Chiem- 
see, sanct  Emmeram  wie  Nieder-  und  Obermflnster  zu  Regensburg, 
Schäftlarn,  Tegernsee,  Wessobrunn,  Windberg  erinnert  Die  grosse 
Wirksamkeit  welche  anderwärts  von  diesen  und  jenen  Reichsstädten 
ausgieng  begegnet  uns  allerdings  in  unserm  Bayern  nicht,  wenn 
auch  Regensburg  liielx'i  nicht  ganz  fibersehen  werden  darf:  aber 
dagegen  sorgten  ausgezeiclmofe  Füisten  für  die  geistige  Blüthe  im 
gesammten  Lande,  welches  l).  isi»ielsweise  eine  so  innig  zusammen- 
hängende Entwicklung  seiner  Gesetzgebung  aufweisen  kann,  wie  sie 
kein  anderer  deutscher  Stamm  für  sich  geltend  zu  machen  haben 
dürfte.  Das  alle  bayerische  Volksrecht,  die  bayerischen  Landfrieden 
des  18.  und  14.  Jahrhund^,  Kaiser  Ludwigs  oberbayerische  Land- 
und  Stadtrechte,  Herzog  Ludwigs  des  Reichen,  des  Stifters  der 
bayerischen  Hochschule,  und  seines  Sohnes  Georgs  des  Reichen  mit 
den  Ständen  vereinbarte  Landesordnungen  fiir  Niederbayern,  die 
gleichfalls  mit  ganz  vorzugsweiser  Einwirkung  der  bayerischen  Land- 
scliafl  zu  Stande  gekommene  Gesel^ebung  unter  den  Herzogen 
Wilhelm  und  Ludwig  im  ersten  Viertel  des  16.  Jahrhunderts,  die 
umfangicichcn  neselzbücber  des  Herzogs  und  nachmaligen  Kurfürsten 
Maximilian  I.  im  ersten  \'irrlel  des  17.,  wie  des  Kurfürsten  Maximi- 
lian in.  Joseph  aus  der  Milte  des  vorigen  Jahrhunderts,  das  sind  — 
um  nur  der  grösserun  Schöpfungen  auf  diesem  Gebiete  zu  gedenken  — 
die  sprechenden  Belege  hiefür.  Hand  in  Hand  ging  eben  im  Mittel- 
alter wie  später  in  Bayern  ein  gewisses  gedeihliches  Streben  von 
den  T^rschteden^en  Seiten,  theilweise  wohl  wie  auch  sonst  übefaB 
durch  diese  und  jene  grosseren  wie  kleineren  Wirren  von  Aussen  wie 
im  Inneren  geflUirdet  und  unterbrochen,  in  bedenklichem  Grade  unter- 
drückt aber  niemals.  Nur  ein  Blick  in  Sdnstian  Gfinthner's  Geschichte 
der  Utefarischen  Anstalten  in  Bayern  genügt  zum  Beweise  hievon. 


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Ueber  Schreibstoffe  in  Bayern. 


24» 


So  ist  es  uns  denn  alsbald  nach  dem  Erscheinen  der  ersten 
Ausgabe  Ton  Watteniiachs  lierObrlem  Werke  als  eine  nicht  un- 
dankbare AoQjabe  erschienen,  aus  dem  eng  begränzten  Räume 

dieses  Bayern  das  Schriftwesen  im  Mittelalter  zum  Ge- 
genstande zu  nehmen,  beziehungsweise  aus  den  Aufzeichnungen 
welche  sich  hiezu  in  unserer  amtlichen  archivalischen  Thätigkeit  wie 
bei  der  oifronen  wissenschaftlichen  Beschäftigung  allniälig  gesammelt 
haben  eine  Auslese  zu  bieten  wie  =;ie  im  Verhältnisse  zu  dem 
Umfange  der  beiden  Vorträge  in  den  Sitzungen  der  historischen 
Classe  der  Akademie  der  Wissenschaften  vom  13.  Jänner  und 
3.  Februar  1872  ')  stand. 

Auf  der  Grundlage  eines  Theiles  des  ersteren  von  itmen  beruht 
nun  die  folgende  Betrachtung  der  Schreibstoffe  in  Bayern, 
nur  hat  de  hier  —  der  Au^be  der  archivalischen  Zdtschrift  ent- 
sprechend mehr  oder  minder  eine  Ausdehnung  Ober  das  Gebiet 
des  Hittelalters  hinaus  erfohren. 

II.  Utlali. 

Iliebei  eilen  wir  mit  Wattenbach  ')  über  die  eigentlichen  In- 
scliriften  auf  Stein  wie  Metall  hinweg,  und  gedenken  nur  im  Vor- 
übergehen des  bei  GeiselbceGhting  südwestlich  von  Traunstein  zu 
Tage  g^ommenen  Bruchstückes  eines  römischen  Bürgerschaftsbriefes 
ijder  Militirdiplomes,  auch  als  Tabula  honestae  misskmis  auf- 
geführt, aus  dem  Jahre  64  nach  Christi  Geburt,  welches  auf  den 
Tafeln  4  und  5  des  sechsten  Bandes  des  oberbayerischen  Archives 
für  vaterländische  Geschichte  facsimilirt  ist,  als  eines  der  Beispiele 
deijenigen  Form  von  Urkunden  von  welcher  die  ganze  Disciplin 
der  Diplomatik  ihren  Namen  erhallen  hat,  von  Bedeutung  auch 
insbesondere  da  die  paläograpbisch  SO  wichtigen  Waclisiafeln  davon 
nicht  zu  trennen  sind. 

Auch  der  Blei  tafeln  ")  sei  nur  in  Kürze  gedacht,  welche  in 
alten  Gräbern  zuweilen  gefunden  sind.  In  den  Monumenta  boica  II 
zu  S.  440  ist  die  nun  im  Nationahnuseum  befmdliche  abgebildet 

At>g(slruckt  in  den  Abhandlungen  der  historiBcheo  Claase  Band  IUI  Abth.  1 

S.  8-72  und  Ahth.  2  S.  169-230. 

'j  A.  a.  0.  S.  37—41. 

*J  VgL  Wftttenbftch  a.  a.  0.  S.  41-44, 


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250 


Rockinger: 


welche  auf  der  rechten  Seite  bei  der  Scliulter  der  um  das  Jahr  900 

vopstorbenen  ersten  Aebtissin  von  Frauencbi^see  gelegen,  der  seligen 
Irmengard,  von  einem  Abte  Gerhard  ')  stammend.  Meistens  ist  bei 
dergleichen  Bleilafeln  grosse  Vorsicht  anzurathen.  So  wollen  ja  die 
Passauer  die  bekannte  Lebensgeschichte  drs  heiligen  Valentin,  ein 
weit  späteres  Machwerk,  auf  einer  solchon  in  iiu  hrric  Stü(  ke  zer- 
fallenen bei  der  Auffindung  der  Gebeine  im  (h\i\)v  dos^i  lben  ^)  ent- 
deckt haben.  Die  in  den  Monunienta  boica  XI  zu  S.  G  und  7  ab- 
gebildete im  Sarge  des  bayeri>chen  Herzogs  Berdithold  und  seines 
Sohnes  Heinrich  im  Kloster  Niederaltach  befmdlich  gewesene  jetzt 
auch  im  Nationalmuseum  aufbewahrte,  welche  gleich  das  Todesjahr 
des  asten  d^  beiden  Pörsten  falsch  verzeichnet,  und  daran  den 
Satz  >qui  dedenmt  nobts  Osterawe«  knüpft,  dfirfle  vielleicht  gerade 
durch  diesen  Schluss  einen  Fingerzeig  auf  den  Grund  ihres  Entstehens 
an  die  Hand  geben. 

Wird  die  erste  der  berührten  Platten  bei  einer  Oeffnung  des 
Grabes  der  seligen  Irmengard  (ingelegt  worden  sein,  so  kann  auf 
der  anderen  Seite  ebensowenig  Grund  zu  irgend  welchem  Verdachte 
bei  Rleitafeln  vorliegen  welche  in  den  Grundstein  dieses  und  jenes 
Bauwerkes  gelegt  wurden  oder  sonst  zum  Zwecke  der  Verewigung 
gewisser  Ereignisse  oder  beaclitenswerlher  Unternehmungen  u.  s.  f. 
hier  und  dort  Verwendung  fanden.  Das  ist  l)eis))it']sweise  diT  Fall 
bei  der  jetzt  im  Ueichsarchive  aufbewahrten,  die  über  die  Erbauung 
der  sogenannten  Hochbrücke  im  Thale  zu  München,  der 
ehemaligen  Einlass-  und  anderer  Brücken,  insbesondere 
aber  der  alten  Isarbrücke  unter  der  Leitung  des  Jobann 
Anton  Edlen  von  Schönberg  auf  Hügel-  und  E^lfing  und  nach 
seinem  Tode  des  Kaspar  Anton  Edlen  von  Zech  in  den  Jahren 
1759  und  1760  Nachridii  gibt,  welche  bei  der  Aufräumung  dar 
Reste  der  letztgenaimten  nach  dem  Einstürze  im  Jahre  1813  zu 
Tage  kam. 


')  Geiss  in  seiner  Geschichte  des  Beneclictiiu  ninniienklo^^ters  Frauenchiemsee 
in  den  Beiträgen  v.  Deiitinger's  zur  fiescliiclite  iles  ErzlMsllnims  Meuchen  unil 
Freising  I  S.  (278  und)  279  Note  24  meint  von  Seeon,  welcher  im  Jahre  1102 
ZU  dieier  Wflrd«  gelangte. 

")  Scripta  itrictini  et  vix  ad  intdligendum  gesta  ejusdem  sanctissimi  viri. 
qnao  scripta  ex  vetiislate  et  terrae  piitredine  dispersa  ab  invi  iilnrilni?  in  iinuni 
coliecta  vix  ordinem  reruni  gestaruni  manifestant.  Hansiz  Germ.  sacr.  I  pars  I 
eap.  XUI  §  2  pag.  65/66,  pars  II  §  XVU  pag.  294/296. 


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Ueber  Schraibctoffe  in  Bayern. 


251 


Gehören  diese  Erscheinungen  <%a'ntlich  der  E|)igrai»iiik  an.  wobei 
besondere  Gesetze  wallen  (he  melir  oder  weniger  eben  duicli  die 
BeschalTeniieit  des  Stofles  bechngt  werden,  ist  Paj)yrus  wie  in 
Deutschland  so  in  Bayern  wohl  nie  in  starkem  Gebrauciie  gestanden, 
ebensowenig  auch  Thon  und  Holz  ab  Scfareibstoff,  so  erübrigen 
uns  insbesondere  die  Wachstafeln,  das  Pergament,  das  Papier. 

■ 

III.  Wachstafeln. 

Was  die  Wachstafeln  anlangt,  wovon  vorhin  schon  S.  249 
die  Rede  gewesen.  Tafeln  oder  Täfelehen  gewöhnlich  von  Holz,  das 
mit  Waclis  überzogen  wurde,  waren  sie  wegen  dieses  letzteren  so 
gefügigen  Stoffes  wenig<'r  zn  Urkunden  aber  um  so  mehr  in  hohem 
Grade  zur  Benützung  für  mehr  vorübergehende  als  bleibende  Zwecke, 
beim  Schulunterrichte  zum  Erlernen  des  Schreibens,  zu  Aufzeich- 
nungen welche  erst  nachher  auf  Pwgamrat  beziehungsweise  Papier 
fibertragen  werden  sollten,  zu  Rechnungen  und  Registern,  geeignet 
Leicht  waren  die  Ritze  im  Wachse  wieder  yerstriehen,  und  die 
Tafel  war  auf  solche  Weise  nicht  unbrauchbar  geworden  sondern 
diente  so  gut  wie  vorher  zu  anderen  Niederschreibungen. 

Bei  der  Schilderung  der  Sorge  des  Bischofes  Wolfgang,  d^  von 
972  bis  994  den  Uegensburger  Stuhl  zierte,  für  den  Jugend- 
unterricht erwähnt  Othloh  von  s.  Emmeram  *)  ausdrücklich,  er 
habe  sich  off  die  auf  solche  Tafeln  gesdiriebenen  Uebungen  vor- 
zeigen lassen.  Und  Othloli  selbst  spricht  in  dem  Liber  de  ternjtta- 
tione  •)  von  seinen  Kinderjahren,  ipsoijue  tempore  —  wie  er  sich 
ausdrückt  —  cjuo  tabula  mihi  data  est  cimi  aliis  pueris  ad  discen- 
dani  scripturam.  Deutlich  genug  Ix^merkt  audi  die  allerliebste  Tages- 
ordnung in  den  Caimina  burana  *)  wo  ein  Jfingling  zu  fleissigen 
Udi>ungen  ermahnt  wird: 


')  Vgl.  Wattenbach  a.  a.  O.  S.  44—74. 

^  b  4er  Vit«.  Wolfkangi  episcopi  cap.  18,  in  den  Monom.  Germ,  hiit« 
MripL  tom.  IV  S,  684/585:  Juniores  ut  seolaribus  studils  intereeeent  pneeepit, 

seniores  vero  ul  psalmodiis  vel  lertionibus  aut  oralionibii'^  vacru-i  nl  ilwrevit,  Ul 
autcm  adolpsrontou  in  capiftKlis  scientiae  liberalis  noticiis  forenl  a^iliores,  fre* 
quenter  voluit  tahulus  euruni  cernere  dtctales. 

*)  In  den  Honum.  Genn.  biet  scripU  tom.  XI.  8.  893. 
Heniuvegeben  von  Sehmeiler  in  der  Bibliothdt  dee  litereriseben  Ver^ 
ebiB  in  Stuttgart  Band  XVI  1  &  78. 


« 


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* 


252  Hockiog«: 

Postqiiam  dorniieri?.  >it  mos  tuus  ut  inedileiis. 

Quae  niL'ditiüus  eris,  labulis  darc  ne  pigrileris. 

Quae  dederis  cerae,  cupio  quandoque  videre. 
Wie  gerne  man  diese  Wachstafeln  namentlidi  zu  Zinsregi- 
stern Torwendete,  beweisen  die  versdiiedenen  welche  aus  dem  14. 
und  insbesondere  15.  Jahrhunderte  theils  gut  theils  nur  mehr  in 
schlechtem  Zustande  erhalten  sind. 

Noch  in  das  \4,  Jahrhundert,  uro  das  Jahr  1354*  fallt  das  aus 
Polling  stammende,  nunmehr-  im  Nationalmuseum  befindliche 
Wachstafelbuch,  welches  früher  der  zu  bald  vom  Schauplätze  seiner 
Thätigkeit  abgerufene  Akademiker  Dr.  Sighard  besass,  der  auch  in 
den  Abhandlungen  der  historischen  Classe  IX  S.  343 — 356  ausführ- 
lich darüber  gehandelt. 

Auch  im  Reich?archive  findet  sich  ein  aus  Polling  über- 
kommenes, in  seiner  Einrichtung  sozusagen  gleiches,  aber  dem  In- 
halte nach  interessanteres  Vorzeicbniss  der  Gefalle  seiner  Güter  im 
Innthale,  in  der  Leutasch,  hi  Tirol  und  an  der  Etsch,  wohl  aus  dem 
ersten  Viertel  des  folgenden  Jahrhunderts,  auf  7  Holztafdn  m  Octav- 
format,  unten  gerade  geschnitten,  oben  auf  beiden  Seiten  abgerundet, 
am  Rücken  mit  Pergament  fest  in  die  gewiihnliche  Buchfbnn  ge- 
bunden, jede  Seite  mit  Ausnahme  der  ersten  des  Vorderdedwls  und 
der  zweiten  des  Ilinterdeckels  in  zwei  gleichen  Spalten,  wovon  die 
erste  auf  eingeklebtem  Papier  den  ständigen  deutschen  Text  hat,  die 
zweite  mit  schwarzem ,  jolzt  theilweise  abgefallenem  Wachse  zum 
Eintragen  der  betreffendr'n  Einzeif  hnungen  hiezu  überzogen  ist,  im 
Ganzen  also  12  Textseiten  enlhallond. 

Zwei  Regensburger  Wachstafeln  wieder  im  Nationalmuseum 
mit  Aulzeichnungen  aus  dem  ersten  und  zweiten  Viertel  des  be- 
rührten Jahrhunderts  sind  vorzüglich  gut  erhalten  und  das  Wachs 
derselben  ist  sozusagen  noch  weich. 

Auch  die  Staatsbibliothek  bewahrt  15  dorgleicfaen  Wachstafeln, 
welche  früher  sweF  Terschiedene  Codices^  aufgemacht  haben,  deren 
einer  wieder  aus  Polling  stammt  Die  noch  am  wenigsten  unleser- 
liche Tafel  des  letzteren  enthält  fioonomiscfae  Au&dchnungen  in 
deutscher  Sprache  vom  Jahre  1432. 

*)  Nach  Sebraeller  in  dar  swriten  Aufhfe  d«r  allgemeinen  AoAiinft  Ober 
die  Hof-  und  Staatsbibliothek  zu  Hänchen  S.  98. 

Vergleiche  hiezu  Dr.  Sighard,  welcher  annimmt,  dase  de  drei  ffintfthlt 
Bücher  ausmachen  dOrften.  a.  a.  0.  S.  S43  mit  der  Note  1. 


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Ueber  Schrei kslutVe  in  Bayvni. 


253 


Auf  diesem  Schreibstoffie  war  weiter  4ie  toid  Reichsarchivrathe 
Muffat  >)  mitgetheiite  vielfach  interessante  UnterweisuDg  fiber  die 
Förmlichkeiten  bei  der  Prfifung  neugeprägter  Pfennige  zu 
Regensbnrg  verzeichnet,  welche  im  zweiten  Viertel  des  16.  Jahr^ 

hunderts  der  dortige  Stadtschreiber  Andreas  Strauss,  wie  er  selbst 
bemerict,  von  »ainor  alten  wachstafel  die  lang  zeit  in  Herren  Leu- 
polden  Gumprechl ,  die  zeit  *)  der  stal  kamrer ,  gewalt  gelegen  und 
mit  fleiss  darein  geschriben  was«  abgeschrieben  hat. 

Wie  man  endlich  auch  noch  in  späterer  Zeit  sich  der  Wachs- 
taf'eln  zu  diesem  und  jenem  Behufe  be(hente,  dafür  können  wir 
aus  dem  von  Andodis  überkommenen  Cod.  lat.  8116''  der  Staats- 
bibliothek aus  dem  10.  Jaliihunderie  anführen,  dass  er  auf  der  ersten 
Seite  des  vorletzten  Blattes  in  der  Aufiieichnung  »Jlla  debet  habere 
frater  in  cellac  auch  Tabulam  cereatam  cum  graphio  auftfthlt  Weiter 
bieten  daffir  verschiedene  Rechnungen  die  Bel^.  So  finden  wir 
in  Aidenbach  hn  Jahre  1467  »pro  5  tabulis  46  dl.  valentibus  pro 
iuuenibusc  verausgabt.  In  Oberattach  sind  im  Jahre  1491  pro  tabulis 
cereis  16  dl.  verrechnet  In  T^pemsee  boprogrnet  uns  im  Jahre  1497 
eine  Ausgabe  von  9  kr.  vmb  zway  screybtafiTel ,  wohl  Wachslafeln, 
wenn  man  die  Summe  von  5  kr.  pro  graphys  ferreis  hiezu  in  Be- 
tracht /Jehl.  Wolter  im  Jahre  1501  eine  solche  von  19  kr.  für  etlich 
wachstauel  ad  conuenti^. 

« 

IV.  Pergament. 

Genügten  diese  Waclistafeln  trefflich  und  vollkommen  den  Be- 
dürfnissen, wovon  die  Rede  gewesen,  so  war  für  Urkunden  wie 
Bücher,  welche  niolir  als  eine  blos  vorüberfrehende  Dauer  haben 
sollten  im  Mittolalter  in  nicht  ?erin?:erem  firade  geeignet  als  begehrt 
#  wie  fort  und  fort  verwendet  das  Pergaiin-iit  ^).  Es  gilt  früher  ganz 
vorzugsweise  als  der  eigcntlidie  Schreibstotr,  und  der  Ausdruck  »in 
membranac,  welchen  beispielsweise  Abt  Gosbert,  der  von  983  an 
in  Tegernsee  wirkte,  in  einem  Danicschreiben  an  den  Grafen  Arnold 


*)  In  sdnoi  Beitri^en  zur  Gesehiebte  dei  btyeriidmi  Hflmwesaw  imter 
dem  Hanse  WUtelabaeh  vom  Ende  des  12.  Ms  in  das  16.  Jahrhundert,  in  den 
Ahliandlungen  der  historischai  Claaw  der  Akademie  der  WiaBOisehaflen  Band  XI 

Ablh.  1  S.  266-2ti9. 

')  Zwischen  1429  und  1448. 

Vgl.  Watlenbaeh  a.  a.  0.  8.  98-114. 


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2Ö4 


Hockinger: 


für  ein  Geschenk  von  farbigen  Fenstersclieiben  an  die  Klostericirciie  ^) 
gebrauchte,  oder  »in  niembranisc  kann  in  dar  Regel  ganz  allgemein 
für  »schriftlich«  genommen  werden. 

Das  Pergament  war  früh  wie  noch  spät  ein  gesuchter  Gegen- 
stand. Unter  den  Briefen  des  bekannten  Fromund  von  Tegernsee 
gegen  das  Ende  des  10.  Jahrhunderts  begegnet  uns  einer,  worin  ec 
sich  an  den  erwähnten  Abt  Gozbcrt  um  eine  r,i\hv  an  Pergament*) 
wendet.  Von  Fromund  selbst  erbittet  sich  solches  '')  Reginbald  von 
s.  Emmeram,  und  dankt  ihm  in  einem  anderen  Briefe  ')  für  ein 
Geschenk  an  diest-m  SchreibsfofTe.  Wie  hoch  man  schätTilo,  dafür 
spricht  aucli  ein  Brief  dr?  Scholastikers  Megirdiclin  von  Tegernsee, 
wonach  es  hei  Li-islung  von  Zahlungen  neben  Silber  gestellt  ist, 
wenn  er  den  Schwestern  J  und  E^),  welche  mit  der  Entrichtung 
ihres  Zinses  an  das  Gotteshaus  Quirins  im  Rückstände  waren, 
schreibt :  moneo  vos,  sorores  carissiraae,  ut  festinetis  hoe  qnantoctus 
emendare  in  argento  vel  in  membranis  aut  in  aliquibus  rebus  quas 
scitis  necessarias  esse  in  nostris  regionibus.  Gewiss  auch  würde 
man  es,  w^n  sein  Werth  nur  ein  ganz  geringer  gewesen  wäre, 
nicht  in  früher  wie  zum  Theil  noch  in  späterer  Zeit  wiedw  abge- 
schaben  und  neuerdings  zum  Beschreiben  verwendet  hallen,  wovon 
seinerzeit  noch  besonders  die  Sprache  sein  wird. 

Ein  Missverständniss  wolü  möchte  in  Mitte  liegen,  wenn  v.  Hefher  <) 


')  Ouocirca  qunu^quo  Iwus  istf  (fniitiir  tali  diMoialus  uriiatu,  veslrum  nomen 
die  nocluque  celt-lnulionibus  oratioiium  asscribitur.  Et  ut  oimiium  pruxiiuüruiii 
veatromm  memoria  deinceps  bine  agatur,  fecite  conscribi  nomina  quorumcomqoe 
vniti«;  in  inerobrami,  mibisque  transmitti  per  prae^entem  nmutiam.  Pet  codex 
diplomatico  —  liisforirn  —  ppi;i{u!;iri'<  1  1  sp.  123  nr.  3. 

*)  Quia  spirituali  consolulione  ves^lra  parte  —  si  dignaiiiiui  —  notuinus  pri- 
vari,  ad  utilitatem  apiritiialis  et  temporalis  nercitii  aliqiia«  membranas  wM» 
donari  precaraur.  Nam.  ut  scitis,  libcuter  intcnlum  seriptitationis  immoror  studio. 
Sed  nutir  facnltatcm  si  rihfinli  prrgain^nis  ilffiricntibits  non  habeo,  niai  vestrae 
manus  largitione  tribuatui-.   Pez  a.  a.  O.  I  1  sp.  15U  nr.  1. 

*)  Praeteraa  quantmnlibat  membranaa  eansa  pmeribandi  Hbdka  qnoaiiMti 
mihi  aoeoromodatos,  illas  tarnen  aeptem  peUes  iUdem  invoitas  ^  non  ploa 
opus  habeas  —  mihi  transriiiltes,    Pez  a.  a.  O.  I  1  Sp,  Ißl  nr.  T>. 

*)  Pra<'tert\a  crga  ver<lri  pergameni  donatiDiicin,  quia  tunc  gratiaium  actionibus 
locum  non  babuiinus,  inaxinias  referimus  gralias.  Pez  a.  a.  O.  I  1  Sp.  160/161. 

■)  Fes  a.  a.  0.  I  1  Sp.  146. 

•)  In  seinem  Aursatze  Ober  die  Leistungen  des  Klosters  Benf^ilicibeur<?n  fflr 
WissenHcbaft  und  Kunst  ini  oberbayerischen  Archive  für  vaterländische  Ge- 
schichte III  S.  3ö8. 


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Ueber  ScbreibstofTe  in  Bayern.  255 

aus  einer  Stolle  in  Meichelbeck's  Clironicon  l>enedictoburaiiuui  I 
S.  132  schliessen  will,  die  Weisung  des  Abtes  Heinrich  III,  es 
sollten  alle  Widda>felle  an  den  Kämmerer  abgegeben  werden,  de 
qidbus  scolaribos  provideai  In  pelUciis,  gehe  dahin,  sie  sollten  zu 
Pergament  verarbeitet,  und  dieses  sollte  den  Schälem  gegeben  wer- 
doi.  Uns  sch^t  die  Sache  sich  folgendenranen  su  verhalten.  In 
einem  Verzeichnisse  der  Einkünfte  des  Kdlerei-  Probst-  Kammerer- 
KiHtorei-  u.  s.  w.  Amtes  von  Benedictbeuren  zwische  n  1270  und 
1280  Fol.  1 1.  sowie  in  einem  anderen  nur  kurze  Zeit  darnach  fallen- 
den S.  23  lindel  sich  atu  Schlüsse  der  Retlditus  des  Officinni  ramerae 
allordiiijjs  die  Slcllc:  (»mius  pollcs  arietum  dabuntur  caiiierario,  de 
tjuihu.s  S((jlaribiis  i>rovidebitur  in  i>elli(üs.  Eine  spfdere  Hand  hat 
aber  sclion  zum  ersfei-en  iH-merkl:  vostilus  nostrorum  scholarium, 
so  dass  also  die  Denedictbeurer  selbst  die  Stelle  aueli  nur  auf  die 
Kiddung  bezogen  haben. 

Es  verstdit  dch  so  ziemlich  von  selbst,  dass  wie  In  Deutsch- 
land Im  Allgemeinen,  so  auch  in  Altbayem  insbesondere  In  der 
Regel  nicht  italienisches,  mehr  aus  Ziegen-  und  HammelfeUen  be- 
reitetes, auf  der  Fleisek- und  Haarseite  verschiedenes,  sondern  deut- 
sches, mehr  aus  Kalbsfellen  hergestelltes,  auf  der  Vorder-  wie  Rück- 
seite in  der  Regel  kaum  merklich  zu  unterst  le  idendes  Pergament 
zur  Verwendung,'  ^'elanrfte.  Man  war  sich  auch  dieser  Verscliieden- 
heit  sehr  wohl  l>ewusst.  Sehriel)  doch  im  .Talirr  1246  iler  Dechant 
Albert  von  Passau  ^)  an  den  Erzbiscliof  Eberharl  II.  von  Sal/.burar: 
rionsulo  pura  lide,  et  supplicant  otiam  vestri  specialissimi  c1  dcvoli 
iuuici,  ut  in  continenti  sine  morac  disjiendio  dominum  Fridericuni 
de  Leibnitz  cum  vestro  sigillo  sive  bulla  cuu]  pei'gamena  teutonica 
atque  cera  ad  euriam  transmittatls  romanam,  ut  ibidem  juxta  negotii 
qualitaton  tarn  ad  mutuum  contrahendum  quam  etlam  dmnino  papae 
et  ejus  fralribus  dominls  meis  cardinalibu&  Utterae  ordinentur. 

Was  die  Frage  nach  der  Beschaffung  des  Pergaments  an- 
langt, wird  nicht  zu  bezweifeln  sein,  dass  in  älterer  Zeit  in  diesen 
und  jenOT  KHIstem  die  Felle  der  eigenen  Kfdber  hiezu  dienen  mussten. 
Sie  mögen  anfänglich  auch  wohl  daselbst  gleich  verarbeitet  worden 
sein ,  während  sie  dann  und  wann  —  wie  später  wohl  gewöhnlich 
—  zu  diesem  Behufe  auch  aus  dem  Hause  gegeben  wurden.  So 


')  Vgl.  Höf!  er  Alhorl  von  Bpham  unrl  Bcfreslen  Pabsl  Innocenz  IV,  in  der 
Bibliolliek  des  lilerari:>chun  Vereins  zu  Sluttgart,  Band  XVII  S.  III. 


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256  Rockinger: 

beiiierkl  der  Probst  Kaspar  von  Bautuburg  in  seinem  Ausgabenbuche 
zum  Jahre  1445,  als  sdn  Notar  Albert  RAsebel  ihm  Petgainent  tuid 
Papier  sammt  Zeug  zu  Tinte  in  Salzliurg  hatte  kaufen  mfisaen, 
noch  wdter:  hat  geben  ainem  gurtlar  ig  den.  das  er  mir  gonerdct 
bat  xix  caippvel,  die  so!  man  nur  zue  pergamen  wurckken.  Abge- 
sehen davon  war  der  Kauf  des  Pergaments  nicht  ungewöhnlich,  wie 
ja  gerade  im  Jahre  1445  der  genannte  Notar  zu  Salzburg  um  12 
Schillinge  und  6  Pfennige  ^)  solches  seinem  Probste  kaufte,  und 


Um  die  BesUtnmung  dieser  und  der  betreffimden  tmeh  weiter  lahlreieh 

folgenden  Simiiii.ii  /u  fi leichtem,  bemerlcen  wir  aus  Muffal's  BeitrSgen  zur 
Geschieht»'  il  >s  bayerischen  Mfumveppns  unter  dem  Hause  \Vittclsl»;irh  vom  Ende 
des  zwülflen  his  in  das  sechzehnte  Jalirhundert  in  den  Aldiandiungen  der  bisto- 
ri4cli«i  ClasBe  der  Akademie  der  Wissenschaften  XI  Abth.  1  S.  908—209  nach- 
stehende Berechnung  des  Pfundes  Schillings  und  Pfennigs  verachiedener  daher 
einschlagender  Müii/fn  auf  den  Wcrlli  in  süddeutsrlicr  Wähnintr  vom  Jahre  1857. 

Was  zunäclist  die  regcnsburger  Münze  anlangt,  entspricht  von  1231 — 1312 
ein  Pftind  =  18  fl.  10,»*'  kr.,  ein  SchiUing  =  2  fl.  16,««^  kr.,  ein  Pfennig  = 
4,*«*  kr.;  dann  ein  Pftmd  ss  17  fl.  18,'**  kr.,  ein  SehUling  =  2  0.  9,»*  kr., 
ein  Pfennig  =  4,»«^  kr. ;  endlich  im  Jahre  1395  ein  Plünd  14  fl.  48,***  kr.,  «n 
SchilHng  =  1  fl.  51."»  kr.,  ein  Pfennig  =  3."»  kr. 

Von  den  oherhayerischen  und  nioderhayer ischen  Münzen  ist  am  Aus« 
gange  des  18.  mid  Anfiinge  des  14.  Jahrhunderts  ein  Pfhnd  »=  11  fl.  47,***  kr., 
ein  Schilling  =  1  fl.  28,**»  kr.,  ein  Pfennig  =  2.»««  kr,;  im  Jahre  1378  ein 
Pfund  =  8  fl.  dO."»  kr.,  ein  Schilling  =  1  fl.  6,"'  kr.,  ein  Pfennig  =  1,"'  kr.; 
im  Jahre  1391  ein  Pfund  =  12  fl.  55,"»  kr.,  ein  Schilling  =  68,'"  kr.,  ein 
Pfennig  »  1,*M  kr.;  am  37.  Februar  1896  ein  Pftmd  »  7  fl.  10,'<*  kr.,  ein 
Schilling  »  63."*  kr.,  ein  Pfennig  =s  1,»«  kr.:  im  Jahre  1400  ein  Pfund  =  6  fl. 
57.»"  kr.,  ein  Schilling  =  44.*"  Vr..  ein  Pfennig  =  1,"*  kr.;  im  Jahre  1406 
ein  Pfund  =  6  fl.  13,»»^  kr.,  ein  Sdiilling  =  46,"»  kr.,  ein  Pfennig  —  1,"'  kr.; 
im  Jahre  1435  ein  Pfund  =  4  fl.  54.**'  kr.,  ein  SchiUing  86,***  kr.,  ein 
Pfennig  =  1.***  kr.;  im  Jahre  1464  ein  Pftmd  s  4  fl.  49,***  kr.,  ein  SchiUing  = 
86,***  kr.,  ein  Pfennig  1,»»»  kr. 

Bezöglicli  der  jmssruier  Münze  verdanken  wir  ihm  die  Mittheilung,  dass 
im  Jahre  1314/15  ein  i'fund  =  10  fl.  20  kr.  zu  setzen,  wonach  sich  ein  Schilling 
»  1  fl.  17*^  kr.,  ein  Pfennig  =  S'/n  kr.  stellt. 

Was  endlich  die  gleichfalls  öfter  erscheinende  wiener  MQnze  anlangt,  be- 
merkt Alphfiiis  Hill) er  in  seinen  T'iiter-iichnngen  flher  die  Münzgeschichte  Oester- 
reichs im  Xlll.  und  XIV.  Jahrhunderte  im  Archive  für  österreichische  Geschichte, 
Band  XUV  S.  690—680.  dasi  yom  Jahre  1268  bis  1282  ein  Pfund  s  16  fl.  66  kr. 
fisterreichischer  Währung,  ein  Schilling  =  2  fl.  7  kr.  -,  im  Jahre  1805  ein  Pfund 
«  14  fl.  90  kr.,  ein  Schilling  1  fl.  86  kr.;  vom  Jahre  1305-1350  ein  Pfund 
-  12  fl.  40  kr.,  ein  Schilling  =  l  fl.  66  kr.  zu  setzen.  Was  den  Pfennig  an- 
langt, war  sein  Kurswerth  im  Jahre  1266  =  6,*  kr.,  im  lahre  1298  =  6,**  kr^ 


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Leber  ScUreibsloffe  in  Bayenu 


257 


dieeer  selbst  zum  folgenden  Jahre  veneichnet:  ich  hab  chAUflt  zzzy 
pergamenen  hawt,  ye  ainew  für  xx  den.  Daneben  aber  war  auch 
der  Weg  nkht  unbeliebt,  dass  man  fOr  die  Kalbfelle  —  insoweit 
man  sie  nicfat  wie  andere  H&ute  zu  verkaufen  ^)  für  gut  fond  —  gegen 
dne  gewisse  Aufgabe  Pergament  eintauschte.  So  verzeichnet  wieder 
Probst  Kaspar  unter  dem  Jaliro  1442:  kh  hab  funfczig  kaippud 
geschickt  gen  Salzburg,  da  für  hat  man  mir  geben  funfczig  pcr- 
gamcnhawf.  vnd  icli  hab  auf  yodlfNchew  hawt  aufgeben  iij  dl.  jtem 
der  iiotl  hat  verzcrl  xviij  dl.  vnd  icii  han  Jni  ze  Ion  prebon  ain  nieczen 
waiczcns.  Oder  unter  der  Ueberschrift  »Salczburg  pergamen«  unter 
dem  Jahre  1445 :  ich  hab  aufgeben  auf  liiij  kalj)pvell  darfur  man 
mir  pergamen  hat  prachi  auf  yedleichs  kal[)pvell  iij  dl.  per  manus 
Alberti  Räschel.  vnd  den  knechten  zue  trinckgelt  vj  dl.  Weiter 
lesen  wur  daselbst  zum  Jalire  1474  über  ein  derartiges  Geschäft  mit 
dem  wasserburger  Bürger  EndarfSer:  mein  her  farobstCaqiar  hat  mit 
im  tawach  kalbfell  Tmb  pergamenhewtt  vnd  mein  herr  hat  jm  auff 
geboi  auff  ain  pergamenhawt  iüi'/i  den.  facit  vg  schill.  vnd  zu  den. 
hiteressirt  hiebe!  auch  die  Frage  nach  dem  Arbeitslohn,  so  ersehen 


Tum  Jalire  1305— 18&0  eridlicb  =  6,"  kr.  Nach  S.  537  sodann  slelMe  sicli  in 
Folge  des  Patentes  vom  Jahre  1899  der  HOnswerUi  des  alten  Pfemiigs  aitf  2^** 
Oflcr  ciwas  weniger  als  2'/«  Neukremer,  der  des  neuen  Pfennigs  auf  etwas  nidir 
S,^*  oder  fast  8*/«  Neukreamr,  wShrend  der  Kurswerth  sich  etwas  besser 
slellle. 

Es  mag  hierOber  jetxt  auch  Muffat'a  ErOrtenmg  Ober  das  Gewicht  und  den 
Gdialt       Osterreiehisefaen  Pfennige  von  der  Milte  des  XIII.  bis  zur  Milte  des 

XV.  Jahrlninded-*  und  «If^r  l>(^hrnisrlioii  Grosrlioii  im  XiV.  .Inlirbmiflcrfe  verglichen 
werden,  in  den  Ahliaiidlungen  der  historischen  Classe  der  Akademie  der  Wissen* 
schaßen  XII  Ablh.  1  S.  75-144. 

*)  Beiqiielsweiw  das  Kloster  Obenitaeb  verkaufte  im  Jahre  1440  dem  Weigel 
POddär  von  Stmubing:  10  rinderhewt«  ye  aine  vmb  86  dl.  tl  kalbM,  ye  aina 

vml»  5  dl.  —  Sodiitm  Im  Ubrc  1444:  drey  ocliseiiliewt  vmb  7  soliill  dl.  9  kue- 
hewt,  aine  vml'  35  dl.  =  lO'/j  sohill.  dl.  14  sawhewl,  14  Italpf'el,  9  schaffei, 
als  durcli  ein  ander  ye  ains  für  2  groschen  =  7  Schill,  dl.  vnd  12  dl.  Weiter 
noch  7  kalpfel,  2  schaffTel,  4  sawhewt,  ye  aIns  in  das  ander  vmb  8  dl.  s  8  sehllL 
«11.  •)  <11.  —  Ferner  im  Jalirc  1447:  M  kalpfel.  n  schaflM,  ains  für  8  dl  Dann 
12  kalpfel,  8  sawhewt,  10  .schaffei,  aius  in  <las  ander  ye  ains  vmb  8  dl.  Ausser- 
dem nochmal  12  sawheut,  16  kalpfel,  3  schalfel,  alle  durch  ein  ander  vmb  7  dl.  — 
Weiter  im  Jahre  1449:  9  rinderhewt,  aine  vmb  46  dl.  regensburger.  17  saw- 
liewt,  15  kalpfel,  10  sehalMt  aina  in  das  ander  zu  19  hfdler,  vnd  S  fei  dar  ein. 

Eine  Aufzciclunnip  endlich  zum  Jahre  1490  liesapt :  Michael  carnifex  dedit 
pro  xij  pellibus  vitulinis  g  schill.  vj  dl.  pro  octo  cutibus  1  pf.  2  schili.  20  dl. 

AieUT^sehe  MCsebrift  I.  17 


258 


Rockinger: 


wir  selben  *)  g^n  den  Schluss  dieses  Jahrhunderts  aus  den  Rech- 

nungcn  von  Togernsee,  Daselbst  sind  beispielsweise  im  Jahre  1492 
verzeichnet  einmal  12  schill.  dl.  von  hundert  xx  lieüten  pcrganien 
CZU  wurchen,  und  <lann  17 ','2  Schill,  dl.  für  andorthaibliundert  heyt 
porganien  czii  würchon,  im  l'olgeiulLii  1  (1.  rlioin.  l'nr  70  heyt  pergamen 
ze  u  uiclion,  im  Jahre  1495  sodann  10  schill.  dl.  für  100  heyt  pergamen 
ze  wirckon  j>er  dl.  Im  Jahre  14!)7  >ind  verreclinot  12  Schill,  dl. 
von  120  pürnuntlhewl  gewirclit,  weiter  5  scliill.  minus  3  dl.  dem 
pirmeltere  für  50  heut  ze  wurcken  im  Jahre  1499,  oder  30  dl.  dem 
pinnetter  von  10  pirmet  heit  ze  wirchen  im  Jahre  1502,  oder  6  Schill. 
6  dl.  für  62  pergamen  heit  ze  wircken  im  Jahre  1505. 

Schon  hieraus  ist  ersichtlich,  dass  insbesondere  in  den  Stfidten 
die  Bereitung  des  Pergamentes  ein  Gegenstand  des  bürgerlichen 
Gewerbes  gewesen.  Auf  solche  Weise  konnte  man  es  denn  auch 
allgemein  leicht  kaufen.  So  begegnet  uns  unter  den  Zeugen  bezQg^ 
lieh  des  Gutes  Pucinhofen  im  Codex  traditionum  von  s.  Emmeram 
zu  Regenshurg  *)  unter  dem  Abfe  Peringer  im  letzten  Viertel  des 
12.  Jahrhunderts  ein  Chunrad  ijergamcnarius.  In  einer  Urkunde  von 
dort  über  eine  Leibgedingsverleihung  einer  Area  inter  institas  sita 


*)  Viellri.  ht  (lOrfen  wir  bri  der  Gelcpenheil  Auch  einer  Altrechnung  des 
mehr  gpiiannteu  Pmiistps  mit  »maister  Virich  ledrer  jm  AlteniDftrgkbU  aus  dem 
Jahre  U75  einen  Platz  gönnen: 

Hein  her  btobst  Caqmr  vnd  er  heben  miteinander  abgerait  die  kalbfel  vnd 
ander  hawtt  die  tr  meinem  Herren  geworchl  hal.  Ileni  von  dem  ersten  hat  er 
geirarcht  xwj  kalbM,  de  quil)ns  zu  Ion  iij  den.  facit  Ixxviij  den.  Itoni  vnd  zway 
aebaflel,  da  von  ze  Ion  vj  den.  Item  mein  her  hat  auch  von  jm  chaufil  zway 
kalbfel  vmb  sd  6tn*  Hern  hat  mer  geworeht  uro  gvon  ronbawt,  da  von  le  Ion 
xl  den.  Ueo)  hat  mer  geworebt  memem  faerren  ftmff  oebsenhawtt,  de  quibus 
w  Ion  zx  den.  Item  vnd  mr  r  ain  kaihhaut,  da  voo  ae  lott  XV  den.  Item  vnd 
mer  ein  roszhawt,  da  von  ze  Ion  xx  den. 

De  hijs  Omnibus  satisfecit  sibi  dominus  jn  die  Viti  anno  etc.  Ixxv,  jn  pre- 
•entia  Hamrid  de  Aw,  dombii  Qeorgij  Katspeckb,  ac  md  Thome. 

Aus  dem  folgenden  Jahrhunderte  liegen  beispielsweise  von  Wessobrunn 
sichere  Angaben  vor.  Nach  seinen  Haus-  und  Ehehaltenbilchcrn  betrug  zu 
Pfingsten  des  Jahres  1617  der  Lohn  des  Lederers:  5  kr.  von  Iteut  und  püschlein, 
4  dL  von  feien  und  eanliettt.  In  üebereinstimmung  biemit  iet  er  auch  im 
Jabre  1627  folgendermassen  angegflitn :  von  einiT  Haut  6  kr.  von  einem  Kalb- 
felle 4  dl.  vnu  eiiu'i  Gnishaiil  imd  Miiiid-haut  aurb  4  dl.  Im  letzten  Jahre  ver- 
arbeitete er  61  Häute  und  168  Felle,  wofür  der  Lohn  mit  6  fl.  6  schill.  28  dl. 
in  Reebnong  gesetit  iiL 

')  Pes  anecdoU  1  6  Sp.  188. 


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Ueber  Öchreibslotl'e  in  Bayern. 


259 


vom  1.  November  1239  ist  der  erste  von  den  Laienzeugen  Amoldns 
pei  gamenarius.  In  ein«  Aufzeichnung  im  Traditionscodez  von  Nieder- 
altacfa  anter  Abt  Volkmar  um  das  Jahr  1281  erscheint  ein  Albertus 
dictus  PuhTeDer  dvis  ratisbonensis.  Unter  den  Zeugen  einer  Urkunde 
des  Domcapitels  von  Passau  (Iber  dm  Vokauf  eines  Hauses  daselbst 
an  da?  Kloster  Formbacfa  vom  18.  Februar  1288 ')  stosson  wir  auf 
einen  Fridericus  pergamenatoT.  Unter  denen  in  einer  I^rkiinde  des 
Stadlrichters  Ulrich  Sokkinger  von  Passau  vom  1.  Septt  mber  1339 
bejreprnet  uns  Michel  der  Puechuelaer.  Eine  Jahrtairsstill  uii;,'  welche 
der  hraunauer  Bürger  Hermann  der  Püchfelär  am  Donnerstage  nach 
Michaelis  drs  Jahres  1398  l)eini  Kloster  Asbach  gemacht  ist  in  den 
Monum.  boica  V  S.  200—202  abgedrucict.  Der  Probst  Kaspar  von 
Baumburg  bemerkt  in  seinem  Ausgabenbuche  zum  Jahre  1448:  ich 
hab  chai]dR  von  dem  pergamisten  von  Salczburg  xzviij  pcigamenen 
hawt,  ye  ainew  tat  xx  den.  Und  im  folgenden  Jahre  schickte  er 
dem  Dombäcker  von  Salzbürg  6  Schill.  10  dl  von  pergamens  wegen 
—  wie  er  sich  äussert  —  dye  ich  dem  pergamist  zu  Salczburg  schuldig 
war,  vnd  der  tumbeckher  porg  für  mich  was.  Abt  Narciss  von 
Benediclbeuren  bezog  im  Jahre  1497  von  Peter  Aberel  purmater  ze 
Augspurg  Ixx  hautt,  ye  x  für  ain  gülden.  Und  im  Jahre  1501  be- 
zahlte er:  Monaci  dem  pirmatar  1  gülden  reinisch  vmb  10  haut 
pergamen. 

Einen  fürmlichen  Handel  mit  Pergament  im  Kleinen  und  im 
Grossen  trieb  insbesondere  Tegernsee  ')  um  diese  Zeit. 


•)  Vpl.  (lio  Monum.  boica  XI  S.  90)91. 

*)  EheiKlorl  IV  S.  159.  , 
*)  Aus  der  Verzeiclinuiig  seiner  Einnalunen  in  den  Jahren  1492—1499  wollen 
wir  Uer  ekage  daher  ehuehlagaide  Posten  auffilhren. 

Im  T  ihre  1492:  17  dl.  Hanns  AriDSmalcz  für  1  pergamenthawt.  5  kr.  vmb 
1  haut  ptT^Mmen  hem  Sipmiinflrn.  —  Im  .Tahre  1493:  2  fl.  rhen.  dcdit  Michel 
scriptor  de  Elpach  pro  pergameno.  17  flor.  rhen.  30  dl.  dominus  abb.iä  de  Alltach 
«uperiori  Anr  900  pergamen  h«wt  pro  dualnis  vieibus.  —  Im  Jahn  1494:  84  dL 
für  2  pergamen  heyt  plebano  In  Sliers.  —  im  Jahre  1495 :  3  fl.  pro  pergameno 
ad  Peyreii.  5  kr.  pro  pergameno  dem  Mölecker.  13  dl.  pro  ponrameno  Hannsz 
Probst  —  im  Jahre  1496 :  8  fl.  rhen.  dominus  prelatus  de  Feyreu  pro  pergaraeno. 
17Vi  dL  vmb  1  haut  pei^amoi.  1  fl.  10  kr.  fbr  14  pergamen  beut  4  aehill.  90  dl. 
vnd)  pergamen  a  plebano  noetro.  7  dl.  für  >/*  hautt  pergamen.  6  kr.  vmb  1 
pergampnhuutt.  15  <11.  für  ain  pergemen  haut  (l<>m  canfzlor.  10  kr.  fiir  2  porpanien- 
•  heyt  plebaiius  nosler  Sackrer.  —  Im  Jahre  1497:  17"/»  dl.  für  1  pergamen  hawt 
Michel  maier.  6  kr.  für  1  pergamen  hawt  Posch  von  Muespach.  8  kr.  IQr  nvo 


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260 


Rockinger: 


Was  die  Preise  des  Pergamentes  betrifftt  sind  die  Nachrichten 
aus  früherer  Zeit  leider  nur  mangelhaft,  und  bieten  uns  insbesondere 
die  hier  und  dort  erhaltenen  Rechnungen  ^)  nur  die  Gesammtsumme 
fi3r  einen  grösswen  oäer  kleineren  sei  es  jähilidien  sei  es  anderen 
bestimmten  Bedarf,  ohne  dass  sich  der  Prds  für  die  einzelne  Haut 
mit  Sicherheit  angehen  lio>?e.  Letzteres  ist  der  Fall  bei  dem  grossen 
Graduale  welches  für  Aldersbach  geferti^'t  wurde,  wofür  in  der  Rech- 
nung vom  22.  November  1321  bis  12.  Juni  1333  »pro  175  cutibus 
jiei^ameni«  3\'2  Talente  iiiui  35  re^'cnsburger  -)  verausgabt  stehen. 
Erst  aus  späterer  Zeit  stehen  uns  in  dieser  Hinsicht  veriässige  Auf- 
zeichnungen zu  Gebot.  Im  Rechnuni^sbuche  von  Weltenluirg  sind 
zum  Jahre  1441  pro  7  cutibus  pergameni  14  Groschen  aufgetührt. 
Der  Probst  Kaspar  von  Baumburg  bemerkt  in  seinem  Ausgabenbuche 
unter  dem  Rubrum  »Dftumel  sawsneyder«  zum  Jahre  1443:  ich  hab 
dhaufl  von  jm  zliiij  hawtt  pergamens,  die  hawt  ftir  ig  dl.  Nach  dem 
Rechnungsbnche  van  Obendtach  wurden  am  Montage  nach  Fron- 


pergamen  hewt  plebanos  nosler.  6  kr.  pro  pergUMno  eaneellarla.  14  dL  ftur 

1  perK'aiiiPe  hawt  Michel  rnaler.  —  Im  Jahre  1496:  68  60  dl.  Tur  100  pergaiueik 
hewt  aljbali  in  Nietlcraltach.  14  ill.  für  ain  pcrframpn  hawt  Michel  maier.  — 
hu  Jahre  1499:  1  fl.  rhen.  pro  pergameno  von  den  vuu  Peureu.  14  scbill.  dl. 
für  24  pOrmentheut  abbas  de  Pewrn. 

')  Beispielsweise  unter  den  »historischen  Notizen  aua  dnem  Rechnungsbuche 
des  Kloslers  A!d»T^li.Lch>.  Ufldir  MufTat  in  den  Quellen  zur  hayerisrhen  (Je- 
schichte  I  ä.  442—474  verölkntlicht  hat  Ündeii  sich  folgende  daher  bezügliche 
Eintrage.  Vom  S  Hai  ISm  —  88  Mai  1MB  t  U  Ul.  rat.  —  Vom  16  Jon!  1S06. 
-  24  Joni  1806:  IUI  UK  31  dL  -  Vom  87  Wkrt  1807  —  26  Hin  1806:  in  Ul 
60  dl.  -  Vom  15  Juli  1313  —  26  April  1314:  IV  tal.  10  den.  pat.  —  Vom 
24  Appil  1320  —  27  Mai  1321:  IUI.  tal.  54  den.  rat.  -  Vom  4  Mai  1325  — 
26  Mai  1326:  IV  tal.  minus  38  den.  rat.  —  Vom  8  Mai  1327  —  6  Juli  1829: 
e^t  tal.  —  Vom  6  4iiU  18S9  —  86  Mai  1880:  9  soL  minus  6  den.  »  Vom 
6  Tiili  1333  —  15  .Tuni  r'.^4    ft  -.,1  minus  10  den. 

Auch  in  der  im  Besitze  des  iiistoris«-hen  Vereins  von  und  für  Oherbayern 
beündhchen  müuchner  Stadlkammerrechnung  aus  der  ersten  Hälfte  des  14.  Jahr- 
hunderls lesen  wir  nur  gans  allgemefai  anf  V<A.  186  tum  Jahre  1888  die  Venus* 
gal>uiifr  von  soL  pro  pei^amenu,  deutlicher  auf  FoL  126  dahin  bessichnet: 
xi)  sol.  pro  pergameno  ad  libros  juris.  Vergleiche  unsere  Alihaiidlunp  zur  .lusseren 
Ueschichte  von  Kaiser  Ludwigs  oberbayerischen  Land-  und  Stadtrechten  im  ober- 
ba]rerisehen  Arehire  XXIII  S.  856. 

Nicht  minder  liegegnet  uns  in  dner  Anfaiehnnng  der  Ausgaben  des  Abtes 
von  s.  Emmeram  aus  dem  Jahre  1364  ^deirhfalls  nur  die  allgemeine  Angabe: 
pro  pergameno  ad  litteras  Fridluii  Strauzzonis  xxxij  den.  inouac. 

*)  Vergleiche  hiezu  den  ersten  Absatz  der  Note  1. 


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Ueber  SehreUMtoffe  in  Bayern. 


261 

1 


leichnam  des  Jahres  1444  dem  Konrad  von  Passaii  bczalilt :  31  dl. 
für  4  liewt  pergamon.  Iin  Jahre  1446  kaufte  der  Notar  des  Probstes 
Kaspar  von  Bauniburg  »xxxvj  hawt,  yc  ainow  für  xviij  den.«  zu 
Salzburg,  und  in  demselben  Jahre  verzeichnet  der  genannte  I'roj)>t 
noch  weiter:  ich  hab  chauft  xxxij  perganieni'ii  hawl,  yo  ninow  für 
XX  den.  Olx  [;ill;(rli  kaufte  im  fol^ronden  Jiilire  am  T;ige  Fal)iani  und 
Sekistiaiu  vuu  d«.in  vüiliin  bemerkten  Konrad  von  Pa.s.sau  18  hewt 
pergamens,  aine  für  20  häller,  im  Jahre  1449  sodann  21  hewt  per- 
samen,  aine  vmb  19  hfiller.  Zu  demselben  Jahre  sind  In  Weltenbuig 
tSit  zwo  hewt  pergamen  40  obuli,  und  in  Aldersbach  pro  8  cuttibus 
peigameni  52  dl.  wienn.  verrechnet  Aus  diesem  Kloster  haben  wir 
auch  Au&eichnungen  aus  dem  dritten  Viertel  des  Jahrhunderts.  So 
zum  Jahre  1461  pro  20  cuttibus  pergameni  11  Schill.  20  dl.  und  pro 
134  cuttibus  pergameni  7  Pfd.  2  Scliill.  12  dl.  Zum  Jahre  1456  pro 
2  cuttibus  pergameni  3f3  tll.  Zu  den  Jahren  1459  und  1460  pro  per- 
jrameno,  vidclicet  pro  00  cuttil)us,  5  Pfd.  minus  30  dl.  pro  15  cuttibus 
pergameni  et  bitumine  0  Schill.  10  dl.  Zum  Jahre  14G7  i^ro  perganieno, 
videlieet  14  cuttibus,  10  Schill,  dl.  pro  21  cutibu-s  vitulinis  Steffano 
Ilolbe^rkeii  pro  pergameno  aptis  10  Schill.  15  dl.  Zum  Jahre  1470 
pro  3  cLitibus  pergameni  00  dl.  Kein  Mangel  endlich  ist  an  hieher 
einschlagenden  Aufzeichnungen  aus  dem  Ende  dieses  Jahrimnderts 
und  dem  Anfange  des  folgenden,  aus  welchen  sich  auch  die  Preise 
ÜQr  das  ganz  ferne  oder  Jungfempergamoit  ohne  Beschwerde  ent- 
nehmen lassen,  fOr  jenes,  welches  die  Häute  ungebomer  Lämmer  ^) 
geben,  das  aber  naturgemäss  keine  besondere  Grösse  haben  kann. 
So  finden  sich  beispielsweise  in  den  Rechnungen  von  Tegernsee  ver^ 
ausgabt  9*/t  Schill  dl.  für  27  heyt  virgineum  i)ergamenum  im  Jahre 
1493,  im  folgoiden  2  fl.  rhen.  für  50  hewt  ver^'inei  pergameni,  1  fl. 
für  35  heyt  pergamee  ?irgincum  im  Jahre  14UÖ,  im  folgenden  13  Schill. 
21  dl.  dem  pirnieter  von  137  heulen,  im  närhsten  2  fl.  für  20  grosz 
purmentt  lieüt  kaufl  und  wieder  4  11.  für  44  hewt  pergamenum,  9  kr. 
für  2  pergarncnen  In  ut  im  -labrc  1500,  weiter  5  Schill.  12 ','2  dl.  von 
54  kalbfel  pro  i)ergameno  und  5  Schill.  3  V«  dl.  pro  pergameno  vir- 

*)  Von  ihrer  wundervoUen  Feinheit  kannten  wir  uns  euunal  bei  Gelegenbdt 
dner  Lanttirahweihe  im  haTeriBch»  Gdiirge  aberzeugen.  Die  Wanderung  führte 
au  einem  Mflhlanwesen  voröhtT.  wospllist  gerado  ein  schwarzes  Srliaf  nn^i/ezogen 
wnmle,  «las  mit  einein  Länimleiu  schwanger  gegan^ron.  Der  Anl>lirk  der  Haut 
des  kleinen  Geschöpfes  genügte  ohne  weitächweifige  Erläuterung  zur  untrüglichsten 
Erklirung  der  Zartheit  und  Dünne  des  aus  solchem  Stoffe  breiteten  Pergamentes. 


26!^ 


RocUnger: 


gineo  im  Jahre  1504,  sodann  4*/«  Pfd.  22*/b  dl.  für  58  pcrgarae 
hcytt  und  noclimal  3fl.  20kr.  für  33  heytt  pergamee  kaufl  im  Jahre 
1505.  Aus  dieser  Zeit  erübrigen  auch  noch  von  Oberaltach  wie 
Aldorshuch  2)  wie  Diessen  *)  wie  Benedictbeuren  *)  und  sonst  hierauf 
bezüijlicbe  Angaben. 


')  Hier  ii^t  zum  Jabi-e  1<19I  uu%ezeicbnel :  emimus  duoüeciiu  cuttes  pergametii 
die  s.  Pbilippi  pro  2  schiU.  34  dl. 

*)  Ausser  den  firflher  bemerkten  Summen  sind  hier  tum  Jahre  1498  IQr 
10  cuttes  iiergariH'ni  7  scliill.  dl.  aufgeführt. 

Ali^'«>sohen  ilavoii  fiiiili>n  wir  zum  Jahre  1467  den  Eintrag:  pro  reformalione 
pergauic'ui  5  scliill.  dl.  i>ul. 

Auch  ni  Pergament  fIBr  eine  Schrdbimterlage  begegnet  uns  zum  Jahre  150O 
die  VfTZi'ioliming:  pro  vno  sextemo  jn  peigameno  pro  fundamento  scripturae 

8  Schill.  10  dl. 

'j  In  der  bi>soiidereii  Huhrilc  »pro  div«Tsis  iu'n--it.itibusc  in  seinen  Rech- 
mmgsbücbern  stossen  wir  auf  fulgende  An^jaben.  Zum  Jahre  1496  :  9  Schill. 
18  dL  pro  16  pyrmflt  heytt.  —  Zum  Jahre  1499:  11  Schill.  8Vt  dl.  pro  19  pyr- 
mflt  hejt  —  Zum  .Talin>  1.502:  4'«  fl.  ]0  dL  pro  68  pyrmüt  hfvt. 

*)  Dem  Ausgabenbucbe  des  Abtes  Narctss  entnehmen  wir  nachstehende  Ein« 
träge: 

Zum  Jahre  1495:  sehen  haQU  far  am  gülden  reinisch  pei  Jorg  Pawmeister 
Auguste,  erkaufil  Auguste  per  dominum  Johannem  Sehweigkar  Tiigiiieum  perga- 

menum  x  lianit,  vnd  ain  hautt  coopertori  für  i  gülden  reinisch.  erkauA  ze  Tcpcrn- 
see  hi'di  rar  ain  gülden  reiniscb  fer.  III  nach  Bartholomai,  und  norlimal 
fer.  V  vor  (Jalli. 

Zum  Jahre  1496:  JOrg  Pawmayster  hat  vmb  UilVs  gülden  pergamen  kauflt, 

ye  xj  haut  ffir  i  truldcii.  viui  Freysing  xxviij  liaQit  porgam«!  Tmb  iij  ^'ul.len 
reinisrli.  fralri  Bi-nedlciu  -2°  vinh  viij  hciltlin  vergineum  pcrfranienum  's  t;uldcn. 
xxxiij  haut  für  iij  guideii  reiuiüch  urkautn  Auguste  per  dominum  .luhaunem  Ziegler. 

Zum  Jahre  1497:  Von  Peter  Aberel  purmater  ze  Augspurg  Ixx  hautt,  ye  x 
Air  ain  gdden.  ain  kapertt  haut  vmb  t  kreytzer.  v}  den.  hihales.  faeit  totum 
vij  gülden  xxiii'/i  d(>n.    Von  dem  von  Tc?gernsee  xliiij  häuf  für  iiij  gülden. 

Zum  .Tahre  1498:  ij  frniden  vj  kreytzfr  vmb  xxiiij  hawlt,  j  capertt  baut, 
uon  Tegernsee  xij  liaütl  für  j  guKleu  remisch. 

Zum  Jahre  1499:  gen  Tegernsee  j  gülden  remiseh  vmb  xig  hftutt  pergamen. 
mer  dem  uon  Tegernsee  ü  gülden  reinisch  vmb  xxv  hefltt  pergamen  per  dominum 
Wolfganpum. 

Zum  Jahre  150U:  ze  München  pergamen  xij  haült  für  j  gülden  reinisch, 
vnd  dar  zu  copertorj  haut  fOr  v  kreytzer.  facit  j  gülden  rehiisch  mVh  den.  gen 
Tegernsee  j  gülden  reinisch  vmb  xv  hftut  pergamen,  do  wir  jm  dy  precbsen  halm 
geschickt  pei  flaspcr  Märtzen.  mer  j  gülden  gen  Tegernsoe  vmb  xiiij  heilt  aus- 
klaubte pergamen  pei  Jorgen  Pawmaisler.    Monari  xij  liäut  pergamen  für  aiu 

9  den.  vnd  ain  cooperthaut  xxi  den.  facit  j  gülden  j  ächill.  xxi  den. 

Zum  Jahre  1601 :  Honaci  dem  pirmatar  j  gülden  reinisch  vmb  x  haut  p«- 


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Udwr  Schr^stoffe  in  Bayern.  263 

Ob  auch  farbiges,  insbesondere  purpurnes  Pergament 
in  Bayern  je  im  Gebrauch  proslanden?  Das  unter  den  Cimelien  der 
Slaatäbibliothek  befindliclie  Evangcliarium  aus  dorn  9.  Jahrhundert o, 
welrhes  auf  Purpurpor^ranioiit  bis  Fol.  mit  ^ioldcnen  und  von  da 
ab  mit  silborncn  Huchslaben  <^'eschriel)L'n  ist,  ^'cstattct  keinen  ver- 
lässigen Schluss  iiierauf,  indem  einmal  seine  Herkunft  nicht  festge- 
stellt ist,  auf  der  anderen  Seite  aber  auch  immerhin  möglich  bleibt, 
das»  ee,  selbst  wenn  es  ans  dner  bayerischen  Dom-  oder  Kloster- 
bibllotM  stammt,  als  Geschenk  oder  sonst  toti  anderswoher  dahin 
gelangt  sein  mag. 

Uebrigens  wurde  Pergament  nicht  allein  zu  Urkunden  und  Hand- 
sdiriften  wie  thellweise  zu  Einbänden  der  letzteren  yerwendet.  Es 
begegnet  uns  auch  als  Stoff  für  Schreibtafeln.  Der  um  das  Jahr 
1500  zu  Tegernsee  gesammelte  Libor  illuministarum ,  ein  ganz  un- 
schätzbares Receptbnt'h  auch  nameiitlicli  für  das  (Jehiet  des  Sclirifl- 
wesens,  handelt  auf  Fol.  33  in  einem  eigenen  Abschnitte,  de  tal)ulis 
ex  pergameno,  hierüber.  Albe  taltule  perganiene,  iu'isst  es  dort,  ita 
fiunt,  Ik'cii)e  pergamenum  vitulinum,  et  pone  ipsum  in  tentorio, 
et  bene  extendas,  et  optime  sicca  ipsuui  ad  solcm.  El  facies  ler. 
Et  post  ipsum  accipe  album  plumbum  optime  puluerisatum,  et  misce 
cum  oleo  Ifaii  Tsque  fiat  tenue.  Dum  inde  habeat  colorem  album, 
de  albo  plumbo  et  Isto  liquido  colore  itlini  istum  predictum  vitu- 
linum. Et  post  ipsum  desioca  ad  solem.  Et  hoc  &c  nonies,  et  hoc 
vt  in  quantitate  ^)  illius  tenuis.  Et  non  apponatur  altera«  nisi  pre- 
cedens  optime  sit  sicca ta.  Hoc  facto  formes  folia  de  ipso  vitulino 
quanta  volueris,  et  fac  tabulas.  Potesque  super  eas  scribere  stilo 
plumbeo  stagneo  cupreo  uel  argenteo.  uel  etiam  cum  incausfo.  et 
delere  litteras  cum  saliua,  et  iteruiu  sirihere.  Cluni  aulem  tola  albedo 
disparuerit,  dealha  eas  iterum  lie  albo  plunibo  cum  saluia  sicul 
communes  tabulas,  uel  cum  rasura  testarum  ossarum  uel  |)uluere 
ossium  conbustorum  et  saluia.    Wir  werden  wohl  nicht  sehr  im 


^aroen.  Uaiius  Messerschmid  uoii  Wt-iliiaim  bat  vnns  pracht  uou  Augspurg 
irj  bafittUn  junekfra  pergamen,  Tnd  sunst  xxxviiy  baut  gmaina  pergamen,  vnd 
ain  liautt  coopoioij,  thnel  als  xlvj  liäut,  für  iiij  guld<'ii  n  iniiich.  UOn  Tegernsee 
xxiiij  hafitt  )M>rt:nmoti  vml)  ij  guldeii  reiiiisch.  jtem  VOD  Tegernsee  fQr  iijj  gülden 
pergamen,  albt^  für  ain  gülden  xij  beiU 

Zum  Jahn  1802  en^ich:  Dem  Mcaaenehmid  Ton  Weilbam  x  krautwr  fOr 
ij  haOt  Tirgineum  pergamenum. 

In  d«r  Handschrill  atebt:  et  boe  vUqoe. 


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2$4  Rockinger: 

Irrthum  befangen  sdn,  wenn  wir  die  Aufeeichnunp:  im  Ref,'i^:l^llm 
cellcrarii  von  Tegernsee  »8  kr.  für  weysse  schreib  täfel«  zum  Jahre 
1501  auf  solche  Perframenltafeln  beziehen. 

Noch  können  wir  hier  nicht  .schlies-;cn,  ohno  zu  bemerken,  dass 
häutig  Perp:anienl  das  bereits  besciu-ieben  frewcsen  seiner 
ursprünglichen  Schrift  entkleidet  und  neuerdings  zum 
Beschreii)en  hergeri clitef  und  henülzt  wurde.  Es  ist  weder 
im  Reiclisarclüve  noch  auf  der  Staalsbibhothek  ein  Mangel  an  Ur- 
kunden wie  Handschriften  ivekhe  auf  dergleichen  Pergament  ge- 
fertigt sind.  So  ist  beispielsweise  das  aus  dem  Archive  von  s.  Em- 
meram stammende  Exemplar  des  in  Riedas  Codex  historico-diplomaticus 
ratislsonensis  I  S.  36  nur  aus  einem  Diplomatar  abgedruckten  um 
das  Jahr  842  zwischen  Bischof  Baturich  und  einem  Vir  illuster 
Maurentius  vorgenommenen  Tausches  von  zwei  Gütern  auf  eine 
Peigamenturkundc  geschrieben,  deren  früliere  Schrift  abgekratzt 
worden,  und  sind  hiebei  theilweise  die  zwischen  den  ausgeschabten 
Zeilen  leer  gebli(>hen  gewesenen  ursprünglichen  reinen  Räume  des 
Pergamentes  für  die  jetzige  l'rkunde  henützt.  Jene  des  Abtes  IVrnger 
von  s.  Fjnnieiam  aus  den  Jahren  1179  —  1202,  wonach  (iie  Brüder 
Udalrich  und  Fkkepert  von  Tahneizingen  und  der  regensburger  Bürger 
Heinrich  von  Pennenkapelle  dem  genannten  Reichsstifte  partem 
terrae  quam  iure  beneticii  in  Swaebelwis  jiossederant  runcandam  in 
vineas  resignhien  steht  auf  einem  auf  der  ftnsaeren  wie  hmeien  Seite 
abgekratzten  früher  in  Spalten  beschrieben  gewesenen  Pergament- 
codexblatte. Sind  wir  ja  auch  genugsam  darüber  unterrichtet,  welcher 
Mittel  man  sich  bediente  um  die  Schrift  wieder  vom  Peigamente 
zu  tilgen.  Schon  durch  Aretin  ^)  und  Hone  ■)  ist  folgende  Anwei- 
sung einer  Hand  des  11.  Jahrhunderts  aus  einer  tegem seeischen 
IIands(  hrift,  nunmehr  Cod.  lal.  18628  der  Staatsbibliothek,  Fol  106' 
bekaimt  geworden :  Quieunque  in  semel  scripto  pei^meno  nocessitate 
cogento  ileralo  scribere  uelit,  accipiat  lac.  inponatque  pergamenum 
per  nnins  noctis  spacium.  Quod  [K)sti[iiani  inde  -ustnlerit,  farre 
asspersuni,  ne  ubi  siccari  incipit  in  rugas  contrahatur,  sub  pressura 
castiget  (pioad  exsiccaetur.  (Juod  ubi  fecerit,  |nimice  cretarpie  ex- 
politum  priorem  albedinis  sue  nitorem  rccipiet.  In  einer  Gruppe 
vcm  Handschriften  des  sogenannten  Schwabenspiegels  welche  niit 


*)  In  seinen  Beiträgen  zur  Geschichte  uiul  Literaiur  etc.  Vil  is.  28«. 
*)  De  Ubm  palimpsesüs  tarn  latinis  quam  gneds  pag.  88. 


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Ueber  Sehieilwtoffe  in  Bayern. 


265 


einem  Anhange  zmn  Landrechte  vcrnu  hrt  sind  ^)  beg^et  uns  die 

Nachricht;  d.if?  man  eltwonne  niacliet  von  weine  vnd  von  wasser 
das  dew  -chrift  gar  ab  gcot,  vnd  gibt  es  einein  büchiieller  der  es 
mit  seiner  kunst  gar  ab  tüf .  vnd  scribot  dann  wiiler  daran  nach 
seinem  willen  vnd  nach  srincui  nnt/.e.    Das  sol  man  —  iicisst  es 
hiebei  —  gen  der  snnncn  haben,  so  niaf:  man  es  wol  erkennen,  so 
sieht  man  der  allten  schritTt  immer  etwe  uil  in  dem  pirmil  in  der 
newen.  In  dem  aus  Altomünster  stammenden  Cod.  lat  2942  der 
Staatsbibliothek  hat  Jemand,  der  die  Verbmtung  solchen  Verfahrens 
im  Interesse  der  Sache  selbst  sich  verbitten  zu  müssen  geglaubt  *) 
auf  der  ersten  Spalte  der  ersten  Seite  des  viertletzten  Blattes  nach 
dem  Jahre  1418  folgendes  eingetragea  Jtem  q  vohieris  delere  in 
pirgameno  scripturam,  fac  tibi  lixiuium  cum  calce  *)  viua,  jn  wlgari 
ongelesten  kalch.   Pone  hoc  lixiuium  in  rescruaculum  mundum  vel 
vitrum.    Inipone  simul  ad  mensuram  jntegram  vitriolum  romaniim 
S^album  liene  subUmatimi,   id  est  weysser  vitriol  wol  gelewttert, 
V«  lotoncni ,  aluminis  ((uintioncm,  siiniliter  bcne  in  lapide  porphiry 
anl  in  mortario  bene  contrilnni.    Sinpio  iniluorom  paratiim  mitte 
vna  cmn  reliquo  apud  jgnem  lenlem  niüdieum  bulire,  non  forliter, 
ne  spiritns  fortes  extingwantur.    Quasi  tepidum  fac.  Dennmique 
para  tibi  pannum  de  lana  alba  factum,  intingwe  [in]  maleriam 
buHtam  hanc,  et  efiünde  super  pirgamenum.  Frica  juxta  posse  tuum. 
Non  fbrtj  laborj  delelsitur  ad  plaeituro.  Postmodum  mitte  hi  vmbra 
teigere,  et  prepaia  cum  vemisio,  ut  cathetralium  modis.  Est  melius 
pristlna  forma  scribendo  florisando  aut  quouis  modo  priori.  Auch 
der  bereits  8.263  erwähnte  Liber  ittuministarum  aus  Tegernsee  bietet 
uns  zwei  Anweisungen  zu  dem  Behufe.  Die  erste  auf  Fol.  36*  lautet 
unter  der  Ueberschrift  »ad  ddetionem  scripture  in  pergameno«  fol- 
gendermassen.   Reoipe  pergamenum  scriptum,  et  intinge  in  ain  pais, 
quam  sie  facias.    nocipo  j  partem  calcis,  i]  partes  farine.  Et  addalur 
aqua.    Postea  addautur  ij  partes  ayrschalea  gestossen.   Et  per- 


')  Vgl.  unseren  Vortrag;  hierüber  in  «Ifr  Sitzung  vom  6.  Juli  1867,  abgedruckt 
im  Berichte  hievun  Ii  S.  297—885,  hier  insbesondere  S.  3*22  und  323. 

*)  Hoe  aeeretum  —  ftussert «  sieh  nftmlieh  —  m«  ob  jntmtnm  rogo  otwemare, 
ne  [<i]  ftd  innpiendtiin  manm  perueniret  non  landabiliter  easet,  que  antiqui  eoin 
flifflrnltate  nr  rnngrio  lahoro  et  orcup.ilione  porsrnilatj  «nnt  recmantibttS  ipsis 
annichilarj  deberet,  quod  deo  omnipotenlj  jmperante  absit.  etc. 

*)  In  der  Handschrifl  steht:  cum  vna  exmti  (mit  dem  Abkflrzungsstriefaft 
darüber)  gm  (mit  rechts  flbergeaehriehenem  Ij)  calee. 


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266 


Rodtinger: 


mittalur  iacere  6  iliobus.  Fostoa  tendatur  in  aiii  ram,  A  radalur 
cum  rasorio  boiio.  Postea  .supersj)arge  (■relani  ^)  bonc  tritain.  Et 
tunc  siccotur.  Po?tea  (iej)oiialur.  Da>  Mittel  »ad  dclciuluin  scrij)- 
lurain«  sodann  aut  Fol.  229'  l)estoht  in  Fol^^endcni.  Recii^o  wcin- 
hepfen,  vnd  tliuc  sy  in  aincn  sack  als  ain  laugsack.  Also  lass  den 
wein  daruon  triefibn,  das  die  hepflSen  dick  vnd  starclc  werd.  Die 
madi  zu  pallen,  vnd  logs  an  lufft,  das  sy  wol  trocken  werden,  vnd 
nit  an  die  sunnen  noch  in  kain  hayssen  stoben,  wann  sy  verlOren 
ire  peste  kraflfl.  Darnach  prenn  die  pallen  so  sy  trucken  wol  sein 
worden  also:  mach  ans  den  pallen  ainen  ofen,  vnd  mitten  darein 
dn  gloet,  so  werden  die  pallen  auf  Ij  oder  drey  stund  prinnen,  vnd 
lass  selber  derleschen.  Damach  thuo  die  gluet  scyl)erlich  lieraus  so 
die  hepfen  noch  prinnen,  damit  das  kain  asch  von  der  gluet  nil 
köni  vndtor  die  rechten  maleri.  Darnach  thue  die  materi  in  ainen 
mörser,  vnd  dar  zu  ainen  achten  layl  von  waidaschen,  das  ist  zu 
j  pt'd.  prentter  heplen  -i  lot  waidasclien.  Darnach  nim  vj  niasz 
lautters  wassers:  das  geusz  vbcr  den  obijresi  liriben  aschen  sechs- 
oder  vij  mal.  Vnd  die  selbig  laug  behalt  in  ainem  glas.  Dass  der- 
gleichen Mittel  etwa  in  der  Praxis  nicht  zur  Anwendung  gelangt 
seien,  das  widerlegen  die  verschiedenen  Palimpseste  zum  Theil  aodi 
noch  ans  späterer  Zeit  So  moss  man  beispielsweise  in  Raitenbuch 
in  den  siebenziger  und  achtziger  Jahren  des  16.  Jahrhunderts  ui  der 
Entfernung  früherer  Schriften  recht  flelssig  gewesen  sein.  Das  Zins- 
buch der  Ensterei  daselbst  von  1473  wie  jenes  von  1476  und  nicht 
minder  das  nur  aus  vier  Blättern  l)esiehendc  von  1482  sind  auf 
abgekratztes  Pergament  geschrieben,  und  zwar  ist  in  dem  zuletzt 
genannten  das  inliojiendo  zweite  und  dritte  Blatt  eine  Urkunde  des 
15.  Jahrhunderts.  Ebenso  ist  der  Ihnschla^r  eines  kleinen  Verzeich- 
nisses dortselbst  vom  Jalu'e  14b9  ein  l^aliinpsest. 

Auch  einen  solclien,  aber  einen  nicht  »necessitatc  coi^eiite« 
sondern  in  betrügerischer  Absicht  entstandenen,  bildet  die  Urkunde 
über  eine  Schenkung  Kaiser  Heinrichs  III  für  Krems  vom  28.  Dc^ 
zember  1053  im  Reichsarchive,  m  Buchingers  Geschichte  von  Passau  II 
S.  503/504  abgedruckt,  und  in  den  Monum.  boic  XXX  Abth.  I  als 
Num.  IX  unter  die  Diplomata  fiilsa  et  rescripta  S.  394/395  verwiesen. 


')  Bezüglich  ihrer  Ikreituug  wird  folt^endes  heitiei  kt:  Recipe  ij  partes  testas 
oiMMiim  bem  trita«,  et  8im  partem  crete  trite  in  dam  otd  insimtil,  et  stoeetur. 
Quod  et  aUqui  pro  vetnisio  sumuiiL 


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Ueber  SebreUwtofliB  in  Bajera. 


267 


in  wclfliLT  der  Einj^aiig  wie  dio  I^oniiMlim  aiii  Sclilu-.-e  steluMi  <jq- 
blieben  sind,  der  jranzo  i-it^t-ntlit lic  Tcxl  ahn-  uniL^eschrieben  i-t 

Kehren  wir  nach  dieser  Alt>cli\v»'ifun^',  wenn  man  sie  so  nennen 
will,  zum  Gcbrauciie  des  Pergamentes  auch  noch  in  späterer  Zeit 
zurück,  so  lässt  sich  gewiss  nicht  iäugnen,  dass  ihm  das  Papier  viel- 
fiicfa  Eintrag  gethan  hat.  Ind)esondere  aber  für  Urkunden,  and 
namentlich  solche  über  wichtige  Gegenstände  ist  es  dem 
noch  nie  ganz  und  gar  ausser  Anwendung  gekommen.  Ein 
Blick  in  die  Urkundenbestfinde,  welche  sich  aus  dem  16.  wie  weiter 
aus  dem  17.  und  18.  Jahrhunderte  in  den  Archiven  finden,  thut 
dieses  zur  Genüge  dar.  AI  »er  auch  in  unserem  Jalirhunderte  fehlt  es 
nicht  an  Belegen  dafür .  dass  werthvolie  Aktenstücke  sich  auf  Per- 
gament gefertigt  finden.  Man  denke  nur  an  die  Originale  von  König 
Max  Joseph?  neuer  rionstilutionsurkunde  der  Akademie  der  Wi^-^en- 
schaften  vom  1.  Mai  IS(l7  oder  der  Constilutionsurknnde  der  Aka- 
demie der  hiidrndei!  Künste  vom  l.T.  Mai  1808.  Oder  an  die  Originale 
der  bayerischen  Verfassungsurkunde  vom  26.  Mai  1818,  wt-lclie  sammt 
deren  Beilagen  und  Anhängen  ganz  auf  Pergament  geschrieben  sind. 
Auch  die  Originale  der  Landtagsabschiede,  sfimmtlich  im'  Reichs- 
arehive  hinterlegt,  weisen  —  mit  Ausnahme  der  Beilagen  —  die 
Fertigung  auf  Pergament  aus. 

V.  Papier. 

Abgesehen  hievon  aber  hat  allerdings,  wie  die  übrigen  Schreib- 
stoffe, so  auch  im  Laufe  der  Zeit  für  den  gewöhnlichen  Verkehr  das 
Pergament  dem  jüngsten  mehr  und  mehr  weichen  müssen,  welcher 
sich  biefÜr  bis  zur  Stunde  unangefochten  behauptet,  dem  Papiere 

Zunächst  dem  Baumwollen papiere.  Nicht  sonderlich  für 
dessen  Dauerhafligkeit  bei  stärkerer  ßenützui^  möchte  das  Concept- 
buch  sprechen ,  dessen  sich  um  I24f)  der  passauei-  Dekan  Albertus 
boheniLis  ')  bediente,  denn  es  ist  so  gebrerlilicb,  dass  man  bei  seiner 
EJenützung  die  änssrt^te  Vorsicht  anwenden  darf.  Dagegen  sind 
trefiflich  erhalten  Uecbnungsbüclier  aus  dem  letzten  Viertel  dieses 


M  Vgl.  nn^^cT  (Uli  angerüliiion  Honum.  boic.  insbewiidere  noch  Stumpf  die 
Reichskanzler  U  S.  201  i\r.  2447. 

*)  Vgl.  Wattenbftch  a.  «.  0.  S.  114-138. 

*)  Vgl.  Honer  Albert  von  Bebun  und  Regesten  Pahst  Innocens  IV»  in  der 
Bibliothek  des  Uterarischen  Verdi»  in  Stuttgart.  XVI  2  Vorrede  S.  XXI  and  XXII. 


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,*1 


268  Rockinger: 

Jahrhunderts,  die  sich  durch  Festigkeit  des  Stoffes  und  eine  bewiuw 
döTlSwerthe  GUUte  desselben  anszeichncn. 

Wie  hinfre  (Jas  l!auiiiwolleni)ri|)ier  gegenüber  dem  rasch  auf- 
taiicliondon  Liiinenpapiere  sich  behauptet  hat,  ist  im  Augenbhcke 
noch  niclit  mit  Sicherlicil  hergestellt.  Einzig  und  all(Mn  die  Prüfung' 
mittelst  des  Microscojjcs  führt  hier  v.ii  verlässigen  Er^^ebnissen,  indem 
sich  da  von  der  bandartigen  platten  Zelle  der  Baumwolle  die  runde 
glelchmässig  dicke  Flachszelle  ganz  bestimmt  unterscheiden  lissL 
Eme  Schwierigkeit  tritt  freilich  hiebei  ein,  wenn  der  Stoff,  die  Baum- 
woU-  oder  Linncnlumpen,  sehr  stark  verarhdtet  ist  Das  aber  muss, 
wie  es  den  Anschein  hat,  bei  dem  Papiere  der  zweiten  Hälfte  des 
13.  und  der  ersten  Hälfte  des  14.  Jahrhunderts,  der  Fall  gewesen 
sein.  Hat  nun  dem  gcgenfiber  die  mirrnscopische  Untersuchung  bei 
einem  Rechnungsbuche  aus  den  Jahren  1298  und  1299  wie  nicht 
minder  t>ei  einem  Stift-  und  Steuerregister  von  1311  bis  1315  auf 
eine  ausgiebige  Zumischung'  von  Stärkekleister  profülirt,  so  erklärt 
eben  dieser  Umstand  ganz  iialürlich  die  Beschall'enlielt  des  Papiers 
wie  sie  vorhin  geschildert  worden. 

(Jerade  di(>?e  Boimischung  bcfregnet  theilweise  noch  in  ziemlichem 
Grade,  theilweise  aber  später  in  geringerem  Masse  auch  bei  dem  Pa- 
piere das  vorwiegend  oder  ganz  aus  Linne  n  lumpen  bereitet  wurde, 
woU  nicht  ohne  Wahrscheinlkshkeit  noch  hn  13.  Jahrhunderte  selbst 
Es  ist  ohne  genauere  Untersuchung  der  betreffenden  Schriftstücke 
ein  endgiltiges  Urtheil  daräber,  ob  SIDschung  von  Baumwoll-  und 
Linnenlumpen  stattgefunden  hat,  und  wie  lange  das  der  Fall  ge- 
wesen, nicht  möglich.  Schon  bei  dem  vorhin  berührten  Rechnungs- 
buche von  1298  und  1200  im  Reichsarchive  möchte  man  sich  mehr 
und  mehr  der  Ansicht  zuneigen  dürfen,  dass  Baumwolle  nur  mehr 
in  nicht  bedeutendem  Masse  verwendet  ist,  dagegen  allerdings  viel- 
leicht neben  den  Litnienlumpen  auch  die  äu-soic  rolio  zu  anderen 
Zwecken  nicht  mehr  gut  brauchbare  F'aser  des  Leines  oder  Hanfes, 
beziehungsweise  der  sonstige  Abfall  di(\«;er  Ptlanzeu.  Gerade  das 
mehr  oder  minder  h.äufig  erscheinende  gelbliche  und  bräunliche  Ge- 
faser  möchte  darauf  liindeuten,  uuisomehr  als  durch  die  erwähnte 
Zuthat  des  Stärkekleisters  neboi  der  Glätte  auch  eme  gewisse  Festig- 
keit sich  ohne  bedeutende  Schwierigkeit  erzielen  Hess. 

Eben  ftir  diese  spricht  kaum  etwas  bestunmter  als  der  Umstand, 
dass  man  nicht  das  geringste  Bedenken  getragen  hat,  an  Papier^ 
uilnmden  aus  der  ersten  Hälfte  des  14*  Jahrhunderts  die  Siegel  wie 


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Ueber  Schreib^slütVe  in  Bayern. 


269 


bei  Pergamentlirkunden  an  Pergamentstreifen  an  den  unteren  zur 
Verdopplung  des  einikchen  Blattes  umgebogenen  Rand  anzuhSngen, 
und  diese  Urkunden  sich  ganz  trefflich  erhalten  haben.  Man  ersieht 
dieses  beispielsweise  an  ehier  des  Katharinenspitales  zu  Regensburg 
Tom  »nechsten  suntag  tmch  dem  beiclmacht  tage  des  Jahres  1324 
oder  nach  unserer  jetzigen  Zählung  1323,  worin  Graf  Berchlold  von 
Graisbach  den  richtigen  Elmjifang  all  des  Gutes  bestätigt,  welches 
demselben  sein  Oheim,  der  Domprobst  von  l'iclistritt,  genannt  von 
Hoclienvels,  und  sein  Kaplan,  der  Dechant  1  Icinrich  von  Leclisgemünd, 
wie  sein  Vogt  Konrad  von  Graisbacli  »in  zweliallen«  ^re^'cben.  Das- 
selbe ist  der  Fall  bei  eiiinn  Vidimus  des  Abtes  Ulrich  von  Heiden- 
heim vom  Montage  nach  Judica  des  Jahres  1326  ^)  über  zwei  Ur- 
kunden des  Klosters  Ahausen,  darunter  eine  des  Herzogs  und  nach- 
maligen Kaisers  Ludwig  ^om  Jahre  1311. 

Es  dörfte  sich  nach  dem,  was  ))emerkt  worden,  nunmehr  fragen, 
ob  die  Annahme  ganz  und  gar  richtig  ist,  dass  von  den  zwanziger 
Jahren  des  14.  Jahrhunderts  an,  oder  genauer  yan  1324  an,  wo  in 
DentadUand  auch  reines  Linnenpapier  angekommen  sdn  soll, 
bis  zur  Mitte  des  Jahrhunderts  daneben  noch  gemischtes  erscheine, 
oder  ob  nicht  vielmehr  an  Stelle  dieser  Mischung  sich  die  Sache  darum 
drehe,  dass  neben  den  Linnenlumpen  nuch  noch  die  gröberen 
Theile  des  Leines  oder  Hanf<  mit  zur  Vorarboi  i  unjr  pre- 
langlen.  Zur  jjenaueren  UnlersiiLhung  hi«'nilx*r  könnte  —  damit 
wenigstens  im  All<:emeinen  eint'  AnreuMUig  liidTir  ^'ei-'ebcn  sei  —  die 
älteste  StaillkaninKMi»(!inu;ifr  von  Miindien  ans  dem  f'i>ten  Viertel 
des  14.  Jahrhunderts  im  slädtischen  Arehive  dienen.  Von  Urkunden 
die  l>ereits  erwähnten  aus  den  Jalucn  1323  und  1326,  wie  weiter 
ebe  der  Agnes  von  Wildenwart  und  ihres  Sohnes  Maiiin  über  ein 
Seigerät  an  das  Kloster  Roth  vom  Jahre  1338^  oder  das  zu  Ulatrai  in 
Tirol  im  Jahre  1342  ausgestellte  Schuldbekenntniss  des  Kaisers  Ludwig 
über  Leistungen,  weiche  Petermann  von  Schennan  >ad  coquinam 
die  martis  proxime  post  Mathey«  gemacht,  und  anderes.  Es  kann 
sodann  der  an  die  vorhin  erwÄhnteStadtkammerrcchnunp  von  Mnnchen 
sich  anschliessenden  aus  dem  zweiten  Viertel  des  Jahrhunderts  im 
historischen  Vereine  von  Oberbayem  gedacht  werden.  Micht  minder 


')  Nur  nebenbei  sei  hier  auch  an  das  Vidimus  der  JiKlices  curiae  augustanae 
über  ein»  rrkuinle  <1es  Abtes  Dietrich  von  Ulrich  und  Afra  daaelbel  TOm 
1.  Februai  1278  erinnert,  vom  14.  August  1S32. 


270  Rockinger: 

des  tegenuseeiscben  Urbars  von  1346—1360  im  Reichsarchive,  dessen 
Papier  a]s  Wasserzeichen  zwei  Kreise  mit  einer  in  dem  einen  auf- 
sitzenden und  durch  den  anderen  durchgehenden  Linie  hat,  wie  es 
scheint  mit  einem  Kreuze  an  der  Spitze. 

Vielleiclit  schliosst  nicht  ganz  unpassend  den  Kreis  dieser  Unter- 
suchung die  zu  Landf^hut  am  Monlu^re  nach  dem  Dreiliöniprsfcste  des 
Jalir(»s  1354  ausgestellte  Urkunde  des  Herzogs  Stephan  über  die  Ver- 
leihung eines  be-^onderen  Holzantheiles  an  einen  Ilof  zu  Weihmörting 
im  Gerichte  (irie'l)ri(  ii  ab,  wie  das  Zins-  und  lleehnungsbuch  von 
s.  Eiimierarn  aus  den  Jahren  IHGi  und  J3()5,  dessen  I'apier  als 
Wasserzeichen  l)is  Fol.  192  eint'ii  (Ii  isbnck  hat,  wahrend  von  da  al) 
das  viel  scliwärzere  und  rolicrt'  eimn  wie  es  scheint  schreitenden 
Löwen  mit  Aber  den  Rücken  geringeltem  Schweife  zeigt. 

So  stehen  wir  denn  l>ereits  in  der  Zeit,  in  welchei;  das  Linnen- 
[)a[)ier  dem  Banmwollenpapierc  ganz  entschieden  für  Urkunden  wie 
Bücher  den  Rang  streitig  gemacht  und  alsbald  auch  abgelaufen  hat. 
Bereits  gegen  die  Mitte  des  Jahrhunderts  in  welchem  wir  uns  be- 
wegen soll  nach  Lipowsky  *)  eine  Papiermühle  isaraufwfirts  von 
München  bestanden  haben,  wozu  kurz  seines  Lebens  Ende  Kaiser 
Ludwg  der  Baier  am  27.  August  1347  die  Bewilligung  erlheilt  haben 
soll.  Mag  sich  dieses  auch  so  verhalten,  so  hat  sie  jedenfalls  für 
die  Lfinje  den  Bedarf  nicht  gedeckt,  oder  ihr  Erzeugniss  war  nicht 
von  hervorragender  Güte,  denn  noch  geraume  Zeit  fort  liefern  andere 
Orte  das  Papier  dahin  und  dorthin. 

Im  Jahre  1445  Hess  der  Probst  Kaspar  von  Baumburg  welches 
zu  Salzburg  kaufen.  Im  Jahre  14G.3  wurden  von  Aldersbach  18  Schil- 
linge pro  papiro  Johanni  Schusler  de  Augusta  l»ezalilt.  Gleichfalls 
aus  Augsburg  bezog  e-  Diessen  am  Ende  dieses  und  am  Anfange  des 
16.  Jahrhunderts.  Im  Jahre  1493  kaufte  Aldersbach  »zu  Pfarrkirch 
1  risz  papiri  veneciensis«  um  9  Schillhige.  In  emer  Rechnung  von 
Tegernsee  aus  dem  Jahre  1487  smd  »6  Pfd.  30  dl.  pro  papiro  de 
Rafenspurg«  verausgabt,  üi  einer  von  Aldersbach  aus  demselben 
Jahre  »pro  1  risz  a  Rotaler  de  Eckenfelden«  9  SchflUnge.  Abt  Nardss 
▼(Ml  Benedictbeuren  föhrt  in  seinen  Ausgabebüchern  aus  dieser  Zeit 
Summen  für  Papier  aus  München,  von  Georg  Mielich  oder  Muelich 
aus  Augsburg,  wie  aus  Innsbruck  auf.  In  den  Jahren  1503  und  1505 


Gesehiehlen  der  Vontaidt  An  bei  HOneben  S.  6. 


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Ueher  Schrcibstotre  in  Hajerii. 


271 


weisen  auch  die  tegemseeischen  Rechnungen  Einkauf  von  solchem 
zu  München  nach. 

Was  die  Preise anlangt  in  welchen  es  gestanden,  fdüen  wie 
beim  Pergamente  für  die  älteren  Zeiten  bestimmte  Angaben.  Erst 
später  begegnen  uns  feste  Zahlen.  So  heisst  es  in  den  Bruchstücken 
der  Redinung  des  Lantlschreibers  Hanns  Kastennieyer  von  Nieder- 
baiern- Straubing,'  von  Lichtmoss  des  Jalires  1426  bis  dahin  1427  ab- 
goselien  voll  einer  iiirlit  ganz  und  gar  für  unseren  P.ehut  jtasseiuien 
Stelle  auxlrücklicii :  Item  kaufft  meinen  gnedigt-n  herren  hertzog 
Ernsten  Willialin  vnd  liertzog  Heinrichen  zwo  ri.s  jiapir  in  jr  kantzlei 
von  Miciiel  dem  Fcyol  vmb  j  pfd.  den.  Auch  Hess,  wie  bereits  be- 
merkt, der  Probst  Kaspar  von  Baumburg  im  Jalire  1445  durch  Albert 
Räschel  >ain  halben  risen  papler  für  t  sol.  denariorum«  zu  Salzburg 
kaufiN).  Die  Rechnungsbücher  mschiedener  altbaierischer  Klöster  *) 

*)  \\:\.  hiezu  ohen  die  Noto  auf  S.  250  und  257. 

•)  Gelten  das  beuant  jare  vmb  vier  ris  papir  vnd  vnib  pcrgatnen  in  die 
kantzley  ij  pfd.  ig  scbilL  zrnij  dl. 

*)  Hier  mflgen  Aunage  au  denen  von  WeltenbniVt  Aldenbaeb,  Oberaltaeh, 
Tegernsee,  Benedietbeuren,  Dieasen,  dem  Chontifle  Yilshofen,  Ettal  dne  Stdle 
finden. 

1)  Welten  bürg. 

Im  Jalire  1441  für  »zway  poeb  pappirs«  10  regenslnnger  Kreuier,  und  noch> 
mal :  pro  duobus  libris  pappiri  14  rat.  kr.  —  14IM>  vmb  j  pnch  pajdr  18  obuL 

2)  Aldersbach. 

Im  Jalire  1450  pro  10  libris  papiri  Vj  ff  dl.  —  1451  pro  6  libris  papiri 
72  dl.  wieun.  und  später  nochmal  eben  so  viel.  —  1456  pro  7  libris  papiri 

6  eebilL  minus  6  dl.  pro  20  Itt»ri9  papiri  8Vi  wbiO.  dl.  —  1466  pro  16  libris 
papiri  6  Schill,  minus  4  dl.  —  1467  pro  40  libris  papiri  IfiVj  sdiill.  dl.  —  In 
den  Jahren  1459  mid  14G0:  pro  20  libris  papiri  3  ft  lil.  vmb  1  risz  papyr 
11  Schill,  dl.  —  Im  Jahre  1463:  18  scbill.  pro  papiru  Johanni  Schusler  de 
Auguata.  —  1466  pro  1  risi  papiri  9  scbill.  dL  —  1468  pro  1  rys  papier 

7  scbill.  dl.  —  1469  pro  1  rysi  papier  7  Schill.  dL  —  1470  pro  2  rysi  papier 
SO  Schill,  dl.  —  1472  pro  1  riesz  papier  7''»  scbill.  dl.  —  1486  pro  1  ries  papiri 
9  scbill.  dl.  —  Im  Jahre  U91  ebenso.  —  1492  für  anderhalb  risz  papir  12  Schill. 
dL  ~  Im  Jahre  1493  heiast  es:  eroimus  zu  Pfarrkirch  1  risz  papiri  venedoisis 
pro  9  sehOl.  dL  —  1496  pro  9  risi  papir  12  sebilL  dL  —  1497  pro  1  riai  a 
Rotaler  de  Eckenfelden  9  schill.  d).  —  1499  Pataviae  1  riss  papier  1  fl.  rfaen.  — 
160S  pro  1  riss  papir  7'/t  scbill.  dl. 

3)  Oberaltach. 

Im  Jahre  1490:  zwo  risz  papir  vm  20,  schill.  wienn.  —  bn  labre  1491: 
vier  puech  regal  papir  venedisch  vmb  Ibfloren.  vmb  ain  riss  pi^ir  8  sebilL  6  dL 


272 


Roekinger: 


geben  sichere  Anhaltspunkte  in  dieser  Hinsicht  namentlich  seit  der 

zweiten  Hälfte  dieses  Jahrhunderts  und  au?  dem  Anfange  des  fol- 
genden. Für  die  späteren  Zeiten  ist  ohnehin  hiefür  kein  Mangel 

4)  Tegernsee. 

Im  Jahre  1494:  12  dl.  for  ain  puech  papir.  16  9  minus  80  dl.  Air  ain  rtm 

papier.  —  Im  Jahre  1495 :  l  fl.  für  ain  risz  papier.  —  Im  Jahre  1497:  12  kreuzer 
für  1  liufcli  n-pil,  2  fl.  vinb  1  rysz  rrpal.  6  schill.  10  dl.  vmb  1  rysz  papier.  — 
Im  Jahre  1498:  12  schill.  minus  9  dl.  für  4  rjsz  papier.  —  Im  Jahre  1601: 
8  C  dL  fOr  4  rys  papier  kayser  Inn.  —  Im  Jabre  1602  :  6  aehiU.  9  dO.  fDr  1  rin 
papier.  6  achilL  minus  10  dL  für  ain  rysi  papier.  1  fl.  ftlr  ain  rjas  papier.  — 
Im  Jahre  1503:  fi'/t  whill.  dl.  filr  ain  rysz  papier,  kaiifTt  Monacj.  17  -Johill.  mim» 
6  dl.  füi"  2  rysz  papier  ex  Monaco.  3  8  dl.  för  4  rysz  papier  ex  Monaco.  — 
Im  Jahre  1504:  G'/t  äc'hill.  dl.  für  aiu  ryst  papier.  —  Im  Jalire  1505:  12  dL  für 
1  puech  papier,  Honaej  kauft.  12  schill.  dl.  Ar  2  rysx  papier,  Mona^  kauft. 
1  8  dl.  rar  ain  rysz  cancellerscb  papier.  4  fl.  Tür  4  ry^  papier  von  Weyler.  — 
Im  Jahre  1606:  1  fl.  Tmb  ain  rysz  papier.  13  schill.  dl.  fOr  2  ryss  papir. 

5)  Benedictlieuren, 
Dem  AusgabeiÜMicbe  des  Abtes  Narciss  entnehmen  wir  sum  Jahre  1496: 
ain  rias  papir  uon  HQnichen  vmb  yj  schill.  ij  dl.  ain  risi  papir  von  JOrg  Milelich 
ze  Aii^r-^l'Uiv  vmb  1  gülden  reinisch.  —  Im  Jahre  1497  ist  folyrcndes  verzeicbnet. 
Von  ,ler^'  Mielich  ze  Augspurg  ain  risz  pappir  vmb  xl  kreylzer.  für  iij  pncher 
papir  re^al  von  Mündien  ixxiij  kieytzer.  uom  Weiler  iJ  puedier  regal  papir  se 
Tj  kreytaer.  facit  ilij  den.  su  dem  gradual  s^en  Tegernsee;  ain  pueh  regal  von 
Aiipspurp  für  ix  kreylzer.  vmb  ain  risz  pappir  ze  Inns|)nirk  viiij  secb.oser  aiisz 
peben.  Peler  Mayr  iiij  secb^-er  für  ij  ]uiech  regal.  von  Sigmund  Weylar  ij  pucher 
regal  pappir  für  ij  $>cbill.  xx  den.  xij  schill.  den.  für  ij  ryssz  papir  hat  vuns 
Stuben  verrait  —  Zum  Jahre  1498:  von  dem  Weiler  ain  rias  papir  ftir  ain 
gülden  reinisch.  mer  ain  pucb  paiHT  regal  vüj  kreylzer.  —  Zum  Jahre  1499: 
Uom  Muelicb  iinn  Aupspiirg  ain  risz  papir  vmb  v  schill.  xviij  den.  vnd  iiij  puecher 
regal  papir  vmb  iij  schill.  v  den.  thuet  ab»  j  gülden  j  schilL  xxiij  den.  Vnnd 
sind  gewesen  des  papirs  xviiij  puecher  ae  xxv  pogen.  fecit  iiij*  lixv  popen.  also 
k6mmend  iiij  pogen  vmb  iij  hallcr,  vnd  xxvij  pogen  dar  ein.  dar  mit  Int  man 
das  ander  her  gepracht.  .Tteni  iiij  j)iu>c)i  regal  jiBpir  vmb  iij  schill.  v  lieii.  habend 
Ixxxxv  pogen.  kuinbt  altweg  ain  pog  vmb  j  den.  —  Zum  Jahre  1500 :  Von  Jorgen 
Ifielieh  le  Augspurg  ain  risz  pappir  ▼  aehill.  xt^  den.  uon  Sgmunden  W«ler 
ain  lisx  papir  vmb  j  gnlden  reinisch.  «-  Zum  Jahre  1608:  Uom  Huelich  ze  Augs- 
purg ij  risz  papir  vmb  xij  sol.  den.  Erhart  Conrat  hat  vns  praebt  am  risi  pappir 
ausz  dem  pirg  vmb  j  gülden« 

6)  biesscn. 

Im  Jahre  1499  sind  verausgabt  6  schill.  9  dl.  pro  am  ryss  papyer  ae  Aua- 

pmv.        lui  Jahre  1502  ist  verzeichnet:  1  gttlden  pro  ain  rysz  papyer,  —  ta 
Jahre  1606:  1  fl.  minus.  10*/t  dl.  \u>h  ain  risz  papir  ni  Augspurg. 

7)  Vilshofeu. 

Im  Jahre  1602:  vmb  2  puech  papir  von  dem  Peysar  (von  Melgk)  xlviQ  dl.  — 
Im  Jahre  1616:  j  puech  piqNr  pro  xx  dh 


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Ueber  SchreibstoGfe  in  liayern. 


273 


Auch  in  einem  Tauschhandel  gegen  ein  Speisebedürfniss  stand 
mit  dem  PapiennäUer  von  Hänchen  seinerzeit  Tegernsee.  In  dessen 
sogenanntem  HofkeUereitahnud,  aus  den  vieiziger  Jahren  des  16.  Jahr- 
hunderts staomiend,  findet  sich  nämlich  auf  FoL  106'  in  der  Ab- 
tbeilung  »Dienst  ausser  der  Registerc  die  Aufiseichnung:  der  papierer 
le  München  gibt  järlichen  für  die  suppen  liisz')  ij  guet  risz  papior 
"vnd  j  letzers  risz  papler. 

Dass  man  übrigens  jetzt  nicht  mehr  allein  auf  das  gewöhnliche 
Conccpt-  und  weisse  Papier  schreibt,  sondern  dass  auch  farbiges 
in  den  weitesten  Kreisen  zur  Anwendung  kommt,  braucht  kaum  Ix-- 
sonders  erwähnt  zu  werden,  da  abgesehen  von  dem  anderen  nament- 
lich unser  Briefpapier  iiellere  und  dunklere  Töne  beispielsweise  in 
Rosa,  in  Grün,  in  Blau  zur  Genüge  aufweist 

VI.  JDngara  Sehraibstoffe. 

Sind  nun  auch  die  Wachstafeln,  das  Pergament,  das  Papier 
die  hauptsächlichsten  Schreibstoffe,  deren  man  sich  früher  in  Bayern 
bediente  m  zur  Zeit  theOweise  noch  bedient,  und  erforderten  sie 
eben  desshalb  eine  weitläufigere  Erörterung,  so  ist  doch  hiemit  ihre 
ZaU  nicht  ganz  erschöpft. 

Bfan  kann  sich  der  Wahrnehmung  nicht  entzidien,  dass  hisbe- 
sondere  zu  Aulzeichnungen  von  nur  vorübergehender  Bedeutung  auf 
einem  Stoffe,  welcher  mit  der  Aufzeichnung  nicht  verloren  sein,  son- 
dern auch  für  weitere  dergleichen  noch  längere  oder  kürzere  Zeil 
gute  Dienste  leisten  soll,  namentlich  also  auf  Schreibtafeln,  welche 
leicht  der  Schrift  wieder  entkleidet  werden  kiinnen,  für  wclehe  wir 
bereits  oben  S.  251—253  und  263— 2C4  Wachs  und  Per^-ament 
kennen  gelernt  haben,  theihvcise  auch  noch  andere  Stoffe  verwendet 
wurden,  beziehungsweise  verwendet  werden. 

Es  wäre  flberflfissig,  viel  über  den  Gebrauch  des  Schiefers  zu 


8)  EttaL 

Im  Jahre  l&M:  9  II.  vmb  swo  risi  )iapicr.  —  fin  Jahre  1597:  1  Iii  vmb 
afal  risz  papier. 

Legerkäs  —  heissl  es  auf  Fol.  137'  —  mag  man  uyiitzing  wu  etwas  vbrigij 
Terhannden  verfcanffen,  aiu  per  iiij  kr.  doch  aol  man  vor  amUauhen  was  man 
zu  den  rappn  fttn  conuent  bedarff. 

Speiszkäsz  soll  man  gar  nit  verkauflen ,  quia  nobis  vix  suffiriiint.  ps  wär 
dami  ain  simder  vrsacb  verbannden,  so  mag  man  ainen  vmb  v  vj  oder  dl. 
geben. 

Anhlvallaeh«  SattMbrill.  L  18 


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274 


Kockinger: 


Schreibtafeln  zu  sprechen,  indoni  miui  ja  nur  das  Gepäck  der  zur 
Schule  ziehenden  oder  von  ihr  heimkehrenden  Kinder  zu  mustern 
braucht,  oder  in  Schenkstuben  älteren  Schlages  hauptsächlich  auf 
dem  Lande  sich  nach  der  Verzeichnung  des  Verbrauches  an  Speisen 
und  Getränken  von  Seite  dieser  und  jener  Gäste  umsehen  darif,  an- 
deren Gebrauches  dieser  Tafeln  nicht  zu  gedenken,  auf  deren  Schwarz 
der  weiche  SchiefergrifTol  eine  graulichweisse  Schrift  ermöglicht,  die 
jeden  Äugenblick  wieder  ohne  Schädigung  des  Stoffes  einsT  fiNrneren 
Aufzeichnung  zu  weichen  im  Stande  ist. 

Wem  sind  sodann  die  wohlfoiloii  Surrogate  nicht  bekannt, 
welche  für  diese  Schiefertafeln  wie  <!!(>  früheren  I'erganient- 
tafeln  allmälig  entstanden  sind.  Insbesondere  leistet  ja  beispiels- 
weise die  Imitation  der  Pergamenttafeln,  in  kl<'inerein  Foi  niate  in  den 
einst  so  beliebten  Brieftaschen  wie  in  anderen  Notizbüchern  und 
Taschenkalendern  längst  üblich,  den  Stenographen  unserer  Gabete- 
bergerschule  die  trefflichsten  Dienste,  indem  durch  feine  Abreibung 
mit  Od  sich  die  Graphitschrfft  ohne  alle  Schwierigkeit  entfernen  lässt, 
und  die  Tafel  selbst  bei  nur  emigermassen  sorgsamer  Behandlung 
dne  aussotirdentliche  Glätte  erlangt,  die  das  leichte  Hingldten  des 
Stifles  ungemein  unterstützt. 

Es  ist  oben  S.  251  bemerkt  worden,  dass  Holz  in  früherer  Zeit 
in  Bayern  als  Schreibstoff  nie  in  starkem  Gebrauche  gestanden. 
Immerhin  a!)er  verwahrt  das  Reichsarchiv  ein  aus  Diessen  stammen- 
des Buch  mit  —  allerdings  jetzt  nicht  mehr  beschriebenen  —  Holz- 
tafeUi.  Es  wird  auch  nicht  wunder  nehmen,  dass  man  bei  der  Be- 
fiiedigung  der  immer  sich  erweiternden  Bedürfnisse  des  Unterrichtes 
gerade  das  Holz  als  denjenigen  Stotl  erkannte,  welcher  für  Tafeln 
von  grosserem  Umfange,  wie  man  sie  in  dm  verschiedenen  niederen 
wie  höheren  Lehranstalten  (Ür  die  Unterweisung  im  Schreiben,  im 
Rechnen  u.  s.  w.  braucht,  ganz  besonders  geeignet  erkannt  hat,  in- 
dem die  zu  beliebiger  Grfisse  zusammengefugten  Bretter  jederzeit  mit 
einem  schwarzen  Anstriche  verseliai  werden  kOnnen,  vmi  wdchem 
das  Weiss  der  Kreide  auch  auf  die  Entfernung  gut  absticht  und  ohne 
Nachtheil  für  die  Schreibtafel  selbst  mit  befeuchtetem  Schwämme 
wieder  entfernt  werden  kann. 

War  vorhin  vom  Schiefer  die  Rede,  so  ist  er  nicht  der  einzige 
Stein,  welcher  allmälig  grosse  Beliebtheit  errungen  hat.  Die  soge- 
nannten kelheiiner  Platten,  die  bekannten  solenhofener  Steine,  und  was 
eben  sonst  noch  alles  in  diese  Gattung  einschlägt,  welch  wichtiger 


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Ueber  ächreibstolÜB  in  Bayern. 


275 


Schreibstoff  sind  sie  geworden!  Wie  viele  Tausende  dieser  Stdne 
dienen  tagtäglich  zur  voräbergehenden  Yermerkung  von  Rechnungen, 
die  mit  dem  gewöhnlichen  Bleistifte  in  Zahlstuben  u.  s.  w.  auf  sie 
gesetzt  und  wieder  von  ihnen  getilgt  werden!  Wie  viele  andere 
Tausende  dieser  Steine  hat  sich  seit  der  so  folgenreichen  Erfindung 
der  Lithr);.rraphie  durch  unseren  Sennefelder  die  Schrift  für  gewöhn- 
liche Erzeugnisse  wie  fOr  Prachtstücke,  für  Muf^ikwerke,  für  Karten 
und  Plfine  u.  s.  f.  als  vor7Ufr?weise  günstigen  Stoff  erkoren,  und  zwar 
nicht  mehr  blos  zur  Herstellung  eines  Exeniplares,  sondern  zu  hun- 
dertfacher und  tausendfacher  \' crvielfTdtigung.  Es  wird  kaum  Jemand 
bezweifeln  wollen,  dass  wir  es  h'uAx'i  nicht  mit  dem  Steine  für  In- 
schriften zu  thun  haben,  worüber  wir  im  Kinpange  dieser  Betraclitung 
über  die  Schreibstoffe  S.  24Ü— 251  als  über  einen  Gegenstand  der 
Epigraphik  hinweggeeOt  süoät  der  Stein,  von  welchem  jetzt  die  Rede, 
gldchvid  ob  Schiefer  oder  die  letzt  berührte  Gattung,  ist  Tollberech- 
tigt  in  die  Reihe  der  eigentlichen  Scfareibstoffe  eingerückt. 

Diese  Darsteihmg  dürfte  für  das  Gesammtbfld  dessen,  was  be- 
sprochen werden  wollte,  genügen.  Man  wird  hiebe!  auch  insbeson- 
dere den  Fortschritt  nidit  verkennen,  welcher  sich  auf  dem  Ge- 
biete der  Schreibstoffc  von  den  älteren  Zeiten  bis  in  die  jüngste 
Gegenwart  geltend  gemacht  hat. 


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IX.  Eäne  echte  Urkunde  Kaiser  Karl  des  Dickea  und 
eine  theilweise  echte  Kaiser  Arnulfs. 

Mitget heilt  von 

Dr.  iSipnund  Riezier, 
rürr=ll.  Archivratli  in  lJiniauescliiii};L'n. 

Die  lieidfii  Karolinger  rrkiimli'n,  «lic  ich.  will  -ie  ImsIkt  mir  ffhlt-rhaft  eilirt  j^iiid, 
hier  neuerdings  mitllieilc,  besitzt  das  fürstl.  Fürsteiil>ergische  Archiv  in  Donau- 
eaehingen.  Ss  sind  ierspreng:te  Stücke  des  Rdetaeiuuier  Arehives,  die  mit  vielen 
anderen  Urjcunden,  Handschriften  und  Kunstsehatien  der  Fili-äi  von  FQntenbeig 
vor  einigen  Dezennien  von  ilf>ni  Freiherrn  J(i«ff  \on  Lassberg  durch  Kauf  erwarb. 
Die  erste  Urkunde  ist  unanrechtbar  echt,  die  zweite  weist  einen  bisher  nicht 
richtig  gestellten  Fall  von  Fälschung  auf. 

888,  Ikt  9.  Ptfii. 

Kaiser  Karl  HL  gestattet  seinem  Erzkanzler,  Bischof  Liutward, 
gegen  den  vom  Kloster  Reichenau  ihm  flberlflMenen  lebenslfinglichen 
Genuss  der  innerhalb  des  Klosters  gelegenen  Thegamarszelle,  diesem 
Kloster  nach  seinem  Tode  die  vom  Kaiser  zu  eigen  erhaltene  Gap^e 
Biminga  zu  hinterlassen. 

C.  I  In  nomine  sanetae  et  indiuiduae  trmitatis  Karolus  diuina 
fauente  dementia  Imperator  augustus.  Nooerit  igitur  omnium  fide- 
lium  nostrorum  praesentiom  uidelicet  et  füturorom  Indostria,  |D 
qoia  nos  uenerabili  episcopo  et  dOecto  archicancellario  nostro  Liat- 
wardo  quandam  cappellani,  quae  uocatur  Biminga,  sitam  in  Ale- 
mannia, cum  Omnibus  ad  se  iuste  pertinentibus  uel  aspitien  ]\  tibos 
iure  perpelMo  in  proprietzitem  concessimiis.  Postea  uero  praefatu? 
episcojni?  noslrani  depraetatus  est  celsitudinem ,  quatenus  ei  licerel 
nostra  auctorilatc  praenominatam  cappcllam  cum  ]]  omnibus  ad  se 
pertinentibus  ob  nostrae  niercedis  augnientum  atque  eleniosinara 
animae  iilius  ad  nionasteriuni  sanetae  Mariae,  quod  uocatur  Augia, 
iiu-e  perpetuo  tradere,  econtra  accipiens  nostra  licentia  et  spontaneo 
consensa  abbatis  onuüumque  fratrum  ibidem  Christo  fiimulantium 


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Kaisenirkunden. 


277 


cellaiii  inlVa  nioiiasteriuiu  construclam  in  lionore  sancli  l'etri,  quae 
uocatui'  Thegaiuuräceila,  cum  umiiibus  ad  eandem  cellam  iuste  per- 
tiofiotibas,  ea  uidelicet  ratione,  ut  ipae  omnibus  diaebns  nitae  suae- 
sab  osufinictuario  utnunque  habeat,  teneat  atque  possideat,  et  post 
illiiis  discessum  cani  omni  iotegritate  sua  utraque  loca  itemm  ad 
praescripti  monasterü  potestatem  sine  aliciua  molesUa  uel  inquietu^ 
dine  redeat.  Nos  uero  taH  conditioni  animo  libenti  praebentes  as- 
srasom,  hoe  nn>trac  auctoritaiis  praeccptum  inde  conscribi  nianda- 
uimu«,  per  quod  deccrnimus  atque  iubemiis,  ut  haec  eadem  supra 
narrata  conditio  ex  ufraqne  \y.\r\o  flnnnm  et  stabile  i)er  omnia  tem- 
pora  pcrmaneat  abscfiio  ullius  cnnlradiclione.  El  ut  haec  auctorilas 
nostra  pleniorcin  in  dei  nomine  obtineal  firmitalom.  hoc  idem  prae- 
(-t  ]itum  manu  propria  subter  ririnauimus  et  anulo  notro  sigUlari 
iu^sinm:j. 

I  Signum  domni  Karoli  (Monogramm  desselben)  imperatoris 
augusti.  1 

i  Walde  cancellarius  ad  uicem  Liutwardi  archicancellarU  re- 
cognoui  et  i  (Subscriptionszeicben  und  das  ausgedrückte  Siegel 
Kaiser  Karls)  >). 

Data  m  idus  Octobris  anno  incarnationis  domni  dcochzx.iu. 
indictione  u.  anno  imperii  püssimi  imperatoris  Karoli  m.  Actum 
Papia  duitate  in  dei  nomine  felidter  amen. 

Auf  der  Rückseite  in  gleichzeitiger  Gapitale:  Praeceptvm  de 

Piminga,  und  in  HinuslKl  des  15.  Jahrhund^:  Prar(  (  ptnm  Karoli 
de  Piringa,  datum  vii  idus  Octobris  anno  incarnationis  dccclxxxni. 
Ebf-nfall«  aus  dem  15.  Jahrhundert  scheinen  die  Zalilon  13  und 
ganz  unten  14,  vielleicht  Reichenauer  Arcliivnummern  btjzeieiinend. 

Perpr.  Gr.  Böhmer  Nr.  970.  Fehlerliaft  gedruckt  bei  Pupikofer, 
Gesch.  d.  Thurgaus,  1.  Beilage,  Urkunden,  S.  3. 

8M,  AprU  27.  Slua. 

Kaiser  Arnulf  gibt  auf  Intervention  seiner  «ieujahlin  Outa  und 
des  Erzbischofs  Flatto  dem  Veteranen  Hucpert  einen  ihm  vom  Grafen 
Oudalrich  in  Bodman  entrissenen  Mansus  in  Uührnang  zurück  und 


')  Das  felir  iH'^rhrnli/tc  Siopel  aus  der  urewöhnlirh  Maltha  genannten  Hasue 
Ut  das  bei  Heffncr,  Deutsche  Kaisersiegel,  Tafel  I,  Xr.  G  ali;jebildete. 


278 


Riezier: 


geblattet  ihm,  densclljcn  an  das  liadliaus  dti-  Roiohenauer  zu  ver- 
machen und  in  deren  Kloster  seinen  UnterliaU  zu  eniiifangen. 

i  In  nomine  sancte  el  indiuidue  trinilalis  Arnolus  (sie)  diuina 
fauente  dementia  Imperator  augustus.  Conperiat  ornnium  fidelium 
presentium  ;  ]]  ac  fotnrorum  industria ,  quod  (]uidam  inueteratos 

miles  Momim-  llurpret  per  iiiteruL-nluni  dileet»'  cnniugis  nostre  Ole 
atipu.'  II;ittriiiis  lidi'lis  arcliiej>i.<e()j)i  nostri  nobis  suggo  ]]  rebat.  <|ua- 
liter  magnus  Karolus  imix:rator  angu>tus,  priusquam  uillani  Ilornang 
in  Potamico  fisco  sitam  ad  kameratn  Äugensium  monachorum  tri- 
buisset,  in  eadem  ]]  uilla  parentüms  suis  mansum  ununi  pro  uena- 
t(nia  arte  oonoessisset,  quem  . . .  ^)  fatetur  se  multos  annoa  sine  con- 

tradictione  hactenus  heredilario  iure  possedisse,  sed  comilem  Odari- 
cum  (sie),  i[u\  rotaniis  in  nostro  eastro  residet,  contra  ius  el  contra 
fas  sibi  uiolenter  al>stulissc.  Et  hac  de  causa  supplidter  deprecatur, 
ut  per  nostram  misericordiam,  quod  male  ablatum  est,  iusto  iudido 
sibi  restltuatur.  Ergo  quum  qaidem  nos  deus  principem  ac  iudicem 
uiduarum  et  pupfllorum  constituit,  dignum  duximus,  ut  ex  *)  omni 
parte  prolata  causa  ita  sagaciter  a  uobis  (sie)  iudidbus  uoitiletur, 
ut  Hucperto  omne  ablatum  . . .  reconpensetur.  Post  ornnium  istarum 
teamm  oonsumationem  et  restitutionem  idem  Hucpertus  per  suos  in- 

tercessores  dOectam  coniugem  nostram  Otam  atque  fldelem  harchi- 
episcopum  Hattonem  serenitaton  nostram  postnlauitt  ut  receptum 
m^mmiin  ad  lauatoriam  domum  Aug^isium  fratrum  sub  nostro 
muntburdio  *)  et  protectione  sibi  offerre  lioerett  ad  quam  pius  Karolus 

locuni  el  partem  silue  Azzonis  aliorumque*)  piscatorum  cum  ipsi? 
hominibus  tradidi-^'^i  f,  uf  omnia  Ugna,  que  ad  prefatam  donium  in 
eadeni  silua  incidenda  sunt  cum  islo  manso,  incidantur  el  per  *)  euni  *) 
ad  litus  dalucautur,  ut  infirmi  fratres  oo  rertiu?  atque  celcrius 
balneis  dum. . . .  r(  creantur  ipsi  pro  eodeni  Hue|)erto  deum  dili')genter 
deprecentur.  Fla^Mtauit etiam  prefalus  nuc*)i)ertus,  ut  liccat  sibi 
supradiclis  fralribus  in  eadeiu  domo  lamulari  et  eorum  elemosinis 
deinceps  sustentari.   Vt  autem  donatio  Hucperti  firma  maneat  et 

*)  Diese  lind  die  rolgendeii  Pinikte  Itezeichnnn  LQckeiif  in  denen  man  unter 
Kasuren  bie  und  da  Spuren  alter  Schrin  gewahtl. 

')  Die  hiemit  bezeichneten  Worte,  Silben  und  Buchstaben  sind  Ober  der 
ZeOe  von  anscheinend  denetben  Hand  nachgetragen. 

*)  In  munt  ein  c  Strich  zu  wenig. 

*)  In  der  Zeile:  Flagita,  darüber:  tauit. 


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Kais«rurkunüen. 


279 


iniefragabiüs,  iussimus  ipsius  *  rogatu  hoc  testamenlum  inde  scribi 
et  anulo  noatio  insigniri.,  Insuper  iubemus  et  predpimiu,  ut  laigitio 
magni  Karoli  *)  imperatoris  augusti  robusta  perduret  et  inoonuulsa  et, 
sicut  ipse  in  suo  priuilegio  antiquitus  disposuit ,  ita  perseueret ;  sin 
autem  quipquam  iiifeodando  alienaiierit,  ut  donatio  illa,  uolunius, 
dcficiat  rt  [i  iriter  uilla  lioraagn  (sie)  cum  piscatorum  süua  in  nostrum 
fiscuni  reileant.    (L.  S.) 

:  Signum  donini  Arnolfi  ini{)Cia{ori>  (Arnulfs  Monogramm) 
augusti  inuictissinii,  Ego  LanttVidu<  ;id  uicrin  arkicapellani  Delt- 
mari  scribsi  et  confirmaui.  l  (Suh^crilJliun:^zeIcilen.) 

Data  kalendas  Mai  anno  incarnationte  domni  dcccxcvi. 
indictione  xuu.  anno  regni  domni  Arnolfi  Tini.  imperii  autem  dos  i. 
Actum  Sinna  curte  regia  fdidter  in  dei  nomine  amen. 

Die  auf  Pergament  geschriebene  Urkunde  darf  nur  zum  kleinsten 
Theile  als  echtes  Original  bezeichnet  werden  und  weist  einen  eigen» 
thümlichen  Fall  von  Fälschunpr  auf.  Echt  sind  nämlich  nur  das 
Siegel,  das  Monogramm  und  ilie  letzte,  mit  der  Daluinsfonnel  be- 
ginnende Zeile  der  Urkunde.  In  dieser  Zeile  obi  iiso  wii-  in  diTii 
Monogramm  ist  die  alle  Schrift,  wclilie  eine  jetzt  geiblielie  Tinte 
autvveist,  mit  einer  schwarzen  Tinte  zart  überfahren,  so  dass  ilire 
Deutlichkeit  dadurch  kdne  Einbusse  «rlitten  hat  Der  übrige  Theil 
der  Urkunde  zeigt  eine  bald  mehr,  bald  weniger  schwarze,  überall 
aber  entschieden  dunklere  Tinte,  als  die  genannten  echten  Theile. 
Die  steifen  und  gezwungenen  Züge  Terrathen,  dass  eine  jüngere  Hand 
die  ihr  ungewohnte  karolingische  Schrift  künstlich  nachzuahmen 
versucht  hat.  Dabei  schlüpfen  ihr  jedoch  innner  wieder  nuchstaben 
unt«r,  die  den  ausgesprochenen  Charakter  des  12.  Jahrhunderts 
zeigen.  Von  einer  Hand  dieses  Jahrhunderts,  vielleicht  derselben, 
welche  die  Urkunde  lalschte,  steht  auf  der  Rückseite:  piaeceptum 
Arnoin  imi>eratüris  ad  Hupertum  de  Hornang.  Der  gitissere  Tlieil 
der  Urkunde,  nämlich  der  bis  zum  Zeichen  *  reichende  Text,  dann 
wieder  ein  Theil  der  letzten  Zeile  des  Textes  und  die  Zeile  der  Siegei- 


•)  Urkunde:  Kaü. 

•)  Zwei  Bruchstücke  des  aufgedrflcktcn  Siegels  von  der  gewötinlicti  als  Matlha 
bezeichneten  Masse  lassen  ein  nach  1.  gerirlitftes ,  wio  scheint,  Itekrünztes 
Haupt  uud  darOlier  r.  ubeu  die  Buchstaben:  ULFV  erkennen  tnid  gestatten 
UonH  nkht  »i  «ntwbdden,  ob  «ioM  und  wdehes  d«r  vier  bd  H«fh«r  (Deutwbe 
Kaisernegel,  Nr.  8—11)  abgebildeten  oder  beschriebenen  Siegel  Arnulfe  vorliegt. 


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280 


Rieiler: 


und  Gonfirmationsfoniiel  sind  über  oder  zwischen  radirten  Zeilen, 
wahrscheinlich  sieben  an  der  Zahl,  geschrieben,  von  deren  älterer 
Beschreibang  sich  an  einigen  Luclccn  sehr  schwache  Spuren  noch 
erkennen  lassen.  Ein  Ueberfahren  ällorer  Züge  ist  in  diesem  Theile 
nirgend,  weder  in  dem  auf  Rasur  noch  in  dem  auf  das  unbesehä- 
di;,'fe  l'eifjament  flcsclirielienen ,  zu  bemerken.  An  die.se  formellen 
(i runde  der  Unechtiieil  reilien  sich  inhaltliche,  die  bereits  von 
Dümmler,  Gesch.  des  oslfränk.  ileiches,  Ii,  678,  geltend  gemacht 
wurden. 

Hienach  ergibt  flieh  mit  Sicfaerbeit  soviel,  dass  ein  Reichenauer 
Mönch  im  12.  Jahrhmidert  eine  echte  Urkunde,  welche  Kaiser  Ar- 
nulf am  27.  April  896  zu  Stnna  ausstellte,  als  Grundlage  einer  Fäl- 
schung benützte,  indem  er  die  fOr  seinen  Zweck  brauchbarai  Theile 
derselben  wesentlich  unverftudert  in  seinem  Machworke  bestehen  liess. 
Er  überzo[,'  dieselben  nur  zart  mit  schwarzer  Tinte,  um  ihre  Farbe 
mit  seiner  eigenen  Schrift  in  Ueijereinstimmung  zu  bringen.  Dass 
die  Zersförtmpr  des  oberen  Theiles  der  Urkunde  erst  zum  Zwecke 
der  Anfi  rti^rung  ("ines  neuen  Textes  erfolgte,  darf  wohl  als  wahr- 
.SLhcinlich  betrachtet  werden.  Fraglich  bleibt  über,  ob  sich  die  echte 
Urkunde  Arnulfs  auf  Rührnarig  oder  einen  anderen  Gegenstand  be- 
zog. Will  man  das  ersterc  auni'luncn ,  so  kann  man  es  docli  nur 
unter  der  Modification,  dass  die  echte  Urkunde  für  die  Reiclienauer 
nicht  so  günstig  lautete  wie  die  gefälschte;  sonst  würde  es  an  einem 
Motive  zur  Zerstörung  des  echten  Textes  gefehlt  haben.  Dass  dieser 
sorgsam  radirt,  nicht  etwa  durch  zuffillige  Beschädigung  zerstört 
wurde,  macht  der  Augenschein  unwiderleglich.  Der  echte  Text 
schemt  kürzer  gewesen  zu  sein,  hat  jedenfalls  weniger  Raum  bean- 
sprucht. Daher  kömmt  es,  dass  das  aufgedrückte  Siegel  nun,  nach 
Entstehung  der  FiUsoiiung,  in  ungewöhnlicher  Weise  die  letzten  vier 
Zeilen  des  Textes  unterbricht,  während  es  sich  in  der  echten  T^rkunde 
unterhalb  des  Textes  auf  ireiem  Räume  befand.   Schreibfehler  wie 

Amofüs  statt  Amolfus,  Odaricum  statt  Odahicum  und  uobis  iudi- 

cibus,  wofür  man  nostris  iudicibus  erwartet,  können  beim  Copiren 
eines  echten  oder  doch  fdteren  Textes  entstanden  sein,  stellen  jedoch 
das  Bestehen  einer  solchen  Vorlage  keineswegs  sicher.  Dagegen 
machen  einige  von  Dümmler  a.  a.  0.  hervorgehobenen  Umstände 
wahrscheinlich,  dass  dem  Fälscher  wenigstens  eine  Notiz  über  eine 
eciile  Urkunde  ähnlichen,  doch  kaum  gleichen  Inhaltes  den  Stoff 


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Kaiserurkunüen.  2äi 

lieferte.  Ueber  äne  ebenfiEüls  in  Reichenau  gefälschte  Urkunde 
Kaiser  Karls  HI.  t.  886,  wodurch  Röhrnang  und  Ansiedelung  und 
Wald  der  Fischer  am  See  als  altes  Eigenthum  des  Klosters  nachge- 
wiesen werden  sollten,  vergL  DGmg^,  Regesta  Badensia,  S.  78  zu 

Nr.  13,  und  über  weitere  Reichenauer  Fälschungen  ebendaselbst 
S.  74  IT.  Rornnng  ist  Rjöhmangr,  Hof  bei  Liggeringen,  B.A.  Constanz. 

Dem  Drucke  unsef^r  Urkunde  bei  Fickler,  Quollen  und  For- 
schungen zur  Gesch.  Srhwahens  und  der  Oslscliweiz.  Urk.  S.  8, 
der  unter  manchen  anderen  Fehlern  durcli  Weglassung  von  v.  vor 
kaleiidas  ein  falsches  Dutum  bietet,  lag  eine  von  un>;crer  Vorlage 
entnommene  Copie  des  Freiherrn  v.  Lassberg  zu  Grunde.  Fickler, 
der,  wie  es  scheint,  das  Original  nicht  gesehen  hat,  spricht  der  Ur- 
kunde »in  Foim  und  Inhalt  alle  Merkmale  der  Echtheit«  zu  und 
findet  die  letztere  durch  die  Rasuren,  deren  Veifafiltniss  er  übrigens 
falsch  darstellt,  nur  bestätigt.  Dagegen  musste  Dfimroler,  der  die 
Urkunde,  wie  erwfihnt,  aus  inhaltlichen  Gründen  bereits  für  unecht 
erklärte,  in  sein  VerwerfungSUrtheO,  da  ihm  das  Docunient  nur  aus 
Ficklers  Drucke  tekannt  war,  natürlich  auch  die  Datum?-  und 
Actumsformel  einschliessen.  Dieselben  seien  hiemit  in  iiu-  Recht 
wieder  eingesetzt  mit  dem  Hinweise  darauf,  dass  sie  eine  Stütze 
t)ieten  für  die  von  Dümmler  a.  u.  O.  677  ff.  vnrgr\sch!agene,  von 
Röhniers  Regesleii  abweichende  chronologische  Anordnung  von  Ar- 
nulfs Kaiserkrönuiig  und  Rückzug  aus  Italien.  Denn  wie  bereits 
DOnmiltt  unter  Hhiweis  auf  Urkunden  Berengars  bem^kt,  ist  der 
Ausstellungsort  Sinna  weder  in  Siena,  noch  in  Segni,  sondern  in 
einem  Orte  der  Lombardei  zu  suchen;  vergl.  Dämmler,  Gesta  Beren- 
garü,  Veneichniss  der  Urk.  Nr.  63,  77,  88. 

Aehnliehe  Fälle  von  Fälschung  sind  nicht  häufig,  immerhin  aber 
bereits  nachgewiesen.  So  sind  in  der  in  München  befindlichen  Ur- 
kunde Kaiser  Heinrichs  TTT.  vom  28.  Dez.  1053  für  die  Kirche  von 
Krems  Monogramm,  Kanzlciuntorfertigung  und  Siegel  echt,  das  übrige 
getaLschl;  vgl.  Stumpf,  Reichsi<aiizler  \r.  2447.  Weitere  Beispiele  aus 
jüngerer  Zeit  verzeichnet  Watlenbacli,  Schriftwe.sen  im  Mittelalter,  183. 

Eine  uhnliche  Reichenauer  Fälschung  mit  Beibehaltung  des  echten 
Datum  und  Actum  liegt  nach  Dünige,  Reg.  Bad.  p.  96,  auch  vor  in 
dem  Briefe  Otto's  IB.  an  den  Abt  Alawich  von  Reichenau  von  998, 
April  23.  Dfimgä  bat  also  Recht  dieses  Ver&hren  als  em  m  Reichenau 
After  geliandhabtes  zu  bezeichnen. 


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X.    iragmeütai'ische  Eriuueruageu  eines  alten 

Archiyar& 

Von 

Dr.  Lüuis  Spach, 
Bczirk.^^archivdireklur  in  Slrassburg. 

In  der  zweiten  Iliillte  des  Dezembermonats  1839  traf  mich  in 
Pari?,  durch  Vermittlung  des  Maires  von  Strassburg  ein  Vorschlag 
des  Prätecten  des  Niederrheins,  als  Departomontalarciiivar  einzu- 
ti-cten,  nebeiiiier  aucli  die  Geschäfte  des  Kabinets  des  hohen  Beam- 
ten zu  besorgen.  Icli  war  damals  in  der  französischen  Hauptstadt 
gerade  nicht  unbeschäftigt,  doch  auf  Uterarische  Arbeiten  beschränkt ; 
eine  naheU^gende  Aussicht  auf  eine  BibliothekarssteUe  in  Pttris  sehieii 
zwar  erwänscht  ...  ich  zog  die  Heunatb  Tor,  nach  kurzer  Uebei^ 
legung.  Der  fieberhaft  aufregenden  Existenz  war  ich  voiderhand 
wenigstens  überdrössig;  m  derHeiniath,  so  dachte  ich,  erwarten  mich 
sonnige,  ruhige  Tage;  zum  voraus  fühlte  ich  mich  angewdit  und 
abgekühlt  von  dem  Balsamduft  der  Tannenwälder  der  Vogesen  und 
des  Schwarzwaldes ;  wissenscliaflliclie  Verbindungen  mit  Paris  blieben 
ja  zu  Recht  bestehen.  Ich  schnürte  meinen  kleinen  Reisebündel, 
bestieg  den  Courier  de  la  malle,  und  am  Ötephanstage  war  ich  in 
der  lieben  Vaterstadt. 

Es  sollte  Vieles  ganz  anders  kommen,  als  ich  mir  vorgespiegelt 
Die  Tage  des  Scfakialfenldliene  TetimeB  sich  bald  m  weiter  Feme. 
Es  wfire  auch  etwas  TerfrOht  gewesen,  mit  neununddieiss^  Jahren 
schliesst  man  sich  noch  nicht  vom  thätigen  Leben  ab. 

Einige  Ruhetage  gOnnte  ich  mir;  am  Dreilcdnigsabend  1840  be- 
sprach ich  mich  zum  ersten  Mal  nut  mehiem  künftigen  Chef  und 


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FragmentariMhe  ürinnmutgea  eines  alten  Arcbivafs. 


283 


Gönner,  kli  fand  micli  einem  bereits  liücli  in  den  ViLTzig-  stehenden 
gut  conservirten  Manne  gegenüber,  dessen  Vater  mit  den  Girondins 
in  Bordeaux  verbrüdert,  in  seiner  Heimat  eine  Rolle  gespielt,  und 
dessen  Geist  auf  seine  Söhne  übergegangen  war.  Herr  Louis  Sers, 
der  dritte  Sohn,  hatte  als  Präfect  der  Loire  1834  einen  Arbeiter^ 
aufetand  bewältigt  Autorität  und  Gewohnheit  des  Befehlens  stand 
auf  seiner  Stime  geschrieben;  um  seine  Lippen  spielte,  wenn  es  ihm 
genehm,  ein  wohlwollendes  Lächeln. 

»Ich  habe  Sie  als  Archivar  hieher  berufen,«  so  begann  er;  »der 
Departementabrath  tiat  die  Fonds  dazu  voriges  Jahr  bewilligt.  Es 
ist  eine  Misere;  ich  muss  Ihren  massigen  Gehalt  aus  meinem  Abon- 
nement ')  er^'änzen.  Don  Augiasstall  des  Archivs  hrinpion  Sie  in 
ihren  Xachmiltagsstunden  so  viel  als  möglich  in  Ordnung:  viel  un- 
nützen Plunder  schaflen  Sie  wog  in  nlTentliclier  Versteigoning;  lassen 
Sie  die  Schreibereien  nicht  anwac  hsen,  in  meinem  Kaiiinet  concen- 
trire  ich  die  wichtigsten,  die  anziehendsten  Geschäfte ;  hnde  ich  Sie, 
wie  mir  der  Mahre  von  Strassburg  die  Zusicherung  giebt,  dazu  tüchtig, 
80  werden  Sie  nur  zur  Hand  gehen.  Der  Maire  Schfitzenberger  ist 
Ihr  Jugendfireund;  wir  smd  bisweilen  hi  Gonflikt;  da  kftnnen  Sie 
vermittehi.  Dann  haben  die  Gonservateurs  hier  eine  Zeitung  ge- 
gründet, dazu  liefern  Sie  archivaüsehe  Beiträge,  interessante,  ge- 
schichtliche Doicumentc.  Die  Elsasscr  sind  eingefleischte  Lokalpatrioten; 
sie  lieben,  mit  vollem  Recht,  ihre  schöne  Provinz;  das  wird  Ihnen, 
Herr  Archivar,  zu  Gute  kommen,  Ihnen  Freunde  zuwenden,  uns 
Freude  machen.  Dann  habe  ich  einen  zwan/.igjidirigen  Sohn;  er 
verlies^-  unlängst  die  iiolytechnische  Schule;  ich  i)estiinmo  ihn  zum 
Verwaltungsfacli,  er  sieht  sich  um,  arbeitet  alternative  in  den  ver- 
schiedenen Bureaux;  auch  bei  Ihnen  wird  er  sich  einstellen.  Seien 
Sie  ihm  ein  guter  Freund  und  brüderlicher  Lehrer;  er  ist  Irisweiloi 
leidenschaftlieh,  aber  ein  grundehrlicher  Junge.  Sie  haben  sich,  wie 
ich  Temehme,  auch  im  Privaterziefaungsfache  Tersuchi« 

So  sah  ich  mich,  ab  ovo,  nicht  nur  als  Archivar  einge- 
fOhrt;  ich  mochte  wollen  oder  nicht,  laufende  Geschäfte,  Zeitungs- 
beiträge wurden  mir  /.u  Theil,  keineswegs  zu  meinem  Leidwesen.  Je 
mehr  eui  Archivbeamter  Einsicht  erhält  in  die  Tagesinteressen,  desto 
mehr  wird  er  zur  Würdigung  der  modernen  Akten  befähigt.  Auch 


*)  So  wunln  Summe  benannt ,  welche  die  Regierung  ztir  Besolihing  der 
PrBfekturbeainten  anwies;  */•  derselben  war  der  Präfekt  anzuwenden  verptlichtet. 


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284 


ypach : 


auf  die  Vergangenheit  wirft  das  Verständniss  der  Gegenwart  leuch- 
tende Reflexe. 

Vorerst  galt  es  jedoch,  eine  Rundschau  zu  halten  in  meinem 
künftigen  officiellen  Gebiet  Das  Archiv  selber,  seinen  aUgemeinen 
Inhalt  mosste  ich  flbersehen,  wissen,  wer  vor  mir  dort  gewaltet,  was 
gethan,  was  zu  thun  erübrigte. 

In  den  ersten  Jahren  nach  der  Revolution  von  1789  hatten 
geistliclio  nnd  weltliche  Behörden  des  Elsas»  auf  Befehl  der  Hogierung 
ilire  Dokumente  in  Sirassburg  hinterlegt.  So  war  das  ehe  inalij.'o 
Archiv  des  Bislhunis ,  so  waren  die  Kollektaneen  aller  A])t('if  n, 
Klöster,  geistlicher  Orden  des  Niederrheins,  so  die  Aklen  der  lierr- 
schafllichen  deutsclien  Regierungen,  die  nach  dem  westphälischen 
Frieden  im  ESsass  zu  Redit  bestand^,  In  Strassburg  aufgestapelt  0- 
Man  wies  diese  Masse  von  Documenten  vorläufig  In  eine  Lokalität, 
welcher  eine  geschichtliche  Bedeutsamkeit  zukam.  Nordwestlich  von 
dem  palastähnlichen  Gebäude  der  firuheren  königlichen  Ihtendance 
d'Alsace  lag  der  niitlelaltrige  Kornspeicher  der  Stadt,  ein  von 
Udiien,  kümmerlichen  Ogival-Fensterlucken  durchbrochener,  kaser- 
nenartiger Bau.  Seit  der  Mitte  des  15.  Jahrhunderts  erhob  sich 
dieses  Magazin  auf  derselben  Stelle,  wo  hundert  Jahre  zuvor  (1349) 
während  der  schamllichen  Judeiilielze  der  revolutiouäi'e  Mord  von 
zweitausend  Israeliten  vollzogen  wurde.  Eines  geschiclillielieM  Unter- 
grundes, eines  verkohlten  Scheiterhaufens  ermangelte  somit  die  be- 
deutsame Localität  nicht.  Mit  der  Innern  Einrichtung  war  es  nicht 
geradezu  schlecht  bestellt ;  doch  für  comfortable  Arbeit  in  Winters- 
und Sommerszelt  wenig  gesorgt.  Ueberdies  störte  das  nördlich 
gegenüberliegende  Sehauspielhaus  durch  seine  musikalischen  Uebun- 
gen  die  zu  stiller,  emster  Sammlung  angehaltenen  Beamten.  Der 
Gontrast  war  schreiend;  drfiben  die  Welt  mit  ihrer  Lust,  diesseits 
der  Esplanade  die  ge&ignissfihnlichen  Räume  mit  gelsttödtender 
Arbeit. 

Die  zwei  Stockwerke  fand  ich  für  die  bereits  angeschwollene 
Materie  sehr  enge;  nach  kurzer  Zeit  sollte  ich  inne  werden  ,  mit 
welch'  sparsamer  Genauigkeit  ein  bedrängter  Archivist  verfahren 
muss,  wenn  er  nicht  unter  der  Wucht  der  Papiere  und  der  Oblie- 
genheiten ersticken  will. 

*)  Tbeilungen  mit  dem  Ob«rrhein  fanden,  zu  wiederholten  Malen,  etwas 
spUer  atatL 


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Fngmentarische  Erinnenuigen  eines  alten  Aicbivan. 


285 


Im  bir^cliüfliclion  Archiv  halle  vor  tUr  Hovolulion  ein  jetzl  all- 
gemein bekannter  Gelehrter,  ein  junger  Priester  gewaltet,  Abbe 
Gnmdidier,  eine  liebenswürdige  Eischeinung,  fast  ein  Wunderkind 
zo  neimen.  Stand  er  dodi  ber^,  kaum  neunzehn  Jahre  alt,  im 
Amte,  Towichnete  unermüdlich  die  geschichtlichen  Schätze  der  kirch- 
lichen Vergangenheit  des  Elsass  wid  huterliess,  als  er  im  35.  Jahre 
Ton  dem  Schauplatz  seiner  Irdischen  Wirksamkeit  schied,  in  36 
kalligraphirten  FoIiohAnden  das  analystische  Repertorium  der  damals 
vorliegenden  Dokumente.  Durch  eine  seltne  providwiiiello  Vergünsti- 
gung blieb,  inmitten  der  über  Strassburg  ergangenen  Katastrophen, 
diese  unschätzbare  Sammlung  in  ihren  Ilauptbestandlheilen  erhallen. 

^Veit  ausgedehnter  war  in(kss  fJrandidier's  Wirkungskreis;  er 
bililrto  sich  zum  Geschichtsschroiber  und  Antiquar.  Die  ersten  Jaln- 
hinulirle  der  cbassischen  literarischen,  geistlichen  uiul  weltlichen 
Annalen,  auf  Originalien  fussend,  an  der  Quelle  schöpfend,  erziUille 
er  in  degantem,  französischem  Style.  Leider  unterbrach  sein  früher 
Tod  die  weiischichtig  angelegte  Arbeit  Seine  Beschreibung  der 
Strassburger  Kathedrale,  ia  einem  Bande,  l&sst  auf  dem  jetzigen 
Standpunkt  der  Wissenschaft  manches  zu  wünschen  übrig,  ist  hidess 
nach  Schadens  Münsterhüchlein  als  bahnbrechend  zu  betrachten.  Zum 
historischen  Kritiker  war  «r  vielleicht  berufen,  aber  durch  seinen 
Stand  eingeengt,  im  Herzensgnmde  freisinnig,  gegen  Neid  und  Ver- 
lästening  ankämpfend.  Von  einem  der  Kardinalbischöfe  von  Strass- 
burg beschützt,  verfiel  er  bei  dessen  Naclifolger,  dem  berüchtigten 
Rohan,  in  Ungnade.  Sein  plötzliches  Hinscheiden,  wälirend  einer 
gelehrten  Inspectionsreise  in  einem  Kloster  an  der  Grenze  der  Frei- 
grafschafl  Burgund,  konnte  man  seiner  übermrissigen  Arbeitsamkeit, 
zum  Theil  dem  nagenden  Kummer  zuschreiben;  der  Verdacht  von 
Vergiftung  blieb  nicht  aus. 

Hur  wurde  Grandidier*s  Gestalt  von  allem  AniiEmg  an  sympa- 
thisch. Obgleich  er  nie  in  denselben  Räumen  gewandelt  und  gear> 
beitet  hatte,  schien  mir  seine  Gegenwart  zweifdk».  Er  ward  mir 
zum  erwünschten  Vorbilde. 

Bedauemswerth  fand  ich  einen  andern  Vorgänger,  Abbe  Brendel, 
der,  zum  constitutione! len  Bischof  im  ersten  Rcvolutionsjalire  beför- 
dert, neben  dem  Maire  Fritz  von  Dietrich,  von  ihm  unterstützt,  einige 
Zeit  sich  gegen  den  Hass  der  rechtgläubigen  Klerisei  aufrecht  hielt, 
darauf  von  dem  Terroristen  Eulogius  Schneider  bei  Seite  geschoben, 
seine  ephemere  Würde  in  einem  obscuren  Beamtenleben  abbüsste. 


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28t> 


Spucb : 


Er  wurde  nach  hergestellter  Ordnung  zum  Distriktsarchivar  ernannt, 
und  bezog  einen  höchst  geringen  GehaJt. 

Während  des  ersten  Kaiserreiehs  versahen  Beamte  des  Prfifecten 
das  völlig  unbeachtete  Bureau  des  Archivs.  So  schlecht  waren  sie 
besoldet,  dass  unter  der  Re5;tauration  sich  einige  zum  Missbrauch 
ihrer  Stellung  verleilen  litssen.  Das  Wachs  vieler  Pei^amentsiegel 
hatten  ?ie  ;ib,rpsclinitten  und  als  gemeine  Waare  verhandelt.  Einer 
der  ncsrhulditrten  war  durchaus  nicht  imboirabt:  er  schrieb  Iranzö- 
sischo  Prosa  und  dichtoto  in  dcutsclicn  Versen,  siorlito  hin,  brust- 
kratik,  da  er  sich  in  seiner  Elire  und  Existenz  bedroht  sah,  und 
starb  im  Bürgerhospital. 

Eine  vorläufige,  nach  Materien  geordnete  und  in  Kartons  ver> 
theilte  ESnreihnng  der  Kloster-Ardiivalieii  wurde  rtwas  später  <kirch 
einen  tflchtigen  Arlwiter,  Lauth«  unternommen;  vollständig  war  nichts, 
und  von  einer  chronologischen  Inventarisirung  keine  Rede.  Mir  kam 
jedoch  diese  Vorarbeit  zu  gute.  Gegen  Ende  des  ersten  Jahres  meiner 
Einbärgerung  konnte  ich  mü  der  Analyse  dieser  unbekannten  Schätze 
beginnen  und  durch  jrdnüche  Berichte  an  Präferten  und  Generalrath 
den  jedesmaligen  Stand  der  fortsciu-eitenden  Arbeit  bezeichnen. 

So  stellt  sich  bei  der  Art  Benedictinerarbeil  immer  der  Eine 
iezwnnjron  auf  die  Schultern  des  Andern;  ^dücklich  sind  die  Ab- 
gesclüedenen  oder  zu  ilen  Invaliden  Geschobenen,  wenn  der  Nach- 
folger ihrem  Streben  gereclit  wird. 

Bei  meinem  Eintritt  in  s  Amt  fand  ich  zwei  Angestellte  vor,  die 
aussciilicsslich  mit  dem  Laufenden,  dem  Nachsuchen  und  womöglich 
AuCRnden  sich  beschäftigten.  Der  Eine  war  nicht  klassisch  gebildet, 
aber  ein  zuverlässiger,  diskreter  Charakter.  Ich  hatte  das  Glück, 
nach  etwa  dritthalb  Jahren  ihm  zu  einer  Anstellung  in  der  Kanzlei 
dw  französischen  Gesandtsdiaft  zu  Bon  zu  verhelfen.  Es  war  &a 
für  ihn  passenderes  Ami,  das  er  jahrdang  zu  Bern,  spätor  in 
Dresden  versah. 

Der  andere  Archivbeamte  hatte  von  der  Pike  auf  gedient,  liatte 

nicht  die  gerinpr^^tc  Erziehung  oder  Bildunfr  von  Haus  aus  erhalten, 
aber  sich  so  gut  in  die  tä;,dichen  Vorkommnisse  hineingeai  beitet,  dass 
er,  besonders  den  ländlichen  Kunden  und  Nachfrajjen  gegenüber,  sich 
als  trefflicher  Vermittler  t)ewülirte.  Der  letzte  französische  Präfect 
verabschiedete  ihn  trotz  meiner  Einrede;  versagt  wm*de  mir  sogar 
dieGenugthuung,  dem  ergrauten  Diener  eine  Denkmünze  für  fünfidg- 
jährige  Leistung  vor  dem  Personal  der  Präfectur  zu  Überreichen. 


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Fragmentarische  Erinnerungen  eines  alten  Archivan. 


287 


Es  siinl  mir  nacli  und  na<  h  mehrere  verdienstvolle,  auch  mittel- 
missige  Mitarbtiter  zur  Seite  gestanden.  Ich  unterliess  es  nie,  das 
Geleistete  Öffentlich  anzuerkennen;  hftafig  that  ich  darin  des  Guten 
ZD  viel,  bereue  aber  mein  Verfohren  keineswegs,  obgleich,  einige  Be- 
thel]^ ihre  Leistungen  über  den  reellen  Werth  anzuschlagen 
nicht  ermangelten.  Im  menschlichen  Herzen  liegt  nun  einmal  die 
Sdbstüberschätzung. 

Meiner  doppelten  und  dreifachen  Verpflichtung  gejron  meinen 
günstip  gesinnten  Obern  suchte  ich ,  so  viel  in  meinen  Kräflen  lag, 
nachzukommen.  Begonnen  wurde  mif  der  Veröfientlichung  einiger 
laleini:«cher  und  deutscher  Urkunden,  wolx-i  icli  an  Stätten  an- 
knüpfte, die  mir  ?cliün  früher  lieb  waren.  Hie  Vorsuchc  fielen  nicht 
ungünsti»  aus.  So  wurde  ein  Rundschreiben  des  liischofs  von  Stras>- 
burg,  zum  Bau  tler  Münslerfai^ade  auffortlernd  (a.  1275),  herausgege- 
ben, so  eine  das  Hospiz  von  Eschau  betreffende  Urkunde  (778),  eine 
Liga  elsassischer  Dynasten  gegen  die  Armagnaken  (1436),  eine  päpst- 
liche Bulle  Alexanders  IIL  zu  Gunsten  der  Probstei  Ittenwiler 
(1179).  Hatte  ich  doch  in  den  Elostergftrten,  die  man  jetzt  zum 
pittoresken  Landsitz  umgewandelt,  mehrere  genussreiche  Herbst- 
ferion  verlebt!  Seitdem  laperte  sich  der  Ton  1870  aufgewirbelte 
Staub  über  die  schöne  Erinnerung  und  trttbte  sogar  den  Räckblick 
auf  längst  vergangene  Geschichte. 

Tn  des  Prfifecten  näherer  Umgebung  befreundete  ich  mirh  mit 
den  Hauptinteressen  des  unterelsassischen  Landstrichs.  Die  Rhein- 
korrektion und  Eindämmung  des  launenhaften  Flusses,  die  Innung 
der  RheinschifTer ,  die  Kanalbauten,  das  Unterriclitswesen,  die  Ge- 
fangnisse, die  Einleitung  zum  Bau  der  Pariser  Eisenbahn  wurden 
mir,  80  wdt  ^  die  Departemoitalverwaltung  angingen,  nadi  mid 
nach  anvertraut  Auf  dfeson  mobilen  Tagesgebiet  fand  ich,  ohne 
das  Archiv  zu  Teraachttssgen,  eine  oft  erwünschte  Zerstreuung,  ein 
Gegengewicht  gegen  die  spezifische  Schwere  veralteter  Scriptuien 
und  Gonvohite. 

Bereits  im  Frühjahr  1841  erliess  Herr  SäPS  «ne  Verfügung,  es 
sollten  die  ländlichen  Archive  besichtigt  werden,  und  übertrug  mir, 
noch  ein  Jahr  vor  dem  ministeriellen  Erlass  derse]l)en  Richtung,  die 
Inspicirung  dieser  ganz  verwahrlosten  Gemeinderegi.straturen.  Ein 
giftiger  junger  Pamphletscribent  schimpfte  auf  diese  Initiative,  die 
nur  darauf  berechnet  sei,  »dem  Archivar  einige  Ferienreisen  zu  be- 
zahlenc.  Ich  liess  mich  durch  den  knabenliaüen  Angriff  nicht  an- 


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288 


Spach: 


fechten  und  besuchte  zunächst  die  in  der  Umgeljung  der  Stadt  und 
im  Bereich  der  nunmehr  eröffneten  Basler  Eisenbahn  gelegenen 
Dorfscbafteo.  In  den  Terschiedenartigsten  Lokalen  waren  die  Doch- 
mente  und. Register  aufbewahrt  oder  verzettelt;  selten  in  den  Ge- 
meindehSusem,  meist  ia  Kammern  oder  Kisten  der  Pfarreien,  der 
Scbdgeb&ude  oder  bei  den  jeweiligen  fifaires.  Da  sich  die  Besuche 
Afters  auf  dem  oder  jenem  Punkte  wiederholten  und  auf  Ordnung 
gedrungen  wurde,  so  befiel  den  betheiligten  Beamten  etwas  Furcht 
vor  der  Verantwortlichkeit.  Gerade  das  war  ge\vünscht.  Einmal 
wurde  mir  Ijeim  Beginn  dieser  Umzüge  meine  Befugnis?  bestritten. 
Ich  hatte  die  wohlhabenden  Dörfer  am  Fusse  der  Hausijergerlnigel 
besucht  und  war  nach  AMundolsheim  gelangt.  Hier  war  der  prote- 
stantische Schullehrer  zugleich  Sekretär  der  Gemeinde,  eine  gethun- 
gene,  markige  Gestalt.  Er  fragte  ziemlich  unwirsch:  »1^  and  doch 
mit  einem  legalen  Auffarag  Yersehen^c  Ich  trug  dem  berechtigten, 
aber  etwas  groben  Frager  die  Ausfertigung  des  Dekrets  vor;  er  fugte 
sich  willig  und  zeigte  mir  eine  in  gutem  Stande  gehaltene  Registratur* 
Ich  war  nidit  karg  in  der  Belobung,  und  die  Figur  des  alten  vierzig- 
jährigen, liraven  Schulmannes  blieb  mir  im  Gedächtniss:  ihn  selbst 
sollte  ich  nicht  mehr  sehen.  Im  Jahre  1863  besuchte  ich  die  iiocli- 
gelegone  Kirche  von  Mundelsheim  und  fand  auf  dem  anstossenden 
Friedliol  ein  Kreuz  auf  frischem  Urai)e,  vom  Jahre  vorher.  Der  Arme 
liatte  das  Zeitliche  gesegnet  und  Hess  mir  gewissemiassen  einen 
Stachel  in  der  Brust  und  eine  ernste  Mahnung  obendrein.  Stand 
doch  der  Abgeschiedene  mit  mir  ungefähr  in  gleichem  Alter. 

Als  im  Jahre  1842  die  mfaiisteridle  Verordnung  über  Gommu- 
nal-  und  Hospizarctüve  erschien,  hatten  wir  schon  bedeutenden  Vor- 
sprung gewonnen  und  konnten  sogleich  durch  gedruckte  fVnnulare 
den  Maires  die  Inventarisirung  ilirer  Akten  anbefdilen.  Nach  drei 
Jahrai  bli^  nur  eine  kleine  Zahl  von  Gemeinden  im  Rückstand. 
Das  verhängnissvolle  Jahr  1848  brachte  leider  anarchische  Zustände 
mit  sich:  in  vielen  Lokalitäten  wurden  die  Schriften  und  Bücher 
verschleudert .  es  musste  von  neuem  an  das  Ergänzen  der  lücken- 
haften Sammlungen  gedacht  werden.  Die  gleiche  Thatsache  wieder- 
holte sich  theilweise  in  den  letzten  Kriegsjahren.  So  hatte  auch  der 
dreissigjährige  Religionskrieg  —  nur  in  weit  stärkerem  Masse  — 
aufgeräumt  Vor  1648  finden  sich  auf  dem  Lande  nur  wenige 
Arcfaivalien,  welche  die  Agrarverhältnisse  betreffen. 

Das  Archiv  des  Strassburger  Givfltribunals  kam  schon  1842  an 


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FtagintnUriaehe  Erinnerui^n  eine«  alten  Archivars.  2S9 


die  Reihe.  Bei  EiöfTnuii?  des  Ocneralratlis  iin  Spätsommer  wurde 
eine  Bittschrifl  der  Advokaten  vorgelegt  mit  der  Anfrage:  Wa«  au^s 
dor  im  lalir  1838  iK'fürwortetcn  Einordnung  der  Justizarcliivaücn 
gcw oKifü?  <s  sei  l>ereits  eine,  wemi  auch  unbodrutende  Summe 
darauf  angewiesen  .  .  .  Die  Petition  setzte  tlie  Ver\v;dlung  in  einige 
Verl^nheit ;  jene  Summe  ward,  wie  ich  erfuhr,  auf  der  Stelle  zu 
anderen  dringenden  Zwecken  verau^abt,  und  dar  Zustand  der  Justiz- 
archivalien  so  kläglich,  dass  Niemand  mehr  die  Hand  an  da?  chao- 
tische  Wesen  legen  wollte.  Mir  war  bei  anderwSrt!geA)escfafiftigung 
sogar  die  Existenz  der  ungeordneten,  in  Gewölbe,  Speichern,  Erd- 
geschossen zerstreuten  Sammlung  ttnbdcannt  geblieben.  Nun  wurde 
ich  mitten  in  der  Sitzung  mit  der  Einsicht  der  verwitterten  Akten 
und  Register  beauftragt  und  stattete  im  Laufe  von  wenig  Tagen 
einen  vorläufigen  Fiericht  ab,  der  auf  eine  mehrjährige,  materiell 
sehr  beschwerliche  Arbeit  liindeutete.  Der  improvisirte  Bericht  wurde 
vom  Generalrath  günstig  aufgenonnnen,  die  nr'Uhigen  Kreiiite  auf  der 
Stelle  bewilligt  und  sofort  mit  dem  undankbaren  fieselirdlc  lie^-'onni-n. 
Binnen  drei  Jahren  war  diese  Nebenarbeit  l)eendigt  und  die  geord- 
neten Dokumente  in  drei  dazu  hergerichteten  Sälen  untergebracht. 
Es  bot  die  gel&uterte  Sammlung  eine  Reihenfolge  wichtiger  Prozesse, 
bescmders  aus  der  Revolutionszelt,  dann  viele  in  das  ältere  Gerichts- 
wesen von  Strassburg  und  Hagenau  einschlagende  Sachen.  Das 
Feuer  einer  Augustnacht  1870  vernichtete  diese  Archivalien. 

ESner  der  mir  zugegebenen  Arbeiter  hatte  während  dem  Sichten 
der  vermoderten  Akten  gleich  zu  Anfang  den  Grund  zu  einem  Ner* 
ventieber  gelegt  und  starb  eines  verfrühten  Todes.  Ich  erwähne 
diesen  Unfall,  wenn  auch  schon  mehr  denn  dreis<:ig  Jnhre  vergangen 
sind,  nm  dem  Einwurfe  vorzubeugen,  es  sei  snlrlic  obscure  Arbeit 
gefahrlos.    Noch  jetzt  erschüttert  mich  die  Hückerinnerung. 

Mit  elsassischen  und  auswintigen  Kollegen  kam  idi  hin  und 
wieder  schon  in  den  ersten  Jahren  meines  Amtes  in  Berührung.  Der 
ausgezeielinete  Gelehrte  Mone,  welcher  Director  des  grossherzc^lichen 
Karlsruher  Archivs,  besuchte  mich  zum  ersten  Male  im  Sommer 
1843  auf  längere  Zeit;  er  notirte  im  aUen  Archive  die  auf  badische 
Grundsteuer  bezuglichen  Pergamente  und  begehrte  deren  Auslieferung 
gegen  mehrfache  für  den  Unterrhein  nicht  unwichtige  Schriften. 
Seinem  Wunsche  wurde  erst  viel  spfttor  gewillfahrt.  Herr  Sers  war 
Gesuchen  dieser  Art  durchaus  ungünstig;  er  legte  denselben  mit 
Unrecht  andere  Zwecke  unter,  —  Jedenfalls  erfreute  ich  mich  der  Ge- 

.   Archivalisohe  Zeitschrift  I.  19 


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290 


Spaeh: 


genwarl  des  encyklopädisclien,  seit  einem  Vierteljahrhundert  berühm- 
ten Archivars  und  verdankte  ihm  mannigfache  Belehrung  und  Auf- 
munterung. Dienste  zu  leisten  war  er  stets  bereit;  ich  bewahre  dem 
hochverdienten  Ehrenmann  ein  danidwres  Andenken. 

Ein  benachbarter  Kollege,  Louis  Hugot,  Stadtarchivar  von  Kol- 
mar,  besuchte  mich  kurze  Zeit  nach  meiner  Installirung.  Ein  eigen- 
tbdmlicher,  origineller  Charakter,  etwas  räthselhaft.  Er  erzeigte  sich 
mir  als  das  seltsame  Exemplar  eines  leidenschaftlichen  Sammlers, 
der  bei  allzu  %'cit  gestecktem  Ziele  die  Gegenwart  aus  den  Augen 
verliert  und  mit  den  besten  Absichten,  hei  strengster  Ehrlichkeit,  dein 
Tadel  auswärts  Stehender  einige  Blösien  bietet.  Hugot  ist  einer  der 
Ilauptgründer  des  Museums  von  Kolmar;  in  dieser  Beziehung  bleibt 
sein  Lob  ungeschiufderf.  Icli  habe  bei  anderer  Gelegenheit  seine 
Verdienste  um  diese  Lokalschöpfung  auseinandergesetzt  und  berichtet, 
wie  er  opferfaliige  Gönner,  z.  B.  Herrn  Fritz  Hartmann,  den  Pair 
Ton  Frankreich,  fOr  seine  Plftne  einzunehmen  verstand.  Dass  die 
Gem&Idegallerie  der  alten  ebassiseben  Malerschule  in  die  schönen 
Räume  des  ehemaligen  Klosters  Unterlinden  übergeführt,  dass  andiere 
Sammlungen  —  die  chinesische,  die  zansibarische  u.  a.  —  damit  ver^ 
bunden  wurden,  ist  grösstentheils  Hugot's  Werk.  Dorthin  bai|^  er 
die  gallo-keltischen  Alterthümer,  die  er  in  Nacht  und  Nebel  an  der 
lothringischen  Gränze  auf  einen  Ochsenkarren  lud  und  beinahe  ver- 
stohlen nach  Kolmar  brachte.  Mit  naiver  Selbstgenugthuung  erzählte 
er  diesen  antiquarischen  Feldzug.  Die  Stadtbibliothek  von  Kolmar, 
denn  Incunabeln  und  Manuskripte,  vernichrte  er  bedeutend  durch 
Ankäulc,  Austausch  und  freiwillig  eliirgcliotene  Gaben. 

Mit  mir  suchte  er  anzuknüpfen,  aus  ungebornem  Trieb  zu  kollegia- 
lischer  Freundlichkeit,  und  weil  er  mich  für  seinm  Plan  der  Aus- 
beutung und  wissenschaftlichen  Benfltzung  des  Gemeindearchives  von 
Hagenau  gewinnen  wollte.  Es  war  dasselbe  reich  an  kaiserlichen 
Urkunden  und  geschichtlkdien  Dokumenten  aller  Art  Zur  Heraus- 
gabe emes  Codex  diplomaticus  hatte  er  sich  mit  d«n  Have  von 
Hagenau  verstanden:  ein  Kontrakt  lag  bereit;  der  Druck  sollte  in 
einem  bestimmten,  ziemlich  engbegränzten  Zeilraum  beendet  sein; 
allein  die  Zustimmung  des  Präfekten,  seine  Unterschrift,  war  noch 
keineswegs  gesichert. 

Hugot  wendete  sich  an  mich.  Der  Bescheid  des  Präfekten 
lautete  erst  ausweichend,  dann  abschlagig.  Meine  Unterhandlung  mit 
dem  Departementsclief   artete  aus  in  halbkomische  Szenen.  Ich 


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Fragmentarische  Erinnerungeu  eiuea  allen  Archivars. 


2dl 


stellte  Herrn  Sers  mit  all'  mir  zu  üebote  stehender  Eindringliclikeit 
▼or,  dass  meine'  BeachSiftigiiog  in  dem  mir  zugewiesenen  Arcliiv  auf 
Jahre  hinaus  all  meine  Kräfte  in  Anspruch  ndune,  dass  meine 
Pflidit  mir  gebiete  einem  gewiegten  KoDegen,  dnem  Schüler  der 
£cole  des  CSiartes  (!)  die  Mittel  rar  Veröffentlichung  der  geschicht- 
lidien  Sdifttze  Hagenau*s  su  schaffen. 

»Lassen  Sie  niemals,«  erwiderte  mir  der  Präfekt  abweisend, 
»lassen  Sie  nie  einen  Fremden  Fuss  fassen  in  Ihrer  Domäne;  kein 
auswärtiger  Archivar  soll  sich  herüber  schleichen  über  den  Land- 
graben zwischen  Ober-  und  Unter-Elsass.  Sie  haben  jetzt  nicht 
Zeit,  behaupten  Sie;  ich  lasse  es  gelten:  sagen  sie  Ihrem  werthen 
CoUegen:  ich  behalte  mir  diese  Arljeit  \oy  auf  spätere  Tage.« 

»Er  wird  mir's  nicht  glauben.«  —  »Glauben  oder  nicht,  gleichviel !« 

Ich  bestand  Iiartnäddg  auf  meiner  Empfehlung. 

»Sie  wollen  es  durchaus;  nun,  ich  setie  meine  Untenchrift  unter 
den  Kontrakt;  Sie  werden  es  bereuen.« 

Ich  bereute  nicht  im  Geringsten  mdne  Dienstleistung;  aber 
Louis  Hugot  kam  durch  sein  Unternehmen  später  in  grosse  Verlegen- 
heit. Er  Iconnte  die  zugestandene  Frist  nicht  einhalten,  seinem  ge- 
schriebenen und  mündlichen  Versprechen  nicht  nachkommen,  die 
Kredite  waren  aufgezehrt,  bevor  die  weitläufige,  gewissenhafte,  schön 
durchgeführte  Arbeit  völlig  zu  Ende;  sie  zog  sich  hin  bis  in  die  mitt- 
leren Jahre  des  zweiten  Kaiserreichs.  Da  versagte  eirn'ni  Na(  hrül*,MT 
des  früheren  Maire's  die  Geduld;  er  drang  in  die  Ablieferung  tler 
Arbeit  und  die  Herausgabe  der  Pergamente.  Hugot  zögerte;  zwei- 
mal erbat  umi  erhielt  icli  Aulsciiub;  der  Präfekt  Herr  Migneret,  wie 
frfiher  Herr  Louis  Sers,  belächelte  mein  Zutrauen.  Zuletzt  erging 
vom  betheiligten  Maire  ein  Drohen  mit  gerichtlicher  Belangung.  Ein- 
gescbficfatert  brachte  der  Kolmarer  Stadtarchivar  seine  Kisten  nach 
Hagenau.  Gleiche  Szenen  wiederholten  sich  einige  Jahre  später  mit 
unbedeutenden  Archivalien  der  Stadt  Tdrkheim,  die  in  einem  Um> 
zUge  von  Hugot  verlegt  worden.  Einen  unmässigen  KosU  nf  rsatz 
wussten  die  gerichtlich  ernannten  Experten,  der  verstorbene  Bibliothekar 
von  Strassburf;  (Prof.  Jung),  der  Archivar  von  Pruntrutt  (Trouillat) 
und  der  Archivar  des  Niederrheins,  abzumindern.  Hugots  Gesund- 
heit war  durch  den  Aerger  und  die  Unruhe  erschüttert;  er  ging 
bald  darauf  mit  Tode  ab,  nachdem  die  vermissleii  Dokumente  sich 
in  einem  Winkel  wieder  vorgefunden.  —  Der  verdienstvolle  Forscher, 
Sammler  und  Antiquar,  der  liebenswürdige  Freund  und  Kollege 


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292 


Spuch : 


halte  sich  selb.sl  seine  letzten  Tage  verkQmmert,  und  sein  Andenken 
wurde  noeh  durdb  dm  harten  Ausspruch  eines  Generalinspektcws 
der  Archive  bemftkeU:  »Hugot,c  so  liess  sich  der  Hochgestellte  aus, 
»habe  seiner  Pflicht  als  Stadtarchiirar  nicht  genligtc  Freilich  hatte 
der  Anne,  von  Sammeleifer  anl^eben,  sich  nicht  viel  um  die  seden- 
lose  Inventarisirung  nach  vorgeschriebenem  Fonnolar,  gleich  anderen, 
bereitwillig  ents«  lilnssen. 

Von  verschicilonen  Punklen  Fr:inkroichs  und  Deutschlands  be- 
suchten bereits  in  den  ersten  Jahren  meiner  Amt-führunj:  mehrere 
Gclebitc  das  Kl>ässi>cli(>  IIau{)larchiv  und  nahmen  Einsiclit  in  die 
Ihcilwiisi-  vcrlVit igten  Invenlarc.  Unter  die.se  ersten  i^esudier  zfdile 
if^h  Dom  Pitra  (di'n  späteren  Kardinal  Pitra).  der  den  Wejr,  so  ich 
cingesclilagen,  zu  beloben  geruhte,  wie  ich  mir  denn,  von  allem  An- 
fange an,  ein  streng  objektives  Verfi|hren  zur  Pflicht  gemacht,  und 
in  unsrer  von  konfessionellen  Zwistigkeiten  au%ewühlten  Provinz 
unverbrächlich  die  historische  Mittellinie  einhieR.  Es  sollte  mir  etwa 
zehn  oder  zwölf  Jahre  später  diese  selbstv^tändliche  Unpartheilidi- 
keit  zu  Gute  kommen;  die  un^ublichen  Zwistigkeiten  über  die 
proleslantisrhen  Stiftungen  von  St.  Thomä  üblen  eine  Rückwirkung 
bis  in  die  finslern  Räume  des  Archivs;  der  Departementalarehivar 
lialle  ganz  unsinnige  Verdächtigungen  zu  Ix'stehen ,  und  noch 
unter  der  Verwaltnng  des  sehr  gemässigten  und  vermittelnden  Vii\- 
feklen  Migneret  dureiislöljerte  iler  Vertraute  einer  sehr  einflussreicheri 
geistlichen  (iesellsrliafl  meine  vorgerückten  Inventare,  deren  Redak- 
tion er  indess  rcgelrcclit,  und  jedes  unliebsumen  Ausdruckes  bar 
und  ledig  zu  erklären  sich  bemüssigt  fand. 

Ich  halte  mit  fieberhaftem  Eifer  den  Vorschriften  des  Ministeriums 
des  Innern  Ober  Klassificirung  und  Analyse  des  Departementalarchivs 
nachzukommen  mich  bemCiht.  Vom  Ende  des  Jahres  1839  bis  1844 
war  eine  Reihe  von  trefitlid^,  mustergültigen  ArrStäs  und  Rund- 
schreiben erschienen,  welche  dem  Arb^trar  eine  nützliche  Handhabe 
boten,  und  für  'j-.wv/.  Frankreich  eine  nur  etwa.s  allzuschrc^e  Gleich- 
Ibrmigkoit  anordneten.  Bis  in  die  kleinsten  Einzelheiten  wurden  die 
Verpflichtungen  der  Präfekten,  dei-  (leneralräthe,  der  Archivare  ge- 
regelt, und  in  den  meisten  Di  partements  bereitwilligst  Iland  an  das 
umfassend«'  Werk  der  Sichtung  und  des  Ver/.eichnens  aller  aufge- 
häuften historischen,  bis  zum  Jahr  1790  reichenden  Si  hätze  gelegt. 
Für  alle  und  moderne  Skripturen  waren  rationelle  Formulare  vor- 
gesehrtdjen,  die  Aib^tflnethode,  die  Eventualität  des  Verimufe  werth- 


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Fragmentarische  Enimeronven  eines  alten  Archivars.  293 


loser  Papiere  vorgezeichnet;  für  da^  persünliclie  Loos  der  Archiv- 
beunten  und  deren  Pensionirung  Vorkehrung  getrofireQ.  Es  liess 
dieaes  zugleich  refonnatoriadie  und  halb  legldatorisehe  Terfilliren 
wenig  zu  wünschen  übrig.  Erst  spfiter,  einige  Jahre  nach  der 
Febmairerdution  erfolgte  cm  pedantischer  Umschlag,  es  war  als 
ob  die  Bureaux  des  Ministeriums  ihren  massgebenden  Einfiuas  wieder 
in  frische  Erinnerang  und  die  nur  halbwegs  ▼ortheidigtcn  Provinaal- 
beamten  zur  Verzwettlnng  bringen  wollten.  —  Doch  ich  eile  einem 
fatalen  Zeitpunkte  voraus;  er  trat  ein,  bei  der  definitiven  Abfassung 
der  Inventare,  besonders  der  kurzgefassten  Inventaires  sommaires 
und  deren  Auslieferung  zum  Drucke.  —  Diese  unsäglich  sinn- 
widrige Plackerei  darf  nicht  zur  Ungerechtigkeit  verleiten  gegen 
das  ursprüngliche  Programm  dieser  archivalischen  Arbeit.  Theorie 
und  Absiebt  waren  goldwerth,  die  endgültige  Ausführung  der 
gewissenhaften  Beamten,  die  skh  dem  Wüten  der  Gentralv^rwaltang 
unterwarfen,  war  eme  mit  nichts  vergleichbare  Gedolc^nrobe.  DafOr 
liefert  die  beibehaltene  Korrespondenz  miwiderlegliche  Bdege. 

Unter  die  froheren  ilhistren  Besocher  des  ArdÜTS  zähte  ich 
Herrn  Giraud«  llfitglied  des  Instituts,  der  als  Inspektor  der  Rechts- 
schulcn  nach  Sirassburg  kam,  und  beiläufig  auf  dem  Archive  sich 
umsah.  Der  grundgelehrte  Jurist  und  Forscher  nahm  Einsicht  in 
die  gedruckten  »Rapporte«,  die  ich  seit  1840  jährlich  dem  Präfekten 
vorgelegt  und  stand  nicht  an,  sie  so  wie  die  schon  vorgeschrittenen 
Inventare  zu  beloben ;  er  ermunterte  mich  fortzufahren  auf  dem 
eingeschlagenen  Wege. 

Solche  günstige  Aeusserungen  waren  durchaus  nicht  überflüssig, 
denn  bereits  unter  der  wohlwollenden  Verwaltung  des  Herrn  Sers 
wurden  mir  peinliche  Erfehmngen  zu  TheH.  So  beschied  man  mich 
einmal  un  Laufe  des  Jahres  1846  in  das  mitere  Geschoss  des  AidiiTs; 
ich  fimd  dort  den  Präfekten  und  ehie  ans  etwa  acht  oder  zehn 
Mitgliedern  bestehende  »Gommission  mixte«.  Ich  erkannte  darunter 
Munizipah-äthe  und  Architekten.  Uan  bedeutete  mir,  dass  ein  Theil 
der  Räumlichkeit  für  Versteigerungen  und  andere  Zwecke  bestimmt 
sei,  und  mir  die  innenliegenden  Skripturen  auf  die  Speicher  zu 
übertragen  sofort  obliege.  Auf  meine  obligate,  gewissenhafte,  leiden- 
schat'liiclic  Einwendung  wurde  nicht  geachtet;  mein  Gönner  verkün- 
ilcte  miv  eine  bestimnite  Frist;  in  wenig  Tagen  war  die  Ausräumung 
bewerkstelligt.  Damit  begann  der  erste  Einbruch  in  die  Unverletz- 
lichkeit des  Departementalarchivs,  ein  Verfahren,  das  sich  unter  einem 


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294 


Sptich: 


sjjfiteren  kaiserlichen  Nachfolger  des  Herrn  Sers  zweimal  in  weit 
grösserem  Massstabe  wiederholte.  Mit  diesem  Unfug  kamen  die  noch 
ungeordneten  Akten  der  ehemaligen  weltlichen  Herrschaften  in*s 
Gedrftnge.  Die  Speicher  wurden  besonders  fOr  die  Eommmialredi- 
nungen  zugerichtet,  nach  und  nach  sduroll  aber  die  Fhith  dieser 
unerlSflBikhen  Belege,  und  erretchte  zuletzt  die  höchsten  Dachziegel; 
im  Sommer  bei  einer  Senegalshitie,  im  Winter  bei  sibirischer  IQUte 
fanden  die  Recherchen  statt;  mit  welchem  Schaden  für  die  Gesund- 
heit der  betreffenden  Arbeiter,  ist  leicht  zu  ermessen. 

Mit  dem  verhängnissvollen  Jahre  1H48  eröffnete  sich  für  mich 
eine  ungeahnte,  in  manchem  Sinn  orwünschle  Thätigkeit;  aliein  die 
unausbleiblichen  Folgen  einer  Doppelstellung  blieben  nicht  aus,  und 
erprobten,  mir  zum  Nachtheil,  ein  altes  vulgäres  Sprichwort:  »dass 
man  nicht  zwei  Herren  zugleich  dienen  könne.«  Seit  meinem  Ein- 
tritt in  die  Präfektur  hatte  ich  mich,  con  amore,  mit  Kultusange- 
legenheiten befosst,  die  Organisation  der  protestantischen  Khrehe  im 
Elsass  studirt;  durah  eine  innere  Prifafrevolution  im  protestantischen 
Dbektoriwn  wurde  ich  zu  aktiver  Mitwirkung  gezogen.  Ich  spielte 
mir  ehi  erwünschtes,  nützliches  Enigreifen  vor,  bereitete  mir  jedoch 
binnen  wenig  Jahren  unsäglichen  Verdruss.  Das  nm'  aus  fünf  Mit- 
gliedern bestehende  Direktorium  war  veraltet;  durdi  Krankheit,  Ab- 
wesenheit einiger  Persönliclikeiten  auf  ein  Nichts  zusammengeschmolzen. 
Die  städti-chon  Gonsistorien  verlangten  eine  ausgedehntere  Vertretung 
der  kirchlichen  Interessen,  eine  grössere  Zulassung  des  Laienelenients 
im  Oberconsistorium  und  setzten  proprio  motu,  durch  die  anarchische 
Atmosphäre  in  Paris  begünstigt  und  ernmthigt,  einen  Verwaltungs- 
Ausschuss  von  zehn  Mitgliedern  ein,  der  sich  mit  der  Revision  des 
seit  dem  Anfimge  des  neunzehnten  Jahriranderts  bestehenden  orga- 
nischen Gesetzes  befassen  sollte.  Diese  GommMm  ernannte  mich 
zu  ihrem  SchriftfiShrer. 

Der  bifliierige  GeneralsekretSr  des  Direktoriums,  dn  gewiegter 
Geschäftsmann,  blid>  für  Laufendes  im  Amte;  allein  er  hatte  per- 
sönliche Gegner  in  dem  neuen  freisinnigen  Ck>mite,  man  beschnitt 
im  Laufe  des  Jahres  1849  seinen  Gehalt,  er  fOhlte  sich  beleidigt  und 
gah,  so  sehr  ich  ihm  aufrichtig  zuredete,  den  momentanen  Sturm  zu 
überdauern,  seine  Entlassung. 

Man  bot  mir  die  Stelle  an.  Ich  besprach  mich  mit  dem  da- 
maligen republikanischen  Präfekten,  Herrn  Renauldon,  der  bereitwillig 
seine  Erlaubniss  dazu  liergab.    Unter  seinem  ersten  Naciifolger, 


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Fragmentavifldie  Erinnerungen  eines  alten  Arcbivun. 


295 


Herrn  Ghanal,  kam  es  nicht  zur  geringsten  Reibung  zwischen  den 
zirei  Behörden;  anders  stellte  sich  die  Sache  etwa  zwei  Jahre  nach 
seinem  Ahtietcn.  Es  wurden  in  Strassburg  und  in  Paris  formelle 
AngriiTe  gegen  die  Stiftungen  von  Si  Thomä  geplant  Da  ich,  zwar 
nur  als  passiver,  untergeordneter  Sttibent  mit  der  vollen  Wucht 
meiner  Ueberzeugungstreue  dag^n  einkarn,  inissflel  dem  jugendlich 
heftigen,  ultramontanen  Deparlementschef  die  Stellung  eines  Beamten, 
der  sich  in  zwei  nunmehr  feindlichoii  Lagern  befand.  Er  war  dazu 
von  seinem  Standpunkt  aus  vollauf  l)orechtigt,  so  sehr  ich  eine  Zeit- 
lang durch  ein  naiv  aufrichtiges  Behaben  an  den  Tag  legte,  wie  sehr 
ich  über  jeclen  Verdacht  eines  partheiischen  Eingreifens,  oder  des 
herüber  und  hinüber  Schwankens  stände.  Eine  Zeitlang  war  sogar 
dem  Zweifelnden  meine  Doppelstellung  als  eine  vermittelnde  erwünscht 
geblieben. 

Allein  die  eigentliche  Stunde  der  Krisis  schlug  im  Laufe  des 
Jahres  1864.  Dem  eindringlichen  Ansinnen  mehier  Glaubensgenossen 
zuwider,  entschloss  ich  mich,  dem  Archiv  ausschliesslich  meine  Erftfte 
zu  weihen  und  mit  verdoppelter  Anstrengung  dem  vor  vierzehn 

Jahren  begonnenen  Inhaltsverzeiehniss  wieder  obzuliegen. 

Ich  schlug  diesen  Weg  ein,  nach  reifli(hcr  Ucberlegung;  aber 
noch  jetzt,  ich  darf  es  behaupten,  mit  wundein  Herzen.  Durch  mein 
Verbleiben  im  Direktorium  hätte  ich  wo  nicht  wolkenlose,  doch  relativ 
ruhige  Tage  für  das  hereinbrechende  Alter  gewonnon:  durch  mein 
Verweilen  im  Archiv  ging  ich  einem  beständigen  Kampfe  niil  den 
Pariser  Bureaux  entgegen,  und  beharrle  in  einer  wahrlicli  oft  undank- 
baren Danaidenarbeit. 

Während  den  Whitermonaten  1854—1865  hatte  mir  der  Prifekt 
zuvorkommend  eine  zur  Erholung  nöthlge  Frist  gestattet  Er  wurde 
im  Mai  nach  Toulouse  versetzt,  und  von  Paris,  in  sftmmtlicfaeu  De- 
partementen, die  Inventarisirung  betrieben;  ich  konnte  und  wollte 
nicht  der  Letzte  sein  in  diesem  Wettlauf  nach  einem  obskuren, 
aber  för  die  Betheiligten  wichtigen  Ziele.  Die  Lücken  in  meiner 
früheren  Arbeit  auszufüllen,  griff  ich  Uiätig  ein:  deutlich  vorgezeichnet 
hatte  ich  meinen  Weg;  ich  wollte  durchaus,  in  möglichster  Zeitfrist, 
die  ganze  mir  zugewiesene  Sammlung  bewältigen  zu  Nutz  und 
Frommen  auswärtiger  und  inländischer  Forscher;  einzelne  Unrichtig- 
keiten, Uebereilungen  mochten  bei  diesem  Bestreben  mit  unterlaufen, 
in  der  Hauptsache  bin  ich  noch  heutigen  Tags,  das  Rechte  gewählt 
zu  haben,  überzeugt. 


2ü6 


Spach: 


In  Paris  griff  man  mir  nicht  unter  die  Arme.  Mit  pedantischer 
Strenge  wurde  ich  auf  jedem  Schritt  und  Tritt  gehemmt  Zu- 

fbrdersl  konnte  ich  nur  mit  Mühe  zum  Vcrsfrindniss  der  burcau- 
kratischen  Diktatoren  bringra,  dass  die  Elsassische  Gescliichte  eine 
ganz  cigenlhQmliche,  von  allen  Tlieilen  des  innern  Frankreichs  total 
verschiedene  sei.  Die  so^renaniito  Landvogtei  von  Hagenau  z.  B., 
schlug  in  mehrere  der  vorgeschriebenen  Serien  oder  Plädier  des 
olTiziellen  Progi-amms.  Der  Landvogt  hatte  zugleicli  militiirisclie,  ge- 
richtliclie,  fhian/.iclle,  administrative  Befugnisse.  Nicht  spalten,  nicht 
auseinanderreissen  konnte  man  die  auf  seine  Verwaltung  bezügliclien 
Schriften;  fOr  die  eine  oder  die  andere  Serie  musste  man  sich  ent- 
scheiden. Nur  nach  lang\veiligem  Aus^nandersetzmif  nach  unerqoick- 
lichen  Debatten,  nach  dem  Unterbraten  einer  von  mir  gewissenhaft 
verfassten  geschichtlichen  Monograidue  Ober  die  ▼erwidcelten 
hältnisse  wurden  solche  unumgänglichen  Streitpanicte  beigelegt  oder 
erobert,  die  Zu«reständni<se  wie  ein  Gnadenakl  betrachtet,  und  der 
eigensinnige  Deutsche  gleiih  einem  widerhaarigen  Gegner,  einem 
untrelehrigen  Schüler,  behandelt.  »II  est  fou,  il  est  au  moins  mono- 
mane, votre  archiviste«,  sagte  man  dem  wohlgesinnten  Präfekten. 
Der  Provinzialbeamte  musste  oft  jeder  sell).-lberechtigten  Ansicht 
entsagen,  nur  froli  sein,  wenn  er  hinreichendes  Feld  gewann,  seiner 
Pflicht  genug  zu  thun.  Widersinnige  Versetzung  ganzer  geschicht- 
licher Complexe  wurden  von  obenher  erzwungen.  So  kam  eine  mit 
»Gdlege  de  Ifoldieimc  harmlos  dl>a8cliriebeiie  Gruppe,  ans  den 
Serien  des  geistlichen  Archivs  herausgerissen,  in  das  GiTQaichiv  zu 
stehen,  weil  dieselbe  in  den  Augen  der  entscheidenden  Beamten  als 
»GoUöge«  in  das  Öffentliche  ünterrichtswesen  gehöre.  Benannte  Gruppe 
enthielt  aber  durchweg  historische,  geistliche,  auf  das  Sankt  Marien- 
hospital in  Molsheini  bezügliche  Dokumente  und  diese  mittelaltrigen 
Urkunden  waren  im  Jahre  1580  den  Jesuiten  als  Erlien  jenes  lokalen 
Vereins  verblieben.    Keine  Einrede  half. 

Einem  Laien  inuss  eine  sukhe  Debatte  unerquicklich,  fast  lächer- 
lich erschoinen.  Für  den  Ix^lheiiigten  Archivar  ist  oder  war  dies 
nicht  ganz  derselbe  Fall.  Es  Ijrachten  solche  gezwungene,  willkühr- 
liche  Ueberführungou  eine  unberechenbare  Störung  in  die  tägliche 
Arbeit.    Das  gesanmite  ältere,  gcscliichtliche  Archiv  ist  in  zwei 


')  Rapport  au  prüfet  du  bas  Rhin  äur  la  prefecture  de  Haguenau.  Strass- 
bwf  1867.  Ein  Bftndchen  in  6*. 


Fragmentarische  Erinnerungen  einen  alten  Archivare. 


297 


Hauptabschnitte,  das  Qtü-  und  das  geistUcbe  Arehiv  geschie- 
den. Jede  dieser  Abthdlungen  mit  ihren  sogeoannten  Fonds  oder 
einzelnen  Complexen  war  nach  Vorschrift  dqrcb  eine  ununter- 
brochene Ziflerzah)  alter  Urininden  und  Bi&nde  versehen.  Zieht  man 
nun  in  Erwfi|fung,  dass  sich  eine  solcbe  Folgenreihe  in  die  Tausende 
Jjeäffert  und  dass  durch  ein  Einschieben  ach  die  ganze  Nunierirung 
verschiebt,  die  veränderten  Namen  auf  Umschläge  und  Faszikel  in  die 
Tnvonlare  eingetragen  werden  müssen,  da  lässt  sich  leicht  ermessen, 
wie  gewissoiihafle  Beamte  zur  Verzweiflung  getrieben  wurden. 

War  denn  kein  Heicurs,  keine  Abliilfe  möglich?  In  der  für 
mich  arteitrcichsten  Zeit,  etwa  von  1855 — 1801,  nahm  der  intelli- 
gente und  wohlgewogene  Chef  des  Departements  meine  Klagen  an,  gab 
mir  an  Ort  und  Stelle,  nach  abgegebener  Erklärung,  völlig  Rech' ; 
aber  der  Endausspruch  lautete  immer:  »Halten  Sie  um  jeden  Preis 
Frieden  mit  den  Bureauz!  Ich  bevoUmSchtige  Sie,  ihren  Protest  in 
einem  Plakat  an  die  betroffene  Serie  zu  heften.«  ~  Das  Idang  dann 
wieder  wie  eine  halbe  Ironie.  Liebenswdrdig  zuvorkommend  war  m 
jener  Epoche  ein  Generalinspektor,  der  mich  mehrmals  gewissenhaft 
besuchte  und  zu  allem  Anfang  treffliche  Anweisungen  über  die  in 
Paris  verlangte  Arbeitsmetbode  gab.  Sein  Name  klang  deutsch: 
Herr  von  Stadler;  allein  er  war  ein  Stockfranzose  und  bewährte 
sich,  neben  seinem  ol'liziellen  Amte,  als  Literat  und  historischer 
Forscher.  Klagte  ich  ihm  meine  Noth,  da  gab  er  alle  Einwürfe 
gegen  die  SchrofTlieit  der  Gentraibehörde  zu;  doch  stimmte  am  Ende 
sein  Rath  genau  mit  dem  I'räfekten  überein :  »Halten  Sie  um  jeden 
Preis  Frieden  mit  den  Bureaux.« 

Wie  bdeidigend  das  Verfiihien  dieser  autokratisehen  Pariser 
Bureauz,  erhellt  aus  emer  Thatsache,  die  sich  mehrmal  in  der  ersten 
Zelt  der  von  mir  untemoaunenen  Redaktion  der  Inventare  wieder- 
holte. —  Die  am  Rande  der  Hefte  angebrachten  Vorschriften  wider- 
sprachen och  oft  in  kleinen  Zwischmräumen,  je  nachdem  die  Be- 
krittelung von  dem  oder  jenem  Unterbeamlen  ausgieng;  —  denn 
ich  würde  mir  auch  jetzt,  nach  vielen  Jahren,  niclit  erlauben,  solche 
dpiii  verdienstvollen  Chef  des  Archives,  Herrn  von  Champollion-Figeac, 
deiji  XefTen  des  unsterblichen  Egyptologen,  aufzubürden.  —  Nun, 
dieser  schreiende  empörende.  Missbrauch  des  Examinatorenrechtes 
iiörte  doch  am  Ende  auf. 

Neuen  UngelegeiiheilLii  ging  ich  mit  der  Abfassung  der  soge- 
nannten Inventaires  somroaircs  und  deren  Beförderung  zum  Druck 


2d8 


Spauh : 


entgegen.  Man  hatte  für  dieses  weitläufige  Unternehmen  und  dessen 
Uebemahme  auf  eine  Pariser  Buchdniekeiflnna,  Dupont,  desaeD  Chd 
zugleich  in  der  Depatirtenkammer  sass,  hingewiesen;  in  Strassbnrg 
war  die  PrftfelLtur  nicht  gesonnen,  der  trefflichen  Firma  Berger- 
Levrault  diese  Arbeit  zu  entziehen.  Die  eigenmfichtigen  Pariser 
Korrekturen  verschlangen  systematisch  eine  köstliche  Zeit,  der  ge> 
inassregelte  Text  konnte  immer  nur  nach  langem  Hin-  und  Herziehen 
die  Examinatoren  befriedigen;  eine  gewisse  Zeilenzahl  durfte  in  den 
einzelnen  Artikeln  nicht  ül>erschritten  werden.  Dos  Zusammen-  und 
Auseinanderziehens  war  kein  Ende.  Selbst  dem  mit  Archivwosen 
nicht  vertrauten  L-^ien  lässt  sich  leicht  begreiflich  iiiaclieti.  welch  ein 
barokes  Aussehen  dergleichen  chablonenhall  verfassli-  Artikel  oft  er- 
halten. —  Interessante,  reichhaltige  Materien  mussten  abgekürat, 
gleichgültige,  zwar  nicht  ausführlich  behandelt,  doch  jedenfalls  berührt 
werden;  denn  nicht  nur  die  Zeilen,  auch  der  numeriscbe  Inhalt 
dieser  Absätze  blieb  festgesetzt  und  beschrankt  Bereits  in  der  Ab- 
fassung des  endgültigen  analytischen  Inventars  (1854—1861)  hatte 
sich  diese  Unbequendichkdt  för  den  Redaktor  erwiesen.  —  hnmer- 
hin  mag  das  Ganze,  —  da  ich  mir  angelegen  sein  Hess,  so  weit 
es  angewiesener  Kredit  und  Bevormundung  der  hauptstädtischen 
Bureaux  gestatteten,  voranzuschreitMi,  —  als  ein  nutzbarer  Ueber- 
blick  gelten.  Nirr  konnte  ich ,  nachdem  mir  durch  Austausch  die 
Inventaires  sonunaires  anderer  Departemente  zukamen,  wohl  be- 
merken, dass  l>evorzugte  oder  widerspenstige  Kollegen  sich  dem 
strengen  Kommando  durchaus  nicht  unterwarfen  und  ihre  erste  eigene 
Redaktion  beibehielten.  Die  trostlose  Arbeit  zog  sich,  —  nach  Mass- 
gabe der  dazu  ausgeworfenen  Kredite  —  während  dem  letzten  Decennium 
des  Kaisorridis  hin,  und  wurde  erst  unter  der  deutsdien  Verwal- 
tung noch  in  französischem  Texte  geschlossen. 

In  dieser  letzten  Periode  des  französischen  Regimes  voUzog  sich 
flQr  das  DepartemenialarchiT  em  ^ir  erwünschter,  aber  doch  sehr 
beschwerlicher  Umzug,  Seit  zehn  oder  zwölf  Jahren  hatte  sich,  trotz 
Öffentlicher  Versteigerungen,  der  Vorrath  bwlenklich  angehäuft;  er 
war  wohl,  seit  meinem  Eintritt  ins  Amt,  auf  das  Drei-  oder  Vier- 
fache gestiegen:  sogar  das  ältere  Archiv  war  in  immerwährendem 
Zuwachs  begriffen;  nach  Beendigung  des  grossen  analytischen  In- 
ventars kam  u.  a.  noch  Zufluss  aus  den  Tribunalen  von  Weissen- 
burg  und  Zabcrn.  Im  Jahre  1857  hatte  man  dem  Archivar  ausser- 
halb des  Hauptgebäudes  eine  feuclilc,  ehemalige  Stallung  zugestanden ; 


Fragmentarische  Ennmraiifen  eines  alten  Archivars.  299 

sehr  bald  war  sie  aufgebraucht  und  angefüllt.  —  Herr  Mignerel 
kaufte,  im  Namen  der  Verwaltung,  ein  ehemaliges,  südlich  von  der 
Präfektur  gelegenes  Tabaksmagazin ,  eine  nicht  freistehende  Räum- 
liehkeil;  alleiii  dfe  innem  Gelasse  erwiesen  sieb  bedeutend  grOeaer, 
als  das  bisherige  Archiv  deren  zu  bieten  liatte  and  im  Sinne  des 
PMfekten  sollte  das  Ganze  zur  ausschliesslichen  BenQtzong  dem 
Archivar  äberanhrortet  werden.  Aof  einige  Deoennien  hinaus  schien 
wenigstens  die  AulhahmsfMiigkeit  gesichert.  —  Der  Nachfolger  des 
Herrn  Migneret  entwarf  andere  Plftne.  Sobald  die  Gebäulichkeit,  dem 
Kaufkontrakt  zufolge,  verfügbar  geworden  (1866),  beschloss  Herr 
Baron  Fron,  gegen  jede  Einrede  gewappnet,  den  I^räfekturrath  mit 
dessen  Tribunal,  den  Architekten  des  Departements,  den  Wog:ebau- 
direktor  mit  ihren  sämmtlichen  Bureaux  dorthin  unter  Dach  und 
Fach  zu  bringen.  Vorlfinfig  waren  schon,  auf  höheren  Befehl,  ex 
abrupto,  die  au.sserarcliivalischen  Räume  geleert  und  die  zahllosen 
Alrten  in  den  Gängoi  des  alten  Archivs  binnen  wenig  Tagen  auf- 
gespeidiert.  —  Der  deflni^  Umzug  begann  in  den  FrOhUngsmcma- 
ten  1867,  bevor  die  geringste  Vorltehrung  fOr  Repositorien  im  neuen 
»Magazine  getroffen,  wfthrend  Schreiner,  Zimmerleute,  Maurer  noch 
ihr  Wesen  trieben  und  die  Bureaux  mit  feuchten  Gypswänden  zum 
Winkomm  ihre  Thüre  öflheten.  Es  war  eine  trostlose  Zeit.  Ein 
unbiegsamer  Charakter  hatte  diese  unsinnige  Eile  befohlen.  Es 
widersteht  mir  durchaus,  in  das  Einzelne  weiter  einzugehen  und 
einem  ehemalip^n  Obern,  einem  geistreichen  Manne,  von  dessen  blen- 
denden Eigenschaften  ich  nichts  abmarkten  will,  im  Interesse  todter 
Papiere,  einen  unliebsamen  Nachruf  zu  halten. 

Als  providenticlles  Gegengewicht  darf  ich  es  wohl  ansehen,  dass 
fest  um  dieselbe  Zeit,  nach  kaum  nothdürftig  vollzogenem  Einruuuieii, 
män  erstes  Beg^en  mit  dem  bayrischen  Rddisarcfaivdbdctor, 
Franz  von  Uber,  fiel.  Er  kam  wfllvend  der  Sommermonate  1867 
nach  Strassburg,  zum  Anknüpfen  einer  Unterhandlung  Aber  gegen- 
seitigen Austausch  von  Arehivalien;  er,  von  bayerischer  Seite,  die 
Audieferung  zahlreicher  historischer  RappoUsteinischer  Urkunden  und 
dagegen  aus  dem  Departementalarchiv  eine  nbenfall?  ansehnliche 
Folgenreihe  von  Urkunden  aus  der  ehemaligen  Grafschaft  Sponheim 
wünschend.  Diese  Pergamente  hatten  für  das  WitteU)achische  Fürsten- 
haus ein  Kabinets-  und  Familieninteresse. 

Es  dehnton  sich  die  benöthigten  Vorbesprechungen  mit  dem 
Präfekten,  dem  Generalratli ,  dem  Ministerium  des  Innern  und  der 


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300 


Spach : 


auswärtigen  Angelegenheiten  auf  Jahreslänge  aus.  Im  Sommer  1868 
Icam  LDher  zum  zweitenmal  hierher  und  der  Austausch  wurde  offi- 
ziell vollzQgen.  Die  an  mich  hinterlassenen  Dokumente  sandte  ich 
pflichtgemäss  sogleich  an  das  Archiv  des  Oberrheins,  denn  es  lag 
die  ehemalige  Rappoltsteinische  Herrschaft  in  jenon  Bozirko ;  it  Ii 
wollte  sofort  den  Beweis  führen,  dass  ich  nicht  für  eigene  Uterarische 
Zwecke  die  Sache  angelenrentlich  beirieb. 

Das  erwünschteste  Hesultat  «lifses  höchst  complirirten  Geschäfts 
war  für  mich  die  erworbene  Freundschaft  Herrn  von  Löiu'r'>;:  it  hatte 
mehr  als  ich,  mit  Beiziohung  des  Pfarrer  Lohmann  von  Nusadorf,  das 
(uui/.f  betrieben  und  mit  seiner  jugendlichen  Arbeitskraft  mir,  dem 
Alternden,  viele  Beschwerlichkeiten  erspart.  Es  waren  mir  von 
München  aus  auch  mehrfache  Auszeichnungen  beschieden,  fSr  die 
ich  noch  jetzt  dem  neuerworbenen  Freunde  und  unbekannten  Gdnnem 
innigen  Dank  schulde. 

Die  drohendeZukunft  hatte  ich  mitLäier  frank  und  frei  damab  schon 
besprochen;  aber  das  Unglück  sollte  noch  früher  und  schwerer  herein- 
brechen, als  mein  angeborner  Pessimismus  befürchtete.  Nicht  uner- 
wartet trafen  mich  die  Hiobsposten  der  benachbarten  Schlachtfelder 
vom  4.  und  6.  August  1870.  Ohne  die  Instruktionen  des  Prätekten 
ab'/.uwnrten,  fhlchlete  ich  die  kostbarsten  Archivalien  in  eiserne  Be- 
hältnisse des  unter  dem  Archiv  befindlichen  Geschosses.  Allein  an 
das  Ausräumen  des  ganzen  Departementalarchives  war  nicht  mehr 
zu  denken,  um  so  weniger,  da  mil  oberer  Genehmigung  gegen  meinen 
unbeachteten  Protest  die  Intendanz  mehrere  mit  Weingeist  gefällte 
Fässer  in  die  unterirdischen  Gewölbe  beigen  Hess.  Auch  andere 
Verwaltungen  hinterlegten  dort  ihre  Register  und  Papiere.  Das' 
Bombardement  zerstfirte  gleich  in  den  ersten  Tagen  unsere  Bureauz 
und  die  Speicher,  jedoch  ohne  zu  zünden.  An  irgoid  eine  Arbeit 
in  den  verheerten  und  stündlich  bedrohten  Räumen  war  nicht  zu 
denken.  —  Mir  wurde  nicht  gestattet,  mich  In  den  untern  Räumen 
des  Archivs  einzurichten:  in  der  Folge  der  sich  überstürzenden  Un- 
•  talle,  besonders  in  der  Nacht  des  Präfekturbrandes,  rettete  man  dort- 
hin das  Mobiliar  und  fanden  Obdachlose  und  Verwundete  eine  tem- 
poräre Unterkunft,  man  behauptet  sogar,  es  iiabe  ein  Sterbefall  sich 
dort  ereignet.  Der  Chef  der  Vicinahvege  alx^r  wohnte  sich  ein  so 
gut  es  ging  mit  Frau  und  extemporirter  Küche.  Ein  wahres  Wun- 
der, dass  nicht  grössere  Lücken  in  den  Akten  selbst  entstanden. 

In  den  allerletzten  Tagen  vor  der  Kapitulation  räumte  mein 


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Flngmentariache  Erinnerungen  «nes  alten  ÄrchivarB. 


301 


Adjunkt  mit  Lel)ensge{ahr  und  mit  llfilfi'  /alilroichcr  Arbeiter  die 
obersten  Stockwerke.  Um  dieselbe  Zeit  hatte  icii  inicli,  aufgerieben 
durch  sechswödientliches  Wachen,  mit  einem  von  Freunde  zuge- 
schickten sichem  Geleit  nach  Bad&a.  geflüchtet,  wo  ich  zerrüttet  am 
23.  S^tember  ankam.  Vier  Tage  nachher  ging  Strassbnrg  über, 
mid  ich  8&umte  nicht,  nach  kurzer  Zwischennihe,  den  6.  Oktol)er 
mich  den  deutschen  Behörden  zur  Verfügung  zu  stellen. 

Noch  war  Alles  in  der  grössten  Unordnung;  es  erforderte  keine 
geringe  Arbeit,  nach  oberflächlicher  Ausbesserung  der  alten  Räume 
die  j^eflfichteten  Kisten,  die  geborgenen  Register  und  Büdier,  den 
beinah  ganzen  archivalischen  Apparat  wieder  in  die  ehoin.iligi' 
Stellung  7,u  bringen.  Die  Kommandantur  gab  dazu  bereitwilligst 
die  Mittel  an  die  Hand;  nicht  weniger  als  vier/ig  Soldaten — Land- 
wehnnünner  —  vollbrachten,  bei  strenger  Winterkfdte,  unter  des 
Adjunkten  Faslingcr  unermüdlicher  Anleitung  das  erste,  Unentbehr- 
lichste; nach  und  nach  konnte  man  die  Arbelterzahl  auf  fünf  be- 
scfarfinken.  Ich  denke  an  die  Hülfeleistung  dieser  uitdligenten  Kum- 
pane mit  Freuden  zurück;  im  Laufe  Januars  gingen  sie  nach  BeUbrt 
ab;  ich  ho£fe  setmlichst,  dass  sie  im  hohen  Norden  unversehrt  ihren 
Angehörigen  wiedergesciienkt  smd. 

Manches  bleibt  für  die  künftige  Unt«  rlningung  des  Archivs  ZU 
wünschen  übrig.  Die  jetzigen  Räume  sind  Ix  i  immer  mehr  sich 
anhäufendem  Stoff  total  ungenügend;  die  Beamten  sehen  sich  be- 
fangen in  täglicher  Verlegenheit;  sie  mn«sien  einem  elementaren  ge- 
sehnftliehen  Prin'/ij)  entsagen;  die  gleiijiartigen  Materien  können  sie 
nicht  mehr,  wie  früher,  in  fortlaufenden  Uepositorien  unterbringen. 

Zurückzukehren  ist  für's  erste  zur  Idee  des  französischen  Prä- 
fekten  Migneret,  der  beim  Ankaufe  der  jetzigen  Gebftulichkeit  die  Udler- 
lieferung  derselben,  in  ihrer  Totalitat,  an  den  Arcfairdienst  beschlossen. 
Diesem  augensch»nlichen  Erfovdemiss  stellen  sich  Inder  grosse  — 
doch  nicht  unüberwindliche  —  Schwierigkeiten  en^egen.  Im  jetdgen 
Zustande  der  Stadt  und  Festung  Stmssbmg  hält  es  schwer,  fSr  die 
Beamten  ^es  Theils  des  Bezirks,  welche  gastlich  im  Arcliivgebäude 
aufgenommen  wurden ,  andere  Räumliehkeilen  aufzufinden.  Man 
vertröstet  sieh  auf  die  bevorstehende  Erweiterung  der  Stadt.  Dann 
wird  wohl  der  Bau  eines  neuen  Archivs ,  auf  völlig  freistehendem 
Torrain  befürwortet;  durch  dicht  anstossende  und  gegenüberliegende 
Häuser  bleibt  das  jetzige  hei  jcdeni  ausbrechenden  Feuer  gefährdet; 
die  schon  so  ungünstigen  Verhältnisse  gestalten  sidi  dann  noch  un- 


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302 


Si>ach: 


SlQnstiger.  Mit  dem  künftigen  Distriktsarchiv  wfire  wohl  das  geschicht- 
lich höchst  bedentende  Stadtarchiv  unter  demselben  Dache  unterm- 

bringen;  denn  in  seiner  jetzigen  Lage  ist  auch  das  letztere,  wieseine 
zwanzigfach  umfierngsreichere  Schwestersammlung,  denselben  Gefahren 

ausgesetzt. 

Sol(  he  weitausstehenden  Pläne  gehören  indess  für  den  beküm- 
merten gealterten  Archivar  in  das  Reich  der  pia  desideria,  wofür 
sein  persönlicher  Einfluss  nicht  um  einen  Gran  scliwer  in  die 
Wagschale  lallt. 

Bei  diesen  rasch  und  abgebrochen  über  mein  Amtsleben  liin- 
eilenden  Erinnerongen  liabe  ich  den  hdudt  der  mir  anvertrauten 
Ardiivalien  ganz  oder  fast  ganz  unberOcksichtigt  bei  Seite  gelassen. 
Ich  erlaube  mir  nun,  auch  hier  eine  oberflichlicfae  Rundschau  zu 
hatten.  Es  findet  sich  wohl  einmal,  für  mich  oder  meinen  Nach- 
folger, Zeit  und  Gelegenheit,  mehr  in's  Einzelne  einzugehen  und  dabei 
die  vorliegenden  Inventare  zu  benützon. 

Bereits  oben  niaclile  ich  auf  die  schon  in  der  Natur  der  Sache 
begründeten  Ilaiiptabthcilungen  aufmerksam.  Wir  befroten  zuerst 
den  Raum  der  wclllichen,  der  Civilarchive.  Das  Proj^Tanim  des 
Ministers  des  Innern  hatte  vorerst  das  für  Frankreich  kritische  Jahr 
1790  als  Sclieideputikl  antj:enoiiinien;  bis  dorthin  und  nicht  weiter 
sollte  sich  die  Reperlorisirung  der  geschichtlichen  Dokumente  er- 
strecken. Mit  dem  Revolutionsdecennium  war  ein  neuer  Zeitabschnitt 
festgesetzt,  und  von  dort  an  kdne  Linie  mehr  zwischen  weltlicfaem 
und  geistlichem  Archiv  gezogen.  Von  1800  an  bis  in  die  laufenden 
Jahre  fiel  alles  in  die  modernen  Gartcms. 

Für  Unterelsass  gehört  in  dies  Givilarcfaiv  die  Reihenfolge  der 

elioinaligen  Landvogtei  Hagenau, 

der  französischen  Intendance  d'AIsace, 

der  deutschen  unter  französischer  01)erherrlichkeit  verbUebonen 
deutschen  Herrschallen : 

von  Hanau-Lichtenberg,  d.h.  das  Darmstädtische  Gebiet; 
die  Zweibrückischen ,  d.  h.  churpHilzischen  Gebielstheüe; 
die  Herrschati  Oberbronn,  den  Leiningen  zuständig; 
das  Unterelsassische  Adelsdirektoriuui ; 
und  einige,  durch  nicht  aulgekttrte  Zuf&lle  in  dem  Bereleii  des 
Distriktsarchiv  zurückgelassene  Sammlungen;  z.  B.  die  Mömpelgarder 
Akten;  der  Grafischaft  Sponheim  zugdiörige  geschichtüche  Perga- 
mente, mit  Prozessakten,  Kommunalangelegenheit,  Forstwesen  u.  a.  m. 


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Fragmentariocbe  Erinnerungen  eines  alten  Archivars.  303 

Unter  diesen  Rubriken  nimmt  für  mich  die  Hanau-Liehten- 
beigisdie  den  enten  Rang  ein.  Leugnen  will  ich  nicht,  dass  neben 
dem  reichhaltigen,  ausgedehnten  Stoif,  persönliche  Beziehmigen  be- 
stimmt einwirlcten.  Nicht  allein  die  hohe  Gestalt  des  BischolB  Kon- 
rad  TOQ  Lichtenberg,  Termuthlichen  Beschützers  Erwins,  nicht  allein 
die  Brüder  I.udw  und  Jalcob  von  Lichtenberg  mit  des  Letzteren 
Konkubine,  der  als  Hexe  hingerichteten  Barbara  von  Ottenheim, 
nicht  allein  die  Hanauischen  Grafen  der  Reformationszeit  in  ihrer 
Residenz  von  Buchsweiler  und  iliru  Xachlolger,  die  Prinzen,  von 
Hes.sen-Darinstadt,  zopen  mich  an,  seit  Jahren,  unwiderstehlich  ... 
Ein  Beamter,  ein  elsa^:sischer  Verwalter  ilie^^er  unter  franz(>sischer 
Hoiieit  im  Elsass  begüterten  Dynasten ,  war  mir  ein  mütterlicher 
Grossohm,  und  bezahlte  seine  Treue,  seine  rührende  Anhängüphkeit 
an  Sehlen  Herrn  auf  der  Guillotine.  In  meiner  frOhesten  Kindheit 
wurde  ich  Tcrtraut  mit  dieser  tragischen  Familienszene;  sie  li^  in 
memem  Gemfith  unvertilg^Mure  Spuren  znrOck.  Als  ich  spAter  die 
lokale  Geschichte  bis  in's  Einselne  durchnahm,  hob  sich  die  Figur 
des  schmihlich  Hingerichteten,  Heinrich  Rausch,  des  darmstädtischen 
Einnduners,  von  dem  Gewitter-Horizont  ab,  welcher  die  letzten 
Jahre  der  Darmstädter  Prinzen  im  Elsass  verfinsterte.  Man  verdenke 
mir's  nicht,  dass  ich,  mit  ernsten  Studien  solche  vielleicht  egoistischen 
Erinnerungen  verband;  sie  ermuthigten  mich  zur  geisttödtenden  Arbeit 
des  Repertorisirens. 

Bereits  mit  dem  Jahr  1790,  vielleicht  schon  178ü,  waren  die 
confidentiellen  Privatdepeschen  von  Buchsweiler  nach  Darmstadt 
geflüchtet;  die  zurückgebliebenoi  Verwaltungsakten,  die  in  Strass- 
burg  untergebracht  wurden,  enthalten  indess  üi  üirem  jetzigen  Be- 
stände viel  Anziehendes  und  Belehrendes.  Sie  geben  direkte  und 
mdirekte  Auskunft  über  den  Regierungsrath  von  Buchsweiler,  dessen 
gnstliehe  und  weltliche  Kollegien,  ein  kleiner  Staat  im  Staate,  d.  h. 
eine  Anomalie,  ein  fünftes  Rad  in  der  französischen  Verwaltungs- 
maschine; doch  mit  hinreichender  Selbstständigkeit  au^;estattet  zum 
Nutzen  und  Gedeihen  der  etwa  hunderttausend  in  einem  Dutzend 
Amteyen  zerstreuten  Einwohner. 

Der  blühende  Ackerhau  in  diesen  landgräflich  Hanauischen  Be- 
zirken, d.  h.  in  der  Umgehung  von  Buchsweiler,  Brumath,  West- 
hofen, Stnissburg,  der  Lichtenau  sprang  in  die  Augen;  und  der 
patriarchalische  Charakter  dieser  Duodezverwaltung  wurde  nicht  ver- 
mischt durch  die  Etikette,  die  sich  in  der  nächsten  Umgebung  des 


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304  Spach : 

regierenden  lienn,  im  Scliloss  zu  Buclisweiler  oder  im  darmstädti>ch(.'n 
Hof  m  Strassburg,  festsetzte.  Es  waren  eben  nur  angeerbte  Formeln, 
wodurch  der  innere  Werth  der  Persönlichkeiten  und  ihrer  Regienings* 
methode  keinen  Eintrag  erlitt. 

Was  nun  den  eigentlichen  Inhalt  der  Hanao-Liehtenbergisch- 
Dannstädtischen  Dokumente  betrifft  %  so  ist  deren  Charakterisirung, 
\v\c  man  es  nimmt,  leicht  oder  schwer;  sie  umfassen  die  Totalität 
des  Lebens  und  Treibens  einor  Provinzialbehörde.  Am  zahlreichsten 
sind  «die  Anlagen  von  Renten,  die  mannigfaltigen  Schriften,  die  heul- 
zutafe  Xotariatsakton  bilden.  Zahlreich  sind  die  Rolege  der  öflent- 
lichen  Arboiten ,  der  Stra?^<('n-  und  Was^^orbanteri :  /.;ililrricli  die 
Pergarnenfo  und  Papiere,  welche  für  die  pittoresken  .Nhililen  des 
mittleren  Elsasses  fdeiclisam  zur  fortlaufenthm  Privathistorie  werden. 
Selb.stver&tiindlicli  treten  die  Namen  der  gräflichen  Lehensherron  vor 
Allen,  hervor;  auch  andre  herrschaftliche  Familien  ndmien  Rang 
und  Stellung  und  bOden  für  die  erwähnten  Oberherren  ein  nicht 
zu  verschrofthendes  Geleite.  Zu  mancher  Dorfechaft,  Geudertheim, 
Brumath  z.  B.,  wfiren  kleine  Monographien  herausnischreiben,  und 
da  man  in  Elsass  för  solche  mikroskopische ,  bequeme  Forschung 
vielen  Sinn  bewahrt,  so  mag  dies  mit  der  Zdt  ausgeführt  und  dann 
in  den  unterschiedlichen  Gemeindearchiven  solche  pietätvolle  Erin- 
nerungen ad  aofernam  rei  mcmoriam  hinterlegt  werden. 

In  todten  Akten  nicht  allein,  nicht  allein  in  ilen  restaurir- 
ten  rjebänlichkciten  der  jetzi^'en  Strassburpor  Bürgermeisterei  ^)  wird 
das  Andenken  an  die  Darmstädter  aufbewalirt.  Die  Orangerie  in 
der  Rupredilsau  verdankt  dem  Buchsweiler  Scliloss  ihre  hundert- 
jährigen Goldäpfelbäume.  Nie  verlieren  sich  meine  Schritte  in  diese 
würsreidien,  balsamduftenden  Alleen,  dass  nicht  die  Erinnerung  an 
die  herrschafUichoi  Gftrten  der  »Darmstädter«  üher  mich  käme*). 

Die  herrliche,  fkrbenieiche  Archivgruppe  der  kaiserlichen  Land- 
vogtei  von  Hagenau  bot  mir  ebenfalls  peisönliche  Anziehungspunkte; 
aus  dem  historischen  Gebiete  dieser  Verwaltung  hohenstauflscher, 


•)  Etua  170.000  Stück. 
')  Dem  Dann«*tä(llcr  Hof. 

')  S.  o.  nieiue  bistoire  du  Coiute  de  Hanau-Liclitenl>ei'g.  Strassburg  1858 
in  8".  Dasselbe  in  meinen  Oeuvres  eboiflies  Tome  III  p.  889  u.     —  887  oder 

in  den  liullelins  de  I  i  ^ütit'-lr  pour  la  CouHfivatiün  des  monumcntü  hislorique 
d'AI:^are.  Ire  serie.  Tome  UI.  p.  1  u.  s.  f.  Meine  »Modernen  Kultuszustfindo 
im  Elsass,  passim.« 


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Ftagmentarische  Eriimenuigen  eines  alten  Archivars; 


306 


luxemburgischer,  slavischer,  pfalzgräflicher,  österreicliischer  Herren 
taueUoi  sie  aof ,  in  ganz  eigner  Betenditung.  War  mir  doch  die 
Sihra  sacra  von  Hagenau  als  die  dichterische  Domfine  Gottfrieds  von 
Strassborg  and  anderer  hagenaniscfaer  Sfinger  an's  Hen  gewachsen; 
lockte  mich  doch  die  blosse  Erinnerung  an  die  Baiharossische  Schloss- 
heirlichkeit  auf  einer  In-ol  der  Moder  in  ihren  niy:^teriOsen  Bann! 
War  doch  der  sdige  Hugot  mein  Introduktor  in  die  Schätze  des 
Kommiinalarchivs  gewesen !  Neben  ihm  machte  ein  modester  Arbeiter 
sich  geltend,  der  sich  an  die  vergilbten  Blätter  des  el^enfalls  an  die 
Hohenstaufen  hinaufreichenden  Hospitalarchivs  wagte  und  dieselben 
aus  dem  Staube  zog.  Wenker's,  des  Hospitalschreibers  Figur,  ist 
eine  ungemein  rülirejule  ...  ein  betagter,  naiver  Mann,  der  beinah 
ganz  autodidaktisch  das  freiwillig  unternommene  archivalische  Tage- 
werk angriff,  fortführte,  mir  periodisch  von  der  vorschreitenden  In- 
Standesetzung  berichtete  und  erzflhlte,  weldiermassen  er  sehien 
Meinstadtisehen  erstaunten  Kompatrioten  Uber  die  grosse  7orzeit  ihrer 
Heimath  Auskunft  ertheilte.  —  Der  Name  Wenker's  ist  patronlmisch; 
er  knflpft  sich  an  patrizische  und  gelehrte  Persönlichkeiten  Strass- 
burgs.  Inwiefern  der  einfache  Hagenauer  Schreiber  mit  denselben 
zusammenhing,  wüs>te  ich  nicht  zu  sagen;  jedenfalls  schliesst  er 
sich  durch  sein  lokalpatriolisches  Unternehmen  ganz  würdig  an  die- 
selben. Als  man  mir  vor  bald  siebzehn  Jahren  seinen  phitzürh  er- 
folgten Tod  ankündii-'te ,  fühlte  ich  mich  tief  ergriffen,  denn  selten 
ist  eine  so  uneigennützige  Erscheinung. 

In  den  Kartons  der  ehemaiigen  Intendanz  liegt  noch  für  die 
heutige  Verwaltung  viel  brauclibarer,  oft  unentbehrlicher  Vorrath. 
Die  historische  Wichtigkeit  des  Verwaltungsmecbanismus  von  Richelieu 
springt  in  die  Augen.  Hier  wurde  derselbe  zum  Werkzeug  der  mehr 
und  mehr  angebahnten  Yeiscfamelzung  der  Nationalitftten.  Diese 
Bemerkung  gilt  vorzfigHdi  den  oberen  Klassen  der  Stftdte,  weniger 
oder  gar  nicht  dem  Lande.  In  Kolmar  operirte  überdies,  in  dieser 
Beziehung,  der  Appellhof;  in  Strassburg  trug  die  einheimische  Gi'- 
lehrtenwelt  dazu  bei.  Die  Dokumente  der  Intendanz  sind  von  durch- 
greifender Wichtigkeit  für  die  öffentlichen  Arbt-iten,  den  Strassen- 
und  Wasserbau,  den  Kataster  —  die  Bannplime  vieler  Ortschaften 
finden  sich  vor  u.  s.  f.  Das  Lehenswesen  bildet  einen  merkwürdigen 
Abschnitt.  Es  erscheinen  die  einzelnen  adligen  Familien  in  ihrem 
Verhältniss  zur  Regierung,  wenn  sie  um  Erneuerung  ihrer  Lehen  bei 

der  Regierung  einkommen  und  zu  diesem  Zwecke  die  benöthigten 
ArahlTAÜtdi«  KaUiehrlfl.  I.  20 


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S06 


Spacb: 


Titel  einliefem.  So  greift  diese  Abtheilung  sehr  hoch  in  frühere 
historisefae  Zeit  hinauf;  ein  Umstand,  der  sieh  in  dem  Abschnitt 
des  hohen  Hfinsterstifts  wiederholt,  wo  die  Kandidatur  flQr  äe 
KanonikalswQrde  im  fllrstliehen  Kollegium  nnr  durch  genealogisefae 
Belege  anzubringen  war.  in  diesen  Bewerbungen  kommen  aber  meist 
Fremdländische  von  deutscher  und  franzfleischer  Abstammung  vor. 

Der  Empfang  königlicher  Häupter  oder  fürstlicher  Persönlidi- 
keiten  lilssl  ebenfalls  in  den  offiziellen  Papieren  der  Intendanz  Spuren 
zurück.  Welch  trübe  Aussichten  vemnlasst  doch  Maria  Antoinettens 
Durchzujr!  Wie  vergegenwärtigt  der  mit  Goethe?cher  Literatur  Ver- 
traute sich  dabei  unwillkürlich  die  ahnungsvollen  Gobelins  auf  der 
Rheininsel ! 

Die  Reihenfolge  der  Iniendanten  von  de  Lagrange  ab  bis  auf 
La  Galaiziere  ist  mehr  oder  weniger  in  dieser  Archivgruppe  vertreten. 
Interessant  und  Idirreich  ist  eine  fan  Jahr  1866  unter  der  Verwal- 
tung des  Präfekten  Baron  Fron  angekaufte  Eonespondenz  des  Inten- 
danten d'Angerviüiers  (1716—1724)  mit  den  Pariser  Behörden  Ober 
die  verschiedenen  Verwaltongszweige  des  Elsasses  und  eme  damit 
zusammenhängende  Serie  von  ausfährlichen  Hänoires,  die  aus  spi- 
terer  Zeit  (vermnthlich  von  1730—1751)  stammen.  Sie  berichten 
Aber  die  Zustände  der  Klerisei,  des  Adels,  der  Magistratur,  des 
Kriegswesens,  der  Finanzen,  des  For?twf^?ens,  des  Handels.  Auf  den 
berüchtigleii  Finzes-s  Klinglin  bezieht  sich  ein  koniidentielles  Schrei- 
ben, vennuthlich  aus  dem  Jahre  1751. 

Schreiber  dieser  Zeilen  übersendete  an  das  Ministerium  des 
öilentlichen  Unterricht.':,  durch  Vermittlung  des  Rektors  der  Akademie 
von  Strassburg,  im  Laufe  des  ersten  Semesters  von  1870  eine  sorg- 
fiUtige  eigenhändige  Abschrift  obig«*  Korrespondenz  mit  zahlreichen 
historischen  Noten.  Der  Druck  dieser  Briefe  mit  Kommentar  war 
Ton  dem  historischen  Pariser  Gomit^  genehmigt  und  faeachkjssen, 
▼erfiel  aber,  mit  dem  Kriege,  hi  Vergessenheit.  Mein  summarischer 
Bericht  an  den  Präfekten  über  den  hihalt  des  Ankaufs  liegt  noch 
vor  *);  jedenfalls  war  die  Kaufsumme  der  sieben  Foliobände  (Fr.  216) 
gut  angewendet ;  sie  ist  einzureihen  in  eine  der  besten  Massregeln  des 
letzten  französischen  Präfekten. 

^  Rapport  k  M.  le  prtfet  da  Bas-Rhin  sur  un  aehat  de  7  voIoiimb  in  8^.  se 

rattachaiit  an  romb  de  llntendance  Strassbourg  1866.  choz  ß.L.  in  12*.  —  Das 
Manuskript  kam  aus  der  Verla?spn:-'rh:in  einer  Dame  de  Serilly,  Tochter  eines 
Intendanten  aus  dem  mitlägliclien  Frankreich. 


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Fngmenttriidi«  Erinnerungen  eines  alten  Archivars.  307 


Die  auf  »Zwdbruckenc  bezQglicben  Akten  sind  nicht  sehr 
xafalreicb;  der  Inhalt  ist  eben&Ita  nicht  ausnehmend  merkwürdig, 

nur  IMak  sie  für  Strassburg  besonderes  Interesse  durch  dne  hohe 
damit  verknüpfte  Persönlichkeit;  ich  njeine  den  Prinzen  Max  Josqih 
von  Zweibrücken-Birkeiifeld,  den  späteren  König  Max  I.  von  Bayern. 

Es  hiesse  hier  Eulen  nach  Athen  fiapren,  wollte  ich  bis  m 
Otto  von  \Vitlel>bacli  und  dann  zur  Abzweigung  der  kurpfiilzischen 
Linie  hinaufsteigen,  darauf  die  vielen  Abzweigungen  der  letzteren 
verfolgen  und  endlich  zu  einem  letzten  Xebenzweige  gelangen,  der 
in  der  Person  des  Prinzen  Max  die  Rechte  aller  ausgestorbenen 
Linien  zusatmnenfassend,  im  Jahr  1799  zur  (theil weisen)  HerrsciiaÜ 
gelangte. 

In  dem  letzten  Dezennium  vor  der  fhmzOsischen  Revohition 
war  Obrist  Max  von  Zweibracken,  Inhaber  des  franzfisischen  Regi- 
mentB  Royal  Alsaee,  eine  in  Strassburg  sehr  beliebte  populäre  Per^ 
stoUchkeit;  seine  Apanage  war  vermuthlich  sehr  mässig;  er  liatte 
nur  seine  Epauletten  und  seinen  Degen  auf^weisen;  allein  er  prangte 
in  voller  Jugendkraft,  war  von  den  Damen  wohlgelilten;  die  Blicke 
folgten  ihm,  wenn  er  durch  die  Strassen  schritt.  —  In  seinem  Motel 
—  der  Jetzigen  Kommandantur  —  ist  sein  Sohn  Ludwig  der  erste 
geboren. 

Ich  kannte  in  meiner  ersten  Lebenshälfte  mehrere  Personen, 
die  mit  dem  Prinzen  Max  in  pcrsünliclier  Verbindung  gestanden. 
Unter  diesen  darf  ich  die  Familie  des  Generals  v.  Cochorn  bezeicii- 
nen;  es  war  dn  frenmdschaftliches  Verhiltniss,  das  noch  spfitor  dem 
zweiteil  Sohne  des  französischen  Generals  zu  Gute  kam,  da  er  als 
Attache  der  bourbonischen  Gesandtschaft  in  München  bei  Hofe  gute 
Aufiiahme  fimd. 

Auch  von  anderer  Seite  kamen  mir  mehrfadie  auf  den  kOnf- 
tlgen  König  von  Bayern  bezügliche  Anekdoten  zu;  sie  stellen  den 
chevaleresken  Charakter  des  Mannes  und  des  Militärs  in  blendendes 
Licht.  Welch  günstigen  Eindruck  er  hintcrliess,  erhellt  noch  aus 
einem  spätem  wenig  beachteten  Xebenuinstande.  Mehr  als  ein  De- 
cennium  nach  seiner  Erhebung  auf  den  Thron  widmete  ihm  Moritz 
Engelhard,  der  Verfasser  eines  jet/.t  kostbar  gewordenen  Auszugs 
aus  dem  hortus  deliciaruni  der  Herrad  von  Landsber?,  dieses  mit 
Abbildungen  versehene  Werk,  Wohl  dachte  der  Herausgeber  nicht, 
daBS  er  seinem  fürstlichen  Gönner  und  sich  selber  ein  Denkmal 
stiftete,  welches  durch  die  letzte  Kriegskatastrophe  emen  doppelten 


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308 


Spach : 


Werth  erhfilt.  Bei  dieser  Gelegenheit  bewahrheitet  sich  wieder  das 
Sprichwort:  habent  sua  fata  libelli. 

Strassburg  und  der  Elsasa  hafteten  fest  im  Gedachtniss  und  im 
Herzen  des  Königs  von  Bayern.  Wohl  mancher  gebildete  Strass- 
bunroi ,  (1(  r  sirli  in  München  eine  Audioiz  bei  dem  ehemaligen  Gdonel 
de  Royal  Al.<acc  erbat,  mochte  dies  erproben. 

Was  nun  die  Skripturen  der  ehemaligen  rhurp(Tdzisfhcn  und 
z\viü)i  ückific  lien  Linie  anbelangt,  muss  ich  mich  kurz  fassen.  —  Die 
Vogtt.'i  Bischweiit-r  bildet  den  merkwürdigsten  Punkt  in  diesem  Be- 
reiche, und  hier  tritt  selbstverständlich  die  Einführung  der  Zwingli- 
schen  Reform  im  16.  Jahrhundert  und  die  Einwanderung  französischer 
kalvinistischer  Hugenotten  un  17.  Jahrhundert  hervor.  In  unseren 
Alcten  bietet  der  Streit  beider  Nationalitäten  im  Schooss  beider  so 
nahe  verwandten  Kirchen  und  beider  Pfarrer  ein  unerquickliches 
Schiusfuel.  ^  Von  den  Schrecken  des  drtissigjflhrigen  Eri^  blieb 
Bischweilcr  nicht  verschont.  —  Uebo*  diese  inncrn  ofl  widerwärtigen 
Ereignisse  heb!  sich  immer  wieder  die  herzgewinnende  Gestalt  des 
Prinzen  Max  und  einiger  ihm  innig  verbundenen  Wo^en.  Geschichte 
und  Knman  berühren  sich  in  dieser  privilegirlen  Existenz;  über- 
wuchern wird  beide  einmal  die  Legende;  sie  wird  meist  zur  psycho- 
logischen Wahrheit,  wenn  man  von  Verwallungsakten  gar  niclit 
melir  spricht 

Zeit  und  Raum  gebieten  mir  peremtorisch,  andere  Fächer 
des  CSvilaichiTes  —  z.  B.  das  Adelsdirektorium,  die  Graftcbaft  Möm- 
pelgard,  die  Grafschaft  ^nhebn  geradezu  aufiEUgeben,  und  mich, 
leider  ebenfolls  cursorisch  der  zweiten  HauptabtheUung,  dem  getet- 
lichen  Archiv  zuzuwenden.  Um  vieles  bedeutender,  mit  inhaltschweren 
Pergamenten  überladen,  bietet  sie  sich  unsenn  Blick;  nicht  einmal 
in  ihren  Hauptzügen  lässl  sie  sich  zusammenfassen.  Meine  für  das 
grössere  Publikum  des  Elsass  berechnete  l^ebersicht  über  die  ein- 
zelnen Gruppen  behandelt  die  weitschichlige  Sammlung  nur  in 
ihren  Hauptbestandtheilen  ');  und  selbst  aus  diesem  Extrakt  darf 
ich  es  hier  nicht  wagen  die  allgemeinen  Lineamente  zu  zeiclmen. 
Finden  sich  jetzt  noch  ba«itwillige  Leset  (Qr  die  halb  wissenschaft- 
liche, halb  gemeinfassliche  Abhandlung,  worin  ich  Ucht  und 
Schatten  soviel  m(iglich  unpartheüsch  vertheiUe,  so  darf  Idi  ein 


■)  Lettre«  «ur  lei  AtcUtw  dq^artementales  du  Bas-Rhin.  Stnarituig  1M2. 
ebes  Piton.  in  S*.  9.  Asugab^. 


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fVaginentanBehe  Eriimeningen  eines  allen  Archivars.  309 

nachsichtiges  UrUieil  über  den  damals  beabsichtigten  Zweck  er- 
warten. 

Den  Eingang  in  das  Sanktuariiun  bilden  selbstverständlich  die 
Hauptpergamente  des  vormaligen  Bisthums  Strassburg;  das  jetzige 
amfiisst  bekaimtlich  nfa^t  mdir  denselben  Sprengel,  Ifisst  einen  Theil 
auf  dem  rechten  Rheinufer  liegen,  fUIt  nCrdlich  vom  Selzbach  ab 
bis  an  die  Lauter,  und  umfasst  dagegen  sfidüch  noch  den  Sandgau. 
Grandidier  stdlte  in  seinem  sogenannten  Träordes  Charles,  Armoire 
des  Charles,  Ärmoire  historiqne  die  vorzüglichsten  Pergamente  auf. 
Da  bot  sich  denn  gleich  zu  allem  Anfang  das  schon  durch  Schoepflin 
apokrj'phisch  erklärte  Testament  der  heiligen  Ottilie,  angeblich  aus 
dem  8.  JahrhundiTf  sfarnincnd,  in  der  Realität  eine  dem  11  Ion  zu- 
kommende Fäl-chung.  Ich  konnte,  bei  einigen  Gelegenheiten,  nicht 
die  Frage  über  die  ge.schi' litHclie  Existenz  der  Heiligen  umgehen 
und  fand  mich  eingekkinnit  zwischen  den  Lagern  der  Strenggläubigen 
und  der  kritischen  Schule,  welche  letztere,  durch  Professor  Roth  in 
Basel  vertreten,  sich  am  Anfang  der  fünfziger  Jalure  unbarmherzig 
gegen  die  Legende  erklärte.  Zum  Vertheidiger  der  Persönlichkeit 
OttiMens  hatte  sich  Louis  Leviault  %  in  seiner  Geschichte  und  Be- 
scbreibiing  des  Berges  au^worfen;  zu  Oberehnheim,  fost  am  Fusse 
des  pittoresken  Hohenburgs  ansSssig,  vertraut  mit  jedem  Fusspfod, 
mit  jedem  alterthümlichen  Steine,  von  der  gallokeltischen  Umwallung 
der  Bergeskuppe,  den  Römerstrasson  ab,  bis  zu  den  byzanlischen 
Kirchen,  Klöstern  und  Kapellen,  in  den  Tlialschluchten  und  am  Abhang 
der  Vorhügel,  mu.-ste  er  sich  zu  seiner  Advokatur  von  Hause  aus 
benifen  ffdilen,  und  da.^  lliat  er  auch,  mit  all'  dem  Apparate, 
den  ultranionlane  üelehrsamkeit  seit  Jahrhunderten  aufgehäuft. 
Der  konfe-ssionelle  Streit  im  Elsa.ss  übertrug  sich  ebenfalls  auf  das 
archäologische  Gebiet;  in  dem  Conute  der  historisclien  Gescllscliaft 
Iknd  Louis  Levrault  befreundete,  warme  Anhänger.  Andrerseits 
war  es  schwer,  den  Kritizismus,  der  jede  Udl>erlieferung  abläugnete, 
nicht  m  mehrerem  berechtigt  zu  finden:  Schreiber  dieser  Zeilen 
stellte  sich  auf  den  Standpunkt,  dass  Papst  Leo  IX.,  als  er 
Ottiliens  Heiligsprechung  genau  m  der  Mitte  des  11.  Jahrhunderts 
vollzog,  nachdem  von  den  Karolingern  ab  ehie  fortlaufende  Tradition 
über  die  heilige  Aehlissin  von  Hohenburg  sich  erhalten ,  nicht  alles 
aus  der  Lufl  gegriffen  habe;  dass  von  Ottilien,  die  an  den  Stamm- 


')  Gestorben  den  4.  Mai  1870. 


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I 


310  Spa«h: 

bäum  der  Ahnen  des  heiUgen  Patetes  sich  anknfipfte,  vvslleicht  Familien- 
urkunden  sich  erhallen  hatte  n.  Der  Vermittler  konnte  es  selbstver- 
ständlich nicht  beiden  Theilen  zu  Recht  machen;  er  liess  einiges 
fallen,  anderes  stehen.  Es  haben  wohl  im  Bereich  der  archäologisclien 
lokalen  Forschung  keine  Streit frapon  die  Kämpfer  so  leiden>c1iafl- 
lich  erregt.  Nur  für  den  .slrongcn  Kritiker  ist  die  Saciie  beigelo^'t 
und  gegen  Ottilien  entscliiedon.  Nach  wie  vor  werden  indess  Pilger 
iiundeitweise  ü;u  dem  apükryi)licii  Grabe  di-r  Heiligen  liinaufsleigen, 
unbekümmert  um  die  Angrifle  der  Freidenker;  die  Kritiker  werden 
mitleidig  heruntersehen  auf  den  »blinden  Aberglaubenc  und  dem 
miberafenen  Friedensrichter  die  Thüre  weisen. 
•  Es  ist  mir  vrohX  gestattet,  dem  Panegyriker  des  OttOienberges 
und  dessen  Legenden  emige  Zeilen  zu  widmen.  liDt  ihm  ging  eine 
der  Uebenswfirdigslen  PtersdnlichkeiteQ  des  Elsass  zu  Grabe.  Unbe- 
stritte  sind  seine  Verdienste  um  das  MOnzwesen  von  Strassburg, 
das  er  in  einem  gehallreichen,  beschreibenden  und  geschichtliclien 
Werke  behandeile.  Hatte  er  doch  jahrelang  an  dem  >hotel  de  la 
monnaic«,  als  königlicher  Controleur  gewaltet  ').  Vielseitige  gediegene 
Beiträge  zu  dem  Bulletin  der  historisch-archäologisrben  Gesellschaft 
und  der  Revue  d'Alsaco  hat  er  geliefert ,  den  Ausgrabungen  in  der 
Umgegend  von  Oberclmlieini  vorgestanden.  Im  Jahre  1856  führte 
ich  ilim  den  berühmten  Archäologen  Eduard  Gerhard  zu.  Sein 
gastfreundlidies,  patriarchalisches  Haa»  bot  mhr  mdirmais  bd  meinoi 
sonntäglichen  Ausflügen  ein  willkommenes  Asyl 

Unter  den  ältesten,  im  Tr^or  des  Ghartes  bewahrten  Urkunden 
finden  sich  einige  von  Ludwig  dem  Frommen.  Sie  wurden  einmal, 
auf  Befdd  der  Regierung,  zur  Abschrift  an  die  Acadänie  des  inscrip- 
tions  versendet.  Den  Auftrag  besorgte  Präfekt  I\Iignerot  itor^fmlich 
und  nahm  bei  seiner  RQckkdir  die  Dokumente  wieder  in  Empfang, 
einem  langen  Zurückhalten  vorzubeugen,  wie  dies  dem  liortus  de- 
liciarum  der  Herrad  beim  Grafen  Basfard  widci-fubr.  Wer  konnte 
damals  ahnen,  dass  gerade  dieses  pllichtgetreue  Zurückfordern  durch 
Prof.  Jung  dem  köstliclien  Bande  nach  Jahren  verderblich  werden  sollte! 

Nach  meiner  Ansicht  bezieht  sich  eine  der  merkwürdigsten 
dieser  karolingischen  Urkunden  nicht  auf  das  Elsass,  sondern  auf 
die  Insel  Rechenau. 


*)  EsBu  sur  rhistoire  de  la  monnaie  de  Strassbourg.  —  Strassbourg  1842. 
OH  v<d.  in  8^.  — >  chei  Baiger-LemulU 


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FragmenUrische  Erinnerungen  eines  alten  Archivars. 


311 


Dessen  Inhalt  besteht  io  einer  einfachen  Bestätigung  der  Privi- 
legien  der  Abtei,  und  ist  an  den  Abt  Heddon  gerichtet,  der  m- 
glddi  ab  Bischof  die  Basier  DiOoese  verwaltete.  Was  meioe  Vor- 
liebe entsdinkUgeD  mag,  ist  wobl  die  chranologiiclie  tausendjährige 
Goinddaa  von  817  und  1817.  In  letzterem  Jahre  hao$  die  Nichte 
Napoleon  I.,  die  ehemalige  Ednigln  von  Hdland  mit  ihiem  Sohne 
Louis  &m  der  Reichenau  gegenüber  gdegenen  Villen.   Die  Jugend- 
jahre des  nachherigen  französischen  Kaisers  Napoleon  III.  ver- 
flossen theilweiso  in  dem  romantischen  Aufenthalt.    Dass  er  und 
seine  Mutler  Hortensia  öfters,  von  Arenonberg  aus,  die  Insel  mit 
ihren  Kirchen  besucht,  ist  durch  gleichzeitige  Memoires  bestätigt. 
J.  J.  Gouhnann  in  .seinen  »Reniinisccnses«  weiss  sehr  viel  Anziehendes 
von  einem  Aufenthalt,  den  er,  der  wohlgelittene  Freund  der  ehe- 
maligen kaiserlichen  Grössen  auf  Arenenberg  nahm,  zu  berichten.  Die 
Giifin  von  SL  Leu  ^  nannte  sieb  Hortense)  und  die  Grossbenogin 
von  Baden,  Steiibanie,  fidiren  nach  Rrichenan.  Von  selbst  bieten 
sieh  die  Berfifanrngspunkte  zwischen  beiden  Epochen  und  den  lOrst- 
•  liehen  PeraOnlichlnItai  —  Karl,  der  Entttuonte,  der  seine  letzte  Rnhe- 
sfatto  in  der  Abteikirche  fand  —  und  der  künftige  Herrscher  Frank- 
reichs, dessen  ehrgeizige  Pläne  vielleicht  damals  schon  in  seinem 
fatalistischen  Geiste  schluninierten,  —  Coulmann,  der  geistreiche 
Rlsa-ser.  Ix'suchtc  noch  weniL'  Monate  vor  ihrem  Tode  die  hin- 
sieclii  Ilde  Grälin  von  St.  Leu  nach  dem  veningiücklon  Napoloonischen 
Aul-stand  in  Strassburg.  War  doch  der  ailgeiiiein  besiKillelte  Unter- 
nehmer dieser  prätorianischen  Schilderhebung  keineswegs  entniuthigt 
durch  seinen  verfrühten  Fehlgriff  und  wiederholte  schon  vier  Jahre 
später  seinen  zweiten  noch  toUkäfaneren  Versuch,  bevor  er  noch  ein- 
mal nach  der  Krone  grüF,  um  sie  wieder,  nadi  längerer  Frist,  wie 
Kail  der  Dicke,  zu  verlieren. 

Ein  anderes  dieser  Eardlmgischen  Pergamente  (v.  817)  bestätigt 
den  Strassburger  Bischof  Adelodi  im  Besitz  eines  weitlAofigm  Be- 
zirks des  Breuschthals.  Hier  ist  das  elsa-si  rlu  Lokalinteresse  über- 
wiegend. Der  Sarkophag  des  Bischofs,  der  in  der  Set.  Thomaskirche 
in  nächster  Nähe  des  Grabmals  des  Marschalls  von  Saehson  aufge- 
stellt ist,  ver^'c;:c'nwrtrti^'t  die  Gestalt  dieses  vom  Kaiser  Ludwig  dem 
Frommen  reichlich  bedachten  Würdenträgers. 

Selbst verständlicli  sind  in  der  langen  Reihenfolge  der  Strassburger 
Bischöfe,  von  dem  Augenblick  an,  da  sie  unter  ilen  Karolingern  zu 
persönUchert  historischer  Existenz  gelangen,  bis  auf  das  aclitzehnte 


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312  Sp«*: 

Jahrhonderl  herab,  fest  alle  durch  mehrfache  Dokumente  Tertieten. 
Ausgezeichnete  Staatsmftmier  und  Krieger,  ehrwürdige  Prälaten,  auch 
einige  Terrufenc  Charaktere  treten  auf  in  dieser  Bildergalerie.  Es  gibt 

wohl  wenig  Bisthümer,  die  unter  ihren  ersten  Würdenträgern  so  viel 
scharf  ausgeprägte  Physiognomien  und  thätig  eingreifende  Männer 
aufweisen,  als  die  Strassburger  Diözese.  Wir  trefTcn  da  auf  die  \umen 
von  Eddo,  Karl  Martels  Freunde,  auf  Erciianbold,  den  Freund 
dreier  sächsischer  Kaiser  und  zweier  Kaiserinnen,  auf  seinen  Nach- 
folger Wiederhold,  welciien  die  Legende  so  grausam  behandeile,  auf 
Werinhar,  den  Freund  Heinrich  des  Heiligen,  den  Erbauer  der 
romanischen  Kathedrale,  auf  Otto  von  Hohenstauibo,  den  freisinnigen 
Geeetcgeber,  auf  Konrad  vcm  Lichtenberg,  den  Freund  Ruddf^  von 
Habsburg,  auf  Johannes  von  Mandenchdd,  den  stramme  Verthd- 
diger  der  katholischen  Kkche  in  der  xweiten  Hälfte  desReformations- 
zeitaltcrs  —  und  dann  mit  diesen  bevorzugten  Gestallen  in  sdmei- 
dondeni  Kontrasie,  auf  einen  Friedrich  von  Blanckenheim,  den  Ver-  * 
bündoton  des  heuchlerischen  Rillers  Braun  von  Rappollslein ,  auf 
den  ver<eli\venderischen  Wilhelm  von  Diest,  auf  den  leisten  Aohan,* 
Cagliostru's;  Besehülzer. 

Besclieiden  müssen  wir  uns  mit  diesen  wenigen  Giid'en  in  die 
Naiuenreihe  der  Strassburger  Prälaten.  Der  Raum  ist  zugemessen, 
und  der  sorüdaulegende  W  eg  verliert  sidi  hl  weiter  Feme. 

Auf  welchen  Grad  die  gegenseitige  Anfanodtät  und  Erbitterung 
der  reDgiÖsen  Partheien  zu  Strassburg  und  fan  Elsass  gediehen,  er- 
wies sich  mir  deutlich  bei  meiner  VerQlfentiichung  der  Korrespondenz 
des  Bis(hüf.s  Johann  von  Manderscheid  mit  seinen  Feudallrägem, 
aus  den  Jatiren  1570— 75.  Es  besteht  dieselbe  aus  einer  Reihenfolge 
von  Briefen,  worin  der  Bischof  seine  adligen  Lehenshaller  mm  Ge- 
leite der  Priuzes.-in  ElisalK'th  von  Oeslerreich  dringlich  einladel. 
Die  unglückiiclie  Tociiter  Kaiser  Maximilian  II.  durchzog  nämlich 
zweimal  das  Elsass,  zuerst  auf  der  verhängnissvollcn  Reise  nach 
Meziures  und  Paris,  wohin  sie  als  Braut  des  Königs  Kail  IX.  be- 
schieden war,  und  dann,  fOnf  Jalire  später,  nachdem  sie  die  BkA- 
hochzeit  vom  24.  Aqgust  1574  miterlebt  und  als  verwittwete  Kflnigin 
zu  ihrem  Vater  nach  Wien  zurückkehrte.  Die  anziehende,  rührende, 
melancholiscfae  Gestalt  der  jungen  Fürsthi  erschemt  nur  Torüber- 
gehend  im  Briefwechsel,  den  der  Bischof  mit  seinen  Vasallen  bei 
diesem  Anlasse  führte ;  sie  spricht  in  einem  lateinischen  Empfelilungs- 
schreiben  den  Kiichenfüisten  um  seinen  Beistand  an  fit  eine  hi 


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fVagmentariaelie  ErimMrangen  eines  alten  Ardiivan. 


SIS 


Strassburg  gefangonc  Wittwe,  Maria  Kis;  es  fäDt ,  wie  gesagt,  nur 
ein  Streiflicht  auf  die  gebeugte  Elisabetli;  d(xli  reidit  es  hin,  ihitT 
Herzensgüte  ein  ZfU^iniss  auszustellen.  Der  Hauptinhalt  der  ange- 
regten Korrespondenz  besteht  meist  aus  Entschuldigungsschreiben  der 
Mitglieder  des  hohen  elsassischen  Adels,  die  sich  der  unbequemen, 
kostspieligen,  Terdriesslieben  Mahnung  des  geistlichen  Obeihaupts 
entziehen.  Schreiber  dieser  ZeOeh  edirte  im  Jahr  1866  (zuvOrderst 
in  der  Revue  d'Akace)  diese  zaUreichen  fliegenden,  unleaerlichen, 
hässlicfa  stylisirten  Blätter;  gefwahrten  sie  doch  einen  Ueberblick  Cto 
die  Bestandtheile  des  damaligen  einheimischen  Adels  und  dessen  z»- 
rüttete  Finanzen.  Ich  konnte  mich  dabei  nicht  der  Verpflichtung 
entziehen,  die  gräulichen  Szenen  der  Rluthochzeit  zu  brandmarken, 
deren  Einfluss  auf"  das  zarte  Geraüth  der  jungen  Königin  hervorzu- 
heben, zu  betonen,  wie  sie  gebrochenen  Herzens  in  die  theure  Heiniath 
zurückkehrte,  jeden  fürstlichen  lleirathsantrag  fürderhin  ausschlug, 
ihr  Dusein  ganz  in  Werken  tkr  1  Barmherzigkeit  aufgehen  Hess,  und 
zuletzt  in  einem  von  iln-  gestifteten  Kloster  ihre  Tage  sdiloss. 

Diese  rein  historische,  in  massigen  Ausdrücken  gebaltoie  Publi- 
kation wurde  nur  von  alten  Freunden  aus  dem  katholischoi  Lager 
sehr  Obel  angerechnet:  »an  solche  Ereignisse  solle  man  nicht  die 
Hand  legent.  Ich  zog  mir  das  französische  Sprichwort  zuGemäthe: 
»im  Hause  eines  Erdrossdten  sprich  nicht  vom  Stricke«. 

Eän  Zweitesmal,  wenig  Jahre  darauf,  sollte  ich  durch  eigene 
Erfahrung  erhärten,  wie  sehr  die  Gt  inüther  in  Aufregung  befangen! 

Der  Präfekt  Migneret  ersuchte  mu  h  um  einen  historischen  Ueber- 
blick der  Geschichte  des  Unterelsa.-?;,  zur  Einleitung  in  das  grös:sere 
von  ihm  geplante  Werk  einer  umfassenden  statistischen  und  geogra- 
phischen Beschreibung  des  Niederrheinisclu  n  Departements.  Für  ein 
confessionell  gemischtes  Publikum  bestimmt,  war  mir  selbstverständ- 
lieh  ein  rein  objektiver  Aufsatz  geboten.  Auf  engen  Raum  be- 
schrankt, die  Pflicht  der  strengsten  Unpartheflichkeit  im  Auge  behal- 
tend, faaste  ich,  wie  Strobel  vor  mir  gethan,  die  Gefchichte  der  Re- 
formation in  Strassburg  möglichst  knrz  zusanunen,  und  betonte  vor 
allem  das  Unerquickliche,  Tragische  der  kvchlichen  Trennung.  Dies 
eine  wurde  mir  von  protestantischen  Freunden  und  Widersachern 
in  hohem  Grad  übel  genommen.  Eines  Abfalls  wagte  man  mich 
geradezu  anzuklagen ;  auf  der  Kanzel  von  St.  Thomä  kam  es  zu  un- 
liebsamen ,  deutlichen  Anspielungen.  Idi  erfuhr  bei  dieser  und  an- 
derwärtiger  üelegenheit,  dass  absonderlich  zu  lokaler  Geschichts- 


314 


Spach: 


schreibimg  ein  LOfweoherz  nicht  fiberflussig  wäre.  Musste  sieh  doch 
Johannes  von  Müller  von  jedem  über  die  Existenz  Teils  oder  Gess- 
lers  angeregten  Zweifel  ferne  halten  und  in  verba  magistri,  d.  h. 
T^udrs  schwören;  er  hfttte  sich  persönlichen  Beleidigongeii  ai^ge- 
setzt,  wäre  er  auch  nur  schöchtem  der  gddirten  Kritik  des  lau- 
fenden Jahrhunderts  vorausgeeilt. 

Als  ich  im  Verlauf  meiner  übersichtlichen  Excurse  in  den  Lettres 
sur  les  archives  departementalcs  auf  die  Karthriu?er  und  andere 
geistlichen  Orden  zu  sprechen  kam  und  zu  verstehen  gab,  dass  solche 
Institute  auf  psychologische  Bt-dürfnisse  reuiger  Sünder  oder  Lebens- 
müder gegründet  seien,  bekam  ich  zwar  keine  direkten  Vorwürfe; 
man  wandte  sich  indess  an  den  Redakteur  des  Nieder  rheinischen 
Kuriers  und  bedeutete  ihm ,  dass  protestantische  Abonnenten  sich 
fiba  solche  Aeusserungen  in  einem  liberalen  Blatte  wunderten.  Doch 
hielt  —  ich  muss  retrospektive  dies  Verßihren  bebben  —  Charles 
Boersch  an  seinem  Rechte  fest  und  behielt  dem  freiwilligen  Korre- 
spondenten ein  freies  Terrain  tot. 

Ich^berührc  die  Kleinigkeiten  zum  Belege,  dass  die  hiesige  Atmo- 
sphäre, jetzt  wie  damals,  für  diese  Art  Polemik  mit  feindlichen 
Elementen  gescliwfmgert  ist. 

Im  Bii^tbuni  von  Stra^sbnrg  bleibt  wiederum  durch  die  Sach- 
lage, dem  hohen  Münsterstiltc  (grand  cliapilre  de  Strassbourg)  und 
hohen  (Ibor  (grand  chocur)  ein  l>et  rächt  lieber  Plal/,  anberaumt.  Diese 
ünterabthcilung,  die  Geschichte  und  der  Inhalt  der  Dokumente  wurden 
von  mir  gebührend  beräcksichtigt;  die  hervorragendsten  Kapitelherm, 
die  nur  aus  fürstlichen  oder  hochadligen  Familien  gewählt  «rurden, 
erwähnt,  und  diesem  kirchlichen,  bis  auf  die  Karolmger  lunauf- 
reichenden  Senat,  dem  eigentlichen  Vertreter  der  kirchlichen  Inter- 
essen gegen  jeden  bischöflichen  Emgriff ,  die  erforderliche  Stelle  an- 
gewiesen; da  bot  dch  denn  die  natürliche  Gelegenheit,  von  einem 
der  ältesten  Dokumente  zu  sprechen,  welches  Amulph  der  deutsche 
König  im  klimakterischen  Jahre  888  erliess,  auf  die  illustrirten  Stamm- 
bäiunc  der  Würdenträger  hinzuweisen ,  und  bei  den  Prozessakten 
gef.'en  zwei  arme  als  Hexen  angeklagte  Hauernwoiber  (a.  1642)  die 
sclieusslichen  (iericbtsfrevel  jener  fanatischen  Zeit  zu  besprechen, — 
Ob  niciit  insgelieim  der  Aei  ger  über  meinen  Liberalismus  sich  kund- 
gab, wüsste  ich  nicht  zu  bestimmen. 

Der  hohe  Chor  mit  seinen  für  Bürgerliche  berechneten  Statuten 
führte  mich  auf  den  bereite  gefeierten  Grandidier  zurück.  Der  Ge- 


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Fnigiiieiitaiiadie  Erinnerungen  efaies  alten  Arehivan. 


315 


scinchtschreiber  und  Archivar  des  Elsasses  hatte  in  dieser  geistlichen 
Korporation  ein  A?yl  und  anständige  Versorgung  gefunden,  und  sich 
dun  h  diese  Gunsl  des  Zufalls  einen  Thell  seiner  Unabhängigkeit 
bewahrt. 

Die  zahlreirlicn,  auf  Kaiser,  Könige,  Her/Ofre,  Grafen,  L!is(  Imfo 
und  andere  geistlichen  Würdenträger  bezügliche  Dutcunieiile  iconnten 
nur  im  Fluge  berührt  vmiißa.  Ich  oiusste  darauf  bedacht  sein,  cben- 
faHs  den  stAdtischen  Kapiteln  (zum  alten  und  Jungen  Set.  Peter  etc.) 
gerecht  zu  werden.  Für  das  Set  Thomasstift  konnte  ich  mich  auf 
das  Hauptwerk  Karl  Schmidt's  berufen,  dasselbe  historisch  be- 
nfitzen und  aufHchtig  beklagen,  dass  die  Akademie  der  inscriptlons 
et  helles  lettres  es  nicht  mit  einem  Hauptpreis  bedachte. 

Die  Gcscliirl'to  des  alten  Set.  Pelcrstifles  war  von  Strobel  in  einer 
gehaltreichen  Monographie  behandelt  worden.  Ich  erinnerte  an  die 
Ent.stehuMp  de?  Knjjocriatstifis  durch  die  Erb-scliaft  der  ländlichen 
Kapitel  von  Muiiau  und  Kh^'nau.  Wie  der  launenliafte  HheinsUom 
da»  let/.leie  mit  dabei  gelegener  Oertlichkeit  verschlungen,  ist  ein 
bekanntes  Faktum.  Sagen,  wie  bei  versunkenen  Städten  an  der 
Ostsee,  knüpften  sich  an  die  unglückliche  Lokalität.  Für  die  ältere 
Set  Peterkirche  war  der  Zuwachs  erwünscht,  denn  sie  hatte  sich 
seit  ihrer  Gründung  keiner  bedeutenden  Glficksgüter  erfreut  Unsere 
Gruppe  besteht  hauptsächlich  aus  Prozessakten,  bn  Zeitalter  der 
Ref<Mmiaticm  wurde  sie  zum  S^kapfd  beider  Konfessionen.  —  Das 
junge  Set.  Peterstift  reicht  wie  das  andre  Schwesterstift  hoch  in  die 
Elsassische  Geschichte  hinaut  Seine  Hauptakten  beziehen  sich  auf 
das  Oratorium  Allerheiligen,  und  dieses  steht  wiederum  mit  Aller- 
heiligen im  Schwarzwald  in  unterwürfiger  Verbindung.  Die  Go- 
sciiichte  und  die  Dokumente  all'  dieser  Stifter  sind  eng  miteinander 
verknü|)ft  und  verdienten  ei^jentlich,  wie  die  andern  Complexe.  die  wir 
alsbald  nälier  in*s  Auge  lässten.  eine  ausführlichere  Analyse. 

(Schluss  folgt.) 


XI.  Literaturbericht 

1.  Hand-  und  Adre«sbuch  der  deutschen  Archive 
im  Gebiete  des  deutschen  Reiches,  der  Osterr.  Ungar.  Ifo- 

narchie,  der  russischen  Ostseeprovinzen  und  der  deutschen 
Schweiz.  Begründet  und  nach  amtlichen  Quellen  bearbeitet 
von  C.  A.  H.  Burkhardt,  Dr.  ph.,  Archivar  und  Vorstand 
des  Geh.  IIau|)t-  und  Staatsarchiv.-^,  des  säclis.  Ernestinischen 
Gesammtarchivs,  Gro.^slierzoglich  Sächsischer  Archivrath  in 
Weimar.   Leipzig  1875.  Gruuow.  Xlll  und  208  Seiten. 

Ein  höchst  vt'r(lien.sllichf>s  Wnk,  weil  sehr  niilhevoll,  nlu-r  aurli  sehr  nütz- 
lich ,  daher  längst  vermissl  und  erwünscht.  Wie  viele  von  den  zahll<js*;n  Ar- 
chiven, die  noch  zu  Ende  vorigen  Jahrhunderts  auf  deutschem  Boden  blQheten, 
sind  in  den  RevohilionssUlmien  in  olle  Winde  verweht!  Was  noeh  Obrigt  das 
zeigt  uns  zum  erstenmal  in  einem  Ucberbliek  dieses  Buch,  und  wir  freuen  uns, 
dass  doch  noch  so  Vieles  und  Wesentliches  erhalten  blieb.  Der  Verfasser  suchte 
durch  literarische  Studien  und  durch  Korrespondenzen  zu  erforschen,  wo  noch 
alte  Archive  oder  wenigstens  Bestandtheile  derselben  übrig  sein  Mnnten,  und 
obwohl  —  es  bezeichnet  das  recht  da.s  Leidwesen  vieler  deutscher  Archive  und 
«lie  Vorurtbfile  oder  Glficli^'ülti^fkeit  ihrer  Rcamten  —  sieben  Zwülftr!  .s<  i?i(  r  l»rief- 
lichen  Gesuche  unbeantwortet  blieben,  stellte  er  gleicliwohl  eine  Fuigereihe  von 
469  ArcbiToi  heraus. 

Dieselben  vertheilen  sich  auf  87  grSssere  Staatsanhive»  68  Afstliebe  oder 
Kantons-Archive,  171  städtische  Archive,  66  Ordens-  Stifts-  und  Kloster-Archive, 
26  Schloss-  und  Adels-Archive,  15  Archivo  von  kirchlichen  Behörden,  20  Archive 
von  Justiz-  und  Verwaltungsbehörden,  22  Archive  von  wistienschaftUchen  Instituten 
und  Vereinen. 

Es  sind  in  dem  Hand-  und  Adressbucb  zu  jedem  Archive  sein  jetziger  Titel, 
das  Gebilude,  worin  es  sich  beflndet,  die  Geschäftsstunden,  dann  sämmtliche 
Beamte  und  Angestellte  augezeigt,  —  femer  etwas  über  die  Organisation,  und 
insbesondere  die  Art  und  Weise  der  BenQtsung,  von  wem  die  Erlaobniss  daiu 
abhSngt,  ob  Versendung  von  Aichivalien  stattfindet,  —  dann  folgt  die  Idteratur 
Aber  das  Archiv,  und  welche  niiellenwerke  aii'^  ihm  hervorgegangen  sindt  ~ 
endlich  die  Beslandtbeiie,  aus  welchen  es  zusammengesetzt  ist. 


i^iyiu^cü  üy  Google 


Literaturi>ericht. 


317 


alm  IntercMe  der  Verwaltong,"  heisst  es,  „man  man  wAnachen,  dm  du 
gelehrte  PaUiJcum  einigermassen  mit  den  VerfaUtnisaen '  d«i  tu  beniilaenden 

Archiv?  Y.^rt rauf  sfi.  um  nicht  iirihfr^chtigte  Forderungen  oder  unerfüllharp  Hoff- 
nungen au  dasselbe  geknüpft  sehen  zu  mOssen.  Der  Maiig(>l  an  Örientirung 
pflegt  den  Archivvorstand  in  eine  xum  Theil  zeitraubende  Korrespondenz  zu  ver- 
wickeln, die  mit  Rfldnieht  anf  dfe  wichtigem  Geeehlfle  beaaw  nnterbläM.  Jeden- 
falls  rcduciren  sich  diese  Mühen,  wenn  wir  selbst  durrh  Begrfindung  eines  Or- 
ganes  dem  Bittenden  und  Suchenden  entgegenkommen  und  in  prÄciser  Weise 
feststellen,  was  wir  als  Vorstände  können  und  —  dürfen."  Welcher  Vorstand 
irgend  eine«  Idthafter  beeitehton  Arehivs  danlct  nicht  dem  Verheeer  fBr  diese 
Vereinfachung  des  Gescliäfl'^paii^'os! 

Derselbe  hatto  ^schon  llii'^'er  die  Idee  gefasst,  dass  die  Hebung  des  gesajimilen 
deutschen  Archivwesens  vun  einem  innig  wissenschaftlichen  Zusammen- 
wirken der  Mlttner  abhängt,  die  es  sieh  nr  LebensaufKahe  gestellt  haben,  an 
unsem  Taterlindisehen  Archiven  su  arbeiten.  Er  regte  ein  persönliches  Begegnen 
dpiit-rlior  Arrhivheamten  an,  «uul  wenn  «elbstvorständlich  liicfür  ein  l)estimmf»-i 
Programm  ilin  leitete,  und  ihm  die  mancherlei  Schäden  auf  deutscharchivalischem 
Gebiete  ziemlich  beliannt  sind:  so  fehlte  doch  immer  noch  dn  auf  amtlichen 
Quellen  mhendcs  Material,  mit  dessen  HOlfe  die  wahre  Lage  der  Dinge  in  cha- 
rakterisirpn  und  über  das,  was  Noth  thttt,  Vorachllge  SO  machen  waren."  Sein 
Buch  ist  eine  der  Vorarbeiten  dasn:  es  hcgittut  nnd  fördert  den  Bau  von 
unten  anf. 

Indem  man  aber  auch  die  Literatur  Aber  die  einseinen  Archive  und  die  Werke 

and  Sclirlfleii.  die  aus  ihnen  hervorgingen,  hier  beisammen  angezeigt  findet,  ist 
man  des  Umhertastens  und  Suchens  enthoben.  Burkhardt  denkt  hierin  allmählig 
so  weil  zu  gehen,  dass  er  die  gesaromte  historische  Läleratur,  die  mit  Hülfe  der 
deutschen  Archive  entstanden  ist,  in  das  Handbuch  aufndimen  will.  Ob  das 
aber  nicht  ein  zu  weit  gestecktes  Ziel  ist? 

Verpflichtet  uns  die«  alles  schon  7u  wJSrmstem  Dankf  '^'»'vfon  diMi  Vcrfa^er. 
so  kommt  nun  noch  hinzu,  dass  dieses  Buch  zuerst  dem  Geschicht^iforscher  wie 
dem  iUdiivbeamten  offen  legt,  wo  dia  Hange  der  einvetkibten  Archive  rtcekt. 
Bnrkhardt  hatte  sein  Buch  (Iberall  auf  die  sorgfUtlgsten  Naehweisongen  der  «in- 
veildbten  und  fremden  Arrhivlheile  berechnet,  allein  es  wurden  ihm  statt  dessen 
gar  hSnfig  von  den  Pi  aiiiten  nur  Archivsysteme  geboten,  welche  die  fremden 
Bestandtbeile  des  ursprünglichen  Archivs  nicht  erkennen  Hessen.  Mit  vollstem 
Rechte  sagt  er  aber:  »Die  deutsche  Geschichtsforschung  hat  durch  die  Terri- 
torialverändemngen  unendlich  viel  an  sichcrem  Boden  verloren,  und  es  gibt 
noch  heute  eine  ganze  Reihe  von  früher  selhststftndigen  Archiven,  welche  nun- 
mehr in  grösseren  aufgegangen  sind,  ohne  dass  wir  den  Aufbewahrungsort  fest- 
stellen können."  Hoffentlieh  wird  gerade  in  dieser  Besiehnng  dem  Handbndi 
die  Archivalische  Zeitschrift  reichlich  vorarbeiten,  indem  sie  nach  und  nach  die 
historisclifn  Bestandtbeile  deutscher  Archive,  dabei  auch  unbekannte  Samm- 
langen von  besonderem  Wertbe,  darlegt.  Burkhardt  aber  darf  mit  dem  Resultat 
sdner  allhindringuiden,  aussenmlentlidi  laXOmmm  ÜBehfefBcbung  wohl  m» 
Aieden  sein.  Ist  es  ihm  dodi  gehmgen,  gMch  im  ersten  Aalauf  nicht  weniger 
als  471  einverleibte  Archive  n.arh7i]woi<;f>n. 

Was  schliesslich  die  Form  und  Eintheilung  des  Buches  angeht,  so  ist  es 


318 


Literaturbericht. 


ein  wahres  Master  seiner  Art,  so  vollständig,  praktisch  geseheidt  und  wohl- 
geordnet, dass  man  überall  den  feinkunfligen  Arcliivbeamlen  merkt.  Das  Haupl- 
register  ist  das  Buch  selbst:  es  bringt  die  Archive  je  nach  Staaten  geordnet, 
Staaten  und  Archivorte  selbst  aber  nach  dem  Alphabet,  so  dass  man  ncfa  Incht 
zurechtihidet.  Hiesu  kommen  nun  drei  Nsch8eh]ag»*Register.  Das  erste  f&hrt» 
ebenfalls  nach  don  Alphabet,  die  einverleibten  Archive  neben  den  selbststSn« 
digen  auf.  und  weiset  an,  wo  darüber  im  Buche  Näheres  zu  finden.  Das  zweite 
Register  nennt  die  son^l  itn  Uuche  vurl^uiuuienUen  Orte,  Personen,  Sachen,  jedoch 
natflilich  mit  Amsehlnss  der  Literatur.  Hier  ist  z.  B.  angeseigt,  wo  sieh  An- 
hallff  und  Anslj;irher  Archivalien,  Kolmarer  Stadl>  und  v.  Berlfpsche  Familien- 
Urkunden,  Urkunden  zur  (Jeschichto  des  Bodensees,  und  Kölner  Stiflsarchivalien 
beßnden.  Das  dritte  Register  stellt  die  Namen  der  Archivbeaitzer,  überaufaiclits- 
und  AnthiVfaeamten  zusammen. 

HOge  nun  dieses  vortrefliiche  Hand-  und  Adressbuch,  —  dessen  Gebiet,  wie 
•leder  (,'ern  zugestehen  wird,  sich  so  weit  erstrecken  musste,  als  dir  deutsche 
Kulturboden  geht ,  und  de$<halb  künftig  auch  die  Niederlande  aulnehmen  wird, 
—  gefördert  und  getragen  von  der  Gesammtheit  deutscher  Archivare,  Geschieht»» 
forscher,  und  Staatsbeamten  sieh  von  Jahr  zu  Jahr  grosserer  Ausdehnung  erfreuen, 
bis  es  drei-  oder  fünfmal  so  stark,  als  jetst,  vor  uns  Hegt  und  alsdann  seine 
bedeutende  Aufgabe  vollständig  gelSst  hat  L» 

2.  Das  ArchiTwesen  in  Elsass-Lothringen  und  der 

Organismus  de.s  französischen  Departemental-  Commanal- 

und  Hosftttal-Arcliivwesens.  Mit  7  Beilagen.  Von  Dr.  Heinr. 
Pfannenschiuid,  Bczirksaichivar  des  Oberelsass.  Kd- 
mar  1875.   Lang  und  Hasch.   XVÜ  und  194  Seiten. 

Es  ist  Iceineswega  hKa6g  in  Deutschland,  dass  geschulte  und  denkende  Be- 
amte Aber  Archivwesen  sehreilwn.  Um  so  fireudiger  begrOssen  wir  ein  Wok. 
das,  wie  das  vorliegende,  gegründet  auf  ^rediegene  historische  und  vergleichende 

Studien,  so  viel  des  Belehrenden  und  Anrogcn<len  enthält.  ..Wie  es  beim  Hecht- 
sprecheu",  sagt  sein  Verfasser,  „nicht  die  Aufgabe  ist,  nach  dem  Wurtlaut  des 
Gesetxes  gleichsam  in  mechanischer  Weise  zu  urtheilen,  sondern  das  w^re  ma- 
teridle  Recht  zu  flndeni  so  ^<  Löi  t  auch  auf  dem  Gebiete  der  Vorwaltung  zur 
Ein-  und  .Ausführung  gesetzlicher  und  anderer  Bestimmungen  in  das  }>raktische 
Leben  wesentlich  jene  Kunst,  welche  nicht  dem  Buchstaben  nach  schablüneu- 
missif  verfährt;  sondern  den  materiellen  Bedflrfhissen  Rechnung  tragend  irgend 
einen  angemessenen  Ausgleich  zu  finden  weiss  zwischen  Forderung  und  erfflU* 
barer  Leistiui^'."  Der  kais.  Bezirksarcliivar  zu  Kulrnar  tmternahm  es  711m  ersten- 
mal, die  geschichtliche  Kntwicklung  des  Archivdiensles  in  Elsa.ss-Li)lliringen,  der 
zur  Zeit  noch  nach  französischer  Art  geführt  win^i.  Schritt  für  Schritt  darzu- 
stellen, indnn  er  als  konkretes  Beispiel  die  Entwicklung  des  jetzigen  Beiirks- 
archivs des  Oberelsas-s  in's  Auge  fasste. 

In  fünf  Kapiteln  zeichnet  er.  theils  aus  den  Verwaltungsakten  theils  ans  der 
flranzösischen  reichlichen  Verwaltuugsliteratur,  die  früheren  Administrativbehörden, 


LiteraturbehchU 


319 


dann  die  EnMefaany  und  datf  aDmahHge  Aiiwaeheen  der  DepartementsarehiTe, 

dann  die  Art  und  Weise  ihrer  Unterhaltung,  und  ihren  Charakter  in  rermögens« 
rechtlirtiir  TJraehimg.  Wir  erfahren,  welche  iin):p!ii'ure  Menge  von  Archivalien 
Kit  178^  aus  den  Registraturen  der  Behörden,  noch  mehr  aus  den  aogenannten 
Ihliaiwlgütern ,  den  CHttaam  der  reüglOMB  KlhpMnehtftea  und  dce  gtAflehteten 
Adeb,  und  um  den  Hospitilem  mMmiwngeraflt  and  tlieilwdn  Tenebleudert 
wurde.  Den  ZentialisationfigrundsAtzeii  des  mcMlemen  franzAsischen  Stnats  gemätt 
wurden  die  einKbien  Archivdepots  in  den  Departements  nur  als  Theile  des 
Nationalarchivs  tu  Paris,  nur  der  Staat  als  Eigenthümer  betrachtet  Lediglich 
im  Interesse  der  DmnlnenTerwaltang  moseten  denn  auch  die  Departamental- 
▼erwaltungen  die  Archive  von  eigenen  Beamten  besorgen  lassen,  und  das  Archiv- 
wesen fristete,  einem  elternlosen  Findling  vergleichbar,  den  Niemand  haben  will, 
sein  kümmerliches  Dasein,  das  sich  erst  in  den  letzten  36  Jahren  besserte.  Seit 
dem  Jehre  1881  kamen  noch  die  modernen  Prtfektur^Akten  hintu.  Am  ScUum 
seine  r  I  i  !  rsuchung  kommt  der  Verfasser  zu  dem  Resultat :  dass  die  der  Regierung 
dienemieii  Archive  zwar  Departements- oder  jotzl  Bezirksarchive  hei>-iii,  jeciorh  öfTi-nt- 
liches  und  unverjährbares  Eigenthum  des  Staats  sind,  obgleich  die  Departements 
die  Unterhaltungskosten  ahlen  munleii.  Es  enMuid  denus  ein  „merkwürdiges 
Verhältnis.«:,  an  dessen  Ordnung  der  Seharfirinn  der  franzfisischen  Regierungskunst 
sich  fast  erschöpft  hat.  In  He-icjjuiig  fast  unilberwindlicher  fchwieriglceifen.  in 
Konsequenz  der  genialen  Ausfülirung  klar  erkannter  Ziele,  in  der  ausserordent- 
lichen GescbickUchkeit  und  Geschmeidigkeit  l>ei  dem  Wechsel  verschiedener 
Regierungeeyeteroe,  namentlich  bei  den  dorehgefDhrten  sogenannten  Deeenttali- 
sationen,  dennoch,  unter  scheinbarer  Anbetpiemung  an  die  neui  n  Pi  incipien 
nichts  Wesentliches  von  dem  tnAliHam  gesrliafTenen  Organismus  aiilzugehen.  was 
zu  seinem  dauernden  Bestände  heilsam  und  unumgänglich  nothwendig  war,  hat 
die  ftanafieisefae  Arehirverwaltirag  AunerordentUches  geleistet,  das  in  Tielbcher 
Hinsicht  höchst  belehrend  ist.** 

Nach  diesen  grümlliclien  T'iiter-juchungen  folgt  der  HaupKheil  dfs  Werks, 
die  Darstellung  der  Einzelheiten  der  französischen  Organisation  sowohl  der  Depar- 
tements«, als  der  Gemeinde-  nnd  det  Hospitalarehive.  Hinsiehtlich  A«t  Axthäm  in 
Elease-Lothringen  werden  dabei  durchweg  di^enigen  Punkte  bezeichnet,  bei  denen 
eine  Aendening  unter  der  deutschen  Verwaltung  bereits  epfil^'t  i-t  oder  noch 
einzutreten  hat.  Ausser  andern  nützlichen  Beilagen  ist  eine  Uehersicht  des  In- 
halts der  drei  Bezirksarchire  ni  Kolmar  Strassburg  und  Metz,  ein  Schema  fflr 
die  Ordnung  historiseher  Arehivalien  in  den  Oemeindearchiven«  ein  Schema  Ittr 
die  Anordnung  in  den  Hnspitalnrchiveii  Iieigegeben.  Fflr  das  Reichslnnd  ist  da- 
durch  ein  vortrelTliches  Hand-  iiiiti  Naclischlagebuch  geschaflen,  welches  mit  Aus- 
schluss des  rein  Technischen  Alles  enthält,  was  sicli  auf  sein  Archivwesen  bezieht. 
Die  Beamten  der  Staats-  und  Gemeindererwaltong,  die  Mitglieder  der  Betirkstage 
und  des  Landesausschiisses.  endlieh  dieArchivbeafflteD  selbst  haben  alle  Ursache, 
dem  Verfasser  lebhaft  Dank  zu  sagen. 

FQr  uns  Andere  aber  diesseits  des  Rheins  liegt  eben  soviel  Vergnügen  als 
Belehnmg  darin,  den  feinen  ZOgoi  der  fransOsisehen  Staatskonst  m  folgen  nnd 
ra  sehen,  wie  geschickt  sie  flberall  die  Interessen  des  Staats  and  der  Wissen- 
schaft zu  handhaben  weiss.  Wenn  dabei  der  Ver?leich  mit  dem  Archivieren 
io  deutschen  Staaten  —  der  Verfasser  selbst  regt  wiederholt  diesen  Vergleich 


* 


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320 


Literatorberieht. 


an  —  zu  ihren  Ungunsten  ausfällt,  so  „mag  der  Hauptgrund  hiervon  theils  in  den 
früli'T  lit^solirSriktt'n  Geldmill<'Iii  ^"•!i';:eii  lialton,  wrlrli*'  zur  riitfrhalliini?  iler 
Archive  ausgeworfen  waren,  dereu  Werth  für  den  all^eineineu  VerwaUung^i^dicnst 
aus  Unbekanntschaft  mH  den  in  den  Archiven  berührenden  Bestftndeu  und  der 
LebUmgsAhigkeit  der  Archivare  seitens  da*  mittleren  Verwaltungsbeliflcdcn  inuner 
noch  niclif  pMuip  ^-fwürdi^'t  ist,  —  flitils  mag  er  in  dorn  Umstände  zu  finden 
sein,  dass  die  Direktion  sich  nicht  in  den  Händen  eines  fachmSssijj  pes<^huUen 
Arcbivbeamten  hefunden  hat.  Die  Leitung  eines  Fachmannes  inl  nach  alter  Er- 
fahrung, die  aueh  in  andern  technischen  Dienstsweigen,  s.  B.  in  dem  Bihliotheks- 
wesen  ^'etnaclil  worden  ist,  die  erste  Bedingung  zur  gedeihlii  hen  Entwicklung 
des  Archivwesons",  —  es  sei  denn,  setzen  wir  hinzu,  ein  entschieden  organisS' 
toriscbes  Talent  da,  das  sich  nüt  geduldigem  Fieiss  hineinarbeiten  will.  L, 

8.  Ueber  die  Ordnung  der  Urkunden  am  Archive  des 
steiermärkischen  landschaftlichen  Joanneum  in 
Graz.  Als  Mitlheilung  an  Freunde  dos  Arcliivwesens  von 
J.Zahn.  Graz  1867.  Leuschner  und  Lubensky.  37  Seiten. 

Die  Schrift  Inetet  —  abgesehen  von  dem  Gesammteinhlirke,  welchen  sie 
in  die  Ordnung  der  Urkunden  des  Archive«  des  Joanneums  zu  Graz  ermöglicht 
—  eine  Menge  beherzigenswerther  Winke,  namentlich  wo  es  auf  die  Befriedigung 
äer  praktischen  BedQrfliisae  kleinerer,  wie  insbesondere  neu  lu  ordnender  Archive 
ankommt.  Was  hierbei  gleich  vor  Allem  die  Hauptfrage  betrifft,  ob  nach  der 
Zeitfolge  der  Gesammtbeit  der  Urkunden  oder  in  anderer  Weise 
geordnet  werden  soll,  versteht  sich  von  selbst,  dass  die  besonderen  Verhältnisse 
eines  jeden' ArehiTes  hiefBr  massgebend  sein  mflssen.  So  wenig  ein  ArehiT, 
uelrlicn»  verschiedene  grössere  Ocb-r  klinnere  Urkundengruppen  einverleibt  wor- 
den, der-  n  Bestand  aus  bestimmten  Ornndcn  soweit  nur  immer  möglich  unbe- 
rührt erhalten  werden  soll,  an  eine  Ordnung  seines  ganzen  Urkundenscbatzcs 
in  rein  chrondogischer  Folge  denken  kann,  in  eben  so  hohem  Grade  mnas  sich 
diese  schon  ihrer  Einfkehheit  wegen  fQr  Archive  empfehlen,  deren  Urkunden 
einem  einheitlichen  Ganzen  entwachsen  sind,  mag  ihr  finfang  nur  ein  peringer. 
oder  mag  er  auch  ein  bedeutender  sein.  Je  künstlicher  man  sich  ein  System 
ausklOgelt,  desto  schwieriger  wird  die  Benützung,  desto  weniger  sind  die  Auf- 
gaben des  Areliives  gefürdert.  BetriCe  eine  Urkunde  wiiUicb  immer  nor  den 
Gepenstand,  unter  welchen  sie  hier  ein^'ereiht  ist.  so  wSrc  die  Sache  am  Ende 
ziemlich  gleichgiltig.  Wie  aber,  wetm  sie  ausserdem  noch  verschiedene  andere 
Bestimmungen  enthält,  die  dahin  und  dorthin  eint^chlagen ,  während  sie  seUist 
doch  nur  einmal  vorhanden  ist,  nur  einmal  da  oder  dort  gelagert  werden  kam? 

Was  sodann  die  von  S.  9— ll  behandelte  Aufbewahrung  beziehungs- 
weise T-agerung  der  Urkunden  betrifft,  in  verschliessbaren  Kistrhen  und 
KäüteQ,  wovon  erstere  in  die  letzteren  in  der  Weise  hmeiugeslellt  werden, 
dass  ihr  Deekel  sieb  gegen  die  KastenOflhung  kehrt  und  bei  der  Oeflbung  sieh 
herablegt,  so  vereinigt  sie  die  Sicherheit  mit  der  bequemen  Uebertra^Mrkeit,  nnd 
erleichtert  rasches  Fiii(!f'ii  mu\  Au«be!>tMi  iler  cin/i-Ine?!  Stflcke. 

Für  die  Ermöglichung  allseitiger  Benützl»arkeit  der  Urkunden  kommt  auf 
die  Regestirung  und  Registrirnng  ausieroirdentUdi  viel  an.  Die  Resoltate 


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Literatur  beriebt. 


321 


beider  bilden  zusammen  die  doppelten  Repertorien,  welche  an  jedon  Ardiiva 
bestehen  sollten,  das  eine  als  amtliches  Inventar  des  Urkundenschnlzns ,  dns 
andere  als  Index  dtt»  Urkundeninhaltes  für  wissende hafllicbe  vne  sonsU^'o  Be- 
nfltzung  nach  jeder  Richtung  desselben.  Es  mag  sich  wohl  fragen,  ob  nicht 
TO»  VmAumot  hier  nnd  dort  des  Goten  doch  gar  zu  viel  geschehon,  and  ob 
nicht  in  dieser  und  jener  Beziehung  auf  einfacherem  Wege  zu  Werk  gegangen 
werden  könnte  V  Jedenfalls  aber  verdient  es  in  vollstem  Masse  Dank ,  dass  in 
der  betreffendeu  Darstellung  ein  Hauptgewicht  auf  die  Ueigabc  von  Beispielen  aus 
dem  arehiralisehen  Apparate  des  Joanneums  gelegt  ist  R. 

4.  UeberSphragistik.  Beiträge  zum  Aufbau  der  Urkun- 
denwissenschaft von  Dr.  H.  Grotefend.  Breslau  1876. 
Max  und  Comp. 

Das  Sohriflclien  behandelt  in  drei  Absehnil  Icii  Hftrrifr  und  Hegrenzung  dieser 
Wiasenscbaft,  ihre  Terminologie  und  Technik,  endlich  die  SiegelOJschungen. 
Dnaaelbe  mflefate  fSr  den  Sphragistiker  aelbet  wenig  Neues  bieten,  mehr  fOr  die 
Dipiomatiker.  Mit  Recht  wird  hervorgehoben,  dass  gerade  diese  den  Siegeln 
bisher  treringe  Berücksichlij^ung  schenkten,  rnil  Ausnahme  von  Sickel  und  Slimiiif. 
Die  Siegellehre  selbst  aber  ist  zur  Zeil,  insbesondere  nach  den  Uohenlohc'scben 
Arbeiten,  wohl  niefat  nefar  bkwse  Gehfllfin  der  Diptomatik  m  nennen. 

Onheetiitlen  ist  der  sehr  ftthUnre  llniigd  nn  dner  gemdnsamen  Beieieh- 
nung  der  bei  den  Siegeln  vorkommenden  Erscheinungen,  »md  hier  will  der 
Verfasser  nun  helfend  einschreiten,  indem  er  eine  bestimmte  Reihenfolge  und  he- 
stimmte  Bezeichnungen  vorschlägL  Für  den  Anfang  möchten  seine  Vorschläge 
jedenhlls  genOgen.  Das  Hohoilehe'adie  System  ist  vielMeht  nicht  so  daatiseh, 
jedoch  nicht  bloss,  wie  audi  der  Verf.  zugibt,  vortrefriich  in  materidler  Bedräng, 
sondern  auch  durcii  praktische  Kürze  ausgezeichnet. 

bei  den  Arten  der  Siegelbefestigungeu  kommt  bei  (jrotefend  die  Bezeich- 
mmg*  »eing»hlngt«  we.  kh  gestehe  ehrKdi,  dass  ohne  die  auf  Seite  19  beflnd- 
Üche  Erliutening  ich  die  hierunter  gemeinte  Art  der  Befestigung  mir  nicht  klar 
zu  machen  vermocht  hätle.  Hier  dflrfle  dnfji  wohl  die  Uezeiehnung  »röckwflrts  auf 
Schlinge  gedrückt«  noch  eher  verständlich  sein.  Hinsichtlich  des  Befestigung»- 
materiaies  sind  acht  verschiedene  Arten  aufgefahrt  Um  diese  alle  genaa 
antersehelden  beeehrdben  und  verstehen  su  kflonen,  konnte  die  Beiaehong 
eines  Posamentiers  nOthig  werden.  Welcher  Unterschied  besteht  zwischen 
Schnur  und  geflochtener  Schnur?  Ol»  nlierhaupt  eine  solche  minulifw  Resohrei- 
iNing  nöthig  ist,  dürfte  um  so  mehr  fraglich  sein,  als  viele  dieser  Befesligungs- 
mittel  Wold  nur  sehr  -verdnaelt  fan  Gebnuiehe  waren.  Bei  ErOrterang  des 
Stoffes  der  Siegel  hat  der  Verfasser  der  seinerzeit  vom  Professor  Dr.  v.  Zahn 
geschilderten  »gemodelten«  Schflsseln  mit  dem  Anfügen  gedarbt,  dass  sie  in 
Norddeutschland  erst  später  und  weniger  formell  ausgebildet  vorkommen.  Ich 
kann  dem  anfQgen,  dass  sie  auch  in  Bayern  nur  sehr  selten  und  ebenfitlls  nicht 
so  SttsgabUdet  vorkommen.  Gelegentlich  der  Besdireihung  der  einzelnen  For* 
men  sagt  der  Verfasser,  dass  eiförmig  für  oval  zu  sagen  falsch  sei,  da  es  den 
Begriff  des  Eies  näher  lege,  als  die  vulgäre  Bezeichnung  oval.  Ist  da«  wirklich 
der  Fall?  Ob  die  Siegel  mehr  mler  weniger  dem  vollkommenen  Dreieck  gleich- 
AnhMHiahe  Setts^rUt  1.  31 


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322 


Uteraturberieht. 


komnit'n ,  ist  für  HciMldiki  r  wie  Diploinalikcr  wolil  /iemlirh  t,'k'icl)j,M"illi<,' ,  Wfun 
es  eitle  ullgonieiiie  llezi;iciiiiuii)f  (jilt,  uiid  dürt'lt.'u  desshaJb  uiibeüüigt  die  Fuiiueit 
unter  5,  7,  9  und  10  einfach  als  Draecksiegel  zu  beieiclmen  smo,  und  bei 
10  CM  genflgen  »gestOrlztcs«  Dreieck  zu  sa^n.  HinsiebUicb  der  Bewiefaniing 
der  B  csleni  pe  I  u ng  Iiiii  ic-li  mit  deiti  VerfasstT  vollslündig  einverstanden, 
den  allgeniein<-n  Ausdruck  »liruksic^'el«  zu  wählen,  bei  deu  Bezeichnungen 
der  Typen  nemil  der  Verfasser  die  im  Sie|$eifelde  vorkommendeu  Scliridea 
»Aubchriften«,  »Inecbrillen«  mOchle  ricbliger  sein.  Ob  die  weiter  vorgesehla- 
gene  Uezeiclinung  »links-  und  rcrhlsumc  für  links  und  rechts  jeden  Zweifel 
Ijeiiinuiil,  üherlasse  ich  der  Erwriguiig  Anderer.  Wenn  rdH-rhaupt  Siegeiahdrücke 
belegt  wurden,  geschah  es  in  der  Kegel  uiillelst  eines  Stückes  Papier:  ich 
meine  denbalb,  es  sei  die  Anftlbrung  des  Stoffes,  mit  dem  ein  Siegel  belegt  ist, 
nur  dann  nOtbig,  wenn  es  mit  anderem  Matcriule  als  I'apii  r  ^'t^t  lichen  ist.  Auf 
Seile  18  ln-i-st  vn:  »Die  Siepol  mit  l  i  o  f  I  i  e  ^'e  n  d  oui  Hücksiegel  nuVlile  ich 
alle  aU  der  Fäl!»chuiig  verdächtig  bezeichnen.«  Es  liesse  sich  ul)er  eine  gaiue 
Reibe  von  Bdegen  dafür  nur  im  Hflnefaener  ReiclisarebiTe  alldn  liefern,  dass 
vOnig  Uber  Jeden  Verdacht  der  FIbelning  eriiabene  Siegel  sehr  tieffiegende  RQcfc« 
s\c^p\  haben.  Von  S  i  e  o  1  fä  1  s  r  h  u  n  po  n  ,  die  ja  den  meisten  Foi-srhern  zur 
Genüge  bekannt  sind,  sei  hier  noch  eines  Heis|iielH  gedacht.  An  einer  Urkunde 
aus  dem  Jahre  1S83,  durch  welche  ein  Graf  von  Bugen  dem  Kloster  Windherg 
nattkilieh  ngend  eine  Vergabung  madit,  —  die  Urkunde  selbst  ist  auf  den  ersten 
]t1i(k  als  geflUsebt  zu  erkennen,  ~  hängt  ein  Münzsicgel  —  um  eines  alten 
Ausdruckes  mich  ausnahmsweise  zu  liedicnen:  der  Avers  ist  der  Zeit  entsprechend 
und  ächteu  Siegeln  der  G rufen  von  Bogen  entsprechend  Reitersiegel,  der  Kevös 
seigl  efaien  in  allem  Ueberfluase  noch  gestOrlzt  gravirten  Schild  aus  dem  Ende 
des  16«  Jahrfannderts  mit  dnem  Harktdegel.  P. 

5.  Aus  einigen  Slatllaichi ven  WestlaUns.  Ka'pb- 
tiii^«'  ;iiiilli(li('r  liisjH'klionon ,  auf  ViöIkmo  Veranlasst  in*.;  Vfi- 
ülTeiiirKliI  von  |{n<[er  Wilinaiis.  .Seile  (il —84  in  i'ick's 
Motialsschrift   für  rlieln.- wusKiU.  CJcscliichUiürächiing  und 


In  htVhsl  ilaiikeusweifher  Weise  Iheilt  hier  der  Direklur  des  kouiirlichen 
Staatsarchivs  zu  Münster  die  Wahruehmungeu  mit,  die  er  iu  den  Jahreu  1Ö72 
vnä  \^  in  \i  bedeutenderen  Stfldten  bei  Inspektion  ihrer  Arehive  machte.  Im 
Allgemeinen  braclite  er  keuie  befriedigenden  Eindrücke  von  diesen  Reisen  zurück. 
Namentlich  fanden  sieh  ilie  iTkuiiden  ülierall,  tiiir  Stje-.l  aiis^renominen ,  in  sehr 
verwahrlostem  Zustande.  Weil  die  städtischen  Archive  bisher  einer  ger^ellen 
Aufsicht  entbehrten,  ist  ein  nicht  unbedeutender  Theil  von  wichtigen  Dokum«!* 
ten  Tetschleppt  und  verloren.  Nur  in  den  seltensten  FUlen  duid  sieh  bei  den 
Mitgliedern  der  städtischen  Verwaltungskörpcr  ein  lebendiges  Interesse  für  Er- 
haltung der  schriniichoii  Denkmäler.  Also  aurh  in  Westfalen,  dem  Laude  der 
bistorischeu  Eichen,  zeigt  sich  in  den  Städten  dieselbe  Geringscbülzung  der 
alten  Uritunden  und  Schriften,  wie  »e  ans  Burkhardra  Hand-  und  Adrssdnieh 
für  die  mdsten  diemaligen  RdebasUdte  unschwer  horausailflsen.  Wibnans 


AHertliuniskundc.    1876,  1.— 3.  llefU 


Utecaturbericbt 


823 


«Ulrt:  es  man  für  die  städtischen  Arcliive  eine  technische  Behörde  |.'eik-liafTen 
wpr(!eti ,  lind  omiirirlilt  es  sich  daher,  *Vu'  Arnlsbefu^nisse  der  Vorstande  der 
Staatsarchive  zu  erweitern,  ihnen  die  unter  Leitung  der  Oberpräsidien  aii8zuüt>ende 
ObenuMcht  aber  die  sUdtiaehen  Aithive  ihres  Berirks,  sowie  das  Reeiit  su 
fliierlnfeii»  dk  sn  deren  Konsernruiig  und  Nutzbarmachung  nölhigen  Massregeln 
und  Anordnungen  treffen  m  dilrfcu.  Sflhstverstilndhcli  wilre  liierinit  eine  Aflere 
Inspizirung  verbunden,  sowie  die  zeitweise  Abforderung  von  Dokumenten,  die  zu 
publiziren,  niebt  auBgeschlos(>en.  Auch  mdssten  die  Ärchiworatände  Ardai  Sbi- 
tritl  itt  allen  ArcbiTen  und  reponiiten  Registraturen  der  Behörden  und  das  Recht 
halKfn ,  davon  Einsicht  zu  nehmen ,  daniit  historisch  Wichtiges  nicht  unwieder- 
bringlich verloren  gehe.  Weicher  Archivar  möchte  nicht  diesen  VorschlJlgen 
des  um  unsere  hüttoriachen  Denkmäler  hochverdienten  Verfassers,  deren  er 
aadi  «nf  sefaien  areUvaUsduo  Rdsen  in  WesUUen  sorgftltif  wieder  täm  Hen^e 
— lomaHo^  Miliaft  bsistiiDnien!  Ih 

6.  Ueber  deutsches  Archivwesen.  Seite  266  bis  2dl 
in  der  deutschen  Viertel jahrschrift.  1867,  Hcfl  3. 

7.  Ueber  Ordnung  und  Einrichtung  der  Archive 
von  Karl  Menzel.  Seite  225  bis  256  in  v.  Sylwl's  histo-  ' 
rischer  Zeitschritt.  1869,  Band  XXII. 

8.  Archive  und  ßibliothoken  in  Franlcreich  und 
Deutschland  von  II.  Baumgarten.  Seite  626  bis  654 
in  den  Preussiscben  Jahrbüchern.  1875,  Band  XXXVI. 

Drei  vortreffliche iJihandlungen,  die  wir  Jedna,  insbesondere  auch  angehenden 

Archivbeamten,  zum  Lesen  und  Wiedcrli  gcn  omjifchlpn.  Die  erste  —  vom  Vor- 
stand der  forstlich  Löwenstein-Wertheim'scheu  Archive,  Archivrath  Kaufmann  — 
tiigl  das  Hatto:  »War  ainArehiv  besitst,  sollte  stols  daranf  idn;  denn  wtf  efai 
ArehiT  bedtil,  hat  «ueh  eine  GeschiehtetC  giabt  eine  Menge  beiieirigenswerther 

Winke  iitul  Wiilirlieiten,  und  schOpfl  in  den  Noten  auch  Goldk?^rnchen  aus 
fleissigem  Durcharbeiten  der  älteren  Literatur  über  Archive.  Die  gediegene  Ab- 
handlung von  Menzel  lässt  erkennen,  vfie  sich  das  geschärfte  Auge  des  Historikers 
mit  der  praktisehen  Erfehrong  und  Rfldcsiehtnahme  des  Archivars  vereint:  man 
kannte  fast  jedes  Wort  unterschreiben.  Baumgarten  hat  eine  Gegenflherstellung 
der  französischen  und  deutschen  Leistungen  in  der  Ordnung  der  Archive  und 
VeröCTentlichung  ihrer  Kepertorien,  wobei  Deutäcliland  tief  in  Schatten  tritt, 
gllniend  dorehgefOhrt,  und  mit  tlbeneugender  Beredtsamkelt ,  mit  firiner  Wflr* 
digung  der  Sachlage  Stellt  er  dar»  daaa  endlich  den  reichsstfidtischen  Archiven 
geholfen  werden  muss  und  zwar  von  Reichswegen.  Alle  Drei  fassen  ihren 
Gegenstand  mit  einer  gewissen  edlen  Wärme,  die  wohlthuend  wirkt  nach  allen 
Seiten.  L. 


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I 

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324  Kleinei«  llitUieiluiig«ii. 


XII.    Kleinere  Mittheilungen. 

1.  Böcki'ache  Hamtnlung  von  Siegel-  und  Medailkn-AbgüsaeH,  Durch  Fün»orge 
dar  baden  Minlaterien  dM  Inneni  vaaA  Kultus  wurden  im  Laufe  dieses  Som- 
men  dem  kiBniglichen  allgemeinen  ReiehsanhiTe  InlfQnelien  sowohl  die  berahmle 

Sammlung  RrK-kl'scher  MetalKibpflsse ,  dif  witlipr  bei  der  kAnigrIichon  AkadcTuie 
der  bildeuden  Künste  sich  befand .  al.s  auch  die  Sammlung  von  Gipsformen 
übereignet,  welche  —  bisher  Privateigentbum  des  Chemikers  Herrn  Mdü  — 
Ton  diesem  vertragam&saig  an  dm  Staat  abzutreten  waren.  Vet  Metallabgdase, 
theib  von  Siegeln  theils  von  Medaillen  genommen,  sind  638  StQck.  Die  Siegd 
vertreten  fast  all»*  Länder,  alle  Stände  und  alle  Zeiten,  und  sind  namentlich  die 
Kaiütfrsiegcl  fast  vollständig  vorhanden.  Die  Gipsformen  —  4000  au  der  Zahl  — 
gehören  anm  Tbeil  sn  diesen  Abgflssen,  theib  sind  sie  nodi  gar  ideht  benfltCL 
Die  Fonnensaimulun^'  ist  namentlich  für  Künstler  und  Kunslgewerker  ein  wahrer 
Schatz,  während  ilie  Siegehibj-Mis.«'  mehr  den  Diplomatiker  und  Sphragistiker  an- 
ziehen, wobei  aber  auch  die  Künstler  nicht  leer  ausgehen.  Den  reichen  Samm- 
lungen des  Retehsarehives  ist  mit  diesen  zwei  Abtheihnigen  ein  neuer  Sehatz 
hihzugefOgt,  <Uwr  dessen  Gehalt  mid  Benfltiimg  imsen  Zeitsdirift  Niheres 

hitngen  wird.  P. 

2.  Bre^ilauer  ütmäsarclüp.  Dieses  bat  im  Oktober  sein  neues  Geb&ude  be- 
logen, und  soU  dessen  Einrichtung  noch  n&her  dargestdlt  werden. 

S.  Venommbmg  dtuttdkr  Arthivare.  Zar  Naehrieht!  Hehilhehen  An- 
fragen zu  genügen,  henarlirichtige  ich  die  Herren  Kollegen,  dass  die  in  Aus- 
sicht genommene  Versanunlung  deutlicher  Arcbivbeaniten  keineswegs  aufgegeben 
ist,  sondern  sich  in  dem  Stadium  der  Vorbereitung  befindet.  Weitere  Mit- 
theihmgen  Aber  die  Durehfllhrung  des  Planes  werden  fai  dieser  Zsltaebiift  folgen. 
Weimar,  den  «.  Juni  187C.  ür.  Burkhardt. 


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Zu  Seile   200  -  209. 


Archivgebäude. 


ErdgescTioss  des  Archivgebäude 

a  GeJtchlofstJUS  t  niw . 
Ä  Vesühul,  ( Cpmmunieu/limsrrtum  hiureh 

daa  Trtp/tfnÄaus  frl/uekut, 
c  Jhenenimnur  and.  ßoAbtnJfrti- . 
cL.  Treffe  <  clraarmt^J 

e.  Vorstandsummer 

f.  IhssageJt>oml'ftubtdnidiitlur<ftThürtn.     n.  Aufxü^f 

getrennt)  Tr^tnaui^tunf. 

g  ArheUsxünmrr  ßtr  J  BeamU  tmd    \  J„^„juf  auf  dm  Jhr 

ArchoJohenütxtr.      -  »  iit/n   C/oset  I 


h.  Jhhliothet,  ^im  Satnmer  qtifm  Jn*  Jrttii*wn 
mtrfff^iui-  nMkiifm/alls  iwrh  Raum 

fiirjrihwbfnütxrr.) 

i.  Kartm  -Jrrhio. 

l.  für  l'tmsiJtm 
m  Jrchivsaal . 


JfL  beiden  Oeschofse/L   330  cuhtnlr.  Raum  für  ArchmuUerv. 


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kj,  ,^  jd  by  Google 


Inhalt  de«  ersten  Uandes: 


1.  W.is  wir  l>i.tiii  uml  liitti-ii.    Vuiii  Ik-rausgebfi  ... 

II.  Vom  Beruf  uiist-rrr  Archiv«'  in  Jer  Goyt-nwart.   Vom  Mt-Mn 

III.  Diis  bayeri.s4^he  Art-hivwesen.    Vom  HenmsgelM'i" 

IV.  Di»»  rn'ii.i«ic  n  'ion  .!»>r  Slaalsarchiw  in  Ii.uuii,    \"n  ..  /.lim. 
V.  l'i !      \  :  ;  !  Eiiiriclitiiii;^'-'!!.    Viui  It 

VI.  Kl.  i>icht  «les  Illli:il!s  (l»?r  1 

VII.  Aus  sLIiIlischeii  .\rcliiwn  Allhayorus.  Von 
VIII.  L'.'licr  SrhreibfilulVL«  in  Bayern.    Von  Uiti-khui 

IX.  Eiiio  ilrhl«'  rrkinwlo  Kais»»r  Karl  lit  -  '»  i  • 
Kaiser  Arnulfs.    Von  Ilitzfn- 
\.  I'ragnicntaris4'hf  Knnnt'r'uig-n  >  • 
XI.  Literat iirbfrirlii 
.MI.  Ktcinorn  .Mitlli'-ili.i;;:.  i 


I{EPl-:iiTORIl'.AI 

t'.ir 

KüNSTAMSSENSrnAFT. 

FRANZ  SCHKSTAC. 

'  II  K   K.  < »(««fcrr.  Mii*' 

.  1  •  »l.ii  .u  • 

I      I    i-.  \ 

Gebiete  der  Kunstlilcratur  in  irgend  einer  Sprache  ' 

I'  ;  •••  il  '1    i"   i|i:i.  Ii  iMit!l.i!ti-li 
I'  ikI  .MiIIIpmI 

M_  v,,ri  •.  -  I 

D.lr  ..Iii 

l  i'iri<Mi  " 


ARCHIVALISCHE 


ZEITSCHRIFT. 


11J:H  AUSGEGEBEN 


V<IN 


FKANZ  VON  LÖHER, 

■  EliKlüCX  KATU,  BKiaDaHCHIT-PIKICroX,  VXtVBfliUTi're-PaOKCffliOH,  OBU.  UmiMD  DI  U 
AKAtlKNUN  DER  WIBüENüCHArTEX  IN  aCKClIKM.  ttKCKSlU.  1c 


II.  HAXli. 


STUTTGAirr. 
.LAG  V  si^KMA 
Um. 


t  ; 
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t  ; 

r  t 


Digitized  by  GüügU 


ABOHIYALISCHE 

ZEITSCHRIFT. 


HERAUSGEGEBEN 

VON 

D«-  FRANZ  vm  LÖHER. 

I.  BAVi«.  Bvoaun  ratb.  BUCBMitcHnr-omicroa.  innTiun-iT»rw»ri8MB,  oio.  motno  dik 
AZADUiin  DU  wnurocaArmi  »  amamMX.  beohu.  eta. 


II.  BAND. 


STUTTGART. 

VERLAG  VON  W.  SPEMAJS'K. 
1877. 


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Tiarrard  Colle)*«  Library 

H  anT  Co.:>M'ti..n 
B«iu7  LilUo  Plorce  Fuad 

ütij  f.  im. 


Dfa«k  von  OaMIder  Rrtaar  la  ttatlnart. 


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L    Zur  Orieotirutig. 


Vom  Herausgeber. 

Da>  loblmflo  Inicrcsso,  welches  der  Archivalisdicii  Zcitsclirif! 
In-i  An  iiivarcii  und  (Ics<  liiclitsfor?clicrn  und  Inn  und  wieder  auch  bei 
Beamten  enlgegoiikam,  und  die  Verbreilung,  welche  sie  in  Folge  dessen 
weit  über  Erwarten  geftanden,  dürften  wohl  beweisen,  dass  das 
Unternehmen  ein  zeitgemässes. 

Der  Archivar  hat  nirgends  in  die  Aktion  des  Staates  einzu- 
greifen; sein  nächster  Beruf  liegt  auch  nicht  im  Anbau  der  Wissen- 
schaft: er  soll  nur  die  alten  Schriftmassen  für  die  ESnen  wie  die 
Andern  Ixiwahrcn,  In  lichtvolle  Ordnung  bringen,  vorlegen  und  er- 
läutern. Mit  einem  Wort  —  zu  dienen  hat  das  Archiv  der  Verwaltung, 
dem  Rechlspro(  hcn,  der  Geschiclilsforschung.   Da  diese  drei  grossen 
Zwei^'o  der  (ilTi  ntliclion  Thatigkeit  ihre  vielartif!:cn  Gebiete  haben, 
so  darl'  der  Archivar  auf  ihnen  allen  nicht  «ran/  fremd  sein.  Wenig- 
stens muss  er  verstehen,  hei  (icliTrcnlicil  die  rechten  Ilülfsmittel  zu 
ergi-eifen  und  /u  lienut/.en,  um  sii  h  ra>ch  so  weil  7,u  orientiren,  dass  er 
die  Fragen,  auf  welche  es  aukoniml,  verstehe  und  seine  Akten  und 
Urkunden  in  Bezug  auf  diese  Fragen  weiss  sprechen  zu  lassen. 
Weil  dor  Arehivbeamte  nicht  seine  besondem  Gruppen  im  Ardiive, 
in  denen  allein  er  arbeiten  will,  auswählen  kann,  weil  insbesondere 
der  Vorstand  jedes  grosseren  Archivs  gar  mannigflUtigen  Anfor- 
derungen dienen  muss,  so  ist  es  kaum  anders  möglich,  als  dass  ein 
vielbeschäftigter  Archivar  sich  nachgerade  der  verrufenen  polyhisto- 
rischen Klasse  wenigstens  von  Weitem  nähert 

ArehlTallwhe  ZvItMhrift.  IL  1 


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2 


Löher: 


Wenngleich  nun  der  Archivar  der  Aecker  viele  bestellen  mass 
und  zwar  in  der  Regel  nur  zum  Theil,  wenngleich  Sämann  und 
Gärtner  erst  nach  ihm  kommen,  —  grünen  die  Saaten,  gedeiht  die 
Frucht,  so  freuet  es  ihn  doch  im  Hmen,  denn  etwas  Verdienst 
hatte  er  auch  dabei. 

So  soll  auch  unsere  Zeitschrift  Dienste  leisten,  eineri^oit^;  der 
Wissenschaft,  andererseits  den  politischen,  vermögensrechtlichen 
und  Faniilien-Iiilerossen,  indoni  sio  fllo  Wcj^o  weist  und  Ix^reitet  zu 
den  firrhivalischcii  Quellen.  T)a  sich  ahor  panz  von  selbst  die  Ilin- 
dcutung  daran  schliosst,  wie  und  wo/.u  der  arciiivahsrhc  StolT  zu 
verwertlien,  so  ist  damit  schon  ein  Anfhoil  an  der  praktischen,  wie 
der  wissonschafflichiMi  Wirksamkeit  frcpchc'n. 

In  diese  liichtung  fallt  nun  insbtsondere  der  Inhalt  vom  zueilen 
Bande  unserer  Zeitschrift 

Die  erste  Abhandlung  betrifft  A  rch  i  v  ben  ützu  ng  überhaupt  und 
sucht  einer  zarten  und  doch  etwas  domigen  Frage  näher  zu  treten, 
indem  die  eigenthümliche  Natur  von  Archivalien  und  was  noth- 
waldig  daraus  folgt  erörtert  wird.  Auf  den  dritten  Band  der 
Archivalischen  Zeitschrift,  da  der  erste  über  Oi^anisation  von  Archiven 
vielleicht  schon  zu  viel  braclile,  verscliirbcri  wir  eine  Darlegung  der 
Archivbenützuntrsweise  in  den  Nachbarländern  Deutschlands. 

Wir  srlilicssin  liirr  daran,  was  Leibniz  über  Einrichlunp 
und  Ansammlung  der  Archive»  anriofh.  Es  stimmt  das  im  Wes(>ul- 
üchen  mit  dem  nberein,  was  im  ersten  JJande  der  Zeitschrift  illier 
den  Ijeruf  unserer  Aniiive  jresagt  wui'de.  Soviel  auch  seit  jener 
Zeit  gebessert  worden,  noch  inuner  scheint  Leibniz  für  die  Gt^^'en- 
wart  geschrieben  zu  haben.  Lebte  er  noch  und  sähe,  wie  ausserordenl- 
lieb  Vieles  und  Treffliches  jetzt  an  Editionen  —  auch  das  gewünschte 
Urkundenbuch  der  Hohenzoliem  findet  sich  längst  darunter  —  und 
wie  noch  mehr  in  der  Geschichtsforschung  nach  jener  gründlich  und 
allseitig  erwagenden  Weise,  wie  er  sie  anbahnte,  geleistet  wird, 
gewiss,  sehr  freundlich  wurde  er  der  verdienstvollen  Menge  unserer 
rieschichls-  und  Urkunden  forscher  zunicken.  Wenn  Leibniz  aber 
heutzutage  in  unsere  Archive  hinein  träte,  so  würde  er  fast  aller 
Orten  bekhifren,  wie  viel  des  archivalisciien  Stoffs,  zu  dessen  Samni- 
liiii^'  er  mit  kln^'em  Wort  und  r>ei<piel  atire^'te,  seitdem  unwieder- 
bringlich veiloreri  ^'egangen,  und  geradiv.u  unbegreiflich  würde  es  ihm 
sein,  wie  trotz  jener  ^'lanzvollen  Menge  unserer  fJescIiichts-  und 
Urkunden  forscher  man  noch  lieulzulage  so  viel  werlhvolle  Arcbivalicn 


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Zar  OrienUrung. 


3 


rullig  der  Zerstroiiunpr  und  dom  Verderben  übcrlassl  und  sclion 
ganz  zufrieden  sclieint,  wenn  man  einmal  obenlün  daraut  aufmerk- 
sam gemacht  hat. 

Die  beiden  nächsten  Aufsätze  zeigen,  wie  zwei  Gruppen,  die 
in  den  Landesarchiven  einen  grOesem  Raum  einnehmen,  zu  Tei> 
wertben  sind. 

Der  Urbarien  ist  von  den  ältesten  Breviarien  und  Polyptichen 
bb  zn  vollständigen  und  wohlgeordneten  Zins-  Gült-  und  Dioast- 

rcgistern,  TToborollon,  Gutsinventaren,  Flurbüchern,  Stand-  und  Lager- 
büchern, Volksbeschreibungen  und  wie  immer  der  Name  sein  mag 
und  wozu  auch  theilweise  die  Lelienbücher  zu  rechnen ,  eine  lan^ire 
und  inanni^fralti;.'e  Reihe.    Ohne  Zweifel  giebt  es  ihrer  in  allen 
Archiven  nodi  eine  Menge  der  interessantesten  Art,  vnii  denen 
Kieniand  sonst  etwas  wei-s.    Für  die  ganze  Zeil  vom  zehnten  bis 
zum  Ende  des  zwöUlcn  Jahrhunderts  sind  nur  etwa  30  Stücke  ver- 
öffentlicht, und  mehrere  davon  müssen  erst,  namentlicli  was  ihre 
Entstebmigszeit  betrifft,  noch  gründlicher  untersuefat  werdeo.  Möge 
die  hier  gegebene  Anregung  und  Lehre,  üi  welcher  Weise  und  zu 
welchem  Zwecke  die  Urbarien  zu  veröffentlichen,  dazu  beitragen, 
dass  dieser  Archivaliengruppe  grössere  Aufoierksamkeit  zugewendet 
werde.   Erst  auf  der  Grundlage,  welche  die  Grundbucher  mit  ihren 
Zahlen  geben,  ist  eine  wirkliche  Geschichte  der  Volkswirthschaft 
möglieh,  diese  aber  ist  ebenfalls  »eine  Darlegung  des  Entwicklungs- 
ganges von  Ideen,  welche  ein  Volk  erzeugt  und  gehegt  und  in  seinen 
Einrichtungen  und  seinen  Thaten  zum  Ausdruck  gebracht  hat«.  Die 
Enlwickelung  aber  der  Grundherrschaf't ,  die  nur  aus  den  ril)ai  len 
möglich  ist,  giebt  auch  über  die  Anlange  des  städtischen  Lebens 
im  Mittelalter  reichlichen  Aufschluss. 

Im  Jvreisarclüv  fOi'  Oberbayern  berulit  eine  Folgereihe  von 
Hofrechnungen  aus  den  l^zten  drd  Jahrhunderten,  und  es  wird 
daran  em  Beiqtiel  gegeben,  wie  todte  Akten  lebendig  zu  machen. 
Denn  die  döiren  Zahlenreihen  erweisen  sich  für  die  veischiedensten 
Fragen  firuchtbar,  wenn  man  sie  nur  auf  sachkundigen  Wegen  be- 
iragen will. 

Die  beiden  folgenden  Abhandlungen  werden  ohne  Zweifel  an- 
regend wirken. 

Welcher  Archivar  und  Geschichtsforscher  halle  nicht  schon 
längst  nach  einem  vollständigen  und  /nvorlässigon  ITaridluich  der 
deutschen  Bischol'sreihen  verlangt!   Das  grosse  Verdienst  der 


4 


Loher: 


vorliegenden  Leistungen  ist  gewiss  hoch  zu  schützen.  Jedoch  an  einem 
hervorragenden  Beispiel  wird  hier  gezeigt,  wie  sehr  Kritik  noth  thut, 
tind  wo  bedurfte  man  Ubier  vielleicht  nicht  mehr?  Unerlässlich 
aber  ist  die  Benützung  sämmtlicher  in  den  Archiven  vorhandenen 
Urkunden  und  Eodizes,  die  noch  gar  nicht  oder  nicht  soigfUtig  edirl 
worden.  Wer  weiss  nun  besser  unter  all  solchen  Hülfsmittteln  Be- 
scheid, als  die  Archivbeamten  selbst?  Von  ihnen  wird  daher  mit 
Recht  eine  r>(<n ieili<:ung  un  tliescr  Auf;,'alx!  erwartet.  Nur  durdi  ge- 
meinsame Arbeil  lässt  sie  sich  in  /.ufriedehstellender  Weise  lösen. 
Die  Sache  hat  für  die  älteren  Zeiten  ihre  ganz  eigene  Dornen. 
»Habe  icli.'  so  schrei])!  uns  ein  Mitarbeiter,  »einmal  eine  kritische 
Schwicri^'kcit  überwumlcii  und  will  mich  dessen  freuen,  bei  dem 
nächsti  u  Schritte  werfen  sich  allsogleich  ein  Dutzend  neuer  über 
den  Weg.« 

Die  Archivalische  Zeitschrift  stellt  für  kritische  Beiträge  zu  den 
deutschen  Bischofereihen  gern  ihren  Raum  zu  Diensten,  und  wird 
bereits  im  nächsten  Bande  einen  Beitrag  liefern.  Das  Würzburger 
Bisthum  gehört  zu  den  geschichtlich  wichtigsten  in  Deutschland,  aber 
selbst  für  spatere  Zeiten  des  Mittdalters  giebt  es  dafür  keinen  zuver- 
Iftssigen  Bischofekatalog:  aus  Urkunden  und  Annalen  muss  er  erst 
hergestellt  werden.  Noch  schwieriger  ist  dies  Unternehmen  für  die 
früheren  Jahrhunderle.  Bis  zum  Jahr  1104  hat  aber  der  ICreis» 
archivar  für  tJnterfranken  und  AschalTenburg,  Dr.  Schäffier  zu 
Würzbur;.',  die  Biscliofsreiho  bereits  fest^^estellt. 

»Ii  c^'-c  s  t  (>n  müssti'ii  wir  von  allen  Histhümern  haben.« 
Mit  (licsiii  Wurti'ii  .loli.  Fiicdr.  Böhmers  werden  die  sach^'eniä.ssen 
Vorschlät^e  und  W  ünsche  auf  eine  llegestensauuulung  in  Bezug  des 
grössten  deulsclien  Bisthums  kundgegeben. 

Es  folgen  nun  zwei  Archivgeschichten,  .die  eine  von  einem 
Stadtarchhr,  die  andere  von  einem  Landesarchiv. 

Die  Bildung  des  städtischen  Archivs  zu  Köln  folgt  der  Ge- 
schichte dner  Stadt,  welche  auf  Deutschland,  namentlich  Niederdeutsch- 
land, in  jeder  rechts-  kultur-  und  handel^geschichtlichen  Richtung  den 
allorgrössien  Einfluss  üble.  Wir  sehen,  wie  sich  in  Köln  die  archivalischen 
Beslandtheile  nach  und  nach  ansetzten,  und  welche  Schicksale  das 
Archiv  erlitt,  mid  erhalten  dabei  Einblick  in  die  Prinzipien,  von 
denen  die  Ordnungsarbeiten  in  diesem  Archiv  in  verschiedenen  Jahr- 
hunderten geleitet  waren.  Trotz  aller  Sorj^lalt  für  Hereiclierung  und 
sichere  Aufbewahrung  konnte  sich  aber  selbst  in  der  vielbew^en 


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Zur  Orientinmg. 


5 


Hiu'instadl  der  Statllratli  nur  sehr  schwer  enlschliessen ,  eint  ti  Be- 
amten bloss  für  das  Archiv  anzustellen.  Wunderbar  genug  ist  jedoch 
das  Kölnische  Archiv  beinahe  ganz  erhalten,  und  hat  m  neuerer 
Zeit  noch  dnrch  Gruppen  Zuwachs  tiekommen,  die  ihm  ursprünglich 
fl«ind  waren.  Unter  ihnen  ist  die  wichtigste  das  Antweirpener  Archiv 
der  Hanse. 

Eui  ganz  anderes  Bild  bietet  uns  die  Geschichte  des  Archivs 
der  Rhein pfalz.  Dort  im  mächtigen  Köln  ein  einziger  bleibender 
Mittelpunkt,  hier  in  der  jetzigen  Rheinpfalz  44  Mittelpunkte  für 
Archivbildung.  Die  liebliche  Pfalz  war  ja  das  allerzerstückteste  Land 
im  dout-<  hi'ii  Reiche,  und  ist  ihro  rJrscliichto  ein  rechtes  Spiegelbild 
alles  deulsciien  Elends,  so  waren  auch  die  idVilzischen  Archive  den 
Irauiig-sten  Schlrksalen  unterworfen.  Das  Treiben  lier  tranzö^isi  iien 
Generale  und  Zivilk(Mnmissäre  tritt  uns  dabei  lebendig  vor  Anpon.  Nach 
Vertreibung  der  Franzosen  werden  endlich  die  Hoste  der  44  Archive 
zusammen  gebracht,  und  wir  erhalten  eine  bis  in's  Einzelnste  ge- 
zeichnete Sdiildorang  von  dem  Hergang  bei  Vertheihing  der  Archivalien 
und  dem  hartnackigen  Zurfickhalteo  der  Franzosen.  Hieran  schliesst 
sich  die  in  den  letzten  zehn  Jahren  methodisch  betriebene  Zufährung 
von  AichivlMstandtheilen,  die  theils  im  Lande  selbst,  noch  mehr 
aber  in  Nachbarstaaten  umhersteckten. 

Hoffentlich  findet  sein^  Zeit  das  rhein-pfalzisdie  Archiv  noch 
mehr  BereicheninL'  dorn  Metzer  Bezirksarchive  und  zwar  aus 
den  Akten  und  Urkunden  der  berüchtigten  Rounions- 
kammer  Lndwi?  XIV.  I  ieljcr  diese  höchst  wcrth volle  Sammlung, 
die  längst  verloren  ^'e^Haubl  wurde  und  aus  welcher  noch  andere 
Staaten  .schöpfen  können,  möge  hier  eine  .Miltlieilung  folgen. 

Als  ich  im  Juli  1807  die  französisclien  Gränzarchive  besuchte, 
um  nach  Archivalien  bayerischen  Interesses  zu  forschen,  fand  ich 
auch  in  Metz  bei  den  französischen  Behörden  die  zuvorkommendste 
Aufnahme.  Unter  Anderm  suchte  ich  hier  nach  Archivalien,  über 
welche  der  Zweibräcken*sche  Regierungsrath  Bachmann,  der  be- 
kannte Archivar,  emen  Bericht  aus  dem  Jahre  1755  hinterlassen 
hatte.  Man  hatte  in  ZweibrQeken  erfahren,  es  Ugen  zu  Metz  auf 
einem  grenier  des  palais  de  justice  wichtige  Zweibrücker  Akten,  die 
in  Kriegszeiten  durch  Raub  oder  Flüchtung  dorthin  gekommen. 
Bachmann  wurde  hingescliickt  und  fand  sie  in  zwei  grossen  Schränken, 
die  auf  dem  obersten  und  zwar  schlecht  verwahrten  Speicher  des 
Appellationsgerichis  standen.  Kings  umher  lagen  viele  alte  lothringische 


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6  Löber: 

Akten  in  Unordnung  auf  den  Tischen  und  auf  dem  Boden  umher. 
In  Hast  und  Eile,  da  er  sich  fortwährend  beobachtet  sah,  notirte 
Bachmann  sich  einige  Stücke.  Als  er  nun  si^b  darum  bemühete, 
sie  zu  bekommen,  wurde  es  ihm  rundweg  abgeschlagen.  Auch 

der  Zweibrückon'schc  Gesandte  in  Paris  konnte  nicht  das  Mindeste 
ausricliten.  Nicht  einmal  die  erbetenen  Abschriflefi  kamen  zu 
Stande. 

Als  ich  nun  in  Metz  nacli  jenen  Akten  und  Urkunden  fragte, 
die  vor  hundert  Jahren  sich  auf  dem  .histizspeicher  b'fariden,  hiess 
es  alli^'cuiein:  alles  sei  in  ih^r  Revolutionszeit  zu  (!run<io  jregangen, 
das  alle  i»alai.s  de  justice  selbst  niedergerissen.  Ich  hotitc,  wenigstens 
einige  interessante  Kudizes  und  Urkunden  müssten  doch  gerettet  sein, 
und  fragte  danach  im  Präfekturarchiv,  im  stftdtischen  Ardiiv,  und 
in  der  Stadtbibliothek,  die  eine  schöne  Sammlung  von  Handschriften 
besass.  Doch  die  Beamten  ▼ersicherten:  die  Schriftstücke,  die  ich 
ihnen  aus  Bachmann's  Aufzeichnungen  nennen  konnte,  seien  ihnen 
unhekannt,  und  ihre  Repertorien  Hessen  keine  Spur  davon  auffinden. 
Um  noch  ein  Uebriges  zu  thun,  bat  icli  den  Präfekturarchivar  Herrn 
Sauer,  mich  in's  Archiv  des  jetzigen  Appellationsgerichls  zu  filhren; 
denn  möp-lidier  Weise  waren  Akten  aus  dem  alten  Gebäude  dorlliin 
gekommen.  Ilerr  Sauer  hatte,  obgleich  mit  laufenden  Dieiistgeschäflen 
ulM'rhruift,  die  Güte,  mich  hinzuführen.  Da  wir  unten  niciits  fanden, 
alxr  erfuliren,  es  lägen  alte  Akten  auf  dem  Sjieicher,  so  erstiegen 
wir  diese  Höhe.    In  vier  grossen  Gelassen  standen  und  lagen  hier 
Akten  umher,  theüs  In  Gestellen,  theils  auf  dem  Boden,  mit  Staub 
Überzogen  und  in  wilder  Unordnung.  Bald  sah  ich,  dass  Gerichts- 
akten des  17.  und  18.  Jahrhunderts  darunter  waren,  die  ohne 
Zweifel  einst  zu  den  Akten  gehörten,  die  auf  dem  Grenier  des  ab- 
gerissenen Gebäudes  sich  befanden.  Hatte  man  diese  unbedeutenderen 
Akten  der  Aufbewahrung  werlh  gefunden,  so  war  das  gewiss  auch 
mit  den  werthvolleren   geschehen,  die  Bachmann  in  den  beiden 
Scliränken  g(>fundon.    Wo  aber  konnte  was  noch  übrig  war  seinV 
Niemand  wollte  von  einem  andern  Depot  alter  Akten  in  Metz,  als 
den  vier  geseiienen,  etwas  wissen. 

Wir  gingen  zum  Präfekturarchiv  zurück  und  ich  fragte,  ob  noch 
Akten  der  Keunionskammer  Ludwig  XIV.  vorhanden  seien?  Denn 
ich  meinte  mich  zu  mtmesUf  dass  man  in  Paris  damals  dem  Zwd- 
brücker  Gesandten  erwiedert  hatte:  die  verlangten  Dokumente  hätten 
zur  Registratur  der  Reunionskammer  gefaM.  Herrn  Sau»  warm 


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Zur  Orienüruiig. 


7 


Akten  der  Art  vorgekommen.  Noch  am  selben  Abend  wurde  ün 
Präfekturarchhr  eifrig  danadi  gesucht,  und  siehe  da,  es  fanden  sich 
nicht  nur  eine  grosse  Menge  Reunionsakten,  sondern  auch  in  vier 
Foliobänden  das  Rej)crtoriuni  wietler,  das  1698  von  Honorä  Gaille 
verfasst  war  und  die  Inschrift  hat :  »Inventairc  des  titres  appartenans 
au  roi  de  France  concernant  li'.s  ancion^;  evfVlir.s  de  Metz,  Toul, 
Verdun  et  autros  lioux,  qiii  avaicnt  ctc  remis  an  S'  Ravaulx,  I'ro- 
cureur  ^'«  titTal  en  la  dianibre  de  reiinion  ou  cliambrc  royalle  »'labile 
par  le  |iarlainent  de  Metz«.  Wenn  ich  nicht  irre,  ontliiclt  das  Re- 
pertorium  gegen  7000  Numnurn.  Davon  waren  aber  bedeutende 
Theile,  wie  die  Vermerke  zeigten,  1769  an  die  Kaiserin  Maria 
Theresia  ausliefert,  andere  auf  Befehl  des  Königs  aus  der  Samm- 
lung herausgezogen,  und  das  Ganze  bereits  sdir  dezunirt  Offenbar 
waren  dies  die  von  Bachmann  im  Jahr  1755  in  den  beiden  Schr&nken 
gesdienen  Akten.  Hin  und  wieder  schienen  sogar  die  Nummern 
der  von  ihm  bezeichneten  Liassen  mit  denen  des  Rept  rtoriums  zu 
stimmen.  Gewiss  wäre  es  sehr  zu  wünschen,  wenn  zu  näheren  Auf- 
schlüssen die  Arcliivalische  Zeitschrift  in  Stand  presci/.t  würde. 

Uollentlich  werden  am  ii  die  Zusagen,  wclclie  der  lu'daivtion  ge- 
macht sind,  sidi  bald  ertüllen,  und  wird  dieselbe  noth  mehr  Ge- 
schichten der  Bildung  und  Scliicksale  von  Archiven  bringen. 
Einem  jeden  zeichnet  seine  Eigenart  uucli  die  eigenthümliche  Dar- 
stellung seiner  Geschichte  vor.  Der  grosse  Nntzoi  aber,  welcher  allen 
folgenden  Beamten  des  Archivs  selbst  wie  den  Landesangehfirigen 
und  Oberhaupt  den  deutschen  Geschichtsforschern  durch  solche 
historisch-archivalische  Skizzen  erwächst,  liegt  reichlich  zu  Tage. 

Die  Reihe  der  Hitiheilungen,  was  an  archivaKschen  SiofTen 
hier  und  dort  vorhanden,  eröffnen  in  sehr  willkommener  Weise  zwei 
Sammlungen,  über  deren  Entstehung,  Inhalt,  und  Schicksale  sich 
ein  Gespinnst  von  allerlei  Sagen  und  (ieschichten  gebildet  hat. 

Uober  die  berühmte  und  berüchtigte  Bodmann-Ilabersche 
Sammlung  crhaltrn  wir  hier  zum  erstenmal  Licht.  Der  letzte 
Besitzer  hatte  sie  Jahrzehnte  lang  mit  Argusmigen  gehütet,  Niemand 
bekauj  Zutritt.  Vielleicht  mochte  ihn  aucli  die  herbe  Erfahrung 
bitter  stimmen,  dass  sich  bei  vaterländischen  Regierungen  nicht 
einmal  so  viel  Verständniss  von  dem  Werthe  der  Sammlung  fond, 
dass  man  den  Six)ttpreis  von  500  fl.,  sage  fünfhundert  Gulden,  da- 
ran wagen  wollte.  Von  edleren  patrk»tischen  Gesichtspunkten  ge- 
leitet liess  der  jetzige  Besitzer  auf  die  liberalste  Weise  von  dem 


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8 


LSher: 


Vorhandenen  Kennlniss  nehmen,  und  man  wird  staunen  über  den 
Umfang  und  die  Bedeutung  dieser  Schätze.  Leider,  so  sein  Inf  es, 
hat  ohcmals  ein  Sachkundiger  ^oratio  ächte  Stüclic  von  lioliera 
Allerthum  daraus  an  sich  prebradit.  Wo  mö^ron  diese  Urkunden 
und  Kodizes  jetzt  stecken?  Wolil  ril)ertrio})eii  hcis^l  (>>  in  rinoin 
Briefe  des  l^eiclisarchivsratlis  Kiellialxi-  vom  "JS.  Ik/.eiiibcr  IS'iU 
ballt  nach  iloihiiatni's  Tode:  »Ein  sehr  j;ul»  r  I H'kannlt'r  tles  Ohrr- 
konsistoriah'aths  Heinz  dahier,  u  clclier  früher  rium  r  unit  Trofrs-or 
in  Zweibrücken  war,  i^agle  mir,  duss  der  Selige  gegen  ilin  sich  ge 
äussert  hat,  dass  er  im  Besitz  von  fa^t  20,ÜÜ0  wichtigen  Original- 
urkunden sei,  wovon  noch  keine  gedruckt  sei,  und  hat  ihm  selbst 
6  Stfick  abgenötliigt,  welche  er  abzuschreiben  und  ihm  wieder  zu- 
rOckzugeben  heilig  versprach,  sein  Wort  aber  nicht  erfüllte.«') 
MOge  man  wenigstens  jetzt  strenge  Obacht  haben,  dass  nicht  das 
Geringste  mehr  aus  dieser  grossen  Sammlung  unsere  Geschichts- 
quellen verloren  gehe! 

Eine  wohlthuende  Beruhigung  ab(>r  liegt  darin,  dass  ein  deutscher 
Gelehrter,  wie  Codniann,  der  »bis  zum  letzten  Athemzug«  für 
deiilsiiie  (irs(  hi(  hie  in  ihrem  ganzen  l'mfang  samnirlle  und  arbeitele. 
hier  von  der  iSclimach  enllasfet  wird,  die  auf  .seinem  .Niunen  rubele. 
Auch  in  den  Aklen  (U'>  lieich.sarchivs  linden  sieh  Spuren,  wie  ganz 
versciiieden  dieser  Mann  schon  bei  Lebzeilen  beurlhiill  wurde.  Von 
Interesse  ist  ein  Bericht  von  iluii  über  die  nülteirheinisclien  Arcliivalieu, 
der  eine  Eriäutemng  bildet  zu  dem,  was  in  diesem  Bande  umercr 
Zeitschrift  bei  der  Geschichte  des  rheinpfälzischen  Archivs,  wo  auch 
Bodmann's  wieder  Erwähnung  geschieht,  darüber  gesagt  ist,  wie 
man  unter  den  Franzosen  und  nach  ihrem  Wegzug  die  Archivalien 
rein  historischen  Werthcs  behandelte.  Bodmann  schreibt  im  Juli  1814 
Folgendes : 

»1)  Das  grosse  Deparlenicntalarchiv  zu  Mainz  besitzt  äusserst 
wenig  an  interessanten  Urkunden,  und  ist  inil  allen  fleridiLsprotokollen, 
Gciueindsrechniui^ren,  Akten  u.  s.  w.  überladen.  Alle  Urkunden 
felilen  liist  gänzlich,  weil  sie  diu-eh  tlie  Triage  an  jene  auswärtige 
Fürsten  al)gegeben  worden,  in  deren  I.ändeni  die  abirelrelene  (Inier 
lagen,  und  weil  umgekehrt  jene  ungeheure  viele  alU'  Urkumleti, 
welche  die  auswärtigen  Fürsten  nach  Mainz  hällen  abzuliefern  ge- 
habt, von  dem  französischen  Gouvernement  gar  nicht  reklamirl 


*)  Aus  Akten  des  Retchsardiivs  in  Hänchen. 


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Zur  Orlen  liruiig. 


9 


wurden,  —  ja  sogar  da,  wo  sie  ihnen  wollten  zugesendet  werden, 
zur  ErsparuDg  der  Transpodkosten  vor  der  Hand  abgewiesen  wur- 
den. Dieses  war  der  Fall  mit  den  zu  Mergentheim  in  vielen  Eisten 
bereits  eingepackten  Urkunden  der  Mainzer  Gommende  des  teutscfaen 
Ordens,  Itmi  aller  Urkunden,  wdclir  d'w  vi»  !r  im  Departemente  ge- 
legenen Maltbeserordens-Gommenden  (Ueimbach  ausgenommen)  Joe- 
treffen. 

2)  Von  den  zalilreiclien  Main/.er  Sliltern  kam  das  Meiste  zum 
Archiv,  —  abtn*  auch  wiL'drr  davon,  weil  viele  tausend  Zentner  als 
unnütze  I*a|ii»'H'  und  Perjjamenle  an  Sj»e/.eri'ikrämer,  Leinisieder  elc. 
abgegeben  wurden,  aus  deren  Händen  ich  mit  Gelde  iiocli  iiiuatl» 
historiscli  Brauclibares  rettete. 

3)  Die  kUMeriichen  Archive  wurden  theils  gar  nicht,  tlieils  sehr 
schwach  eingeliefert;  das  Augenmerk  war  nur  auf  Rechnungen, 
Güter,  Kapitalien  und  laufende  Revenüen  gerichtet;  —  daher  alle 
Titres  primitifis  durchgehende  fehlen. 

4)  Das  domkapitlische  Archiv  zu  Aschaffenburg  enthält  alle 
erzstifliscben  Urkunden  von  A.  800  bis  1200  in  Reichs-,  Land-  u.  a. 
Gegenständen,  ist  noch  jranz  unl)enni/t.  ]\iH'hs\  reiclilialfig  und  eine 
walire  Fundgrube.  Nach  Mainz  wurde  davon  äusserst  weni^r  zurück- 
geschickt, da  das  Donikapiti  l  dieses  Archiv  noch  wirklich  uider  seiner 
eigenen  Gewahrsame  hat,  so  ist,  wenn  (\'^  nicht  bereits  niitor  Si^rel 
gele}.'t  worden  ist,  höchlich  zu  besorgen,  dass  es  aus  Leidenschan 
geplündert  und  zerstreut  werden  wird,  ich  bitte,  die  ileliörde  auf- 
merksam zu  machen. 

5)  Die  vielen  kurfürstlichen  mainz.  Archive,  als:  das  Reichs- 
das  grosse  Land-  das  Lehens-  das  Kammer-  das  Generalvikariats- 
das  Hofgerichls-  u.  a.  —  Nebst  den  damit  vereinten  bischöf.  worms. 
und  constant.,  item  der  fiberaus  vielen  alten  und  neuen  stiftischen 
und  klösterlichen  Archiven  sind  ein  wahres  Meer  für  Geschichts- 
und Alterthums-Kultur. 

Der  bei  weitem  grössto  Theil  dieser  schätzbaren  Archive  li^ 
bereits  viele  Jahre  lang  im  Keller  des  Schlosses  zu  Aschaffenburg; 
wird  nicht  zcilit,'  Rath  geschaHt,  so  geht  Alles  zu  Grunde. 

Nach  Mainz  wurden  meist  lauter  unbrauchbare  Papiere  und 
Akten,  ohne  alte  Urkunden  aus  diesen  Archiven  zurückgeschicket, 

6)  Keiner  der  T.  Fürsten  hat  vollstän<lig  ausgeliefert,  was  er 
zu  thiui  schuldig  war;  —  die  Archive  zu  Darmsladt,  Itstein,  Mann- 
heim, Heidelberg  elc.  besitzen  fast  noch  Alles  ungeschmälert.  Was 


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10 


Löher : 


auf  dem  linken  Rheinufer  davon  noch  übrig  war,  ist  inmiltelsl  zu 
Grund  gegangen,  z.  B.  die  Archive  von  Leiningen,  Rheingrafen;  die 
Abteiarehive  Schwabenheini  etc.  etc.  Doch  sind  in  Speier,  Worms  etc. 
noch  reichhaltige  Stadtarchive.  Das  reunions-Geschäft  der  zerstreuten 

Archive  dieses  eliernal,  Departements  würde  eine  eigene,  hiezu «er- 
nannte Commission  wolil  länger  als  Jahr  und  Tag  beschäftigen,  um 
die  sehlumpigo  franzns.  Triage  ZU  rektifiziren,  und  diese  gleichsam 
ab  ovo  wieder  anzufangen.« 

Ob  es  richtig,  was  Bodniann  über  den  hihail  des  As(  hallen- 
burger  Schlosskeliers  sagt,  —  in  wciclieni,  wie  es  in  (Mneni  aiidi-rn 
Berichte  von  ihm  hoisst,  all  diese  Archive  seil  sechszolm  Jahnii 
lageil,  —  lassen  wir  dahin  gestellt.  Gewiss  ist  aber,  dass  sowolil  das 
kurfuFstlid]  Mainzer  als  das  reichserzkanzler'sche  Archiv  nach  Wien 
kamen,  wo  sie  noch  jetzt  im  k.  k.  Haus-  Hof-  und  Staatsarchiv 
sich  befinden 

Der  bekannte  Göttinger  Professor  der  Diplomatik,  Gatterer, 
hatte  einen  sehr  reichen  Lehrapparat  an  Urkunden,  Schriftproben, 

Siegeln,  und  Aulographen  angesammelt,  welchen  der  Abt  von  St,  Ur- 
ban, ein  gebildeter  Mann,  für  2700  fl.  von  den  Erben  Galterer's 
ankaufte.  Als  nun  bei  Aulhebung  des  St.  Urbanklosters  dessen 
Bibliothek  mit  jenem  rikmidrnpchalze  an  den  Kanton  Luzern  kam, 
dachten  Er/ielmnfrsratli  uiul  lleiiiernngsrafh  sogleich  daran,  wie  sie 
die  reiche  Sammlung'  für  12.000  fl.  an  (las  britlische  Äluseum  ver- 
kaufen knmden,  um  mit  dem  Krl(")s  Staats.^clmlden  zu  tilgen.  So 
geschehen  im  Jahre  des  Heils  1850.  Zum  Glück  landen  die  Eng- 
länder und  Andere  den  Preis  zu  hoch,  die  Sammlung  blieb  in  der 
Schweiz,  und  wie  hoch  ihr  Werth  für  die  deutsche  Reichsgeschichte, 
namentlich  auch  fdr  die  Geschichte  der  Rheinpfalz  und  Rheinhessens, 
zu  schätzen,  zeigt  em  Blick  in  die  Reihen  wichtiger  Urkunden,  welche 
die  Sammlung  enthält,  die  jetzt  mit  dem  Staatsarchive  in  Luzern 
verdnigt  und  in  zuvorkommend»  Weise  jedem  wissenschafUidien 
Forscher  geöffhet  ist. 

Sehr  erwünscht  sind,  wie  hier  über  die  Archivo  zu  Konstanz, 
A 1 1  e  n  b  u  r  g  und  E  g  e  r ,  Mittheilungen  über  Einrichtung  und  Inhalt 
kleinerer  Archive,  die  selten  besucht  werden  und  daher  w'enig  be- 
kannt sind,  gleichwohl  so  häufig  Serien  von  Akten  und  Urkunden 
enthalten,  wie  man  sie  selbst  in  grösseren  Archiven  nicht  in  solcher 


')  Burkhardl  Hand-  und  Adrei^äbuch  der  deubclien  Archive  Seite  Ö6. 


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Zur  Orientirung. 


11 


Vollsländigki'il  antrilU.  Wir  haben  iiocli  oinij;o  ncitiapo  diosor  Art  im 
Pulle,  andere  sind  uns  zugtsaijl,  und  wir  richleii  an  unsere  Kollegen, 
die  solchen  Ardiiveii  vorstehen,  die  Bitte,  uns  mit  Mittheilungen  zu 
erfreuen.  Gerade  in  dieser  Beziehung  könnte  sich  die  Archlvallsche 
2Seitung  nach  mancher  Seite  hin  nätzUch  machen. 

Das  Geschlechterbuch  der  Haller  zu  Nürnberg  ist  ein 
Beispiel  von  Kodizes  Url^undengruppen  und  Aktenreihen,  wie  sie 
hundert-  und  tausendfach  noch  in  Deutschland  vorlianden  sind,  je- 
doch der  öffenllichen  Besprechung  bedürfen,  um  die  Aufmerksanikeil 
der  Gcschichlschreiber  Genealogen  und  Ileraldiker  auf  sich  zu  lenken. 

Die  grosse  und  in  ihrer  Art  einzige  Sammlun^r  von  Siegol- 
und  M  ed a  il  1  en  a bg  üs.sen  bildet  —  Dank  der  liberalen  Fürsorge 
des  k.  Kullusniinisteriums  —  eine  der  jüngsten  nereiclieruiigen  des 
bayerischen  Zeiitralarchivs.  Ihr  Werth  wurde  schon  jetzt  vielfach 
anerkannt,  intleni  lüi'  Lehr-  und  Saninielzwecke  Abgüsse  verlangt 
wurden,  welche  anzufertigen  ein  eigener  Formator  aufgestellt  ist 
Aber  auch  die  KflnsUer  würden  h&ufiga*  zum  grossen  Wappensaal 
des  Hünchener  Reichsarchi?s,  in  welchem  die  Sammhing  ihren  Platz 
fand,  pilgern,  wenn  sie  nur  einmal  wüssten,  wie  sehr  ihnen  die 
prächtigen  Siegel  und  Medaillen  helfen  können,  um  getreu  in  Stil 
und  Tracht  der  verschiedenen  Jahrhunderte  zu  arbdten. 

Eän  paar  kleinere  lehrreiche  Mitlheilungen ,  über  den  Breslauer 
Neubau,  und  über  dieMittel,  verblichene  Schriltzüge  wieiler  deutlich  zu 
machen,  werden  den  meisten  Lesern  der  Archivalischcn  Zeitschrift  nicht 
minder  willkoinnien  sein,  als  die  Fortsetzungen  der  Artikel  des  ersten 
Handes,  die  vielfache  Zustimmung  gelunden.  Unzweifelhaft  von  allen 
linsern  Beiträgen  zur  Archivalischcn  Zeitschrift  gefielen  am  meisten 
die  fragmentarischen  Erinnerungen  des  Nestors  der  deutschen  Archivare, 
der  mit  tapferem  Jünglingsherzen,  als  einer  der  Ersten,  des  Elsasses 
Rückkehr  zu  Deutschland  für  eine  historische  Nothwcndigkeit  erkannte, 
und  dessen  Feder  gleichen  Goldschein  aus  seinem  französischen  «rie 
aus  seinem  deutschen  Stil  schinunem  ISsst. 


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II.    Ueber  Verkaueu  bei  Archiv benützung. 


Vom  Herausgeber. 

Eines  Archivs  Urkunden  Kodizes  Amtsböcher  und  Aleten  sind, 
was  die  allgemeine  B^ützung  betrilR,  mit  g:edniGkteD  Werken  nicht 
in  VVrgleich  zu  sfellon.  Von  diesen,  selbst  wenn  sie  Inkunalieln 
sind,  giebt  es  doch  wenigstens  ein  paar  Exemplare.  Geht  eines  zu 
Grunde,  «o  ist  das  Buch  oder  Blatt  noch  nicht  aus  der  Welt:  es 
lasst  sich  durch  Abschriften  lierstellon,  uiul  um  so  treuer  herstellen, 
als  der  Druek  ja  selbst  nur  eine  Abschrift  war.  Gerade  das  Um- 
gekehrte ist  die  Regel  bei  Schriftwerken  und  Schriftstücken  der 
Archive.  Einzelne  Protokolle  VertrSge  und  Gerichtsurtel  aufgenom- 
men, sind  sie  sämmtlich  nur  einmal  vorlianden. 

Daraus  ergiebt  sich  fOr  sie  ein  elgenthflmlicher  Werth,  und  noth- 
wendiger  Weise  auch  eine  eigenthümliche  Art  der  Benützung. 

Wir  wollra,  um  das  klar  zu  machen,  an  ein  trauriges  Beispiel 
erinnern.  Etwa  um  das  Jahr  1170  hatte  eine  vielkundige  und 
liebenswürdige  Aobtissin  im  Elsass,  Herrade  von  Landsbei^,  mit 
Bienenlleiss  den  ])eston  Wissenshonig  ihrer  Zeit,  soweit  üterhaupt 
Damen  daian  (uschniark  finden  konnten,  cImmi  für  die  Damen  ihres 
Zeitalters:  in  o\n  Buch  zusammen  getragen  mid  mit  vielerlei  guten 
und  schlechten  Bildern  erläutert.  Das  kostbare  Buch  lag  in  der 
Stadtbibliothek  zu  Strassburg,  und  diese  war  im  Chor  der  Neuen  Kirche 
aufteilt.  Als  nun  siebenhundert  Jahre  später  die  Deutschen  gar 
vernehmlich  an  die  Thore  des  halbverwälschten  Strassburg  anklopften, 
beeilten  sich  die  Vorstände,  aawdtä  des  Strassburger  Landes-  oder 
Präfdcturaichivs  als  des  eigentlichen  Stadtarchivs,  ihre  historischen 


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Udler  Vertrauen  bei  ArchivbenäUung. 


13 


Schätze  TOT  den  Bomben  zu  sichern.  Dank  allein  ihrer  kundigen 
und  dfrigen  FSrsorge,  hdde  Archive  wurden  voUstindig  gerettet, 
wenn  audi  unter  mancherlei  sonderbaren  Gefehren.  Auch  der  Vor- 
stand der  Stadtbibliothek,  der  g^ien  achttausend  Manuskripte  zu 
Terwahren  hatte,  dachte  wohl  an  Bergung  derselben,  fand  aber, 
dass  der  Bürgermeister  sich  den  Kukuk  scheerte  um  die  alten  Bücher 
und  Handschriften.  Nun  hätte  der  Bibliothekar  dringend  bei  dem 
Stadlbauaiiito  anklopfen,  hätte  selbst  das  Vorzüglichste  in  die  Keller 
retten  sollen,  ja  er  konnte  die  Hauptsachen,  wenn  er  ihren  grossen 
Werth  kannte,  unter  dem  Arme  forttragen.  Nichts  geschah,  und 
das  Unglück  wollte,  dass  gerade  die  Sladtbibliolliek  eines  der  ersten 
Opfer  der  Beschiessurig  werden  sollte.  An  einem  Montag  war  diese 
angekündigt,  in  der  Dienstagnaciit  nahm  sie  den  Anfang,  und  schon  in 
der  nächsten  Mittemacht,  als  man  in  Strassburg  noch  immer  glaubte, 
es  sei  wohl  nicht  so  sdilhnm  gemeint  mit  dem  Bombardement,  M 
das  zündende  Brandgeschoss  auf  die  Neue  Kirche,  und  in  einem 
Augenbüdc  stand  das  ganze  Gebäude  von  ohm  bis  unten  m  Flam- 
men. An  Rettung  war  jetzt  nicht  mehr  zu  denkra,  und  nach  ehi 
paar  Stunden  war  von  den  achttausend  handschriftlichmi  VITerken 
nichts  als  Asche  und  Kohle  übrig '). 

Auch  das  kostbare  Manuskript  der  Heriadc  war  für  immer 
verloren  gegangen.  Dieser  Verlust  ist  niiersel/.lich,  aber  nicht  bloss 
das,  er  macht  sich  auch  in  jedem  Jahrzehnt  emplindlich  geltend,  und 
noch  nach  mehreren  hundert  Jahren  wird  man  das  Fehlen  dieses 
Kodex  als  einen  wirklichen  Mangel  wahrnehmen.  Jedermann,  der 
bezüglich  der  Kullui^escliichte  des  zwölften  Jalirhuiiderts  sich  auf 
eigene  Studien  verlassen  will,  möchte  den  Kodex  von  innen  und 
aussen  sähst  besichtigen,  und  hätte  vielleicht  ans  dem  Schriftcharakter 
und  aus  dem  Linienzug  der  Abbildungen  eine  besondere  Anregung 
emp&ngen.  Denn  bei  längerer  Betrachtung  solcher  Schriftwerke, 
die  aus  entlegenoi  Jahrhundarten  herstammen,  regt  sich  ja  darin 
etwas  wie  geheimes  Leben,  das  mit  den  Gesichtszägen  jener  Zeit 
aus  ihrer  Handschrift  hervorblickt.  Eine  ganz  getreue  und  ganz 
vollständige  Faksimilirnng  hätte  uns  das  Buch  der  ]( hi  reichen  Aeb- 
tissin  vielleicht  ersetzen  können,  und  dennoch  wünle  die  sorgfältigste 
Nachbildung  immer  noch  g^nüber  dem  alterthümUchen  Reiz  des 


')  F.  \ .  L  n  Ii  er  Aus  Nalur  und  Geschichte  von  Elsass-Lothringoi.  Leipzig  1871. 
Seite  96  und  9Ü. 


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14 


Loher: 


Originals  etwa  den  Werth  haben,  welchen  eine  photographlrte 
Unterschrift  für  einen  Autographoisaminler  statt  ursprfinglichen 
Handschrift  besitzt. 

Nun  hat  jodos  grosse  Archiv  und  jede  alto  Bibliothek  wohl 
Cinidien  dieser  Art ,  und  alle  andern  Archivalien ,  w  emi  sie  sich 
auch  an  "Wicht ii^'kejt  nicht  entfernt  damit  messen  können,  nehmen 
doch  an  Natur  und  Eigenschaft  jorier  Kleinode  Theil. 

Weil  sie  überliaupt  nui'  einmal  vorhanden  sind,  so  liegt  darin 
sclion  ein  Werth,  welchen  der  Eine  höher,  der  Andere  niedriger 
schätzt.  Jedes  Stüde  ist  auch  ein  Aulograph,  sei  es  einer  bestimmten 
Persönlichkeit  oder  seines  Zeitalters  überhaupt.  Doch  das  sind 
Nebensachen.  Es  erscheinen  aber  die  Archivalien  auch  für  Staat,  Ge- 
meinden und  andere  Genossenschaften,  für  Familien  und  Private  als 
die  einzigen  s(  hrifUidien  Zeugen  und  Behelfe  für  vermögensrechtliche 
und  sonstige  Interessen.  Jede  spätere  Regierung,  jedes  nachfolgende 
Geschlecht  muss  immer  wieder  darauf  SEUrück  greifen  können.  Je 
weiter  sodann  sich  die  Menschenalter  von  der  Entstehungszeit  dieser 
Archivalicn  entfernen,  um  so  mehr  verringert  sich  zwar  ihre  prak- 
tische IJodculung,  desto  höher  aber  steigt  ihr  gescliichtlicher  Werth. 
Die  WisseMschafl  hat  ein  Recht  darauf,  dass  diese  Schriften  un- 
zorstört  und  unvertalscht  den  folgenden  Jahrhundcrtini  l>c\vahrt 
bleiben.  Manche  Forscher  meinen  zwar,  wenn  sie  einmal  gewisse 
Seri^i  von  Akten  und  Urkunden  durcligearbeitet  hätten,  so  sei 
deren  Werth  in  der  Ifouptsachc  erschöpft,  der  Gehalt  sei  ja  jetzt  in 
Bfichern  niedergelegt  Allein  müssen  die  Dokumente  nicht  noch  be- 
ständig da  sein,  um  die  Richtigkeit  und  Vollständigkeit  dessen  zu 
pröfen,  was  ein  Gesduchtsforsdier  herausgezogen  hat?  Wie  oft 
wird  erst  später  die  richtige  Lesart  entdeckt!  Sattsam  liegen  Be- 
weise vor,  dass  gleich  geseheidte  und  gleich  sorgtültige  Forscher  aus 
ganz  denselben  Akten  und  Korrespondenzen  nicht  nur  die  Gründe 
eines  Hergangs,  sondern  auch  die  Ereignisse  selbst  ganz  verschieden 
herauslasen. 

Der  Archivar  niuss  also  handschriftliche  Werke  und  Stücke, 
wenn  sie  überhaupt  einen  Platz  im  Archive  verdienen,  nun  aucli  in 
ihrer  vollen  Integrität  bewahren.  Sie  dürfen  weder  verdorben,  zer- 
rissen odw  besclunutzl,  noch  besclirieben  oder  durch  einen  Strich 
gefälscht  werden. 

Die  dne  Art  der  Archivboiützung,  die  dnzige,  weidie  man 
früher  zuliess,  lautete  in  loco  archivi  ooram  archivario.  Allerdings 


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üdter  Verinuen  bei  ArehiTbenflUunf. 


15 


bietet  sie  am  meisten  Garantie,  und  Viele  meinen,  da  sei  Icein  Miss- 
branch  mO|^ich:  der  Arcbivbeamte  kOnne  ja  selbst  darauf  achten, 
dass  den  Scliriflstücken  nichts  Uebles  widerfatire.  Allein  abgesehen 
davon,  dass  mit  dem  Misstrauen,  selbst  wenn  das  Ami  es  7.ut 
Pflicht  macht,  sich  stets  eine  widrige  Empfiruhm^'  verbindet,  bleibt 
immer  noch  ein  guter  Tlieil  Vertranens  nöthip,  das  man  wohl  oder 
übel  dem  Archivbesnclier  schenken  mnss.  Wer  mö(  hte  das  un- 
angenehme Amt  ausführen,  einem  anerkannten  Geschichtsforscher 
oder  einem  ehrenhaften  Mann,  der  nach  Famihennoti/.en  fijisclit. 
oder  einem  Heraldiker  oder  Sliagistiker ,  der  Siegel  auf  Siegel  ver- 
langt, bei  ihrer  Arbeit  sorgfältig  auf  die  Finger  zu  sehen!  Wie 
leicht  werden  alte  halb  schon  zerfallende  Scbriftstticke  noch  mehr 
zerstört,  oder  Urkunden  unsanft  hingelegt,  so  dass  die  alten  brOdiigen 
Siegel  noch  mehr  leiden,  oder  lose  AktenstQcke  unter  einander  ge- 
mengt, daas  man  sie  nur  mit  Muhe  und  Zeitverlust  wieder  in  die 
richtige  Folgereihe  bringen  kann! 

Die  Vorsieht  rath,  alle  Schriftstücke,  ehe  sie  dem  Benützer  über- 
geben werden,  wohl  durchzusehen,  —  Akten  mögli<hsf  zu  heften 
und  zu  paginiren,  —  die  Archivalien  nur  in  wohl  übersehbaren 
Partien  voi7nle(.'en,  —  die  Benützer  auf  Defekte  aufmerksam  ZU 
maehen  uinl  /.u  iK'hiitsamem  (lebrauch  zu  mahnen. 

Allein  grosse  Archive  spotten  aller  solcher  N'orsii  lilsmassregeln, 
Wtnn  der  Andrang  von  Forschern  sich  veriiietirt,  wvim  man  nicht 
rasch  genug  die  gewünschten  Archivalien  in  den  Sälen  zusauujien- 
suchen  und  herbeischleppen  kann,  warn  die  Menge  laufender  Dienst- 
gescfaftfte  keinm  Au&chub  leidet.  Da  verUetet  es  sich  von  selbst, 
vor  der  Uebergabe  und  bei  der  ZurOcknahme  all  die  vielen  Schrift- 
stficko  und  jedes  dnzeln  genau  durchzusehen.  Wird  dann  später 
ehi  Maugel  entdeckt,  so  ist  in  der  Regel  der  Nachweis,  dass  er 
einem  bestimmten  ArchivbenQtzer  zur  Last  fiUlt,  unmöglich. 

Archivbenülzung  ist  und  bleibt  Vertrauenssache.  Die 
Haupfgewähr,  dass  dem  Archiv  und  der  Wissenschaft  kein  Verlust 
und  den  Archivbeamten  nicht  Aerger  und  Unannelmilichkeit  er- 
wachse, liegt  in  der  Ehrenhaftigkeit  und  Sorgfalt  der  Archivbenützer 
selbst.  Der  Archivar  mö^'e  deshali)  bei  l'jibekannten  erst  genau 
sich  nach  Charakter  und  Zweck  erkundigten ,  und  giebt  eins  oder 
das  andere  nur  entfernt  Anlass  zu  Ar^'woliii,  so  ist  das  Beste, 
Jenen  nur  ein  Stück  nach  dem  andern  anzuvertrauen,  so  dass  man 
jedes  bequem  vorher  und  nachher  durchprüfen  kann. 


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16 


LAher: 


FOr  die  bayerischen  Landesarchive  smd  folgende  Vorscluiften 
in  Uebung: 

Die  umsichtigste  Wfirdigung  erheischt  die  Frage  nach  der 
Persönlichkeit  des  Archivbenützers.  Wo  es  steh  irgend  um 
wissenschaftliche,  oder  auch  nur  —  die  blosse  Befriedigung 
der  Neugier  oder  Eitelkeit  ausgesehlossen  —  um  eine  genea- 
logische Forschung  handelt,  da  ist  jeder  k.  Archivbeanile  ver* 
pflichtet,  alle  sachdienlichen  Arciiivalicn  nicht  bloss  durch  Stu- 
dien der  Hoj>ortorien,  sondern  auch  durch  RcLherchon  am 
Fache  sclljst  hervor  zu  suchen  und  dem  Archivbenüt/.or  in  liberal- 
ster Weise  vorzulegen,  seiner  Forschung  mil  Hatli  und  Thal 
zur  1  hind  zu  gehen,  sich  dabei  keine  Mühe  und  Zeit  verdriessen 
zu  lassen. 

Je  nach  den  Z\ve<  ken  und  der  Persönlichkeit  des  Forschers 
ist  zu  ermessen,  in  welcher  Ausddmung  sein  Gesuch  anzu- 
nehmen. In  der  Regel  aber  ist  darauf  zu  halten,  dass  das 
Gesuch  sich  auf  eine  durch  Inhalt  oder  Entstdiungszdt  be- 
stimmte und  beschrfinkte  Gruppe  von  ArchiTalien  erstreckt, 
nach  deren  Durcharbeitung  ein  neues  Gesuch  erforderlich,  und 
dass  von  den  k.  Archivbeamlen  nicht  ein  Mitarbeiten  in  den 
betreiTenden  Archivalien  zum  Besten  des  ArchivhenQtzers  ge- 
währt werde. 

Personen  dagegen,  deren  Charakter  nach  vorliegenden  Tliat- 
sachen  oder  Erfahrungen  für  die  Inti  ;,'!  liät  der  /.wr  Kinsiciil 
erbetenen  Archivalien  die  nrilhigc  (iaianfif  nicht  bieti  l.  müssen 
unnachsichtlich  von  der  Benützung  aus;_'c.sclilossen,  be/icliungs- 
wcise  der  sorgfTdtigsten  Ueberwachung  unterslellt,  und  bei 
Walirnehmungen,  die  irgendwie  Bedenken  erregen,  sofort  ent- 
fernt werden.  Jeder  k.  ÄrchiTlwamte  ist  verpflichtet,  in  dieser 
Beziehung  dasjenige,  was  ihm  etwa  zur  Kenntniss  gekommen, 
seinem  Vorstande  sofort  anzuvertrauen. 

Von  Erfolg  würde  es  sein,  wenn  jedes  Archiv,  an  welchem  • 
durch  das  Benehmen  von  Benützem  Unordnungen  herbeigeführt 

worden,  darüber  andern  Archiven,  welche  derselbe  Gast  wahr- 
scheinlich noch  besuchen  könnte,  Mitlheiluii^  machte.  PYdle  er- 
wiesen» Untreue  aber  sollten  ohne  Schonung  öffentlich  bekannt 

gemacht  werden. 

In  iitiherem  Masse  nehmrii  niejcnig^-n  das  Vertrauen   in  An- 
sprucii,  welciie  Akten  eins(.'heu  wollen,  die  ihrer  iNulur  puch  sich 


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Udler  Vertrauen  bei  ArehiTbenfitaiof  . 


17 


der  OefTentlichkeit  entziehen,  sei  es,  das>  fiir  Rffriernnpon  oder  Staats- 
bürger eine  politische  oder  vcrniögcn.srechtliclie  oder  konfessionelle  oder 
sittliche  oder  sonst  eine  Rücksicht  ernsterer  Art  es  als  wünschens- 
werth  erscheinen  lässt,  dass  nicht  Alles  preisgegeben  werde,  hn 
ersten  Bande  der  Archivalischen  Zeitschrift  wurden  Seite  64  bis  70 
solche  Fälle  nfiher  besprochen  und  hervorgehoben,  dass,  wo  es  sich 
um  wissenschaftliche  Fragen  handele,  man  möglichst  liberal  ver- 
&hren  und  alle  Weitläufigkeiten  abschneiden  soHe,  jedoch  berechtigte 
Interessen  zu  schützen  habe.  Reverse,  die  man  vom  Archivbenützer 
vor  der  Archivalienvorlage  unterschreiben  lässt,  oder  die  Durchsicht 
dessen,  was  er  aufgezeichnet  hat,  sind  Vorsichtsmassregeln,  die  ihren 
Zweck  leicht  verfehlen  können.  Die  Hauptsache  ist,  sich  zu  ver- 
gewissem, ob  der  Archivbenützer  eine  vertrauenswürdige  Person 
sei.  Wo  man  über  Letzteres  nicht  klar  und  gewiss  ist,  oder 
wo  der  Inhalt  gewisser  Archivalien  sich  nicht  für  die  Oeirentlich- 
kelt  eignet,  da  ist  es  des  Archivars  amtliche  Pflicht,  sie  zurück 
zu  halten. 

Es  kommt  wcdd  vor,  dass  für  irgend  einen  vagen  Zweck  gleich 
um  die  FVeiheit,  das  ganze  Archiv  beliebig  zu  benfitzen,  gebeten 
wird.  Solche  Gesuche  verrathra  in  der  Regel  Unbdumntsdiaft  mit 
archivalischen  Studioi,  und  der  Beamte  wie  der  Benfitzer  im  Archiv 
kommen  viel  rascher  zum  Ziel,  wenn  Letzterer  so  bestimmt  als 
möglich  bezeichnet,  worauf  seine  Absicht  geiit. 

Auch  mehren  sich  in  neuerer  Zeit  Gesuche,  das  Innere  des 
Archivs  ansehen,  oder  am  Fache  selbst  nachsuchen  zu  dürfen.  Eine 
nocli  voi  handene  Tafel,  welche  vor  dem  (Gewölbe  des  alten  Archivs 
zu  Stuttgart  auli^us teilt  war,  zeigte  folgende  Reime: 

Wenn  Da  IQr  klug  und  wds 

Gern  will  gehalten  sein. 
So  warte  in  der  Stub 
Und  gehe  nicht  hinein. 
Das  fflntliehe  Avdihr 

Ist  kein  gemeines  Hau», 
Was  Dil  von  NöÜieii  hast. 
Bringt  man  Dir  schon  heraus. 
Niemand  beschwerlich  sey, 

Zuwi  l,  r  rnicht  und  Ayd. 
Das  ist  .ior  Horrsrhnft  Will 
Und  endlicher  Bescheid. 

Anno  Domini  167S. 

AicUvallMto  ZsttMiwlll.  lt.  2 


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18 


L5her: 


Da>^clbo  wird  man  wohl  allor  Ortrn  niif  Anliegen  antworten, 
deren  Erlüllung  gar  U'ichl  kfinnto  unrin^^enelnue  Folfren  nach  sich 
ziehen,  jedenfalls  aber  den  Dieiisl  stciren  würde.  Etwas  Anderes  ist 
es,  den  Kollfj/en  von  einem  andern  Archiv  durch  die  Arcliivsäle  und 
Geschällszimmer  zu  füiiren,  um  ihm  alle  Einrichtungen  zu  zeigen. 
Dies  zu  thun,  wird  wohl  kein  Archivar  in  Deutschland  Ocstreich  der 
Schweiz  und  den  Niederlanden  sich  sträuben,  es  sei  denn,  dass  in 
ganz  besondem  AusnahmsßUlen  die  Vorsiebt  davon  abmahne. 

Noch  in  anderer  Beziehung  muss  volles  Vertrauen  zwischen 
Archivar  und  Benfitzer  Statt  finden.  Der  Archivar  muss  vernchert 
sein,  dass  nie  und  unter  keinen  Umständen  der  Benutzer  etwas 
NachtheiUges  über  die  innere  Ordnung  im  Archive  und  dessen  Reper- 
torien-  und  Regestenwesen  veröffentliche,  es  sei  denn,  dass  ein  Archiv 
durch  offenbare  Fahrlässigkeit  in  Unordnung  bleibe  oder  gerathe.  Der- 
gleichen kann  (jfrenllich  gerügt  werden.   Auch  mag  ein  Benützer,  der 
sich  auf  Rege>ten  und  Verzeichnisse  im  Archive  verläset  und  dadurch 
irre  geführt  wird,  sich  damit  entschuldigen.  Im  Uebrigcn  aber  wird  die 
Anklage  fast  jedesmal  für  einen  Archivbeamten  unverdiente  Kränkung, 
für  spätere  Archivlienützer  grössm  Vorsicht  und  damit  Zögerung  in  der 
Bedienung  herbdfähren.  Es  ist  nämlich  bei  jedem  grösseren  Archiv 
geradezu  unmöglich,  dass  der  Archivfremde  nicht  in  seinem  UrUieil 
fehlgreife.  Erst  wenn  er  selbst  Jahre  lang  als  Beamter  in  diesem 
Archiv  gearbeitet,  wenn  er  dabei  den  kufenden  Dienst  wie  den 
ganzen  Inhalt  der  Säle  h:\ttc  kennen  gelernt,  wenn  er  daho'i  alle 
Bej>erforien  durchstudirt  und  vergliclien  iiätte,  erst  dann  würde  ihm 
die  volle  Einsicht  über  dio  Entstehung  und  das  System  der  Lagerung 
und  Ordnung  der  (iruppcn  und  Serien  aufgehen.    Erst  dann  würde 
er  wissen,  warum  man  die  eine  früher,  die  andere  später  b«virbeiten 
musste,  —  warum  bei  diT  einen  die  Repertorisirung  auf  den  ersten 
Stufen  hat  sti  hen  bleiben  und  wieder  bei  andern  Gruppen  hat  gründ- 
lich durchgeführt  werden  können,  —  warum  man  gewisse  Partien 
in  der  Art  und  Weise,  wie  sie  einmal  von  Alters  her  überliefert 
sind,  beisammen  lassen  muss,  selbst  wenn  sie  nicht  streng  richtig 
ist,  —  ob  früheren  oder  späteren  Archivaren  oder  Archivbenfitzem 
zur  Last  fällt,  dass  sich  em  Schriflstfick  in  den  unrichtigen  Faszikel 
verirrt  hat,  und  dergleichen  mehr.   Jeder  Archiworstand  wird  gern 
und  dankbar  die  Ansichten  eines  Archivbenützers,  der  eine  Serie 
Akten  und  Urkunden  näher  durchgearkitet  hat,  über  Mängel  und 
Vorzüge  in  deren  Repertorisirung  und  Kegestirung  anhören  und 


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üeber  Vertrauen  hd  AnhiirtMiifltaaDg. 


19 


wördigen:  tritt  der  Aichi^fremde  aber  ohne  Ermächtigimg  damit 
vor  die  Oeffentfichkeit,  so  begdit  er  einen  aigen  Vertrouensbriich. 

Ganz  besonderes  Vertrauen  beweist  ein  ArcluT  einem  Benützcr, 
wenn  es  ihm  Arcliivalien  nach  seinem  Wolmorl  sctuclct,  um  die 
Kosten  und  Mülieii  der  Roisc  und  eines  vielleicht  längeren  Aufenthalts 
in  fremder  Stadt  ilirii  7,11  er?|)aron.  Selbstvorständlich  kann  ein  solches 
Entgegenkommen  nur  als  Ausnahme  <,'e]ti'n.  und  diese  nur  dann  slatt- 
(inden,  wenn  es  sich  um  die  Förderung  entweder  eines  verdienst  vollen 
Gelehrten,  oder  eines  nationalen  wissenschaftlichen  Unternehmens  han- 
delt, an  welchem  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  nur  vertrauenswürdige 
Gelehrte  betheiligt  sind.  Wälirend  aber  das  Archiv  seine  Schrift- 
werke draossen  hat,  muss  es  zweifellose  Gewälir  haben,  dass  sie  erstens 
gesichert  seien  gegen  Unteigang  Beschädigung  and  Verschleppung 
durch  Feuer  Didw  Kinder  Dienstboten  und  andere  frevele  Hände, 
und  dass  sie  zweitens  zu  bestimmter  Zeit  woUverpackt  und  versorgt 
in  voller  Integrität  zurückkommen. 

Der  Archivbeamte  wird  also  zunächst  darauf  S^n,  ob  die  ZU 
versendenden  Schriftwerke  reisefähig?  Sie  müssen,  wo  sie  es  noch 
nicht  sind,  gebunden  oder  doch  geheftet  worden  und  unter  festen 
Deckel  kommen.  Dabei  muss  an  ihnen  selbst  durcii  Stempel  und 
Inschrift  kenntlich  sein,  wo  sie  hergekommen  und  wohin  -ie  wieder 
gehören.  Urkunden,  deren  Siegel  selbst  bei  behutsamer  Verpackung 
leicht  nothlciden,  werden  sich  selten  zur  Versendung  eignen. 

Das  Zweite  ist,  dass  der  Archivbeamte  sich  in  den  Stand  setzt, 
das  Arduvale,  wenn  es  von  dar  Rdse  zurückkommt,  prüfen  zu  kön- 
nen, ob  es  noch  seine  volle  Integrität  habe.  Es  ist  also  vor  der 
Absendung  eine  sorgfältige  Durchsicht  und  Beschreibung  unter  Vei^ 
meik  aller  etwaigen  Mängel  und  besondera  EigenthfimUchkeiten  nfithig. 

Wenn  man  nun  Kodizes  oder  Urkunden  oder  Aktenbündd 
dem  Benutzer  in  seine  Privatwohnung  schicken  würde,  wäre  dann 
die  erforderliche  Sicherheit  g^benV  Auch  der  gewissenhafteste 
Gelehrte  kann  einmal  vergessen,  beim  Weggehen  einen  Kodex,  der 
offen  auf  seinem  Arbeitstische  liegt,  wegzusiierren,  und  Kinder  und 
Dienstboten  können  darüber  konunen.  Wie  aber,  wenn  er  auf 
Reisen  geht,  oder  wemi  ihm  plötzlich  ein  Unfall  zustösstV  Wer 
sorgt  dann  am  fremden  Orte  gleich  für  das  anvertraute  Gut  und 
lässt  es  an  das  Archiv  zurückgehen?  Es  ist  also  unumgänglich, 
dass  eine  aifoitliehe  Anstalt,  bei  welcher,  wenn  der  ehie  Beamte 
fehlt,  sogleich  der  nSchste  als  sein  Vertreter  handelt,  das  Aichivgut 


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20 


Udler  Tertnuen  bei  ArduTbenCttzang. 


überoebme  nnd  Terwahre,  es  in  ihrem  eigenen  Lokal  dem  Benutzer 
vorlege,  darfiber  wache,  dass  seine  Integritöt  nicht  verletzt  werde, 

zu  bestimmter  Zeit  und  es  dem  Archiv  zurücksende. 

In  dieser  Beziehung  bostohon  nun  für  din  bayerischen  Landes- 
archive seit  dorn  Jahre  18G9  folgondo  Vorsciirifton: 

1)  Archivalien  werden  nur  in  bosondern  Ausnahnisnilloii  und 
nur  für  verdiente  (iesrhiehtsforschor  nacli  auswärts  versandt. 

2)  Empfänger  und  vorantwoillirh  für  sorgfiUtigo  Aufi>ewalirung, 
wie  für  Rücksendung  darf  niclil  bloss  eine  physische  Person 
sein,  sondern  in  erster  Linie  ein  Archiv  oder  eine  Bibliothek. 

3)  Die  Vorstandschaft  dieser  Behörde  hat  sich  in  ihrer  amtfich 
ausgestalten  Empfangsbestätigung  zugleich  zu  verpfliditen,  dass 
die  Benützung  nur  in  ihrem  Amtslokal  geschehen  soll,  und 
dass  das  Archivale  binnen  einer  bestimmten  Frist  in  voller 
Int^ität  zurückgesendet  wird. 

4)  Nur  fest  geheftete  Akten  oder  fest  gebundene  Kodizes  werden 
verschickt. 

5)  Dieselben  sind  vor  der  Absendung  zu  foliircn  und  auf  dem 
ersten  und  letzton  Blall  nnl  dorn  Archivstcmpel  zu  ver- 
sehen. Sodann  wird  naeli  sorrrfTdtigcr  Durchsicht  über  den 
gesammten  Inhalt  sowie  über  die  äussere  BescliafTeniieit  eine 
genaue  Beschreiljung  vert'assl,  welche  der  von  der  auswärtigen 
Archivs-  oder  Bibliothekbehörde  zu  vollziehenden  Empfangs- 
bestAtlgung  einverleibt,  und  zugleich  auf  der  Röckseite  des  vor- 
dem Deckels  des  Kodex  (Bandes  oder  Heftes)  aufgeschridien 
oder  aufgeklebt  wird,  während  Kopie  dieser  Beschreibung  als 
Beleg  bei  den  Akten  bleibt 

6)  Die  Benülzungsfrist  erstreckt  sich  nur  auf  kurze  Zeit,  höchstens 
2  bis  3  Monate. 

7)  Bei  dem  Rück<>mpfang  wird  das  Archivale,  um  seine  Integrität 
zu  untersui  hen,  sofort  mit  der  Beschreibung  verglichen. 

Vielleieiit  möchte  es  an  der  Zeit  sein,  dass  über  ähnliche  ge- 
meinsame Massregeln  sicii  die  Arcliivc  in  Mitteleuropa  und  zwar 
zunächst  im  deutschen  Reich  Oesterreich  und  der  Schweiz  verstän- 
digen, damit  die  Archivalienforschung  sowohl  zu  wissenschaftliciien 
als  vermögensrechtlichen  als  auch  genealogischen  Zwecken  mö^ichst 
erleichtert  und  gesichert  werde. 


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IIL    Leibniz  aber  Archiywesen, 


Im  handsdurifUicIien  Nachlasse  des  grossen  Leibniz,  der  sidi 
auf  der  k.  BibUothek  in  Hannover  befindet,  kommen  auch  zwei  kurze 
Denkschriften  Tor,  welche  bezeugen,  wie  sehr  Leibniz  das  Archiv- 
wesen  am  Hmen  lag. 

Die  erste,  verfasst  gegen  den  Schlus?  des  siebzehnten  Jahr^ 
hunderls,  war  bestimmt,  dem  Kabinet  des  Kurfürsten  vor^'ologl  zu 
werden,  damit  Leipniz  zum  Oberarchivar  und  Geheimen  Hdth  er- 
nannt werde.  Dio  zwoito  ist  vom  20.  Januar  1706  und  wurde  auf 
Dog'  hron  des  Ministers  von  Ilgen  niedei^eschrieben  und  ihm  zu- 
geschickt. 

Erste  Denkschrift  >). 

Chmfarstliche  Durchtt.  zu  Brandenburg  sind  in  Teutschland  der 
grSste  potmtat  nächst  dem  Kayser,  also  dass  kein  Ghur-  und  Fürst 
mdir  bey  dem  publko  thut,  und  also  mehr  an  det  UniTersal  Iiistori 

dieser  zeit  theil  nimmt  als  Chur-Brandenburg. 

Und  weilen  ich  längst  auch  auff  Historiam  recontissiniani  nostri 
temporis  bedacht  gewesen,  auch  vor  diesem  von  Johanne  Philippe 
Churf-'t.  7,u  M.iynz  l>oroit^;  dazu  destinii-el  wordon  und  daher  Iceinen 
geringen  ai)i»aratuin  gesanilot,  so  habe  dafür  ffohalton,  dass  der  Grund 
dazu  am  besten  aus  den  Giiur-Brandenb.  memoires  zu  legen,  zumahlen 


*)  Entnommen  aus  »Dio  Werke  von  Leibniz  gemaj^s  seinem  handschriftlichen 
Nachlasse  iu  der  Köiiiglicbea  Bibliothek  zu  Hannover  herausgegeben  von  Unno 
Klopp«.  Reihe  I,  Band  10.  Hannover  1877.  S.  88—86^ 


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22 


Lnbnis: 


nach  des  seel.  H.  Puffendorffs  abgang  Yielleicht  noch  niemand  dazu 

destiniret. 

Man  köndte  solche  anstalt  machon,  dass  alle  jahr  die  Ilistoria 
uiini  praeteriti  abgefasset  würde,  nicht  dass  solche  sofort  zu  publiciren, 
sondom  nur  recrate  rerum  mancnria  zn  ^twerfifen,  dann  honach 
unter  dar  hand  zu  revidiren,  und  ex  erentibus  nach  gclegenheit  zu 
suppliren  und  zu  corrigiren.  Zumahlen  auch  bekand,  dass  ofihnahls 
die  nachricbtungen  der  consiliorum  anderer  potentaten,  und  zumahl 
gegentheils  erst  nach  verfliessung  ehiiger  Zeit  sich  zu  tage  legen. 

Ich  habe  aber  noch  andere  absehen,  welche  zu  glori  Churfl. 
Durchlt.  und  aufnehmen  des  jtniilici  gerichtet,  und  von  mir  gar  wohl 
zugleich  mit  heslriltcn  werden  können,  so  tiieils  gehen  aufT  die  ein- 
richtunpr  der  Archivomm,  darauff  Ilii^tniin  der  hohen  Häuser,  auch 
deren  Interessen  und  jura  zum  öfffcicn  LTunündet ;  theils  auf  he- 
förderung  der  nuzharen  Kiinsfo  und  Wissenschaften,  daran 
boy  Ooconomicis  und  Mililaribus,  Conuuercien,  bergwerckssachen  und 
anderen  fürfallenden  gelegenheiten  ein  grosses  hafftet. 

Was  die  Einrichtungen  der  Archiven  und  Registraturen  betrifft, 
so  kan  ich  mit  vielen  Ezemplen  anweisen  was  daran  gelegen.  Es 
ist  gewiss  dass  zum  Exempel  das  haus  Braunschweig  viel  bey  dem 
Mfinsteriscfaen  Friedensschluss  negligiret,  weil  dessen  damahUge 
Mmistri,  als  Lampadius  und  andere,  zwar  wadcere  Leute  in  nutitüs 
generalibus,  aber  der  specialitäten,  selbst  eigener  gerechtsame  nicht 
genugsam  informirct  gewesen.  Ich  habe  in  meinem  Codice  diplo- 
matico  solche  Dinge  ad  illustranda  jura  imperü  herfür  geben,  der- 
gleichen nicht  gesellen,  und  da  Conringius  in  seinem  opnre  de  finibus 
sich  mit  allerhand  testimoiiiis  der  Scribenten  bcbelfVen  müssen,  und 
offlmahls  das  beste  nicht  gewust,  liat)e  ich  gewiesen,  dass  der  Kuyser 
ein  grösseres  recht  circa  Episcopatuum  et  Abbatum  Electiones  krafft 
der  Concoi'daten  halje  als  man  insgemein  vermeinet,  dass  die  ver- 
meinten Exemtiones  principum  et  civitalum  Italiae  niclits  als  privi- 
legia  und  keine  renuntiationes  juris  supremi  in  sich  halten,  wie  ich 
denn  unterschiedene  solcher  privilegiorum  in  forma  habe.  Item  dass 
der  delpliinat  salvis  juribus  Imperii  an  Fhmkreich  kommen  und  mit 
der  aussdrQcklichen  oondition  de  non  uniendo  coronae;  dass  der 
Eayser  noch  lange  die  jura  supremae  potestatis  über  den  Ck)mitatum 
ProTindae  ^«rciret  Item  ich  habe  ein  protocoll  in  forma  producircl, 
daraus  die  rechte  grenzen  zwischen  dem  Reich  und  der  Grone  Frank- 
reich zu  sehen  de  ao  tausend  vier  hundert  und  etliche  neunzig. 


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Ueber  ArehifirMeii. 


23 


Weil  nun  Chur-Brandonburg  so  weitläufTligo  laiuli'  uiul  so  viel 
Rct'icnmgen  und  Archive  hat,  ist  leicht  zu  erachten  was.s  für  ein 
grosses  alda  zu  thun,  und  wie  dienlich  seyn  würde  solche  in  eine 
Ilarmoniam  und  Inventaria  Generalia  zu  bringen. 

£s  finden  sich  auch  offtmahls  hto  und  wieder  ivichtige  Mscpta, 
wdcbe  zu  conserviren  dienlich.  Ich  erinnere  mich  in  meiner  jugend 
ein  Ifanuscript  des  ad.  Weinmans  Glevischen  Ganilers  gesehen  zu 
haben,  so  von  präcedenz  der  R  Ghuifet.  -vor  der  Republic  Venedig 
gehandelt,  und  kan  ich  auch  bey  dieser  gelegenhdt  wohl  erwelmen, 
dass  ich  ein  rares  Manuscript  eines  Magistri  caerancmiarum  ponti- 
ücii  zu  Zeiten  Alexandri  VI  papae  habe,  darauss  man  siebet,  dass 
der  Venetus  dorn  primario  Electorali  in  Capolla  pontificis  weichen 
müssen.  Habe  auch  unter  andern  ein  IrcfTlich  diplonia  gefunden, 
welches  aus  den  Ghur-Brandenburg.  landen  konit,  daraus  etwas 
der  weit  heut  zu  tage  unljekandtes  zu  erweisen,  dass  nehmlich 
Chur-Maynz,  Chui- Trier  und  Chui-Güilen,  nicht  nur  von  iiechts 
w^n  den  Gardinälen  vorgehen,  ohngeacht  sie  solch  ihr  recht  nicht 
genugsam  beobachtet,  sondern  selbst  Gardhuales  nati,  oder  Gardinales 
ipso  jure  seyn,  und  zwar,  quod  notandum,  Gardinales  Archiepiscopi, 
da  sonst  die  andern  alle  nur  Gaidlnales  Episcopi,  Gardinales  pres- 
byteri,  und  Gardhiales  diaconi  seyn,  und  bilde  ich  nur  ein,  das 
Originale  oder  doch  uralte  Copien  werden  sich  in  den  Chur-Brandenbg. 
landen  finden,  dadurch  GhurCsiL  Durchlt  ihre  Mit-Ghurförsten  ob- 
ligiren  l^önnen. 

Stünde  demnach  dahin,  ob  Churfstl.  Durchlt.  guth  finden  wür- 
den einer  gewissen  ptM'son  unter  der  (jualilät  dero  gelieimen  Ralhes 
das  Ober  Archivariat  und  einricliluiig  aller  regislraturen  deren  lan- 
den zu  committiren,  damit  solche  in  eine  Universal-IIarmoni  und 
zusammen  lauil'ende  Inventaria  zu  nachriclil  dero  Minislrorum  Status 
gebracht  werden  köndten.  Mit  deaen  Registraturen  und  Archivoi 
hat  nicht  nur  die  Hisloria,  sondern  an  sich  selbst  Res  Studiorum 
eine  grosse  connezion.  Es  haben  Ghur£st  DureUt  vier  Universitäten 
und  vid  vwndmie  gymnasia  in  dero  landen;  fibwdiess  so  mflssen 
in  so  weitlflufftigen  landen  viel  wackere  ingenia  begriff  seyn, 
welche  thdis  in  GhurfsU.  und  andem  bedienungen,  theils  für  sich. 
Wie  wann  nun  8Ub  Auspiciis  Friderici  eine  societas  Electoralis 
Branden burgica  exemplo  Regiarum  Londinensis  et  Parisiensis  ein- 
gerichtet würde?  Da  gelehrte  leuto  in  omni  studiorum  genere, 
sonderlich  aber  in  Physicis  et  Malkematicis  nüzliclie  gedanken,  in- 


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24 


Leibniz: 


vonta  et  Expcrinienta  /.nsaminentrügon,  dass  ich  zu  guter  einrichtung 
eines  solchen  Vorhabens  etwas  beytragen  köndte. 

Eondte  vielleicht  ohne  rahm  Termelden,  wie  dann  diessfals 
judicia  exterorum,  und  der  applausus  einiger  meiner  bisherigen  ent- 
deckongen  vor  mich  sprechen  lönnen. 

Vomefamltdi  k&me  es  darauf  an,  wie  ein  solches  zu  fiussen, 
dass  es  ohne  CaiurÜBil.  Duichlt.  Kosten  gescbebn  kfindte.  Deswegen 
ich  denn  verhoffentlidi  sehr  angenehme  Vorschläge  zu  Ihun  wüste, 
und  mich  deswegen  femer  nach  erfordern  und  befehl  wieder  zu 
vemehmen  zu  lassen  nicht  ermangdn  werde. 

Zweite  Denkschrift  *). 

Zu  ergänzung  dos  Archivi,  Verbesserung  der  zollerisdien,  bran- 
denburgischen und  preussischcn  Hisluri  und  crhaUun<r  allerhand 
dienlicher  naclirichtungen ,  die  jura,  grenzen  und  andere  geschrillle 
betr^end,  wQrde  dienlich  seyn,  dass  von  wegen  Eönigl.  Mt.  anstalt 
gemachet  wtfarde,  die  in  dero  Landen,  oder  sonst  bey  dero  Hause, 
auch  wohl  anderwerts  befindliche  scriptnren,  dazu  man  gelangen 
und  dabey  man  etwas  nüzliches  vennuthen  kan,  genauer  als  bisher 
geschehen  seyn  mag,  untersuchen  zu  lassen,  da  dann  nach  gelegen- 
heit  Repertoria,  Rubriquen  oder  Argumenta  und  Copial-Bücher,  zu 
Zeiten  auch  die  Copeyen  gewisser  stück,  wo  nicht  die  originaüen 
selbst  an  band  zu  schaffen. 

Solche  Scripluron  in  König!.  Mt.  landen  befinden  sich:  1)  bey 
denen  Regierungen  oder  Canztoyen  der  provinzcn;  dann  3)  olTlnialils  bey 
denen  Atnts-Registraturcn,  .sonderlich  wenn  die  äinlcr  vor  diesem  eigene 
Herrschafllen,  oder  auch  die  anilhäuser  castra  doniinantia  gewesen; 

3)  bey  den  hohen  und  niedrigen  Stifftern;  auch 

4)  Klöstern  und  zwar  nicht  allein  bey  denen  so  noch  in  ihrem 
wesen  stehn,  sondern  auch  zu  seit«!  bey  denen,  die  secularisirt,  da 
doch  die  Scripturen  noch  bey  der  Verwaltung  blieben. 

Es  wäre  auch  5)  nachzuforschen  und  zuzusehen,  wo  die  scrip- 
turen der  aussgestorbenen  gräflichen  und  ander  fitmOien,  deren 
lande  Knigl.  Mt.  und  deren  Vorfahren  zugewachsen,  hinbracht 
worden,  wie  dann  die  docuincnta  ofll  durch  Allodial-£rben,  auch 
wohl  durch  detentores  abhanden  kommen. 

Item  6)  ob  nicht  zu  alten  und  item  jüngeren  Zeiten  durch  kriege 


')  Daselbst  892—394. 


i^iyiu^cü  üy  Google 


lieber  Arehivwesen. 


25 


oder  andere  revolulioiu  s  allerhand  Scripturen  sowolil  der  Lande  und 
R^ierungen,  als  der  Stiflter  und  Clösler  ausser  Landes  bracht 
worden,  und  wo  diesdbigen  hinkommen  seyn  m^en,  wfe  man  dann 
venneynet,  dass  zn  der  zeit,  da  die  Haick  in  der  KOnige  zu  Böhmen 
hSnden  gewesen,  gar  viel  documenta  iiaeher  Prag  transfisriret  worden 
wfiren,  auch  bey  denen  Stftdten^  deren  einige  zu  gewissen  zeiten  in 
der  Hanse  und  andern  Bündnissen  gewesen  und  sonst  vid  freyheit 
exercirt,  nach  denen  briefschafften  zu  sehen,  weil  offt  aUda  nicht 
wenig  guthes  anzutreffen. 

Und  lezlich  8)  weil  viel  documenta  darauss  liecht  zu  schöpfen, 
in  manus  privatorinii  kommen,  hätte  man  auch  so  viel  tbunlich 
deswegen  Kumlsi  hafH  cinz.iiziehfn. 

Ausser  Laiules  wäre  durdi  bequeme  Personen  in  Franken  und 
iScjiwaben  naclizusiiclien,  was  vor  Scri|)turen  und  monumonta  sich 
linden,  davon  die  IJistori,  geschäflte  und  reclite  der  grafon  und 
Fürstra  zu  hohenzollcrn  und  Burggrafen  zu  Nürnberg  zu  erleulern, 
nachdem  bekand  dass  wenig  tüchtiges  bissher  davon  zum  Torsehein 
kommen.  Es  wäre  auch  vielleicht  nfizlich  und  rühmfieb,  wofern 
auss  den  vorhandenen  documentis  selectis  ein  eigner  codex  diplo- 
maticus  Prutenico-Brandenburgico-Auriacus  ad  perpetuam  rei  me- 
rooriam  zusammen  bracht  würde. 

Wozu  denn  auch  9)  die  Chronica  inedita  zu  weisen,  die  sich 
ofTl  bei  privatis  finden,  wie  ich  dann  selbst  solche  alle  vor  etliche 
100  jähren  gemachte  Chroniken,  welche  von  alters  her  den  Urkunden 
fast  gleich,  bissweilen  auch  höher  geachtet  werden,  und  die  iiönig- 
lichen  lande  angehen,  beschafft  h&be. 


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lY.    Uober  Urbarieo  uod  Urbarialaufzeichnimgeiu 


WirthtcbtfttgeMhiehtlicho  Bemirkungen 

von 

Dr.  Karl  Theodor  von  Inama-Sternegg, 
Pn>r«flMnr  m  Iniulirack. 

Urbarialaufzeichnungen  haben  sich  zwar  schon  seit  geraumer 
Zeit  einiger  Aufinerksamkeit  von  Seiten  der  Historiker  (Kopp,  Gfrörer, 
Hone,  Lorenz,  Droysen  u.  a.),  der  Sprachforscher  (Pfeiffer,  Zingerle) 
und  der  Juristen  ^enaud,  Manier,  Gengier)  zu  erfreuen.  Dagegen 
haben  sich,  soviel  mir  bekannt,  die  Nationalökonomen,  die  doch  aus 
dem  Gesichtspunkte  der  Wirtlischaftsgosrhichte  bes<Miders  dazu  be- 
rufen gewesen  waren,  dem  Gegenstande  noch  kaum  genähert,  ge- 
schweige denn,  dass  sie  angefangen  hätten,  sich  cnii^tlich  dem  Studium 
dieser  Quellen  ^u  widmen  Es  wird  mir  daher  wohl  gestattet  sein, 
vom  Standpunkte  der  WirtlischafLsgesehichte  aus  diese  hoeh wichtige 
Quelle  der  Erkenntniss  älterer  VVirtliscliaflszustände  etwas  zu  be- 
leuchten *). 

Ich  erblicke  eine  besondere  Berechtigung  hiezu  auch  in  dem 
Umstände,  dass  bei  allem  Interesse,  wekhes  den  Uibaiieo  und  ver- 


*)  In  der  Geschichte  der  lAndwbthachaft  haben  Anton  md  Langethal  »rar 

aur  die  Urharien  nficksicht  genommen,  sich  aber  do<Ji  im  Wesentlidien  auf  eine 
Reproduction  einzelner  Güterlieschroibun^'cii  In-schränkt. 

')  Vgl.  im  Allgemeiueu  meine  Abhandlung  über  die  Quellen  der  deulscben 
Whrtbflchaftsgewhichte,  in  den  Stamigiberiehten  der  kais.  Akademie  der  Wissen- 
Bchaften  in  Wien,  phil.  hial.  dawe,  Bd.  84. 


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Ueber  Uibarian  nocl  ürtwialiMftdchnnngwi,  27 


wandten  Quellen  bis  nun  entgegengebracht  wurde,  dennoch  sowohl 
der  Stand  der  Publikationen  als  auch  die  Bearbeitung  und  Ver- 
wcrlhung  dersüU)cn  für  die  verschiedensten  Gebiete  der  Geschichts- 
wissenschaft durchaus  ungenügend  genannt  werden  niuss. 

Vielleicht  liegt  die  Erklärung  dieser  Erscheinung  gerade  in  der 
bisiier  aigen  Vernachlässigung  wirthschaflsgesdiiclitfidier  Forschung. 
Ffir  die  geschichtliche  Rechtswissenschaft  shid  und  bleiben  die  Ur- 
barien doch  immer  nar  Quellen  zweiten  Ranges,  zur  Erkenntniss 
eines  l)estimmten  Rechtsznstandes  alierdfaigs  sehr  geeignet,  aber  doch 
keine  Rechtsquellen  im  engeren  Sinne. 

IMe  Sprachforschung  hat  an  ihnen  ohnehin  ein  sehr  einseitiges 
Interesse.  Sie  berücksiehUgt  zwar,  soweit  es  die  Durchforschung 
der  alten  Formen  von  Orts-,  Flur-  und  Personennamen  gilt,  alle 
Urbare,  le^rt  aber  doch  das  Schwergewicht  ihrer  Arbeit  nur  auf 
die  deutschen  Redactionen ,  die  vielfach  früher  als  Urkunden  in 
deutscher  Sprache  sind,  du  sie  auch  Ungelehrten  (Meiern,  Vögten, 
Laienbrüdern  etc.)  zu  jeder  Zeit  zugänglich  und  verständlich  sein 
mussten.  Die  Historiker  endlich  legen  den  Ton  entweder  auf  die 
Kunde  alter  Topographie  —  den  historischen  Atlas  — ,  der  doch 
immer  nur  ein  lokales  Interesse  beanspruchen  kann,  oder  sie  ver^ 
werlhen  vorzugsweise  die  in  den  Urlxurien  eingestreuten  Daten  von 
allgemeinen  Interesse  für  die  politische  Geschichte;  veremzelt  freilich 
haben  sie  diese  Quellen  auch  schon  b«ifltzt,  um  ein  Gulturbild 
&Dßr  bestimmten  Landschaft  in  bestimmter  Zeit  zu  entwerfen 
wenn  ihnen  dabei  auch  die  nationalökonomischen  Gesichtspunkte 
nicht  geläufig  waren,  unter  denen  sich  erst  der  volle  W'ertli 
dieser  urkundlichen  Schilderungen  mittelalterlicher  Grundherrschaflen 
enthüllt. 

Es  liegt  darin  die  entschiedenste  Autfortlerung  an  National- 
Ökonomen  historischer  Richtung,  das  Studium  der  Urbarien  selbst  in 
Angriff  zu  nehmen,  um  aucli  an  ihrem  Theil  Anregung  und  För- 
derung einer  erschöpfenden  Ausbeutung  dioer  werthvdlen  Denkmäl» 
unsrer  Vorzeit  zu  geben,  wie  sie  durch  die  verschiedensten  historischen 


')  Po  z.  R.  Kopp  in  seiner  GcHoliiclit«'  der  eidp:.  Bündt'  II  nach  »iorn  I'ihar 
der  Gral'eu  von  Kiburg  und  dem  habshurgiachen  Urbar,  Lorenz  in  seiner  deut- 
when  Geschichte  I  meh  den  OUokar'seben  ÜTbaren  von  Oesterreich  und  Steyer- 
mark,  Drojsen  in  seiner  Geschichte  der  pieiissisch«!  Politik  I  nach  dem  neih 
jnirkisehen  und  dem  Lendbuehe  Karl  IV. 


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28 


Inama-Steraef^: 


Disciplinen  bisher  schon  in  ihren  eignen  Slutlien  und  Beslicbungeu 
angeregt  und  gefördert  worden  sind. 


UeborbUcken  wir  nun  zunächst  den  ganzen  QudMcreis,  welcher 
unter  der  g«ndnsamen  Bezeichnung  »Uibarialau&eichnungen«  ver^ 
standen  werden  muss,  so  gehören  hierher: 

1)  Die  Invenlarien  einer  Grundherrschafl  oder  dner  Gutswirth- 

seliaft  über  den  liesitzstaiui .  die  Renten  und  vermögenswerthen 
Rechte,  niciit  sclton  auch  ühw  di-n  Stand  der  Gutshörigen  und  Leib- 
eigenen, Vieh?fand  und  VorräUio.  Solciic  Inventarien  begegnen  uns 
bald  ah  Heiln^'ein.^lrunicnlc  yai  Traditions-.  SchiTikniigs-  udtT  Testa- 
meutsuikunden,  bald  als  Grundlage  der  Gul.srechnungen,  aber  doch 
auch  als  Vorbereitung  für  grössere,  eigentliche  Urbarien.  Ja  die 
iiltcsten  vollständigen  Urbare  wenigstens  scheinen  in  der  Regel  auf 
Grund  einer  vorangegangenen  Inyentarisirung  des  Besitzstandes,  der 
, Renten  und  Leistungen,  welche  eine  Gutsherrschaft  beanspruchen 
konnte,  unter  ISnTemehmen  der  Pflichtigen  angelegt  worden  zu 
sein 

2)  Die  Manuale,  Coneepte,  Leitfaden  und  sonstige  fragmentarische 

Notizen  über  den  Gulsbestand  und  die  Einnahmsquellen  der  Wirtb- 
schafl,  welclie  sicli  die  Gutsherrn  selbst  oder  ihre  Verwalter  an- 
legten, bald  nur  als  Gedächtnisshilfe,  bald  als  eigentliche  Vorbe- 
reitung für  ein  vollständiges  Urbar  der  Grundherrschafl Auch 
die  suuunarische  Vorschreibung  oiler  Zusaniiiienlassung  der  Traditio- 
nen ,  dunh  welche  der  Bestand  der  Grundherrschafl  sieh  gebildet 
hat,  niuss  hieiier  gerechnet  werden,  da  sich  aus  ihnen  nicht  selten 
sp&tcr  Urbare  herausgebildet  haben. 

3)  IMe  Zins-,  Gölte-  und  IM«istregister,  Heberollen,  Pfand- 
rotehi  und  alle  Arten  von  Einhebungsregistem,  welche  zum  Hand- 
giebrauche  der  V(Sgte  und  Verwalter  bei  dem  Einzug  der  Steuern 
und  GeflUle,  sowie  zur  Gontrole  der  geleisteten  Frohndienste  gebraucht 
wurden.  Sie  gehören  bald  zu  den  Vorstufen  des  eigentlichen  Uriiars, 

')  Die  wichti^'sleu  nclcge  «ind:  Caroli  M.  cap.  de  villis  c.  3,  Pitlyitl.  Trniinonis 
(ed.  Guörard)  11  S45,  notitia  tesüuin  813  (?),  ca.  820,  825  bei  Wartinann  Ur- 
kundenboeh  von  SL  Galleii  n  898—  887.  Aber  auch  noch  im  ürbw  jou 
S.  Emmeram  (Pes  thes.  L  8.  67  f)  heisst  «s:  amio  1081      fratram  eoetu  fluni- 

liaque  probanle  prao>;enf  fl-srr!ptin  facta  est. 

*J  Vgl.  Zahn  im  Archiv  für  Kunde  österr.  GMchichtwjuellen  Bd.  27.  S.  280  O, 


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Ueber  UilMrien  und  Urbarialauteicbnungen. 


29 


wo  die  Uebersicfat  des  Besitzstandes  und  des  grundherrlicheii  Ein- 
kommens nur  auf  ihnen  beruhte,  bald  sind  sio  Anszü;/o  aus  dem 
Urbar  selbst,  wo  sie  dann  nur  den  handlichen  Gebianch  desselben, 
insbesondere  auch  an  den  verschiedenen  Einhebungsstellen  der  Ab- 
gaben, den  Officien,  erloichlom  snllton 

4)  Die  eigentlichen  TTrharion  oder  ninndbüclier,  tleron  AulgalK? 
in  einer  erscliöpfcndcn ,  «yslematisch  und  froogi-aphi?ch  ^'eordnclen 
Darstellung  der  Besit/.unj,'en,  Dienste  und  Einlvünlte,  vorniügens- 
werthen  Rechte  und  Leistungen  einer  Grundherrschafl  bestand.  Sie 
sind  Tom  Standpunkte  der  Wirthschaftsgeschichte  natfirlich  bei  weitem 
die  wichtigsten  Quellen  dieser  Art;  denn  indem  sie  sich  über  ein 
grosses  Gebiet  erstrecken,  wird  die  Znstandsschilderung,  welche  sich 
aus  ihnen  gewhmen  Ifisst,  typisch  für  eine  ganze  Gegend,  in  der  die 
Verhältnisse  dner  gössen  Grundherrschafl  immer  massgebend  gewesen 
sein  w  crdon ;  und  indem  sie  nait  grösster  Vollständigkeit  alle  wirtli- 
sdiafllich  bedeutsamen  Beziehungen  der  einzelnen  Theile  der  Grund- 
herrschafl, der  herrschenden  und  der  dienenden  Güter,  der  Erträgnisse 
und  ihrer  Quellen  zahlenniässig  tiurstellen,  wird  nicht  bloss  ein  Urtheil 
über  die  wahre  Bedeutung  aller  Anfjaben  wesentlich  erleichert,  son- 
dern OS  wird  üherhauj>t  er.-t  die  Anwendung  der  statistischen  Methode 
zur  Gewinnung  nalionalökonomischcr  Resultate  möglich.  Denn  nur 
in  Durchschnitten,  welche  aus  genügend  grossen  Zahlenreiben  ge- 
wonnen werden,  manifestirt  sidi  das  Gewicht  und  die  Tragweite 
Ökonomischer  und  socialer  Zustände  für  das  ganze  Gniturleben  eines 
Volkes. 

Wir  dfirfen  aber  desswcgen  den  Werth  und  die  Bedeutung  un- 
▼oHkommener  Urbarialau&eichnungen  doch  durchaus  nicht  unter- 
schätzen. Niclit  bloss  sind  uns  aus  der  älteren  Zeit  des  deutschen 
Mittelalters  fast  nur  solche  fragmentarische  Urbare  zur  Verfügung, 
so  dass  wir  schon  desshalb  jedes  für  sich  im  höchsten  Masse  will- 
kommen heissen  müssen.  Auch  noch  für  .spätere  Zeiten,  wo  schon 
die  eigentlichen  Urbare  häufiger  zu  werden  beginnen,  sind  alle  sie 
ergänzenden  Quellen  von  grössler  Wichtigkeit,  theils  um  geographisch 
die  Lücken  auszufüllen,  welche  die  vollständigen  Urbare  noch  übrig 


*)  Vgl.  hiezu  Fr.  PfcinVr  das  liabHbiirp  i'i^jtprrfirhische  Urbarbuch  (BiMinUick 
des  lit.  Vereins  in  Stuttgart  üd.  XI\  1850  S.  IX  f.  Weitere  Beispiele  bei  Maurer 
FimnhOfiB  II  S.  607.  Horawits  in  Zeitseh.  t  deutsehe  Culturgeschichte  1872 
a  491  c. 


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30 


V,  loama-Stemegg: 


lassen,  theOs  um  da«;  statistische  Verfahren  der  Massenbeobaclitiing 
und  dar  groP?on  Durchschnitte  noch  vollkommener  nnd  zuverlässiger 
anwenden  zu  können.  Mit  jedem  Inventar,  Concept  odor  Rodel, 
welrho  aus  dem  Dunkel  der  Archivo  hervortreten,  steigert  sich  die 
Ilotlriung,  die  nationale  Wirtlischaflsgoschichtc  eines  Tages  auf  voll- 
konuneti  exakter  Grundlage  herzustellen  und  damit  auch  der  nalional- 
ukotioiiiischen  Theorie  die  so  lang  schon  vermissle  Sicherheil  des 
wissenschatl liehen  Verfahrens  zu  erringen. 


Der  Zeit  nach  lassen  sich  die  Urharien  in  drei  grosse  Perioden 
cintheileii,  von  denen  die  erste  von  der  ältesten  Zeit  bis  zum  Ende 
der  KaroUnger-Herrsdialt  reicht,  die  iweite  das  10.— 12.  Jahiirandert 
unifasst  und  die  dritte  im  WesentUehen  dem  13.— 15.  Jahrhundert 
angehdrt 

1)  Aus  der  ersten  Periode  besitzen  wir  von  Deutschland  aller- 
dings nur  wenige  Stücke,  und  es  ist  sehr  m  besweifehi,  ob  eine 
noch  so  emsige  Nachforschung  in  den  Archiven  ihre  Zahl  erheblich 
zu  vermehren  im  Stande  sein  werde.   Abv  es  ist  andrerseits  wohl 

nicht  zu  bezweifeln,  dass  eine  Anlegung  von  Urbarien  auch  in  dieser 
Zeit  srhon  häufig  erfolgt  ist.  Dafür  sprechen  einerseits  die  Anord- 
nungen Pipins,  Karls  il.  Gr.  und  seiner  Nachfolger,  Güterverzeichnisse 
über  die  Penefi(  ien  der  Bischöfe,  Aebte  und  Aebtissinen,  Grafen 
und  Vasallen  anzufertigen  ^)  und  die  Muster  solcher  Verzeichnisse, 
welche  uns  als  Breviarium  rerum  fiscalium  aus  der  Zeit  Karls  des 
Grossoti  erhalten  sind ;  anderseits  die  zahlreichen  schönen  und 
reichhaltigen  Polyptichia  fhmzösischer  Stifte  und  Klöster*),  deren 


')  Annal.  Alnni.  a.  751.  —  Cap.  Af|iir>iis.  807  §,  7.  —  Gap.  Aquisgr.  812 
c.  6  und  7  Pertz  LL.  1,  149,  174.  —  Erni.  iNigell,  Carmen  v.  521—624  PerU 
SS.  n,  488.  >-  Gap.  846  in  villa  Spamaeo  e.  20.  Gapit.  868  sjnod.  Saeas.  miaals 
dominicis  data  c.  1—8.  Cap.  Cumpend.  a.  867  c.  1  f.  Pertz  LL.  I,  389—418. 
Kino  Anweisung  K.  Lotbars  8fi9,  ein  Polypticiion  der  Abtei  Lobbes  bersu» 
stellen  nacli  d'Achery  Spicilcgium  (1728)  II,  S.  735. 

*)  Bei  Peru  LL.  I,  176  ff. 

•)  Z.  B.  Pdyptichion  Irminonis  (St.  Germain),  Polypl.  Silliicnse,  S.  Remigii 
Hemenria,  monast.  Fo?sntfn«i?.  \^\,  i.  A.  Guerard  l'olyptifjno  de  rabbr  Irminon 
00  denomtiremeut  des  muni>et>,  des  serfs  et  des  revenues  de  l'abliaye  de 
8L  Germain-des-Prfs  sous  le  regne  da  Qiarlemagne  pubM  avee  des  proiegomeiiM» 
2  T.  Paris  1844.  Das  voUsUUidigste  Werk  fiber  diese  Qnellen. 


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Ueber  ürbarien  mid  Uifaftrialaulkdeliiningeiu  31 


Vorbild  sicherlich  auch  auf  die  verwandten  doiitpchen  Anstalten  zu 
gleicher  Thätigkeit  anregend  gewirkt  haben  (lüilte.  Die  Urbarial- 
aufzeichnungen, welche  wir  von  deutscljcii  Landen  aus  diesem  Zeit- 
raum besitzen,  geliören  zum  Theil  in  die  Klasse  der  Inventarien, 
wie  die  Mustor  von  Breviarien  von  StafTclsee,  Asnapium  und  Treola 
aus  der  Zeil  Karls  des  Grossen  (Pertz  LL.  I,  176  ff.)  und  das 
Breve  commemoratonum  des  Bischofs  Erchambert  von  Freising  (836 
bis  864)  bei  Meicfaelbeck  bist  Frising.  1, 1. 126»  welches  sich  jedoch 
nur  auf  das  Gut  Perechirichuin  besieht  und  auch  biefÜr  nicht  voll- 
stfindig  zu  sein  scheint  Wenigstens  deutet  darauf  der  Scbhisssatz 
Meicbelbeidcs  »haec  et  plura  bis  quam  dmilia«  und  der  Umstand  hin, 
dass  er  das  Stück  überhaupt  nur  als  Beispiel  anführt,  was  zu  jener 
Zeit  bei  den  Visitationen  der  Kirchen  beobachtet  wurde. 

Auch  die  Güterverzeichnisse  im  Testament  des  Diacons  Grimino 
von  G36  (Beyer,  mittelrh.  Urk.-B.  I,  S.  5  f.)  und  des  Bischofs  Tello 
von  Chur  von  766  (Mohr  cod.  dipl.  Cur.  I,  S.  10 — 19)  können 
einigcrmassen  den  Inventarien  zugezählt  werden. 

Andere  Urbarialaufzeichnungen  dieser  Zeit  sind  als  summarische 
Vorschreibungen  oder  Zusammenfassungen  von  Traditionen  und  andern 
Gotserwerbungen  au&u&ssen  und  ersclieinen  als  eine  Vorlsereilung 
ÜQr  ein  vollständiges  Urbar;  so  vor  allen  der  beröhmte  hidiculus 
Amonis  und  die  breves  notitiae,  welche  der  Enknschof  Arno  von 
Salzburg  znr  Sicherung  und  Icdniglichen  Bestätigung  des  bisher  er- 
worbenen  Besitztbums  angelegt  hat^).  Dmsäben  Ghandcter  trftgt 
das  Breviarium  Sancti  Lulli,  in  welchem  die  Güter  verzeichnet  sind, 
welche  die  Abtei  Hersfeld  zur  Zeit  ihres  Stifters,  des  Abtes  Lullus  er- 
worben hat,  und  welche  bald  nach  seinem  Toile  (786)  hinzugekommen 
sind.  *)  Auch  das  Breviarium  Urolfi  Abbatis  (788-— 814)  de  coenobio  qui 
vocatur  Altalia  (Mon.  Boic.  XI,  S.  14  f.),  eine  summarische  Aufzählung 
der  Mansen,  welche  der  Abtei  unter  den  Herzogen  Odilo  und  Tassilo 
geschenkt  wurden,  hat  mit  dem  Congestum  Arnonis  viel  Aehnlichkeit, 
wenn  es  dasselbe  auch  an  Reichhaltigkeit  bei  weitem  nicht  erreicht. 
Ebenso  gehört  hieilier  äas  Yerzeichniss  von  Götem  des  Klosters 
Weissenburg  im  Wonnsgau,  welches  einen  Bestandtheil  des  sogenann- 
ten Breviarium  rerum  fiscalium  bildet  (Pertz  LL.  I,  177  f.) 

'}  Neu  herausgegeben  von  Keinz,  München  1869;  ergänzende  Bemerkungen 
von  Waltenhacb  in  den  Heidelberger  Jahrbflchem  1870. 

*)  Dandbe  bei  Wenk  Urkundenbneh  mm  II.  Buide  der  heaslflchen  6e- 
schichte,  S.  16  fL 


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32 


V.  Inania-Stornegg: 


Die  kurze  Aufzählung'  von  Kirchen,  Gütern  und  Hörigen  dos 
Klostors  St.  fJallon  aus  der  2.  Hälfte  dos  8.  Jahrhundort>  (Wart- 
mann, Urkuiidoiihuc  Ii  der  Ahtoi  .St.  fiailtni  I,  16)  und  dio  zwei 
ältesten  GiUervor/.cichuisse  di'S  Klostors  Lors<  h  aus  der  Zeit  Karls  des 
Grossen  (Cod.  Lauresh.  1,  5  und  fast  ganz  gleichlautend  II,  346) 
sind  wohl  nur  Notizen  für  den  Dienst  der  Gutsvcr waltung,  weder 
Fragmente  eigentlicher  Urbari<»i  noch  Excerpte  ans  solchen  oder 
Heberollen;  und  ebenso  wird  auch  das  Einkänfteverzelchniss  des 
Klosters  Wessobrunn  sub  Abbate  Jlsungo  ca.  760  (Mod.  Boic  Vn, 
837)  zu  beurtheilen  sein,  wenn  es  äberhaupt  dieser  Zeit  angehört  >)• 

Dagegen  haben  wir  in  dem  Registrum  antiquum  bonorum 
ecclesiae  Prumiensis  ein  ungemein  reichhaltiges  und  vollständiges 
Urbar,  das  Caesarius,  Exabt  von  Prüm,  nach  seiner  Angahe  im 
Jahre  1222  aus  einer  Handschrift  des  Jahres  893  abgeschriohon 
und  mit  einem  ausführlichen  Gommentar  vcrsclieu  hat  (Beyer, 
mitlelrh.  ürkundenbuch  I,  S.  142—201).  Es  reiht  sich  würdig  an 
dio  grossen  Polyptichia  französischer  Abteien  an  und  ist  überhaupt 
das  älteste  Beispiel  eines  vollständigen  Grundbuchs  einer  deutschen 
Grundherrschaft.  Ob  es  freilich  in  allen  Theilen  vor  der  Kritik, 
welche  auch  die  Präm'schen  Archivaren  durchaus  nicht  als  un- 
bedenklich erfünden  hat,  wird  bestehen  können,  bin  ich  zu  be- 
urtheilen vorlfiufig  ausser  Stande. 

Diese  Anfange  von  Urbarialaufzeichnungen  in  der  ersten  Periode 
deutscher  Wirthschaftsgeschichte  können  wir  mehr  oder  weniger  alle 
auf  den  mit  Bewusstsein  ordnenden  Sinn  und  dio  politische  Ge- 
staltungskraft der  tüchtigen  Herrscher  aus  don  KaroUngerhausc  und 
auf  die  mächtige  Anregung  zurückführen,  welche  von  ihren  Anord- 
nungen und  Einrichtungen  auf  die  Ordnung  des  öffentlichen  Lebens 
der  Nation  ausging. 

2)  Dio  zweite  Periode,  im  Wesentlichen  das  10.,  11.  und  12.  Jahr- 
hundert umfassend,  zeigt  nur  wenig  von  dieser  tüchtigen  und 
energischen  Thäligkeit  der  Reichsverwaltung.  Viehnehr  war  es  nun 
mehr  die  centrifugale  Tendenz  aller  kleineren  Gewalten  im  Reiche, 
welche  zur  Pflege  des  Urbarialwesens  einen  neuen  Anstoss  gab.  Die 
möglichste  Ansammlung  eines  grossoi  Gfitenrermögens  und  die 


Auch  das  kurze  Verzeichniss  der  Waid-  und  Weideberechtigungen,  welche 
der  Abtei  Werden  n  Hdaing«!!  und  OeA  ngestanden  (bei  Laeomblet  Uiknnden- 
Inich  I  n  nun  Jahre  848X  mag  hier  erwAhnt  werden. 


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Ueber  Urbarien  und  Urbarialau£zeicbnungen.  33 

imzweifelhafte  GonstaUning  und  rechfliche  Sichenmg  des  Besitzstandes 
drSngte  die  GnixidlieiTn  za  solchen  Arbdten.  In  einem  m<)g1jchst 
Tddien  Urbar  ward  i^eichsam  der  legitimste  Titel  zur  Inanqvucb- 
nafame  jeglicher  Selbstftndigkeit  und  Immmut&t  von  der  Reichagewalt 
erUicIct.  Darum  sind  audi  die  Urbare  dieser  Zeit  viel  mehr  auf  den 
Besitzstand  und  die  Eänkfinfle,  als  auf  die  administrative  und 
ökonomische  Benützung  derselben  gerichtet;  viel  mehr  eine  Quelle 
Pur  die  Geschichte  der  Gütcrvertheilung,  als  der  Güterlaenützung,  des 
Productions-  und  Erwerhslebens  der  Bevölkerung. 

Die  Anzahl  der  IJrbarialaufzeichnungen,  welche  aus  dieser  Zeit 
bekannt  geworden  sind,  ist  eine  relativ  nicht  unbodoutcnde.  Der 
Versuch  eines  Ueberblicks  über  das  gedruckte  Material  wobei 
allerdings  die  von  den  Herausgebern  festgestellten  Altersangaben  als 
Grundlage  dienen  mussten,  ergab  21  Stäcke  Yon  geistlichen  und  2  von 
wetUiehen  Grundherrschaften;  es  sind  Urbarialaul^Eeichnungen  von 
Ghur,  Maurusmänster  und  Sindeisberg,  Si  Alban  bei  Mainz,  Lorsdi, 
Fulda,  Retters  in  Nassau,  Werden  a.  d.  Ruhr,  Hetlach,  Trier, 
Rupertsberg  a.  Rhein,  (üorvey,  Freckenhorst,  St.  Ludger  in  Helm- 
stedt, Osnabrück,  Augsburg,  Tegernsee,  Benediktbeuern,  Freising, 
St  Emmeram  in  Regensburg  und  Reichersberg  am  Inn  einerseits, 
▼on  den  Grafen  von  Dale  und  von  Falkenslein  anderseits*). 

Es  kann  wohl  mit  Bestimn)thei(  angenommen  werden,  dass 
dieses  Verzeichniss  go(h'U(:kter  Crbare  aus  dieser  Periode  noch  un- 
vollständig ist;  denn  lu  i  der  prrossen  Zerstreutlioit  und  viellarh  sogar 
Verborgenheil  der  eiii/t  hien  Stücke  ist  eine  vollständige  Bekannt- 
schaft mit  allen  Publikationen  dieser  Art  von  einem  ersten  Versuche 


In  den  Sitzungsberichten  der  kais.  Akademie  Wien,  1876.    Bd.  84. 

a  198  ft 

*)  Hinzuzufügen  ist  noch  «in  Seh«iikaiig8Kgi8tffir  des  Klosters  Helmerdiftiuen 

an  der  Dirnicl,  ^'escli riehen  um  das  Jahr  1120,  bei  Wenk  Urkundenbuch  zum 
2.  Bande  der  hessischen  Landesgesctiichte,  S.  60  (T.  Dasselbe  isl  ein  summarischer 
TtaditioQSOodex,  ähnlich  dem  von  Lorsch  {Cod.  Lauresh.  Iii,  231  ff.).  An  das« 
sdbe  aehUesst  nch  bei  Wenk  S.  72—76  «In  Vemiehnist  der  dni«]n«n  OeOlle, 
von  dem  jedoch  der  Anfang  fehlt,  —  Auch  das  Urbarialfragment  des  Domcapitels 
in  Passau,  Mon.  Hole  XXIX  t>,  '2*;4— 2GG  und  Urk.-Buch  des  Landes  o.  d.  Enns 

I.  51Ö — 520,  gehört  noch  dem  12.  Jalirhundert  an.  —  Eine  Urbarialauf  Zeichnung 
Aber  den  Hof  ta  bigeaheim  (dem  Domcapitel  von  Stnssbaig  gehörig)  aus  dem 

II.  JahrhuiHlcrt,  smvie  ein  Ertragsverzeicbniss  der  Cohmie  Willegoltbeim  im 
Elsass  (1101)  hei  Hannurr  los  conititations  des  campagnes  de  TAlsace  au 
moyen  age  1864  S.  11  und  14. 

AroUTsUMh«  ZcUtohrtft.  IL  8 


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34 


V.  Inama-Stemegg: 


der  Sammlung  kaum  zu  erwarten.  Ebenso  werden  sicher  manche 
der  angefahrten  Urbare  bei  genauerer,  besonders  auf  archhralisdie 
Studien  begründeter  Kritili  wieder  ausgeschieden  und  einer  sp&tem 
Zeit  zugewiesen,  vieilelcht  gar  als  unecht  erlclärt  werden  mössen. 

dem  bekannten  Bestreben  der  Klöster  und  Stifte,  Besitz  und 
Rechte  aus  möglichst  frülier  oder  gar  iinvordt  nklit  lu  r  Zeit  licrzuleiten, 
wie  bei  dem  nicht  minder  l^ekannten  Bestreben  älterer  Herausgeber, 
dor  von  ihnen  pul)li(  irten  Quelle  ein  rn()i,'lichst  ehrwürdiges  Alter  zu 
vindirin  n ,  wird  die  Ghronolou'ie  der  Url)arion  allerdings  noch  ein 
weites  Feld  ihrer  Thätigkeit  olTen  haben  und  die  Kritik  überhaupt 
nicht  so  bald  jeder  Mülu'  iiberhohen  sein 

Aber  es  darf  doch  anderseits  nicht  überselien  werden,  dass  die 
Reihe  der  Urbarien  aus  dieser  Periode  noch  einer  erliebliclien  Er- 
weiterung f&hig  ist,  wenn  nur  erst  die  reichen  archlvalischen  Schätze 
gehoben  sdn  werden,  von  deren  Esstenz  bis  jetzt  noch  kaum  eine 
Kunde  geworden  ist. 

Ich  will  diese  Annahme  mit  zwei  Beispielen  wenigstens  etwas 
rechtfertigen. 

a.  Für  einen  Codex  traditionum  Westfalensium,  der  vorzugsweise 
eine  Sammlung  aller  Urbarien  dieses  Gebietes  enthalten  soll,  sind 
neun  meistens  sehr  werthvolle  Stücke  ver/oichnet,  von  denen  nur 
einige  bi>her  durch  den  Druck  liekannt  geworden  sind.  Ich  er- 
wähne sie  hier  nach  der  Einleitung  zu  dem  I.  Bande  dieses  Traditions- 
codex *).  1,  Ein  umfangreiches  ungedruckles  Ileberegister  des  Stifts 
Werden  aus  dem  IX.  Jahrhundert.  Original  im  K.  Staatsarchiv 
zu  Dässeldorf  A.  89.  2.  Ein  ebenfalls  sehr  ausgedehntes  Werdener 
Heberegister  sec  DL  und  X.  Original  ebend.  A.  88.  3.  Das  Freeken- 
horster  Heberegtster  sec.  XI.  4.  u.  5.  Zwei  Heberollen  des  Stifts 
Herzebrock  sec.  XI.  Depositum  des  Fürsten  Bentheim-Tecklenburg- 
Rheda  im  K.  Staatsarchiv  zu  Münster.  6.  Ehi  sehr  ausführliches 
Heberegistcr  sec.  XII.  7.  Das  Heberegister  des  Grafoi  von  Dale. 
1188.  8.  Eine  Heberegister  des  St.  Mauritzstifts  von  Münster  aus 
dem  12.  Jahrhundert  9.  Ein  Heberegister  des  Stifts  Ueberwasser 


*)  Es  ist  hier  nur  beispielsweise  au  das  früher  berühmte,  jetzt  als  Fälschung 
«ICBniite  Registram  bonorum  et  proventumn  Abb.  Corbeiens.  des  Abts  Saraclio, 
angeblieh  aus  den  Jahren  1068—71  bei  Falice  Codex  tradit  Gorbeiens.,  ni  er> 
innern.   Vgl  auch  die  Bemerkungen  von  Hundt  za  den  Urfcarien  des  Eloeters 

Altomünster  (Ob.bair.  Archiv  XXI.  S.  203). 

*J  Herausgegeben  von  E.  Friedläiider  1872. 


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Ueber  Urbarien  und  UiiwrialBufiwiehniingen. 


35 


zu  Münster  aus  dem  Anfang  des  12.,  vielleicht  Ende  des  11.  Jahr- 
hunderts. 

Aus  späterer  Zeit  sind  dann  nocli  für  die  Herausgabo  ver- 
zeichnet: das  goldene  LjucIi  von  Freckenhorst,  der  sog.  über  catenatus 
Vredensis  und  ein  Cappenberger  Güterverzeichniss  aus  dem  XIV.  Jahr- 
hundert, ein  Verzeichniss  der  einer  Reihe  von  Klöstern  des  Münster- 
landes gAiXSanigea  Etixsa,  und  dn  registrum  decimarum  des  Stifte 
UdlMTwasser  aus  dem  15.  Jahrtiundert 

b.  Ein  flachtiger  Besuch  im  k.  bair.  allgemeinen  Reiehsarebiv  hat 
mir  eine  Reihe  noch  ganz  unbenutzter  Urbarien  in  die  Hände  ge- 
führtt  von  denen  dieser  Periode  zugehören  dflrft^: 

a.  ein  Urbar  (k>s  Klosters  Baumburg  in  dem  Cod.  membr. 
Fol.,  12.  Bl.,  Archiv  Nr.  2  Seite  5—14  (Seile  1-4  fehlen) 
nach  einer  alten  Archivnotiz  aus  dem  Jahre  1166.  Ein  sehr 
vollständiges  Urbar  desselben  Klosters,  beendet  1245  (die  Jjihres- 
zahl  des  Beginns  ist  unleserlich,  aber  von  derselben  Hand) 
enthält  ein  Pergainentcodex  Nr.  17,  ib.  auf  63  beschriebenen 
Blättern. 

b.  ein  Urbar  im  Salbuch  von  St.  Mang  in  Stadt  am  Ilof 
Nr.  1,  Perg.  Codex,  Fol.,  32  beschriebene  Blätter,  nach  alten 
Copien  aus  dem  12.  Jalurbundert,  jedenfolls  aber,  wegen  der 
Schrift  und  wegen  der  darin  verzeichneten  Umwandlung  von 
Naturalabgaben  in  Geldleistungen  nicht  vor  Ende  des  12.,  eher 
sogar  an  den  Anfang  des  13.  Jabriinnderts  zu  setzen. 

c.  der  Liber  decimarum,  subditomm  et  prestandorum  ab 
eis  sive  ad  granarium  sive  ad  culinam,  conscriplus  anno  1206 
des  Klosters  Au,  beigegeben  dem  Traditionsoodex,  gr.  4', 
33  Bl.,  der  im  Jahre  1113  geschrieben  ist. 

d.  eine  alte  Abschrift  eines  deutschen  thliars  des  Klosters 
Nonberg  bei  Salzburg,  Arch.  No.  3,  Anno  Domini  1212  das 
ist  meiner  Frowen  der  Abtessin  von  Nunbereh  Urbari)nech,  dar 
in  verschrieben  alli  di  Gab  und  Urbar,  das  das  Gotshaus  ze 
Nunbereh  hat*). 

Dagegen  schdnt  mehie  hi  den  Sitzungsberichten  der  lods.  Aka- 
donfe  (I.  c.  S.  195)  ausg^prochene  Vermuthung  von  &.n&a  UriNur  des 

')  Ich  erwähne  die  letzten  beiden  Urbare  in  diesem  Zusammenbaii'p'e ,  da 
flie,  dem  Anfange  den  13.  Jahrhunderts  augehörig,  im  Wesentlichen  noch  Zu- 
stinde  aehiMern,  wdehe  ton  den  wirUMditlUieheii  Reftmneu  des  18.  Jahi^ 
honderts  nicht  berflhrt  encbdnen. 


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86 


V.  Inaiiia*8t«niegg: 


Klosters  Aspach  aus  dem  12.  Jahrliundort  auf  einem  Irrthum  zu 
beruhen;  denn  das  bei  Grimm  Woislhümor  VI,  131  enthaUone 
Weislhum  von  A.^parh,  —  wolflios  in  §  12  l)cstimmt :  sollen  des  gots- 
haiis  lout  fuotor  und  liuener  darbringen  als  von  alter>  horkömmen 
ist  nuch  Inhalt  des  urbaipueths,  —  gehört  wohl  selbst  erst  dem  Ende 
des  13.  oder  Anfang  des  14.  Jahrhunderts  an ;  ja  ein  ungefähr  glnch- 
lautencter  Text  dieses  Weisthams  im  Salbocb  tchi  Äspach,  Perg. 
Codex,  klein  4o,  69  B1.,  alte  Nr.  20,  aus  dem  Ende  des  13.  Jahr- 
hunderts enthält  an  der  betreffenden  Stelle  keine  Verweisung  auf  das 
Urbaibuch.  Der  Codex  selbst  enthält  jedoch  auf  Fol.  38—43  und 
Fol  52—62  UiiMrialaufzeiehnungen. 

3)  Dio  dritte  Periode  der  Urbarion  endlich,  wolcho  ungofTdir 
mit  dem  13.  Jahrhunderte  beginnt  uiul  1)!:^  trogen  Ende  dos  Mittel- 
alters im  Wesentlichen  mit  unverändertem  Charakter  sich  crlirdt, 
trägt  in  Bezu^  auf  unsere  Quollen  wietlor  einige  ganz  besondere, 
charakteristische  Zuge.  Ihr  goli()ron  vor  Allem  jene  grossartigen 
Urbaro  an,  welche  mächtige  Grundherrn  gloiclisatn  als  Abschluss 
eines  langen  Processes  dor  Bildung  ihrer  Territorialmacht  anlegen 
liessen,  um  dann  auf  dieser  breiten  und  festen  Unterlage  den  Bau 
einer  staatlichen  Ordnung,  eine  eigentliche  Landesherrsdutft  zn  be- 
gründen. Hierher  gehören  in  seitlicher  Anordnung  das  älteste  herzog- 
lich beirische  Urbar  (cc.  1240)^),  das  Ottokar'sche  Urbar  von 
Oesterreich*)  (1247—1262  nach  Lorenz,  1275  nach  Ghmel)  und 
▼on  Steiermark  (1265—1267)  *)«  die  spätem  bairischen  Urbare  von 
Ober-  und  Niederbaiem  (cc.  1280),  ein  weiteres  Urbar  von  Oester- 
rdch  bald  nach  Uebernahme  der  Länder  durch  Rudolf  von  Habs- 
burg 1283  verfasst*),  das  Urbar  der  Grafschaft  Tirol  unter  Mein- 
hard n.  (1286 — 1295  geschrieben^),  das  h;ib«hiir?-österreichische 
Urbarbuch  aus  dem  Anfangs  <le>  t4.  Jahrhunderts  '^),  die  bairischen 
Urbare  von  Ober-  und  Niederlfaiern  theils  aus  dem  Anfang  des 
14.  Jahrhunderts,  theils  etwas  später  verfas:>t,  und  endlich  das 

\)  Mon.  Roic,  Band  XXXVI  a  und  b,  wo  alle  benogL  bairiscben  Urliare 

gesammelt  sind. 

")  Herausgeg.  von  Cbmel  Im  Notim^att  (Beil.  z.  Archiv  fQr  öst.  Geschichte) 
1866^  8,  888  tt.  Lorenz  deatsehe  Geiebidite  I,  867.  ^ 
*)  Helwici  Thuringi  mtionaiium  Stiriae  1866—1887  bei  Ranch  rer.  Austr. 

Script.  II. 

*)  Rauch  I.  c.  II,  S,  3  ff.,  vgl.  Lorenz  I.  c.  und  GeschichtsqueUen  S.  235. 
*)  Hanusoript  der  icais.  Hofbibliothek  in  Wien.  HAehit  wathvolll 
HmmgegdMn  von  Fr.  Ptäkr  1660. 


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üebcr  UriMrien  tnul  ürbarialanAteiehniiiigeD.  37 

r.andbuch  der  Neumark  Brandenburg  vom  Jahre  1337,  und  Karl  IV. 
Laiidbuch  der  Mark  Brandenburg  vom  Jahre  1375 

Neben  ihnen  gibt  es  dann  eine  stattliche  Reihe  sehr  vollständiger 
Urbarien  vorzugsweise  von  geistlichen  Grundherrschaflen,  für  deren 
Anlegung  sichtlich  die  gesteigerten  Anfoiderungen  massgebend  waren, 
welche  die  voik.swirths(h;iftlich  vorgeschrittene  Zeit  an  den  Betrieb 
der  Bodenwirthschafl  und  an  eine  intensivere  Verwerthung  der  vor- 
handenen Productivmittel  stdlte.  Es  soll  damit  keinesw^  gesagt 
sein,  dass  nicht  auch  die  frfiher  massgebenden  Motive  auch  jetzt 
noch  auf  die  Anlegung  von  Urbarien  emgewirkt  hatten;  in  einBelnen 
Fällen  ist  das  sogar  ausdrücklich  bezeugt"). 

Aber  doch  gibt  es  seit  dem  13.  Jahrhundert  ein  unverkennbarer 
Fortschritt  in  der  Ausbildung  des  ganzen  Grimdbuchwesens  des 
Mittelalters  zu  verzeichnen,  der  sich  nicht  bloss  in  der  bedeutenden 
Vermehrung  der  Anzahl,  sondern  auch  in  einem  ungleich  reich- 
haltigeren, besonders  auch  wirthschaflsgeschichtlicb  mannigfaltigeren 
und  interessanteren  Inhalte  kundgibt. 

Der  V^crsuch  eines  Uebcrblicks  über  die  gedruckten  Urbarien 
dieses  Zeitraums,  unter  vorzugsweiser  Berücksichtigung  der  älteren, 
ergab  auf  den  ersten  Wurf  37  Stücke  von  weltlichen  und  geist- 
lichen Grundherrn,  neben  denen  mir  aus  dem  13.  Jahrhunderte 
alldn  von  angedruckten  hervorragenden  Urbarien  die  von  Seheym, 
Benediktbeuern,  Tegernsee,  Seeon,  Geisenfdd,  Weihenstephan  und 
Aspach  in  Baiem*)»  die  Mehihard'schen  Urbare  der  Gra&cfaaft  Tirol, 
die  Kknterurbarien  von  Neustift  und  Stams  m  Tirol  sowie  das 
Urbarium  Fridoidanum  Gremlfimense  %  ans  dem  Anfiuig  det  via>> 
zehnten  Jahrhunderls  drei  Ebersberger  (Baiem)  Sal-,  Gilt-  und  Lehen- 
bücher bekannt  sind.  Dabei  sind  die  späteren  Urbare  (besonders 
des  15.  Jahrhunderts)  noch  fast  gar  nicht  berücksichtigt  und  ebenso 
ist  von  den  einfachen  Heberollen  und  ManualauCzeichnungen  d^ 


')  Das  erstere  herausgeg.  vonGollmert  1862,  das  letztere  von  Fldicln  1866—^ 

')  Vgl.  aucli  0.  Loronz  dputschf  (iesohiclils(jupll<ni  S.  236. 

*)  Sänuntlich  im  k.  bair.  allg.  Reichsarcbiv  zu  München« 

*)  Die  efsteren  in  der  ünitenitiltsbibliothek  lu  hmstmiek,  die  andern  im 

Stiftsarchiv  von  Stams. 

')  Vgl.  Sailer  Gcschictite  der  Treisbcwegung  in  Niedorrislerreich  im  14.  .Tahrli. 

(Blätler  des  Vereins  für  Landeskunde  von  NiederOsterreich  1870  f.)  und  A.  Horawitz 

tnr  Qeechidiie  dar  Klosterwirthsebaft  in  der  ZeiteebrUt  fOr  deutsche  CuUur- 

geedriehte  1871  t 


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88 


T.  iDKiiia-StMniegg: 


Gutsverwaltungen  abgesehen,  welche  in  den  früheren  Perioden  unier 
den  Urbarialaufzeicbnungen  überwi^pen. 


Mit  diesem  Matpi  ial  kann  voriaiitig  beruhigt  an  die  Ausarbeitung 
einer  Wirthschaftsslatislik  des  früheren  deulsclien  Mittelalters  ge- 
schritten werden,  und  gestützt  auf  diese  solide  Grundlage  exader 
Forschung  braucht  dann  die  Wirthschaltsgeschicfate  nicht  länger 
zwischen  einer  unzusaninienh&ngenden  Sammlung  curioser  Anek- 
doten und  einer  »philosophischen«  Geschichtsconstruction  mit  un- 
historischer schablonenhafter  Kategwisirung  der  dnzelnen  Epochen 
haltlos  hin  und  her  zu  schwanken. 

I.  Der  Wirthschaflsstalislik  QUli  dabei  vor  Allem  die  Auf- 
gabe zu,  für  die  verschiedonon  Perioden  ein  möglichst  exactes  und  voll- 
ständiges Bild  der  Thatsachen  zu  entwerfen,  für  welches  die  Urbarial- 
aufzeiehuungen  glcichsaui  das  Urmalerial  bieten.  Sie  hat  auch  iiier, 
wie  überliaupt  in  der  Wissenschaft,  zunächst  als  Methode  quanti- 
tativer Messung  socialer  Erscheinungen  zu  dienen.  Sie  hat  nach  den 
Gesichtspunkten  der  Wirthschaflslehre  die  elementaren  Zahlen  zu 
sammeln,  zu  sichten  und  zu  ordnen,  um  auf  diese  Weise  eine  syste- 
matische Massenbeobachtung  anstellen,  und  das  H^lmässige  von 
dem  Ausnahmsweiaen,  das  Typische  von  dem  scheiden  zu  kOnnen, 
was  als  Besonderheit  des  einzehien  Falles  erscheint. 

1.  Die  erste  Au^abe,  welche  die  Wirthschaftastatistik  mit  Hilfe 
der  Urbare  zu  erfüllen  versuchen  muss,  ist  die  Herstellung  eines 
vollständigen  Bildes  von  der  Vertheilung  von  Grund  und  Boden  in 
den  verschiedenen  Gegenden  und  Geschichtsperioden.  Denn  er  war  ja 
während  des  frühen  Mittelalters  nicht  nur  das  hervorragendste  Mittel 
der  nationalen  Production ,  sondern  es  bildete  sieh  auch  die  sociale 
Schichtung  vorneiulich  auf  der  Grundlage  der  Bodenvertheihmg  aus. 

Zu  diesem  Behüte  ist  vor  allem  die  räumliche  Ausilchnung 
der  im  Urbar  beschriebenen  Grundherrschart,  die  zusammenhängende 
oder  zerstreute  Lage  der  einzelnen  zu  ihr  gehörenden  Besitzungen 
und  Wohnplätze  fiestzustellen,  eme  Arbeit,  welche  als  vorbereitend 
für  jedes  weitere  Verständniss,  strenggenommen  inuner  von  den 
Herau^iebem  solcher  Quellen  übernommen  werden  sollte.  Daran 
reiht  sieb  bei  nicht  arrondirtem  Gutsbestande  zunächst  die  möglichst 
genaue  Feststellung  der  Grösse  der  duzehiea  Besitzungen  und  Län- 
dereien, um  zu  einem  GesammtausAnick  der  Grösse  der  ganzen 


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U«ber  ürbarioi  und  UrbarialaufMelmnnBni. 


39 


Grundhemchaft  m  gdangen.  Diese  Au^jabe  wird  nun  allerdings 

dadurch  oft  sehr  schwierig,  dass  die  Urbare  nicht  die  Anzahl  der 

Morgen  oder  Tagwerke  anführe,  aus  denen  die  einzelnen  Güter 
bestellen.  Es  wird  sich  aber  aus  der  Hohe  des  Lastenstandes  der- 
selben, oft  auch  aus  der  Zahl  der  aul  denselben  lebenden  Colonen 
und  aus  manchen  anderen  Anhaltspunkten  die  Durchschnittsgrössc 
mei?t  ermitteln  lassen,  welche  für  solche  GutsÜieile  in  Ansatz  ge- 
bracht werden  muss. 

Die  ganze  Masse  des  grundherrscli;inii(  ben  Besilzthums  ist  dann 
nach  dem  Eigenthumsrerhältnisse  zu  scheiden  in  die  Eigengüter  und 
in  die  Beneficien,  Precarien  und  Lehengüter,  welche  dieselbe  von 
fremden  Eigenthfimem  besitzt;  ebenso  ni  sondern  ist,  was  die  Grond- 
henschaft  als  Lehen  oder  Afteilehen,  Beneficium,  Zinsgut  n.  dgl. 
aus  ihrem  Besitze  hinausgethan  hat,  wodurch  im  Allgemeinen  der 
Intensitätsgrad  ersichtlich  wird,  mit  welchem  die  Herrschaft  Ober  Grund 
und  Boden  an  den  einzelnen  Theilen  des  ganzen  Besitzthums  geübt 
wird.  Zur  volkswirthschaftlichen  Messung  der  Landgüter  ist  dann 
noch  eine  weitere  Unterscheidung  durchzuführen,  welche  die  Grösse 
und  Gruppirun«:  des  Sallandes,  das  die  Herrschaft  in  eigener  Be- 
wirthscliaftung  bült,  und  des  Beneficial-  und  Zinslandes  betrilll, 
von  dem  die  Herrschaft  nur  bestimmte  Arbeits-  und  Güterleistungen 
empfangt. 

Aus  dieser  statistischen  Bearbeitung  der  Urbare  müssen  sich 
dann,  vorausgesetzt,  dass  sie  in  genügend»  Anzahl  und  Vdbtän* 
digkeit  vorhanden  sind,  fiOr  ehi  bestimmtes  grösseres  Gdiiet  Durch- 
schnittsgrössen  des  grossen,  mittleren  und  kleinen  Besitzthums  er- 
mitteln und  die  s&nuntlidien  Grundbesitzer  dieser  Gegend  darnach 
classiflciren  lassen;  daraus  wird  zunächst  die  Vertheilung  des  Grund- 
bedtzes  als  sociales  und  wirthschaflliches  Machtmittel  ersichtlich. 

Ebenso  werden  für  die  Wirlhschaflseinhcitcn,  für  den  von  einem 
Landwirth  l)ewirthschafleten  Grundbesitz,  Durchschnittsgrössen  des 
grossen,  mittleren  und  kleinen  Wirthsrhaftsbctriebes  festzustellen  sein, 
welche  dann  mehr  als  Anhaltspunkte  für  die  Beurtheilung  des  Pro- 
ductionsvermögens  der  Landwirthschaft  geeignet  sind. 

Solche  Durchschnitlsgrössen,  welche  sich  wohl  nur  aus  den 
Urbaren  gewinnen  lassen,  haben  dann  aber  auch  über  die  national- 
ökonomische  Analyse  derselben  hinaus  einen  allgemeinen  Werth;  es 
können  an  ihrer  Hand  alle  vereinzelten  Angaben  dieser  Art,  wie 
sie  uns  in  Traditionsurkunden  und  sonst  begegnen,  viel  besser  ver- 


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40 


standen,  richtiger  beurtheilt  und  mit  dem  sonst  Bekannten  in  genauere 

Vei^leichung  gesetzt  werden. 

\ach  den  Culturarton  i^'md  dann  weiter  am  ganzen  Areale  der 
Grundhcrrschaft  zu  unfeischeiden  und  in  iliren  Grössenverlmltnissen 
festzustellen  das  Ackerland,  die  Wiesen  und  AVcinborpe,  das  Weide- 
und  Waldland,  und  es  können  nach  der  herrschenden  Cnltur  die 
Güter  uidersciiieden  werden  in  Feldgilter,  Wald^'ilter,  Vieh;.'üler  etc. 
Tiieils  sind  hiefur  die  Angaben  der  Urbare  unmittelbar  zu  verwenden, 
theils  wird  sich  aus  der  Art  der  Ab{:aben  ein  Schluss  auf  die  Cultur- 
arten  ziehen  lassen.  Dabei  ist  es  nicht  unwichtig  auch  festzustellen, 
ob  sich  diese  Unterschiede  des  Hauptcharakt^rs  der  einzelnen  seHn 
ständigen  Wirthschaften  mit  den  Grössenverhältnissen  derselben 
irgendwie  berühren,  ob  z.  B.  die  Feldguter  vorwiegend  der  Glasse 
mittelgrosser  Wirthschaften,  die  Wald-  und  Viehgfittf  den  grossen, 
die  Weingüter  etwa  den  Parzellenwirthschaften  angehören. 

Auch  das  Verhältniss  der  Culturarten  zu  einander  und  ihr 
relativer  Antheil  am  Gesammtareal  der  Grundherrschafl  verdient 
statistisch  ermittelt  zu  werden,  und  ist  sehr  geeignet,  das  Bild  des 
ganzen  Cultnr/ustandes  einer  Gegend  zu  beleben. 

2)  Einen  anderen  für  die  Beurtheilung  der  Wirthschaft  und  des 
ganzen  Gulturzustandes  sehr  wichtigen  Punkt,  welcher  gleichfalls 
einer  statistischen  Darstellung  zugiingliih  und  bidürflig  ist,  bildet 
der  hitensitälsgrad  der  Bodenbewirlhscliaflung.  Sowohl  zur  Ver- 
gleichung  der  Zustande  vorschfedener  Gegraden,  als  insbesondere 
zur  Beobachtung  der  Fortschritte,  welche  die  Wirthschaft  im  Laufe 
der  Zeit  gemacht  hat,  ist  diese  Untersuchung  unerlässlich,  wenn  auch 
bei  der  nn  Ganzen  dnfachen  Betriebsweise  des  frfiheren  Mittelalters 
etfaebiiche  Verschiedenheiten  des  Intensitätsgrades  bei  den  einzelnen 
Wirthschaften  derselben  Grundherrschaft  nicht  hervortreten  werden. 

Um  auf  diesem  Punkte  zu  befriedigenden  und  sicheren  Ergeb- 
nissen zu  gelangen,  wäre  nun  allerdings  in  erster  Linie  die  Intensität 
der  Bevölkerung  und  l)esonders  die  Zahl  der  verfügbaren  Arheits- 
krällo  zu  ermitteln.  Nur  wenige  Urbare  aber  geben  darüber  unmittel- 
bar befriedigende  Aufschlüsse.  Dagegen  lässt  sich  doch  auch  hier 
Vieles  durch  (lomhination  und  Anwendung  der  statistischen  Methode 
gewinnen.  Manche  Urbare  verzeichnen  wenigstens  die  Anzahl  der 
auf  dem  Herrenhofe  und  dem  Sallande  beschäftigten  Arbeiter.  Aas 
ihrer  Zahl  im  Verhältniss  zur  GrGsse  des  Sallandes  lässt  sich  unmer- 
hin  eme  DurchschnittsgrOsse  des  Acker-  und  Wiesenlandes  finden. 


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Ueber  UriMrion  and  PrbmriahqfceichnnngeB.  4S, 

für  dessen  Bestellang  eine  Arbeitskraft  nothwendig  war.  Dass  ffir  das 

Herrenland  Iheilweise  auch  noch  die  Arbeitskraft  der  Colonen  verfügbar 
war,  darf  hier  nicht  allzusehr  beirren.  Denn  einerseits  sind  die  mancipia 
und  servi  dorninici  auch  durch  häusliche  V^errichtungen  in  Anspruch 
genommen,  und  anderseits  hat  doch  gerade  das  Ilerrenland  im  Allge- 
meinen einen  grösseren  Intensitätsgrad  der  Bewirthschaftung  aufzu- 
weisen. Und  die  Vermelinnig  der  ArbeilskrÜfle,  welihe  von  den 
Colonengülern  gestellt  wckIch,  ist  doch  auch  in  der  Regel  nicht  so 
bedeutend,  als  dass  sie  niclit  durch  eben  diese  Umstände  aufgewogen 
werden  könnte.  Andere  Urbare  geben  uns  dann  manche  Daten  über 
die  Bewohnung  der  an  Gobnen  ansgethanen  Mansen  und  Hofen,  und  wir 
kfionen  darana,  unter  Anwendung  der  nöthigen  Vorsichf,  Immerhin 
brauchbare  Durchschnitte  der  gesammten  ArbeitsbeTÖlkerung  der 
hSiigen  GOter  berechnen,  welche  mit  den  am  Herrenhofe  geftmdenen  Be- 
Völkerungszahlen  verglichen  und  mit  ihnen  richtig  gestellt  werden  können. 

Einen  weiteren  Anhaltspunkt  für  die  I?eurtheilung  des  Intensitäts- 
grades der  Wirlhschafl.  bietet  der  Viehstand  der  einzelnen  Wirth- 
schaften,  welcher  natürlich  in  seinen  Vcihältnissen  zum  bebauten 
Areale  und  zu  den  menschlichen  Arb  itskräften  dargestellt  werden 
muss.  Auch  die  Anzahl  der  Ackerwerk/.euge  und  Geräthscliaften, 
welclie  sich  dann  und  wann  verzeichnet  findet,  bildet  hiefür  eine 
erwünschte  Hilfe,  wie  nicht  minder  das  Verhältniss  der  einzelnen 
Fruchtgattungen  dazu  ver  wert  bei  werden  kann. 

JMe  Feststellung  der  Ertragsfuliigkdt  des  Bodens  und  des  wirk- 
lichen mittleren  Ertrags  der  Guts-  und  Golonenwirthschaft,  wdche 
als  das  Resultat  einer  gewissen  Betriebsintensität  den  Ahechluss 
dieser  statistischen  Untersuchungen  bilden  sollte,  unterliegt  jedoch, 
auch  wo  die  erwähnten  Factoren  ziemlich  sicher  gesteDt  werden 
können,  erheblichen  Schwierigkeiten. 

Für  das  Salland  wird  die  Ertragsgrösse  unmittelbar  nur  dann 
berechnet  werden  können,  wenn  die  Einkünfte  im  Urbar  verzeichnet 
sind,  welche  die  Gutswirthschaft  aus  demselben  zieht;  aber  auch 
dann  ist  sie  zunächst  nur  eine  Productennienge,  deren  Verkehrswerth 
erst  durch  [genügend  reichliche  und  wohlgesicblete  Preisangaben  ge- 
wonnen werden  kann. 

In  den  älteren  Urbaren  sind  diese  allerdings  selten  und  auch 
dann  fast  immer  nur  vage  Werthschätzungen  (z.  B.  bei  Schweinen 
lind  aiMlnan  Vidi),  um  Qualitätsunterschiede  zu  einem  kurzen  und 
verständlichen  Ausdrucke  zu  bringen.  Aber  schon  im  t2'.,  noch 


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42 


foanttFSteniiegg: 


mehr  im  13.  Jahrhunderte  sind  Reluitionspreise  häufig,  die  dann 
über  den  Geldwerth  des  Krtrags  wenigstens  so  weit  Aufschlüsse 
geben,  als  dieser  für  den  Grundherrn  selbst  in  Betracht  kam.  Daneben 
finden  wir  ahor  in  späteren  IVbaron  auch  schon  Marktpreise,  be- 
sonders wo  das  städtische  Lohen  eine  Grundherrschaft  näher  berührt. 
Die  Erlraps;:rö<s('  für  d\e  dienenden  Colonen;:üter  einfach  nach  den 
Krträgnissen  des  Sallands  zu  biTerbnen.  wird  kaum  entsprechend 
sein.  Es  sind  eben  die  Bedingungen  der  Wirthschaft  bei  diesen  beiden 
Kategorien  von  Gütern  doch  allzuverschieden;  der  Intensitätsgrad 
der  Golonenwirthscfaaft  wegen  der  unTollkommenen  Verfügung  Ober 
die  eigenen  Arbeltskräfte  und  des  Mangels  an  Betriebskapital  im 
Ganzen  ein  niedrigerer.  Es  sind  daher  zu  diesem  Zwecke  weitere 
Anhaltspunkte  zu  Hilfe  zu  nehmen,  mit  denen  die  fQr  das  Salland 
gewonnene  Ertragsgrösse  immerhin  zusammen  gehalten  werden  kann. 
Hiefür  sind  die  Zinse,  Abgaben  und  Lieferungen  ganz  vornehmlich 
gedgnet,  welche  die  einzelnen  dienenden  Güter  za  tragen  haben; 
(eine  gewisse  Verhältnissmässigkeit  derselben  zu  ihrem  mittleren  Ertrage 
Ist  unverkennbar. 

3)  Es  \<i  ah(T  in  der  Feststellung  der  gesamniten  Einkünfte, 
welche  die  Grundlierrsclialt  aus  den  verschiedenen  Formen  ilires 
ßesitzthums  zieht,  eine  weitere  Hauptaufgabe  der  statistischen  Bear- 
beitung der  Urbarien  zu  erblicken.  Zu  diesem  Eiehufe  sind  die 
sämnit liehen  Abgaben  und  Leistungen  der  Pflichtigen  Güter  zu 
summiren,  die  gefundenen  Grössen  zur  Gontrole  der  häufig  unrichti- 
gen Summen  äet  Urbarien  zu  verwenden;  die  gegODständllchen  und 
qualitativen  Unterschiede  sind  dabei  selbstverständlich  auf  das  Voll- 
ständigste zu  boröcksichtigen  und  zur  Endelung  der  Hauplsommen 
sind  die  verschiedenen  Masse,  Gewichte,  Geld-  und  Mänzsorten  auf 
gemeinsame  Ausdrücke  zu  bringen,  wozu  in  daa.  Urbarien  nicht  seltm 
selbst  genügende  Anhaltspunkte  gegeben  sind. 

Die  wichtigsten  Unterscheidungen,  welche  dabei  für  die  statistische 
Bearbeitung  jedenfalls  festgehalten  werden  müssen,  beziehen  sich  theils 
auf  das  berechtigte  und  das  verpflichtete  Subjekt,  beziehungsweise 
auf  den  Rechtet ilel  der  Abgabe  oder  Leistung,  und  theils  auf  das 
Objekt  der  rilicht.  Darnach  sind  bei  den  Abgaben  die  landesherr- 
lichen, grundherrliohen  und  die  aus  besonderen  privatreclillichcn 
Verhältnissen  (z.  B.  Pacht,  Miethe,  Darlehen)  hervorgegangenen,  die 
dinglichen  und  die  perscMiliclieti  Lasten,  die  Natural-  und  die  Geld- 
abgaben auseinander  zu  halten;  bei  den  Leistungen  sind  die  persön- 


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üeber  Urbtrieo  and  Urbwitktt&^lmiiiigai. 


43 


liehen  Dienste  von  den  Leistungen  de?;  Betriebskapitals  der  Pflichtigen 
Wirthschaft  (z.  B.  mit  Arbeitsvieh,  Aufzucht  von  Vieh  des  Grund- 
herrn) auseinander  zu  halten;  und  immer  werden  auch  die  Gegen- 
leistungen zu  berücicsichti^'en  sein,  welche  den  rflichligcn  von  der 
Herrschaft  gereicht  werden,  sei  es  als  wahre  Aeijuivalonle,  oder  nur 
aus  Gefälligkeit,  oder  zur  Erleichterung  des  l)ien^^les.  Auch  eine 
Unterscheidung  der  Abgaben  je  nach  ihrem  Charakter  als  Ertrags- 
quoten (z.  B.  Zehenten),  Vermögensleistungen  (z.  B.  nach  der  Grösse 
des  Besitztbums,  des  Viehstands)  oder  Personalsleuern  lässt  sieb  an 
manchen  Uribarien  mit  Erfolg  duiehführen.  Im  Allgemeinen  aber 
mass  die  statistiscbe  Anordnung  sich  begreiflicberweise  nacb  dem 
concreten  Inhalte  der  Urbare  richten,  und  können  allgemein  gflitige 
Regeln  oder  Schemata  nicht  aa%estdtt  weiden. 

Damit  werden  im  WesentKcben  die  Aufgaben  bezeichnet  seui, 
welche  die  statistische  Bearbeitung  des  einzelnen  Urbars  zu  erfüllen 
hat.  In  formeller  Hinsicht  wird  ihr  letztes  Resultat  die  vollständige 
Umwandlung  des  Urbars  in  ein  Tabellcnwerk  sein  müssen;  denn 
nur  in  dieser  Form  lassen  sich  längere  Zahlenreihen  übersichtlich 
lesen  und  zu  Rechnungen  verwenden,  wie  ?ie  eben  für  jede  tiefere 
Forschung  unentbehrlich  sind.  In  materieller  Hinsicht  hat  diese 
statistische  Arbeit  ihr  Ziel  mit  der  Feststellung  der  volkswirth'schafl- 
lich  wichtigen  absoluten  und  relativen  Zahlen,  besonders  mit  der 
Gewinnung  der  Durchsthnittsgrössen  erreicht,  in  welchen  die  Ver- 
hältnisse der  Grundlicrrschuft  und  der  GutswirLhschaft  sich  be> 
wegen. 

n.  Es  beginnt  nunmehr  eine  zweite  nicht  minder  wichtige  Auf- 
gabe, welche  wir  die  yergleichende  Statistik  nennen  können. 

Die  Veigleicbung  bat  in  Bezog  auf  die  Urbare  bauptsSchlich 
zwei  Objekte;  Sie  muss  angestellt  werden  an  den  mehreräi,  zeit- 
lich auf  einander  folgenden  UrtMrien  einer  Gnmdherrscfaafl,  mid  an 
den  gleichzeitigen  Urbarien  verschiedener  Gegenden.  Als  Frucht 
dieser  zwei&dien  Arbeit  erwächst  sodann  die  Vergleichung  des 
Entwicklungsganges  verschiedener  Gebiete,  womit  jedoch  schon  das 
Feld  der  eigentlichen  Wirthschafl>ge.«chichte  betreten  wird. 

Die  vergleichende  Statistik  hat  ihr  Augenmerk  vor  Allem  wieder 
dem  grundherrschaftlichen  Besitze  zuzuwenden ,  dessen  allmälige 
Bildung  und  Vereinigung,  dessen  Ausdehnung  in  verschiednen  /fiten, 
dessen  weciisclnde  Formen  und  Bestandtheile  sie  zu  constatiren  und 
übersichtlich  daizustelleu  hat.    Sie  hat  die  langsam  sich  umgestal- 


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44 


V.  Inama-Stemegg: 


tcnde  Gliederung  des  Besitzes  in  Ortschaften  und  Einzelgüter  zu 
berür-ksichtipren  und  damit  der  Wirth.<chaflspe>chiclitc  dieses  wichtigste 
Material  für  die  Beurtlieiiunj.'  der  jeweili;.'<'n  BedeulUJlg  und  Macht 
der  Gnindlierrscliaft  eiitsprerliciid  vorziibereiU-n. 

Ihre  Auf^'abe  ist  es  ferner,  die  eharakteristii^clieii  Veränderungen 
aulzusuchen,  welche  im  Laufe  der  Zeil  mit  den  Gütern  der  (Jrund- 
holden  und  Zinsleute,  sowie  überliaupt  mit  dem  Beneficiul-  und 
Lefaenswesen  vor  sich  gegangen  sind.  Das  Mass  und  die  Ausbreitung 
derHufeotheilung,  wie  anderseits  die  Neubildung  grösserer  Güter  aus 
][Ieineren,  selbständigen  Gutwirthschaften  innerhalb  der  Grunde 
herrschaft,  die  damit  im  Gefolge  auftretende  Aendenmg  in  der  An- 
siedlongsweisef  die  Fortschritte  der  Golonisation  und  alle  dwartigra 
Verhältnisse  erhalten  durch  die  Tergleichende  Statistik  ihre  besten 
und  zuverlässigsten  Aiifschln>se. 

Nicht  minder  sind  die  Veränderungen  der  Wirlhschaftsfülu-ung 
auf  solche  Weise  zu  constatiren.  Das  wechselnde  Verhält iii«^  des 
Sallands  zum  hinauspetlianen  Lande,  die  wechselnden  Rechtsfornien 
des  abgeleiteten  Besitzes,  bcs^onders  auch  da-^  alhnäliKe  Vordringen 
der  Erbjja«  lit,  s|)äler  der  Zeitpachf,  <l:is  Zurücktreten  des  Theilbaues 
und  der  llalfenwirlhschaft :  der  Wechsel  der  Culturarten  und  ilir 
Verhältniss  zu  einandfT,  dw  an^jobanten  Fruchtgaltungen  und  üb- 
lichen Fruchtfoigcn,  die  wechselnde  Slöike  der  einzelnen  Viehzuchts- 
zweige,  schliesslich  auch  die  Veränderungen  in  den  Erträgnissen,  den 
Preisen  und  Lölmen  bedürfen  des  vergleichenden  statistischen  Stu- 
diums der  Urbare.  Und  endlich  lässt  sich  an  einer  sorglältigen  Vei^ 
gleichung  der  Höhe  von  Abgaben  und  Leistungen,  der  HOrigen, 
Zins-  und  Vogteipflicbtigen  das  wechselnde  Mass  der  Selbständigkeit 
oder  Abhängli^it  der  dioienden  Wirthschaften  erkennen  und  daraus 
der  relative  Werth  dieses  Theils  der  Grundherrschaft  fÖr  die  herr- 
schaftliche Wirthschaft  selbst  unschwer  berechnen. 

III.  In  dieser  vei^leichenden  Statistik  verschiedner  Zeiträume 
ist  selbst  schon  ein  gutes  Stück  Wirtli?rhaftsgcschichte  enthalten; 
aber  docii  sind  c-  zunäclist  innner  luu-  Reihen  von  einzelnen  That- 
saehen,  welche  uns  vor^'i'lührl  werden.  Es  fehlt  udch  das  geistige 
Band,  an  dem  sie  alle  aut^/ereilit  sind,  ohne  dessen  Kunde  sie  nie 
in  ihrem  wahren  Werthe  verstanden  werden  können.  Iiier  hat 
denn  die  Wirthschatlsgeschichle  einzusetzen,  die  sich  nie  und 
nimmermehr  mit  der  blossen  geordneten  Mittheilung  urkundlich  be- 
glaubigter Thatsachen  begnfigen  kann.  ABe  GescfaiehtflBchreibung  ist 


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Ueber  Urtitrien  and  Urbarialanbciehniiiigeii.  45 


in  letzter  Linie  doch  immer  eine  Darlo^rnng  des  Entwicklungsjranfrf^s 
von  Ideen:  nicht  d»>r  Ideen,  welche  im  Kopfe  Ix'vorzuKter  Denker 
entsprungen  und  in  iliren  Schriflen  niedergelegt  sind;  denn  sie  ge- 
hiiren  der  Literarpeschichte  an;  wohl  aber  der  Ideen,  welche  ein 
Volk  meugt  und  gehegt  und  in  seinen  Einrichtungen  und  seinen 
Thaten  zum  Ausdruck  gebracht  bat 

Es  würde  bier  zu  weit  führen,  und  Hesse  si€h  auch  mit  dem  * 
Gegenstande,  den  wir  behandeln,  nicht  hinlänglich  rechtfertigen, 
wenn  wir  des  Näheren  auf  das  Wesen  und  die  Zide  der  Wirth- 
schaftsgesehichte  eingäben  wollten.  Aber  was  sich  aus  den  Urbarien 
unmittdbar  iOr  die  Wtrthschaftsgeschicbte  ergibt,  verdient  hier  doch 
eine  kurze  Andeutung. 

Es  braucht  nach  dem  Vorhergehenden  nicht  mehr  besonders 
gesagt  zu  werden,  dass  in  erster  Reihe  die  Geschichte  der  Grundherr- 
sehafl  in  den  Urbarien  ihre  vorzüglichste  Quelle  zu  erblicken  hat. 
Bei  der  hervorragenden  Rolle  aber,  welche  die  Grundherrschaft  im 
Colonisations-  und  Organisalionsprocesse  des  deutschen  Wirthschafts- 
lebens  gespielt  hat,  werden  die  Urburien  dadurch  für  die  Wirth- 
schaftsgeschichte  der  fdteren  Zeit  überhau|)t  zu  Quellen  ersten  Ranges. 

Denn,  soweit  wir  sehen,  lial  die  (irundherrschalt  ein  eigent- 
liches wirlhschaftliches  Leben  in  Deutschland  erst  erzeugt.  Die  alten 
FamUien-  und  Geschlechtergenossenschaflen,  von  denen  die  Besied- 
hing des  Landes  ausging  und  die  sich  im  Laufe  des  7.  und  8.  Jahr- 
hunderts zur  Mark-  und  Dor^nossenschaft  oder  zur  Bauerschaft 
Terflüchtigten,  waren  nach  keiner  Seite  hin  im  Stande,  eine  sociale 
und  whrthschaflliche  Organisation  zu  bilden,  oder  auch  nur  grösseren 
volkswirthschafllichen  Bedürfnissen  die  Mittel  einer  Befriedigung  zu 
bietm.  In  dem  losen  Verbände,  den  sie  bildeten  und  auf  dem  werth- 
losen Lande,  das  sie  als  Gemeingut  besassen,  herrschte  eine  weit- 
gehende Isolirung  der  einzelnen  Wirthschaflen,  die  in  sich  kaum  die 
Kraft  der  Erhaltung,  gewiss  nicht  jene  überschüssige  Kraft  besassen, 
wie  sie  zni-  Hcrslcliiuig  von  Gesainmtleistungen  für  hrilicr  geartete 
Bedüitiüs.-c  dt's  natidiialon  Wirtlischaflslcbens  noth wendig  war. 

Da  war  es  die  Grundlierrschatt,  welche  in  derselben  Zeit  durch 
Erweiterung  ihres  Besitzes  theils  aus  der  Markgenossenschaft  heraus, 
tlieils  in  dieselbe  hineinwuchs.  Und  indem  sie  zugleich  über  fremde 
Arbeitskraft  in  grösserem  Massstabe  rerfügte,  wurde  sie  befähigt, 
eine  neue  Ordnung  der  Dinge  im  wirthschaftUchen  und  socialen 
Leben  des  Volkes  herbeizuflilbren. 


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46 


Inama<Steraegg: 


Ilioi'  bedarf  nun  die  Wirllischaflsgeschichto  dos  g:an7r'n  statisti- 
schen Mulerials,  welches  die  Urbarien  im  weilern  Sinne  bieten,  be- 
sonders jener  riütervcrzcichnisso,  welche  aus  den  Tradilionsurkunden 
hergestellt  sind,  um  zu  sehen,  wie  sich  dieser  Umschwung  vollzog 
und  wie  die  Idee  der  Herrschaft  über  die  Produetionsfactoren, 
Bodenkapital  und  Ari>eil,  an  die  Stdle  da*  Genoaaouchdl  glächer 
nnd  freier  Einzelwirthschaften  trat 

Aus  den  Verzeichnissen  der  Benefiden,  Lehen-  nnd  Zinsgüter, 
sowie  aus  den  Zins-,  Gült-  und  Dienstregistem  wird  es  dann  ersicht- 
lich, wie  die  Grundherrschafit  auf  eine  steigende  Ergiebigkeit  der 
productiTen  Anwendung  dieser  Erftfte  hinwirkte  durch  passende 
GliedOTing,  Arrondirung  und  Abtheilung  ihres  Besitzes  wie  durch 
entsprechende  Theilung  und  Gliederung  der  Arbeitsleistungen.  Aus 
der  Vei^fleichung  Insbesondere  der  Jüngern  mit  den  altern  Urbaren 
wird  es  ersichtlich,  wie  mit  diesen  so  vervollkommneten  Mitteln  der 
Wirthschaft  höhere  Ziele  der  Colonisation  und  l'roduction  und  eine 
früher  nicht  gekannte  Pflege  des  Verkehrswesens  in  Angrift'  genom- 
men wurde,  indem  die  Grundherrschaft  anregend,  leitend  und  be- 
stinanend,  nölhigenfalls  auch  zwingend  auf  die  Wirthschaft  der 
Colonen  einwirkte,  und  als  letztes  Ergebniss  eine  sociale  Organisation 
fertig  brachte,  bei  der  gleichzeitig  die  Existenzbedingungen  der  Einzel- 
wirthschaften, die  eigne  Macht  der  Herrschaft  und  die  nationale 
GesanuntlelBtung  in  der  Wvthschafl  gesteigert  und  gebessert  wurden. 

Aber  auch  die  Schattenseiten  dieser  Entwickelung  verhällen 
uns  die  ürbarien  nicht,  sobald  wir  ehunal  diese  Quelle  in  grosserem 
Umfange  ausbeuten. 

Die  viettacfa  gewaltthätige  und  brutale  Weise,  m  der  sich  die 
Gfundherrschaft  m  fremden  Besitz  und  besonders  in  die  widerstands- 
unföhige  Markgenossenschaft  eindrängte;  die  zunehmenden  Uebel- 
stftnde,  welche  eintreten  mussten,  indem  die  Masse  des  Volkes  mit 
dem  Verluste  der  Freiheit  des  wichtigsten  sittlichen  hnpulses  der 
Selbstvcrantwortlichkoit  und  Selbständigkeit  der  Schaffens  beraubt 
wurde:  die  rücksichtslose  Steigerung  der  Dienste  und  Abgaben  und 
die  mannigfache  Redrücknii^'  der  hcirigen  Leute  durch  Vögte  und 
Verwalter;  die  nothgedrun^j-ene  und  durch  eigene  Kraft  nicht  zu 
beseitigende  Stagnation  endlich,  welche  aus  all  diesen  Ursachen  in 
die  ganze  Wirthschaft  der  dienenden  Klassen,  ihr  verfügbares  Ein- 
kommen und  damit  in  die  Entfaltung  ihres  Bedürfnisskreiaes  kam: 
Das  alles  klmgt  deutlich  und  vemehmlich  aus  den  Urbarien  an, 


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üdMi  Urbaricn  und  Urbarialanfiteiehnungen. 


47 


obschon  die  ausdrückliche  Hervorhebung  von  Misssländen  in  der 
Regel  von  der  Grundherrschafl  bei  Anlegung  ihrer  Urbarien  absicht- 
lich vermindert  wurde. 

Ge^'fnühcr  diesem  eisten .  wichtigsten  Probleme  der  älteren 
deutschen  Wiitlischaft>gesciiielite,  welches  sich  mit  der  Enlwickelung 
der  Grundlierrscliafl  bef'asst,  tritt  dann  freilich  alles,  was  sonst  noch 
aus  den  Urbarien  für  die  Wirthschaftsgeschiclite  zu  lernen  ist,  in 
den  Hintergrund.  Aber  es  muss  doch  erwähnt  werden,  dass  sie 
auch  über  die  Anfliiige  des  städtischen  Lebens,  und  besonders  der 
st&dtisdien  Gewerbeverfassung,  sowie  des  städtischen  Haiktverkehrs 
manches  ScUaglicht  werfen  und  damit  2um  Verständniss  der  grossen 
Veränderungen  des  Wirthsehaftslebens  beitragen,  welche  wü*  durch 
die  Ausbildung  dner  nationalen  Goncurrenz  auf  dem  Markte  und 
danüt  der  Factoren  der  Preis-  und  Rentenbildung  entstehen  sehen. 


Wir  ;/!rmben,  dass  mit  dieser  kurzen,  durchaus  nicht  erschöpfen- 
den Uebersicht  über  die  entscheidende  Mitwirkung  der  Urbarien  bei 
der  Ausarbeitung  einer  deutschen  WirthschafL=:geschichte  der  Wunsch 
hinlänglich  gercchtlertigt  ist,  es  möge  denselben  eine  grössere  Auf- 
merksamkeit als  bi.slier  geschenkt  werden,  und  besonders  ein  regerer 
Eifer  und  ein  grösseres  Verständniss  bei  der  Herausgabe  sich  geltend 
machen.  Es  wird  diese  Aufgabe  nun  allerdings  in  erster  Reihe 
immer  den  Archivaren  und  Historikern  im  engeren  Sinne  zufallen 
und  es  steht  mir  nicht  zu,  über  die  Grundsätze,  welche  bei  der 
Edition  von  Urbarien  massgebend  sein  sollen,  efai  entscheiden- 
des Wort  zu  sprachen.  Alier  es  wird  verstattet  sehi,  einersdts  vom 
Standpunkte  des  Nationaldkonomen  aus  diejenigen  Postulate  zu 
fbrmuliren,  welche  die  wirthschaftsgescfaichtlidie  Forschung  stellen 
muss,  und  anderseits  auf  emige  ganz  offenbare  Udielstände  aufinerk- 
sam  zu  machen,  welche  bei  der  Publikation  dieser  Quellen  nicht 
selten  hervorgetreten  sind.  Der  Werth  der  Urbarien  für  die  wirth- 
schaftsgeschichtliche  Forschung  besteht  vornehmlich  darin,  dass  sie 
uns  den  thatsächlichen  Zustand  einer  grossen  Gutswirthschaft,  ihre 
eignen  Productivkräfle,  sowie  die  ihr  zufliessenden  Arbeits-  und 
Sachgüterleistungen  anderer  Wirthschaften  in  denkbar  grösster  Voll- 
,  ständigkeil  und  in  der  denkbar  präcisesten  Fassung  statistischer 
Daten  darlegen.  Dem  Wirlhschaftshistoriker  scheint  es  daher  auch 
selbstverständlich,  dass  jede  Publikation  eines  Urbars  eine  vollslün- 


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48 


V.  Inama-Steniegg: 


dige  sei;  er  muss  es  durchaus  verwerfen,  dass  etwa  wegen  der 
Monotonie  der  einzelnen  Einträge  Sprünge  im  Text  gemacht,  oder 
gar  nur  die  nach  der  subjekUveii  Meinung  des  Herausgebers  merk- 
würdigsten Angaben  veröffentlicht  werden,  besonders  muss  er  sich 
hier  verwahren  gegen  die  vielfach  verbreitete  Auffassung,  als  seien 
die  (Jrborien  nur  ffir  die  historische  Topographie,  Namens-  und 
Spradiforschung  von  Werth  und  Bedeutung  und  eine  beliebige  Untere 
dräckung  des  statistischen  Inhalts  zulässig.  Viehnehr  muss  mit  aller 
Entschiedenheit  betont  werden,  dass  der  Haupt-  und  wesentlichste 
Inhalt  der  Urbarien  obon  dic^^o  »Irncknen«  statistischen  Daten  ^d, 
dass  wir  Werth  und  Bedeutung  derselben  in  erster  Reihe  immw 
nach  eben  diesem  statistischen  Inhalte  ermessen,  und  dass  eine  ver- 
stümmelte und  lückenhafte  Wicdorpahe  eines  I^rhars  den  Werth  der 
ganzen  Publikation  geiadezu  aufhebt,  da  ja  nun  jedes  Urtheil  über 
den  tn  sammizustand  und  die  Verhiillnisse  der  einzelnen  Thoilo  dieser 
GutswiiUischaft  [zu  cinandtT  unmöj,dich  ;,'oinacht  ist.  Niciil  so  last 
im  Detail  der  einzelnen  Anfiabon  als  vidiiu  lir  in  ihrer  Massenhaflig- 
keit  liegt  die  grosse  Bedeutnn;^  der  Urbarien;  nur  durch  vollständige 
Wiedergabe  wird  es  möglich,  sie  als  einen  theilweisen  Ersatz  der 
modernen  statistischen  Bletfaode  systematischer  Haasenbeobachtung 
betrachten  und  benötzen  zu  können. 

Den  oft  massgebenden  Rücksichten  der  Raumersparung  kann 
theOs  durch  Abbrevürung  der  regelmässig  wiederkehrenden  Mass-, 
Gewichts-  und  Geldbezeichnungen,  sowie  der  gangbarsten  Dienst- 
leistungen und  Al^^abearten,  theils  wohl  auch  dadurch  entsprochen 
werden,  dass  häufig  unmittelbar  auf  einander  fnlpcnde  vollkommen 
gleiche  Abgaben  und  Leistungen  einzelner  Pfliciitiger  nach  den 
Namen  der  Güter  oder  Zinspflichtigen  nur  einmal,  mit  erklärendem 
Heisatze  »je«  vorgetragen  werden.  i\ur  dürfen  derartige  Abkürzungen 
nicht  so  kühn  werden,  dass  darunter  die  Deutlichkeit,  und  nicht  so 
häufig,  dass  darunter  die  Lesbarkeit  des  Texlis  leidet;  wie  denn 
auch  aus  diesem  Gesichtspunkte  die  durcligiingiize  Ersetzung  der 
römischen  Zahlen  durch  arabische  als  wünschenswerth  erscheint 

Es  ist  ferner  vielleicht  ein  nirht  unl>ercchtigter  Wunsch,  dass  jedem 
Urbar  eine  Einleitung  beigegeben  werde,  in  welcher  der  Herausgeber 
eine  geographische  Ueberacht  des  gesdiDderten  Gutsbestandes  gibt 


■)  FriedUnder*«  Auagabe  der  Fraekeiihorrter  Heberollen  (Cod.  tnid.  WestM.  I) 
ist  in  dicea  wie  in  maneher  andern  Hinsieht  ein  vortrefllichee  Toriiild. 


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Udler  Urbuiaii  nnd  üibuiakuhmeliDimBm. 


49 


und  mindestens  die  Summen  der  Höfe  und  Grundslücke,  der  Dienste 
und  Abgaben  zieht,  welche  zu  einer  Grundherrschaft  gehören.  Die  Aus- 
scheidung^ des-  Sallandes  und  des  Zinslandes,  der  Culturarton,  der  Arbeit-s- 
und  Saciilpistungen,  der  Natural-  und  der  Geldabgaben  wäre  dabei  ein 
weiteres  Postulat,  dessen  Berechtigung  sich  gewiss  mit  dem  Hinweise 
auf  analoge,  moderne  statistische  Publikationen  rechtfertigt,  bei  denen  es 
sich  von  selbst  versteht,  dass  wenigstens  allgemeine  Uebersichtcn  über 
die  Hasse  der  Urzahlen  schon  von  den  Herausgebern  hergestellt  wer- 
den Dem  Forscher,  der  solche  Quellen  flQr  die  Wissenschaft  ver^ 
werthen  soll,  bleibt  immerhin  doch  die  Hauptarbeit  der  stofflichen 
Anordnung  und  Untersuchung  der  Urbarien  vorbdialten.  Auch  das 
Verhmgen  nach  einer  Karte  der  Grundherrschaft  scheint  uns  die 
Grenze  der  berechtigten  Forderungen  durchaus  nicht  zu  überschrei- 
ten*). Wie  die  graphische  Methode  zur  bessern  Veranschaulichung 
von  Zuständen  in  unsem  modernen  statistischen  Publikationen  sich 
bereits  eingebürgert  und  insbesondere  das  statistische  Karlenwesen 
erzeugt  hat,  so  kann  gleicher  Werth  und  gleiche  Förderung  der 
Forschung'  uucli  den  gleichen  Hilfsmitteln  wirthschaftsgeschichtlicher 
Studien  ziigt!S{)rochen  werden.  Und  überdiess  sind  in  der  Regel  nur  die 
mit  den  Oertlit  hkeiten  nahe  vertrauten  Herausgeber  dieser  Quellen  in  der 
Lage,  die  Schwierigkeiten  mittelalterlicher  Topographie  zu  überwinden 
und  dadurch  ein  erschöpfendes  Studium  dieser  Quellen  vorzubereiten. 

Neben  dieser  einen  Seite  des  Werthes  der  Urbarien,  den  that- 
saddichen  Zustand  einer  grossen  Grundherrschaft  m  ein^  gegebenen 
Zei^unkte  darzulegen,  besteht  aber  die  zweite  Seite  Ihres  Werthes 
darin,  dass  sie  uns  zumeist  auch  die  VerSnderungen  erkennen  husen, 
welche  der  Gutsbestand,  die  Bevölkerung  und  ihre  Leistungen,  sowie 
die  ganze  Wirthschaft  der  Grundherrschaft  m  Laufe  der  Zdt  er- 
fahren haben.  Wir  schöpfen  diese  Eenntniss  theils  aus  den  späteren 
Einträgen  und  Correcturen,  welche  ein  Urbar  im  Laufe  der  Zeit 
im  Interesse  der  vollen  Evidenzhaltung  des  Besitz-  und  Lasten- 
standes erfahren  hat,  theils  aus  mehreren  Urbaren  derselben  Grund- 
herrschafl  aus  verschiedncT  Zeit.  Diese  letzteren  sind  wohl  meistens 
nur  Abschriften  der  älteren  corrigirten  und  vermehrten  Urbare,  im 

■)  Das  voUkommeinte  Muster  für  solche  Arbeiten  bleibt  noch  immer 

Gudrard's  Ausgabe  des  Polyptichium  Jmiinonis  Paris  1844. 

')  Der  Vorgang  des  Cod.  trad.  Wcstfnl.  1,  welchem  tniic  ^nile  Karte  des 
fVeckenhorster  Göterbesilzes  nach  den  Heberollen  dieses  Klosters  aus  dem 
II.  Jabrbundert  beigegeben  ist,  verdient  «St  Nacbahmung  empfohlen  zu  werden. 
AnhhraUMke  ZeltMlizIft  U.  4 


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50 


V.  Inuna-Sternegg: 


Interesse  einer  bessern  LesbariEeit  und  Anordnung  des  Textes  her- 
gestellt^);  nicht  selten  hat  aber  doch  auch  eine  spätere Nenanlegung 
eines  Urbars  stattgefunden,  wenn  entweder  die  stoffliche  Anordnung 
des  ftltorn  ganz  verlassen  werden  sollte,  oder  das  ältere  Urbar  aus 
irgend  einem  Grunde  unbrauchbar  geworden  war. 

Auf  diese  Umstände  muss  nun  bei  der  Edition  von  Urbarien  be- 
sondre Rücksielit  jronommen  werdon.  Die  Herausgeber  niüs>on  sicli 
bcwusst  sein,  das<  «lio  Vorfrloirlinng  mplireier  zpitllch  ausoinander- 
liegender  Zusland^^scliilderungen  eines  unii  de>>oll>on  Objekts  min- 
destens ebenso  wicbtig  ist ,  wie  die  Vergleichun^'  ^'leicli/.eitiger  Zu- 
standsschilderungi'n  verscbiedner  Objekte.  Denn  nur  ilurch  die 
Vergleichung  gewinnen  wir  ja  überhaupt  einen  Massstab  l'ür  die 
Beurtheilung  von  Zuständen,  für  den  Werth  und  die  Bedeutung  ge- 
wisser Thatsachen  in  bestimmter  Zeit  und  fQr  bestimmte  GeHete. 
Wie  sich  die  moderne  Statistik  immer  mehr  bemüht,  lange  Zahlenreihen 
zu  gewinnen  und  dadurch  die  Massenbeobachtung  socialer  Zustände 
und  Vorgänge  über  einen  möglichst  langen  Zeitraum  zu  erstrecken, 
so  hat  auch  die  historische  Finrschung  auf  dieson  Gebiete  genau 
dasselbe  Interesse.  Geschichte  und  Statistik  haben  eben  im  Grunde 
nicht  nur  das  Objekt,  sondern  auch  das  Verfahren  gemeinsam. 

Die  Aufgabe  des  Herausgebers  ist  Iii«  r  nun  allerdings  eine 
zienilicli  schwierige.  Bei  tTrbarien,  welelie  viellach  corrigirt  und  er- 
gänzt sind,  wird  er  die  Waid  haben  zwischen  einer  Wiedergabe  des 
ursprünglichen  Textes  und  anmerkungsweiser  Beilügung  aller  spä- 
teren Zusätze  oder  einer  vollständigen  Textesredaetinn  des  ganzen 
Urbars  mit  allen  späteren  Eintiägen  und  blossem  Vurmerk  der  Cor- 
rectur  und  des  spätem  Eintrags  unter  dem  Striche"). 


*)  So  ist  auch  das  in  mancher  Beziehung  den  Urbaren  verwandte  Grund* 
buch  der  Almendgenossenschaft  «i  Siniing  1894  an  die  Stelle  der  alten  Ittrkcr- 

tafel  getreten,  welche  vernichtet  werden  musste,  weil  die  vielen  Veränderungen 
des  Besitzstandes  nicht  melir  daraur  eingetragen  Werden  konnten.  Mone  Zeil- 
schriR  f.  d.  üeschichle  des  Überrhein  V,  417. 

*)  In  dieser  Wdse  hat  SISngerle  das  Urbarbuch  des  Kioslers  Sonnrabuiv 
(14.  Jahrhundert)  herausgegeben  und  damit  dem  Bedflrfnisse  wirthschaflsgeschicbl- 
Ilcher  Foi-schung  in  eminentem  Sinne  entsprochen  (Archiv  f.  Kunde  tetecr. 
Geschicht.s(iiielh'i),  I^d.  40). 

*)  So  hat  beispielsweise  unter  den  neuesten  Urbareditoren  Winter  an  dem 
Urbar  des  possauisehen  Domeapitels  (um  1S80)  seine  Auf^jabe  geAissl,  ohne 
jedoch  ein  deutliches  Bild  der  vorgetragenen  Veränderungen  damit  /u  schaffen 
(Archiv  für  Kunde  österreichischer  Geschichtsquelien,  Bd,  68,  &  258  ff.). 


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Ueber  Urbanen  und  Ürburiahnlkeiclinungen.  51 

Das  letztere  Verfiihren  entspricht  vielldcht  mehr  den  allgemem 

gültigen  Grundsätzen  der  ürkundonodition;  vom  Standpunkte  des 
Wirthsehaflshistorikers  entsteht  dabei  aber  das  Bedenken,  dass  die 
Chronologie  des  Urbars  getrübt  wird,  da  nun  doch  strenggenommen 
nur  das  Alter  des  jüngsten  Eintraj^s,  nicht  mehr  die  Zeit  dor  ursprüng- 
lichen Niederschrift  des  Codex  als  gültige  Zoilljc^linunung  für  diese 
Gestalt  dos  Urbars  gelten  kann.  Im  Intcnsso  der  Roinhcit  der 
Quellen  scheint  iinnierliin  das  crslere  Vt'rfahren  gewisse  Vorzüge 
zu  besitzen.  Eine  besonder«'  Reclitferli^nuig  aber  findet  es  in  dem 
Falle,  wenn  von  einer  Grundlicrr.sciialt  mehrere  vollständige  Urbare 
aus  verschiedner  Zeit  vorli^n.  Das  ältere  Urbar  mit  allen  seinen 
Gorrecturen  nnd  Nachtrftgen  wird  hier  in  der  Regel  das  Goncept 
für  das  jüngere  Urbar  gebildet  haben.  Durch  eine  Anfnahme  dieser 
Zusätze  in  den  Text  des  filtern  Urbars  werden  aber  dieVerschieden- 
hdten  verwischt,  welche  zwischen  diesem  und  dem  jfingeren  be- 
stehen, und  dem  Forscher  ist  es  unmöglich,  die  Veränderungen, 
welche  ein  Gutsbestand  in  einer  längern  Periode  erfohren  hat,  aus 
einer  solchen  Publikation  zu  ersehen.  Wenn  dagegen  von  jedem 
Urbar  nur  der  ur8|irüngliche  Text  beibehalten,  alles  Spätere  aber  in 
die  Anmerkungen  ver\viesen  wird,  so  ist  es  sehr  gut  möglich,  die 
Zustände  einer  Grnndherrschafl  in  verschiednen  weiter  aus  einander 
liegenden  Perioden  übersichtlirli  7.u  vergleichen  und  zugleich  das 
allmaligc  Werden  dieser  Veränderungen  zu  verfolgen 

Besonders  erleichtert  wird  diese  Verpleichung  nocli  dadurch,  dass 
fortwährende  Hinweise  von  einein  Toxi  auf  den  andern  gemacht,  oder  die 
melücren  Texte  gleich  mehrspaltig  neben  einander  gedruckt  werden  *). 

Nie  aber  mögen  die  Herausgeber  meinen,  dass  das  Interesse 
der  Forscher  an  jüngeren  Urbaren,  wo  ältere  vorliegen,  ein  zu  ge- 
ringes sei,  als  dass  die  Herauagabe  auch  dieses  jfingeren  sidi  recht- 
fertigen könne.  Yiefanehr  wird  gerade  durch  die  Vergleichbarkeit 
eines  ältem  Urbars  mit  einem  jöngem  derselben  Grundherrscfaaft 
die  Bedeutung  dieser  Quelle  wesentlich  gesteigert. 


')  Die  fleissige  Bearbeitung  des  indiculus  Amonis  und  der  breves  notiliae 
durch  Keiiiz  verdient  in  dieser  Hinsicht  hesonders  erwähnt  zu  werden,  obgleich 
hier  bei  dem  gänzlicbeu  Hangel  von  Originalien  die  Ausscheidung  den  Urtextes 
und  d«r  q>Uer«i  ZttsBtse  unmöglich,  die  HerTorhebmig  der  Ntcbtrftge  in  die 
(spiteren)  Abschriften  wirthschaftsgescbichtlich  weniger  werthTdl  war. 

')  Wie  z.  B.  die  Freisinger  Urbare  bei  Zahn  in  den  Fontes  renun  Auskriaca- 
rum,  Diplom,  et  acta,  Bd.  86. 


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52      V*  btama-Stemegf :  Udber  Urbuieo  imd  üibariaUmlkrichiningwi. 

Was  dann  endlich  die  Concepte  und  Manuale  einerseits,  die  Rodel 
und  Einhebungsre^'ister  aruirerseits  betrififl,  so  ist  ihre  selbständige 
VeröfTcntliehung  natürlich  nur  da  von  Werth,  wo  die  Urbare  fehlen,  die 
aus  ihnen  hergestellt  oder  aus  denen  sie  gezogen  sind.  Im  Uebrigen 
aber  Ist  ihre  BerQcksichtigung  bei  der  Edition  der  Urbarien  dennoch 
in  80  weit  empfohlen,  als  sie  charakteristische  Verschiedenheiten 
gegenüber  dem  Tote  des  Urbars  zeigen;  auch  ist  es  unter  allen 
Umständen  wichtig  von  ihrer  Existenz  und  Beschaffenheit  Notiz  zu 
gdien,  wenn  sie  auch  im  Uebrigen  durch  das  Urbar  sdbst  für  die 
Forschung  gegenstandslos  geworden  sein  sollten 


*)  Fr.  Pfeifer 's  Einleiiun;,'  zum  liabsbiirg  -  (isterreichiachefi  Urbarbach 
kann  auch  in  dieser  Hinsicht  als  Muster  aufgesteUt  werden. 


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V.   üeber  die  Hofzublamtsrechnungen  im  K.  Kreis- 
Archiv  für  Oberbayem. 

Von 

Emil  Roth, 
K.  Azchiv^SekreUr  in  MOneben. 

In  dem  Kreisarchive  Hänchen  befinden  sich  unter  dssa  General- 
best&nden  sab  rubro  »Rechnimgswesenc  die  Ho&ahlamtsrechnungen, 
welche  mit  Recht  als  dne  ArchiTafien  -  Serie  von  besonderer  Bedeu- 
tung für  administrative  und  historisdi-statistisdie  Forschungen  gelten. 
Sie  enthaltm  ncmlich  alle  Einnahmen  und  Ausgaben  der  sog.  »alten 
Zalstube«,  —  zugleich  der  höchsten  Kassa  der  bayrischen  Landes- 
fürsten — ,  welche  der  heutigen  Gentralstaatskassa  ähnlich  bis  zum 
Eintritte  der  i.  J.  1762  durchgeführten  Recbnungs-  und  Kassen- 
Reform  die  Ilauptkassa  führte. 

Diese  Ilofzahlamtsrechnungen  lagen  vurdcm  auf  einem  Speiclit  r 
des  alten  Hofes  (oberhalb  dos  Uechnungshofes)  und  wurden  i.  Jahre 
1816  sammt  Besoldungs-  (Quotember)  Büchern  und  Rechnungs- 
belegen durch  den  Reiebsaichivar  y.  Samet  von  der  Ptovinzial- 
hauplkasse  flbemommen,  unter  Ueberweisung  ersterer  an  das  da- 
malige Reichsarduvs-Konservatorhim  (jetzt  Kreisarcbiv  in  München) 
und  letzterer  an  das  Archiv  -  Konaoiratadnm  Landshut 

Diese  Rechnungsgattung  beginnt  mit  dem  Jahre  1551  und 
endigt  als  solche  mit  1802.  Im  Jahre  1803  tritt  sodann  in  Folge 
einer  Reform  im  Rechnungswesen  die  Provinzialhauptkassa  des 


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64 


Roth: 


Kurfürslenthums  Bayern,  und  demnach  die  Hauptkassa  für  die  allen 
Provinzen,  an  ihre  Stelle.  Dabei  ist  aber  nicht  zu  übersehen,  dass 
sie  mit  dem  Jahre  1763  nur  mehr  sog.  Ausgabsbficherslnd,  weil 
von  da  an  die  Einnahmen  bei  der  neu  errichteten  Hanptkassa  ein- 
iliessen.  Leider  mOssen  wir  auch  einige  AbgSnge  bezeichnen. 
fehlen  n&mfich  die  Jahrgänge:  1652,  1553,  1565,  1656  imd  1559, 
1601,  1649,  1670,  sodann  von  1714  bis  1749  und  1777.  Alle 
Mühe,  sie  ausfindig  zu  machen,  war  bis  jetzt  erfolglos;  vielleicht 
regt  gecronwärti^'o  Publikation  dazu  an,  sie  an's  Tageslicht  zu  fördern. 

Diose  Rechnungen  alle  sind  Foliaiilen  in  Srlnvcinsloder  go- 
bundon,  viele  Jalir^ränge  aus  zwei  Bünden  bestehend,  einige,  von  1618 
boLniniond,  foliirl  und  mit  alphabetischen  Registern  versehen.  Doch 
sind  die  Register  manclmial  sehr  unpraktisch  angelegt,  und  er- 
scheint z.  B.  unter  B  das  Schlagwort  »Bezahlter  Amtsrest  hin- 
aus« etc.  Die  Rechnung  von  1551  ist  die  erste,  welche  das  Hof* 
zahlamt,  als  solches,  stellte.  Die  Errichtung  dieses  Amts  erfolgte 
gleichzeitig  mit  der  Hofl»mmer.  Herzog  Albrecfat  V.  bestellte  znr 
Verwaltung  des  Kammergates  »in  allen  nnsern  rentambten  auch 
ausserhalb  lands«  drei  R&the  mit  Namen  Georg  Baumgartner  zum 
Frauonstein,  Eustachius  von  Lichtenslein  und  Karl  Köekh.  Vorha 
lag  die  Verwaltung  des  gesammlen  Kammerguts  in  den  lliindcn  des 
Kamniermei>fcrs  Kaspar  Perndorfer.  Diesen  drei  Ratlien  nun, 
wekho  üi)ri<,'ens  je  nach  Zeit  und  Unisfändpn  auch  den  Geschäften 
im  llofrathe  obzuliegen  hatten,  wunlc  eine  Kasse  —  das  in  Rede 
stellende  Ilofzahlamt  —  beigeordnet.  Zum  Zahlmeister  bestimmte 
der  Herzog  eine  »geschikte  person  ....  seinen  diener«  Conrad  Zeller, 
welchem  »alles  ordentlichs  und  anders  einnemen«  in  seine  »ver- 
warmig  und  Verantwortung«  auf  »orbere  jfirliche  redmung  zugestdH 
und  eingepunden«  wurde,  »ausser  unseren  camerrfti  vorwiss^« 
nichts  zu  bezahlm,  und  »dass  sonst  niemand  mit  einn^nen  und 
anderer  faandlung  unserer  camergueter  zu  thnn  .  .  .  dan  allain  un^ 
9Ne  camerrät  und  derselben  verordneter  zalmaisterc  (Instruction  vom 
2.  April  1565).  Der  Verwaltung  des  gesamraten  Kammei^tes 
wurde  aber  bald  wieder  eine  andere  Organisation  gegeben,  indem 
an  Stelle  des  Vorigen  der  bisherige  Zahlmei-ter  Conrad  Zeller  als 
ein  Kammermeister  trat  und  »sein  zugebner  und  mitverwandter 
unser  rat  und  haushofmeisl er  Georg  Taufkirrher  sein  solle«,  weichen 
beiden  noch  die  Riithe  W'iliioim  Lesch,  Seifrid  v.  Zillenhart,  Georg 
V.  Gumppcnberg,  Dr.  Onoffer  Perbinger  und  Stephan  Trainer,  »die 


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1 


üeber  die  Hofiuhlamtsrechnungen  im  K.  Kreisarchiv  für  Oberbayeni.  55 


sonsten,  wan  sie  auf  der  camer  nichts  zehandlen  haben,  unsern 
bofrat  besueehen  soUenc,  adjungiii  winden. 

Nachdem  aber  auch  diese  Einrichtmig,  womach  die  Ratbe  heute 
im  Hbfrath,  morgen  in  der  Hoftammer  amtirtent  sich  nicht  be- 
wfibrte,  eirichtete  der  Herzog  unterm  4.  Dezonber  1572  ein  eigenes 
Hofkammer-Gollegram,  wobd  dem  Zahhneister  der  frühere  Wirkmigs- 
krci.s  verblieb  mid  ihm  nur  noch  aufgegebra  wurde,  stets  für  einen 
Kassabestand  von  wenigstens  20,000  fl.  zu  sorgen. 

So  ist  es  denn  nicht  zweifelhaft,  dass  das  Hofzahlamt  die  eigent- 
liche Kas.>a  der  Hofkammor  und,  wie  erwälint,  bis«  zu  dorn  angege- 
benen Zeitpunkte  von  17()2  die  hürhsle  Kassaslello  der  altbayrischen 
Provinzen  war.  Und  da  das  Hofznblamt  in  seinen  Rechnungen  die 
Verwaltung  des  gesammten  Kamnierguts  darstelll  mit  den  Ausgal)en, 
welche  für  die  Lande.sfür.sten  und  die  einzelnen  Faniilienglieder  der- 
selben auf  persönliche  Bedürfnisse,  Kunstgenüsse  und  Ilofhaitung, 
sowie  auch  auf  die  gesammie  Landesverwaltung  erwachsen  sind:  so 
glauben  wir  nur  ehi  dankbares  Feld  zu  behreten»  indem  wir  den 
Inhalt  der  Recfanmigdificher  nfiher  beleuchtea 

Wie  es  schon  der  Ordnungssinn  verlangt,  sind  den  Rechnungen 
auch  ehedem  die  Emnahmen  Torangestdü  und  gruppenwelae  auf- 
gefShrt  Der  vorerwähnte  Zahhneister  Eonr.  Zeller  fOhrt  uns  zwar 
in  seiner  ersten  Rechnung  (1551)  die  Einnahmen  nur  m  chrono- 
logischer Reihenfolge  vor,  schon  in  der  darauffolgenden  Rechnung 
aber  gebraucht  er  zur  Einordnung  seiner  Positionen  förmliche  Rech- 
nungstitel. Da  erscheinen  nun  die  Kammergutsgefalle,  —  das  eigent- 
liche Ordinariuni  —  sowie  die  extraordinären  Einnahmen  in  Titel  wie 
folgt  zergliedert.  Den  Reigen  eröffnet  das  Rentamt  München  mil  seinen 
sämmtliclien  Aenitern,  als:  GrosszolP),  EchezoU*,  Umgcid^)  und 
Kasten  München*,  Pfundzoll  von  der  Wag,  Fischmeisterarat  München, 
Lehenprobstamt  München ,  Hofhanunorschmiede  in  München ,  Ein- 
nalmi  von  Einlass  in  München,  Gericht  Au  und  Untergiesing,  Hof- 
mark Taufkirchen*,  die  Pfleg  und  das  Kasteuamt  Kranzbei^*,  Pileg, 
Kasten  und  Zoll  PfofEisnhofen     Pfleg,  Kasten  und  Umgeld  Hain- 

^  Die  mit  *  markirten  Aemter  äbaä  adun  in  den  enten  Rechnungen  ver^ 
txeten,  während  die  andern  nach  und  nach  hinzutraten. 

*)  Das  ünipi'ld  in  der  Stadt  München  war  länirere  Zi  it  hindurcli  (noch 
1570)  an  die  Stadt  München  verpfändet,  so  dass  nur  die  bezüglichen  Vor- 
merkungen, weleiie  dies  komtotiien,  angeRlgt  dnd.  Spftter,  x.B.  1007,  enclieint 
dieses  GdUl  als  eine  nicht  unbedeutende  EinnehmequeMe. 


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56 


Roth: 


irarg'",  Landgoriclit  Abon^perg  und  Altmannsstein*,  Pfleg  und  Maut 
zur  Neustadt  Vorst  Dnrnpuch*,  Pfleg,  Kasten  und  Zoll  zu  Rieden- 
burg*, Zoll  zu  Schamliaupl  *,  Gericht  und  Kasten  Vohburg*,  Pfleg, 
Zoll  und  ümgeld  Ingolstadt*,  Kösching*  und  Gerolfing*  mit  dem 
Köschinger  Vorst*,  Pflog,  Kasten  und  Zoll  zuWeniding*,  Pfleg, 
Kasten ,  Zoll  und  Umgeld  zu  Rain  * ,  Pflege ,  dann  Moosgericht 
Schrobenhausen  *,  Pfleg,  Kasten,  Umgeld  und  Vorslamt  Aichach*, 
Ga^cht,  Umgeld,  Zoll,  Kasten  und  Fischerei  zu  Dachau*,  Gericht, 
'Kasten,  Hbcliaoll  und  Umgeld  zu  Friedberg*,  Zoll  zu  LodihauseQ^ 
Pfleg  und  Umgeld  Uebring*,  Gericht,  KasteD  und  Umgeld  Schon- 
gau*,  Zoll  Mittenwald*,  Zoll  Escbenkich*,  Pfleg,  Kasten  und  Um- 
geld Weüheim*,  Bräuamt  Weflhdm,  Gericht  und  Vorstamt  Dienoi*, 
Gericht  Starnberg*,  Pfleg  und  Umgeld  Wolfratshausen  ♦,  Pfleg  Tölz*, 
Zoll  im  Kreuth*,  Pfleg,  Kasten  und  Umgeld  Aibling*,  Zoll  Fisch- 
bachau*, Pfleg  Aurburg*,  Pfleg,  Kasten  und  Maut  Rosenheim*, 
Pfleg  und  Kasten  Marquartstein,  Pfleg.  Kastenamt,  Salzmaieramt 
und  Zoll  zu  Reichcnhall  *,  Zoll  Mathausen  *,  Zoll  Siegsdorf  *,  Pfleg, 
Kasten  und  Zoll  zu  Traunstein*,  Pfleg,  Kasten,  Zoll  und  Umgeld 
Wasserburg*,  Kasten  Kling*,  Pfleg,  Kasten,  Wein-  und  Viehumgeld 
Schwaben*,  Zoll  Grünwald*,  Pfleg  Rauhenlechsberg * ,  Hofmark 
Karlstein,  Hemcbatt  Lichtenberg,  Hoftnark  Haldenberg,  Kasten  und 
HoDmaiksgericht  Berg  und  Aufkirehen,  Zoll  Gmund,  Zoll  von  dem 
ungemachten  Weg  auf  der  Kieferau,  Hofinark  Razenhofen,  Herr- 
schaft Wolnzach,  Herrschaft  Wackerstein,  Pfleg  Stamham  und  Oet- 
ting,  Vorst  Hagenau,  Schwaig  Schieissheim,  Schwaig  Anger,  Sdiwa^ 
Grasslfing,  Hofmark  Forstenried ,  Schwaig  Fürstenried,  Wörnbrunn, 
Schwaig  Nymphenburg,  Sitz  Uedlding,  Reichsherrschaft  Hohenwaldeck, 
Vogteigericht  Schliersee,  Grafschaft  Haag  (von  1507  an)  und  Stadt- 
und  I{oiclis|ifle^'o  Donauwörth  (von  1608  beginnend). 

Diese,  sowie  die  auswärtigen  Herrschaften  liefern  an  das  Hof- 
zahlamt die  verbleibenden  Reste  ab,  so  dass  das  reine  Erträgniss 
eines  jeilen  Amtes  übersichtlich  dargestellt  erscheint.  Die  hieher 
gehörigen  auswärtigen  Herrschaften  sind  folgende:  Minddheim,  Wie- 
sensteig, Reichsrittergut  DGmau  und  Gameltshausen,  Herrschaft  Wer- 
tingen und  Hdhenreichen,  LandgraCschaft  Lenchtenberg,  Reichsherr- 
schaft SuMmrg  und  Pyrbaum,  wie  auch  das  heimgefallene,  ▼orhin  Graf 
TUly'a^  Stadtrichferamt  Fteystadt  mit  Ehischluss  der  ▼orbehaltenen 
Lehengefrdle  von  den  übrigen  Tilly'schen  Herrschaften  Holnstein, 
Hohenfels  und  Helfienberg,  femer  die  Heraog  Max'schen  Güter,  näm- 


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Ueber  die  HofzabiamLsrecbnungeii  im  K.  Kreisarchiv  für  Oberbayern.  57 


Uch  das  Pflegamt,  Kasten  und  Brftuhaus  ete.  za  Hohenschwangau, 
das  Pflegamt  Törkheim,  Herrschaft  Angelberg,  Henscfaaft  Schwab- 
eck mit  der  Hofmark  Ämberg,  Schwaig  ete.  Ostorettringen  und 
Herrschaft  Hatsieas. 

Bei  den  Rentämtern  Landsbut,  Bocgbausen  und  Straubing  war 
ein  Anderes  in  Uebung;  diese  nämlich  Hessen  ihre  Unterämter  nicht 
direkt  an  das  Ho&ahlamt  abliefern,  sondern  häuften  die  Reste  bei 
dch  an,  um  sie  am  Schlüsse  eines  jeden  Rechnungsjahres  an  die 
Hanptkassa  —  das  Hofzahlarat  —  zu  übergeben. 

Nur  für  die  Renten  der  von  dorn  Grafen  Joachim  von  Orten- 
burg  in  der  Fehde  mit  ihm  neu  erworbenen  Horrschaflen  Neudeck 
und  Mattigkofen ,  welche  im  Rentamte  Burghausen  situirl  waren, 
wurden  von  156Ö  an  auf  längere  Zeit  gesonderte  Kechnungstitel 
geführU 

Ausserdem  tauchen  noch  manche  Einnalunstitel  bald  auf  bald 
unter,  welche  wir  mit  Stillschweigen  nicht  flbergehen  kflnnoi.  Die 
HaupthilfsqueUen  des  Landes  waren  immer  die  Saltgef&lle,  wekshe 
nach  den  Aemtem  eingetheitt  äbersichtlich  ▼ereinnahmt  sind;  auch 
der  ErlSs  Aber  verkauftes  Getraid  und  die  BraugefSUe  erscheben 
m  stetiger  Zunahme.  Von  den  Aocis-  und  Au&cblagsgattungen 
smd  jene  aus  den  Venafien  und  Kaufiaaannsgfltem  zum  Hofealilamte 
—  aber  erst  seit  dem  XVm.  Jahrhundert  — ,  von  den  Steuern  hhü- 
gegen  nur  die  Konditions-  und  Besoldungs-,  dann  Stadtsteuem  zu 
nennen,  aus  welch  letzterer  Gattung  wir  ersehen,  dass  es  nur  die 
Städte  München  (mit  600  ff),  Ingolstadt  (1738  fl.).  Wasserburg 
(200  8),  Traunstein  und  Pfaffenhofen  sind,  welche  mit  dieser  Steuer 
angelegt^  waren. 

Das  Tabakswesen  (Apaldo)  wurde  längere  Zeit  (von  1675  an) 
im  grossen  Schw^ungo  erlialten  und  lüeraus  niciit  unerhebliche  Ein- 
nahmen erzielt;  auch  das  Sciiarwerkswesen  und  die  Herdtstattanlag 
hatten  eigene  Einnahmstitel. 

Die  Einnahmsrubrik  endlich  »auf  veikanftie  liegende  stuck«  ge- 
währt (Ür  den  Verwaltungs-  und  Fiskaldienst  ebenso  werthTolle  als 
ftlr  den  Historiker  hiteressante  Aufschlfisse,  z.  B.: 

1558  Fd.  119  den  etc.  Octobris  empfangen  und  eingenommen 

▼on  hem  Ottheinrichen  Fteyfaemi  zu  Schwartzenberg  umb  den 
drittail  und  desselben  eho-  und  zugdiönmgen  der  Henscliaft 
Winzer  so  meinem  gned.  fOrsten  und  hem  zugehörig'  gewest 
und  J.  t  gn.  seinen  gnaden  auf  ewig  verkauft      ÖOOO  iL 


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58 


Roth: 


1562  It.  empf.  von  Hansen  und  Harquard  von  Stain  zu  Tettingen 

um  den  zehent  zu  obern  und  nidem  Ramingen  wekber  ime 

▼erkauft  worden  6000  11. 

Diese  zwei  Positionen  ^d  nur  h^u^egnffen  und  lassen  sidi 
aus  den  Hofzahlamtsrecbnungen  derlei  Verftusserungen  bis  in  die 
neuere  Zdt  verfolgen. 

Hieran  reiht  sich  als  ständige  Einnahmsquelle  das  »Jägergddc. 
Die  bayerischen  Landosffirsten  hatten  bei  den  Klöstern  und  Pfarrern 
(wie  bei  vielen  Ilüffrülorn)  das  Recht  hergebraclit,  ihre  Jäger  sammt 
Pferden,  Falken  und  Hunden  atzen  oder  bcwirlhen  zulassen;  diese 
Last  wurde  reluirt  und  das  Poichniss  >Jäfrergeld<!:  genannt.  Dasselbe 
ertrug  z.  B.  nach  der  Ret  iiiiung  v.  1570  für  das  Rentamt  München 
737  fl.  3  kr,  10  hlr.  Bei  dem  1  lofzahlamte  wurde  dieses  Reichniss 
bis  incl.  1616  cinnahmlich  verrechnet;  eine  Vormerkung  zur  Rech- 
nung d.  1617  Fol.  147  besagt  jedoch,  dass  es  von  da  an  bei  den 
Süssem  Aemtem  eingebracht  vraide.  Bei  den  übrigen  Rentämtern 
dfirfte  es  unter  den  Ablieferungssummen  begriifen  sein. 

VorObergehend  war  dagegen  das  »Eantoreigeldc,  welches  eine 
zur  Erhaltung  der  furstl.  Kapelle  von  dem  Pr&Iatenstand  bewilligte 
Steuer  von  jährlich  3000  fl.  war  und  nach  einer  aktenmässig^  Notiz 
sdion  mit  dem  Jahre  1430  erhoben  wurde,  nach  Ausweis  der  Rech- 
nungen aber  mit  dem  Jahre  1575,  bzw.  1579  endigte. 

Ebenso  nur  eine  Zeitlang  finden  sich  in  den  Hofzahlamtsrech- 
nun?en  von  1557  an  GefTdle  verrechnet,  welche  von  den  sog.  vacirenden 
Kiristcrn  und  Probsteien,  als  Probstei  Peler.sberg,  Kloster  Päring, 
Schamhaupten  und  Biburg  zum  Zwecke  der  »underhallungr  geist- 
licher pcrsonen«  eingeflossen  sind.  « 

Ferner  hatten  nur  ganz  vorübeigelu  iule  Zwecke  die  Einnahms- 
titel »zur  aufriclitung  eines  neuen  spitals  in  München  zur  under- 
haltung  des  kranken  hofgesindsc  und  »baufalligkeiten  bei  dem 
closter  Attel«.  Den  ersteren  waren  die  Einnahme  der  verfallenen 
Gfiter,  der  Strafen  und  »fiskalische  Geldert  gewidmet,  und  verschwindet 
dieser  Einnahmstitel,  der  i.  J.  1564  erscheint,  schon  nn  Jahre  1567 
wieder;  für  den  zweiten  aber  wurde  ehie  eigene  Kontribution  (von 
1608—11)  erhoben. 

Der  Einnahmsütel  »eingebracht  heuratguet  wegen  J.  Dt  unser 
gn.  Fürstin  und  Frauen«:  wird  von  Fall  zu  Fall  dazu  benützt,  um, 
was  für  die  landesfürstiiche  Hausgeschichte  interessant,  die  ange- 
deuteten Heuratgüter  einnahmlich  zu  verrechnen. 


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Vebet  di«  HohahlamUrechnungen  im  K.  Kmmrchiv  für  Oberbayem.  59 


Die  ibergwerchs- Ausbeute«  ist  nicht  bedeutend;  i.  J.  1617 
z.  B.  beträgt  sie  im  Ganzen  nur  1029  fl.  34  kr.  und  die  »münze 
alhiec,  welche  gtetchfaDs  im  Allgemeinen  nur  Geringes  eintrflgt,  bbs 
514  fl.  17  kr.  6  hlr. 

Die  Reichs-  oder  Törkenhilf  und  die  sftnmiUichen  landschaft- 
lichen Bewilligungen  sind  gleichfalls  vom  Hofzablamte  eingdhracht 
und  verrechnet. 

Im  »Triflwesen«  absorbiren  ISIRiet  die  ungeheuren  Baukosten 
die  Einnahmen  völlig,  und  ist  diess  namentlicli  in  den  Jahren  1605, 
1612,  1621,  1627,  1628,  1630  etc.  der  Fall,  ais  auf  neue  Tria- 
bauten  grosse  Summen  verwendet  wurden. 

Geschiciitliches  in  Bezug  auf  Städte  und  Märkte  bietet  besonders 
die  Rubrik  »auf  gegebne  Freiheiten«,  in  denen  die  Gegcnreiclinisse 
enthalten  sind,  welche  dieselben  an  das  Ilofzahlamt  für  empfangene 
Privilegien  entrichteten.  Die  Stadt  Landsberg  z.  B.  aUte  für  das 
i.  J.  1565  fai  Juiisdlktionssachen  verliebene  Privilegium  zehn  Jahre 
nach  einander  120 

Eine  weitere  sich  dem  vorigen  Titel  anschliessende  Buchauf- 
schrift:  »Particular  straffen«  (Ohrt  die  einzelnen  Geldhiissai  nament- 
lich auf.  Im  Jahre  1617  hezaUt  z.  B. :  »herr  Hans  Wilhelm  Hundt 
zu  Lautterbach  die  ime  wegen  holzausreuttung  aufo'legte  strafiT« 
mit  200  n.  —  und  »herr  Ghristo|)h  Schrenk  die  ime  wegen  gemachten 
neucngereuts  und  aufgeworfener  graben  7A1  Aufhausen«  2000  fl.  — 
welche  beide  Positionen  für  die  Geschichte  der  Land-  und  Forst- 
wirtlischaft  nicht  ohne  Bedeutung  sind. 

In  gleicher  Weise  sind  die  »Ehcbiuclisstran'en«  in  l)esonderer 
Rubrik  specialisirt,  und  nicht  selten  stossen  wir  darunter  auf  distin- 
guirle  Namen. 

Das  »pferdtgeldt«,  welches  gleich  darauf  folgt,  war  eine  Abgabe, 
womit  die  sämmtlichen  Pfleger  für  jedes  Pferd,  welches  sie  hielten, 
angelegt  waren;  je  ein  Pferd  war  mit  jfthrlich  70  fl.  besteuert  Diese 
Rubrik  fiihrt  die  Pfleger  einzeln  auf  und  leistet  tOr  Personaliecherchen 
gute  Dienste. 

Auffallend  hoch  beziffern  sich  die  Einnahmen  von  dw  ^nzigen 
SUdt  Donauwörth;  i.  J.  1617  z.  B.  betrug  sie  11,289  fl. 

Die  Positionen  zur  Rubrik  »aufgebrachtes  geld« ,  unter  den 
Herzogen  Albrccht  V.  und  Wilhelm  V.  ungemein  zahlreich,  sind 


*)  Vgl.  Frejberg's  Geschichte  der  bayr.  Ueset2gebuiig,  Bd.  II,  174. 


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60 


Roth: 


ganz  entgegen  der  jetzigen  Rechnungsmanipulation  in  effektive  Ein- 
nahme inmitten  den  eigentliclien  Kammergutsrenten  aufgeführt,  was 
uns  veranlasst  am  Schlüsse  auf  den  Eintluss  aufmerksam  zu  machen, 
den  dieser  Umstand  auf  den  Abschluss  der  Rechnungen  ausübt. 
Unter  den  Staatsgläubigern,  welche  darin  aufgeführt  sind,  finden 
wir  manchen  berühmten  Mann,  wie  Philipp  Apian,  Orlando  di 
Lasso  etc.,  welche  sich  mit  demUch  hohen  Sammen  betheüigteii. 

Unter  den  »gemainen  einnahmenc  endlfeh  fond  alles  dasjenige 
Platz,  was  sich  fai  die  übrigen  Recfanongstitel  nicht  einfügen  Hess, 
und  smd  darunter  manche  merkwürdige  Positionen  zu  finden.  Die 
Rechnung  Tom  Jahre  1562  z.  B.  enthält : 

den  30.  Juli  anno  62  empfangen  von  Pangratzn  von  Frcybeig 
einen  Überrest  an  seinen  empfang  des  f.  salpaues  alhie  in  der 

neuen  vest   494  ü.  5  ß  S  pf. 

Damit  sehliepsen  die  Einnahmen,  deren  Hauptsummen  ohne 
Ueberblick  der  einzelnen  Titel,  wie  diess  die  jolzige  Rechnungs- 
stellung erfordert,  jedesmal  auf  einem  eigenen  Foüum,  wie  folgt, 
dargestellt  ist : 

Suniina  Sumarum  aller  und  yeder  voi^schribner  Einnamb 
sambt  den  Zalmaisterl«"  rest  ...  1,441,153.  33.  5^). 

Ein  weiteres  Folium  kündigt  die  ausgabliche  Rechnungsstellung 
mit  den  Worten:  »Voigt  die  ausgab«  an. 

Die  Ausgaben  beginnen  mit  doi  Positionen  auf  die  Deputate, 
welche  die  LandesfOrsten  und  FamiUenglieder  des  fOrstlichen  Hauses 
aus  dem  Eammergute  schöpften,  denen  sich  noch  besondere  ausgab- 
liche Verrechnungen  auf  persönliche  Bedärfkiisse,  Anschafltang  von 
Eunstgegenstftnden  etc.,  wie  nachstehend  herausgegriffene  Posten 
zeigen,  anreihen: 

1551.  Item  den  24.  Martij  durch  hem  Karl  Köckhen  meiner  gnä- 
digen Fürstin  und  Frauen  zum  spiln  mit  J.  gnaden  Schwester 
zuegestelt  50  cronen  darunter  20  goldtcronen  5  Französisch 
cronen  per  92  kreuzer  thun  75  tl.  1  ß  5  pf. 

. . . .  hab  ich  meinem  gnd.  fürsten  und  hcin  gesandt  als  J.  f.  gnd. 
bei  selben  frau  nmettor  mit  hertzog  Hainrichen  von  Braun- 
schwcipg  spilet  50  taler  thun  50  H.  4  13  30  pf. 

bez.  Christüüen  Zwykhopf  umb  ein  ring  so  man  meinem  gnd. 
fürsten  etc.  von  Augspm-g  pracht,  darum  100  taller  thun 

  113  Ü.2ßi0  pt 

•)  HofinUamtsraehiniDg  1617  Fol.  328. 


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Ucber     Hcftablaintarocfanungwi  im  K.  Krdsaichiv  IDr  Obobayern.  gl 

1568  ....  den  19.  Mai  uberschikt  m«nem  gnd.  fOrsten  und  bem 
herzog  Ferdinand  als  J.  f.  g.  zum  ring  gm^t  100  goldcroiion. 
* . . .  bez.  Abrahamen  Lotter  und  Marxen  Kraus  goldschmidn 
in  Aogspuig  umb  dainotter  (iür  herzog  Wilhelm) 

6142  fl.  6  /?  —  pf. 
mer  bez.  auslosung  wegen  h.  Eberharden  von  Wiertemberg 
am  her  und  haimraisen  1496  fl.  1  ^  26  pf. 

hem  von  Mächslrain  und  ritter  Preisingor  zerung  in  lierbelait- 
tung  meines  gnd.  iursten  und  hern  herzog  Wilhelms  praud 

865  ü.  A  ß  2  pf. 
1600.    (Aus  bevelch  herzog  Wilhelms)  mer  hechstgemelt  J.  D.  für 
ain  wasserwerck  so  von  dem  Iser  berg  berein  gefiert  und  von 
. .  h.  MazimBiaii  hieramben  zu  erlegen  bewOUgt  weiden 

8000  fl. 

1812.  Item  haben  J.  f.  D.  unser  gnd.  herr  dero  geUehten  h.  brae- 
dem  henog  Albrechten  in  Bahn  wegen  deroeelben  YermShmg 
und  dabei  anflanffenden  uncostens  tnhalt  d^  anscbalfhng  ver- 
wiDigt  70,000  fl. 

Schon  unter  der  Ahtheilmig  für  Einnahmen  »aufigebrachtes 
Geld«  und  igemaine  einnahmen«  ist  dargethan,  dass  darunter 
manche  Positionen  Stoff  und  Winke  für  genealogische  Forschungen 
bieten.  Neimen  diesen  Einnahmstiteln  aber  sind  nicht  nur  Anhalts- 
punkte für  Beschreibung  der  Lebensgeschichten  hervorragender 
Märmer,  sondern  auch  vielfach  aufklärende  Momente  über  das  Ent- 
slehen und  Aufblühen  vaterländischer  Institute  für  Kunst  und  Wis- 
senschaft ganz  besonders  in  den  nachstehenden  Ausgabstiteln  zu 
finden,  als:  Verelirungen ,  Leibgeding  und  Gnadengeld,  Provisioner, 
Geistlich  Ausgaben,  Archiv  und  Bibliothek,  Tapezerey,  Gartoi  und 
Malerei,  bewilligte  Hauszhis,  Zehrungen,  Abfertigung  und  f.  Gnaden- 
schankungen,  Gantorekusgaben ,  Eanstkammer ,  Erkauftes  Silber- 
geschirr,  Auqgab  auf  Besbignisse,  Eomedie,  BaUet  und  Toumier, 
»Ainzige«  oder  gemeine  und  allerld  Amgaben,  und  endfich  das  qW 
temberbueh.  Zum  Beweise  dessen  reihen  wir  hier  einige  unausgesuehte 
Positbnen  an: 

1558.  Au^ab  wegen  translation  der  cronica  Aventini  den  etc.  VI. 
februarü  a.  58  bezalt  Jeromiusen  Ziegler  (Archiv  und  Biblio* 
thek)  34  gld. 

„     Ausgab  so  über  aufirichtung  der  l»yer.  mappen  gangen  auf 


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62  RoU») 

ledmung  und  Terrichtong  obrennetts  opus  bessalt  PhOqiipo 
Apiano  (Verehnmg)  30  gld. 

1562.  bezalt  umb  &n  silberne  gurÜ  der  der  Oriandin  in  die  kind- 

pett  veiert  worden  13  fl. 

156a.  doctor  Johann  Ulrich  Zasij  halbjirigs  dienstgeld  Georgi  200  fl., 
Miehaeli  200  fl. 
Andreas  FaJnicias  herzog  Emstens  preceptor  150  ialcr 

170  fl. 

. liorn  grafen  Eitl  Fridertchen  von  ZoUem  auf  den  22.  Jul^ 

und  22.  Januarij  (Provisionär)  210  fl. 

„      den  28.  Junij  dem  Maximo  Troiano  Verehrung  wegen  einer 

gehaltenen  Conied  20  fl. 

„      dem  Surio  historico  von  Cöln  wellicher  meinem  g.  fürsten 

und  liern  lateinische  und  teutsche  buccher  zuegeschribcn 

147  fl. 

1570.    Philipp  Apiano  leibgeding  und  gnadenj?elt  GeoriJ^i     75  fl. 
1599.    Paulusen  Sartorio,  niusico,  so  J.  Dt.  ain  mess  von  8  stim- 
men presentieri  J2  fl. 

1610.  liern  Johann  T'/erclas  von  Tilly  obristen  Generallouttnnaml)t 
zu  seinem  auszug  und  aus  gnaden  vermug  schein  so  under 
einer  urldiundt  von  lO/m  fl.  begrifien,  welche  hne  furgelihen 
worden  und  beim  Schuldenlast  sefindesi  2000  fl. 

„  Wolfen  Hamerthaler  gastgeben  per  auslosung  hera  Symon 
von  Myon  Lottring'schen  abgesandten  10  fl. 

„  Raphaeln  Satler  kupferstechem  abermals  vor  3  stuck  bayer. 
heflügen  zn  verfertigen  30  fl. 

1611.  Wilhebn  Franckhen  maller  den  nnser  g.  firan  beim  Petem 
Gandido  lernen  lassen  auf  vorhabende  vranderscbaft  aus  gna- 
den 100  fl. 

„  Petem  de  Gandido  f.  mallem  umb  gelaister  vleissigor  dienst 
,  willen  aus  gnaden  lOOo  fl. 

„  Der  clif.  Dt.  zu  Cöln  liorzog  Ferdinanden  in  Baim  das  jerlich 
dppntal  1200  11.  und  dann  noch  so  J.  Dt.  zu  anstellung  einer 
neuen  bauss-  oder  hoflialtung  geschenkt  worden    10,000  fl. 

1612.  Alexander  de  Crotta  zeugmei?ter  zerung  und  uncosten  als 
er  hem  Marfros  etc.  Spmola  auf  der  post  entgegen  geritten 
denselben  einzeladen  288  fl.  50  kr. 

1613.  J.  f.  D.  vermälung  und  ausferttigung  so  J.  f.  g.  hem  Wolfen 


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Uefaer  4i«  Hotehkoitsnchnuiigen  im  K.  Maurcfaiv  IBr  Oberbayem.  63 


WQhelm  p&hgraven  von  Neubuig  zu  selbsi  handen  gdilfert 
J.  D.  faersogin  Magdalena  30,000  fl. 

1613.  J.  t  D.  hern  WoU|g;ang  Wilhelm  pfalzgraven  von  Neuburg 
das  ▼ersprochene  henratgut  J.  fl  D.  henogiii  Magdalena 

50,000  iL 

1614.  Dem  de  Harselles  obr.  Leuttenambt  p.  zerung  und  uncosten 
als  er  J.  Dt.  stat  2  jungen  herrn  von  Wallstain  die  fürm- 
binden  zu  Freysing  eingepunden  6  H,  58  kr. 

1614  hem\[  und  abgelegte  st'huldon  Feier  de  Candito  f.  caninier- 

niallern  p.  Cap.  2/m  fl.  abgelest  2100  fl. 

1617  hern  d.  Christoph  Gewoki  per  zerung  und  uncosten  als  er 
w^n  verenderung  des  archivs  liieher  beschrieben  wor- 
den 59  n.  41  kr. 
1617.  Tobiasen  Volkamer  xnatematico  per  zening  als  er  die  giaf- 

schaft  Haag  in  grünt  gelegt  125  fl.  5  kr.  3  pf. 

1778  Dem  äussern  arcbivario  Sedelmayer  als  ein  gratification  wegen 
transport  des  äussern  archivs  in  das  herzog  Wilhelmi- 
nische haus  50  fl. 
Vniesr  der  Menge  adeliger  Personen,  die  in  den  Rechnungen 
vorkommen,  stossen  wir  auch  auf  viele  ausländisc  he^  und  ist  dabei  Ver- 
anlassung und  Zweck  der  Berufung  an  den  bayer.  Hof  nicht  selten 
angegeben.  Sehr  viele  Hessen  unter  den  Herzogen  Albredit,  WUhelni  V., 
Max  I.  und  Max  Einanuel  in  Bayern  sich  l)leibend  nieder. 

Audi  für  Naturkunde,  Landwirthschafl  und  Gärtnerei,  nament- 
lich was  den  hnporl  ausländischer  Sämereien  und  IMlan/en,  dann 
Einführung  fremder  l{assenpfeide  betrifft,  finden  sich  hie  und  da 
unter  diesen  Ausgabslitelii,  sowie  unter  der  Rubrik  »auf  die  Schwaigen«, 
verwerthbare  Positionen. 

Für  das  Jagdgebiet  Mumau  merkwürdig  ist  die  Position 
1580.  Ainlf  pawm  aus  Mumauer  gericht,  so  den  bem,  der  aldort 
ge&ngen  wurde,  alber  gebracht  haben,  zur  vererung  32  fl. 
Ausgaben,  welche  in  Folge  der  politischen  Ereignisse  noth- 
wendig  wurden,  sind  besonders  zahhreicb  unter  den  Titebi  lauf 
audosungen«,  »Verehrungen«  und  »zehrungen«  vertreten.  Unter 
»auslosung«  ist  bekanntlich  die  Bezalilung  dessen,  was  man  in  einem 
Gasthause  verzehrt  hat,  verstanden.  Es  war  nämlich  an  den  Höfen 
Sitte,  dass  die  bei  Hofe  Erscliienenen,  seien  es  auswärtige  oder  ver- 
wandte Fürsten,  Abgesandte,  Curiere  etc.  gewesen,  in  den  Gasthöfen 
und  bei  Privaten  auf  Dach,  Fach  und  Verpflegung  einlogirt,  und 


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64  Roth: 

dass  den  Wirthen  die  Zechen  hiefOr  auf  henschafUiche  Rechnung 
vergütet  worden.  Diese  Art  Gastfreundschaft  kostete  dem  Landes- 
forsten  fai  mandien  Jahren  erhebliche  Sammen.  Im  Jahre  1599 

erreichte  der  Gesammtbetrag  die  Höhe  von  32,561  fl.,  worunter 
allerdings  eine  bedeutende  Ausgabe  auf  den  Durchzug  fremden  Kriegs- 
Tolks  begriiten  ist  und  auch  die  Anwesenheit  der  Erzherzogin  Maria 
zu  Oeslorreich  »als  sie  di?s  jars  widerumbon  aus  Hispania  kommen« 
und  die  des  Duca  di  Mercurio  grössere  Suninien  erforderto. 

Unter  diesen  Vorrechriungsposten  finden  sich  mancherlei  Winke 
über  politische  Verhandlungen,  und  werden  dem  Forscher  genaue 
Daten  der  Anwesenheit  auswärtiger  Fürsten  und  Gesandten  am 
bayer.  Hofe  geliefert. 

Ebenso  beiiielien  sich  die  Ausgabstitel  »auf  vererungent  und 
»auf  erluufte  damotter«  viel&di  auf  politische  Ereignisse.  Die  nicht 
ganz  seltenen  PrSsente  an  die  kaiserlichen  geheimen  R&the,  wie 
z.  B.  die  folgenden  Positionen  zeigen: 

1609  ....  Widerumen  der  Uaria  Wagnerin  per  ahi  güldene  kfltten, 
so  dem  hem  Yon  Strallendorf  nach»  Prag  Terert  worden 

410  fl.  51  kr. 

1610  ....  und  dann  dem  Franz  Filln  handdsmann  alhie  p.  silber 
und  vergult  pöckh  und  Kandten,  so  der  Rom.  kai:  Mt.  rat 
hem  d.  Hegemüller  verert  worden       149  fl.  22  kr.  4  pf. 

1612  ....  Paulussen  Krueger  alhie  p.  ain  einsatz  von  silbernen 
schislen  tellern  pöckh  und  Kantten,  auch  löfl,  leichter  und 
flaschen,  so  der  päpstl.  Heilt.  Nuntii,  welcher  der  Salzburgi- 
schen Sachen  iialb,  herausgeschickt  worden,  verert 

2053  fl.  53  kr. 

berechtigen  zu  Schlussfoigerungen  in  der  Donauwörther  Reichs- 
exekutions»  und  saizburg^chen  Sache. 

Auch  unter  don  Titel  »verdirungenc  finden  sich  hohe  Summen. 
Im  Jahr  1597,  in  welchem  Herzog  Wilhelm  V.  die  Regierung  nieder- 
gelegt, betrug  die  Gesammtsumme  10,436  fl.  22  kr.4hlr.  Ausgaben, 
welche  yorzüglich  die  goldenen  Gnadenketten  erheischten,  die  damals 
▼erehrt  wurden. 

Hit  den  politischen  Erdgnissen  stehen  endlich  hie  und  da  auch 
die  Ausgaben  »auf  zolirungen«  in  Beziehung.  Wie  die  »auslosungen« 
die  Fürsten  und  Gesandten  von  auswärts  aufführen,  so  lassen  die 
Positionen  auf  »zehningen«  ersehen,  wohin  und  welche  G^ 
sandte,  Agenten  etc.  vom  bayer.  Hofe  abgeordnet  wurden. 


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U«lwr  die  Hoftahlamtsreehnungen  im  K.  Knisurdüv  fOr  Oberf»yeni.  ^ 


Im  Jahre  1598  z.  B.  erroichto  die  Gesammtsumme  der  Aus- 
gabspositionen dieses  Titels  die  Höhe  von  18,618  fl.  43  kr.,  voran 
mehrere  besonders  kostspielige  Gosandtsciiaflen  Schuld  trugen. 

Für  das  Donauwörther,  Gilchische,  Salzburgische  und  Mindel- 
ht'im'scho  Wesen,  dann  »auf  unterhalt  der  Ilaydelberg'schen  ainigung 
Ijestelten  diener«  (1554)  und  »Fränkische  ainigung«  ,  »was  auf 
punts-,  craiss-  und  ainigungstagen  verzert«  (1554),  endlicli  über  den 
»Laudsberg'schcn  schirm  verein«  sind  eigene  Buchaufsthrillun,  doch 
nur  auf  so  lange,  als  hierauf  Kosten  anfielen,  angebracht. 

Für  Militär-  und  Kriegszwecke  lauteten  die  Buchaufechriften  in 
den  filtern  Rechnungen  lediglich  »gemaine  Kriegsausgabenc,  »Kriegs- 
sachen betreffSendc  und  »archebusier«.  Diese  Kriegsauqgaben  sind 
aber  auffiülend  geringfügig  und  betrugen  z.  B.  i.  J.  1568  nur  1038  fl., 
worunter  264  fl.  »auf  die  Gottisch  extoitianshilfc  inbegrUTen  sind: 
dann  jene  auf  die  »Quardi  zu  Ingolstadt«  4697  fl. 

Im  Jahre  lö96  erscheint  eine  besondere  Rubrik  »Haag'sche 
uncostcn  wegen  der  aufruhrer«  mit  einer  Ausgabspost  von  1046  fl. 
58  kr.  Später  sind  die  Ausgabstitel  für  Kriegszwecke  geändert 
und  lieissen  »Quardi  Ingolstadt  und  anderer  orten«,  »Harnisch- 
ka Himer«,  »Zeughäuser  zuMünclien,  Ingolstadt  undLandshut«,  »arche- 
busier« etc. 

hn  Jalirc  lülÜ  wurde  die  Bundeskriegskasse  errichtet,  deren 
Rechnungen  die  Kriegsausgaben  auf  den  30jährigen  Kri^  enthalten. 

In  administrativ-fidEalischer  Hinsicht,  hezvf.  für  spezialgeschfeht- 
Udie  F<nrschungen  dfenlich  dagegen  ist  die  Ausgabspost  »auf  er- 
kaufte stttck  und  güterc,  weil  hieraus  die  sfimmtlichen  Acquisitionen 
daigestellt  werden  kflnnen.  So  z.  B.: 

1560  mer  ausgeben  und  bezahlt  dem  hem  able  von  Admundt  aus 
Khemdten  urob  die  erkaufte  probstei  EJsendorf      2S272  fl. 

1560  mehr  ausgeben  um  das  erkaufte  pferrlefaen  und  zehent  zu 
Turkheim  und  Ramnüngen  5210  ü,  ±  ß  S  pf. 


1596.   An  den  17/m.  fl.  kauüschilling  für  die  henrschafl  und  das 
schloss  Randegg  5000  fl. 

1622  hern  Lorenz  von  Wensin  pfl^r  zu  Vohburg  für  die  erkaufte 
Schwaig  Griblsschwaig  5600  fl. 


AnhlnaiaelM  SsIlMlulfL  D. 


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66  Roth: 

1641  hern  Joacliiin  von  Donnersperg  au  der  ihm  abgekauften  hof- 
mark  Kaufringen  lOiOOO  fl. 


Ein  für  den  fiskalisch-administrativen  Archivdiensl  gleich  wich- 
tiger Rechnungslitc)  ist:  »auf  güllen  so  auf  den  heusern  verschrieben« 
oder  »bezalte  ewige  gülten  so  am  unsers  genedigislen  fürsten  und 
hem  heusern  und  denen  so  zu  dem  f.  neuen  kirchen-  und  coUegien 
paw  erkhaufl  worden,  verschrieben  seien.«  Herzog  Wilhdm  kaufte 
nfimUcfa  mehrere  Häuser  in  der  Engen-  und  Eireuzgasse  zum  Zwecke 
eines  Neubaues  —  der  Herzogmaxburg  — ,  sowie  des  Baues  der 
Jesuitenkvche  und  des  Ctollegiums  unter  Uebemahme  der  sftmmt- 
lichen  hierauf  ruhenden  Ewiggelder.  Einige  dieser  Schuldposten 
wurden  allmälig  abgelöst,  andere  sind  unter  jener  Million  Golden 
begriffen,  we  lche  die  Landschaft  i.  J.  1605  auf  ihre  Schullern  nahm, 
wesshalb  schon  die  Rechnung  von  1606  diese  Ewi^lten  nicht 
mehr  aufTührt.  Neuanfälle  von  Ewiggüllen  kommen  später  nur  zer- 
streut vor.  Noch  in  einer  vor  nicht  langer  Zeit  hethätigten  Recherche, 
worin  der  Staat  nahezu  mit  einer  Million  Gulden  betheiligt  erschien, 
hat  man  sich  zum  Nachweise  der  wirklichen  Ablösung  von  Ewiggeld- 
poslen  dieses  Rechnungstitels  mit  Erfolg  bedient. 

Zur  besondern  Zierde  Allbayerns  entstanden,  namentlich  unter 
dem  kunstsinnigen  Herzoge  Albrecht  V.,  eine  Menge  von  Schlössern, 
welche  theilweise  später  den  Pflegern  und  Kästnern  ab  Amtsgebäude 
dienten.  Für  den  Bau  und  Untertialt  »der  fürstlichen  geb&u«  fibeiliaupt, 
dann  der  SchtOsser  Starnberg,  Dachau,  Krandsperg,  Mehring,  Iflenzing, 
Schliersee,  Burkhausen,  Rauhenlecbsbeig,  Grünwald,  Marquartstein, 
Hammendorf,  Schongau,  Friedheig,  Maittbarg,  Altmulslein,  Neuen- 
Stadt,  Riedenbm'g,  Wemding,  Tölz,  Aibling,  daim  für  den  »salpau 
der  neuen  vestc,  das  Jägerhaus  zu  Wildenroth,  Amthaus  zu  Perlach, 
»Payerpronner  gepeut,  Jägerhaus  in  der  Riss,  Wachthaus  zu  Neu- 
stadt, Tendelgarten  7.u  Grünwald,  Vogellierdt  im  Altlauf  bei  Höchen- 
kirchen, die  Gebäude  zu  Ingolstadt,  das  Zollhaus  in  Lechhausen,  den 
Salzbrunnen  in  lleichenhall ,  das  Jaidhaus  am  Thann  bei  Ilartpcn- 
ning  —  sind  in  den  Hufzahlaintsrechnungen  von  1554  bis  1500  be- 
sondere Rechnungstitel  eingefügt.  Herzog  und  Kurfürst  Ma.ximilian 
hat  wäluend  seiner  Regierung  allein  auf  die  HofgeJ>äude  in  München 
1,689,508  fl.  verausgabt,  worunter  für  die  Jahre  1602  111,580  fl., 
1604  116,589  fl.,  1621  180,964  fl.  und  1627  126,500  fl.  be- 
griflbn  sind. 


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Ueber  dk  Hoftahlamtarachniiiifeii  im  K.  KreinrebiT  fflr  Obertmyern.  67 


Ebenso  f^llt  in  diese  Zeit  (1560)  eine  eigene  Rechnungsrubrik 
»ausgab  aur  etliche  schiff  so  zu  Ingolstadt  und  Starnberg  stehen«, 
noch  mehr  in  die  Zeil  Max  Emanuels,  in  welrhor  die  grossen  Lust- 
schifffahrten  auf  dem  Würmsoe  abgehallen  Av  urden. 

Inmilt(>n  dieser  Rechiiungslilol  finden  wir  auch  »auf  den  Wasser- 
bau des  Lechs«  und  »wassergebau  bei  Allel«  sowohl  in  dieser  als  in 
späterer  Zeil  Rechnungspositionen  eingescliallet ,  für  welche  der 
Herzog  (1609)  eine  besondere  Kontributton  (s.  unter  Einnahmen) 

Der  Recbniingstitel  »graf^chaft  Haag«  (1568)  ist  bestimmt,  die 
Positionen  auf  die  Abfindungen  in  AusfiQhning  des  Haag^scben  Ver- 
trags, nämlich  an  Eitl  Friedrich  Graf  von  Hohenzollem  und  Hart- 
mann  von  Liechtenstein  flQr  ihre  Gemahlinnen,  in  deren  Namen  sie 
auf  aOe  Ansprüche«an  und  in  der  Crafschafl  Haag  verzichten,  so- 
wie an  die  von  Closen'schcn  Erben,  die  Grafen  von  Tenngen,  den 
Hans  Kaspar  von  Pienzenau ,  Hans  Christoph  und  Erasmus  von 
Laiming,  Christoph  von  Pienzenau,  Albrecht  von  Schenk  und  Adolf 
von  Schwarzenstein,  aufzunehmen. 

Mit  Uebergehung  von  Ausgabstiteln  minderen  Interesses,  wie 
z.  B.  Hofkücbe,  Weinkauf,  Habericauf,  Jagdausgaben,  Pfisterei,  Hof- 
sdmeideKi,  Hobcfaosterei  etc.  nennen  wir  schliesslich  noch  einige 
Bochaofschriften  gteicbfaHs  als  TorObeigeiiende  Püsten,  wie  »gottes- 
hau8  Neodeck« ,  wolülr  in  der  Rechnung  de  1640  der  Betrag  von 
1760  fl.  27  kr.  eingestellt,  ferner  »die  hmschaft  Heldenheimt,  welche 
i.  J.  1638  lediglich  eine  Ausgabe  von  60  fl.  36  kr.  erheischte,  dann 
»die  Paradeische  Behausung«  wofür  im  J.  1627  661  fl.  47  kr.  ver- 
ausgabt, >bauausgaben  zu  Oeting<t  mit  2000  fl.  i.  J.  1605,  »aus- 
gaben auf  des  alten  herzogs  von  Lothringen  hicherkunfl«,  welche 
anno  1603  eine  Ausgabe  von  19,189  fl.  5  kr.  6  hl.  ergab,  >L  f.  D. 
der  heiv.ogin  Maria  Anna  hochzeitfest  zu  Graz«  mit  49,983  fl.  10  kr. 
Kosten  pro  1600,  und  cmliich  die  »Lothring,  hoclizcit«  mit  den  Be- 
trägen anno  1596  mit  51,448  fl.  57  kr.  1  hl.  und  anno  lüOO  mit 
8285  fl.  — 

In  einer  eigenen  Abtheflmig  folgt  hieraof  das  Besoldnngs-  oder 
»Quatembcrbochc.  Dasselbe  führt  das  gesammte  statnsmMge  Per- 
sonal des  geheimen  Raths,  des  Hofraths,  der  Hofkammer,  der  ober- 
sten Hofstellen  und  Stfibe  etc.  mit  den  Haupt-  und  Nebenbezügen, 
D|aastesantritten,  Beförderungen,  Entlassungen  und  Todesfallen  des 
gesammten  Personals  vom  Grosshofineister  bis  herab  snm  Einheitzer 


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68 


Roth: 


auf,  und  da  hierunter  nicht  allein  Staatsmänner,  Hofbeamte  und 
Geehrte,  sondern  auch  die  Münner  der  iHkienden  und  Tonkunst  be- 
griffen sind,  .«o  ist  diese  Abtheilung  —  was  wir  bereits  oben  be- 
Micrki  haben  —  für  Forschungen  über  hervorragende  Männer 
äusserst  werlhvoll. 

Den  Schkiss  der  gesamrnleii  Rechnunysslellung  bildet  selbstver- 
ständlich der  Rechnungsabäcliluss ,  welcher  den  »Zalmeiäterischen 
amtsresic  ergibt. 

Der  erste  Zahlmeistersrest  znr  Rechnung  pro  1&51  beträgt  nur 
1012  fl.  6  ^  1  hL;  aber  schon  im  Jahre  1559  entzUSert  derselbe 
75,879  fl.  and  im  Jahre  1598  sogar  1,655,087  fl.  58  jl  4  hl  Zur 
Erklärung  des  Anwachsens  dieser  ^dümeisters  Amtsreste  messen  wir 
wiederholt n,  das?  dieselben  hauptsächlich  durch  die  »aufgebrach- 
ten gelder«  und  durch  Uebertragung  resp. 'Vereinnahmung 
von  dereinen  auf  die  andere  Rechnung  entstanden  sind, 
daher  gerade  zur  Zeit  als  die  meisten  Anlehen  aufgebracht  wurden, 
die  Zuhlmeisterischen  Reste  ata  bedeutendsten  sind. 

Dabei  ist  ganz  unerlieblicii,  das.s  die  Landseliall  zeitenweisc  die 
Schuldenlust  auf  sich  nahm,  da  sie  nur  die  Verzinsung  besorgte, 
ohne  damit  auch  die  Anlehenskapitalien  selbst  zu  berühren,  welche 
fort  und  fort  hi  Zahhneistersresten  stecken  blieben.  Gleichwohl 
findet  sich  Ui  Dr.  Schreibers  Buch  Haiimilian  L  (S.  38  über  die 
Uahenden  Fbanzzustfinde)  die  auffUlende  Angabe,  dass  die  Ge- 
sammtzahl  der  jährlichen  Aktivreste  —  wie  er  sfe  nennt  —  100 
Millionen  betrage,  zu  welcher  Berechnung  der  Verfasser  aber  nur 
dadurch  gekommen  sein  mödlte,  dass  er  die  Zahlmeisterreste  ein- 
fach als  I7eber?chüsse  nahm,  und  gänzlich  unberücksichtigt  liess, 
dass  diese  Reste  keine  abgelieferten  Aktivreste  sind,  sondern  durch 
Vereinnahmung  in  den  nächstfolgenden  Rechnungen  immer  ihre  Ver- 
wendung fanden. 

Unsere  gewissenhafte  Berechnung  aus  den  Hofzahlamtsrechimn- 
gen  gibt  folgendes  Bild  auf  den  finanzzustand  von  1598  bis  1651 : 
Die  Gesammtsmnme  der  Zahlmeisters  Amtsreste  entziffert  97,060,336  fl. 
Dieselben  sind  nun,  weil  sie,  wie  vorhin  erwähnt,  als  Einnahmen 
ihre  Verwendung  fonden,  von  der  Gesammteinnahmssumme  zu 
158,565,486  in  Abnig  zu  bringen,  verbleibt  sodann  wirkliche  Em- 
nahme  61,505,100,  welche  durch  die  Gesammtau^abssnmme  mit 
61,505,100  absorbirt  wird,  so  dass  an  Erflbrigungen  statt  der 
angeblichen  100  MUUonea  Nichts  verbleibt. 


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üeber  die  Hoficahlamtsrechnungen  im  K.  Kreisarchiv  für  Oberbayem.  69 


Udberfaaupt  müssen  wir  zum  Schlosse  nocih  bemeiten,  dass  die 
Abschlüsse,  durch  welche  sich  die  Zahlmeisters  Amtsreste  ergeben, 

kaneswegs  geeignet  sind,  die  Finanzzustände  eines  Jahres  oder  l&n- 
gerer  Perioden  ganz  getreu  darzustellen;  denn  bei  der  Systemlosig- 
keit  des  damaligen  Rechnungswesens,  welches  sich  nirgends  auf  eine 
staatswirthschaflliche  und  nationalökonomische  Basis  stützt,  ist  dies 
ohne  mühevolle  Vorarbeiten  absolut  unmögUcb. 


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VI.    Zur  „Series  Episcoporum**, 


WUm eh»  und  Vortohllg». 

VOD 

Dr.  K.  II.  Frhr.  Roth  von  Schrockenstein 
Direktor  des  Grbz.  bad.  Generallandesarcbivs. 

Die  Nfitztichkeit,  ja  Nothwendigkeit  eines  die  Zeitfolge  der 
deutschen  BischOfe,  in  möglichst  zarerlfissiger  Weise,  jedoch  unter 
Vermeidung  überflüssiger  Weitschweifigkeiten,  kurz  und  bündig  nach- 
weisenden Handbuches  kann  nicht  bestritten  werden.  Eine  aus- 
führliche Aufziiiilung  der  sich  in  der  archivalischen  Praxis  ein- 
stellenden, zahlreichen  Veranlassungen,  in  denen  man  auf  die  Vcr- 
gleichung  von  liischofskatalogen  angewiesen  ist  und  mithin  auch 
der  Fälle,  in  denen  sich  der  jetzt  vorhandene  literarische  Apparat 
als  ungenügend  erweist,  so  zwar,  dass  nicht  nur  der  Archivbeamte, 
sondern  jeder  nach  urkundlichen  Vorlagen  arbeilende,  sorgfTdtige 
Forscher,  ein  ganz  exactes  Hilfsmitlei  zur  Stunde  nodi  entbehren 
muss,  wird  füglich  unterbleiben  dürfen,  denn  sie  würde  den  an  die 
kleinen  Leiden  des  Benifes  gewöhnten  Lesern  dieser  ZeÜsehitft 
kaum  etwas  Neues  darbieten  kOnnen. 

Dagegen  sind  wir  denselben,  nach  einer  anderen  Richtung  hm, 
zuerst  Rechenschaft  schuldig,  bevor  von  Wtlnschen  und  yoiachlSgen, 
und  wiren  diesdben  audi  noch  so  besdieiden  und  voisiditig  gesteOt, 
die  Rede  sein  darf. 

Kann  es  sich  denn  überhaupt  darum  handehi,  zur  Series  Epi- 
scoporum  reden  oder  schreiben  zu  wollen,  nachdem  ja,  bereits  seit 


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Zar  »SenAm  Epiacoponinit. 


71 


Deccnnien,  violbcmitzto  Druckwerke  vorhanden  sind,  in  welchen,  wie 
man  glauben  sollte,  alles  Erforderliche  dargeboten  wird? 

Und  wenn  nun  auch  den  bekannten  Hilfsmitteln,  deren  wir 
uns  beinahe  täglich  bedienen,  kleine  Ungenauigkeiten  vorgeworfen 
werden  müssten,  sind  denn  in  der  That  die  denselben  man  möchte 
sagen  nothwendig  zur  Last  faHenden  H&ngel  und  GMiredien  fibeiv 
hanpt  so  eftiebUch,  dass  die  Herstellung  tines  genügenden  Hand- 
buches erst  von  der  Zukunft  zu  erwarten  stfindef 

Ich  glaube  aUerdings,  dass  wir  eine  abschliessende  Bearbntung 
des  genannten,  wichtigen  Gegenstandes  noch  nicht  besitzen,  aUein 
nichts  liegt  femer,  als  eine  lieblase  Untersdi&tsnmg  des  uns  bereits 
Daigdiotenen.  Leider  konnte  der  zu  Ausgang  des  18.  Jahrhunderts 
von  den  gelehrten  Sanblasianem  gehegte  Plan,  uns  mit  einer  Ger- 
mania Sacra  zu  beschenken,  nur  für  wenige  Sprengel  ausgeführt 
werden.  Aber  auch  ohne  eine  solche  bahnbrechende,  allgemeine 
Vorarbeit  für  richtige  Bischofsreihen,  kam  doch  recht  Brauchbares 
zu  Stande.  Das  sciion  im  Jahre  1855,  freilich  in  kleiner  Auflage, 
zu  Minden  erschienene  Onomasticon  TTierarchiae  Germanicae 
von  E.  F.  Mooyer,  welches  sich  bekanntlich  auf  Mitlheiinngen  des 
gelehrten  Nuraismatikers  Dr.  Grote  stützt,  war  eine  für  ihre  Zeit 
überaus  tflcfatige  Leistung,  und  auch  die  von  A.  Potthast,  im 
Supplementbande  zur  Bibliotheca  Historica,  Berlin  1868,  ge- 
gebenen Bischobreihen  verdienen  es  nicht  absprechend  bemingelt 
za  werden,  obgleich  sie  den  einen  und  anderen  Wunsch  allerdings 
uneifQllt  lassen.  Ein  gleiches  gilt  von  F.  B.  Garns  Serles  Epis- 
coporum  Ecclesiae  Gatholicae,  Regensburg  1873,  einer,  da  sie 
sich  auf  sämmtliche  Bisthflmer  der  katholischen  Kirche  auf  dem 
ganzen  Erdbälle  einlässt,  von  erstaunlichem  Fleisse  Zeugniss  gebenden 
Ucbersicht,  die  voraussichtlich  für  lange  Zeit  das  Beste  in  ihrer  Art 
bleiben  wird.  In  magnis  voluisse  sat  est.  An  einem  tüchtigen, 
vor  grossen  Schwierigkeiten  nicht  zurücklx;benden  Wollen  hat  es 
dabei  sicherlich  nicht  gefehlt,  während  eine  vollständige  Beherrschung 
des  in  seiner  Massenhaftigkeit  geradezu  erdrückenden  Details,  schon 
durch  den  Plan  des  die  Kräfte  eines  Einzelnen  beinahe  übersteigen- 
den Werkes  ausgeschlossen  war. 

Wenn  es  nun,  was  ich  als  erwiesen  annehmen  darf,  kemem 
Zweifd  unterliegt,  dass  die  genannten  Hilbmittel,  bei  vielen  uns  ob- 
liegenden Arbeiten,  gute  Dienste  leisten  kOnnen,  so  durfte  es  dagegen 
dwnfiills  unbesweifelt  sefai,  dass  eine  hi  der  Regel  nur  die  Resultate 


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72 


Roth  V.  Schreckenstein: 


der  benfitzten  Einzelfonchungen  angebende,  nackte  ZusanunensteUung 
▼on  Namen  und  Zahlen  nur  dann  von  bleibendein  Werthe  sein 
kann,  wenn  die  betreffenden  einzelnen  Angaben  in  hohem  Grade 

zuverlässig  sind,  während  mil  einer  gewissen  Autorität  auftretende, 
in  letzter  Instanz  aber  doch  niclit  jj;chörig  verbürgte  Listen,  dem 
auf  wissenschafllichem  Gebiete  mit  Recht  verpönten  Probabiliemus 
Thür  und  Thor  öfTncn. 

Nun  kann  man  sidi  aber,  abgesehen  von  jenen  inneren  Grün- 
den, durdi  welche  eine  völlige  Ucbereinstiiiiniuiig  der  übiilieferlen, 
chi'onologischen  Nachrichten  vielfach  ausgeschlossen  wird,  schon  auf  den 
ersten  Blick  davon  überzeugen,  dass,  um  bei  dem  genannten  Apparat 
zu  bleiben,  die  bei  Hooycr,  Potthast  und  Garns  sidienden  Namen 
und  Jahrzahlen  keineswegs  ganz  harmonlren,  ohne  dass  uns  in  der 
betrefSsnden,  neueren  liste,  durch  eine  genügende  Hinweisung  auf 
die  bevorzugten  Quellen,  die  Ursachen  jener  thatsichlich  vorhande- 
nen Abweichungen  angaben  würden.  Potthast  hat  zwar  ziemlich 
häufig,  jedoch  nicht  immor,  seine  Quellen  für  einzelne  Positionen 
genannt,  während  Gams  nur  am  Ende  jeder  Liste  ganz  im  Allge- 
meinen die  Literatur  verzeichnet.  Sucht  man  nun  die  erforderliche  Aus- 
kunft in  anderen,  bewälirlcn  Autoren,  so  slössl  man  violleicht  auf 
weitere,  völlig  abwcicliendc  Ansichten  und  Meinunp^en,  uiul  in  allen 
Fällen,  bei  denen  es  sich  um  stringente  Beweisführung  iiandelt,  muss 
man  wohl  die  ganze  Controverse  quellenuiässig  selbst  durcharbeiten, 
bevor  man  um  ehien  Schritt  weiter  gehen  kann.  Niemand  wird 
aber  behaupten  wollen,  dass  es  ehi  sonderlich  lohnendes  Ergdmiss 
mfihsamo'  Nachforschungen  sei,  wenn  man  einer  Reihe  von  positi- 
ven, aber  achwach  oder  gar  nicht  begründeten  Angaben  ein  lako- 
nisches »non  liquet«  beifügen  darf. 

Das  erste  Erforderniss  eines  genügenden  Handbuches  wäre  mit- 
hin die  exacte  Angabe  der  einer  jeden  einzelnen  Position  ihr  Dasein 
sichernden  Quelle  oder  Quellen. 

Den  hereifs  vorhandenen,  alle  doulschon  Sprengel,  oder  gar  die 
ganze  katholisthe  Christenheit  ins  Auge  fassenden  Listen  soll,  wie 
gesagt,  kein  Vorwurf  gemacht  werden,  wenn  sie  auch  in  vielen  Fällen 
die  nöthige Genauigkeit  vermissen  lassen;  schon  desshalb  nicht,  weil 
eue  wirklich  kritische  Revision  der  in  bekannten  Druckwerken 
stehenden  deutschen  Bischofoeihen  die  Kräfte  eines  Ebizebien  bis 
zur  Erschöpfhng  in  Anspruch  nehmen  wfirde,  sogar  unter  der  kebies- 
wegß  zutreffenden  Voraussetzung,  dass  man  sich  bei  dieser  Prfifling 


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Zur  »SeriM  Epbcqxffum«. 


73 


gar  nicht  auf  unedirte  Archivalien  einzulassen  habe.  Ist  doch  die 
Zahl  der  eigentlichen  Urkundeiibücher  (Codices  diploniatici)  und  jener 
Regesten werke,  welche  nothwtndig  in  Betracht  kommen  müssen, 
eiiie  entamiliefa  gnxne,  abgesehen  von  den  geradem  zahlloBeii 
Werken,  welche  im  Texte  serstreute,  oder  in  den  Anmerfcimgen  und 
BeSagen  enthaltene  Regesten  geben.  Ich  will  nur  an  die  selten 
mit  genügenden  Registern  versdienen  Vereinsschriften  erinnern,  die 
uns  sogar  m  grossen  Bibliotheken  nicht  immer  m  erfccderlicher  Voll- 
stftndigkeit  zu  Gebot  stehen.  Da  die  sehr  verdienstlkhen  Repertorien 
von  Walther  und  Kon  er  leider  nicht  fortgesetzt  worden  sind,  kann 
man  sogar  wichtige  Beiträge  übersehen,  ohne  gerade  flüchtig  zu  ar- 
beiten. Wer  sich  in  eingehender  Weise  auch  nur  mit  einem  ein- 
zigen Sprengel  beschäftigt  hat,  der  weiss  auch,  dass  er  zuweilen  ganz 
brauchbare  urkundliche  Aufsi  hlüsse,  walue  Perlen  in  der  betreflen- 
den  Bischofsreihe,  in  Bürliern  fand,  deren  Titel  keineswegs  auf  das 
ihn  zuniuiist  beschäfligende  Forschungsobject  hinweisen. 

Wird  man  nun  aber,  so  fragt  man  billiger  Weise,  bei  der  Be- 
nutzung von  Druckwerken  stehen  bleiben  können?  Vollständige,  dem 
gegenwärtigen  Standpimkte  der  historischen  Forschung  auch  nur 
emigermassen  entsprechende  BischoCsreihen  kfinnen,  meines  Erach- 
tens,  ohne  Beizidiung  von  handschriftlichoi  QueDen  nur  dort  her- 
gestdlt  werden,  wo,  durch  eine  vorhergegangene  Publication  der 
überhaupt  vorhandenen  ArcbivaUen,  dermassen  vorgearbeitet  ist, 
dass  die  Gefahr,  gerade  das  Wichtigste  zu  fibnsdien,  wenigstens  für 
Fleissige  und  Kundige  nicht  mehr  besteht.  In  dieser  Weise  ist  aber 
gewiss  nur  für  die  wenigsten  deutschen  Sprengel  gesorgt  worden. 
Aber  auch  in  jenen  Diöcesen,  welche  sich  einer  hinreichenden  Menge 
von  guten,  älteren  Publicationen  zu  erfreuen  haben,  so  dass  man 
Aho,  ohne  Beiziehung-  noch  ungedruckter  Archivalien,  eine  genügende 
Bisciiofsreilie  herstellen  kann,  ist  doch  sicherlich  die  Vergleichung 
neuerer  Abdrücke  nicht  überflüssig. 

Oder  trollte  es  vielleicht  erlaubt  sein,  bei  Ghronikstellcn  die  so 
vielfach  borichligeuden  Texte  der  Monumenta  Germaniae 
historica  und  anderer  kritischen  AusgaJsen,  bei  Urkunden  die  in* 
neueren  Urkundenbflchem  gegdienen  zahlreichen  Berichtigungen  und 
Nachträge  zu  ignoriren,  und  seine  Eenntnissnahme  von  Necrologien 
auf  veraltete  und  unzuveriässige  Abdrücke  zu  beschränken?  Ich 
glaube  mich  al>er  nicht  zu  irren,  wenn  ich  annehme,  dass  man 
bei  der  MdmaU  der  deutschen  Sprengel,  zum  Behufe  der  Beschaf- 


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74 


Roth  V*  Schreokenstein: 


fung  richli^'er  und  zuverlässiger  Bischofskataloge,  noch  immer  auf 
mühsame,  archivalische  Forschungen  angewiesen  ist.  Hieraus  folgere 
ich,'  dass  ein  solches  Handbuch,  wie  wir  es  eigentlich  besitzen  soll- 
ten, erst  dann  aosgeartieitet  werden  kann,  wenn  zneist  dnreh  fleissige 
Einzelfiorachungen  das  erforderliche  Material  giesammelt  und  zugäng- 
lich gemacht  worden  ist  und  also,  wenn  auch  nicht  YöUig  mfihek», 
so  doch  ohne  öbenn&ssige  Anstrengung,  zur  Herstellung  eines  für 
uns  unerlässHchen  HQ&mitiels  benützt  werden  kann.  Es  handelt 
sich  oflfonbar  noch  darum,  die  Bischofsreihen  der  einzehien  DiOcesen 
genau  zu  revidiren,  wobei  es  sich  natCbrlich  von  selbst  ergeben  wird, 
dass  jeder  zu  einer  solchen  Arbeit  Berufene  alles  darbietet,  was  Ton 
seiner  Seite  durch  Sainmelfleiss  und  Kritik  beigebracht  werden  kann. 
Bei  P  o  1 1  Ii  a  s  t  B  i  b  1  i  o  t  h  e  c  a  H  i  s  t  o  r  i  c  a  sind  93  Listen  gog'obon, 
freilich  mit  Einsehluss  von  einigen  Sprengein,  welche  nur  ganz  kurze 
Zeil,  oder  vielleicht  gar  nicht  bestanden.  Schon  durch  diese  be- 
trächtliche Zahl  dürfte  darauf  hingewiesen  sein,  dass  eine  zu  wirk- 
lich stichhaltigeü  Resultaten  führende  Revision  nur  unter  Anwen- 
dung des  erjnoblen  Gesetzes  der  Arbeitstheilung  möglich  ist.  Wer 
sollte  sich  etwa  zutrauen,  das  ganze  Arbeitsgebiet  gehörig  zu  über- 
sehen? 

Ich  muss  nun,  zur  Begründung  meiner  Andcfatffli,  Vorschlige 
und  Wünsche,  obgleich  ehie  KriUk  des  vorhandenen  Apparates,  so- 
weit ich  eine  solche  zu  geben  vermüchte,  nicht  in  meiner  Absicht 
liegt,  auf  die  Bischofsreihe  eines  bestimmten  Sprengeis  und  zwar 
des  un  Jahre  1821  aufj^ehobenen  Bisthnms  Gonstanz,  nfiher  ein- 
gehen. 

Bekanntlich  besitzen  wir  für  eine  Series  Episcoporum  Gonstan- 
tiensium  eine  ganze  Reihe  von  mehr  oder  minder  trefflichen  Vor- 
arbeiten. Nachdem  durch  das  bei  Pistorius-Struve  stehende  Ghro- 
nicon  Episcopatus  Constantiensis  des  J  a  c.  M  a  n  1  i  u  s  das  Eis 
gebrochen  war  und  der  geschäftige  P.  Gabr.  Bucolin,  freilich 
in  seiner  bekannten,  compilatorischen  Weise,  das  Seinige  hinzugefügt 
hatte,  war  es  zuerst  der  G  a  11  i  a  C  h  r  i  s  t  i  a  n  a  beschieden,  eine  nach 
richtigen  Principien  aufgestellte  Bischofsreihe  zu  veröffentlichen.  Die 
damals  vorhandenen  Quellen  und  Hilfsmittel  wurden  mit  Umsicht 
benützL  Namentlich  gilt  dieses  von  der  zweiten,  wesentlich  ver- 
mehrten Ausgabe  des  berühmten  Werkes,  welche  wir  der  rühmlichst 
bekannten  Gongregatio  S.  Hauri  verdanken.  An  diese  heute  noch 
sehr  achtbare  Arbeit  der  Mauriner  schliessen  sich  nun  die  ebenfUls 


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Zur  »SeriflB  Epiieoporamc. 


75 


sehr  geschätzten  Werke  des  P.  Trud.  Neu  gart  an,  welche  für 
den  Gonstanzer  Sprengel,  von  ältesten  Zeiten  bis  zum  Jahre  1306, 
&Dß  bahnbrechende  und  allen  späteren  Forschungen  zugutkommende 
Untfiriage  bOdeii,  Weniger  exact,  aber  imoMrUii  niebt  ganz  nnver- 
diensUifih  ist  die  Liste,  welche  J.  B.  Eolb  in  seiDem  Leiioon  des 
GiQssheizogttniins  Baden  (1813)  gegeben  hat.  Als  verfehlt  dagegen 
wird  der  bei  J.  Eiselein,  Geschichte  der  Stadt  Gonstanz  (1851X 
stehende  Bis^holiilMtakuf  beieicfanet  werden  mflssen,  denn  das  Neue, 
welches  derselbe  bietet,  ist  in  dßt  Regel  falsch. 

nun  durch  die  genannten  Werke  tüchtig  vorgearbeitet 
worden  war,  gab  Chr.  Fr.  v.  Stalin,  in  seiner  trefflichen  Württem- 
bergischen  Geschichte  (1841—1856),  nicht  nur  für  Gonstanz,  sondern 
auch  für  Augsburg,  Würzburg  und  Speier  sorgfältig  gearbeitete 
Bischüfsreihen ,  selbstverständlich  auf  Grundlage  jener  umfassenden 
Kunde  primitiver  Quellen,  durch  welche  sich  das  in  seiner  Art  einzige 
Werk  des  unvergcsslichen  Mannes  auszeichnet.  Die  Stälin'schen 
nidit  unerheblidien  Verbesserungen  sind  dann  in  die  Helvetia 
Sacra  des  Herrn  Fr.  Egb.  von  Mülinen  (1858),  ebenfalls  eine 
anerkannt  tüchtige  Arbeit,  fibergegangen,  und  man  konnte  m  der 
That  mit  E.  F.  Gelpke,  Kirchengesehichte  der  Schweis  (DL  Bd.  1861), 
fibereinsthnmend  sagen:  den  besten  Biscfao&katolog  hat  Ftiedrich 
von  Mfilinen  in  der  Hehetia  sacra. 

Sehen  whr  nun,  wie  s&cb  nadi  soktei  Vorarbeiten  die  bei  Gkuns 
stdiende  Bischofsreihe  gestaltet  hat !  Soll  nämlich,  wie  ich  behaupte, 
em  neues  Handbuch  d«  deutschen  ^schofereihen  nicht  nur  erwünscht 
sondern  sogar  nofhwendig  sein,  so  mässen  natürlich  m  den  jüngsten 
Listen  solche  Positionen  nachgewiesen  werdoi,  welche  deum  doch 
als  bedenklich  bezeichnet  werden  können. 

Da.  ich  mich  seit  Jahren  eingehend  mit  den  im  Generallandes- 
archive zu  Karlsruhe  belindlichen  Urkunden  des  Bisthums  Gonstanz 
beschäftige,  ohne  indessen  beanspruchen  zu  wollen,  dass  es  mir 
bereits  gelungen  sei,  die  ganze,  erstaunlich  grosse  Masse  völlig  zu 
Übersehen,  bin  ich  doch  schon  in  der  Lage,  manches  noch  unedirte 
Sehriftetfidc  beliehen  zu  können.  Auch  darf  ich  mich  wohl  auf 
meine,  sdt  dem  Jahre  1869  to  den  Bfindm  XXII— XXIX  der  Zeit^ 
Schrift  für  Geschichte  des  Obenhems  gegebenen  PoUicationen  be- 
ziehen. Eme  Ton  mir  ausgearbdtete,  mit  den  erforderlichen  Quellen- 
angaben belegte  Bischo&liste,  von  Bnbulcus  517  bis  Thomas  Ber- 
lower  1 1496,  Kegt  als  druckreifes  Mannscript  vor.  Hier  werde  ich 


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76  Roth  T.  £Selmdtmiat«iii: 

aber  nur  jene  Pniikte  berObren,  die  ich  zur  Begrfindung  meiner  De- 
siderien  nicht  Terschweigen  darf.  Ich  gebe  den  betreffenden  Eintrag 

bei  Garns  mit  Anführungszeichen  und  lasse  darauf  meine  Bemer- 
Icungen  folgen.   Die  Torangestellten  Ordnungszahlen  sind  die  von 

Gams  gpgohonon. 

3.  »552.  Maximus.  Sedom  tran?foi-t  Constantiam  c.  553 — 561.€ 
Es  ist  sehr  fnif^licli,  ob  jornals  ein  liischof  dioscs  Namens  ge- 
leljt  habe.  \er<^].  Colpko  II,  250  ff.  Auch  die  Zeit,  in  welcher 
die  Verlegunfr  des  Bislhums  von  Windisch  nach  Constanz  er- 
folgte, Ifisst  sich  nicht  sicher  angeben,  was  auch  Gams  an- 
erlcannt  hat.  In  solchen  Fällen  verlange  ich  nun  von  dem 
betreffenden  Handbuch,  dass  es  die  beim  gegenwärtigen  Stand- 
punkte der  Forschung  yorhandenen  Zweifel  in  Kürze  angäte. 
Ist  es  etwa  erlaubt  apokryphen  Namen,  dadurch  dass  man 
sie  TöDig  unbeanstandet  nennt,  neuerdings  guten  Klang  zu 
verleihen? 

4.  »583.  sed.  Rudilo  (RudoH)  589.«  EbenfaDs  ehie  ganz  zweifd- 
hafte  Persönlichkeit,  welche  Pntthast  gar  nicht  fai  seine  liste 
auftaahm.  Will  man  den  leeren  Namen  retten,  so  mnss  man 
sich  auf  die  fragliche  Autorität  einer  erst  im  14.  Jahrhundert 
aufgezeichneten,  von  Neugart  Episc.  Gonst.  I,  18  mltgetheilten 
I.isle  l)eziehen.  Das  Handbuch  sollte,  nach  meinem  Dafür- 
hallen, keineswoL's  mit  der  bisherigen  Tradition  völlig  brechen, 
aber  wohlberechli^'ten  Zweifeln  Ausdruck  verlciiien.  Apokryphe 
Namen  konnten  in  Klammer  gestellt,  oder  mit  einem  Frage- 
zeichen versehen  werden.  Sie  ohne  allen  Vorbehalt  zu  nennen 
halte  ich  nicht  für  statthaft. 

5.  »589.  Ursinus.«  Die  Jahre  589 — 606,  welche  man  diesem 
Namen  beii^ufügen  pflegt,  gründen  sich  lediglich  auf  Ver- 
muthung.  VergL  Neugart  Episc.  I,  20.  Gdpke  n,  252. 

6.  >606.  Gaudentins  613.«  Neugart  setzt  60i5— 615.  Potthast 
614^618.  Mälhien  stimmt  mit  Gams  fiberehi.  Die  iMttMste 
Nennung  dieses  sonst  nicht  bekannten  Bischöfe  verdanken 
wir  der  Vita  S.  Galli  (Blon.  Germ.  SS.  U,  10),  welche  Neu- 
gart nur  in  der  Ueberarbeitung  des  Walafrid  Strabo  kannte. 
Das  Todesjahr  lässt  sich  nicht  ermittdn;  diensowenig  der  Be- 
ginn des  Pontificats.  Vcrgl.  G.  Meyer  von  Knonau  Anm. 
85  zu  seiner  Ausgabe  der  Vita,  in  den  St.  Galler  Mittheilungen 
XII,  20.    hu  Handbuche  dürfte  also  ein  den  Jahreszahlen 


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» 


Zur  »Series  Episcoporumc.  'J^ 

beigefügtes  c(irca)  nicht  fehlen.  Dasselbe  durch  reichliche 
Gitate  zu  Oberladfin,  m^ldite  ich  keineswegs  befüirwortffli.  Da- 
gegen ist  es  doch  wohl  unbezweifelt,  dass  eine  bündige  Nach- 
weisung der  neuesten  und  zuverlässigsten  Erläuterungsschriften 
nur  erwünscht  sein  kSnnte. 

7.  »615.  Johannes.«  Bei  diesem  Bischöfe,  für  welchen  die  im 
8.  Jahrhunderl  abgefasste  Vita  S.  Galli  einzige  Quelle  ist,  und 
dessen  Zeil  nicht  mit  Sicherheit  ermitteil  werden  kann,  — 
v^'l.  Meyer  von  Knonau  a.  a.  0.  Anni.  SO  und  120  —  zeigt 
unser  Apparat  einen  geradezu  bedenklidien  Keichthum  von 
Ang:aben.  Herr  von  Mülinen  und  Ganis  begnügen  sich  mit 
615.  Neugart  hat  615  bis  632,  Pottliast  621  bis  nach  650?. 
Fär  ^e  solche,  gänzlich  in  die  Luft  gestellte  Position  können 
mt  unmöglich  dankbar  sein. 

d.  »Hartianus  682.«  Ebenfküs  eine  ganz  unsichere  Zahl. 
Ud}er  die  Nennung  dieses  Bisdic^  in  der  vie]beq>rocheiien 
Urkunde  K.  Friedrichs  L,  Gonstanz  1155,  Not.  27.,  kann  ich 
mich  hier  nicht  ausführlich  äussern,  doch  will  ich  es  niclit 
versäumen  zu  constatiren,  dass  das  Original  im  Generallandes- 
archiv vorhanden  ist  und  dass  daher  die,  in  dieser  Hinsicht, 
in  den  Schriften  des  Bodenseevereines  IV,  104  ff.  ausge- 
sprochenen Zweifel,  welche  indessen  sciion  durch  Dümge  Regg. 
Bad.  Nro.  92  und  Wirlemberg.  Urkundenbuch  II,  95  ff.  er- 
ledigt waren,  nicht  melu-  bestehen.  Näheres  werde  icli  im 
3.  Hefte  des  XXIX.  Bandes  der  Zeitschrift  für  die  Geschichte 
des  Oberrfaeins  geben ,  woselbst  die  von  mir  revi&te  Gon- 
stan2er  Bischo&reihe  zum  Abdrucke  kommen  soll. 

9.  »642.  B0S0.C  Nur  aus  Vita  S.  Galli  bekannt  Meyer  Knonau 
a.  a.  0.  Anm.  173  verzichtet,  gewiss  mit  Fug  und  Redit,  vOQig* 
darauf,  die  Zeit  dieses  Bischoft  zu  bestimmen. 

10.  »676.  Gangulphus.« 

11.  »681.  Fidelis,  c 

12.  »698.  Tlieobald.c  Neugart  versieht  die  von  ihm  mit  den 
Jahreszalilen  676 — 708  bezeichnete  Lücke,  welche  von  Boso 
bis  Audoin  klafft,  ebenfalls  mit  diesen  Namen.  Garns  hat  sich 
ilim,  wie  wir  sehen,  angeschlossen,  setzt  aber  zu  jedem  ein- 
zelnen Namen  eine  Zalil,  was  ich  unmöglich  billigen  kann. 
Wo  solche  Unsicherheit  henscht,  darf  der  Schein  der  Sichet^ 
heit  nicht  gegeben  werden.  Pottbast  geht  noch  um  einen 


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78 


Roth  T.  SehraekoMtMns 


I 


Schritt  weiter  als  Neugart,  denn  ihm  sind  Qangolfi  FIddis, 
Theobald,  Aodoin  und  Rudolf  leere  Namen,  die  eine  Lflcke 
von  687  bis  739  ausfüllen  sollen. 

13.  »708.  Aüdoiniis  (Ausonius).«  Genannt  wird  das  Todesjahr 
Aud(Nns,  nämlich  736,  übereinslimmend  von  Anna).  Lauresbam. 
u.  Alamann.  (Mon.  Germ.  SS.  I,  26),  Annal.  S.  Gall.  brev. 
(ibid.  64),  Annal.  Quedlinburg.  (SS.  III,  34)  und  Herimannus 
Augiensis.  Die  Annal.  Heremi  pag.  138  setzen  735.  Ein 
Grund,  diesen  Bischof  mit  Potthast  zu  verwerfen,  liegt  also 
gewiss  nicht  vor. 

14.  »736.  Rudolf  II.  739.«  Gelpke  U,  290  protestirt  lebhaft 
gegen  die  Existenz  dieses  Bischofs  und  auch  Sauter  Eirchen- 
geschichte  Sehwabens  bis  zur  Zeit  der  Hohenstaufen  (1864), 
S.  82,  hegt  Zweifel,  was  sonst  nicht  seine  Art  ist.  Beruft 
man  sich  darauf,  dass  Bischof  Emfrid,  ▼on  736-^746,  durch 
Herimannus  Augiensis  gehörig  nachgewiesen  und  dass  mithin 
fiGbr  einen  Bischof  Rudolf  oder  Rudolt  nicht  Raum  sei,  so  fibei^ 
schätzt  man  offenbar  die  chronolo^sche  Zuverlässigkeit  des 
1054  gestorbenen,  trefflichen  Chronisten.  Wer  den  Bischof 
Rudolf  II.  festzuhalten  sucht,  beruft  sich  auf  ein  Schreiben  des 
Papstes  Gregor  III.  vom  Jahre  739.  Jaffö  Regg.  Pontif. 
nr.  1731.  Der  in  demselben,  olme  Angabe  eines  Sprengeis, 
aber  mit  bestimmter  Ilinweisung  auf  Baiern  und  Alemannien 
genannte  Bischof  Rudolt  wird  für  Rudolf  II.  von  Constanz 
gehalten.  So  von  Neueren:  JafftS  v.  Stidin,  v.  Mülincn.  Im 
Handbuch  dürfte  die  urkundliche  Form  Rudolt  nicht  fehlen, 
auch  wäre  auf  die  bestehende  Gontroverse  in  Kürze  hinzu- 
weisen. 

15.  »789.  Ehrenfried  748.€  Völlige  Sicherheit  f^t,  da  es  auf 
die,  wie  ich  glaube  rielittge,  biteipretation  ankflmmt,  welche 
Neugart  von  Heriro.  Aug.  (SS.  V.  d8)  gegeben  hat  Gelpke  D, 
290,  Meyer  yon  Knooau  a.  a.  0.  Amn.  231,  entschieden 

sich  für  746  als  Todesjahr. 

16.  »748.  Sidonius.«  Nach  Meyer  von  Enonau  unterliegt  es 
wohl  keinem  Zweifel  mehr,  dass  Sidonius,  sowohl  als  Bischof 
von  Constanz,  als  auch  als  Abt  von  Reichenau,  746  auf  Ern- 
fricd  folgte.  Herim.  Aug.  setzt  ebenfalls  746  als  Anfang  des 
Episcopals  von  Sidonius  und  fügt  bei:  praefuit  annis  13.  Das 
Todesjahr  gibt  er  zu  759.   Der  bei  Potthast  stehende  Todes« 


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Zur  »Sorias  Episcoponim«. 


79 


tag  16.  Not.  759  vA  wohl  nur  eme  üsttale  Verwechselung 
mit  dem  toh  Sidcmius  verfolgten  heOigeii  Ottmar.  Das  Necrol. 
Augiense,  Ton  H.  Keller  in  den  Mitthdlmigen  der  Züricher 
antiquar.  Gesellschaft  als  Facsimile  herausgegeben  und  trefflich 
erläutert,  sichert  den  4.  Juli  als  Todestag  des  Sidonius. 

17.  »760.  Johannes  II.  f  ex.  VII.  781.«  Hier  erlaube  ich  mir  vor 
Allem  die  Bemerkung,  dass  ich  für  das  Handbucli,  die  Be- 
zeichnung der  Monate  durch  römische  Zahlen  nicht  empfehlen 
möchte.  Johann  II.  ist  der  erste  Gonstanzer  Bischof,  der  uns 
Urkunden  zurückgelassen  hat,  die  sich  freilich  mehr  auf  sein 
Amt  als  Abt  von  St.  Gallen  beziehen.  Im  liaiidbuche  würde 
dieser  Umstand  zu  erwähnen  sein.  Die  älteste  Urkunde  des 
AbtpBischofii  Johannes  wird  von  Wärtmaim,  ün  Uifamdenbuch 
der  Abtd  St.  GaUen,  —  dessen  AufeUhlong  ich  miter  den 
Ton  Garns  benützten  Quellen  ungeme  vermisse,  —  znm 
20.  Aug.  760  gesetzt;  die  letzte^  bei  etwas  zwdfelhafier  Reduo- 
tlon,  zum  18.  Mai  781.  Herim.  Aug.  hat  781  als  Todesjahr. 
Dass  Johannes  im  ausgehenden  Monate  Juli  (ex.  Tü)  starbt  ist 
nur  Vermutbung.  Das  Necrol.  Aug.  bei  Keller,  pag.  59,  hat 
zum  9.  Febr.  Johannes  Sps  (Gonstantiensis).  Der  in  Klammer 
gestellte  Sprengel  von  späterer  Hand,  Bezieht  sich  das  auf 
Johannes  II.V  und  wenn  dieses  der  Fall  ist,  kann  dann  781 
das  Todesjahr  sein  ? 

18.  »781.  Egino  811.«  Das  Todesjahr  811  ist  richtig,  trotz 
Annal.  Alamann.  und  Ilerimannus  Aug.,  welche  813  geben, 
da  Wolfleoz  schon  am  19.  Sept.  811  urkundlich  ist,  Wart- 
mann Urkb.  der  Abtei  St.  GaUen  I,  196.  Wesshalb  hat  wohl 
Garns  den  Todestag,  26.  Aug.,  nach  Necrol.  Aug.  nicht  auf- 
geführt? Im  Handbudi  würde  dieser  nicht  li^en.  Auch  die 
urkundliche  Form  Agmo  wftre  anzugeben. 

19.  »811.  Wolfleoz  t  15.  HL  839.«  Den  Todestag  sichern 
die  Necrol.  Aug.  und  S.  Galli.  VergL  Dümmler-Wartmann 
in  den  St.  Gall  Hittheihmgen  XI,  70.  Das  Todesjahr  dagegen 
ist  unermittelt. 

2a  »839.  Salomon  L  t  3. 1.  871.«  Hier  ist  der  Tag  zweifelhaft. 

Vergl.  Dümmler-Wartmann  a.  a.  0. 
21.  >871.  Patecho,  f  4.  XII.  873.«    Leider  ist  in  diesem  Falle 
das  Jahr  unsicher,  der  Tag  dagegen  nachweisbar  aus  Necr. 
S.  GalL  VergL  Mon.  Germ.  SS.  V,  71.  n.  67. 


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80 


ftolh  T.  Selireekenstetn: 


22.  »873.  Gebhard  I.«  Das  Todegjahr  (875 ?)  ist  zwar  ungewiss, 
allein  den  Tcxlestag,  Apr.  17,  sicliert  Necr.  Aug.  bei  Keller  S.  58, 
Kebehart  eps.  Neugart  nennt  bereits  den  Todestag,  welchen 
V.  Mülinen  und  Ganis  wieder  hinweglassen. 

23.  »875.  Salomen  II.  f  23.  XII.  890.«  Der  von  Neugart,  von 
Mülinen,  Potth;ipt  und  Garns  ühereinstitiimend  angenommene 
Todestag  ist  ^'It  ii  liwolil  nicht  ^»-anz  sicher,  indem  die  durch 
NicTül.  Aug.  gc^'clx^^nt'n  23.  Doc.  und  2.  April  sicii  sowohl 
auf  Salomon  I.,  als  auch  auf  Salonion  II.  beziehen  können. 
Nach  Dümmler-Wartmann  starb  Salomon  II.  entweder  889 
Dec.  23.,  oder  890  April  2.  Im  Handlmche  wfirde  nodi  auf 
Regino  zum  Jahre  89p  (Mon.  Genn.  SS.  I,  602)  und  Dflmmler 
Ostfirfink.  Gesdi.  II,  344  lunzuweisen 

24.  »891.  Salomon  DL  f  5.  1. 920.c  Endlich  bin  ich  bei  einem 
Bischöfe  angekommen,  hhisichtUch  dessen  ich  der  neuesten 
Liste  unbedenklich  ganz  beipflichten  kann.  Ganz?  Doch  ver^ 
gessoii  wir  nicht,  dass  das  Todesjahr  des  Voi^iftngeis  nicht 

vollständig  sichergestellt  ist  und  dass  wir  uns  sogar,  für  919 
als  Tode^ahr  Salomons  III.,  auf  Annal.  S.  Gall.  maj.  und 
Herimannus  Aug.  beziehen  könnten. 

25.  »920.  Notingus.«  Weiter  reicht  allerdings  die  crforderliehe 
Sicherheit  nicht,  während  im  Handbuch  noch  Allerlei  zu  er- 
wähnen wäre.  Vergl.  Annal.  Weingart.  (SS.  I,  67)  Annal. 
S.  Galli  (ibid.  73)  Üüinniler- Wartmann  a.  a.  O.  S.  71.  Die 
hinsichtlich  dos  Todesjahres  zu  berücksichtigenden  Angaben 
schwanken  zwischen  934  mid  935.  Als  Todestag  nennt  man 
den  21.  Nov.,  nach  NecroL  S.  GaUi,  während  das  Necrol. 
Aug.  und  das  Necrol.  Guriense^  zum  12.  Aug.,  eben&Ils  einen 
Bischof  Noting  haben,  —  wahrscheinlich  den  von  Verona. 

26.  »935.  S.  Conrad  US,  von  Altdorf.  1224  inter  sanclos  rclatus. 
Patrom»  episcopatus.  f  26.  XL  976.«  Das  Jahr  1224  wird 
ein  Druckfehler  sein,  denn  das  betreffende  Breve  des  Papstes 
Galutus  n.  (1123  Uftrz  28.)  steht  bei  Dämge  Regg.  Bad. 
pag.  127.  Das  allgemein  redpirte  Todesgahr  976  gründet 
sich  nur  auf  Vita  S.  Chunradi  Mon.  Oerm.  SS.  IV,  430, 
welche  ungefähr  150  Jahre  nach  dem  Tode  des  Heiligen  ge- 
schrieben und  als  Geschichtsquello  sehr  unbedeutend  ist.  Herim. 
Aug.,  hinsichtlich  des  Todestages  (6.  kal.  Dec.)  mit  der  Vita 


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Zur  »Scrics  Episcoporumc.  3^ 

öbereinstimmend,  nennt  974  als  Todesjahr.  Das  Necrol.  Fuld. 
hat  975.   Vergl.  DOmmter^Wartmami  S.  71. 

Ich  kfinnte,  in  dieser  Weise  fortfahrend,  so  ziemUeh  bei 
jedem  Bischöfe  meine  Bedenken  aussprechen,  wenn  mich  nicht 
Rücksichten  auf  die  Gedukl  der  Leser  abhalten  mflssten,  um- 
somehr  als  ich  die  Resultate  meiner  bis  auf  den  Bischof  Thomas 
-  Bertower  (f  1496)  fortgesetzten  Revision  der  bisher  publicirten 
Gonstanzer  Bischofsrcilion  im  Or^'iinc  des  GenerallandesarchiTS 
zu  T^ffentiiciien  gedenke.  Nur  einige  mir  besonders  wesent- 
lich scheinende  Einwände  will  ich  hier  noch  beifügen,  ohne 
Angabo  der  Ouelien,  die  aber  in  der  Zeitschrifl  für  Ge^^chichte 
des  Oberrheins  XXIX,  260  IT.  pünktlicli  ange^reben  worden  sind. 
40.  Ulrich  I.  Graf  von  Dillingeii  wurde  sicher  erst  Uli  Bischof, 
nicht  1110. 

42.  Hermann  I.  f  llüü,  nicht  11(56.  Weder  bei  Hermann  L 
noch  bei  Hermaiin  II.  kann  man  den  Todestag  sicher  an- 
geben', wie  schon  t.  Mfilinen  ganz  richtig  bemerkt  hat.  Der 
Familienname  von  Arbon  ist  nur  Vermuthung. 

43.  Otto  n.  Es  ist  gar  kein  Grund  vorhanden,  ihn  einen 
Grafen  von  Habsburg  zu  nennen.  Schon  Trudpert  Neugart 
sagt:  de  prosapia  Ottonis  nil  oerti  habetur;  neuere  Nach- 
Weisungen  febtou  Das  wahrscheinliche  Todesjahr  ist  1174. 

44.  Bert  hold  (vielleicht  von  Bussnang)  kann  nicht  1179  ge- 
storben sein,  (hl  er  1180  und  1181  sicher  urkundet  und  auch 
noch  zu  1182  mit  vieler  Wahrscheinlichkeit  als  lebend  nach- 
zuweisen ist. 

45.  Hermann  II.  von  Fridingen.  Hinsiclitlich  des  Todestages 
wurde  ()b<'n,  unter  I Irrmann  I.,  das  Nöliiige  gesagt;  aber  auch 
der  Beginn  des  I*onLilirals  kann  nnmöglidi  1182  (1179)  ge- 
setzt werden.  Die  in  melirercn  Urkuniien  angegebenen  Ponti- 
fical.sjahre  weisen  auf  1183. 

4G.  Dieihelm  von  Krenkingen,  schon  1189,  nicht  erst  1190. 
Der  Todestag  April  12  ist  so  wohlverbürgt,  dass  der  10.  April 
nicht  mehr  m  Betracht  kommen  dürfte. 

48.  Konrad  von  Tegerfeld.  D^  Familienname  ist  so  wohl- 
bezeugt, dass  es  nicht  einmal  als  Vermuthung  zulässig  sein 
dürfte,  den  Bischof  einen  von  Andechs  zu  nennen. 

49.  Heinrich  von  Tanne,  nicht  erst  c  pentecosten  1233. 

ArehtvallMh«  Zdtaebiin.  U.  6 


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82 


Hoth  V.  Schreckensteiu : 


Pfingslsonnlag  fiel  auf  den  22.  iMai,  über  K.  Heinrich  VII. 
urkondet  schon  1233  April  23.  für  Bischof  Heinrich. 

53.  Gerhard  von  Benars.  Fflr  den  18.  Sept.  1318,  als  Todes- 
tag, gibt  es  keine  gleichzeitige  Quelle. 

54.  Rudolf  n.  Graf  von  Montfort  kann  nicht  27.  HI.  1333  ge- 
storben sein,  da  E.  Ludwig  der  Baier  noch  am  6.  Sept.  1333, 
auf  seine  Bitte,  für  die  bischöflich  Gonstanziscbe  Stadt  Meers- 
liurg  geurkundet  hat. 

Ö8.  Heinrich  von  Brandis  wurde  am  15.  Mai  1367,  nicht 
1356,  durch  Papst  Innocenz  VI.  boslfitigt. 

63.  '  M  a  r  (I  u  a  r  d  von  H  a  n  d  e  c  k  f  28.  Dcc.  1 400 ,  nicht  1407, 

wie  schon  durcii  v.  Stalin  und  v.  Mülinen  ermittelt  ist. 

64.  Alb  recht  Blarer  urkundet  bcrdls  im  Januar  1407  als 
Bischof. 

Die  geprebcnon  Ilci.sj)ielG  werden,  wenigstens  für  den  Coiistanzer 
Sprengel,  die  absolute  Xolliwendigkeit  einer  Revision  der  Hischofs- 
reihe  sattsam  nachweisen,  allein  auch  für  andere  Sprengel  ist  sicher- 
lich die  gleiche  Arbeit  nothwendig.  Wer  etwa  daran  zweifehi  sollte, 
der  vergleiche  die  im  9.  Bande  der  Chroniken  deutscher  Städte 
S.  1051  fll,  im  Jahre  1871,  gegebene,  wie  es  scheint,  sehr  exact 
gearbeitete  Strassburger  Bischofsreihe,  welche  Ton  Garns  leider  nicht 
benützt  worden  ist. 

Bestimmte  Vorschlage  hinsichtlich  der  Ausarbeitung  eines  exacten 
Handbuches  können  selbstverständlich  nidit  von  einem  Einzelnen 
ausgdken,  aber  über  die  BeschalTenheit  der  erforderlichen  V^orarbeilen 
wird  man  sich  doch  verständigen  können,  und  ich  glaube  nicht,  mir 
den  Vorwurf  der  Unbcscheidenlieit  zuzuziehen,  wenn  ich  mir  er- 
laube, den  verehrten  Herren  Fach^'enossen  einige  Satze  zur  Beur- 
tlieilung  zu  unterbreiten.  In  erster  Linie  sind  es  denn  doch  die 
Archive,  welche  für  die  Beschaflung  richtiger  Bischofsreihen  das 
Meiste  tluiu  können.  Auch  kann  man  in  Wahrheit  behau] )len,  dass 
dieselben  dazu  verpflichtet  seien,  zur  Vervollständigung  des  für  sie 
selbst  erforderlichen,  literarischen  Apparats,  nach  Kräften  beizutragen. 
In  jedem  grösseren  Archive  einzefaie  Sprengel  dermassen  ver^ 
treten,  dass  man,  ohne  desshalb  der  Arbeitstheilung  in  irgend  einer 
Weise  vorgreifen  zu  wollen,  allerdhigs  die  Erwartung  hegen  darf,  es 
werde  gerade  dort,  wo  sich  füta*  ein  bestimmtes  Bisthum  das  meiste 
urkundliche  Ifaterial  befindet,  auch  am  Bleisten  die  Nothwendigkeit 
erkannt  werden,  sich,  durch  eine  entsprechende  Leistung  auf  dem 


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Zur  »Seiies  Cpiscoporutn«, 


83 


beseichneten  Gebiete,  vor  dem  sonst  verdienten  Vorwurfe  der  Gleieli- 
gultigkeit  zu  schätzen.  Ohne  Zweifel  existiren  bereits  da  und  dort 
tächtige  Vorarbeiten  zu  wirklidi  ezacten,  durch  quellenmässige  Be- 

le^ng  der  einzelnen  Positionen  den  berechtigten  Anforderungen 
dar  historischen  Wissenschaft  Genüge  leistenden  I]is(  hof^reihen.  Man 
gebe  also  bald,  was  man  zu  geben  vermag.  Das  Bedenken  etwas 
Unvollständiges  zu  veröfTontlichen ,  kann  nicht  massgebend  sein. 
Möge  es  gestattet  sein  an  liaiike's  schönes  Wort  m  erinnern:  »Wenn 
man  nur  mit  ernstem  und  wahrheitsbeflissenem  Sinne  in  den  ächten 
Denkmalen  eini^'ermassen  umfassende  Forschungen  anj^'estellt  hat, 
so  werden  spätere  Entdeckungen  zwar  wohl  tlas  Einzelne  näher  be- 
stimmen kömien,  aber  die  Grundwaluuielmmngen  doch  zuletzt  be- 
stätigen müssen«. 

Was  die  Zeitgrenze  betrifft,  so  wird  man  wohl,  zu  archtvaliscben 
Zwecken,  mit  dem  Ende  des  15.  Jahrhunderts  abschliessen  Itttnnen. 
Hinsichtlich  der  äusseren  Form  der  zu  veröffentlichoiden  einzelnen 
Biscfaofsreihen  glaube  ich  kaum  auf  Widerspruch  zu  stossen,  wenn 
ich  tabellarische  Uebersichten  filr  weniger  zweckmässig  halte,  als 
das  schon  in  der  Gallia  Christiana  und  neuerdmgs  auch  in  den 
Städtechroniken  zur  Anwendung  gebrachte  Verfahren,  vermöge  dessen 
unter  dem  im  Drucke  hervorgeliobenen  Namen  eines  jeden  Bischofes 
die  einzelnen  Zeitangaben,  immer  unter  Nennung  der  betreffenden 
Quelle,  zusammengestellt  werden.  Zuweilen  werden  wenige  Zeilen 
genügen,  zuweilen  wird  es  nothwendig  sein,  über  einen,  bei  Tabellen 
fehlenden,  grösseren  ilaum  verfügen  zu  können. 

Karlsruhe  im  Januar  1877. 

Roth  von  Schreckenstein. 


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yil.  Begesten  der  Bischöfe  von  Constanz. 

Von 

Dr.  K.  II.  Frlir.  Roth  von  Schreckenstein 
Dircctur  des  Grhz.  bad.  GenerallaudesarchiTS. 


Regesten  müssten  wir  von  allen  Bislhilmem  haben: 
Job.  Friedrich  Böhmer  1862.  Jan.  31.  an  Roth 
von  Schreckenstein  in  Nürnberg,  bei  Janssen 
BOhmei^  Briefe  Nr.  681. 

Der  Unterzeichnete  sammelt  seit  geraumer  Zeit  Regesten  der 
Bischöfe  von  Cbustanz  und  gedenkt  «Bewlben,  nadi  Abselihus  seiner 
Toraossichtlicb  noch  2^8  lahre  in  Anspruch  nehmenden  Vorail)eiten, 
in  sachgemässer  Weise,  das  heisst  in  engem  Anschhisse  an  die, 
durch  Böhmer,  Jaff^,  Ficicer  und  andere  Autoritftten  zuerst  zur 
Anwendung  gebrachte,  jetzt  sbet  allgemdn  als  bewährt  anerkannte 
Methode,  der  OelTentlichkeit  zu  übergeben.  Kr  erlaubt  sich  daher, 
alle  Freunde  und  Förderer  solcher  sicherlich  nicht  lucrativen,  sondern 
im  Gegentheile  nur  unter  der  Voraussetzung  der  Hingebung  an  die  Sache 
ül>erhaiipt  möglichen  Publicalionen,  insbesondere  aber  seine  geehrten 
Fa(  ligenossen  und  auch  alle  jene  Forscher,  denen,  bei  mannigfaltigen 
Studien,  vereinzelte  Urkunden  von  Constanzer  Bischöfen,  sei  es  nun 
in  Originalausfertigungen  oder  auch  nur  in  brauchbaren  Abschriften, 
unter  die  Hand  kommen  können,  um  gefallige  Mittheilungen  zu 
bitten. 

Jeder  Beitrag  wSre  erwünscht  und  würde  seiner  Zeit,  unter 
gebührender  Nennung  des  Gebers,  gewissenhaft  benfitzt  werden. 


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Hegesten  der  Bischöfe  von  Ck)n8tanz.  g5 

Auch  die  liinwcisung  auf  solche  gedruckte  Urkunden,  welche  viel- 
leicht an  Orten  stehen,  wo  man  sie  zwar  gelegentlich  finden,  nicht 
aber  systematisch  suchen  Icann,  würde  mit  Dank  anericannt  werden. 

Auf  die  NützUchlceit  ja  Nothwendigkeit  der  Biscfao&regesten  im 
Allgemeinen,  sowohl  fOr Reichs-  als  auch  fiürSpecialgeschichte,  ist  schon 
so  oft  und  in  so  äbenengender  Weise  hingewiesen  worden,  dass  jede 
weitere  AusfOhnmg  dieses  Themas  hier  ganz  iiberflässig  sein  durfte. 
Was  nun  aber  insbesondere  die  zu  beschaffenden  Regesien  der 
Bisdiöfe  von  Constanz  betrifft,  so  fürchte  ich  niclit  auf  berechtigte 
Widerspruch  zu  Stessen,  wenn  ich  die  beabsichtigte  Ausarbeitung 
und  Publication  eines  Verzeiclinisscs  der  bisher  bekannt  gewordonon, 
aber  sehr  zerstreuten  Urkunden  der  Oberhirten  eines  frühzeitig 
cultivirten  Sprengels  als  wünschenswerlh  bezeichne.  Das  im  Jahre 
1821,  durch  die  linllo  Provida  solcrsque,  von  Papst  Pins  VII.  auf- 
gehobene Bisthum  Constanz  galt  ja  bis  zur  Reformation  für  das 
grösste  in  Deutschland,  Es  war  begrenzt  durch  die  Bisthünicr 
Strassburg,  Speier,  Würzburg,  Augsburg,  Chur,  Lausanne  und  Basd 
und  erstreckte  sich  demgemfiss  über  Thdle  des  jetzigen  Baden,  Wir^ 
temberg,  Bayern,  Preussen  (HohenzoUem),  Oesterreich  (Vorarlbeig) 
und  der  Schweiz. 

Der  Umstand,  dass  das  Grossheizoglich  Badische  Generallandes- 
arcfaiv  zu  Karlsruhe,  welchem  der  Unterzeichnete  seit  dem  Jahre  1868 
als  Direclor  vorzustdien  die  Ehre  hat,  eine  grosse  Anzahl  von  Original- 
urkunden der  Constanzer  Bischöfe  und,  besonders  in  seinen  vielen 
und  werthvoUen  Copialbüchem,  auch  eine  Menge  von  ganz  zuver^ 
lässigen,  sonst  wenig  bekannten  Copien  enthält,  legte  b(^(]rrein icher 
Weise  die  Idee  nahe,  nicht  nur  jene  im  Hause  selbst  belindlichen 
Archivalien  zu  bearbeiten ,  sondern  auch,  unter  Benützung  der  ex 
officio  bekannten,  gan^'baren  Druckwerke,  etwas  Vollständigeres  her- 
zustellen. Auch  die  Benützung  auswärtiger  Arcluve  und  Bibliotheken 
wurde  frühzeitig  in's  Auge  gefasst. 

Absolute  Vollständigkeit,  oder  was  derseUben  wirklich  nahekommt,  - 
kann  bekanntlich  nicht  erreicht  werden,  am  Allerwenigsten  dann, 
wenn  man  durch  Berafearbeitesi  in  Anspruch  genommen  ist  und 
daher  darauf  verzichten  muss,  entlegene  Sammhmgen  l)ereisen  zu 
kdnnen. 

Gleichwohl  bin  ich  der  Meinung,  dass  es  mir,  unter  der  Vor- 
aussetzung, dass  meine  hier  vorgetragene  ffitte  nicht  ganz  unbo^ck- 
sichtigt  bleibe,  allerdings  gelingen  könne,  wenn  auch  nicht  etwas 


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86 


RoLh  V.  Scbreckeostein: 


Voll  st  findiges,  po  doch  etwas  Brauchbares  zu  Staiul  hriupon  zu 
können ;  eine  Unniiun^',  welclie  sich  hauptsächlich  auf  die  mir  hin- 
reichend bekannte  Ausgiebigkeit  der  älteren  und  neueren  Druck- 
schriften und  der  Copialbücher  gründet. 

Dass  ieh  mich  seit  Jahren  mK  der  Geschichte  des  ehemaligen 
Bisthums  Gonstanz  eingehend  beschäftige,  $^vbe  ich,  durch  mehrere 
Aufsätze in  der  Zeitschrift  for  die  Geschichte  des  Obenheins,  nach- 
gewiesen zu  haben. 

Um  nun  aber  die  Förderer  meines  Vorhabens  in  die  Lage  zu 
versetzen,  mir,  ohne  zu  gipssen  Zeitverlust,  in  wirldich  nutzbringender 
Weise  unter  die  Arme  greifen  zu  können,  erlaube  icli  mir  noch 
einige  meine  Absichten  näher  angeliende  Punlcte  in  aller  Kürze  her- 
vorzuheben, wobei  icli  zugleich  zur  Aeusserung  elwaignr  Bedenken 
Veranlassung  geben  möchte. 

1)  Es  werden  nur  solche  Urkunden  eingereiht,  welche  von 
Bischöfen  seihst  aus;^M\stellt  sind,  nicht  aber  die  von  ihren  zeitweiligen 
Stellvertretern  gegebenen  Stücke,  nbcrleich  es  allerdings  von  Nutzen 
sein  kann,  sich  auch  die  »sede  vaciuitc'^  gegebenen  Urkunden  genau 
zu  notiren.  Ich  benutze  diesen  Anlass  dazu,  um  zu  bemerken,  dass 
meine  bisher  gemachten  Aufzeichnungen  manche  Einzelnheiten  ent- 
halten, welche  bei  der  endgültigen  Redaetion  der  betr^enden  Zettel, 
zum  Bchufe  der  Drucklegung,  nicht  stehen  bleiben  können.  Dem- 
gemäss  habe  ich  auch  solche  Mittheilungen,  welche  mir  bereits  zu 
Theil  geworden  sind,  nach  jenen  Grundsätzen  behandelt,  welche  ich 
im  gegebenen  Falle  für  die  richtigen  halte, 

2)  Die  wichtigeren,  von  Päpsten,  Kaisern,  Königen,  Fürsten  u.  s.  w. 
fflr  das  Bisthuni  Gonstanz,  beziehungsweise  für  einzelne  Bischöfe 
gegebenen  Urkunden  werde  ich  in  einer  besonderen  Abtheilung  als 
Anhang  verzeichnen.  Sie  gar  nicht  zu  berücksichtigen,  beziehungs- 
weise deren  Aufsuchung  in  mehr  oder  minder  bekannten  Hand- 
büchern dem  L(^?er  zu  überlassen,  halte  ich  für  ebenso  ungerecht- 
fertigt, als  es  die  das  Itinerar  störende  Einverleibung  dersell)en  in 
die  Reilie  der  von  den  Bischöfen  selbst  gegebenen  Urkunden  wäre. 

■)  Bd.  XnV.  Den  {Haebof  Cbriatoph  betr.  Bd.  XXV.  Ueber  die  Ermordung 
des  Biseboib  Johann  Windlodb  imd  «inen  angeblichen  BiachoT  Gerbard.  Bd.  XXVL 

Ueher  Bisdiof  Eborlianl  II.  Bd.  XXVII.  Uober  Bischof  Albert  Blarer.  Bd.  XXVIU. 
Bischof  Dietholm  von  Krenkingen  mn1  Untersuebmigfn  fibor  «Ion  (lebiirtslaiul  der 
Conslanzer  Uumbcrrn.  Bd.  XXIX.  Der  Coik>lunzer  Biscbotskalalog  von  öl 7  — 1496. 
Bd.  XXX.  Zur  Gesehiehle  des  Bischöfe  Konrad  IL 


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Regeslen  der  Ui»(-höfu  vuii  Ckjnslanz. 


87 


Insoferne  es  sich  in  diesem  Anhange  um  gedruckte  Stücke  handelt, 
kann  wohl  die  maglichste  Kürze  angestrebt  werden. 

3)  Wo.  die  Bischöfe  in  Gemeinschaft  mit  anderen  Personen  Ur- 
kunden (also  besonders  In  Buudbriefen  und  VertrSgen),  smd  die 
betreffenden  Stficke,  unter  Nonnung  der  Mitcontrahenten,  ihren  Rc- 
gesten  einzureihen.  Die  den  Hang  bezeichnende  Reihenfolge  der  die 
gemeinsame  Urkunde  ausstellenden  Personen  ist  zu  beachten. 

4)  Die  Zeitgrenze  bilden  die  Episcopate  der  Bischöfe  Bubulcus 
(von  Windiscli),  der  517  auf  dem  Kirchentage  zu  Epaona  sub- 
sf-ribirte  (Labb.  Conc.  IV.  1573),  und  Thomas  Berlower  f  1496. 
Eigentliclie  Urkunden  h  ibcn  wir  indessen  erst  von  Biscliof  Jobannes  II. 
(f  781),  der  zugleich  Abt  von  St.  Gallen  war. 

5)  Wo  die  Bischöfe  nur  Zeugen  in  Kaiser-  und  Königsurkunden 
sind,  oder  bei  Goncilien,  Reichstagen  u.  s.  w.  nachgewiesen  werden 
können,  genügt  eine  kurze  Verweisung  auf  Böhmer  Regg.  Imp.,  die 
CSoncUiensammlungen,  oder  die  betreffenden  Scriptores  der  Mon«  Germ, 
und  andere  zurerlSssigen  Sammehverke. 

6)  Bei  Hittheilung  unedirter  Stficke  wäre  mir  der  ganze  Zeugen- 
katalog erwünscht;  doch  würde  ich  mir  vorbehalten,  bei  der  Redaction 
des  Regestes  zum  Behufe  der  Drucklegung  die  etwa  erforderlichen 
Kürzungen  vorzunehmen.  Hinsichtlich  der  Auswahl  der  Zeugen  lasse 
ich  mich  von  der  Erwägung  leiten,  dass  die  Regesten  der  Bischöfe 
von  Cionstanz  ihren  Schwerpunkt  in  specialgeschichtlichen  Bedürf- 
nis=:en  finden  dürften,  weil  nur  wenige  Bischöfe  dos  besagten  Sprengeis 
gewaltig  in  die  Roiclisliandel  cingegrifien  haben.  Dcnigcmä.ss  werden 
also  die  niitzutheileiuicn  Zougenkataloge  zur  Vervollständigung  unserer 
Konntnissnabme  des  Personalstandcs  des  in  einigerniassen  hervor- 
ragender Weise  auftretenden  Glems  (Dignilare  des  Domstifts,  Kano- 
niker, Mitglieder  geistlicher  Hitterorden,  Aebte,  Aebtissinnen,  Pfarr- 
herren u.  s.  w.),  sowie  auch  der  Mitglieder  des  weltlichen  Herren- 
standes, der  Ritterschaft,  der  städtischen  Magistratspersonen  und 
Geschlechter,  zu  dienen  haben.  Die  UeberfQllung  der  Regesten 
durch  Einzebiheiten,  welche  den  Ueberblick  stOren,  muss  jedenfalls 
vermieden  werden.  Was  sich,  von  noch  unedirten  Urkunden,  zum 
vollständigen  Abdrucke  eignet,  sollte  womöglich  zuerst  in  extenso 
publicirt  werden.  Ich  halse,  im  Hintrficke  auf  die  in  Aussicht  ge- 
nommenen Regesten,  eine  Reihe  von  Constanzer  Bischofsurkunden 
d^  12.  und  13.  Jahrhunderts  nach  und  nach  in  der  Zeitschrift  für 
Geschichte  des  Oberrheins  abdrucken  lassen  und  gedenke  auch  femer- 


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88  V.  SchNckenitdii!  RegMtm  der  Bischöfe  von  Gonetans. 


hin  in  dieser  Welse  fortzufahren,  eingedenic  der  Worte  Böhmers: 
»Statt  par  zu  weitläufiger  Regestcn  würde  ich  von  vornen  liorvin 
ein  Urkundcnbuch  vorziehen.  —  Da  immerhin  die  meisten  Urkunden 
gedruckt  sind,  kann  man  sich  die  Gosammthoil  dieser  Abdrücke 
auch  als  ein  in  der  Idee  exislircndes  rrkundcjibuch  denken,  das 
man  etwa  nur  niit  den  Ineditis  zu  vervollständigen  hätte. c 

7)  Personen  und  Orte  werde  icli,  wo  Sicherheit  vorhandi-ii  ist, 
im  Conlcxte  in  jetziger  Schreiljung  geben,  also  z.  B.  nicht  Ciiunrat 
grave  von  Vriburc,  sondern  Graf  Konrad  von  Freibui^.  Im  Zeugen- 
kataloge dagegen  gehe  ich  ui  der  R^jel  die  Sehrelbiing  der  Vorlage, 
jedoch  mit  entsprechender,  jedes  Missr^^tändniss  ausschliessender 
Kürzung,  also  z.  B.  fOr  presentihus:  Peregrino  preposito  majoris 
ecdesie,  nur:  Peregrino  prep.  maj.  eoci.,  od&r  CQr:  Magisier  Ortdfbs 
soolasticus,  nur:  mag.  Ortolfus  scolast.  Bin  ich  aber  in  der  Lage, 
bei  gedruckt  vorliegenden  Urkundoi  zwischen  verschiedenen  Sclirei- 
bungen  wfdilen  zu  müssen,  so  werde  ich  im  Regeste  die  mir  das 
meiste  V' ertrauen  einfHissende  Form  berücksichtigen,  Varianten  aber 
nur  dann  angeben,  wenn  die  Sache  lünreichend  wichtig  zu  sein 
scheint. 

8)  Ich  gel)e  und  erbitte  mir  nicht  nur  das  reducirte  Datum, 
sondern  auch,  in  entsprechender  Kürzung,  das  Originaldatum,  also 
z.  B.  nidht:  an  dem  nechsten  zinstag  nach  d^  suntage  da  man 
singet  oculi  in  dem  jar  nach  gottes  geburt  drdzehnhundert  jar  und 
Tünf  und  drissig  jar,  sondern  nur:  unstag  nach  Oculi  1835.  Wo, 
bei  combinirten  Zeitangaben,  Incongruoizen  vorkommen,  also  wo 
etwa  das  Incarnationsjahr  zur  b^;efugten  Indiction,  oder  den 
Kaiser-  und  Königsjahren,  eigenen  Episcopalsjahrwi,  Gydus  decem- 
novalis,  Sonntagsbuchstaben,  Epacten  und  Concurrenten  u.  s.  w. 
nicht  stinunen  will,  Fälle,  die  ja  in  unverdächti^reii  Originalen  vor- 
konniK'ii.  tnnss  uucli  im  Uegeste  auf  diese  Incongrui  rr/,  der  Vorlage 
iiingt.'wiesen  wcnli  ii,  namentlich  weini  es  sich  um  Inedita  handelt. 

9)  Bei  Abschriften  bitte  ich  um  die  Angabe  des  Jahrhunderts 
der  Copie. 

Karls rulie  im  Juni  1877. 

Roth  von  Schreckenstein. 


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VÜL    Geschichte  des  Eöhier  Stadtarchivs. 

Von 

Dr.  L.  En  nun, 
Sladlarrliivar. 

Der  Werth  des  noch  ziemlich  vollstAndig  erhaltenen  Kölner 
Stadtarchivs  hat  seinen  Massstab  an  der  politischen,  commeniellen, 
wissenschaftlichen,  kirchlichen  und  socialen  Bedeutung  der  Stadt 
Köln  selbst. 

Bis  hinauf  in  die  vorrömisclio  Zeit  reicht  die  Geschichte  dieses 
(lerneinwesen.^.  Die  Ubior  hatten  hier  selion  eine  Ansiedelung,  als 
(he  Hrtiiicr  in  den  nietlcri liciiiischen  (lobielen  fo.slen  Fuss  fasslen. 
Jn  di'ii  Tagen  ihrer  Macht  und  BKitlie  hat  diese  Stadt  bei  den 
meisten  politischen,  wissenschalllichen  und  kinhliclicn  Zeitfragen, 
bei  den  meisten  weltgesehiehtlichen  Wendepunkten  eine  melir  oder 
weniger  bedeutungsvolle  Holle  gespielt.  Köln,  das  zweite  Rom, 
einst  das  Abbild  und  ^das  Auge  dieser  ehemaligen  Weltbeherrscherin, 
zeigt  von  Augustus  bis  zum  Zusammmenbrechen  des  gewaltigen 
Römerreiches  den  blendenden  Glanz,  aber  auch  die  Schwache  und 
Hohlheit  des  Römerthums.  In  Köhl  feierte  der  Glaubenskampr  des 
ersten  Ghristenthums  seine  Triumphe,  bi  engster  Beziehung  zu 
Köln  sldit  die  Geschichte  des  nach  den  Römern  auf  die  Weltböhne 
tretenden  fränicischen  Volkes.  Köhl  erzählt  uns  von  der  SchlafDieit 
des  merovingischen  Stammes,  von  den  brudermörderischen  Zwislig- 
keiten  in  den  fränkischen  Fürsten-Familien,  von  der  Schlauheit  der 
fränkischen  Hausmeier,  von  den  elenden  Intriguen  in  dem  neu  auf- 
geschossenen Königshause.   Von  Köhl  aus  wurde  ein  Hauptanstoss 


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Ennen: 


zur  Entwicklung  und  Pflege  jenes  Geistes  gegeben,  der  dem  ganzen 
deutschen  Leben  im  Mittelalter  einen  unsern  Anschauungen  so 

frcmdartifrcn  Charakter  aufdrückte,  der  sich  in  Wissenschaft,  Poesie, 
Malerei,  Sculptur  und  Baukunst  die  herrlichsten  Donkniale  gesetzt 
und  der  in  so  vielen  Instituten  des  Gewerbefleisse?,  der  Gultur,  der 
Frömmigkeit  und  der  Wohltliritigkeit  so  schöne  Früchte  zur  Reife 
gebracht  hat.  Was  Rom  für  die  Wissenschaften  in  Italien,  was 
Pari?  für  Frankreich,  das  war  Köln  für  das  niedere  und  mittlere 
Deutsciilanii.  Hier  wurde  ein  wissenschaftlicher  und  kirchlicher  Sa- 
men gelegt  und  gepflegt ,  aus  dem  bald  eine  reiche  Krnte  sich 
entwickelte.  Die  ersten  Heroen  auf  dem  Gebiete  der  Wissen- 
schaft, Albertus  Magnus  und  Thomas  von  Aquin,  Hessen  an  der 
Kölner  Schule  ihr  glänzendes  Licht  leuchten.  Albert  und  Thomas 
erhoben  Köhl  zu  einem  wissenschaftlichen  Stern  erster  Grösse.  Die 
Kölner  Bischöfe  legten  den  Grand  zu  jenem  gewaltigen  Ehifluss,  den 
die  deutsche  Geistlichkeit  im  Mittelalter  auf  die  Geschicke  des  deut- 
schen ReKhes  gewann.  Köln  war,  bis  HoDand  den  Vorrang  in 
Handelssachen  an  sich  riss,  die  erste  und  grösste  Stadt  für  den  un* 
mittelbaren  Torkehr  mit  England,  Italien,  Spanien,  Frankreich,  Grie- 
chenland. Von  Köln  gingen  die  wdtverzweiglen  Handelsverbindun- 
gen aus,  die  der  deutschen  Hanse  so  viel  Macht,  Einfluss  und  Reich- 
thum  errungen  haben.  Köln  stellte  sich  hin  als  die  Schützerin  des 
ganzen  freislädtischen  Handels  und  des  niederrheinischen  mercan- 
tilen  Löbens.  In  Kfiln  ist  der  Knotenpunkt  jener  gewaltigen  Kämpfe, 
die  im  Mittelalter  Fürsten,  Adel  und  Bürger  in  dauernder  Bewegung 
und  Erregung  liieit.  Alle  Kämpfe,  die  in  jener  Zeit  Hand  und  Kopf 
in  Bewegung  set/.ten,  halten  hier  ihren  Vorgang,  ihren  Typus,  ihre 
Triebfeder:  der  Kampf  des  zur  Matlit  gelangenden  Bürgerthuras 
gegen  die  hochmüthigen  Geschlechter,  die  Erliobung  der  Städte  gegen 
ihre  Ffirsten,  die  Opposition  der  neu  entstdienden  Territorial-Hohcit 
gegen  die  kaiserliche  Macht.  In  Stadt  und  Kurstaat  Köln  verschlin- 
gen, sich  die  Rivalitäten  zu  einem  fortdauernden  Kampfe,  der  manche 
Jahrhunderte  hindurch  die  Aufinerksamkeit  der  Welt  beschäftigte. 
Hier  sei  nur  erinnert  an  die  MTiiren,  in  denen  das  Kölner  BCbfger- 
thum  sich  eine  selbständige  politische  Laufbahn  und  eine  gesicherte 
Verfassung  erkämpfte,  an  die  Streitigkeiten,  in  deosm  die  Erzbischöfe 
fortwährend  mit  der  auf  ihre  Macht,  ihren  Anhang  und  ihre  Volks- 
zahl stolzen  Stadt  verwickelt  waren,  an  die  hei  vorragende  Stellung, 
welche  sich  die  Kölner  Crabischöfe  unter  den  deutschen  Reichsfursten 


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Geschichte  des  Kölner  Stadtarchivs. 


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errangen.  Audi  als  Stadt  und  Kurslaat  ihre  gosondorlen  Jialnion 
gingen,  blieb  die  kölnische  Geschichte  bedeutungsvoll.  Auch  das  Hür- 
gertlium  ertrotzte  sich  hier  eine  seU)ständige  politische  Stellung  und 
eine  gesiebwte  Yerfaflsung,  und  hier  entwickele  sich  inmitten  der 
bhitigsten  innem  und  äussmi  Kämpfe  eine  unabhängige  Stadt,  die 
in  Bezug  auf  Pracht,  Reichthum  und  politische  Macht  jede  andere 
Stadt  des  deutschen  Reiches  weit  hinter  sich  zurQcIdiess.  üi  socia- 
ler, kOnstkrischer,  kirchlicher,  wissenschaftlicher  und  staatüeher  Be- 
ziehung hat  Köln  bis  zum  Untergang  des  deutschen  Reiches  eine 
Stellung  behauptet,  wie  solche  der  Yergangenhät  und  Einwohner- 
zahl der  Stadt  entsprach. 

Alles  nun,  was  geeignet  ist,  Licht  über  die  Entstehung,  das 
Wachsthum,  die  Krafl.  don  Roiclithum,  die  Cullur  und  die  Kunst 
einer  solchen  Stadt  zu  verbreiten,  niuss  als  eine  willkotuniene  Berei- 
clierung  der  historisclien  Wissenschaft  mit  Freuden  bef^rüsst  worden. 

Nichts  aber  kann  bezüglich  solcher  Beleuchlungf,Tössere  Bedeutung 
beanspruchen,  als  die  Urkunden  und  Aktenstücke  des  städtischen  Archivs. 

Diese  Archivalien  sind  im  Stande,  uns  die  vergangenen  Jahr- 
hunderte zur  lebendigen  Gegenwart  zu  gestalten  und  die  untrüglich- 
sten Zeugen  der  Mheren  Sitten  und  Zustände  uns  vor  Augen  zu 
hihren.  Je  höher  wir  in  das  Alterthum  unserer  Stadt  hinaufeteigen, 
desto  spärlicher  fliessen  solche  schriftliche  Quellen  und  Zeugm'sse. 
Wie  gering  auch  die  Zahl  der  Schriftstöcke  sem  mag,  durch  welche 
in  der  römischen  und  fränkischen  Periode  öifentllche  oder  Privat- 
handlungen  documentirt  wurden,  so  konnte  auf  dem  Gebiete  dar 
Gesdiichte  nach  mancher  Richtunjr  noch  helles  Licht  verbreitet 
werden,  wenn  solche  Aktenstücke  der  Zerstörung,  Verwüstung  und 
dem  Moder  entgangen  wären. 

Das  Kölner  Stadt  nrcliiv  besitzt  kein  einziges  Docunient,  welches 
über  das  zwölfte  Jahrhundert  iiinaufrciclile.  Was  aus  der  Rönicr- 
zcit  an  Selirit'tstQcken  sich  vorl'antl,  A\nirde  von  den  Frankrn  ver- 
nichtet. Die  Franken  braehen  mit  dem  römischen  Wesen ;  neue, 
aus  germanischen  Keimen  entsi)rossene  Verhältnisse  wollten  sie  ge- 
stalten; darum  durflen  in  der  Zeil,  wo  Schriftstücke  nur  praktischen 
Werth  halten,  solche  Stücke  nicht  bleiben. 

Ein  ähnliches  Schicksal  hatte  die  Stadt  im  neunten  Jahrhundert 
bei  den  ▼erderblichen  RaubzQgen  der  Normannen.  Als  diese  in  schreck- 
licher Wildheit  auf  ihrem  zwehnaügen  Raubzuge  mit  Feuer  und 
Schwert  die  reiche  Stadt  heimsuchten,  Tod,  Verderben  und  Verwü- 


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92  Ennen : 

stung  fiber  das  blühende  Gemein^vesen  brachten,  die  Einwohner^ 
Schaft  in  schrecklichem  Bhitbade  mdir  als  decimirten,  die  Ring- 
mauern, die  Kirchen,  die  öffentlichen  Gebäude,  die  Privatwohnun- 
gen und  Kunstdenkmale  fiast  sämmtlich  in  Schutt  und  Trümmer 

legten,  werden  auch  die  meisten  in  den  Arcliiven  der  Klöster,  Kir^ 
eben  und  öfft  nllichen  Gebäude  aufbewahrten  Schriftstücke  in  dem 
allgemeinen  Vcideiben  zu  Grunde  gegangen  sein. 

Langsam  be^'aim  die  Stailt  wieder  aus  der  grausigen  Verwü- 
stung eni|>or  zu  wachsen.  Das  Geniciiiwe.';en  erhob  sich  zu  rüstiger 
ivraft,  das  bürgerliche  und  kirchliche  Leben  entfaltete  sich  zu  glän- 
zender Blülhe.  Köln  dehnte  seinen  Rering  nach  aussen  immer  weiter 
aus  und  zog  die  um  die  alten  Mauerresle  liegenden  Dörfchen  und 
Vorstädte  in  den  sUidtisclien  Bezirk.  Eine  Centralisation  der  llethls- 
püege  und  bürgerlichen  Verwaltung  widersprach  den  damaligen  V^- 
hältnissen  und  Zustftnden.  Jeder  PfarrbsBirk  hatte  seine  besondere 
Verwaltung,  und  die  einzehien  Gerichte  waren  mit  der  Rechtspflege 
der  in  ihrem  Bezirke  eingesessenen  Einwohner  betraut.  Darum  gab 
es  auch  kehien  Sammelpunkt  für  die  öffentlichen  Urkunden  und 
Schriftstücke;  diese  waren  zerstreut  in  den  GerichtsbSuseni,  Schreinen 
und  Stiftern.  Nur  in  Sachen,  die  unter  den  Gerichtsbann  des 
Burggrafen  oder  unter  die  geistliche  Jurisdiction  des  Bischofs 
fielen,  hatten  sunimtliche  Gemeinden  der  Vorstädte  wie  der  Altstadt 
gemeinschaftliches  Forum.  Im  erzbischöflichen  Saale  befand  sich 
das  Archiv  für  die  Schriftstücke  dieses  Gerichts.  Fin  drittes  gemein- 
schaftliches Band  waren  <las[  Srhut/verliällniss,  in  welchem  die  Köl- 
ner Einwohnerschart  zum  edlen  Vogt  stand.  Der  Vogt  hatte  die 
PIlicht,  die  Hecbfe  der  Stadt  zu  .schützen  und  ihre  Privilegien  zu 
conserviren.  Er  hatte  seinen  Sitz  in  einem  festuiigsartigen,  mit 
Thürmen  versehenen  Hofe  ani  Lorenzplatz,  dem  späteren  Hause 
»zur  Stessec.  In  dem  Gewölbe  dies^  Burg  hielt  er  die  städtischen 
Freibriefe  bewahrt. 

Anders  stellte  sich  die  Sache,  als  die  eigentliche  Vowaltui^ 
sich  immer  mehr  den  Amtleuten  und  Schöffen  der  einzehien  Bur- 
häuser  entzog  und  in  die  Hände  des  allmählich  sich  zu  einer  Gen- 
Iralbehörde  gestaltenden  Rathes  überging.  Die  Stadt  schüttelte  jetzt 
die  Abhängigkeit  vom  Erzbisdiofe  ab,  und  der  Rath  übernahm  die 
selbständige  Leitung  des  ganzen  grossen  bhihendcn  Geroeinwesens. 
Die  Freiheiten  und  Privilegien  der  Sladt  mehrten  sich.  In  einer 
Zeit,  wo  die  Erzbischöfe  Alles  aufboten,  um  die  Stadt  wieder  in 


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Geächiclite  des  Kölner  SludUrchivs. 


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das  frühere  Abh&ngigkeitsverhältniss  zurückzudrSngen,  musste  dem 
Rathe  Alles  daran  liegen,  den  bestehenden  Znstand  möglichst  durch 
bündige  Urkunden  zu  legalisiren.  Er  musste  grossen  Werth  darauf 
legen,  diese  Briefe,  Privilegien,  Vergleiche,  Priedschlüsse,  Recbtsge- 
brftncfae  u.  s.  w.  an  einem  sicheren  Orte  aufzubewahren.  Im  Rath- 
haas selbst,  welches  im  vierzehnten  Jahtfaundert  erbaut  wurde  und 
anfönglich  nur  aus  dem  Erdgeschosse,  dem  grossen  hansisdien 
Saale,  und  dem  als  Capelle  dienenden  Nebenzimmer  bestand,  war 
für  ein  festes  Archivlokal  nicht  gesorgt.  Die  Archivalicn,  päpstliche 
und  kaiserliche  Bricfo,  Vorträge  mit  Fürston,  StätUrn  und  Herron, 
Pfandschreiben,  Lolion-,  .Sold-  und  Cieleitbrielc  liatlon  bis  dahin 
wohlverwiUirt  in  dem  Archivlokal  dos  Hofes  »7.ur  Ste.-sen«  geruht. 
Diese  Urkunden  waren  hier  geblieben,  audi  als  die  Herren  von  der 
Stessen  diesen  Hof  im  Jahre  1262  durch  Kauf  an  sich  brachten.  Von 
Seiten  der  Stadt  wurden  dem  Besitzer  des  genannten  Hofes  jährlich 
vier  Mark  fOr  Fische  als  Recognition  gegeben  Durch  drei 
Schlosser  waren  die  städtischen  Freiheitsbiiefe  verschlossen;  emen 
Schlüssel  hatte  em  Hitglied  des  engen,  den  zweiten  ein  Mitglied  des 
weiten  Rathes  und  den  dritten  an  zum  Rathe  gehörender  SchOffe, 
»also  dass  die  drei  nicht  aufschliessen  und  hingehen  sollen,  um  ein 
Aktenstück  zu  lesen  oder  hierauszunelunen,  es  seien  dann  alle  drei 
zusammen« 

Jn  dem  Tliurme  aber,  den  der  Rath  am  Anfange  des  fünf- 
zehnten Jahrhunderts  aus  dem  confiscirten  Vermögen  der  vertriebenen 
Geschlechter  »zur  Ehre  der  Stadt  und  zum  gemeinen  Besten«  auf 
dem  Hofrannio  hinter  dein  Balhliauso  v.ur  Aufbewahnmg  der  Sladt- 
weine  und  für  Abhaltung  der  Rathsversammlungon  bauen  lioss, 
wurde  auch  ein  Ijesonderes  Gewölbe  zur  Auflx^nvahrung  der  städtisclion 
Urkunden  hergerichtet.  Das  Gewölbe,  in  welches  man  nun  die 
Original  -  Urkunden  und  Privilegien  brachte,  war  mit  mehreren 
Schlössern  versehm»  Die  Schlüssel  dazu  wurden  von  drei  Mitgliedern 
des  Rathes,  den  sogenannten  GewOlbsherren,  aufbewahrt  Die  Ge- 
wOIbsherren  mussten  tot  der  Uebemahme  der  Archi?schlässel  einen 


In  camiiuita  inferiori  curiae  apellatae  zu  der  Stessen  sitae  in  puTOchia 
Sancti  Laureniii  (Frlc.  von  1354).  —  Ada  sunt  liacr  in  domo  zu  der  Stesson 
G)lomae,  ubi  litterae  et  privilegia  civitatis  Colonienslä  spccialiter  sunt  recoudita 
(Urk.  TOD  1881).  Das  Haus  zur  Stessen  kam  im  Ift.  Jahrhimilert  in  den  BesiU 
des  kaiserL  Tisekanzlers  NiooUuis  29egler. 

*)  Quellen  u.  Urk.  mr  Gesch.  der  Stadt  Sfifai  I,  SO. 


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Enncn: 


leiblichen  Eid  sdiwören,  die  ihnen  anvertrautoi  GewölbescblOssel 
fleissig,  Iren  und  dormassen  zu  verwahren,  so  das?  dior^elben  nicht 
in  Oremde  Hände  kommen  könnten  und  dem  Rath  dadurch  Schaden 
entstehe.  Bei  OeiTnung  des  Archivs  mussten  sie  mit  den  Schlüsseln 
in  Person  zugegen  sein;  nie  durften  sie  das  Gcwülbe  öfl'nen,  ohne 
dass  wenigstens  zwei  (iewölbsherren,  ein  Syndikus  und  ein  Sekretär, 
zugegen  wai'en.  Die  »secreta  archivii«  mussten  sie  »iieiilbar«  halten 
und  durften  nichts  otTeiibaren,  daraus  dem  ehrbaren  Ratli  Präjudiz, 
Nachtheil  otler  Schaden  erfolgen  oder  verursacht  werden  möchte. 

Gleich  nach  der  Uehertiagung  der  Urkunden  wurde  auch  mit 
der  Repertorisirung  begonnen.  Das  filteste  Repertorium,  ein  Per- 
gamraitband  von  26  BOlttero,  wdst  in  dreizehn  nodi  «halloien 
Holzhiden  im  Ganzen  183  Urkunden  nach.  Em  zweites,  nur  geringe 
Zeit  später  angelegtes  Repertorium  ist  ein  zierlich  und  sorgflUtig 
geschriebener  Pergament -Codex  in  Folio.  In  48  hölzernen  Laden 
weist  er  etwa  1400  inhaltlich  angegebene  Urkunden  nach,  in  acht 
andern  Laden  ist  eine  unbestimmte  Anzalil  von  Quittungen,  Mann- 
briefen, Söldnerbriefen,  Schuldbriefen,  Copien  u.  s.  w.  summarisch 
aufgezeichnet.  Ausserdem  waren  noch  einige  Kisten  mit  Geleits- 
brii  fen  und  mannigfachen  Schiviben  an  den  Rath  verzeichnet.  Der 
Zuwachs  von  Urkunden  wiude  in  diesem  Katalog  stets  nachgetragen*). 
Die  Urkunden  seU>st  waren  nach  englisclier  Art  meist  aufgerollt 
aufbewahrt. 

Im  Laufe  der  Zeit  schwand  die  anfiinglich  so  schOne  Ordnung. 
Darum  befkhl  der  Rath  während  des  sechszehnlen  Jahrhunderts 
wiederholt,  eine  grOndliche  RerisioE  und  Visitation  des  Archivs  tot- 

zunehmen.  Die  Arbeit  konnte  aber  nie  in  rechten  Fortgang  kommen. 
Die  bei  solchen  Revisionen  niedergeschriebenen  Protokolle  beweisen 
recht  klar,  mit  welcher  Oberflächlichkeit  und  welchem  Widerwillen 
diese  wichti^rc  Arbeit  l)ctrieben  wurde.  Je  mehr  man  visitirte,  desto 
klarer  wurde  man  über  die  eingerissene  Unordnung  und  über  die 
Unzulänglichkeit  der  bestehenden  Archiv-Verwaltnnf^^  Die  Stimraen, 
welche  die  Anstellung  eines  eigenen  gekhitoii  An  hivaiius  verlangten, 
brachen  sich  an  der  Aengstlichkeit,  mit  der  die  (Jewölbsherren  an 
ihren  traditionellen  Rechten  festhielten.  Man  glaubte  dem  so  vid* 
foch  laut  werdenden  Wunsche  noch  einer  gröndlichen  Reorganisation 
des  Archivwesens  lunreichend  gerecht  werden  zu  können,  wenn  man 

*)  Soll  spfttar  nAhcr  beichridMO  werden. 


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Geschicble  des  Kölner  Stadtarchivs. 


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für  eine  leidliche  Ordnung  in  den  Original-Urkunden  sowohl «  wie 
in  dem  immer  masseidtafter  anwachsenden  Voirath  der  andern 
AktenstädLe  sorgte. 

Dieses  Äktenarchiv  bestand  neben  dem  Gewölbe  als  ein  be- 
sonderes Institut  Es  umfasste  sowohl  die  Schriftstücke  der  laufen- 
den städtischen  Verwaltung,  als  die  Abschriften,  die  von  *im 
Gewölbe  aufbewahrten  Urkunden,  den  expedirten  städtischen  Schreiben 
und  den  wichtigsten  Processal^^  genommen  waren.  Schon  im 
Jahre  1326  liatto  man  binnen,  die  Stadtprivilegien  in  besondere 
Bücher  absclirilHich  einzutragen.  In  gleiclior  Weise  wurden  die 
mannigfaciien  Statuten,  Gesetze,  Woistliümer,  IMebiscile,  Mojjgen- 
sprachen  u.  s.  w,  in  Pcrganicnlbände  zusammenlast  liricljcn. 

Im  Anfange  des  siebeiizehnlen  Jahrhunderts  sullk-  dieses  Ord- 
nungsgescliäft  zu  Knde  geführt  werden.  Nieniatid  s(  hien  für  diese 
schwieri^'e  Aufgabe  tauglicher,  als  der  Syndicus  Dr.  Michel  Cronen- 
berg. Er  wurde  am  7.  Dez.  1609  beauftragt,  »neben  seinen  andern 
Arbeiten  die  ganze  städtische  Registratur,  Briefe,  Siegel,  Register, 
Abschiede,  Protokolle  und  Registrationsbücfaer  und  der  Stadtprivilegien 
in  eine  richtige  Ordnung  zu  bringen,  zu  verflBSsen,  zu  extrahiren, 
und  darüber  mit  Hülfe  und  Znthun  des  Secretarii  und  Registratoris 
sichere  indices,  inyentaria  und  Register  oufiBurichten  und  zu  ver- 
fertigen. Und  damit  dieses  alles  desto  flirderlicher  Terrichtet  und 
zu  Ende  gelnracht  werde,  soll  er  nicht  allein  aller  andern  Rechts- 
sachen hinführo  entschlagen  und  bemüssiget  sein  und  bleiben,  sondern 
auch  keine  weitern  Advocaiiones  annehmen  und  mit  äusserstem 
Fleiss  unablässig  daran  sein,  damit  die  Registration  in  sechs  Jahren 
völlig  zu  Ende  gebracht  werde.  In  Massen  er  dann  solches  alles 
bei  {.geleistetem  Eide,  sofern  er  durch  Gottes  Gewalt  daran  nicht 
verhindert,  getreulich  und  ohne  Gcrährde  zu  vollziehen  gesichert, 
und  daneben  geloben  und  vcr.s|irochen,  alle  (leheininisse  und  Secrete, 
so  er  hierbei  vernehmen  und  erfahren  müchle,  geheim  und  ver- 
schwiegen zu  behalten.  Dagegen  hat  wohlgedachter  Ratii  dem 
Dr.  Gronenberg  neben  seinem  jetzigen  jährikdien  Salario  alle  Viertel- 
jahre em  hundert  Thaler,  thut  das  ganze  Jahr  400  Tbaler  kOfaiischer 
laufender  gemehier  Währung,  liefern  und  handreichen  zu  lassen  ver- 
sprochen«^). 

Blit  dieser  Registration  konnte  Gronenberg  aber  erst  im  Jahre 


■)  Ans  den  Rathi^rolokotten. 


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Enuen : 


1620  beginnen.  Er  unternahm  seine  Arl>eit  mit  Fleiss,  Liebe  und 
Sachkemitniss.  Vom  Feste  St.  Johannis  1620  bis  in  das  Jahr  1623 
war  er  unausgesetzt  mit  dieser  schwierigen,  mühevoUen  Arbeit  be- 
schäftigt. Im  Jahre  1623  berichtete  er  an  den  Rath:  »Bei  der 
ganzen  Registratur  hat  sich  sowoU  in  dem  Rathsgewölbe  und  grossen 
Archiv,  als  denjenigen  Schriften,  welche  vor  etlichen  Jahren  aus  der 
Kanzlei  oben  hinauf  transferirt  worden,  eine  solche  Weitläufigkeit, 
CSonfiision  und  Unordnung  befünden,  wie  noch  guten  Theils  zu 
sehen,  dass  es  unmöglich  gewesen,  solches  in  den  dreien  ersten  Jahren, 
so  lange  mir  das  erhöhte  Salär  gereicht  worden,  neben  vorgemelten 
und  andern  tägli(  Ii  aufgetragenen  Rathsgeschäflen,  Reisen  und  andern 
zufälligen  Verhinderungen  in  eine  Hichtigkeit  zu  bringen,  obgleich 
ich  viehnal  ganze  Wochen  Vor-  und  Nachiniltags  dainil  zugebrachi, 
wie  ich  durch  diejenigen,  welclie  mich  viehnal  Abends  um  7  Uhr, 
zur  Sommerzeit  um  8  Uhr  nach  Ilau^^e  haben  geben  sehen,  be- 
zeugen kann.  Was  icii  gleidiwoiil  darin  venichlel,  habe  ich  bei 
den  abgegangenen  Herrn  Bürgermostem  augenscheinlich  und  viel 
dcmonstrirt: 

»Dass  ich  un  grossen  Rathsgewölbe  vorerst  alle  kaiserlichen 
Privilegien  und  Gonfirmationen,  dann  auch  die  mit  den  Erzbiscböfen 
aufg^chteten  Unionen,  Ck>ncordata,  Votrfige  und  andere  dazu  ge- 
hörige Briefe  und  Si^l,  welche  hin  und  wieder  m  den  Gapsein 
confos  durcheinander  gelegen,  so  dass  man  schwerlich  etwas  hat 
findoi  können,  in  verschiedene  grosse  Laden  nach  den  Regierungs- 
jahTNi  der  Kaiser  und  Bischöfe  (per  annn>  imperatorum  et  epi- 
scoporum)  von  vielen  100  Jahren  vertlieilt,  guten  Tbeils  in  Bücher 
copiren  lassen,  darüber  dopjH  Ue  universales  et  particulares  indices 
gefertigt  und  pummarie  extraliiit. 

Zweitens  lialK>n  sich  im  obersten  kleinen  Uewölbe  befunden: 
60  alte  und  neue  grosse  Registralionsbüclier,  122  Kanzleiprotbokollc, 
18  grosse  (Inpiciibücher  von  allerhand  Ratbshandlungen,  Stadlsachen,  « 
\'eiträgen,  Coinitositionen,  Morgensprachen,  Rollen,  Amtsbriefen  etc. 
Darin  sind  nirgendwo  indices  gewesen,  sodass  man  mit  grosser 
Mühe  und  Zeitverlust  Alles  hat  au&uchen  müssen.  So  ist  vorerst 
ein  Generalindex  für  etliche  gefertigt,  femer  sind  die  Inhaltsangaben 
aus  den  Registrations-  und  einigen  andern  Bfichem  zu  eztrahiren 
angefangen  worden. 

Drittens  habe  ich  die  alten,  in  der  Kanzlei  früher  aufbewahrten 
Schriften  und  oben  auf  beiden  Gemächern  gewesenen  Akten,  Pro- 

» 

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Geschichte  des  Kölner  Stadtajrcbivs. 


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tliokollo,  Briefe,  Rc^Mster,  Abseliiede  und  andere  Verfol;.'e,  sowohl 
publica  als  privala  von  Reichs-,  Depulations-,  Visitalions-,  Stadl-,  Kreis-, 
Münz-  und  Probationstagen,  dann  was  die  gemeine  Stadt,  ihre 
KanMoseri  Rentkammern,  Mflhlentafel,  Hospitäler,  KUSster,  Univer- 
sitftt  und  andere  politische  Sachen  betrifft,  und  Alles  oonfüs  durch- 
einander getegen  hat,  in  sichere  Klassen  und  Eapsehi  ▼ertheOt  und 
ein  Jedes  .an  seinen  Ort  registrirt. 

Endlich  habe  ich  aus  Torgenannten  Schriften,  Protokollen  und 
Handlungen,  was  sich  vor  etlichen  100  Jahren  zwischen  den  zeit- 
lichen Erzbischöfen,  der  Glerisei,  dem  hohen  Gericht  und  Scheflen- 
stühlen  einestheils  und  dieser  Stadt  anderntheils  für  Geschichten, 
Streitigkeiten  und  Handlungen  unter  einem  jeden  Erzbischofe  begeben 
und  verlaufen  haben,  zusamnicngebracht  und  zu  31  verschiedenen 
neuen  Banden  verfassen  lassen,  darüber  auch  universales  et  parü- 
culares  indices  und  exlraclus  zum  Tlieil  verfertigt. 

Es  geschieht  mir  also  grosses  Unreclit,  dass  ich  ein  grösseres 
Salar  empfangen,  die  Rentkammer  bc-schwert  und  Nichts  dafür  gc- 
than  haben  sollte,  da  mir  doch  soldics  länger  nicht,  als  bis  in  das 
dritte  Jahr  bezahlt  und  toi  dem  Jahre  1623  Us  an  heutige  Stunde 
Nidits  gegeben  worden,  da  ich  doch  nichts  destoweniger  eine  gute 
Zeit  darnach  die  Arbeit  fortgesetzt  habe.c 

Gesundheitsrücksichten  und  anderweitige  Amtsgeschäfte  nöthigten 
(äonenberg,  die  Arbeit  auf  einige  Jahre  zu  unterbrechen.  Erst  am 
12.  Februar  1627  ubergab  er  dem  Rathe  ȟber  seine  expedirten 
Stuck  und  Verrichtung  ein  Verzeichniss  und  Relation.«  Das  Raths- 
protokoll vom  4.  Juli  1629  sagt  hierüber:  »Herr  Bürgermeister  Lies- 
kirchcn  hat  referirt:  Nachdem  dem  Herrn  Dr.  Cronenberg  vor 
etlichen  Jahren  unter  Gewährung  ein^  höheren  Gehaltes  aufgegeben 
und  anbefohlen  worden,  eines  ehrbaren  Ralhes  Archiv  und  die 
weitläufig  zerstreute  Registratur  in  eine  bequeme  Ordnung  zu 
#  bringen,  hat  derselbe  solchen  Befehl,  so  viel  ilun  möglich  war,  aus- 
geführt und  über  die  vom  Feste  St.  Johannis  1620  bis  in  das 
Jahr  1623  expedirten  Stücke  und  seine  sonstigen  Vorrichtungen  am 
12.  Fdmiar  1627'  einem  wohlgenannten  Rath  dn  Verzeidmiss  und 
Relation  prftsenthren  und  vorlesen  lassen;  und  obitohl  ehegenannter 
Herr  Dr.  Groneniierg  dieses  Werk,  woran  einem  dummen  Rath 
merklich  viel  gelegen  ist,  gern  fortsetzen  und  bis  zu  Ende  ausführen 
Wollte,  habe  er  sich  dennoch  iMklagt,  dass  bei  der  Durehsdiung 

ArahlraliMlM  ZeUaehfift.  II.  7 


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Ennen: 


und  EzamiiiaUon  der  alten  Schriften,  Briefe  und  Privilegien  sein 
Gesiebt  dcrmassen  abgenommen  mid  blöde  geworden  sei,  so  dass 
es  ihm,  wie  gerne  er  auch  wollte,  unmfiglidi  sei,  das  Werk  zu 
vollenden,  habe  sich  aber  dabei  erklärt,  wenn  ein  wohlgemddeter 
Rath  Jemand  anders  dazu  verordnen  würde,  dass  er  alsdann 
gerne  die  Hand  daran  halten  und  sdn  Bestes  dabei  anwenden 
wolle;  indessen  hat  er  begehrt  und  gebeten,  ihn  mit  Parllieion 
und  andern  Rathssachon  unbeschwert  zu  lassen.  Als  darauf  der 
neu  gewühlte  Registratur  Adam  Weiss  vorgeschlagen  und  dabei  an- 
gezeigt worden,  dass  derselbe  bereits  vorbeschieden  und  gefragt 
worden  sei,  ob  er  diese  Arbeit  übernehmen  wolle  und  was  er  dafür 
als  Vergütung  (loco  sakirii)  boaiisiiruclie,  hat  derselbe  sich  dazu 
willig  erboten,  wegen  der  Belohnung  aber,  weil  er  nicht  wissen 
konnte,  wie  gross  die  Mühe  urul  Arbeit  ausfallen  möchte,  hat  er 
sich  nicht  erklären  oder  resolviren  ktinnen;  es  würde  also  ein  elir- 
samer  Rath  hierüber,  was  ihm  geÜUlig  sei,  zu  verordnen  wissen. 
Darauf  wurde  beschlossen,  dass  Herr  Dr.  Gronenberg  über  die 
Gontinuation,  Fortsetzung  und  Vollfübrung  der  Registratur  und  was 
derselben  anklebt,  das  Direktorium  behalten  und  während  dessen 
vermöge  obgemelten  Rathes  Recess  vom  19.  Juni  1620  mit  Reisen, 
Partheien  und  andern  Rathssacben  verschont,  auch  nicht  verpflichtet 
sein  solle,  so  präcise  zu  den  Rathsstunden  an  allen  Rathstagen 
zu  ersdieinen],  mdaui  Weiss  aber  zu  der  Registratur  förderlich  zu- 
gezogen werden  solle ,  dergestalt ,  dass  er  ein  viertel  Jahr  lang 
die  Arbeit  versehen,  deren  Belinden  einem  ehrsamen  Rath  zu  er- 
kennen geben  und  darauf  wegen  des  Gehalts  feruern  Bescheids  ge- 
wärtig sein  solle. 

Mit  der  gewünschten  Beihülfe  brachte  Cronenberg  über  die  Do- 
cuniente  des  ArchivgewrdlK's  ein  Reperlorium  •  zu  Stande,  welches 
den  ganzen  Urkundenschatz  inhaltlich  kurz  zusammenlassle,  aber 
zum  Zwecke  einer  bequemen  Uebeisicht  ein  alphabetisches  Namen- 
register sehr  vermissen  liess.  Mit  der  Registratur  der  im  Syndikats- 
archiv reponirtm  Schriftstücke  hatte  Gronenbeig  auch  begonnen, 
aber  die  Arbeit  blieb  dürftig  mid  unvollendet  Je  mehr  die  Aden- 
stfisse  hier  sich  anhäuften,  desto  grösser  wurde  die  Unordnung  und 
desto  schwieriger  die  Möglichkeit  einer  Orientirung.  1634  wurde 
durch  einige  vom  Rathe  besonders  hiezu  commitirte  Connuissarien 
der  Inhalt  des  Archives  mit  den  von  Gi-onenbei^  und  Weiss  aufge- 
nommenen Invenlarien  verglichen  und  die  weitere  Fcnrlführung  der 


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Gescbichta  des  Kölner  Stadtarchivs. 


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Inventare  dem  Secretfir  Scbulgen  übertragen  Im  siebenzehnten 
Jahiliundert  decretirte  der  Rath  zu  wiederhoHen  Malen,  die  Reper- 
tfirien  mit  dem  Inhalt  der  Archive  sorgfiUtig  zu  collationiren  und 
die  Aufiedchnung  und  Gopirung  der  hmzugdEommenen  Documenta 
fraizusetzen.  Diese  Arbeiten  behielten  stets  lediglich  den  Charakter 
von  blossen  Registrationen.  Von  einer  wissenschaRlichen  Benutzung 
zeigt  sich  nirgends  eine  Spur.  Praktisch  wurde  die  Benutzung  nur 
dann,  wenn  irgend  ein  Prozess  zu  führen,  eine  schwebendo  Reclits- 
fragc  zu  erledigen,  ein  Anspruch  zu.  begründen  oder  eine  Forderung 
abzuweisen  war. 

Diese  praktische  Wichtigkeil  de.s  Archivs  trat  während  des  sie- 
benzehnten Jahriiundorts  in  den  Streitig' keilen  zwischen  der  Sladl 
und  dem  Erzbisclioie  in  klarer  Weise  zu  Tage,  liier  allein  waren 
die  Documente  zu  finden,  durch  welche  der  Rath  die  Prätentionen 
der  erzbischOfl.  Staatschriften  abzuschlagen  hoffen  iH>nnte.  Nament- 
lich waren  es  der  1683  in  Folge  eines  wahren  Justizmordes  hinge- 
richtete Notar  Gereon  Hesselmann  und  der  Helmst&dter  Professor 
Gonnng,  wdche  für  die  im  Interesse  der  Stadt  ausgearbeiteten 
Streitschriften  die  Uikunden  und  Akten  des  Archivs  in  ergiebigster 
Weise  ausnutzten. 

Im  achtzehnten  Jalirhundert  bmutzte  der  Syndikus  Hamm  die 
Schätze  des  städtischen  Archivs,  um  die  noch  handschriftlich  in 
drei  Bänden  erhaltene  Sammlnng  von  historischen  Nachrichten  und 
Urkunden,  wf^lche  sich  auf  die  Geschichte  der  Stadt  KcHn  beziehen, 
zusatnnipn/.ustt'lion.  Die  beiden  erslini  Hände  führen  die  Titel: 
Herum  Agripitincn-ium  historiographia,  chronoiogia  diploiiudica  nohi- 
lis,  liberae,  iunnedialae  ac  imperialis  civitatis  Colonicnsis,  der  dritte: 
Tomus  diplomaticus  nobilis  etc.  civitatis  CSoloniensis. 

Je  mehr  aber  die  Urkumkn  im  Thurm  und  die  AMenstacke 
im  Syndikatsarchiv  sich  hftuften,  desto  dringender  stellte  sich  das 
Bedürfiiiss  dnes  eigenen  Archivars  heraus.  Im  Rathsprotocolle  vom 
17.  Juni  1724  heisst  es:  »Als  Gesprich  vorgefallen,  dass  dem  Pu- 
blico  vortheilig,  wann  zur  Einrichtung  des  Archivs  ein  Subjectum 
ausgesehen  würde,  hat  man  gesammte  Herren  Bürgermeister  aner^ 
suchen  zu  lassen  heschtossen,  um  zu  solchem  Endzweck  auf  einen 
Archivar  bedacht  zu  sein,  mit  selbigem  über  die  Gonditionen 


Aus  den  HalbsprotokoUen. 


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Ennen: 


schriftlich  zu  tradiren  und  daranter  ad  Senatum  die  Relation  und 
Gutachten  einzuschicken«  *).  Auf  Grand  dieses  Gutachtens  wurde 
der  Syndicus  Uaxim.  Ley  am  21.  Juni  auf  sechs  Jahre  zum  Archi- 
var ernannt.  Das  Protokoll  der  ausserordentlichen  Rathssitzung 
vom  22.  Juni  sagt:  »Indem  bei  allen  wohlregulirten  Kanzleien  und 
Archiven  ein  besonderer  Archivar  verordnet  zu  sein  pflegt,  welcher 
vorab  die  Documente,  welche  die  öffontlichon  Angelegenheiten  bo- 
trofTon,  /,ur  beständigen  Nachricht  in  izulor  Verwahrung  und  Ord- 
nung halten  und  darübi'r  ordcntlicho  Ho^nstor  führen  muss,  bei  hie- 
siger freier  Reii  lisstatll  aljer  nach  dem  'l'ode  des  vormaligen  Syn- 
dicus Herrn  Johann  Michael  Gronenberg  fast  seit  100  Jahren  zu 
solcher  Verrichtung  Niemand  besonders  verordnet  gewesen  ist,  da- 
her auch  von  wegen  dessen  Ermangelung  die  ad  pubfiea  einschla* 
genden  Fortsetzungen  und  Briefschaften  theils  unvollständig,  theils 
unter  andere  gemeine  Partheisachen  vermischt,  und  oft  für  den  be- 
dürftigen Fan  nicht  zu  finden  sind,  daran  aber  einem  hochweisen 
Rath  und  der  gemeinen  BfUgerschaft  viel  gdegen  ist,  daram  hat 
derselbe  nöthig  erachtet,  seinen  Syndicus  Herrn  Adam  Maximilian  Ley 
zum  Archivar  auf  sechs  Jahre  folgendor  Weise  zu  bestellen:  Dass 
derselbe  alle  mit  den  benaclibarten  Chur-  und  Fürsten,  Städten  und 
Herrschaften,  auch  Ahteien  und  Klöstern  vorhandene  Briefschafton 
und  Verfölcher  durchlesen,  so  viel  imiiior  möglich,  mit  Beihülfe  der 
Regist ratoren  und  Kanzlislon  vervollständigen  und  in  alphabetischer  > 
Ordnung  (iuxta  aliiluibeta)  mit  dem  summarischen  Inhalt,  über 
welche  Materie  darin  vcrliandelt  werde,  in  besondere  indices  ver- 
zeichnen, demnächst  von  andern  Partheisachen  absondern  und  in 
die  vorhandenen  Laden  i*egistriren  solle. 

Da  auch  zweitens  bei  dieser  Registrirung  solche  Originale  sich 
finden  würden,  welche  zu  dem  Hauptarchiv  ins  Gewölb  gehörig 
wftron,  solle  derselbe  davon  vidimirte  Gopien  theils  zu  den  ebvchla- 
genden  VerfÖlchern,  theils  in  die  Gopienbucher  verfertigen  lassen, 
nachher  aber  die  solcher  Weise  geftindenen  Originale  zu  gehöriger 
Aufbewahrung  ins  Gewölb  bringen. 

Nicht  weniger  soll  derselbe  drittens  diejenigen  Stücke,  welche 
ad  librum  ceremonianmi  einschlagen,  dazufügeu  und  darüber  einen 
index  verfertigen. 

Und  weil  ausserdem  viertens  viele  Schriften,  Handlungen  und 


')  HathsprolokoUe. 


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Geächicble  des  Kölner  Stadtarchivs. 


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VorflSldier  von  alten  nnd  jüngeren  Zeiten  her  halb  verscblissen, 
gftnzlieh  ungeheftet,  durcheinander  zerstreut  liegen,  so  wird  dem 
Ärchi?ar  abgetragen,  darauf  besondere  Sorge  und  Fleiss  zu  wenden, 
auf  dass  sothane  Papiere  ToQkommen  gemacht,  demnichst  nach  einer 
jeden  Materie  zusammen  gebunden,  und  also  fernerhin,  so  oft  eine 
Sache  wieder  bis  zu  einem  neuoi  Faszikel  oder  Bande  angewachsen 
Ist,  fortgefahren  werde. 

Ferner  hat  fünflens  der  Herr  Archivar  daran  zu  sein,  dass  die 
abgeschickten  Schreiben,  Berichte,  Deduktionen  und  Noihdurfle  zu 
jeder  Sache  hingelegt,  die  darin  angezogenen  Beilagen,  so  oft  und 
viel  es  vonnöthen  ist,  dazu  ab-  und  beigeschrieben,  mithin  dadurch 
verhütet  werde,  dass  es  nicht  bedürfe  mehrere  Verfölcher  verdriess- 
lich  durchzusehen,  aus  einem  jeglichen,  was  iliensani,  herauszunelimen 
und  eins  mit  dem  andern  mangelhaft  zu  machen. 

Um  solches  nun  sechstens  desto  füglicher  zu  befördern,  will 
ein  hochweiser  Rath  noch  einen  Kanzlisten  in  Gnaden  ernennen 
und  besolden,  wdcher  dem  Archivar  und  lObllcben  Syndikat  untere 
stellt  und  davon  seine  Anweisungen  unmittelbar  zu  empfangen 
haben  soll. 

Imgleichen  soll  der  Herr  Archivar  siebentens  die  vorhandene 
Bibliothek  in  bessere  Ordnung  setzen  und  solch»  gemSss  den  mdex 
verändern. 

Damit  aber  achtens  derselbe  solchen  publicis  desto  besser  ob- 
lie'^en  und  wöchentlich  liierzu  besondere  Tage  anwenden  möge,  soll 
er  angeloben,  in  Zukunft  neue  Partheien,  Advokatie  und  neue  Ver- 
fölcher oder  Akte  ausser  demjenigen,  was  von  löblichem  Syndikat 
.  herkommt,  ad  referendum  et  decidendum  nicht  mehr  anzunehmen, 
sondern  sich  solcher  zu  cntschlagen,  anbei  aucii  die  noch  vorhan- 
denen in  kurzer  Zeit  so  weil  von  sich  abzulhun,  womit  eines  lioch- 
weisen  Magistrats  hierunter  führendes  heilsames  Abseben  allent- 
halben befolgt  werden  und  derentwegen  nirgendwo  einige  Yersltum- 
niss  entstehen  möge. 

Dahingegen  neuntens*  zur  Eragtzung  solchen  in  dnr  Advokatie 
abgehenden  Verdienstes,'*  auch  zur  Belohnung  dieser  zu  übernehmen- 
den extraoirdinftren  Bemühung  dem  Herrn  Syndikus  Ley  über  sein 
gewöhnliches  Gehalt  vierteljährlich  noch  einhundert  RtUr.  aus  der 
Freüags-Rentkammer  ansgeiahlt  werden  soUec  *). 


*)  Akt  im  SUdUrcbiv. 


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EmiMi: 


Die  erste  dor  Hauptarbeiten,  welclie  Ley  mit  Hülfe  des  Rcgi- 
slrators  Rüdesheim  unternahm  und  vollendete,  war  eine  .sorglällige 
Kalalogisirung  des  Hauptarchivs.  Er  ordnete  sämmtliche  Urkunden 
in  94  Laden  nach  den  Materien:  Pontificalia,  Episcopalia,  Ordines, 
Parochialia,  ScabinaUa,  Pollerwerth,  Gonventus,  Abbatiae,  Imperialia, 
Cionfoederationes,  Juliacensia,  Montensia,  GÜTensia  et  Marcana, 
Gelrensia,  Limburgensia,  Aqacnsia,  Tuitlensia,  Erbrogtei,  Novedensia, 
Verbund-  und  Transfixbriefe,  Mann-,  Bärger^,  BestaUungs-  nnd 
Urpfedebriefe,  Moguntina,  TVevirensia,  Hürlher  Bachflups,  Hassica, 
diversae  Civitates,  Processus  Muisgin,  Deutsch -Ordenshäuser,  Jura 
üniversitatis,  Münzsachen,  Stapel  und  Commercia,  geistlicher  Wein- 
schank,  Kurpfalz,  Sühnbriefe,  Instrumenta  caplivorum  Clcriconim, 
betreffond  Seestädle,  Varia  GalUicana,  Judaei,  Hermann  von  Goch, 
Hilger  von  der  SlelTen.  An  2000  Urkunden  sind  in  diesem  Reper- 
torium  speciell  verzeichnet.  Gegen  500,  namentlich  Quittungen, 
Mannbriet'e,  Söhnbriefe  u.  s.  \v,  sind  nur  paketweise  aufgenonnnen. 
Etwa  10,000  bis  12,000  Stück  Quittungen  und  Mannbriefe,  die  in 
dem  ersten  Pergamcnt-Repertorium  summarisch  aufgenommen  waren, 
sind  hier  ganz  übergangen  und  wahrscheinlich  als  werthlos  reponirt 
worden.  Einen  nicht  geringeren  Fleias  als  auf  das  HauptarcfaiT 
wandte  Ley  auch  dem  kleinen  wie  dem  grossen  SyndikatsansliiT  zu. 
Die  Arebive  der  Mittwochs-  und  Freitags-Rentkammer  gehörten  nicht 
zu  seinen  Ressort.  Er  sorgte  dafür,  dass  die  bunt  durcheinander 
liegenden  Gonvolute  des  SyndikatsarcbiTs  ordentlich  bezeichnet  und 
registrirt  wurden. 

Nach  Ley's  Tode,  1745,  blieb  die  Stelle  eines  Archivars  wieder 
unbesetzt  bis  zum  Jahre  1788,  »Am  18.  August  des  genannttm 
Jahres  wurde  auf  ein^'elegte  Erinnerung,  die  Bo)^tellung  eines  hier- 
ortigen  An  hivarii  nötliig  zu  sein,  Hr.  Syndikus  von  Bianco  ernannt«  '). 
Als  Renmneratiüii  wurden  ihm  zu  .meinem  Syndikus-Gehalte  jrdirlich 
400  Gulden  zugesetzt,  v.  Bianco  besass  Titel  und  Gehalt,  dabei 
blieb  es  aber  auch.  Der  Rath  hatte  es  versäumt,  ihn  auf  eine 
besondere  Instruction  zu  verpflichten;  darum  begnügte  sich  v.  Bianco 
damit,  das  Ardüv  sorgfaltig  unter  Scbk»s  und  Riegel  zu  halten,  und 
die  eingehenden  Schrißetficke  in  der  Registratur  zu  reponiren. 

Das  städtische  Archiv  g^eth  in  grosse  Gefahr,  als  im  Jahre 


>)  Rathsprotokoll 


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Gflaohiehte  des  KMner  Stadtaiebin.  103 

1797  in  Köln  mit  der  allen  Zeit  völlig  gebrochen  und  die  rt  iclis- 
städlische  Verfassunpr  7.u  Grabe  getragen  wurde.  Am  9.  September 
1797  versiegelten  die  nrirgormeister  von  Ililgers,  Klespe  und  Wittgen- 
stein in  Beisein  eini^:or  Dojnilirlen  des  vormaligen  Halbes  die  eiserne 
Eingaiigslbür  zum  Gewölbe  und  deponirten  die  Schlüssel  auf  der 
Mittwotlis-Renlkamnier. 

Einige  Tage  nacbbcr  nahm  die  neue  Verwaltung  die  Scblüssel 
an  sich,  und  das  Gewölbe  ward  wieder  geöffnet  In  einem  amt- 
liehen  Referat  an  den  fransQeischen  Minister  des  Innern  vom  Jahre 
1810  über  das  städtische  Arcfaiv  heisst  es:  »Das  städtische  Haupt- 
aichhr  befindet  sich  sehr  wohlverwahrt  und  gewdibt  unten  un  Raths- 
thurm,  woneben  sich  auch  ebenfalls  sehr  wohlgewölbt  das  städtische 
ehemalige  Freitagsrentkammer^Archiv  befindet;  das  städtische  ehe- 
malige Mittwochsrentkammer-Archiv  nimmt  neben  dem  bureau  d'etat 
civil  einen  wohlgewölbten  Platz  ein;  jenes  des  ehemaligen  Stadt- 
Syndikats,  auch  wohl  verwahrt  und  gewölbt,  liegt  oben  neben  dem 
ehemaligen  Rathssaale,  wobei  sich  auch  das  grosse  Syndikalsarchiv 
und  die  Ropi-tratur  in  zwei  zwar  nicht  gewölbten,  doch  wohl  ver- 
wahrten besüiulern  Zimmern  befinden ;  schliesslich  ist  da>  .sofrenannle 
laufende  Mairiearchiv  in  dem  Ziainier  des  Hauptsekretariats  in  vier 
verschlossenen  Schränken  aufjtrestellt.« 

»Das  Hauptarchiv  enthält  nur  w  ichtige,  die  Stadt  Köln  betreffende 
in  Kapseln  verwahrte  Originalurkunden  und  Priviiegienbriefe.  Die 
ehemaligen  Hittwochs-  und  Freitagsraitkammer-Archive  enthatten 
die  auf  das  Finanz-  und  Bauwesen,  sowie  die  sonstigen  öffentlichen 
Stadtarbeiten  bezöglicben  Register,  ProthokoDe,  VerfÖlger,  Belege, 
Briefschaften  u.  s.  w.  Das  eh^alige  kleine  gewölbte  städtische 
Syndikatsarchiv  enthätt  die  ältesten  Reichs-  und  Rathsverhandlungen 
und  Prothokolle,  die  Tdtesten  Rathsprothokolle  und  Register,  die 
Handschriften  des  Gelenius  u.  s.  w.  Das  sogenannte  grosse  Stadt- 
und  Syndikalsarchiv  enthält  die  jungem  Reiclisverhandlungen,  die 
Wetzlarischen  Kammer- Visitationsaklen,  die  Jüngern  Rathsprothokolle, 
die  Hanseversammlungen-Prothokolle,  die  den  Sta])el,  die  Rhein- 
schifl"falirl ,  die  Handlung  Ix^trefienden  Schriftstücke,  weiter  die  auf 
die  Sladtpolizei  überhaupt,  die  hiesigen  ehemaligen  Stifter,  Abteien, 
Klöster,  Pfarreien,  Si)itälei',  die  rnivcrsität,  das  Postwesen  bezüg- 
lichen Aktenfascikel,  endlich  die  sämmtlichen  mit  den  ehemaligen 
Kurfürsten  von  Köhl,  Trier  und  Pfalz  bei  den  allerhöchsten 
Reichsgerichten  über  verschiedene  Gegenstände  geführten  Piocesse 


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104 


Eimen: 


und  die  daselbst  darüber  verbanddten  Akten.  Die  sogenannte 
Stadt»  und  Syndikats-Registratur  enthält  die  beim  vonnaligen  Syn- 
dikat verbanddten  Prozesssacben,  wie  auch  die  bei  den  ehemaligen 
Zünften  und  Bauerbänken  vorgefallenen  Zwistigkeiten  betreffenden 
Akten«. 

Mit  dem  Sturze  der  alten  Staats-  und  Rechtsverhältnisse,  inil 
dem  Beginne  einer  neuen  Zeit  und  völlip  neuer  Zustände  verlor  das 
•  Archiv  soincn  praktischen  Wcrlli  und  seine  rechtliche  Wichtigkeit.  Der 
bei  Weitem  grüsste  Theil  aller  I^-kunden  und  Schrillstücke  wurde  plötz- 
lich aus  der  Gegenwart  in  die  Vergangenheit  gesclioben.  Es  ist  zu 
verwundern,  das>  der  gesammte  Inhalt  des  Arcliivs,  wie  an  so 
vielen  Orten,  nicht  auch  in  Köln  der  Revolution,  die  so  sorgsam 
jede  Erinnerung  an  die  alte  Zelt  zu  v^ichten  suchte,  zum  Opfer 
gefallen  ist.  Der  einzige  bedeutende  Verlust,  den  das  Arehly  zu 
beklagen  hat«  sind  die  früher  in  der  Mlttwochs-Rentkammer  au(> 
bewahrten  Rechnungen  und  Quittungen  über  die  vom  dreizehnten 
bis  achtzehnten  Jahrhundert  angeführten  städtischen  Bauten.  Diese 
Papiere  waren  beim  Sturz  der  reichsstädtlsdien  Verfassung  in  die 
obem  Räume  de?  Rathhauses  gebracht  worden.  Iiier  lagen  sie 
unvci-sclilosscn,  dem  Muthwillen  der  Jugend  und  dem  Eigennutz  der 
Trödler  leicht  zugänglich.  Es  ging  ilinen  wie  dem  Rest  der  alt^ 
Rilstkainmer,  sie  waren  verschwunden,  ehe  man  daran  dachte,  sie 
unter  Verschluss  zu  legen. 

Wie  gering  !nan  auch  die  Sorge  anschlagen  mag,  mit  welcher 
der  Rath  sich  um  die  Ordnung  des  Archivs  bemühte,  so  muss  doch 
seine  Bereitwilligkeit,  das  Archiv  durch  neue  Schätze  zu  bereichern, 
rühmend  hervorgehoben  werden.  Es  lag  Ihm  stets  viel  daran,  alles 
dem  Untergange  zu  entrelssen,  was  im  Stande  sein  konnte,  die  Ge- 
schichte der  .Stadt  Kfiln  in  heDes  Licht  zu  stellen.  Darum  liess  er 
dem  auf  dem  Gebiete  der  Archäologie  und  K%er  Lokalgeschicbte 
sehr  bewanderten  Syndikus  Stephan  Brülmann,  der  d&a  Entachluss 
zu  erkennen  gab,  eine  »Gronkac  der  Stadt  Köln  abzu&ssen,  seine 
kräftige  Unterstützung  angedeihen.  hn  Jahre  1662  liess  er  durch 
eine  eigens  hierzu  < mannte  Commission  das  Mann  rrii  t  mil  den  im 
Archiv  ruhenden  Urkunden  und  Literalien  vergleichen  und  Hröl- 
mann's  Gewissenhaftigkeit  und  Wissenschattlichkeit  bei  dieser  Arlx'it 
conslatiren.  liirtlniann  wurde  vom  Tode  übereilt,  ehe  er  sein  Werk 
dem  Druck  übcrgeh'n  konnte.  Der  Jc^^iiiliTipater  Ileruiann  Crom- 
baeh  fasste  den  Plan,  das  Werk  Brölmaun's  zum  Absciiluss  zu 


Geschichte  des  Kölner  Stadtarchive. 


105 


bringen,  der  Rath  crtheilte  ihm  die  Erlaubnis?,  7.n  diesem  Zwecke 
von  den  städtischen  Archivalien  Einsicht  zu  nehmen.  Durch  den 
Präsidenten  und  die  Assessoren  der  Mittwochs-Rentkammcr  Hess  er 
Brölmaim's  GoOeeUneen  von  den  BrUiiiaiiii'flclMii  Erben  erhandeln 
und  dem  Pater  Gronibach  zu  freiem  Gebiauclie  zur  Disposition 
steDen.  Am  26.  November  1674  esM  sich  Pater  Crombach  eine 
Zulage  von  60  Rthlr.  für  den  Druck  seiner  CSironik«  Den  Stimm-  < 
meistern  wurde  anfj^etragen,  sich  über  den  Werth  dieses  Werkes 
beim  Bürgermeister  von  Wedig,  der  dasselbe  revidirt  haben  sollte, 
Erkundigungen  einzuziehen  und  dann  weiter  zu  referiren.  Auf 
Grund  dieses  Referats  wurde  der  gewünschte  Zuschuss  bewilligt, 
aber  es  wurde  auch  zugleich  bestimmt,  dass  der  Druck  nicht  eher 
beginnen  dürfe,  »als  bis  der  Magistrat  die  fragliche  Schrift  in  lolum 
approbirt  habe« 

Das  Werk  »Aniialo!^  occiesiaptici  et  civiles  Metrop.  Ub.  Col. 
Agripp.«  fand  die  gewünschte  Approbation  nicht.  Es  wurde  zuerst 
in  der  IJiblioliick  des  Jesuiten-Collegiums  reponirt,  und  später  kam 
•  es  in  das  Archiv  der  Stadt  Köhl. 

Eine  andere  Aoquisitton  ffir  das  Archiv  waren  die  Halvereik*sehe% 
und  Groncnberg*8cfaen  Literallen.  9  Auf  verlesene  schrifUkhe  Relation'— 
eilf  von  »dem  Strassburger  Ganzler  Halveren  seel.  h^kommend«  und 
ebedessen  auf  dem  Rekdistag  zu  Regensburg  lieschriebene,  die  mün- 
ster'schen  Friedenstractate  ond  andere  Hiscellanea  enthaltende  Vo- 
lumina betreffend  —  wird,  solche  ez  aequo  et  bono  vor  Magistratum 
zu  erhandeln,  sodann  die  in  dem  Gronenberg'schmi  Sterlsehause  vor- 
handenen Nachri<  hien  ebenmässig,  so  es  tliunbar,  an  sich  zu  bringen 
besclilossen«.  Der  Bürgermeister  von  Krufft  erstand  die  Ilalveren'sche 
Sammlung  für  den  Pieis  von  GOO  Florin;  sie  ist  jetzt  dem  Stadt- 
archiv eingereiht.  Halveren  war  im  Stande,  das  Treiben  auf  dem 
Friedenscoiigress  /,u  Münster  richtig  zu  beurlheilen,  weil  er  1G46 
die  Stadt  Köln  und  s{)äter  auch  den  Erzbischof  von  Mainz  auf  die- 
sem Gongress  vertreten  hatte. 

Die  Unterhandtongen  mit  den  Gronenberg'schen  Erben  scheinen, 
auch  ein  günstiges  Ergcbniss  gehabt  zu  '.haben.  »Zur  Erhandlung 
deines  in. mehr  denn  600  Bogei/  beschriebenen  vollständigen  Pro- 
tocolli  eleAoralis  super  novissima  electione  caesarea,  wird  löblicher 


>)  RathaprotokoU. 


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lOQ  Eanen: 

• 

Milwoclis-Rcnlkanimor  aufgetragen,  85  Reidislhuler,  welche  dafür 
in  Frankfurt  bedungen  worden,  fürdersamst  auszuzahlen. € 

Von  den  6elen*schen  Erben  wurden  die  fanragines  Gelet^anae, 
eine  äusserst  schätzenswerthe  Sammlung  von  Urkunden  und  Akten^ 
stücken,  welche  die  mannigfachsten  Verhältnisse  der  Eöhier  Erzdiö- 
zese betreffen,  durch  Kauf  erwortien.  Diese  Sammlung  hatten  der 
Generalvikar  Johannes  und  sein  Bruder  Aegidius  Gelenius  als  Uaterial 
zur  Ausarbeitung  einer  quellenmässigen  Geschichte  der  Kölner  Erz- 
diözese angelegt.  Nach  des  Generalvikars  allzufrühem  Tode  gingen 
diese  CoUektaneen  in  den  Besitz  des  Bruders  Aegidius  übw.  Dieser 
kam  nicht  dazu,  das  von  dem  Verstorbenen  geplante  Werk  auszuführen; 
nur  theil weise  wurde  die  Sammlung  zur  Ausarbeitung  des  bekann- 
ten Buches  de  adinirantla  magnitudino  Coloniae  benutzt.  Im  Jahre 
1658  wurden  die  farragines  vom  Käthe  angekauft.  Beim  Ankauf 
bestand  die  Sammlung  aus  dreissig  Folianten ,  jetzt  fehlen  der  19. 
und  der  23.  Band.  Jener  enthielt:  chronicon  Goloniensimn  antistitum, 
dieser:  vita  Brunonis,  vita  reginae  Mathildis,  Klöster  und  Stifte  in 
Westfalen,  Besdireibung  der  Eifel,  Urkunden  betreflTend  das  Eirzstift, 
die  Grafen  von  Altena,  die  Statuten  des  Londen'schen  Gomtors, 
Morgensprachen,  Ifflnzabschiede  u.  s.  w. 

Nicht  als  Zuwachs  des  Archivs,  sondern  led^ch  als  Depositum 
waren  schon  am  Ende  des  sechszdmten  Jahrhunderts  die  meisten 
Urkunden  und  Schriftstücke  des  hansischen  Gomtors  zu  Antw^pen 
in  das  Kölner  Stadtarchiv  ül)prgeführt  worden.  In  einem  Roricht 
an  die  Stadt  Lübeck  vom  25.  Februar  1594  schrieb  der  Kölner 
Rath:  »Folgends  geschieht  bei  der  Relation  Meldung  der  Original- 
privilegienbriefe und  Siegel,  weiter  des  Gomtors  Hechnungs-  und 
Rcgistraturbüchcr.  Weil  nun  das  Alles  Inhalts  der  Relation  unver- 
letzt durch  die  Gesandten  hierher  gebracht,  wie  auch  die  Orignial- 
l)rivilegienbriefe  und  Siegel  nach  Inhalt  des  Inventars,  so  Magister 
Adolf  Osnabrück  anno  1591  darüber  aufgerichtet,  mit  Ausnahme 
von  etlichen  Stücken,  die  zu  nöthigem  täglichen  Gebrauche  auf  dem 
Gomtor  gelassen,  sammt  den  gemeldeten  Büchern  allhier  auf  unser 
Gewölbe  in  Verwahrsam  empfangen  und  gel^c  Und  in  dem  sum- 
marischen Bericht  dtit  Herren  HiUebrand  Sndermann  und  Dr.  Pteter 
Crantz  auf  dem  Drittelstag  zu  Duisbui^  am  20.  Februar  1695  hdsst 
es:  »Es  haben  die  anno  1591  vom  Hansetage  bi  Lfibeck  mit  der 
Visitation  der  Häuser  in  Antwerpm  und  Brö^  betrauten.  Bevoll- 
mächtigten nicht  allem  die  Gomtorischen  Bflcher,  Register,  Rech- 


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Getebiebte  des  KOliwr  Stadtarchivs. 


107 


nungcn  und  andere  dem  zugehörige  tapfere  Monumenta,  Schriften 
und  Bescheide,  sondern  auch  die  originalia  Anglicana  und  sänimt- 
licho  daselbst  vorhandenen  ansolmlichen  Privilegien  in  grosser  An- 
zahl aus  der  Gefalir  nach  Köln  zur  verwahrlichen  Sicherheit  ver- 
möge jüngsten  hansischen  Beschlusses  eingebracht,  daselbst  sie  non- 
mdur  bei  änem  dirbaren  Rath,  ifarai  Henea  und  Oberen,  in  ver- 
traollcher  Hut  bis  auf  weitere  Anordnung  verbleiben  soUen,  so  dass 
jetzo  der  Originalprivilegien  Inspektion  desto  fertiger  an  der  Hand, 
auch  durch  dnen  Jeden  dem  so  viel  Jahren  gddagten  Veriauf  femer 
auf  den  nOthigen  Fall  nachgesehen  werdoi,  und  sich  dessen  alles 
grOndlich  informiren  und  berichten  konntest 

All  diese  Arclii Valien  des  Antwerpener  Comtors  wurden  in 
Köln  im  Rathhause  deponirt,  wo  sie  sich  zur  Stunde  noch  in  dem- 
selben Zustande  l>ofinden,  in  welchem  sie  1593  herubergeschafll 
wurden.  Üer  jetzige  Bestand  stimmt  ziemlich  genau  mit  dem  vom 
Sekretär  Osnabrück  1591  aufgenommenen  Inventar;  nur  die  auf 
England  bezüglichen  Urkunden  und  Akten  fehlen.  Bezüglich  dieser 
englischen  Sachen  heisst  es  in  dem  genannten  Inventarium :  in  einer 
langwürfigen  mit  schwai'zem  Leder  übci-zogenen,  schlüssigen,  doch 
unverschlossenen  Kapsel  befanden  sich  42  Nummern  englischer  Privi- 
legien und  Aktenstücke,  unter  andern  Pergamente  von  Heinrich  IIL, 
Eduard  L,  Eduard  0.,  Eduard  m.,  Richard  IL,  Heinrich  IV„  Hein- 
rich V.,  Heinrich  VL,  Eduard  IV.,  VertrSge  mit  der  Stadt  London. 
Der  fitnige  Bestand  dieses  Gomtorarchivs  umfasst  etwa  500  Original- 
uikunden  von  1253  bis  1590,  Privilegien,  EVeibriefe,  FriedscUässe, 
ßündnissbriefe,  GeMtbriefe,  Volhnachten,  Zollrollen,  MicthvertiSge, 
Kaufakte  u.  s.  w.,  dann  eine  Reihe  v<m  Privilegienbüchern,  von 
welchen  eines  eine  Kostbarkeit  ersten  Ranges  ist.  Von  den  äbrigen 
Akten  und  gebundenen  Schriftstücken  sind  zu  nennen :  eine  lange 
Hcihe  Bände  hanseatischer  Recesse  und  Rechnungsbücher,  dann 
Briefe  aus  dem  15.,  16.  und  17.  Jahrhundert,  Ordonanzen,  Zoll- 
tafeln, Schossbücher,  Statutenbüc  her,  Prozessliandlungen,  Klagschrif- 
ten, Reglements,  Diarien,  Vertrüge,  Anglicana  u.  s.  w. 

Einen  andern  fremdartigen  Beslandtiieil  des  Stadlarchivs  bilden 
die  bis  in  das  12.  Jahrhundert  hineinreichenden  die  polnische  Abtei 
Landen  betrefÜBuden  UriLunden.  Kfilnisdie  SOhne  hatten  süftungs- 
mässig  ein  Anrecht  auf  die  Stellen  in  dieser  Abtei;  als  das  Kkister 
aufgehol)en  wurde,  brachte  man  die  Urkunden  desselben  nach  Eflbi 
in  Sicheiheit. 


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108 


Ennen: 


Als  durch  den  Bau  der  stthondcn  Schiffbrücke  (1822)  das 
Privilegium  der  Falirgenossen  arlosch,  entschlossen  sich  die  Fahr- 
berechtigten ihr  Archiv  dem  Stadtarchiv  einzaverleibeii.  Eine  andeie 
Bereicberung  erhielt  das  Stadtarchiv  durch  Ueberweisung  einer  nicht 
unbeträchtlichen  ÄnzaM  von  Urlninden  aus  den  Ärchivoi  des  Klosters 
Steinfeld  und  der  Ganonie  in  Weidenbach. 

In  der  firanzOsischen  Yerwaltungsperiode  erhielt  das  Archiv 
wieder  einen  IxKleutendMi  Zuwachs.  Als  Köln  unter  preussiscfae 
Tlci  rscliaft  kam,  fielen  auch  diese  Aklenslüdte  der  Goschichle  an- 
heim.  Die  Akten,  Urkunden  und  Protokolle  wurden  im  Jahre  1819 
vom  Registrator  Imhof  geordnet,  in  ein  besonderes  Inventar  einge- 
tragen und  im  Syndikatsarchiv  aufgestellt. 

Nach  dem  Abgänge  Imhofs  erhielt  das  Archiv  einen  im  hohen 
Grade  fieissigcn  und  gewissenhaften  Bewahrer  in  dem  Obersecrelär 
Fuc  hs.  Derselbe  fand  den  gesammten  Urkunden-  und  Aktenvorralh 
in  sieben  verschiedenen  Abtheilungen : 

1)  Das  Hauptarchiv  im  Erdgeschosse  des  Rathliausthurmes. 

2)  Das  kleine  Syndikatsarchiv,  Un  Gewölbe  neben  der  Wendel- 
treppe im  ersten  Stocke  des  Rathhauses. 

3)  Das  Syndikatsarchiv  Aber  dem  grossen  Saale. 

4)  Das  Archiv  der  französischen  Verwaltungq)Qriode,  in  dem- 
selben Räume. 

5)  Das  Archiv  im  Winterzimmer  des  Syndikats. 

6)  Das  Archiv  der  Freitags-Rentkammer  im  Erdgeschosse  des 
Thurmes,  neben  dem  Hauptarchiv,  und 

7)  Das  Anhiv  der  Mittwochs-Rentkammer  nelien  der  goldenen 
Kainnun-  im  Erd^'eschosse  des  Rathhauses. 

In  den  Jahren  1828  und  1829  stellte  er  übersichtliche  Verzeich- 
nisse der  im  Syndikatssaale,  im  kleinen  Syndikatsgewt31be,  im  Winler- 
zimmer,  in  der  Freitags  -  Rcntkannncr  und  in  der  Mitlwochs-Rent- 
kannner  aulbewalu-ten  Archivalien  zusammen.  Er.sL  1832  kam  das 
Verzeichniss  der  Akten  aus  der  französischen  Verwaltungperiode  zu 
Stande. 

Diese  verschiedenen,  völlig  von  einander  unabhängigen  Repertorien 
konnten  nur  dazu  dienen,  jede  Orientirung  zu  erschweren  und  eme 
klare  Uebersicht  unmöglich-  zu  machip..  Als  im  Jahre  1857  eia 
eigener  Archim  ffir  die  Hfltung  und  neue  Repertorisirung  des  ge- 
sammten aus  der  rcichsstädtischen  Zeit  stammenden  UrkuoÜen-  und 
Aktenvorraths  lierufen  wurde  und  sämmtMche  Archivstucke  beim 


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GeKhichto  d«i  Kdlner  SUdtarehivs. 


109 


Umbau  'des  Rathhauses  in  einen  einzigen  Archivraum  zusammen- 
frcbrachl  wurden,  cnlscliloss  sich  der  neue  Archivar  die  Urkunden  so- 
wohl, wie  die  gebundenen  Schriflslücke,  Akloii  und  Briefe,  nacli 
einem  neuen  System  zu  rubrizireii  und /u  ropei  lurisiren.  Diese  mülie- 
voUe  Arbeit  ist  jetzt  bald  vollendet,  und  werden  in  Kurzem  die  Ar- 
cbivalien  ihre  bleibende  Stalle  in  dem  neugebauten  prächtigen  Biblio- 
thekbau  am  Rathhausplatz  eriialten«  Nfiheres  Aber  Inhalt  ünd  Re- 
pertorisiraiig  des  Archivs  wird  später  folgen. 


IX.    Geschichte  des  Kreisarchivs  in  Speier. 


Von 

Ludwig  Schandein, 
Ic  KndBarehiTar  der  RhdnpfUx. 

Kntstelmnf,'  und  Ausbildmigsgesciiklilc  riiirs  Archivcs  aus  voU- 
zaligom  Schriftwerk  darlegen  zu  köinicn,  ist  wol  v'm  Glück,  welches 
selten  oder  niemals  cinlrifll.  Freilich  wäre  es  eine  Freude,  dem 
Archivbenützer,  der  da  kommt,  sagen  zu  können:  hier  in  diesem 
stattltdien  Bau,  in  diesen  feuerfesten,  lichten  Gewölben  findest  du 
das  ganze,  volle,  geschichtlieh  enifoltete  Leben  der  Rheinpfalz,  wenn 
auch  abgespiegelt  in  Tetgilbender  Tinte;  ja  selbst  die  E^tstehweise 
eines  jeden  Ärchivteiles  kannst  du  eigrönden  sowie  die  Wege,  auf 
wdcfa«!  all'  diese  Dinge  zusammengekammen.  In  diesem  Sale  xdge 
ich  dir  reichhaltigen  Archivalienstoff  Ober  Abstammung,  Herkunft, 
Siedelung  und  Verbreitung  des  pfälzischen  Volkstammes,  über  den 
Gang  seiner  Geschichte  und  sein  Verhältniss  zu  benachbarten 
Staaten ;  ein  folgender  Raum  bietet  Belehrung  über  jedes  der  vor- 
maligen Herrschaftsgebiete,  über  Verzweigung  und  Schicksal  der 
alten  Geschlechter,  Jene  Gelasse  um  fassen  die  Ortschaften  der 
Pfalz  in  ihrer  SoMdergescliichto :  diese  Akfenhündel  erschliessen  das 
Recht  der  Gemeinde  auf  Wald  uiul  Weide  und  Wasser,  jene  das  be- 
wegte kirchliche  Leljcn,  wieder  andere  er/iUen  von  Sitte  und  Brauch 
und  alter  Gewohnheit.  Aus  all  diesen  Blättern  erwächst  dir  end- 
lieh ein  treues,  vollausgestaltetes  Bild  des  pfälzischen  Volkes  hi  Ge- 
schichte und  eigenartigem  Wesen.  Hier  liegt  das  Rcpertoriuro,  eine 


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GMehiehte  des  Krasarehivs  in  Speier. 


III 


wolgegliederfo  Uebersicht  des  ganzen  Archives:  schlage  nur  auf,  und 
alles,  wonach  dich  gelüstet,  ist  au^'enblicklich  zur  Hand.  Willst  du 
aber  der  Urkunden  Inhalt  in  gediiingtem,  erschöpfendem  Ausdruck, 
nun  —  hier  sind  örtlich  und  zeilfulglit  h  peordnel  unsere  Regesten. .  , . 

Also  nähme  sich  aus  das  Mu>leibild  eines  Archives.  Allein 
so  weit  sind  wir  in  Wirkliclikeit  nicht,  werden  so  wTit  auch  nicht 
kommen.  Denn  wo  in  einem  Archive  ist  alles  so  schön  und  so 
vonkomm^  beisammen?  Hier  fdilt  das,  dort  wieder  jenes.  Audi 
nicht  jederzdt  und  jedenorts  hat  man  besondere  Handakten  gebildet 
fiber  die  Bildung  eines  Arehives.  Und  vSre  des  Stoffes  die  sattsamste 
Fülle  Toihanden,  auch  dann  hat  dw  Archivgeschichtschreiber  noch 
Immer  seine  archivalische  Not:  denn  wie  leicht  entzieht  sich  seinem 
Blicke  ein  wichtiges  Blatt,  wie  schnell  entwischt  ihm  —  oft  zwischen 
den  Zeilen  —  ein  unscheinbarer  Vermerk,  der  aber  neues  und  «che- 
res  sagt  über  das  Schicksal  des  zu  behandelnden  Archivteils!  In» 
dessen  reicht  auch  in  der  Regel  nicht  aus  das  eigene  Archiv:  hei- 
mische wie  fremde  Archivalienlager,  Amts-  und  Ortsregistraturen 
müssen  durchsucht,  selbst  Privatbesitz  muss  ausgeforscht  werden. 
Air  dieser  Belielfc  jedoch  habhaft  zu  sein,  dazu  gehört  umsichtiger 
Blick,  ja  sogar  —  eine  glückliche  Hand.  Dem  gewissenhaften  For- 
scher entgehen  diese  Schwierigkeiten  nicht,  er  empfindet  sie  umso- 
mehr  bei  einem  lückenhaften  Archiva  ^ 

Wir  sind  in  diese  Lage  fersetzt:  das  Kreisaichiv  der  Rhehi- 
pfalz  zeigt  empfindliche  LOcken.  Wo  auf  deutscher  Erde  gibt  es 
ein  Stock  Landes,  das  In  kurzen  Zeitl&ufen  so  viel  schweres  erlitten  ' 
als  am  Rhein  die  schöne,  gottgesegnete  E*falz?  Wer  wfisste  nicht 
was  hier  alles  geschah  seit  dem  Ein&Il  der  Franken  —  die  Zeiten 
der  Mcrovingen,  Karlingen,  rhehusdien  Pfalzgrafen,  Staufer,  Weifen 
und  Willeisbacher  hindurch  —  bis  zu  der  Neufranken  letzter  Be- 
.  Setzung  ?  Abgesehen  von  alter  Not  und  Bedrängniss,  was  haben  in 
der  Pfalz  nicht  alles  gethan  der  Bauernkrieg,  die  Reformation  mit 
ihrer  inneren  Wandlung  der  Geister,  der  dreissigjärige  Krieg  mit 
seinen  tiefeingreifenden  äusseren  Folgen?  Was  nicht  alles  vernich- 
tet die  französischen  Kriege  bis  zur  gänzlichen  Verwüstung  der  Pfalz 
im  Jare  1089?  Besitz  oder  Vernichtung  der  Pfalz!  das  war  des  aller- 
christlichsten  Königs  unchrislliche  Losung  —  und  seine  Franzosen, 
des  Anstandes  gepriesene  Muster,  zeigten  sich  des  Machtgebotes  Toll- 
konunen  wOrdig.  Die  herrlichsten  Baudenkmäler,  der  Dom,  die 
Kirchen,  —  die  Bilder,  die  alten  Handschriften  —  Zeugnisse  pfölzi- 


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112 


Sehanddn: 


sehen  SthafTcns,  der  Ruhm  unscror  Vorzeit  —  das  alles  wurde  zer- 
trümmert, zorsclilagon,  oder  geraubt  und  nach  Frankreich  vcrsrliloppt.. 
Kein  lierrschaltlichcs,  kein  Stifts-  oder  Klosterarcliiv  war  vor  Be- 
schädigung siciier.  So  wurden  die  Schriften  des  Kammergerichtes 
in  Speier,  dann  das  Stadtarchiv  in  138  Kisten  nach  Strassburg  ver- 
bracht; das  Archiv  des  Domstifles,  seine  Bücherei,  seine  Kleinodien 
u.  s.  w.  aus  Zeitmangel  nicht  geflüchtet  nach  Mainz,  sondmi  nach 
PhQippsburg  bei  Bruchsal.  Anderes  Schriftweik  fi^  vielleicht  heute 
noch  in  Frankreich  an  unbekannten  Orten  als  uneikanntes  ver- 
borgen. Endlich  nach  hundert  Jaien,  ein  Nachhall  dieser  Gteoel,  hat 
die  französische  Revolution  in  ihrer  Weise  die  Verwüstung  vollendet. 
Was  noch  gerettet  dastand,  erlitt  jetzt  beträchtlichen  Schaden,  vor^  - 
nämlich  die  herrschaftlichen  Archive  vonwegen  der  altüberkommenen 
Rechte  des  Adels.  Auch  hier  vielfache  Vernichtung  oder  Raulx 
Noch  vor  wenigen  Jaren  sei,  so  hörte  man,  zu  Paris  in  der  kaiser- 
liclicn  Bibliothek  gelegen  eine  ganze  Reihe  rheinpfälzischer,  insbescm- 
dere  auf  die  Grafschaft  Leinitigen  bezüglicher  Urkunden.  — 

Wie  überall  in  Deutschland  war  auch  auf  pfälzischem  Boden 
die  Hechtspflege  in  erster  Zeit  mündlich.  Das  besagt  uns  die  grosse 
Reihe  pftdzischer  Weis-  und  RcH^hlsaltertümer,  deren  Inhalt,  an  be- 
stimmten Dingtagen  verlautbart,  erst  späterhin  zu  schriftlicher  Auf- 
zeichnung kam.  Mit  der  zunehmenden  Bildung  des  Volkes,  mit  dem 
mebrbewegten  Verkehre,  mit  der  hieraus  entsprungenen  VervielMigung 
nicht  nur  der  Rechtsbedflrfoisse,  sondern  aller  Lebensanliegenheiten 
musste  sich  unausbleiblich  verbinden  die  schriftliche  Fassung  der 
Rechtsvertrige,  mochten  diese  Grund  und  Boden  betreffen  oder  per- 
sönliche Ltistung.  Also  entstand  nach  und  nach  eine  Masse  von 
Urkunden  vielföltigsten  Inhalts.  Als  verbriefte  Zeugnisse  des  Rechtes, 
zugleich  als  treue  Schriftmaler  des  Zeitlel)ens  Wurden  diese  Urkunden 
zunächst  von  Stiftern  und  Klöstern ,  dann  voif  den  Rechtsbeteiligten  « 
gesammelt  —  und  in  un zu jrän glichen  Räumen  niedergelegt. 

Archive  als  Sondoranstalten  haben  in  der  Pfalz  sich  erst  aus-  - 
•  .  gebildet  mit  dem  Beginne  des  15.  Jarhunderts.  Durch  König 
Ruprecht's  Teilungsvertrag  entstehen  seit  1410  die  beiden  Ilaupt- 
gebiete  der  rheinischen  Pfalz :  Kur|)falz  und  Herzogtum  Zweibriicken, 
ein  jedes  unter  eigener  Landeshoheit.  Es  konnte  nicht  fehlen  — 
die  Familienzwiste  wurden  unvermeidlich.  Sie  arteten  aber  aus  in 
gegenseitige  heftige  Befehdmig  um  Erweiterung  der  Landesgränzen, 
um  Stärkung  der  fOtstUchen  Hausmacht',  lyn  Einfluss  auf  Deutscfa- 


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Geschieht«  des  Kreinrehivs  in  ^>eier. 


113 


lands  politische  Lage.  Bald  war  das  eine,  bald  das  andere  Adds- 
geschlecht ,  bald  diese  oder  jene  Grfinzberrscfaaft,  bald  wieder  ein 

*  auswärtiger  Staat  mit  in  diese  Fehden  verwickelt.  Daher  eine  unauf-  . 
liörliche  Verrückini«,'  des  Besitzstandes,  demzufolge  auch  die  jedes- 
malige urkundliche  Sicherung  der  eingeräumten  Rechte  wie  der  ein- 
gegangenen Pnichton.  Somit  mehrten  sich  auch  in  der  Pfalz  die 
Archive  an  Zal  wie  an  Umfang,  und  kaum  eine  hervorragende 
geistliche  oder  weltliche  Herrschaft,  die  nicht  ein  eigenes  Archiv 
unter  Verwaltung  eines  eigenen  Heamten  aufzeigen  konnte. 

In  den  wechsclvollen  Stürmen  der  Zeit  wurden  bekanntlich 
unsere  Archive  oft  und  hart  mitgenonunen.  Nicht  aber  von  allen 
gdit  bestimmte  Nachricht  Eines  der  beklagwertesten  Beispiele  liefert 
das  schöne,  sehr  umf&n|^icbe  herzoglicb-sweibrüclLener  Aidüv. 
Von  dessen  Schicksalen  sind  wir  veiMltnissmSssig  noch  am  besten 
uiterrichtet.  Nach  J.  H.  Bachmann's  Angaben  umfasste  dassdbe: 

die  gräflich-zweibrücl^ener  Haasurkunden,  deren  grMer  Teil 
—  da  Im  hanau-lichtenberger  Archive  ta  Buchsweiler  hieron  niefafts 
befindlich  —  vermutlich  in  Bitsch  vi^blieben  und  dann  in  das 
lothringen'scbe  Archiv  zu  Metz  gelangt  ist; 

die  Urkunden  der  oberen  und  unteren  Grafschaft  Veldenz 
auf  dem  Schlosse  Lichtenberg  (bei  Kusel),  auf  dem  Schlosse  Veldenz, 
dann  in  Meisenheim  :  nach  der  V'ercinigung  der  ganzen  Grafschaft 
kamen  die  Archivalien  an  Herzog  Ludwig  den  Schwarzen,  gingen 
inzwischen  aber  teilweise  verloren; 

die  sponheimer  l'rkiuuien  der  vordem  und  hintern  Grafschaft 
wurden  vervvart  auf  Schloss  Kauzelberg  (bei  Kreuznach)  und  auf 
Schloss  Gräfenburg  (bei  Trarbach),  jedoch  mehrmals  getrennt  und 
wieder  vereinigt  Die  luntergrafschafOtdie  Urkundengruppc,  zur  Zeit 
der  firanzfisischen  Reunion  von  Gräfenburg  wcggeflfichtet,  gelangte 
nach  siebenzig  Jaren  nach  Zweibrficken  und  winde  geteilt  zwischen 
*   PCedz-Zweibrficken  und  der  HarkgraDschaft  Baden; 

das  Archiv  der  erkMchenen  pfalz-veldenzer  Linie  lag  zu 
Strassburg  im  Hotel  des  1694  daselbst  verstorbenen  Grafen  Leopold 
Ludwig  unter  dem  Siegel  des  Königs.  Durch  Teilung  vom  Jare 
1737  erliielt  Kurpfalz  die  Urkunden  der  Oberämter  Veldenz  und 
Lauterecken,  das  übrige  gelangte  1742  nach  Zweibrücken. 

Das  eigentliche  herzogli  ch-zweibrücken'sche  Archiv  begann 
mit  der  Teilung  des  Königs  Ruprecht.  Au?  dem  kurpfülzischen  Archive 
erhielt  Herzog  Stephan  die  Haupturkunden  über  die  ihm  zugefallenen 

AreMvallMli«  SaHtPlirin.  II.  8 


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114 


Schandein: 


Lande.  Alles  übrige,  was  das  pfote-baierische  Gesammthaus  oder 
den  pfUaschen  Hanptast  betraf,  blieb  im  Ärcbive  zu  München. 

Schon  frühor,  "[op'i^n  Kiido  des  16.  Jarhunderl.-^  orlilf  d:is  zwd- 
brüekener  Archiv  vielfachen  Verlust.  Herzog  Johannes  1.,  der  wissen- 
sciiafllicli  strebsame  Fürst,  der  mit  eigener  Hand  eine  Reihe  von  Ver- 
zeichnisshändeii  niodorge>rhriebL'n .  war  utii  de.-^  Vrrmissten  Wioder- 
pewinmitik'  eitrig  bemülil.  Doch  da^^  rnfrhu  k  wollte  nicht  enden.  1014 
wurde  dii'  im  Kloster  Wörschweiler  vorwarte  l'rkundenmasse  ein  Wanh 
der  Flaiiiiuen  ;  die  Urkunden  de?  Klosters  Marienstein,  von  einem 
zweibrückener  Superintendenten  verwaltet,  sind  im  dreissigjärigen 
Kriege  spurlos  verschwunden;  und  Kloster  Hornbach  ging  durch 
dahin  abgesandte  Mdnche  seiner  Urkundenscbfttze  Terlustig.  Viele 
zweibrückener  Archivalien  hatten  nach  Hetz  sich  verirrt,  allein  auch 
hier  war  sp&terhin  nicht  viel  zu  finden.  Wie  der  zweibrückener 
Eammerdirektor  König  (1683)  berichtet,  standen  im  dreissigjängen 
Kriege  (1636)  die  Pferde  der  Kaiserlichen  hn  Gemache  der  »Rechen- 
kammerc  auf  den  kniehoch  auf  dem  Boden  umherliegenden  Akten, 
Registern  und  Rechnungen.  Im  Jare  1677  wurden  von  hier  aus  alle 
Akten  in  die  Bibliothek  geflüchtet,  ist  jedoch  in  diesem  »Heumagazin 
der  Kaiserlichen«  das  meiste  verdorben.  Wol  hatte  die  schwetlische 
Regierung  manches,  zumal  das  nach  Frankfurt  geflüchtete  Material 
wieder  gerettet,  allein  zu  dessen  Ordnung  fehlte  es  an  Raum  wie  an 
sachverstandigen  Leuten.  Uebrigens  begann  unter  Herzog  (iustav's 
Regierung  die  Aufstellung  der  Akten  mit  Ausnahme  der  Urschriften. 
Erst  unter  Glu-istian  IV'.  erhob  sich  ein  eigener  Archivbau,  der  in 
sich  auftmhm  alle  bisher  zerstreuten  Archivalien,  nämlich  die  aus  dem 
KirchengewOlbe,  dem  alten  Schlosse,  dem  alten  Münzbau,  und  etlichen 
Privathftusem;  tetnep  die  Ardiivalien  aus  Bischweier,  Strassbnrg, 
Rapolzweiler,  Tsenburg;  nicht  minder  den  pfiaüz-zweibrückener  Uikun- 
denanteil  an  Sponhehn  und  Veldenz.  Endlich  wurden  diese  Schrift- 
sachen vom  herzoglidi-zweibräcken'schen  I.  Archivarius  und  Geheim- 
rath J.  H.  Bachmann  in  planmässige  Ordnung  gebracht.  Verschie- 
dene in  Metz  auf  der  Zitadelle  gelegene,  dann  in  das  »Palais«  ge- 
brachte zweibrückener  Akten,  zu  deren  Aufnatime  Bachmann  im 
Jare  17r)5  abgeordnet  worden,  scheinen  trotz  aller  Bemühung  nicht 
zuriick^^ekoinnien  zu  sein. 

Das  kurpfälzische  Archiv  hat  sich  gebildet  zunächst  aus  den 
Urkunden  der  Pfalzgrafen  am  Rhein  und  der  die  Pfalz  besitzenden 
baierischen  Fürsten.  Doch  erst  nach  1410  beginnt  unter  Ludwig  HI. 


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Geaehiehte  d«s  Knisarchivs  in  Speier. 


115 


ein  eigenes  Archiv  der  Kurpfalz.  Nach  der  Kurlinie  Aussterben  fiel  die 
Rheinpfalz  an  die  simmern'sche  Linie  und  wurde  endlich  (1777)  mit 
den  baierisc'lien  Landen  wieder  vereinigt.  Je  nach  Wechsel  und 
Wichtigkeit  dieser  Vorgänge  richtet  sich  auch  der  Umfang  dieses 
Archives.  Doch  über  Entstehun<(,  Warhstniii,  Lagerung  und  Ein- 
richtung, wie  endlich  über  die  nälieren  Schicksale  kurjifälzischer 
Archive  Hiessen  «lic  Nachrichten  nicht  so  reichlicii  wie  bei  dem  von 

m 

Zweibrücken.  Gleichwol  haben  aucii  jene  nur  allzuvielen  Scliaden 
genommen.  Mehrmais  und  arg  verwüstet  wurde  das  Schloss  zu 
Heideiberg  wie  die  Stadl;  der  späteren  kurfürstlichen  Residenz  in 
Ma?mhftim  erging  es  nieht  beesor.  bi  Heidelberg  befknd  skii  das  Jarchhr 
der  »GeisUichenGütenrerwaliangc  mit  ihren  anegeddmteii  Bezidimigen 
im  ganzen  Umfang  der  Pfelz,  sowie  das  der  am  linken  Rhemufer 
reichbegüterten  UniTersit&t;  in  Mannheim  der  kurpftlasebe  Lehen- 
hof, sowie  eme  ausserordentliche  Menge  tod  Verwaltungs-  und  Justi- 
zialakten.  Gleiche  Verwüstung  traf  auch  Frankenihal,  die  dritte  kur- 
pfalzische  Flauptstadt,  nicht  minder  verschiedene  Ober-  und  Unterämter 
der  Pfalz.  Und  dennoch  ist  zu  verwundern,  dass  angesichts  einer 
so  allgemeinen  Bedrangniss  des  Archivmateriais  nicht  noch  mehr 
zugrunde  gegangen. 

Was  nun  die  anderen  kleineren  Hcrrschaftsarchivc  betrifft, 
so  hatten  sie  fast  sänmitlich  ein  gleiches  Geschick.  iSdion  in  früheren 
Kriegen  verstreut  wurden  sie  noch  weiter  geschädigt  —  teilweise 
vernichtet  teilweise  gellüclitet,  und  das  Gellüehtete  selbst  verlor 
seine  Spur.  All'  diese  Vorgänge  vereinzelt  zu  schildern,  würde  als 
unansweichbare  Wiederholung  den  Leser  ecmüden.  Allein  unerlftsslicfa 
erscheint  es,  jetzund  sfimmtlicbe  Herrschaftsgebiete  der  Pfalz,  wie 
sie  bis  zum  Jare  1792  bestanden,  in  emem  Uefaerblicke  wenigstens 
namhaft  zu  machen.  Sie  heissen: 

A.  BdcliBstSndische  Territorialliemchafton. 

1.  Kurfürst  von  der  Pfalz.  Oberämter:  Neustadt,  Gav 
mershcim,  Lautern;  Teile  zu  Alzei,  Kreuznach,  Lauterecken;  — 
Stadl  Frankenlhal.  Hiczu  noch  die  mittelbar  ritterschaftlichen  und 
andere  Herrschaften :  von  Reibeidt,  von  Wieser,  von  Oberndorf,  von 
ilundlieim,  von  Dalberg,  Domprobstei  Worms,  Universität  Heidelberg, 
geistliche  Administration  Heidelberg,  St.  Martinsstift  in  Worms. 

2.  Herzog  von  Zweibrücken.    Oberämter:  Zweibrücken, 


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il6 


Sehandon: 


Homburg,  Bergzabern,  T<üt'  zu  Lichlcnl}crp  (Kupol),  Moiponbeim. 
Aemlor:  Guitonberg,  Ilnj^enbach.  Iliczu  die  niiltelbar  rillorschafl- 
lichen  Herrscbaflen :  von  (latbcart.  von  Scbnrrenburg,  von  Kolknbacli. 

3.  Hoclistift  Spei  er.  ÜljtTanit  Kirrweiler  und  Teil  von 
Lauterburg.  Aenilur:  Edesbeini.  Deideslieiin ,  Marieniraut.  Maden- 
burg, Dabn,  Teile  von  Allcnstatil  und  Sl.  Reniy.  iiiezu  Doinkapilel 
Speier  und  St.  Guidostift  in  Spcier. 

4.  Landgraf  von  Hessen -Darmstadt  Amt  Lemberg 
(zur  Grafschaft  Hanau-Licfatenbeii;). 

5.  Markgraf  von  Baden.  Herrschaft  Grävenstein,  Amt 
Rhodt,  ein  Teil  zum  Oberamt  Karlsruhe. 

6.  Fürst  Ton  Nassau-Weilburg.  Aemter:  Kirchheim 
und  Alsenz. 

7.  Fürst  von  N  as  sau  -  Sar  h  rüclten.  Teile  zur  Abtei  Wad- 
gassen und  zur  Ilerrsrbafl  ( Utweiler. 

8.  Fürst  von  Lein  in  gen  (Daf!:?])nrg)  —  Harten  bürg. 
Herrschaften  Harteribuig  utui  Liiidelbrunn  (Fiilkenburg).  9.  (Jraf 
von  Lein  ingen  (Dagsbu  rg)  -  G untersb lu m.  10.  Graf  von 
Leiningen  (Dag  sb  urg)  -  Hei  deshe  im.  11.  Graf  tou  Lei- 
ningen-Westerburg-Altleiningen. 12.  Graf  von  Lei- 
ningen-Westerburg-Neuleiningen. 13.  Graf  Yon  Fal- 
kenstein. 14.  Wild-  und  Rheingrafen  von  Grumbach. 
15.  Hochstift  Worms.  Amtskellereien  Dirmstein  und  Neuhau- 
sen. 16.  Freie  Reichsstadt  Speier. 

B.  Bfliehsminiitlelbare  Tenitorialliflimchaftea. 

17.  Grafen  von  der  Leyen.  Herrscbaften  Bliesl(aslel  (Ober- 
amt), Münciiweiler  (am  (ihm),  Olterbacii,  Burweiler.  18.  Grafen 
von  S  i  c  k  i  n  g  e  n  -  S  i  c k  i  n  g  e  n.  Landstul  (Kleingericht) ,  Ami 
Sehalodenbadi;  EHerstadt  und  Asdibacher  Hof.  19.  Grafen  von 
Sick  in  gen -Hohenburg.  Landstul  (Grossgericht).  20.  Herren 
von  Reipoldskirchen.  (Färstin  und  Fürst  von  Ysenburg  mit 
Grafen  Hillesheim).  21.  Ffirst  von  Ysenburg.  22.  Graf  von 
LAwenstein- Wcrthcim.  23.  Freiherr  von  Haacke.  24. 
Grafen  von  Wartenberg.  25.  Freiherren  Schenck  von 
Waldenburg.  Herrschaft  Barbelstetn.  26.  Grafen  von  Sayn- 
Wittgenstein. 


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Gesdiicbie  des  Kreisarchivs  in  i>i>eier. 


117 


C.   Isolirie  unmittelbare  Besitzungen 
a.  reiciigritlerschaftlicber  und  anderer  adeliger  Dynastien. 

27.  Freiherren  von  Dalberg.  28.  Grafen  von  Degen feld- 
Schomburg.  29.  Freiherren  von  Esebeck.  80.  Freiherren  Yon 
Färstenwärther.  31.  Freiherren  von  Gemmingen.  32.  Frei- 
herren von  Hallberg.  33.  Freiherren  Vogt  von  Hunoltstein. 
34.  Freiherren  von  Kerpen.  35.  Freiherren  von  (Handeck)  I^oi^'ers- 
berg.  36.  Freiherren  Kckebrecht  von  Türkheim,  37.  Frei- 
lumn  von  Wallbrunn.  38.  Freiherren  von  Wambel d.  39.  Grafen 
von  Wieser. 

b.  geistlicher  und  weltlicher  Korporationen. 

40.  Deu  t  sch  herr  en  -  Orde  n.  41.  Johann  Ii  er -Orden. 
42.  St.  Sebastiansstift  in  Blitskaslel.  43.  Geraidegenossen- 
schaften (Dorfgemeinden  aus  verschiedenen  ^rrschaftsgdDieten). 
44.  Fremde  Souverfinitäten :  König  von  Franicreich. 

Hier  sind  miter  Gemeinherrschaften  die  Nummern: 

1 . 2  (Schiersfeld);  1 .  8  (Pflege  Hassloch);  1 . 8 . 37  (Franken- 
stein, Hochspeier,  Horschbach);  1.3  (Duchroth  und  Obtthaasen); 
1 .  35  (Hannweiler);  2  . 13  (Stolzenbergerthal);  3  .  25  (Herrschaft 
Dahn);  4.18  (Hoclieinöd  und  Thaleischweiler,  jedoch  1791  wieder  ge- 
teilt); 6  .  8  .  10  (Steinbach);  7  .  17  .  40  .  42  (Eschringen);  11  .  12 
Orünsfadl):  14  .  21  (Niederkirchen);  17  .  42  (BUesmengen-Bolchen) ; 
18.19  (Liindstu)):  20.21  (Rudolfskirchen). 

Warlicli  auf  oinem  Raiiino  von  etwas  über  100  Geviertmeilen  eine 
überraschende  Hoiho  vuii  grossen,  kleinen  und  kleinsten  Herrschafts- 
jrobieten!  Und  jedes  Gebiet  nicht  einmal  in  umschlossener  Hcgränzung, 
nein  —  sie  liegen  vielmehr  in  lauter  Trümmern  wirr  durciieinander 
gewürfelt.  Trägt  mithin  ein  jeder  Gebietsteil  die  ihn  kennzeichnende, 
selbeigene  Farbe,  so  wird  die  geschichtliche  Karte  der  Pfolz  der  bunt- 
scheckigste Teppich.  Aus  solchem  vielarUgran  Bruchwerk  hat  die 
heutige  Rheinpfals  sich  zusammengelegt,  und  jedes  Landesstfick  hat 
wiederum  seine  eigene  Geschichte,  mehrenteOs  seine  eigenen  Gesetze 
und  Vm)rdnungen,  seine  eigene  Lebenskultur.  Eine  »Geschichte  der 
Rheinpfalz«  also  zu  schreiben,  eine  Geschiclite,  welche  über  dem 
besondem  nicht  das  hervortretende  einlieitliclie  Wesen  des  ganzen 
Volkstammes  veri^t  —  das  ist  Ireilicb  eine  Aufgabe,  welche  tiefein- 


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118 


Schaitdein: 


gdicnder  Studien  bedarf  —  eine  Aufgabe,  wclclie  auch  niciil  sobald 
und  so  leicht  gdfist  werden  dfirfte. 

Diese  viel-  und  feinverzweigte  Gliederung  des  Udnen  Landes, 
ob  für  die  Forschung  auch  rdzend,  wurde  am  Ende  doch  etwas 
Iftstig  fOr  den  freien  Verkehr.  Milich  und  mfichtig  regte  sich  Im 
Vollme  der  Zug  nach  politisclier  Einheit,  all'  diese  Hemmnisse  einmal 
fallen  zu  sehen  ward  allgemeiner,  einziger  Wunsch  . . .  Und  sie 
fielen  diese  Sohra  nkon  —  sie  fielen  urplötzlich  im  Strudel  der  fran- 
zösischen Revolution 

Seit  1792  wurde  dio  Pfalz  von  den  Franzosen  stückweise  er- 
obert. Die  Häupter  dos  iifrd/,is<'lien  Adels  hallen,  -oweit  es  noch 
ging,  das  Wertvollste  ihrer  An  luve  geflüchtet.  Die  bekannte  »Gripp- 
kommissionc  liess  plündern,  fast  niclits  blieb  unverschont.  Archiv- 
material  wurde  zum  Feueranlegen  verwendet,  ein  um  das  andere 
Archiv  stand  alsheld  in  Flammen.  Heben  wir  nur  einiges  heraus. 
Das  läningen^sche  Archiv  in  Dürkheim,  welches  sdion  vor  1700 
nach  Frankreich  verschleppt,  jedoch  wieder  zuräckgeleitet  worden,  hatte 
anfangs  1704  durch  die  Franzosen  unendlich  zu  leiden.  Fürst  Karl 
flüchtete  über  den  Rhein  —  und  seinem  Archiv  ist  es  übel  ergangen  — 
fast  alle  herrschaftlichen  Pajiiere  wurden  im  Hofe  verbrannt,  ein 
anderer  Teil  nach  Sfrassburg  uus^'cliefert.  Ein  gleiches  geschah  dem 
leiningen'schen  Archive  zu  Ilartenburg.  —  hi  Grünstadt,  dem  Wohn- 
sitze der  Grafen  von  Leiningcn-Weslerburg,  hausten  im  Runde  mit 
einlieiuiischeni  Gesindel  die  Republikaner  noch  ärger.  Trotz  ilircs 
va?8öhnlidieo  Sim^  wurden  die  anwesoiden  Grafen  fcstgenommm, 
nicht  aber  voigemachtmnassen  über  dea  Rhein,  sondern  über  Landau 
und  Strassburg  nach  Paris  abgefOhrt,  und  kamen  erst  1796  wieder  zu- 
rück. Em  leiningen'scher  Verwalter  namens  Parcus  beraubte  das  Archiv 
und  nahm  die  in  der  Kanzleiregistratur  hinterlegten  Gelder  hinweg. 
Wiedci-um  wurden  viele  Archivalien  nach  Frankreich  vpr^^clilepitf .  — 
Nicht  anders  in  Leiningen-Heidesheim  u.  s.  w,  —  Mit  dem  Archive 
dos  Grafen  Wilhelm  von  Sickingen-Sickingen  ging  es  jedoch  nicht  so 
leicht.  Dieser,  wol  das  hartnäckigste  der  adeligen  Häupter,  übergab 
seine  Besitzungen  nur  gegen  entsiirochondo  Entschädigung.  S(Mn  sehr 
reiches  Archiv  ülxM-siedolte  der  Graf,  in  Mannheim  unbedeutende 
Kanzleiakten  zurücklassend,  anfangs  der  neunziger  Jarc  nach  Wien, 
und  schwerlich  gelangte,  wie  man  vermutet,  dasselbe  1798  wieder  nach 
Mannheim  zurück,  wo  es  verblieben  sein  soll  bis  1828.  Sicherlich 
kamen  sickingen'sche  Archivallen  nicht  nach  Mainz  in  das  Depar- 


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Geschieht«  des  Krdtwrchivs  in  Speier.  119 

■ 

temcntalarchiv,  und  ist  heute  unser  Kreisaicbiv  mit  solchen  nur 
sehr  spftrlich  bedacht.  Das  Archiv  der  Linie  Sickingen-Hohenburg 
befiuid  sich  hingegen  in  Freiburg  im  Breisgau  und  wurde  ohne 
Zweifel  mit  dem  dortigen  Archive  der  vorderösterreichischen  Regie- 
rung geflüchtet  nach  Wien.  —  Ein  sehr  hartes  Schicksal  traf  auch  das 
Archiv  der  Grafen  von  Falkenstein  am  Donnersberg;  es  wurde 
grösstenteils  auf  der  Strasse  verstreut  und  nur  weniges  wurde  ge- 
rettet.   Weiteres  werden  wir  später  erlaren. 

Das  eroberte  Land  stand  anfanglich  pranz  unter  rnilitiirisclier 
Herrschaft:  bald  deutsche,  bald  französische  Beselzun«,^  einzelner  Ort- 
schaften. Daher  auch  die  Behörden  noch  gemisclite,  jedoch  mit 
Beseitigung  der  bisherigen  Fürsten.  Erst  i797  ist  die  Pfalz  fest- 
eing(^liedet  in  das  stramme  französische  Regierungssystem.  Nach 
einander  wurde  die  Landeseinteilung  geändert  unter  verschiedener 
Form  der  Verwaltung  bis  (1801)  zur  endgiltigen  Veretoigungr  der  vier 
rheinischen  Departemente  mit  Frankreich.  Jeder  amtlichen  Behörde 
ist  nunmehr  Kreis,  Richtung  und  Weise  ihres  Wirkens  durch  Gesetz 
genau  vorgezeicbnet. 

Auch  des  A  r  c  Ii  i  v  w  e  s  e  n  s  wird  Vorsorglichermassen  gedacht. 
Seit  1789  bis  1813  eine  fast  ununterbrochene  Reihe  von  Gesetzen 
und  Verordnungen  über  Errichtung,  Einrichtung  und  Verwaltung 
der  öffentlichen  Aktendepots,  sowie  über  Gattung  und  hihalt  der 
aufzubewarenden  Dokumente.  Neue  Gesetze  indessen  werden  Be- 
dürfniss  für  die  Verwaltung  der  Departemente  oder  Distrikte,  deren 
Archive  die  Feinde  der  Republik  beschädigt  oder  eingestampft  liaben. 
Lange  jedoch  bedurfte  es  nicht  dieser  französischen  Vorsorglichkeit 
für  Archivwesen,  denn  nach  der  Schlacht  bei  Leipzig  (Oktober  1813) 
rückten  die  verbündeten  deutschen  Truppen  (anfangs  1814)  über 
den  Rhein  und  besetzten  das  von  den  Franzoeen  eroberte  deutsche 
Landesgebiet.  Mit  diesem  überraschenden  Wechsel  der  Dinge  nimmt 
auch  der  Stand  unserer  archivalischen  Angelegenheit  dne  andere 
Wendung. 


Inhaltlich  der  l)eiden  pariser  Friedensverträge  vom  30.  Mai  1814 

und  vom  20.  November  1815  sind  mit  den  ero})erte!)  Landesj^ebieten, 
welche  Frankreich  an  Deutscliland  zurück^'ibt,  zugleich  auszuliefern 
auch  die  dazu  gehörigen  Archive  und  Aklendepots.  Zur  Vertretung 
der  deulsclien  Interessen  wurde  geeignete  Vorkehr  gelroilen.  Für 


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120 


Schandein : 


das  Land,  welches  vom  Generalgouvernement  des  Milteliiieines  los- 
gelfist  wiMrden  —  nämlich  fOr  das  ganee  Donnosbergdepaiiement 

und  die  auf  dem  rechten  Hoselufer  gelegenen  Teile  der  Departemente 
der  Sar,  wie  des  Rheins-  und  der  Mos«  1  —  bestand  seit  16.  Juni 
1814  in  Kreuznach  die  »Gemeinschafllitli  osterroichische  und  baierische 
Landesadminislratioru.  Zu  diesen  Landesfcilon  sind  noch  später 
gpkoniincn  der  ganze  Kanton  Dahn,  einige  Genieinden  aus  den 
Kantonen  Landau  und  Bitscli  und  ?ol(  lic  aus  dem  niederrheinischen 
Departement.  Endlich  —  nach  Zuteilung  einiger  preussischen 
Landesstücke  an  das  Generalgouvernement  des  Niedmfaeines  — 
übersiedäte  die  Landesadministratlon  (5.  Juni  1815)  von  Kreuznach 
nach  Worms. 

Der  Vollzug  dieser  massenhaften  Archivahenruckgabe  war  in 
der  Thai  dn  schweres  Siöck  Arbeit  Dem  ganzen  langen  Verlauf 

dieser  Archivalienbewegung  bis  in  die  feinsten  Gänge  zu  folgen  ist 
niclit  wol  Ihunllch,  gewi?-  am  h  dem  Leser  nicht  besonders  genehm. 
Und  dennoch  orsrhoinl  dieses  Getriebe  nicht  ganz  ohne  Reiz;  gowärt 
es  ja  neuen  flinlilirk  in  die  Verhältnisse  der  Zeit,  aucli  in  die  Kunst 
und  die  Feinheiten  einer  mit  sich  rechnenden  fremden  Verwaltung. 
Nun  als  zuniich>t  und  vorwiegend  bei  dem  Gang  der  GeschatXe 
beteiligt  kommen  in  Betracht: 

A.  Die  Dcpartementspräfekturen:  L  des  Donnersberges 
zu  Mainz;  II.  der  Mosel  zu  Metz  —  nebenbei  der  Sar  zu  Trier, 
sowie  des  Rheins-  und  der  Mosel  zu  Koblenz;  in.  des  Niedeirheines 
zu  Strassburg.  B.  Archive  und  Registraturen  in  Baiern,  in 
der  Pfalz  und  im  übrigen  Deutschland. 

Zur  Vollzugsüberwachung  wurde  in  Paris  aufgestellt  eine  eigene 
deutsche  Kommission,  bei  welcher  Baiern  vertrat  der  Liiiui  lations- 
kommissär  van  Recum.  zugleich  boanflragf  mit  den  Anlicgenlieiten 
des  Grosslierzoglunis  Hessen.  Zudem  waren  um  Rücklcitung  der 
sonst  noch  entkommenen  Archivalien  unablässig  bemüht  die  inlän- 
dischen Aemter  mid  Stellen. 

A.  Departementspräfekturen. 
I.  malnz. 

bei  weitem  grössere  Teil  der  heutigen  Rheinpfalz  gehörte 
zum  Donnersbergdepartement.  Den  HauptknotenpunlLt  dieser  Archi* 


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Geschichte  des  Kraiaarehivs  in  Speier«  121 


valiciilxnvogung  bildet  Mainz.  Doch  zuvor  einen  Rrickl)rK  k  auf  diMi 
Stand  des  dortigen  Arcliivwesens.  Neben  den  Departeiiientsarcliivalien 
fanden  sich  auch  noch  sonstwie  verirrte  Archivleile.  Archivar  war 
ein  idtercr,  kränkelnder  Mann,  der  or>t  später  aus  höherem  Auf- 
trage eine  bloss  allgemeine  Verzeichnuu«:  dieser  grossarligen  Masse 
zustande  brachte.  Gleichermassen  geschali  es  mit  des  Präfektur- 
archives  Verzeidmung.  Ordnung  und  Aufsicht,  überhaupt  die  ganze 
ArdüTteitung  war  gerade  so  musterhaft  nicht:  denn  alle  Parteien 
hatten  fast  zwangtosen  Zutritt. 

Hierüber  berichtet  ans  Mainz  der  RheinschifEeurtskcinmissir 
T.  Nau:  es  seien  nach  E^nkfbrt  a/M.  grosse  Aktenstösse  zentner- 
weise gewandert,  hierunter  allerdhigs-  auch  unbrauchbares  Papier. 
Eine  Masse  von  Archivalakten  eni(^ng  der  Rechtsanwalt  Dufour 
in  Mainz;  ob  alles  wieder  zurückkam,  wer  will  es  behaupten?  Völlig 
freien  Eintritt  in  das  Archiv  liatte  vor  allen  Professor  Fr.  J.  Bod- 
mann,  der  bekannte  Geschichtsforschor  und  AHertumsfreund,  zugleich 
befreuiidot  mit  dem  Üepai  temeiitspräfekten  Jcanhon  St.  Andree: 
was  gefiel  wurde  mit  nach  Hause  genommen  und  zwar  oiine  Empfang- 
schein. Das  Wenige  was  wieder  kam  war  aber  vel^^tümmeit,  öfter 
seiner  Siegel  entledigt.  Von  seinem  Schutzherrn  empfolilen  reiste  Bod- 
mann  über  Spcier  nach  Strassburg  und  brachte  von  hier  aus  einige 
grosse  fisten  mit  Urkunden  nach  Mainz.  Das  alles  hat  eidlich  be- 
stätigt der  dortmalige  pflichttreue  Archivwärter  6.  Ludwig  Pfeifer, 
wekher  sodann  auch  m  Speier  als  emm  ebenso  treuen  wie  teauch- 
baren  AichiTdlener  sich  bewärt  hat.  Der  von  der  baierischen 
Regierung  desshalb  angestrebte  Prozess  wurde  aber  dadurch  ge- 
schlichtet, dass  Bodmann's  Erben  freien  Verzicht  thaten  auf  ihren 
reichlichen,  mitunter  sehr  kostbaren  Urkundenschatz.  Dies  nur  ein 
Beispiel  von  dortmaliger  Sorglosigkeit. 

Noch  1824  beklagt  Ix^richtüch  Archivar  Gayer  in  Speier  den 
vernachlässigten  Zustand  der  mainzer  Archive,  woher  auch  im  Kreis- 
archive der  Pfalz  die  vielerlei  Lücken,  zumal  in  den  herrschaftlichen 
Gruppen.  Auch  die  unter  französischer  Verwaltung  vollfnhrten  Aus- 
sclieidungen  in  den  rechtsrheinischen  Archiven  waren  äusserst  unvoll- 
ständig. Die  Konmiissäre,  lediglich  Domänenlxii inten,  hatten  bei 
all'  ihrer  Fachkundigkeit  doch  nur  den  augenblicklichen  Vorteil  ihrer 
Verwaltung  im  Auge,  nicht  einmal  den  des  Verwalteten  selbst 
Was  aber  galt  ihnen  geschichtlicher  Wert  der  Dokumente?  Dann 
wurde  das  Ausscheidungsgeschäft  zu  sehr  übereilt,  an  die  Sicherung 


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122 


Schandein: 


selbst  der  ausgcliändigtcii  Archivleile  dadilc  man  niciil.  Das  er- 
klärte tncb  schon  aus  der  uurmeOilkdieii  ZugängHchkeit  des  Depar> 
tementalarchWes,  nicht  minder  aus  den  öfteren  sehr  bedeutenden 
AktenabUeferungen  an  das  ArtUlerielaboratoriimi!  .  .  . 

Im  Juni  1814  wurde  Mr.  Lafare,  direetav  des  ponts  et  cfaans- 
s^  au^ordert  die  von  ihm  zur  Mitnahme  eingepackten  banamt- 
liehen  Akten  und  Pläne  zurückzugoben  an  die  gemeinsame  Lande»- 
verwallunp-  zu  Kreuznacli.  i  Oberbaudirdctor  Oberst  Geigens  voll- 
zog im  Augu-t  (lio  Ausscheidung  der  vermengten  Papiere,  Pläne 
und  Scliriflstücke  der  '^'erneinschafllirli  österreichischen  und  preussi- 
sclu  n  Fcstunpsverwalluug.  Unter  den  Franzosen  zu  Mainz  entstand 
nun  grosse  Verwirrung.  Schon  vor  dem  Einmärsche  deutscher  Truj)pen 
hallen  einzelne  Beamten  das  Weite  gesucht,  zugleich  aber  mitge- 
nommen und  in  Sicherheit  gebracht  alle  Manualien,  Register  und 
soostigm  Dokumente  der  franzfisiscben  Resepturra,  n&mlich  alle  jene 
Schriftstficke,  von  wdchen  für  Frankreich  etwa  noch  Vorteile  zu 
hoffen.  Nach  Uebergabe  der  Festung  Mainz  an  die  Deutschen  fehlten 
die  Raster  zur  Herstellung  eines  Gesammtnadiweiaes  vAtet  aus- 
stehende Pacht-  und  andere  Schulden,  über  Kapitalien ,  Erb-  und 
Grundzinse,  Holz-  und  Strafgelder,  über  verheimlichte  Staatsarfälle 
U.  s.  w.  Zalunffdiigkeit  mancher  Schuldner,  desgleichen  bevorstehende 
Verjärungen  machten  die  sofortige  Rückgabe  dieser  Verzeichnisse 
besonders  erwünscht. 

Nach  Landau,  der  noch  französischen  Festung,  hatte  man  eine 
grosse  Kei he  von  Registern  und  Manualien  eiligst  gellüchtet,  und  von 
hier  aus  wieder  vieles  nach  Sirassburg.  Diese  Schriftsachen  ver- 
traten vomämlich  Torderpf&lzische  Kantone.  In  Metz,  der  Moseldeparte- 
mentsstadt, lag  eine  bunte  Hasse  von  alten  und  neuen  Schrift- 
stflcken  aus  vielen  Teilen  der  Pfalz;  desgleichen  in  Sargemund,  auch 
in  Sarbrficken.  Allein  schon  auf  dem  Transport  nach  Metz  hatten 
französische  Truppentröramer  ihre  nachträglichen  Ileldenthalen  an 
unschuldigem  Papiere  verrichtet:  Säcke  wurden  aufgeschnitten  und 
entleert,  der  Inhalt  verslrent  oder  verbrannt.  Der  gerettete  Rest, 
na<  Ii  Zweibrücken  verbracht,  kann  dann  an  die  bezüglichen  Aemter 
zurück. 

Immerhin  verblieb  in  Mainz  die  Mehrzal  clor  Akten.  In  letzterer 
2!eil  wurden  wegen  verlichiter  Slaatsgefälle  und  anderer  Domanial- 
sachen  solche  häufig  und  nicht  ohne  wechadseitigen  Widerspruch 
verlangt,  sogar  auch  verpackt.  Zur  Teilung  des  mahizer  Archives 


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Geschichte  des  RreisorcbiTS  in  Speier. 


123 


(infolge  Verl nipos  vom  1.  Mai  1816)  wurdf  eine  eigene  Koniniission 
von  Prcussen.  Baieiii  und  Hcsson-Damisladl  aufgestellt:  baierisclier- 
seils  zur  Leitung  der  Ausliererungsaugelefjonhoit,  zugleich  zur  Behand- 
lung der  staatsrechtlichen  Fragen  berufen  Juslizrath  Schleiiiiner 
aus  Speier.  Unterstützt  war  derselbe  durch  den  Domänen  Inspektor 
Alwens,  welcher  in  fiskalischen  Anliegenheiten  sich  bereits  eine  reiche 
Erfarung  gesammelt.  Das  DepartementalardiiT  umftisste  hauptsädi- 
lich  ArdiiTaliengruppen  der  genannten  drei  Staaten;  denn  was  von 
den  eliemals  henschaftliclien  Archiven  —  sofweit  sie  nicht  Aber  den 
Rhein  geflüchtet  oder  sonstwo  verwart  werden  konnten  —  in  der 
Pfiüz  noch  vorhanden,  und  was  von  Amts-,  Orts-  und  anderen 
Akten  sich  geeignet  erwiesen  —  das  alles  musste  nach  und  nach 
zur  Bildung  des  neuen  Dcpartementalarchives  nach  Mainz.  Auch 
auf  Grund  des  lüneviller  Friedens  sollten  die  auf  das  rediie  Rhcin- 
ufer  geflüchteten  herrschaftlichen  Archivalien  nach  Mainz  ausgeliefert 
werden.  Es  geschah  dieses  unter  der  Oberleitung  des  StaatÄralhes 
Jollivet,  der  zugleich  mit  der  Ausgleichung  aller  fiskalischen  For- 
derungen zwischen  der  neuen  französischen  R^ierung  und  den 
früheren  Herrschaften  betraut  war. 

Das  Ausscheidungsgeschafl  w  arte  vom  7.  September  bis  20.  Novem- 
ber 1816.  Eine  nach  Verliältniss  des  wenigen  Personals  nur  sehr  kurze 
Zeit  ADdn  es  Ist  zu  bewundern  die  Arbeitskraft,  die  Hingebung, 
die  Ausdauer,  der  in  jeder  Beziehung  schnell  und  sicher  treffende 
praktische  Blick  dortmaliger  nicht  zum  Arddvdienst  erzogener  Be- 
amten. Kurz  —  etwa  100  Kisten  voll  Archivalien  gelangten  als- 
bald zur  Regierung  nach  Speier.  Ihr  Inhalt  umfassle  nachbenannte 
Herrschaftsgebiete : 

1.  Kuriifal;..  2.  Geistliche  Administration.  3.  Universität  Heidel- 
berg. 4.  Herzogtum  Pfalz -Zweibrücken.  5.  Grafschaft  Hanau- 
Lichtenberg.  6.  Bistum,  Domkapitel,  geistliche  Stifter  zu  Speier. 
7.  Bistum  Worms.  S.  Herrscliafl  Scharfeneck  (Löwenstein).  9.  Mal- 
teser Orden.  10.  GralVcliall  Falkenstein.  11.  Nassau'sche  Herr- 
schafl  Kirchheimbolanden  und  Stauf.  12.  Fürstlich-  und  gräflich- 
leiningen"schc  Häuser.  13.  Rheingrälliches  Haus  (Salm-drunibach). 
14.  Markgräflich  -  baden' sehe  Herrschaft  Rhodt  und  Grävenstein. 
16.  Ysenburg  -  Hillesheim  (Gemeinherrschaft).  16.  Präfektur  des 
Donnersbergdepartements.   17.  Reiehskammeigerichtsakt^. 

Diese  Archivaliengruppen  gaben  den  Grandstock  des  Kreisarchives 
der  Pfalz.  War  auch  nicht  alles  in  erwünschter  Vollstfindigkeit,  so 


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124 


Schandein: 


lap:  die  SlIiuIiI  kciiiL'sweg.s  an  unserer  AiissclieidiingskoiMiiiission,  (lifse 
iialle  ilas  Ilu  c  geleislel.  Doch  die  zu  sehr  beschlcunigle  Arbeit, 'die 
Unruhen  der  Zeil,  der  damals  noch  niclit  ganz  und  klar  erschlossene 
Sinn  für  das  Schrift wesen  der  Vorzeit  —  haben  der  I^iluiilun^'  ur- 
kundlicher Scliätzc  namhaft  geschadet.  Alles  was  nur  aussah  wie 
»altes  Papia>c  war  eben  wertlos,  insbesondere  unlesbare  alte  Hand- 
schriften, selbst  auf  Pergamenk  Der  durch  die  französische  Staats- 
nmwälzung  entzündete  Geist  lebte  noch  fort  im  Volk  wie  in  gebil- 
deten Kreisen  —  jener  sOTglose  Geist,  der  über  Gegoiwart  und 
allernächster  Zukunft  so  gerne  der  Vonseit  Tergisst.  Also  ging 
manches  schöne  Schriftrnal  unwiederbringlich  Twloren  —  aus  Un- 
kenntniss  und  Gleichgiltigkeit. 

Vieles  der  Pfalz  zuständi^je  Arcliivmaterial  geriet  von  Mainz  aus 
irripermassen  nach  Metz,  nach  SIrassburp:  und  weiter  liinauf;  anderes 
wieder  nach  Nanzig,  nach  Paris  und  selbst  in  das  hiiioic  von 
Frankreich,  wo  es  in  der  Hc^vl  verschwand.  Selbst  der  Gewissen- 
liafli^'koit  unserer  Kommission  inoclitc  ctwelches  entgehen,  was 
spater  ein  Zufall  entdeckte.  Doch  die  unablässigen  Reklamationen 
brachten  des  Vermisslen  wiederum  vieles  zui'ück. 

II.  Metz. 

Mitbeteiligt  bei  der  Auslieferung  sind  zunächst  die  Unlerpräfektur 
SargemOnd  (Sarguemines);  ferner  die  Präfekturen  der  Sar  und  der 

Mosel,  erstere  mit  Ottweiler  und  St.  Wendel;  dann  baierischMseits 
Blieskastel,  St.  Ingbert,  Pirmasens,  Zweibrücken  u.  s.  w. 

Schon  anfangs  Juni  1814  waren  aus  Sargemünd  zwei  Kommis- 
säre —  Untcrpräfekt  Jac(iuinol  und  Domaneninspektor  Lacroix  — 
in  Sarbrücken  erschienen,  um  Siegel  zu  logen  an  die  hier  befind- 
liclien  Akten.  Selbst  die  Registratur  der  chcnialigeii  t'orstinsjiektion, 
welche  nach  Blieskastel  (sarbrückener  Kreis)  verabfolgt  werden  sollte, 
wurde  nicht  verschont.  Gegen  solilion  IJebergrifl'  half  nur  die  eid- 
liche Versidierung :  deutsclierseits  würde  nidits  unternommen  ohne 
eine  zur  Ausscheidung  bestellte  Kommission.  Dessenungeachtet  legte 
Jacquinot  —  wärend  der  militärische  Besetzung  Sarbrfickens  — 
am  19.  Juni  Beschlag  auf  die  forstamtliche  Registratur,  welche  die 
mit  Deutschland  vereinigten  Wälder  urofasste.  Durch  diesen  ein- 
seitigen Vollzug  des  Friedensparagrai^en  —  zumal  noch  vor  Zu- 
sammensetzung einer  gemeinsamen  Gränzregulinmgskomrolssion  — 


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Geschichte  des  KieisarehiTB  in  Speier. 


125 


wurde  der  deutsche  Dienst  vielfach  gelähmt:  deutsche  Waldungen 
standen  unter  eigenmächtiger  französischer  Varwaliung,  es  fehlten 
uns  die  Auszüge  aus  denjenigen  Ueliersichten ,  Protokollen  und 
sonstigen  Aktenstücken,  welche  die  ehemalige  Forstmeisterei  Sar» 
brücken  belrafon. 

Diesei^  unbilligo  Gelü.slo  der  Franzosen  wies  die  Adniinislration 
in  Kreuznach  durcli  Zuschrift  an  die  Deparlenientaldireklion  in  Trier 
entschieden  zurück :  keine  Lande^;{ta^zelle  soll  übergeben  werden  vor 
der  CJränzreguliruii?,  die  Grundlage  des  Friedens  soll  unverrückbar 
gewart  sein,  die  altfranzösische  Gränze  soll  bleiben.  Alle  zu  Sar- 
hrficken  befindlichen  Deutschland  betreffenden  Papiere  sollen  — 
unter  Vorbehalt  diplomatischer  Entscheidung  —  unverzüglich  au»- 
geantworlet;  die  Gemeinde  und  Waldungen,  deren  Landesverhält- 
niss  der  Friedensvertrag  deutlich  bestimmt,  von  den  Franzosen  ge- 
räumt oder  doch  wenigstens  beiderseitig  besetzt;  jede  Vereinnahmung, 
jede  Holz-  oder  Materialienabfuhr  abgestellt  werden.  Ein  Kommissär, 
unterstützt  durch  einen  forst-  wie  sprachkundigen  Mann,  sei  abzu- 
ordnen nach  Sarbrücken,  gegebenenfalls  an  den  Sitz  der  einschlägigen 
französischen  Präfektur.  Bezüglich  des  nötigen  Aktenmaterials  seien 
auf  gemeinsame  Kosten  Auszüge  und  beglaubigte  Abschriften  zu  neh- 
nien,  der  Bedarf  von  Spezial-  und  Generalakten  zu  erholen.  Hievon 
wurde  zugleich  der  baierische  Divisionsgeneral  Delaniotte  in  Mainz 
verständigt.  Wegen  der  geiiieinsanien  militärischen  Besetzung  habe 
man  sich  an  das  Brigadenkonmianüo  in  Zweibrücken  zu  wenden. 

Unaufliörlich  waren  die  Vorbehalte  seitens  der  Franzosen  — 
und  fruchtlos  blieben  die  Reklamationen  unserer  Gemeinden.  Den 
15.  August  1814  erbat  sich  die  Landesverwaltung  in  Kreuznach 
von  den  Präfekturen  Strassburg  und  Hetz  die  Auslieferung  der  nach 
Frankreich  (Landau  und  Metz)  verschleppten  Domanialpapiere  (Donners- 
hergdepartemeni):  jedoch  erneuerte  Zögerung,  besonders  von  Säten  des 
Departementalpräfekten  in  Metz,  und  zwar  aus  nur  schdnbar  gerecht- 
fotigten  Gründen. 

Infolge  »Ordonnance  du  Roi«  vom  18.  August  1814  wurde  die 
Unterpräfektur  Sarbrücken  aufgehoben  und  die  Kantone  Sarbrücken 
und  Ameval  dem  Arrondissement  Sarguemines  einverleibt:  etwas 
über  dreiviertel  der  Gemeinden  (lel  an  Deutschland ,  der  liest  ver- 
blieb bei  Frankreich.  Und  (lennoch  wurde  trotz  entschiedener 
Mahnung  deutscher  Behörden  die  Rückgabe  des  deutschen  Akten- 
materials regelmässig  hingehalten  oder  vielmehr  in  der  llolVnung 


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126 


Sehandein : 


vereitelt,  durch  Venntttlung  des  gewandten  französischen  Diplomaten 
in  Wien  wo  nicht  das  linke  Rheinufer  zdrfickzugewinnen ,  so  doch 

das  Vorrücken  der  Grunze  bis  zur  Blies  zu  erwirken.  Viele  der 
französischen  Beanilcn  hatten  sogar  ihre  Registraturen  eiligst  aus 
der  Pfalz  nach  Frankreicli  geflüclitet ,  um  deren  Hückgabe  schliess- 
lich nur  gegen  ein  Lösegeld  sich  abzwingen  zu  lassen.  So  u.  a. 
wollte  Mr.  Ceillier,  der  VorgängiT  dos  K<>ntltearnteri  in  Pirmasens, 
seine  Registratur  vorwiiiidlich  nach  Metz  gerettet  hahm  —  man  fand 
sie  aber  in  Büsch.  Gerichtlich  zu  deren  Auslict'cniDg  aiif<,M"fordert 
erklärt  Mr.  aus  Bilsch:  dass  auf  des  Domänendircktors  Guyon  Be- 
fehl gleich  seinen  Kollegen  auch  er  seine  Registratur  und  zwar  der 
Stdierheit  wegen  in  der  Festung  Bitsch  deponirt  hatte,  und  dass 
nur  auf  seiner  eigenen  Behörde  Gefaeiss  er  zur  Herausgabe  gewillt 
sei.  Was  tbun?  Endlich  auf  höheren  Befehl  lieferte  der  Bürger- 
meister von  Purmasens  die  dort  hinterlegten  Papiere  nodi  aus. 

Die  Abgräns-  und  Aktenaustauschverhandlungen  werden  nun- 
mehr dngddtet  Gleichwol  verlangt  1fr.  Jacquinot  die  Abführung 
sämratllcher  Schriftsachen  Jiach  Sargemünd.  Deshalb  wendet  sich 
mit  Beschwerden  der  Spezialkommissär  —  Steueruispelctor  Schmelzer 
aus  Trier  —  an  die  Gcneralkommission  in  Paris,  bei  welcher  zur 
TJeberwachung  des  Vertragsvollzuges  österreichischerseits  der  Marquis 
de  Bombelles  aufgestellt  war. 

Endlich  muss  Mr.  Jacquinot  sich  zur  Ausscheidung  becjuemen. 
Auch  Herr  Saal,  der  hiezu  eigens  abgeordnete  Steuerkontroleur  aus 
Sarbrücken,  hat  fortwärend  zu  kämpfen.  Erst  nach  vier  Tagen 
sind  die  französischen  Siegel  gelöst.  Mittlerweile  war  alles  hinweg- 
genommen: die  Bretter  und  Gestelle,  die  Tribunalsgcrätc,  wovon 
dreiviertel  den  Deutschen  gehört,  alle  Schreibsachen,  ja  selbst  das 
Eigentum  der  Stadt  Sarbrüdcen  ~  der  Ofen! 

In  Sargemünd  hatte  der  Unterprftfekt  bereits  seme  eigenmächtige 
Ausscheidung  beendigt.  Hier  war  gelagert  das  angebliche  »Eigentum 
der  Bewarungsbeamten«,  hier  fanden  sich  auch  die  sarbrückener 
Amtsmobilien!  Kommissär  Saal  bestand  auf  einer  »kontradiktorischenc 
Absonderung  der  nach  Deutschland  bestimmten  Papiere,  wogegen 
unter  Anrufung  des  GeneralstaaLsprokurators  zu  Metz  der  Staats- 
prokurator in  Sargemünd  Einspruch  erhebt.  Abgetreten  an  Saal 
wurden  die  Bergwerksakten,  nach  St.  Ingbert  Ijesthiunt,  sowie  nach- 
träglich 30  Kisten  mit  Gemeindeakten:  dessenungeachtet  wird 
im  Kellerthale,  das  sicher  zu  Ueutscliland  gelangt,  Holz  von  <len 


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Oesehiehte  des  Kreisarehivs  in  Speier.  i27 

FYanzosen  gel&llt,  die  Gemeinde  besetzt,  ihr  Bannbucli  hinweg- 

genonimon  n.  w. 

Srhlie>slich  verständigt  sich  Saal.  Die  französischen  V^'crwun- 
dolen  und  Krankon  worden  von  Sarhrückon  ans  in  das  Spifal  zu 
Sf.  Avold  vorbracht,  ancli  die  deutschf^ewordenen  Geiiioindon  hin- 
rcichond  oiitst  hüdigt  bezüglich  ihrer  Zakingen,  welche  Mr.  (joinir-conrl 
l)eini  Einiücken  der  Verbündeten  im  Juli  niitfortgenonmien,  jedocli 
bei  der  neuen  Besetzung  Sarbrückens  durcli  die  Franzosen  wieder 
zurückgebracht  hatte. 

Indessen  erfireute  Herr  Saal  sich  doch  nicht  des  gehofllen  Er- 
folges. AOerdings  standen  nach  St  Wendel  und  Oltweiler  zalreiche 
Kisten  bereit,  und  waren  für  BliedEastel  8  Kisten  UnterfHrftfditur- 
und  29  Kisten  TribunaJsachen  eriedigt:  aUein  es  stockte  der 
Geschäftsgang  in  allen  Ecken  und  Enden,  immer  noch  wurden  wich- 
tige Akten,  vomämlich  Hypothekenbücher  und  dergleichen  vermisst. 
Dr.  SiebonpfeifTer,  Kommissär  bei  der  Landesadministration,  erklärt 
(Oltweiler,  23.  Juli  1815)  das  Abgelieferte  als  unerheblich:  deshalb  soll 
ein  neuer  Spezialkommissär  nach  Sargeinünd  und  Sarbrücken.  Jodo(  Ii 
alle  Vorkehr  will  nicht  recht  fruchten:  was  noch  immer  beiseite 
gescliallt  werden  kann,  das  wird  versucht.  Unter  anderni  verlangt 
Dr.  Siet>enpfeiiTer  wegen  vorenthaltener  4000  Franken  die  Verhaftung 
des  jetzigen  Haire  Rupied  in  SarMcken  und  wendet  sich  zuguter- 
lelzt  an  den  russischen  General  Wächter  daselbst,  um  sich  Recht 
zu  TOrechaffni  geg«i  den  nach  Frankreich  entflohenen  Maire. 

Zur  Empfiuignahme  der  m  Metz  verwartoi  Domanialpapiere 
u.  s.  w.  für  die  Kreisdirektionen  Kaiserslautern  und  Zweibräcken 
ist  Rentmeister  Hul>er  aus  Winnweiler  beauftragt;  auch  waren  bis 
dorthin  die  Akten  aus  Winnweiler  verschleppt.  Aus  Bitsch  berichtet 
Hr.  Huber  an  die  Rhcinkroisregierun^'  über  seinen  guten  Erfolg 
unter  Anschluss  eines  »Hauiitinventurium  über  sännntliche  in  Metz 
und  in  Ritsch  vorgefundenen  Urkunden  und  Akten«. 

Auch  in  Paris  lagen  viele  und  nianigfaltige,  dabei  wichtige 
Akten  an  höchsten  Stellen  verstreut.  Ursprünglich  nach  Mainz  ge- 
sandt hatten  sich  dieselben  verlauren  nach  SarlnNIcken,  Sargemünd, 
Hetz,  Trier  u.  s.  w.,  dann  nach  Weissenburg,  Strassburg,  vieles 
davon  nach  Paris.  Auf  v.  Recum's  Veranlassung  wurden  selbige  von 
vielen  Aemtem  reUamirt,  und  kamen  1817  hievon  wieder  zurflck: 
gememdliebe  Stiftungsakten,  Rhein-  und  Dammkarten,  Domanial- 
sachen  u.  s.  w.   Weil  mit  preussischen  Archivteilen  untermischt, 


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128 


Sehandein : 


kam  manches  Stfick  vorerst  nach  Trier,  dann  nach  Koblenz,  und  von 
hieraus  an  die  zuständige,  zumeist  baierische  Behörde.  Auch  1819 
und  später  wurden  aui^liefi^  die  vtm  den  Erebdirektitmen  er- 
betenen Forst-,  Bergwerks-,  Strassen-  und  Brückenbauakten.  Der 
unermüdlidie  v.  Recum  musste  viele  Einwendungen  besiegen,  und 
bald  konnte  er  wieder  ausliefern  eine  ganze  iMasse  teilweise  sehr 
anziolionder  Arrliivsaclien,  welclie  dio  vlalisfisclien  VorliäIlni?;se  ein- 
zelner CJcmeinden,  ihre  Bevölkerung',  Wohnung',  Lebensmittel  etc.  be- 
greifen. V.  Recum's  aintlichc  llricfschaflen,  vor  seinem  Weg|_'ange 
von  Paris  am  20.  Se|)leml)er  1818  der  Rheinkreisregierung  übersandt, 
geben  niUieren  Auf5('hlus.s. 

Desgleichen  besasscn  die  Präfckturen  Trier  und  Koblenz  unzu- 
ständiges Material:  erster«  die  Akten  der  vom  Sardepartemoit  los- 
gerissenen Kantone  Kusel,  Waldmohr  und  Blieskastel;  letztere  hatte 
den  Aktenverschleuss  an  die  zuständigen  Bdiörden.  Hievon  kamen 
an  den  b.  Rheinkreis  die  wichtigen  »Akten  der  Koblenzer  Forstkonseiv 
vation«  u.  s.  w.  Ausserdem  lagen  hiw  auch  Urkunden  und  gesdbldil- 
liche  Dokumente.  Sie  wurden  neuester  Zeit  an  Baiem  ausgeliefert 

III.  Strastburg. 

Mit  Slrassbui'g  standen  in  lebhaf'ler  Beziehung  die  Unlerpndektnr 
Woissenburg.  dann  Laiitorbiirg  und  Landau.  Ein  Teil  des  niainzer 
Prüfekturarchives  war  gleich  anfangs  nach  Landau  geflüchtet,  hier- 
unter auch  für  Metz  hcstinunte  Papiere.  Anderes  lag  in  Strassburg, 
WeissiMil)urg  und  anderorts  im  Elsass.  Unterm  30.  Juli  1814  er- 
suchte die  gemeinschaftliche  Adniinislralion  in  Kreuznach  den  01>er- 
präfekten  in  Strassburg  um  Aushändigung  der  vorerst  nötigsten 
Domanialakten,  namentlich  jener,  die  sich  beziehen  auf  dte  dem 
Donnersbergdepartemeni  zugefallenen,  nunmehr  der  KreisdirekiioD  in 
Speier  unterstellten  Gemeinden.  Auch  hier  im  Elsass  bei  allen 
Behörden  viel  Rfkkhaltigkeit  —  zumeist  in  Betreff  der  etwa  noch 
finanziellen  Vorteil  verheissenden  Papiere  —  doch  nicht  in  dem 
starken  Grade  wie  bei  den  Auslieferungsbeamten  zu  Metz,  Sargemfind 
und  Sarbrücken. 

Die  zu  Landau  bestehende  »österreichische  Ziviladministration« 
trat  mit  Strassburg  und  Weissenburg  in  Verhandlung  wegen  Rück- 
antwortung  jener  Akten,  welche  das  dui  c  Ii  den  zweiten  pariser  Pried«>n 
von  der  Queich  bis  zur  Lauter  ausgetlehnte  Stück  Landes  lietreffen. 


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Geschichte  des  Kreisarcbivs  in  Speier. 


129 


Aii.^^clu'idiingskoinniissür  war  Dr.  Lobsteiii,  Sckrolür  bei  der  Kriegs- 
schuldenkoinmission.  Seiner  Vertrautheit  mit  den  dortigen  Verhält- 
nissen, seiner  angestrengten  Bemühung  ist  zu  y^tianto  die 
beschleunigte  Aushändigung  einer  Blasse  sehr  erwfinschler  Zivil- 
standsakten ,  Rechnungen  u.  s.  w.  Auch  in  Strassborg  war  die 
Unordnung  eine  sehr  grosse.  Gleicbwol  hatte  Dr.  Lobstein  etwa 
30  nach  Landau  bestimmte  Kisten  mit  Akten  vorbereitet  und  hier- 
Qber  Inventarien  zusammengtetellt.  Lobstein  aber,  seit  1.  Juli  1816 
Gerichtsbeamter  in  Landau,  wurde  ersetzt  durch  Herrn  Stenner, 
Sekretär  der  k.  k.  Administration. 

Sämmtliche  für  die  Rentämter,  Gemeinden  ii.  5.  w.  aus^eschie- 
(lono  Dioristakfon  liier  namlinfl  zu  machen,  würde  ermüden.  Bo- 
srhiänkcn  wir  uns  daher  nur  auf  das,  was  seiner  Natur  nach  (icm 
Kreisarchive  in  Speicr  zustellt. 

Nach  Strassburg  waren  gelangt  sehr  viele  Archivahen  über  das 
Bistum  Speier  und  die  Güter  der  ehemaligen  Kon;^regationoii;  Phiiie 
und  Akten  des  Hheindammes ;  ein  grosser  Hauptplan  des  Bien- 
Waldes  in  blechemer  Kapsel;  die  wichtigsten  auf  die  ehemaligen 
zweibrücken*sche  Lande  bezüglichen  Urkunden,  Rechnungen  und 
Belege,  sowie  da  Dcmanialakten  cüe  Menge,  wdche  nebst  anderem 
zu  eiholen  Inspektor  Alwens  den  Auftrag  erhielt  Am  25.  November 
1816  kam  dieser  über  Landau  nach  Strassbuig,  am  28.  erfolgte  die 
Ausscheidung  und  seine  ZurCtekkunft  am  12.  Januar  1817.  Laut 
Berichtes  vom  28.  Februar  wurden  ihm  extradirt : 

Judizialakten  der  ehemaligen  kaiserlichen  Kammer  zu 
Speier  —  warscheinlich  zur  Zeit  Königs  Ludwig  XiV.  durch  die 
Franzosen  nach  Strassburg  verbracht; 

Urkiirulcn  und  Akten,  rührend  von  den  Stiftern  in  Siioicr, 
naiMcntlich  von  din  fürstlich -spoier'schen  Oboränitern  Lauterhiirg 
und  Kirrweiler,  den  Aemtern  Dahn  und  Magdenburg  und  dem 
weissenburger  Kapitel.  VMele  dieser  Akten ,  von  den  Franzosen  als 
völlig  werllos  beui'teilt,  blieben  ganz  unangetai^tet.  Hierunter  solche  die 
den  herrschaftlichen  Bienwald  sowie  die  Pfarreien  und  deren  Einkünfte 
betreffen.  Die  Beilagen  zu  den  lauterburger  Oberamtsrechnungen, 
wol  dem  mainzer  Archive  entstammend,  konnten  —  da  sie  auch 
das  jenseitige  Lautergebiet  umfassen  ~  nicht  zur  Abgabe  gelangen ; 

Malteser  Orden  (Haus  Halmbach).  Nm*  weniges  dem 
Aerare  von  Nutzen,  indessen  von  Belang  für  des  Ordens  Rechts- 
streit igkeiten  aus  dem  Ende  des  vorigm  Jartiunderts; 

ArohiTAllMhe  Zaltochrtft.  II.  g 


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130  Schandein: 

zweibrücken'sche  Akten  waren  in  jene  von  Speier 
gemischt  und  konnten  an  Dr.  Lobslein,  welcher  zur  Zeil  sünimt- 
iiche  zweibrückener  Papiere  übernommen,  nicht  ausgeliefert  werden; 

kurpfäUisehe  und  Geistliche  Adiiiinistrations- 
alcten.  Diese  rQhion  teils  ans  dem  inainzer  Archir,  teils  wurden  sie 
von  den  Beamten  der  ehemaligen  Geistlichen  Administration  in  Heidel- 
berg nach  Strassbnrg  ausgeliefert.  (Behufs  Untersuchung  der  durch 
die  französische  Regierang  in  den  niederrheinischen  Kantonen  yer- 
äusserten  Renten  von  wesentlichem  Vorteil). 
Ferner : 

Inventarium  fler  ehemaligen  Intendanz  des  Elsasses. 
Vor  der  französisrhon  Revolution  waren  ilie  fiemeinden  Landau,  Nuss- 
dorf,  Queicliheim  und  Dannidieitn  bei  Frankreich;  lüjer  verschie<lene 
andere  Gemeinden,  abgetreten  durch  die  beiden  [)ari?er  Frie<lens- 
verträge,  hatte  die  Intendanz  tlie  Oberhoheit.  Von  diesen  insbeson- 
dere auf  diesseitiges  GelMet  bezüglichen  Alctm  sind  von  hohem  In- 
teresse die  Verhandlungen  Uber  die  Geraidewaldungen,  welche 
die  gegenseitigen  Rechte  und  Ansprüche  der  genossoischaftlichen 
Gemeinden  vollstfindig  «läutern. 

Prfifekturakten.  Nach  Ausscheidung  der  älteren  Archive 
wurde  begonnen  mit  den  neueren: 

I.  Division:  >A llgemeine  Verwallun pft.  Trotz  der  Un- 
ordnung bliel)  kaum  etwas  für  Gemeinden  oder  Privaten  be- 
deutsames zurück : 

n.  Division:  »Bureaux  des  «''migres  et  des  domainesc. 
Die  Aus?(lifi(]iing  unifasstc  1.  die  von  der  Zenlralverwallung, 
dem  Präfekturrathe  und  den»  Präfcktcn  gegebenen  Entschei- 
dungen und  Beschlüsse  in  administrativen  Justiziullen;  2.  Ori- 
ginalprotokolle über  Veräusserongen  der  Staatsgüter  jeder 
Art;  Arr6tds  et  IMcIskms  behielt  man  jedoch  ttilwdse 
zurück.  Die  Verkau6protokolle  der  Nationalgüter  worden 
fk-anzOsischerseits  sehr  genau  untersucht;  auch  die  Hermagabe 
der  ProtokdDe  über  den  Verkauf  der  Gemeindegütcr,  welche 
die  für  das  ganze  Departement  vereinigten  Verkäufe  berassen, 
wurde  trotz  des  Friedensvertrages  verweigert  bis  zur  Entschei- 
dung des  frati/,(isischen  F"'in[inzministers,  und  zwar  ans  llr- 
saciie  der  in  ijciden  Landesgebieten  wohnhaften  Steigerer,  um  die 
allenfalls  noch  diesseits  ausständigen  Kaufschillinge  mit  Nach- 
druck Ijeanspruchen  zu  können.    Sie  wurden  1818  reklumirt. 


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6«9chiehte  des  Kreimrehivs  in  Spder. 


131 


Akten  und  Papiere  dci  D üniänendircktion.  Nicht  voll- 
ständig ausgolieforl  und  zu  rcklaniimi  bliGlx}n : 

1.  die  amtliche  Korrespondenz  mit  den  Ober-  und  Untep- 
behörden  und 

2.  die  Abschriften  der  Verkaufskontrakte  von  Staatsgütern, 
die  der  Arr^t^  und  IMcteions  des  PrtfdEtumflies.  Nach  der 
schriftlichen  Erklftmog  des  Domänendlrektors  Labarre  war  die 
Korrespondenz  im  Dienste  noch  nötig  und  konnten  die  Ab- 
schriften, als  Belege  bei  den  Dominenbureauz,  nicht  auf- 
gefünden  werden; 

3.  Aassflge  aus  dem  Sommie^gäiM  der  »Prix  de  ventes  des 
biens  nationaux  etc.c; 

4.  die  von  Verifikator  Bruncment  zurückbehaltenen  Register 
von  Gemeindegütern.  (Von  der  Rentei  Kandel  am  15.  Dezember 
1816  nach  Speier  gesandt.) 

Akten  der  Forstkonser  v al  ion  und  dos  Krcisinpronicur.s. 
Der  Domäneninspektion  mit  doni  Bomorkcii  ziipcstclll:  das  noch 
Vermisstc  habe  seinen  Grund  im  bösen  Willen  wie  in  der  mangeln- 
den Umsicht  französischer  Behörden. 

Dem  Alwens'schen  Berichte  ist  angefügt  das  ausführliche  »In- 
vcntaire  des  iitres,  papiers,  pieces  etc.  provenant  de  la  chambrc 
imperiale  de  Spire  et  autres,  dont  la  ränise  doit  £tre  efliecluce  en 
vertu  du  traitä  de  paiz  de  20.  Novembre  1816  au  gouvemement 
Bavarois  sur  la  rive  gauche  du  Rhin«. 

Die  Strom-  und  Deichkarten  fiir  das  Gebiet  zwischen  Queich 
und  Lauter,  bestehend  in  minutvten  Ueberscblfigen,  Auihahmsproto- 
kollen  über  Wasser-  und  Wegbauarbeiten  auf  Rechnung  des  Staates, 
des  Departementes  und  der  Gemeinden,  waren  —  letztere  an  diese  — 
ausgehändigt.  Uebrigens  war  eine  Stromkarte  von  Daxland  ii.  s.  w. 
aus  dem  Jare  1811  vorhanden;  von  einer  andern  Rheinkaile. — 
Urs()rung  bis  zur  (Iränze  des  Donnersbergdeparlenients  —  Einsicht 
lind  Abzciclmung  ^'estallel.  Ks  wurde  iK'inorkl :  seit  1792  sei  eine 
Kurte  des  Riieines  iVanzösischcrseits  nicht  aufgeno: innen  wordon. 

Infolge  vielfacher  Reklamationen  mehrt  sich  die  Akteiiauslii  fei  ung. 
Anfangs  ISltJ  wurde  in  Paris  zurückgefordert  eine  Reihe  1760  auf- 
genommener, auf  sudplalzische  Gemeinden  bezüglicher  Forslplüne, 
welche  das  »Annuaiie  politique  du  Bas-Rhinc  vom  Jarc  Vill  ver^ 
zeichnet. 


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'l32 


Schandein: 


Kalmar. 

Nach  der  Hauptstadt  des  Obcrrlioincs  liatton  —  wie  Dr.  Cotta, 
k.  Sokrelär  und  chomaliger  Aicliivar  zu  Sliasshuig,  aus  Landau 
untorni  23.  Seplruibcr  1819  berichtet  —  Forslpläne  von  unler- 
el.süssischcn  Gemeinden  sich  durch  werhselseitige.s  Versehen  verirrt: 
er  fand  diese  in  einer  Kanuner  der  ehemaligen  Intendanz.  Hio^ 
unter  einzelne  ?on  Entscheidung  für  die  bevorstdiende  Gränzberich- 
tigung.  Umgekehrt  lagen  Staatswaldpiftne  des  oberrheinischen  Depar> 
tementes  in  Strassburg. 

Unterm  14.  November  1829  wurden  auf  Antrag  des  Ic.  b.  Staats- 
ministeriums des  Innern  aus  dem  Dcparfoiiientalarchlve  des  Obet' 
rhemes  ausliefert  die  die  ehenialigtn  llausangelegenheilen  von 
Zweibrückon  und  Rapollstoin  (nilx^iuiiit  rip)  betreffenden  Archival- 
akten  mit  Vcr/t'icliniss :  Kxtrail  de  I  liivcntaire-Sonmiaire  dos  titres, 
pit'ct'S  et  papirrs  i(<lam«'>  par  la  rour  de  Munidi,  faisanf  iiartic 
du  dcpöl  f.'<'ii('ral  «ics  arcliivos  d(''|)arteMienl  du  Haul-liliiu,  «  t  notuui- 
ment  des  archives  de  Ftiboauville. 

Weissenburg. 

Von  Qouvemcmentssekretlr  Dr.  Siebcnpfelffer  schon  am  3.  März 
1816  beauftragt  Qbemahm  Herr  SIenner  die  zu  Weissenburg  (Unter- 
pr&fektur)  gelagerten  Akten,  betreffend  das  Steuer-  und  Reclmungs- 
wesen  der  Gemeinden  zwischen  LAuter  und  Queich.  Sonst  noch 
vorhanden  war  eine  grosse  Menge  von  Verwaltungs-  und  andmn 
Akten. 

Bereits  im  Au[;usl  1816  war  Domancninspoktnr  Alwons  orscliioiion. 
Ausser  den  Douianialpapieren  hatte  er  hauptsächliciies  Anponinrrk 
auf  solche  Schriflsathen,  welche  die  Forderungen  der  Gemeinden  und 
Stiftungen  an  die  französische  Regierung  begründen.  Alwens  bezeugt 
berichtlicb  die  auch  hier  faiWeinenburg  entstandene,  sehr  unangenehme 
Aktenverwirrung,  die  61eichgHli|^t  der  Beamten»  so  dass  das  Ans- 
scheidongagesehSfl  grösstenteils  ihm  selber  zufiel.  Gleichwol  eriangte 
A.  einige  sehr  wesenükhe  Aktenstücke  und  in  einem  betendem  Lokale 
gleichfaUa  auf  dem  Boden  verstreut  »die  Akten  der  ehemaligen  Di- 
strikte des  weissenburger  Bezirkes«.  Von  Forstinspelrtor  Lorenz 
kamen  /nrück  Forstakten  und  Pläne;  unorlangbar  war  aber  ein  »Plan 
der  Obern  Mundal«  wegen  ihrer  noch  zu  Frankrdch  geh&«nden 


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G«Bcbichte  des  Kietiarcbm  in  Speier.  133 


Ttilo.  In  .sciiiciu  Narlitragshericlite  vom  'J8.  Februar  1,S17  boiiiorkl 
Alwens  noch:  die  französischen  B^'honlen  liiiUen  hclräclilliche  Suni- 
men  nicht  nur  nach  der  Ablrctun^x  (30.  November  1815),  soiideni 
aucii  nach  der  Besitznahme  des  Landes  dun  h  die  provisorische  Re- 
gierung (10.  Dezember  1815)  je  nach  Unislunden  sogar  zwangsweise 
an  sich  gezogen.  Eine  Reklamation  der  dem  Aerar  gehörigen  Gelder 
sei  geboten,  wenn  auch  —  da  die  Mehizal  der  Schuldner  In  f>ank- 
reich  wohne  —  durch  Sequestrirung  ihrer  diesseitigen  Gfiter  und 
GeQlle. 

Lauterburg. 

Uober  Pläne  und  Akten  bezü^rlirh  der  Waldungen  gab  der  Forst- 
insj)ektor  Oerlei  nur  unvollsländip«  Auskunft:  seine  wichtigsten 
Anitspaj)iore  und  ein  Teil  seiner  .Mobihen  seien  ilim  geraubt  oder 
auch  verbrannt  worden  auf  der  Bienwaldmühle  bei  Laulerburg,  und 
zwar  beim  Uebergang  der  verbündeten  Ilcere.  Indessen  wurde  davon 
das  Meiste,  wenn  aucli  mit  Widerstreben  ausgehändigt  und  gelangte 
dasselbe  nebst '  »Verzeiehniss  der  mit  dem  Forstbureau  förstlich 
speier'scher  Kameralakten  zu  Lauterbarg  gewesenen  Forstaktenc  u.  s.  w. 
zum  Oberforstamte  m  Speier. 

Landau. 

Landau  wurde  der  Hauptsammelplatz  der  niederrhemischen 
Aktenbewegung.  Die  grössere  Ifasse  der  übeihaupt  dabin  geflöch- 
leten,  wie  der  aus  Strassburg  und  anderseitsher  zuruckgd^tetra 
Akten,  zumal  jener  finanziellen  Belangs,  sollten  von  hiesiger  Kreis- 
direktion verteilt  werden  an  die  Regierung  und  übrigen  Aemler. 
Dass  bei  solchem  fast  unübei  selil»areii  Papiorzusammenlauf  eine  be- 
dauerliche Verwirrung  eingetreten,  wird  leicl.t  erklärlich. 

Zur  Ausscheidung  und  Empfangnahme  der  anfangs  eingelaufenen 
Akten  erschien  deutscherseits  als  Konunissär  Voiifikator  Hepp,  ihm 
gegenüber  Mr.  Jaconiin,  der  fran/ösisciie  I)omüncninst)ektor,  der  jedoch 
auf  sein  Landgut  nach  Glciswcili  i'  zieht  und  endlich  abgelöst,  otler 
vielmehr  erlöst  wird  durch  Mr.  Brunement  aus  Strassburg.  Mr.  Ja- 
comin,  dessen  Wohnsitz  eigentlich  in  Zweibrücken  sein  sollte,  war 
,  im  ganzen  dn  leutseliger,  zutraumdo*  Hern  hatte  er  ja  seine  Effekten 
und  all'  seine  Siebensachen,  mit  diesen  aber  auch  die  amtlichen 


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134 


Sebandein! 


iVklenkisl(  n  in  seines  Schwicgervalers  (des  Garde-maga/in  Mr.  Dnr- 
llu'Ieiiiy)  ÜL'luui-Junj:  untorgebrachl.  Allein  welch'  eine  Verwirrung! 
Eechls  und  links  standen  die  Kisten  herum,  unter  der  Stiege  und 
liochoben  auf  dem  Speitlier,  in  allen  Winkeln  dos  Hauses  —  manche 
sogar  waren  geöffnet.  Slenipelblättcr  wnnl«  n  onlnornmen ,  wichtige 
renlauitlicht'  Akten  zu  Tüten  und  /.um  Einwickeln  verbraucht  —  der 
Verlust  ward  beträchtlich. 

Die  Gränzrcgulirung  war  noch  nicht  vollzogen.  Hepp  arbeitete 
mit  grossem  Befleis,  mit  Geschick  mid  Erfolg.  Schon  Ende  Desembers 
1814  —  unter  Vorbdialt  der  für  Franlveich  nötigen  Aktenauszöge 
a  s.  w.  —  gingen  drei  Fuhren  mit  Rentamtsakten  an  die  t^trefBendm 
Adressm;  ^e  Kiste  war  nach  Mainz  gerichtet  für  die  Domänen- 
direktion. 

Von  Strassburg  und  andercHrtsher,  sowie  unter  der  kaiserlichen 
Zivilverwaltung  aus  Mainz,  war  nach  Landau  allmälich  eine  grosse 
Menge  von  Urkunden  und  Akten  gekommen.  Schon  1816  halte 
Ür.  Lobslein  eine  Reiiie  von  Protokollen,  Hauakten  u.  s,  w.  an 
Deutschland  übergeben ;  sie  waren  unter  entsprechenden  Rubriken 
in  ein  Verzeichniss  aufgenonuiieu.  Indessen  all'  diese  verschieden- 
artigen Aktenstücke  gehörig  zu  sichern,  zu  sichten,  zu  ordnen,  dann 
den  hezOgUchen  Behörden  richtig  zuzuteilen  und  mit  Glück  zu  ver- 
senden —  das  war  eine  Aufgabe,  deren  Bewältigung  die  dortmafigen 
Zeitrerhältnisse  unendlich  erschwerten.  Hehr  als  einmal  musste 
Stras^uif  von  Landau,  mehr  als  mehrmal  Landau  von  der  R^ie- 
rung  in  Speier  ermahnt  woden  zur  Ahsmdung  der  Ifingsterwarteten 
Archivalioigruppen.  So  war  unter  anderm  die  1816  m  Strassburg 
übernommene,  für  das  Archiv  bestimmte  Abteilung  von  pfalz-zwei- 
brückener  Kameral-  und  sonstigen  Akten  nach  etlichen  Jaren  noch 
nicht  vollständig  oingetroflen  in  Speier.  Dann  wurde  der  angebliche 
Aktenempfang  auch  öflers  bezweifelt  und  deshalb  wiederholte  Nach- 
forschung im  Archive.  Das  aber  lag  gewiss  nicht  in  etwaiger  (ileich- 
gilligkeit  der  Behörden  —  sondern  es  hat  sich  zur  Zeit  eben  nicht 
anders  gemacht 

Aus  der  Kreisdirektion  Landau  wurde  1816  em  k.  baierisehes 
Landkommissariat  Schoo  der  häufige  Verwaltungs Wechsel  hatte  diesem 
Amte  viele  Arbeit  verursacht  Diese  wuchs  immer  mehr  mit  der  wach- 
senden Akteneinsepdung.  Der  obwaltende  IGssstand  wbd  von  der 
Behörde  in  Landau  spilter  damit  entschuldigt:  ÄeT  Aktenversendung 
selbst  sei  nicht  immer  die  richtige  gewesen.    Zum  Transporte 


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Gewhichte  des  Kreiuiehivs  in  Spder.  135 

nach  Spoior  nainn  man  nicht  eigene  Fuhren.  So  wurden  die  sämml- 
li(ht'n  l'apiere  der  vormaligen  österreichischen  Ziviladmiiiistralion, 
jene  der  dann  eiligst  organisirleri  Kreisdireklion  Landau ,  sowie  die 
vielerseit.sher  eingelieferten  Akten,  welche  ohnehin  nicht  alle  zumal 
aufgestellt  waren,  nur  zeitweise  und  dann  nur  gelegentlich  nach 
Speier  versandt.  Hiexu  der  schnelle  Wechsel  des  für  solclie  Arbeit 
nicht  immer  geeigneten  Dienstpersonals ;  die  übergrosse  Geschaflslast 
des  Amtes,  dessen  Vorstand  ohne  die  dringenden  auswärtigen  Auf- 
gaben in  einem  einzigen  Jare  an  20,000  Gescbfiftsnummeni  au&eigen 
iconnte!  In  Strassbnrg  selbst  waren  die  Auslieferungspapiere  nicht 
geordnet.  Die  beladenen  Aktenfuhren  mussten  aber  von  Landau 
über  Gennersheim  nach  Speier,  und  ging  auf  diesem  Wege  bei  der 
ohnedies  sorglosen  Ueberwachung  gar  manches  verloren.  Wd  auf 
Immer  verloren :  denn  in  Landau,  wo  sj^iec  alle  jene  Verwarungs- 
räume  eine  bedeutende  bauliehe  Veränderung  erlitten,  wird  jetzt  nach 
bisheriger  Erfaning  die  Nachforschung  eine  vergebliche  bleiben. 

Auch  in  Speier  hatio  sich  die  vSuche  nach  Vermisstem  vielfach 
erschwert:  die  V'ergleichung  eines  ursprünglich  nur  in  Eile  gefertigten 
Inventariums  mit  den  später  ganz  anders  aufgestellten  Akten,  welche 
anders  rubrizirt  unil  anders  bezill'ert  werden  mussten,  ist  nicht  wol 
zulässig:  darum  die  Verluste  auch  nicht  in  der  vermeintlichen  Grösse. 
Der  verantwortliche  Amtsvorstand  in  Landau,  wiederholt  von  der 
Kreisregierung  in  Speier  erinnert,  berichtet  unterm  12.  Juli  1826: 
auch  eine  erneuerte  ArdiivaliamachforBchung  in  Pirmasens  sei  erfolg- 
los geblieben.  Zudem  noch  versichert  der  Landkommiss&r  in  Berg- 
zabern, welcher  bei  der  Auflösung  der  Kreisdirelition  Landau  als 
Assessor  mit  der  Aktenausscfaeidung  beschäftigt  gewesen,  inbesthnm- 
tester  Form:  der  Archivallen  und  Akten  aus  Strassburg  habe  nichts 
sich  verloren  wed^  in  die  landauer  Registratur,  noch  m  die  einer 
Gemeinde.  Kin  gross«  Teil  des  Papiermaterials  sei  abgegangen  mit 
Fuhren,  welche  die  im  Revolutionskriege  nach  der  Festung  Landau 
geflüchtete  spoiorer  Dombibliothek,  die  unter  dem  nämlichen  Dache 
verborgen,  abgeholt  hätten:  ein  anderer  Teil  sei  fortgeschalTl  worden 
durch  die  Fuhren  nach  (  Jermersheim.  Uebrigcns  —  zur  Berichligmig 
eines  Irrtumes  —  seien  1816  nicht  die  Akten  aus  Strassbui-g,  son- 
dern jene  der  Österreichischen  Ziviladmiiiistration  nach  Speier  gelangt.  — 

Am  Regierungssitze  iu  Speier  war  man  längst  schon  bedacht 
auf  Errichtung  eines  Archives  für  den  baierischen  Rheinkr«s. 
Ermangelung  einer  passenden  R&umlicfakeit  wurde  hiem  ausersebep 


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136 


Schandein: 


•  i'in  filliTcs  Hans,  tias  'l'riliuiialvfliiiiuir.  zuletzt  auch  zu  umli-mi  Zwcrkon 
verwciidol :  rs  bot  im  Kr(l;.'rsrli(>-sc  jcducli  nur  zwei  bis  drei  Ziiiuiitr. 
Juslizralli  Scliloiiinicr,  von  -filier  Seiidunp  aus  Mainz  zuituk,  üljer- 
iialini  von  1817  an  die  Verwaltung.  Sein  Schlussbericht  über  seine 
Iilrfolge  in  Mainz  schildert  ebenfall?  die  Unordnung  in  den  dortigen 
Arelitven.  Die  Altten  der  vor  1793  bestandenen  Verfassungen  waren 
mit  Ausnahme  der  zweibröckener  Abteilung  völlig  ▼erwirrt,  selbst 
nach  der  Verpackung  fanden  sich  noch  viele  Akten,  Karten  and 
Pläne  verstreut  in  den  Archivsälen.  An  Präfekturarchivalakten  erhioll 
er  über  200  Kisten.  Schlemmer  war  nur  etwa  37  Tajre  in  Mainz. 
Wol  bestanden  Veraeiehnisse  des  Deiiarlementalarchives ,  die  eine 
Grundgruppe  war  in  sieben  IIaui)tableilun'ron  frobracht.  die  andere 
uuilasste  auch  aus^erpfalzisclie  IIorrschafls;xel)iete:  allein  zu  Si)eier 
bedurfte  das  einer  anderen  Ordnung'.  Im  Archivbau  wurden  zunächst 
untergebracht  die  Ar«  liivalienheshiiide  aus  Mainz,  daim  das  wärend 

1817  aus  Stru.ssburg  eiugelangle  .Material.  Mit  der  Ausscliuidung 
der  für  die  Kreisregierung  zum  Amtsgebrauch  dienenden  Stücke  wird 
begonnen.  Der  bewärte  L.  Pfeifer  aus  Mainz  wird  Diener  und  Dimv 
nist  mit  400  Gulden.  Des  Archives  Aufstellung  (in  die  Packkisten 
aus  Blainz)  geschieht  vorläufig  nach  den  geschichtlichen  Zeitabschnitten 
des  Landes,  innerhalb  dieser  wird  sie  nach  Gegenständen  geschieden. 
Immer  neuer  Zuwachs,  allein  des  Hauses  oberes  Stockwerk  bleibt  besetzt 
durch  das  Medizinalkollegium,  sowie  später  durch  das  Katasterpersonal. 
Ein  ständiger  Archiv^'eliilfe  wird  nun  erstes  Btnlürfniss:  der  Kalkulator 
J.  N.  Fischer  als  solcher  l)erassl  sich  mit  der  i'rsten  Aufstellung  und 
einer  nur  olKTtlächIi(  li(>n  Verzeichuunf/  uml  Hepertorisirung  zunötigst 
des  französischen,  dann  des  plalz-zweibrückener  Aieliivleils,  Anfangs 

1818  besorgt  der  I.  Regislrator  P.  Gayer  die  Ordnung  der  militärischen 
Sachen  und  Justizrath  Schlemmer,  zum  Fiskalrathe  berufen,  wird 
vorläufig  vertreten  durch  den  Regierungssekretär  Sonntag.  Gleksfa 
nach  1819  beginnt  die  erste  planmässige  Archivalienaufstellung  und 
leistet  hierin  Regierungskonzipist  Lacher  in  den  fip^n  Nachmittags- 
und Abendstunden  in  der  That  aussergewöhnliche  Dienste.  Auf> 
gestellt  werden  weiter  3B  Verschlage  mit  Kameralakten  aus  dem 
Domänenbureau,  und  ein  Generalrepertorium  ist  in  Angriff  ge- 
nommen. 

Indessen  eri/ibt  sicii  als  dringendes  Bedürlniss  die  Anstellung 
eines  eigenen,  selbständigen  Archivvorstandos,  und  unterm  23.  März 
1820  erhält  die  Verwaltung  der  vortrefliich  bewärte  Regierung»- 


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Geschieht«  des  Krasarcliivs  in  Speier.  137 

lofrislralor  Fötor  Gayor  mit  einem  NoIm/hIk'/ii^m'  von  ;j(MJ  (liildm. 
Erst  iiacli  wanncr  Vorwendunp  wiiil  (k'i.sclbi-  uiilonn  17.  boiiti-ialjor 
1823  zum  wiiklichiii  »Kroisaiciiivar«  mit  120U  11.  und  2(K>  fl. 
ilomunoraüon  aus  dem  Kreisfonds  ernannt.  Gayer  orwies  alle  er- 
wünschten Eigenscliaflen  zum  aichivalischen  Berufe:  seine  geschicht- 
iichen  und  spracUichen  Vm-k^intnisse  waren  unteratfitzt  und  gefördoi 
von  unermfidlicher  Diensttbätigkeit  Bald  ist  Gayer  mit  dem  Haupt- 
inhalte des  Archives  vertraut  und  föllt  es  ihm  leicht  eine  Uare, 
zwednntspreehende  Archivaliengruppirung  zu  treffen.  Was  inzwischen 
<lie  Krcisregicrung  an  Amtsakten  vermisst,  das  wird  softurt  PÄlainirt 
in  Mainz,  Strassburg,  Metz,  Landau,  Trier,  Koblenz  u.  s.  w.  Bei 
der  Aktenaufstellunnr  wurden  aber  jetzt  um  so  empfindlicher  gefült  die 
vielen  Lücken,  worunter  der  noch  nicht  eifi[,'elaufeno  grössere  Teil 
der  Protokolle  (auch  AhsrhrifteiiJ  über  veräusserle  Staatsgüter  und 
ähnliciier  .Stücke,  welche  den  Rechtsanlcil  des  baierischen  Staates 
näher  berühren.  Jedoch  die  Einsendungen  versciiiedener  Art  mehren 
sich  ersichtlich.  Seit  1817  bis  1826  und  weiter  hinaus  liefen  von 
ähnlichen  Ardiivsachen  noch  ein: 

aus  Paris:  KatasterpISne  und  dergleichen;  —  die  Verzeichnisse 
der  in  dortigen  Archiven  und  anderorts  aurgefiindenen  Akten,  be- 
treffend die  routes  et  chaussto  im  Donneräiergdepartement; 

aus  Tri^und  Koblenz:  Rhdn-  und  Strassenbaukarten,  baiwische 
Katasterakten  und  Pläne; 

aus  Strassburg:  zwei  grosse  Packe  unbestellter  Kopien  von 
Original  Verkaufsprotokollen,  die  der  Sekretär  Wa^'cner  gegen  nach- 
trägliche Vergütung  gefertigt :  Akten  des  Forstinspektors  Oertel.  dei- 
Forstkonseivation  in  Strassburg,  der  fürstbischöflicii  spcierschen  Wal- 
dungen, der  Aemter  Dahn,  Magdeburg  und  AllsUidt ;  dann  Ur- 
kunden und  Akten  der  ehemaligen  hitendanz  des  Elsasses.  Nach- 
träglich hiezu  eine  Rahe  »Proccs-verbaux  de  ventes  nationales  etcc ; 
ältere  Bergwerkssachen  (Konzesstonsverleihungen)  und  Bauakten,  ab- 
gegeben bereits  1817  durch  den  b.  Liquidatiooskommissär  t.  Recum, 
und  vieles  andere. 

Im  Jare  1830  erstattet  der  Archivar  eigenen  Antriebes  um- 
fassenden Bericht  über  den  Erfolg  seiner  zebnjärigen  Amtswirk- 
samkeit. 


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138 


Schandeiii: 


B.  Archive  und  Registraturen 

in  Uaiern,  in  der  ITuIz  und  im  ührigeu  Deiilscliland. 

Auch  aas  dem  Innern  der  Rln  ii  i  falz  dureh  Behörden  und 
At'iiiter,  aus  Lagerstätten  jenseitigen  Baierns  wie  aus  dem  übrigen 
DeuLschland  erhielt  das  Kroisarchiv  Spoior  rasch  nacheinander  sehr 
erfreulichen  Zuwachs.  Was  eingangs  der  neunziger  Jare,  auch  etwas 
später  über  den  Rhein  geflüchtet  ist  worden,  da»  kam  wenigstens 
teilweise  wieder  zurück.  Selbst  einige  Orlschaflon  der  Pfalz  lieferten 
ganz  mierwai'tet  selu*  willkommenes  Arcliivmaterial. 

Die  fhmxOdadiß  ReTOlution  mit  ihren  hng^  mid  tJefiieiGfawiiken- 
den  Wehen  hatte  viele  Rechtsdolnmiente  verschlungen,  viel  anderes 
Schöne  nach  allen  Winden  verstreut  Schon  1792  wurden  von  herzogt 
lich-2weihrfiekener  Regierung  aus  ihrem  Hausarcfaive  grosse  Be- 
standteile hin-  und  hergeflüchtet,  es  folgten  nach  die  Olier»  und  Unter- 
aintsregistraturen  und  die  Rezepturen  mit  don  Besten  ihres  Inhalts. 
Von  Trarbach,  zumal  von  Meisenheim  aus  gelangten  die  wichtigsten 
Schriflsachen  über  den  Rhein,  zunächst  nach  Hanau,  und  mnss  diese 
Archivaiienllüchtung  bei  den  Unruhen  der  Zeil  sich  fortcrstrockl 
iiaben  bis  1797.  Hierüber  stimmen  verschiedene  Naclirichteti  so 
ziemlich  überein.    Doch  hören  wir  weiter. 

Auf  Grund  des  Friedensvertrages  von  Lünevilie  wurde  unlerni 
26.  Juni  1805  der  Regierungsrath  Lerse  in  Ifannheim  mit  der 
Sondemng  äsr  hier  bendiendai  zw^brCIdEener  Archivalienmasse  be- 
auftragt, sni^ch  mit  der  Ausscheidung  der  die  flberrheinisdie  Pfalz 
betreffenden  Akten.  Wir  verbinden  hier  andere  Erhebungen  mit  henffs 
Berichterstattung  aus  späterer  Zeit  Nachdem  bei  den  damals  noch 
in  Uannhdm  anwesenden  zweibrucken'sclien  Dienern  Erkundigung 
eingezogen,  schreibt  Lerse  unter  anderm  an  die  Regierung  in  Speier: 
von  Hanau  gelangle  die  grosse  Anzal  von  Akten  und  Papieren  1802 
zurück  nach  Mannheim  (in  das  Kaufhaus).  Die  Akten,  welche  für 
das  französische  Gouvernement  ausgeschieden  worden,  übergab  der 
Koinmissür  dem  von  Jollivet  aufgestellten  Ins])ecteur  de  Tenregistro- 
ment  et  des  doniaines  Mr.  Valdcnairc  und  dem  Verilicaleur  Mr.  Bilder- 
t)eck.  Der  zurückbehaltene  Rest  wurde  der  »kurpfalz-baierischen 
Spezialkommission  in  zweibrücker  Angelegenheiten«  ubergeben;  hier- 
unter vorzüglich  die  neueren  Rechnungen,  welche  den  französischen 
Beamten  zur  Festsetzung  des  Rechnuitgs-  und  Schuldenwesens  un- 
entbehrlich erschienen.  Em  anderer  grosser  Teil  dieser  Scfailfteii 


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Utsjcbicble  des  Kreüarcbiva  iu  öpeier. 


139 


kam  iiacli  Mainz,  1803  nach  Wirzburg,  und  18Ü5  von  da  nach 
München  in  das  Haus-  und  Staalsarclüv. 

Zufolge  Reskriptes  Tom  9.  Mi  1804  waren  bereits  abgeliefert 
212  Verschlage,  worOber  Bericht  tooh  21.  Mai  1805.  Glelcher- 
tnassen  sind  von  den  kiirpl&lzisehen  Behörden  ausgeliefert  die  Ober- 
rhänischen  »rheinpfiUzischen  Aktenc,  vorzugsweise  die  Rechnungen. 
Abgegeben  war  aber  noch  nicht  die  zurückgebliebene  grosse  Masse 
»rheinpfälzischer  Akten«,  welche  von  den  französischen  Kommissären 
wenig  beachtet,  jedoch  auch  niclit  reklamirt  wurde  seitens  pfalzischer 
Behörden.  Dessen  ein  grosser  Teil  wurde  nun  ?on  Archivangohörigen 
und  TOT  fürstlichen  Dienern  um  die  Summe  von  1600  Gulden  als 
Makulatur  verkauft!  Vermutlich  waren  darunter  auch  Doj^umcnte 
archivalischen  Wertes.  Um  1600  Gulden  in  selbiger  Zeit  rauss  diese 
Papiermas.se  schon  eine  ausserortlentliclie  gewesen  sein. 

Indessen  wai-  in  den  Registraturen  zu  Zweibrürkeii  noch  zurück- 
behalten eine  grosse  Masse  von  Akten  und  Reclmungen,  deren 
Flüchtung  doch  zu  kostspielig  wurde.  Sie  bestanden  hauptsächlich 
in  Judizial-  und  Verwaltungsakten  verschiedener  Art  Auf  Weisung 
des  Departementalprftfekten  hatte  der  Dom&neninspektor  Mr.  Jaconun 
diese  yerwarloste  Aktoisammhing  auszusdieiden.  Mr.  hingegra,  der 
Sprache  und  dieser  Sachen  nicht  vollkommen  kundig,  fltierliess  dies 
leidige  Geschäft  dem  »Receveur«  Gessner,  und  wurde  1806  der 
Ueberflnss  versteigert.  Dass  es  auch  hier  nicht  gar  so  genau  her- 
g^fangen,  lässt  sich  wol  denken.  Alles  wurde  zerstreut,  nur  die 
auf  die  zweibrückener  Anliegenheiien  bezüglichen  Schriftsachen  blieben 
zurück  und  wurden  verschiedenenorts  aufbewart.    Es  waren 

1.  Regiminalaktcn  (kamen  nach  Bamberg);  2.  Judizialakten 
(niedergelegt  beim  Appellations^'erichto  in  Z\veibrück(  n) ;  3.  Kamcral- 
aktcn  (unter  Aufsicht  des  Rentamtes)  —  ein  Teil  kam  wieder  nach 
München. 

Also  wurde  das  Departemenlalarchiv  in  Mainz  allmälich  ge- 
bildet, und  liegen  inzwisehen  hcmerkwerte  Nachrichten  weiter  nicht  vor. 
1815  reklamirt  bei  der  Landesadministration  in  Worms  der  k.  b. 
HofkonmiissSr  v.  Aretin  Akten  des  »FQrstUch  Asehaffenburger 
Archivesc. 

Endlich  sehen  wir  die  herzoglich -zweibrQckener  Archivalien  in 
Bamberg:  der  ScMossverwalter  Richard  hatte  sie  dorthin  verbracht. 
Ardiivar  Oesterreicher,  welcher  bereits  1816  Verschiedenes  an  die 
»k.  Hofkommisskni  zu  Speier«  versandt  hatte,  übermittette  ein  wich- 


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140 


Schändern; 


tij^'es  Archivs! ück  lUriinzstivilij,'!«»'!!!'!!  zwisclK-n  Kiirj)faf/  utn]  Baden 
belr.«  an  «Iii-  lllieinkreisri'gioiiin^'.  Ziijjrl<'i<'li  wiinlo  bi-mcrkt,  ilass 
an  tk'r  ntTsti  lluiig  der  zwi-ibrückcMcr  Verzeiclmissc!  llcis.sig  gcnrbciU'l 
werde,  viele  Gruppen  seien  schon  fertig.  Verzeichnisse  zur  Auswal, 
auch  Archivalakten  folgten  wärend  1818. 

Ausgangs  1819  erhielt  die  Regierung'  in  Speier  Verzachniss- 
abschrifl  über  die  an  die  französischen  Kommissäre  Valdenaire  und 
Bilderbeclc  von  der  »Icurpfalz-baierischen  SpeuaUronunission  in  swei- 
kirficker  Angelegenhdtenc  ausgelieferten  zweibruciLener  Aldea  dd. 
Mannheim,  19.  Mai  1805.  Dieses  die  herzoglichen  Aemler  um- 
fassende Verzeidmiss  ist  ein  allgemeines  und  tragt  nur  Buchstaben- 
bezeichnung. Ferner  treffen  noch  ein  unterm  20.  Juli  1820  zwei  dem 
Staatsarchive  in  München  entnommene  Verzeidmisse  der  dort  be- 
ruhenden zwei  brückener  Lelienaktcn. 

Von  1821  an  bis  1828  wurden  aus  Bamberg  nach  Speier  j.,'e- 
liefert  ein  Band  zweibrückener  Akten;  1824  die  I.  Aktenreihe  (mit 
Ausnahme  der  von  der  preussisclien  Regierung  reklamirten  Aliten 
der  Abtei  Wadgaasen);  dann  folgten  in  mehreren  Liefenmgeii  die 
übrigen  Reginunalakten  in  10  Kfisten.  Nach  Koblenz  gelangten 
7  grosse  Kisten. 

Unsere  kurpfälzische  ArchiTabteilung  hatte  es  hauptsächlich 
mit  dem  Grossherzogtume  Baden  zu  thun,  jedoch  zeigte  sich  hier  eine 
Verschleppun'rT  des  Geschäftes.  Vor  1793  wurden  bekanntlich  fast 
sämmtliche  landesherrliche  Archive  und  Registraturen  eiligst  geflüchtet 
nach  Mannheim,  Heidelberg?,  Bruchsal,  Rastatt,  Ileitersheim  und 
Frciixirg  im  Breispau,  auch  anderwärts  hin  auf  der  rechten  Seite  des 
Rheines.  Nach  der  Archivalienauslieferiing  an  die  französischen 
Kumniis^äre  (1805  und  ISOß)  verblieb  jedoch  an  diesen  Orten  noch 
ein  belruclitlicher  Teil,  ils  stand  mithin  an  Aktivkapitalien,  ver- 
hüllten Staatsgefällen  und  dergleichen  eine  sehr  bedeutende  Geld- 
summe iiOr  die  b.  Rheinpfalz  in  Frage.  1816  erfolgte  durch  die 
Rheinkreisr^ierung  eine  entschiedene  Reidamation:  die  betreffenden 
*  Papiere  waren  (1805)  ausgeliefert  von  Mannheim  nach  Mainz,  von 
Rastatt  nach  Strassburg.  —  Inzwischen  gelangten  (1817)  aus  dem 
Landamle  Mosbach  4  Kisten  mit  Akten  des  kurpfälzischen  Oberamles 
Kaiserslautern  nach  Speier.  Wegen  der  noch  ausständigen  Aktiv- 
kapitalien der  Geistlichen  Administration  in  Heidollierp:,  der  kurfürst- 
lichen und  Itisdiöfliclien  flofkaiiniicrri  in  Mamdieim  inid  Speier, 
sowie  aller  Klöster,  Stifter  und  Orden  begibt  sicli  ein  Rcgierungs- 


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« 


Gefichichte  des  Kreisarchivs  in  Speier.  \J^{ 

kominissär  aus  ^ier  nach  Karlsruhe:  allein  ungeachtet  der  beider- 
seitig abgeschlossenen  »Konvention  vom  3.  November  1820«  sind 
die  Erfolge  nur  spärlich.  1821  Icommen  aus  Karlsruhe  18  Pfickc 

mit  Rorhnungon  der  hoidclI)cr{?or  Adminislrntion,  worunler  wortlose 
Lehensaclien  und  etliche  Urknndon  des  TToi  hsUflcs  Speicr.  In  Mann- 
heim, wollin  man  schon  (1802)  von  Heidelberg  aus  eine  Aictenmassc 
verbracht  halle,  befand  sich  ein  nmfan?lirli<T  Bestand  baierij^chon 
Aktrnmatoiials.  1821  war  dasselbe  noch  nicht  anscrelicforl,  Kndlicli 
1822  werden  hievon  abj/cun  hon  5  Verscldäge,  jedoch  von  den  PapiciiMi 
der  Depositen  und  Dienstkaulionen  noch  nichts.  Erst  nacli  er- 
hobener Iieschwerde  in  München  ^'elangt  an  das  Kreisarcliiv  eine 
lieihe  neuer  Akten  und  Ileciuiungen,  worunter  wiederum  viel  Un- 
brauchbares.   Indessen  zeigt  sich  später  eine  grössere  Wilißlrigkcit. 

Von  Urkunden  und  Archivalakten  des  Hochstiftes  Speier  war 
in  Baden  sehr  viel  verblieben.  1802  lagen  die  Rechnungen  u.  s.  w. 
nodi  in  Bruchsal,  liiid  dürfte  Shulicher  Sachen  ein  ans^nlicher  Teil 
noch  in  Karlsruhe  beruhen.  1810  kamen  die  Akten  des  Oberamtes 
Kirrweiler,  wdche  (1790)  der  1813  verstorbene  Beamte  aus  Kirrweiler 
nach  Philippsburg  geflüchtet.  Den  speierer  Dom  betreffende  Ur- 
kunden, Karten  und  Pläne  aus  Karlsruhe,  sowie  5  Arcliivalieiikisten 
verschiedenen  Inhalts  gelangten  1821  nach  Speier.  Endlich  begab 
sich  Arcliivar  Gayer  (1830)  nach  Karlsruhe  zur  Uebernahnie  einer 
sehr  interessanten  Sammlung  von  Forstakten,  vorwiegend  den  Bicn- 
wald  lK;trofTend. 

Bezüglicli  der  Aichivalienausliefoningzwischen  dem  (i rosslierzog- 
lum  Hessen  und  IJaiern  trafen  sich  die  Kommissäre  in  Mainz.  Das 
tlortige  Geschäft  besorgte  Regierungsrath  Mossdorf,  vormals  Präfektur- 
rath  in  Mainz.  Ausgeliefert  wurden  (181 8)  die  Advokat  Dufour'schcn 
Papiere,  die  Konsbiptionsakten  aus  Mainz;  1823  die  Akten  des 
vormals  hanau-lichtenbergischen  Amtes  Lemberg;  1824  die  im  Do- 
mänenaichive  zu  Haniz  au^fondenen  Urkunden  und  Rechnungen 
und  anderes  mehr. 

Auch  Preussen,  namentlich  das  Regierungsarchiv  in  Koblenz, 
hatte  laut  einer  Anzeige  an  den  Bürgermeister  'm  Kirchheimbolanden 
(1816)  zalieiche  Urkunden  und  Akten  verwart,  betreffend  die  Kellerei 
Alzei  u.  s.  w.,  sowie  eine  grosse  Menge  nassau'scher  und  pfalz-zwei- 
brückener  Dokumente.  1817  erholte  aus  Kol)lenz  ein  Regierungs- 
kommissar die  ebenso  reirhlidien  als  wichtigen  »Akten  der  28.  Forst - 
konservation«.    Ferner  erfolgten  die  noch  1817  in  St.  Wendel 


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142 


Sehandein: 


frelagerten  Akten  dor  Kantone  Blieskastel  und  Waldmohr.  1824  lag 
die  Registratur  des  Sardeparteiiionts  noch  unan;^etastel  in  Trier, 
jedoch  gelangten  1825  zurück  die  Bergwerksakleri ,  und  1826  eine 
Reihe  von  Ebernburg  u.  s.  w.  betrelTenden  Archivalien. 

Ferner  hat  die  herzoglich  nassauische  Regierung  sehr  reichen 
Zuwachs  besofgt  Aus  dem  Fllialarchive  zu  Weilbuig,  nachdem  bereits 
das  HaupiarchiT  zu  Idstein  dringliche  Alcten  geliefert,  erfolgten  1825 
die  Archivalien  der  ehemaligen  Aemter  Eirchheim  und  Alsenz  In  etwa 
20  Verschlagen;  1829  Urinmden  und  Akten  des  trier'schen  Lehen- 
hofes; 1830  aus  dortigen  Archiven  die  auf  die  d.  Leyen*sehen 
Landesteile  beziiglichon  Schriftsachen,  sowie  aus  Weilburg  die  Kirch- 
heim und  Alsenz  bctreflenden  Originalurkunden. 

Eine  der  schöuslen  Archivaliengruppen  wäre  das  Archiv  derer  von 
Leiningen.  Es  ist  aber  noch  lange  nicht  vollständig.  Von  dor  ffirstlirli- 
leiningonsohen  Vormundschan  in  Amorbach  wurden  1812  nach  Mainz 
ausgelielcrt  die  Vonvaltungsaklen  von  1758— ITG;") :  eine  uinfängliche 
Verzoichni.s.sabschiiit  neueren  Datums  verwart  das  Kreisarchiv  Si)eier. 
Was  noch  zurück,  erlolplo  in  zwei  Sendungen  1822  und  1825  durch 
Hofralh  Lerse  in  Mannlieim.  —  Die  grafsch.ililich  -  fa  I  k  en  st  oin'scho 
Abteilung  hat  sich  erweitert.  Hei  der  von  Ijaiern  übernonnnenen 
östeiTeichischen  Markgrafschait  Burgau  wurden  auch  deren  Archive 
und  Registraturen  (1794)  nach  Gfinzburg  a/D.  geflüchtet,  hierunter 
auch  hieher  bezfigliclie  Dokumente  und  Papiere.  In  8  Kisten  ver- 
packt und  dem  Veriflkator  Bilderbeck  übei^ben  gelangten  diese  Akten 
nebst  Verzeichnissen  (1806)  warscbeinlieh  nach  Mataiz.  Hiezu  folgten 
nach  in  TorderOsteireichischen  Archiven  noch  weilers  aufgefundene 
Akten,  deren  Esdradition  die  franzfisische  Regierung  seinerzeit  nicht 
verlangt  hatte,  u.  a.  Lebenherrschaft  Landstui,  Lchensachen  zu 
Freinsheim,  Fusgönnhelm  u.  w. ;  dann  eine  Aklenreihe  von  ge- 
schichtlicher Bedeutung.  Endlich  kamen  (t822)  aus  Dillingen,  der 
Dejwtregistratur,  4  Kisten  mit  Kameralaklen. 

Schliesslich  trafen  von  1816  bis  1827  noch  ein  aus  Wetzlar 
eine  Reihe  von  He ichskammergerichlsakten ;  aus  HaslatI  die 
Akten  des  vormals  m a  r  kgr  ä  f  1  i  ch  -  bn den'sclien  Amtes  lUiodt; 
aus  Mainz  durch  v.  Nau  narhträghcli  aus<j:e<rliicdcne  Akten  des 
Deuts c bor  dens,  sowie  des  J o h a  n  n i  t  er  ordens  aus  Freiburg 
und  Wir/.burg.  Von  G  e  m  e  i  n  d  e  n  der  IMalz  haben  in  diesi>r 
Zeil  Akten  zugesandt :  R  o  d  a  1  b  e  n  (1821)  die  auf  der  Bürger- 
meisterei gelagerte  Registratur  des  Amtes  Grävenstein;  ferner 


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Geschichte  des  Krdsaichin  in  Speier. 


143 


(1826)  Freinsheim  (ehomaliges  kurpfalzi^chcs  Unteramt)  eine 
t)eträchtliehe  Ma?se  von  Judizial-,  Aiisfautei-  und  son?;lifTen  Akten,  lier- 
rülirend  aus  dem  Archive  df^  Im  llevohitionskriege  ausgewanderten 
Beamten  Weber,  in  27  Ki.slen  (Uirch  Hcntbeanilen  Schanberg  nacli 
Speier  verl)rachl.  Endlirli  infolge  nefrieinn^' sauft rapres  vom  17.  De- 
zember 1822  —  ErliL'bung  der  Sal-  und  Lagerbücher  und  Uenovationen 
betreffend  —  wurdm  von  den  Rentämtern  Edenkoben,  Landau, 
Pirmasens,  GrCbutadt  und  Kusel  eingeliefert  Erfobestandsbriefe,  Erb- 
bestandsreverse  und  Rechnungen;  SItere  Ärchivalien;  eine  Sammlung 
Domanialurkunden ;  Rechnungen  und  Manualien  der  Tormaligen  Aemter 
Lemberg  und  Grävenstein;  Rechnungen  des  Oberamtes  Lkshtenberg; 
schliesslKh  (1827)  vom  Rentamte  Kirchheimbolanden  13  Picke 
älterer  auf  Nassau-Weilburg  bezuglicher  Urkunden  und  Akten. 
Aufgefunden  sind  diese  zu  Kirchheimbolanden  auf  dem  Speidur 
des  vormals  fursUich-nassauischen  Amtshauses  vom  dortigen  Renl- 
beamten. 

Auf  solche  Weise  entstanden  und  zusammengesetzt  hatte  nun 
das  rheinpfTdzisrhe  Staatsarchiv  an  seinem  Vorstände  Gayer  einen  für 
das  Gedeihen  und  die  Hebung  der  ihm  anverlrautm  Ansialt  Ireubeeifer- 
len  Mann.  Die  meisten  der  ebenso  verständig  aii.Lrriegtcn  als  g{^ 
wissenhaft  und  prakliscli  dureligefilhrlen  Repertorien  rühren  von 
seiner  eigenen  Hand,  und  sie  bilden  noch  lieute  die  (Jrundlage  der 
Archivalieneinteilung.  Oayer's  Anordnungen  und  Einriclilungen,  alle 
seine  Arbeiten  zeugen  von  unverkennbarer  Liebe  zu  diesem  ver- 
antwortlichen Amt,  von  Unisicht  und  Klarheit  des  ÜrteÜs,  von  ehicm 
nicht  gewöhnlichen  Wissen.  Hat  Gayer  seine  schätzbaren,  aus  Schrift 
und  Erfarung  gezogenen  Kenntnisse  auch  nicht  literarisch  verwertet, 
so  kamen  sie  doch  seinem  Diensie,  den  Rechtsfoedärfiiissen  des 
Staates  wie  der  Partelen  zu  gut.  Sein  Verdxmst  um  die  fflr  jene 
Zeit  ganz  vortreffliche  Herstellung  des  Arehives,  um  dessen  Er- 
gänzung der  wackere  Hann  unaufhörlich  bemfiht  war,  whd  stets 
anerkannt  bleiben! 

Mit  Gayer's  Tode,  der  im  August  1836  erfolgte,  srhliesst 
sich  ein  Zeitabschnitt  in  der  Geschichte  unsers  Arehives.  Unter  dem 
21.  Januar  1837  wurde  es  dem  k.  allgemeinen  Reichsarchive  in 
Münrlien  untergeordnet.  Doch  (»s  begann  eine  niclit  besondei-s  günstige 
Zeit;  denn  unsere  Anstalt  geriet  rascli  von  einer  in  die  andere  Hand. 
Lacher  arbeitete  gewohnten  Eifers  nocli  als  Verweser.  Dann  er- 
schienen wärcnd  eines  JarzehcnLs  der  Vorstände,  der  Verweser  und 


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144 


Sehandein: 


selbst  der  Verwes^Terwcser  nur  zu  vide.  Der  häufige  Wechsel  des 
Amtspersonals  ist  nicht  von  Vorteil  ffir  ein  Archiv,  auch  nicht  für 

(lo5J5?cn  Benutzer.  Doch  wer  kann  bei  sonst  tauglichen  Kräften  gegen 
Kranlchcit,  fio|)ro>to  und  sonstige  Nöten*:'  Anrli  i^;f  niclif  joder 
zn  diesem  Ainlo  heiiifcn.  Der  an  sich  nüchterne  Archivdiensl  vcr- 
lan<rl  poradi'  neben  liejrabnnf?  noch  eine  iDesondere  Liebe.  Wer  diese 
iiiclif  niilbriii'jf,  dem  enigebt  der  Setren  der  Arbeil.  Denn  nur  di(^ 
iiiniiT''  l''r('ude  an  di(VPti  <(briflliclien  V'ennarhlnissen  dfr  Vorzeit 
bieb't  l'-isatz  (ur  den  trcistig  und  leiblich  an>lrent,'enden  hinisl. 

Aus  jener  etwa  /.ebn-  bis  zwölfjäri^'en  Zeit,  einer  Art  von 
Inlenegnuni,  bleibt  wol  niclil  selir  viel  zu  bericbten  über  den  inneren 
Dienst.  Docb  wurde  inzwiscben  der  Arcbivalienzuwacbs  bedi-uleiul. 
Dessen  dienstliche  Behandlung  ist  immerhin  mit  Arl}eit  verbunden. 
Von  grösseren  Archivaliensendungen  sind  bis  etwa  1850  eingelangt: 

im  Jarel837  Ucberreste  des  ehemaligen  zwei  brückener  Archivcs, 
Justizakten  aus  einem  Nebenzimmer  des  Appellationsgerichtes  in  Zwei- 
brücken. Nach  der  Untersuchung  im  Jare  1805  wurden  die  wich- 
tigeren Akten  versandt  nach  Mainz,  Trier  und  Strassburg,  wohin 
eben  der  Sprengel  des  zerstückelten  Herzogtums  Zweibrücken  geteilt 
war.  Der  grössere  Teil  war  niehl  besonderen  Werte-.  —  Aus 
Bruchsal  trafen  1838  ein  die  auf  den  Bienwald  bezüglicben  sehr 
belangreichen  Forslakten  und  Pläne  in  53  Faszikeln.  Nicht  minder 
willkommen  war  1839  eine  grosse  Pveihe  vom  FTansarebive  in 
Darnisfadt  abgetretener  Originalurkunden,  die  Grafscbaft  Hunan- 
Lichlenhorg  befrellend  —  gegen  sjudercn  Au>lans(b.  —  Ein  sehr 
grosser  Zuwachs  erfolgte  1840:  dies  war  der  Aktenuusseliied,  wel- 
elien  der  lUiitbi  anito  K.  A.  Friek  aus  den  älteren  Scbriffsac  ben 
der  ehemaligen  gräflicli  -  vo n  der  Leyen 'sehen  Herrschaft  Blies- 
kastel infolge  Ilcgierungsauflrages  gemacht  bat.  Diese  Masse  befasst 
Verwaltungs-  und  Domanialakten,  herrschaftliche  Prozesse,  Justiz- 
pflege, Kirchen-  und  Schulgegenstände,  Rechnungen;  eine  grosse 
Reihe  v.  d.  Leyen'scher  Verordnungen  u.  a.  m.  Immerhm  eine 
dankwerte  Archivalienmehrung.  —  Femer  langten  an:  Justizakten, 
betreffend  kurpßUzische  Aemter  1842--44  aus  Mannheim;  1844 
aus  Wetzlar  ein  verbliebener  Rest  von  Rdchskamroergericfats- 
akten;  —  dann  die  in  Koblenz  beruhenden  Aktoi,  betreffend . die 
diesseitigen  Ortschaften  des  früheren  sarbruckener  Kreises;  — •  1846 
aus  Fleidelberg  die  Oberkircbenratlisakten  des  kurpfalzischen  evan- 
gelisch-lutherisclicn  Konsistoriums.  Zu  bedauern  ist  nur,  dass  nicht 


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Gesehiehte  des  KrriBareidTs  in  Speier. 


145 


auch  jene  des  refonnirten  Eonsistoriimis  —  eine  sehr  empfindliclie 
Ldeke  —  entdeckt  oder  ausgeliefert  sind.  Dann  kamen  endlich 
noch  Yerschiedene  andere  kleinere  Sendungen  aas  Koblenz  und  Karls- 
ruhe. 

Gegenüber  dieser  erfreulichen  Archivalionzunahme  muss  doch 
schmerzlich  borüliren  der  bedeutende  Diebstal,  welchen  1841  und 
1842  ein  pllicbtver{»ossoner  Diener  in  fast  allen  Archivparzellen  za- 
wegogobracht.  Das  Gostolene,  worunter  eine  panze  I^oiho  von  Per- 
ganienturkunden,  hatte  der  Dieb  nach  Frankonthal  und  Mannheim 
zentnerweise  verkauft.  Km  unschuldiges  üuuvickelpapier,  von  einem 
k.  Regicrungsbeamten  in  einem  Laden  zu  Mannheim  als  ein  Akt 
des  Archives  erkannt,  führte  zur  Entdeckung  des  Thäters.  Der 
gerichtlichen  Einsperrung  aul  sieben  Jare  entzog  sicli  dieser  durch 
Flucht  Wurde  auch  manche  noch  rechtzeitig  gereitet  —  die 
klaffenden  JMsea  bleiben  für  hnmer. 

Dieser  Vorfall  hatte  natürlich  AuGsefaen  erregt,  und  bedurfte 
es  doppelter  Vorsieht,  das  beraubte  Aichiv  unter  zuverlässige  Leitung 
zu  stellen.  Der  Dienst,  namentlich  der  laufende  Dienst  (iOr  Regierung 
und  die  Recfatsbedürfiiisse  streitender  Parteien,  wurde  genügend  ver- 
sehen, alldn  Aussragewj^liches  in  Repertorisirung ,  Regestirung 
und  dergleichen  zu  leisten  war  ein«^  I  'imiö^'Iif  hkeil,  schon  der  häufige 
Personalwechsel  lioss  es  nicht  zu.  Endlich  kam  der  politische  Sturm 
der  Jaie  1S48  und  1849.  Das  Archiv  lief  mehrmals  Gefar  einer 
Entfernung  oder  Zerstreuung  seines  Inhaltes.  Gegen  den  nächsten 
Anprall  stand  es  so  ziemlich  gesichert,  und  ging  zuletzt  aus  ße- 
w^;ung  und  Wirrwar  unangefochten  hervor. 

Der  bisherige  Vorstand,  der  seil  1847  die  Anstalt  geleitet,  liess 
1852  sich  nach  Nürnberg  versetzen.  Nun  beginnt  ein  neuer  Ab- 
sclmitt. 

(SebluM  folgt). 


ANhlTnUwIie  ZeltaehrifU  U. 


10 


X  Die  arcliivalischeD  Sammlungen  auf  Schloss 
Miltenbeig  in  Bayern. 

Yen 

Dr.  L.  Götze, 
k.  SUatsarehivar  n  Idstein. 

Die  archivalischen  Sammlungen  auf  Schloss  Miltenberg  ent- 
flammen dem  Nachlasse  des  Nassauisclien  Archivars  Friedrich 
Habel  (f  18()7)  und  gehören  jetzt  dessen  Neffen,  dem  Kreisrichtor 
a.  D.  Wilhelm  Gonrady.  Haljel  erkauf (c  den  grösslen  Tlieil  der- 
selben von  dem  vormals  kunnainzischen  llnivirsitätsprofessor,  Biblio- 
thekar und  Tribunalspräsidenlen  Dr.  jur.  Franz  Joseph  Bod- 
mann  (f  1820),  und  bebanddte  ihn  während  seines  ganzen  Lebens 
—  wie  er  sich  ausdrOckte  —  als  sein  »litterarisches  PHTateigen- 
thumc  ,  d.  h.  er  varstattete  keinen  Einblick  in  diese  reichhaltigen 
Samminngen;  und  da  er  auch  selbst  nichts  daraus  bekannt  gab,  ja 
trcrtz  mdirfiidißr  dfibutlicher  und  privater  Anregungen  nicht  efaimal 
zur  VeröfTenllichung  eines  Inhaltsverzeichnisses  zu  bewegen  war, 
so  blieb  der  Inhalt  der  Sammlungen  fast  ganz  unbekannt.  Ja  es 
wurde  sogar  versucht,  lediglich  auf  Grund  der  Keimtnis  dessen, 
was  andere  besessen  hatten  oder  besessen  haben  sollten,  einen 
Schluss  auf  den  Inhalt  der  Milfenberger  Sammlungen  zu  machen 
ein  Versuch,  bei  welchem  es  ohne  Irrthümer,  ganz  abgesehen  von 
der  Vollständigkeit,  nicht  abgehen  konnte. 

^  »Habel*«  bandsdiriftlieher  Nacbhmc,  im  XL  Bande  S.  886  %g.  dnr  An- 
nalen  de*  NaanniaelMn  Alterthnma-  und  Geeehiehbvenin& 


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Die  arehiTalisehen  Sammlungen  auf  Schloss  Miltaaberg  in  Bayern»  147 

Man  vermutlieto  in  Habers  Besitz  namontlich  ein  worlhvollcs 
Manuscript  des  9.  nrlor  10.  J.ihrliiindoi'ts :  die  vic'I;,'o.siulileii  Tradi- 
tion es  B Ii dons laden  SOS,  deron  Benutzung  »lor  Archivar  Lan- 
dau in  Cassel  zu  wissenschaftlichen  Zwecken  begehrte,  deren  Besitz 
Ilalx'l  nicht  in  Abrefie  stellte,  und  deren  Nichtgewüluung  dann  in 
den  Jahren  1859  und  18G0  ein  Gorrespondenzblatt  des  Gesannnt- 
vereins  der  AltorthumsTereine  zu  einem  ziemlich  hitzigen  Gonilicte 
fObrte,  wdefaer  seiner  Zeit  grosses  Aufisehen  erregte  Bfan  ver- 
muthete  femer  bd  Habel  eine  grosse  Anzahl  anderer,  auf  das  Gebiet 
des  Herzogthums  Nassaa  bezöglicher  Arduvalien ,  und  sp  wurde 
denn,  da  sein  Erbe  in  dieser  Hinsidit  durchaus  andern  Grand- 
sätzen huldigt  als  sein  Onkel,  schon  i.  J.  1868  der  damalige  Vor- 
steher des  Staatsarchivs  zu  Idstein  Seitens  des  Directoriums  der 
Pieussischen  Staatsarchive  mit  einer  Untersuchung  des  »Habel'schen 
Nachlassest,  wie  er  gewdnlich  genannt  wurde,  beauftragt. 

Mancherlei  Hindemisse,  deren  Anfühning  icli  als  für  die  Sache 
unwesentlich  übergehe,  stellten  sich  der  Vollziehung  des  Auftrags  ent- 
gegen. Von  meinen  Voi^ngern  vererbte  derselbe  auf  niirli,  als  ich 
vor  einigen  Jahren  mein  hiesiges  Amt  antrat ;  aber  aucli  ich  ver- 
mochte nicht  früher  dazu  zu  gelangen  als  im  Juli  1876,  wo  ich  drei 
Wochen  lang  mit  der  Dun  hlbrsciiung  dieser  Schätze  und  Abfassung 
der  unten  niitgetheilton  Verzeichnisse  ausschliesslich  beschäftigt  war. 
Zunächst  aber  gebe  ich  hier  einige  Nachrichten  ülier  die  Ent- 
stehung der  Sammlungen. 

Wenn  man  von  dem  »llabersclien  Nachlasse«  auf  Schloss 
Miltenberg  redet,  so  würde  man  im  Irrthuni  sein,  wenn  man  dabei 
bloss  an  eine  Sammlung  von  Archivalicn  denken  wollte.  Vielmehr 
fmden  sich  dort  auch  Oelgemälde,  Kupferstiche,  Ilandzetchnungen 
berühmter  Meister,  Incunabeto,  Siegel,  Mfinzen,  Mineralien,  eine 
treflniche  plastische  Darstellung  des  Pfalgraben-Gastells  Salburg  bei 
Homburg  von  sehr  beträchtlichen  Dimensionen  (ca.  3  Meter  lang) 
und  viele  andere  Gegenstände.  Habel  hat  diese  Sammlungen  theUs 
schon  von  seinem  Vater  ererbt  und  erweitert,  theils  selbst  angelegt 
und  erworben.  Die  Sammlung  von  Ardiivalien  hat  er,  wie  schon 
angegd)en,  von  den  Erben  Bodmann's,  dessen  Schüler  er  auf  dem 


')  Uorrespondenzlilalt  fttr  1859  Nr.  l  und  1860  Nr.  5.    Wieder  abgedruckt 
in  den  Annaien  des  Naamuiaehen  Qaehichtsvereins  XI,  8S6  fgg. 


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148  Götze: 

Gebiete  der  Diplomatik  gewesen  war,  gekauft  und  im  Laufe  der 
Jahre  nur  wenig  veigrOssert 

Jedenfisüls  ist  der  zu  Miltenberg  befindliche  Theil  von  Bodmann^s 
Sanunlungen  das  bedeutendste  Quantum,  welches  zusammen  ge- 
blieben ist;  denn  einen  TheQ  liat  er  selbst  nach  Darmstadt  ver- 
kauft, ein  anderer  ist  nach  seinem  Tode  verschleppt  worden,  wieder 
ein  anderer  an  die  Trierer  Stadtbibliothek  gelangt '),  und  noch  an- 
deres ist  schon  von  Pertz  —  wenngleich  vergeblich  —  in  England 
gesucht  worden. 

Wer  aber  nclc^'onhcit  frchabl  hat,  auch  nur  den  nach  Millen- 
berpr  gdanglen  Tlieil  von  IJodtnann's  Urkunden -Abschrillen  und 
wissi'iisrhafllichon  Ahhan<llunp'on ,  wchiio  slels  auf  urkundlicher 
(Jrundlaijo  beruhen,  /,u  (lurchumslern ,  wer  darauf  ♦geachtet  hat,  wie 
die  Thätigkeil  dieses  Mannes  selbst  da  noch  ungebrochen  blieb,  als 
sein  Kiirper  schon  gebrochen  war,  so  dass  er  nur  noch  mit  zitternder 
Hand  die  Feder  fähren  konnte,  der  wird  dasjenige  gerechtfertigt 
finden,  was  Schaab,  der  Verfosser  der  CSesdiidite  von  Mainz,  über 
ihn  urteilt: 

»Mit  beispiellosem  Fleisse  und  seltener  Geduld  sass  der 
gelehrte  Mann  Tage  und  Nächte  rastlos  an  seinem  Arbeits- 
tische, versagte  sidi  alles  VergnOgen  und  beschfiftq^  sich  mit 
der  Erforschung  und  Bearbeitung  der  Geschichte  des  gesammten 
Erzstifts  Mainz,  das  ihm  zum  zweiten  Vaterlande  geworden 
war.  Alle  Archive  von  Mainz  standen  ihm  während  vieler 
Jahre  zu  (Jebote:  er  durciisuchte  sie  mit  Liebe,  ausgerüstet 
mit  allen  dazu  erforderlichen  Vorken ninissen,  zu  seinem  Zwecke» 
daraus  eine  pragmatische  Geschichte  des  Mainzer  Kurstaats 
zu  bearbeiten.« 

So  anerkennend  tlicscs  Urteil  auch  lautet,  so  sagt  es  doch  noch 
zu  wenig;  denn  Bodmann  hat  nicht  bloss  alle  Archive  von  Mainz 
durchforscht  und  ausgelx'utet,  sondern  auch  die  Stifts-  und  Stadt- 
archive von  Worms,  Sj>eier,  Würzburg,  liamberg,  Augsburg,  Eich- 
sledt,  Freisingen,  Strassburg,  Hagenau,  Fulda,  Trier,  Cöüi,  Essen, 
Mfinster,  und  von  vielen  anderen  Orten  und  KlSstem  in  Säd-  und 
Westdeutschland,  z.  B.  auch  von  denen  des  Rheingaues;  er  hat 
audi  die  Mainzer  und  andere  Bibliotheken  durchforscht  und  giebt 
mehr  als  eine  Abschrift  ehies  alten  Necrologiums,  welches  er  auf 


Annalen  des  Nassaidsehen  GcaehichtsTeniiu  XI,  880. 


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Die  arebivaliacluui  Sammlmigen  auf  Sehkiu  MUtenbeig  in  Bayern.  149 


einem  Buchdixkel  erspäht  hatte.  Auch  in  die  Privatsammlungen 
drangt  sein  forschender  Blick;  auch  hier  wussle  er  das  WfM'thvolle 
aufzufinden ,  und  bei  seinem  inuuenseu  FK'issc  war  eine  solciic 
Auilindung  stets  gleichbcileutend  mit  Abschriflnaiime  und  Aufnahme 
in  seme  SanimluDgen. 

Somit  ist  das  obige  Urteil  von  Schaab  dahfai  zu  erweitom,  dass 
die  Bodmann*8chen  Saiiiinluiigen  noch  vieles  andere  als  Maguntiaca 
enthalten,  daas  aber,  was  besonders  seine  Arbeiten  betrifft,  die 
Maguntiaca  vorwiegen.  In  der  That  sind  sie  so  reichhaltig,  dass 
ohne  ilire  Durchforschung  nichts  über  Mainzer  Geschichte  gedruckt 
werden  sollte.  AUecdings  bin  ich  bei  dem  Mangel  eines  wissen- 
schaftlichen Apparats  auf  Schloss  Miltenberg  ausser  Stande  zu  be- 
urteilen, wie  viele  von  den  in  Bodmann's  Sammlungen  abschriftlich 
enthaltenen  Urkunden  bereits  gedruckt  sind;  audi  würden  bei  deren 
Massenhaftigkeit  und  der  Kürze  der  Zeit  dergU  ichen  Nachforschungen 
nur  ganz  verein/.ell  möglich  gewesen  sein.  Wenn  man  aber  ix'denkt, 
welche  Sciiicksale  die  Main/er  Archive  während  der  französischen 
Invasion  gehabt  iiahen,  wie  inzwisclien  inanrhes  archivalisclic  Ge- 
bäude, z.  B.  das  reichsritterschaflliclie  Arciiiv  /u  Main/,  i.  J.  1793, 
durch  die  Flammen  und  sonstig»'  äussere  (Jcwalt  zrrslörl  worden 
ist,  so  liegt  nichts  näher  als  die  Aniialinii',  dass  in  Hodmanii  s 
Sammlungen  sich  gar  manches  vorfinde,  was  nur  noch  in  dieser 
Gestalt  erhalten  ist. 

Wie  sehr  aber  Bodmann  darauf  bedacht  war,  das  dem  Unter- 
gang Geweihte  möglichst  zu  erhalten,  geht  wohl  am  besten  daraus 
hervor,  dass  diejenig«i  Idrchlichen  Gebäude  m  Mainz,  weldie  die 
FVanzDsen  abzubrechen  für  gut  fanden,  vorher  abzeich»^  und  die 
Zeichnungen  semen  Sammlungen  einverleibte,  wo  sie  sich  bis  heute 
erhalten  haben. 

Aber  nicht  bloss  durch  seinen  eisernen  Fleiss  hat  Bodmann 
seinen  Sammlungen  einen  hohen  Werth  verliehen,  sondern  auch, 
wie  schon  Scriba  hervorgehoben  hat ,  durch  die  tiefe  Einsicht  und 
Kenntnis  des  germanischen  Rechts  und  der  vaterländischen  (Josclii(  hto 
und,  wie  nicht  minder  betont  werden  nmss,  durcli  seine  genaue 
Kenntnis  der  Diplomatik  und  die  damit  zusammenliüngendu  Zuver- 
lässigkeit seiner  Arbeiten. 

Seit  1784  bekleidete  er  an  der  Mainzer  Universität  nc^ben  einer 
Professur  für  Jurisprudenz  auch  die  für  Diplomatik,  und  olme  Zweifel 
zum  Gebrauch  bei  seinen  Vorlesungen  hat  er  eine  beträchtliche  An- 


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150 


Götze : 


zahl  ¥m  Urkunden,  namentlich  der  früheren  Jahrhunderte,  mit  einer 
solchen  Genauigkeit  ÜBUssimilhl,  dass  diese  Gopien,  wenn  sie  auf 
altes  Pergament  geschrieben  wfiren,  selbst  Kenner  täuschen  könnten. 
Da  ist  kein  mechanisches  Nachmalen,  sondern  ein  tiefes  Hineinleben 
in  den  Cbarakter  der  einzelnen  Jahrhunderte  zu  erblicken. 

Dasselbe  gilt  von  den  Tausenden  von  Siegelteidmungen,  welche 
Bodmann  theils  seinen  Urkundenabschriften  beigefügt,  theils  zu  be- 
sonderen Sammlungen  vereinigt  hat.  Wie  jene  ohne  weiteres  dem 
Setzer,  so  könnten  diese  ohne  weiteres  dem  Lithographen  übeigeben 
werden. 

Ausser  diesen  Er\verbun<ren,  welche  Bodmann  seinem  eipenen 
Fleisso  verdaniite,  vf-rnulirlc  er  seine  Saiiiiiilungen  auch  durch  An- 
käufe von  Dri^niialien  sowie  von  Sainmlungeii  und  Arhc^ih^n  älterer 
Gelehrten.  Dahin  gehitien  die  heraldischen  und  genealogischen  Auf- 
zeichnungen des  Mainzer  Donivicars  (Jcorg  Hei  wich  (1588  bis 
1632  eines  sehr  lleissigen  und  zuverlässigen  Forschers,  die  ür- 
kundenabschriften  des  Barons  Johann  Christoph  von  Lim- 
bach, die  handschriftlichen  Werke  des  Propstes  Philipp  Karl 
Freih.  von  Greifenclau,  des  Wild-  und  RheingriLflidien  Archi- 
vars Christoph  Jacob  Kremer,  des  Mainzer  Geheimen  Raths 
J.  6.  Reuter  (1737  —  1814),  des  Biamzer  Professors  Franz 
Anton  Dflrr  (f  I80ö),  des  Fürstlich  Kirburgschen  Regierungs- 
und Archiwaths  G eo rg  Friedrich  Schott  (tl823),  des  Rhein- 
gruf liehen  Archivars  Lichtenberg,  sowie  noch  einige  Sammlungm 
und  Arbeiten  von  anderen,  deren  Namen  sich  nicht  fest?tellen  Hessen. 
In  den  meisten  Fällen  findet  sich  von  Bodmann's  Hand  die  An- 
gabe, wann,  von  wem  und  zu  welchem  Preise  er  die  Sachen  ei>- 
standen  hat. 

In  dieser  Beziehung  ist  ihm  der  V'orwurf  witlerreclitlicher  An- 
eignung gemacht  worden.  Am  weitesten  gehl  darin  Böhmer,  welcher 
in  einem  F^riefe  an  Jacob  Grinun  vom  '23.  Oct.  1839  schreibt: 

»Bodinann  s  Sachen   sinil   zum    Theil,  wie  er  sie  durch 
Diebstalil  gewonnen  hatte,  auch  wieder  zerronnen.   Habel  hat 
nur  den  Rest  der  hiesigen  (Frankfiirter)  Stadtbibliothek,  als 
sie  ihn  eb«a  ankaufen  wollte,  weggeschnappte 
Nach  meinen  Beobachtungen  und  Ermittelungen  kann  ich  diesen 


Biograph.  Notizen  in  der  Vorrede  von  Schaab's  Gesch.  der  Stadt  Mains 

s.  xxn. 


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Die  archinJischen  Saromlangai  auf  Schlom  Miltenberg  in  Bayern.  151 

Behauptungen  nicht  beistimmen.  Ich  befinde  niioh  natürlich  nicht 
in  der  Lage,  den  rechtlichen  Erwerb  jedes  oin/.ehien  Slücks  von 
Bodmann's  Sammlungen  nachzuweisen.  Wenn  aber  Br)linier  be- 
hauptet, dass  Bodmann  deren  ganzen  Inhalt  gestohlen  habe,  so 
beweist  er  damit  nur,  dass  er  die  Sammlangen  nicht  gesehen  bat; 
denn  schon  ein  flfichtiger  Blick  genügt  ,  um  den  immensen  Fleiss 
zu  erkennen,  mit  welchem  Bodmann  lausende  von  Urkunden  aus 
den  Tersdnedensten  Archiven  zu  bestimmten  Zweckm  «genhfinc^ 
abgeschrieben,  nicht  selten  auch  bearbeitet,  mitOnnmentaren  vers^ien 
und  die  Siegel  abgezeichnet  hat;  und  die  oben  erwähnten  Notizen 
über  den  Kaufpreis  so  manchen  Stückes,  -die  Bodmann  natOriich 
nur  für  sich  sdbst  darauf  geschrieben  hat,  sprechen  auch  für  das 
G^ntheil. 

Allerdings  sind  mir  auch  anderweitige  Nachrichten  zu  Ohren 
gekommen,  dass  er  sich  Original -Documentc  widerrechtlich  ange- 
eignet habe,  nämlich  aus  Kiedrich  im  Rheingau  und  aus  Hagenau 
im  Elsass.  Dort  soll  er  das  alte  (iorii  litsbuch,  liier  eine  grosse  An- 
zahl Urkunden  u.  dgl.  niitgeiioinmen  haben. 

Nun  ergiebt  sich  allerdings  aus  den  Miltenberger  Sammlungen, 
dass  Bodmann  auch  in  Kietirich  gewesen  ist  und  dort  gesammelt, 
aber  nicht,  dass  er  dort  gestohlen  hat.  Er  hat  nämlich  das  Anni- 
versar der  dortigen  Pfarrkirche  und  mehrere  Urkunden  des  Pfarr- 
archivs theils  abgeschrieben,  theils  excerpirt;  die  Originale  befinden 
sich  aber  noch  heute  m  Kiedrich  und  sind  mir  aus  eigener  An- 
schauung bekannt.  Das  Kiedrichs  Gerichtsbuch  aber  ist  nicht  in 
Miltenberg,  auch  nicht  in  dem  Katalog  verzeichnet,  auf  Grund  dessen 
Habel  den  Bodnuum'schen  Nachlass  gekauft  hat  (s.  unten);  über- 
haupt ist  in  Uiltenberg  kein  einziges  Originaldocument  aus  Kiedrich 
vorhanden, 

Ueber  Hagenau  fmden  sich  allerdings,  wie  das  unten  folgende 
Verzeichnis  Nr.  V  nachweist,  unter  dem  Ilaberschcn  Nachlasse  viele 
Originaldocumente,  und  der  Bürgermeister  dieser  Stadt  hat  i.  J.  1876 
in  Miltenberg  persönlich  um  deren  Auslieferung  nachgesucht,  aber 
als  Beweis  für  eine  Entwendung  durcli  Bodmann  nichts  weiter  an- 
zuführen vermocht,  als  dass  im  Laufe  der  letzten  70  Jahre  kein 
Fremder  ausser  Bodmann  in  die  Räume  des  Stadtarchivs  Zutritt 
erlangt  habe. 

So  lange  also  keine  stichhaltigeren  Giünde  vorliegen,  wird  es 
Pflicht  der  Pietät  sein,  das  Andenken  eines  deutschen  Gelehrten,  der 


152 


CHHie: 


mit  deutschem  Fleisse  bis  zum  letzten  Atliemzuge  gearbdtet  hat, 
von  solchen  Vorwürfen  frei  za  halten. 

Es  soll  dabei  nicht  weiter  betont  werden,  dass  sich  unter  den 
Sammlungen  nur  sehr  wenige  Mainzer  Origbialien  finden;  denn  diese 
hat  die  Grossherzoglicfa  Hessische  Regierung,  da  Bodmann  sie  for 
semem  Tode  nicht  zurückgegeben,  un  Jahre  1825  von  seinen  firben 
requirirt  und  in  schönster  Ordnung  vorgeftmd^;  aber  auch  aus 
den  zalilrcichen  anderen  deutschen  Hochstiflem  und  Städten,  deren 
Archive  Bodmann  ausgebeutet,  und  wo  eine  solche  Requisition  nichi 
stattgefunden  hat,  ist  die  Zahl  der  Originale  im  Vergleich  ZU  sonoi 
dgenhändigen  Abscliriflen  nur  unbedeutend. 

Wenn  man  aber  erwägt,  mit  welcher  Rücksichtslosigkeit  noch 
bis  in  die  neueste  Zeit  mit  alten  Handschriften  umgegangen  worden 
ist  wie  z,  B.  in  Nassau  noch  in  den  dreissiger  Jahren  die>es 
Jahrhunderts  die  Fergaincnthandschriften  der  Abtei  Arnstein  ledig- 
lich nach  ihrem  Perganientwerth  an  Buchbinder  und  andere  Per- 
sonen verkauft  worden  sind,  wie  der  erste  Band  des  Gopiara  der 
Abtei  Eberbach  im  Rheingau,  ein  werthvoller  Foliant  aus  dem  An^ 
fang  des  Xm.  Jahrhunderts  (der  sogenannte  Oculus  Memoriae,  jetzt 
im  Staatsarchiv  zu  Idsteui)  durch  Dorow  im  Jahre  1821  einem 
Buchbinder  entrissen  wurde,  nachdem  dieser  schon  5  BIfttter  heraus- 
geschnitten  halte ,  so  muss  man  zugelwn ,  dass  ein  Sammler  im 
Laufe  von  40—50  Jahren,  noch  dazu  iti  den  WirmisseQ  der  Fran- 
zosenzeit,  auf  die  recht  massigste  Weise  eine  weit  grossere 
Zahl  von  Originalhandschriflen  hätte  erwerben  können,  als  Bodmann 
je  besessen  hat. 

NMcht  minder  unrichtig,  weil  elxufalls  ohne  Kenntnis  der  That- 
sachen  abgegeben,  ist  das  Urleil  Böhmers  über  Habels  Erwerbung 
von  Bothnanns  Nacblass.  Die  Sammlungen  des  letzteren  sind  näm-  » 
Beb  von  semen  Angehörigen  nicht  mit  der  Sorgfalt  gehütet  worden, 
die  sie  verdimten;  vides  davon  ist  verschleppt  wwden.  EndUeh 
verstanden  sie  sich  dazu,  eme  Art  Verzeichnis  aufteilen  zu  lassen, 
und  zwar  ein  Verzeichnis  der  mangelhaftesten  Art,  auf  Grund  dessen 


*)  Vgl.  Band  I  dict>«r  Zeilächrifl  S.  6.  —  Lenz,  Markgräfl.  Bruiidenbuiigbche 
Urkunden,  Vorrede,  tbeilt  i.  B.  mit,  daw  in  einer  niirkiicben  Stadt  von  dem 
obersten  Boden  des  Rathhawes  rieh  Ute  SchiiUmlMn  gani  naefa  BaKeben  di« 

rrkuixli't)  zu  rtiischlSgen  Tur  ilire  ExereitienbOchcr  hMabgahdl  und  die  Segel 
zum  bcbubwacbs  gebraucht  liälteu.. 


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Die  «iclÜT«lisohen  Stminliingeii  auf  SehloM  MiUenbetg  in  Bayern.  153 

sie  molirerc  Jahn-  natli  Bodmanns  Tode  den  Nachlns.«  für  50U0  Oul- 
deii  der  Gio.ssher/oglicli  Hessischen  Regierung  zum  Kauf  anboten. 
Sie  eihielten  ablehnenden  Bescheid,  und  da  inzwischen  die  Bestände 
immer  mehr  decimirt  wurden,  so  nahm  sich  Habel  i.  J.  1828  der 
Sache  an,  drückte  den  Preis  bis  auf  2ü00  fl.  und  riclitcle  eine  Ein- 
gabe an  die  Na»sao!sche  Regierung,  worin  er  die  Erwerbung  dringend 
empfidil.  Er  empling  zur  Antwort,  daas  man  nur  dasjenige  ge- 
bniudien  könne,  was  ein  »spedeU  TaleriändiBeliesc  (i.  e.  Nassaidsclies)  ' 
Interesse  darbiete.  Auf  eine  solche  Ausscheidung  gingen  aber  die 
Erben  nicht  ein,  und  mit  Recht  Hierauf  entwarf  Habd  ein  Ver^ 
zeichnis  der  »spedeil  vaterländisehen«  Stficke  und  richtete  dne  neue 
Eingabe  an  die  Nassauische  Regierung  mit  dem  Bemeiken:  die  Re- 
gierung mOge  wenigstens  diese  Stücke  ankaufen;  er  wolle  dann  den 
Rest  nehmen.   Die  Regierung  ging  aber  auf  gar  nichts  ein. 

Inzwischen  wurden  Bodmanns  Sammlungen  durch  Verschleppung  ' 
immer  mehr  entwerthet  Seine  Erben  sahen  ein,  dass  sie  endlich 
losschlagen  müsslen,  wenn  sie  überhaupt  noch  einen  nerinenswerthen 
Preis  dafür  erzielen  wollten.  Sie  traten  also  mit  Habel  abermals 
in  Verbindung  (1830)  und  ermässigten  den  Kaufpreis  auf  500  fl. 
Abermals  wandte  sich  Habel  an  die  Regierung  seines  engeren  Vater- 
landes, und  als  abermals  ein  ablehnender  Bisclicid  erfolgte,  kaulte 
er  die  Sammlungen  selbst,  obgleich  oüO  11.  damals  für  ihn  keine 
unbedeut^de  Summe  waren. 

So  ist  der  Verlauf  auf  Grund  der  Acten,  welche  mir  in  HOten- 
heaeg  vergelten  haben.  Von  einem  »Wegschnappen«  gegenfibor  der 
Frankflirter  Stadtbibliothek  kann  keine  Rede  sein;  denn  Habel  hat 
von  dem  beabsichtigten  Ankauf  durch  die  Bibltotheksverwaltung  gar 
nichts  gewusst,  wie  Böhmer  später  (1860)  selbst  eingeräumt  hat 

Wenn  also  Habel  in  dieser  Hinsicht  nküit  nur  TÖHständig  Yor- 
wur&firei  dasidit,  sondern  auch  das  Verdienst  hat,  die  Bodmann'schen 
Sammlungen  mit  eigenen  Opfern  d(>r  Wissenschaft  erhalten  zu 
haben,  so  kann  doch  der  schon  bei  seinen  Lebzeiten  gegen  ihn  er- 


')  T'cber  diese  Verschleppungen  sollte  Habel  ikmIi  eine  eigenthQmliche 
Erfahrung  machen,  ab  er  schon  34  Jahre  lang  im  liesitz  deü  Bodmann'schen 
Nachlasses  war.  Unter  den  von  ihm  im  Jahre  1830  erworbenen  Archivalioi 
befand  sieh  auch  der  1.,  8.  und  i.  Band  tod  Hei  wichs  Annales  archiepi- 

scopnniTii  otc.  ecolesiae  Mngiiiitinac;  der  2.  Rand  fehlte.  Derselbe  fand  sich  im 
Jaliie  18G4  zu  Millenberg  im  Nadilasse  des  Bürgermeisters  Wirth,  woraus  Hal»el 
ihn  dann  acquirirte.   Wie  er  dorthin  gelangt  sei,  ist  niemak  ermittelt  worden. 


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154 


Gfltaet 


liobeiie  Vorwurf  nicht  von  ihm  genommen  werden,  dass  er  sie  der 
Wissenschaft  vorenthalten  habe.  Er  mag  zunächst  die  Absicht 
gehabt  haben,  die  mit  Opfern  erworbenen  Schätze  für  sich  selbst 
nutzbringend  zu  verwerthen,  dne  Absicht,  gegen  welche  nicht  nur 
nichts  zu  erinnern  gewesen  wftre,  sondern  deren  AusfQhrung  Ihm 
auch  den  Dank  aller  fVeunde  der  ▼aterlftndischen  Geschichtsforschung 
eingetragen  b&tte;  und  bei  dem  rüstigen  Alter,  in  welchem  er  zur 
Zeit  der  Erwerbung  stand  (er  war  damals  38  Jahre  alt),  hätte  er 
gar  manches  puMiciren  können.  Aber  Bodmanns  Studien  und  Samm- 
hmgon  galten  ausschliesslich  dem  Mittelalter  und  der  neueren  Zeit; 
Hal)el  vertiefte  sich  allmrdilich  in  die  Römisclie  Zeit  und  widmete 
sicli  der  Erforschung  und  Aufdeckung  ihrer  Reste.  So  mögen  ihm, 
unter  Hinzutritt  vielfacher  anderer  Heschäfligungen ,  die  Oodmann- 
s<iien  Heli(juien  vielleicht  selbst  etwas  aus  den  Au^'on  gekommen 
sein;  —  wenigstens  deutet  niclils  darauf  hin,  dass  er  sie  bis  ins 
Einzelne  durchsprdit  hat.  Hin  Jahrzehnt  nach  dem  andern  ging 
vorüber;  und  da  es  uiil  einem  derartigen  Privatbesitz  —  wie  auch 
sein  Erbe  dies  ganz  richtig  betont  —  wirli:Uch  eine  andere  Bewandtnis 
hat  als  mit  einem  Besitz,  der  nur  einen  Geldwerth  repräsentirt,  und 
dar  daher  för  Gdd  ohne  weiteres  erwwbai  werden  kann,  so  h&tte 
er,  da  er  selbst  zur  wissenschaftlichen  Verwerthung  seines  Besitzes 
nicht  gelangte,  competenten  Forsdiem  —  und  es  haben  ledit  be- 
deutende Gelehrte  bei  Ihm  angekk>pft  —  den  Zutritt  erdütaen, 
wenigstens  aber  sie  wissen  lassen  können,  was  er  denn  eigentlich 
besitze.  — 

Die  Samtnlungen  selbst  haben,  nachdem  Habel  sie  erworben, 
im  Verhältnis  zu  ihrem  ursprünglichen  Bestände  keine  grosse  Ver- 
mehrung erfahren;  hinzugekommen  sind  einige  Arl)eiten  und  Samm- 
lungen von  Schott,  dem  Mainzer  Domcapitular  Dahl  (f  1833)  und 
einige  Rheingauer  Sachen.  Entilussert  hat  sich  Habel  nachweisbar 
nur  eines  Stückes,  nämlich  einer  Handschrift  des  XI.  Jahrhunderts, 
enthaltend  die  Privilegien  des  Doms  •  zu  Magdeburg,  welche  er 
i.  J.  1833  an  die  Königliche  Bibliothek  zu  Berlm  Terkaufle.  Die  Acten 
darfiber  smd  in  Hiltenberg  noch  vorhandoi;  und  da  er  auch  sonst 
seine  Ck»rrespondenz,  die  Briefcouverts  nicht  ausgeschtossen,  sorgfiUtig 
aufbewahrt  hat,  so  darf  man  annehmen,  dass  fiber  den  sonst  noch 
fehlenden  Stucken  aus  Bodmanns  Sammlung,  filier  welche  keine  be- 
sondere Corrcspondenz  vorhanden  ist,  irgend  ein  aboondflriidiei 
Schicksal  gewaltet  hat 


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Die  arehiraliieheii  Sammlonewn  auf  Sehkm  Mfltenbeig  In  Bayern.  156 

So  findet  sich  z.  R.  in  dem  auf  Veranlassung  von  Bodmanos 
Erben  aufgcstelHon  Verzeichnisse  unter  anderm  aur^jelührt; 

»Matricula  IV.  et  V.  universitatis  Coloniensis.c 

Diese  Theile  der  Gölner  Univeisitäls-Mulrikel ,  deren  erster 
Band  verloren  ist,  während  der  /weite  und  dritte  sieh  noch  in  Cöln 
befinden,  sind  in  Miltenberg  nicht  vorhanden,  und  es  lindet  sich 
auch  keinerlei  Notiz  über  ihren  Verbleib.  Wahrscheinlich  hat  Habel 
»e  gar  nicht  bekommen,  sondern  sie  sind  d«n  Bodmann'schen 
Nachlasse  schon  vorher  entfiremdet  worden.  Dass  Habel  sie  in  dem 
Verzeichnisse  nicht  gestrichen  hat,  beweist  nichts;  denn  die  nach 
Berlin  rerlnufle  Handschrift  hat  er  auch  nidit  gestrichen,  äberfaaupt 
Ober  seine  Bestände  niemals  Inventar  gefährt. 

Anders  verhfilt  es  sich  nnn  mit  den  vielgesuchten  Bleiden- 
städter  Traditionen,  deren  Aufßndung  auch  bei  der  jetzigen 
Durchsicht  der  Sammlungen  nicht  gelungen  ist. 

Unter  den  ungedruckten  Quellenschriften,  welche  Bodmann  für 
seine  Rheingauischen  Alterthümer  benutzt  hat,  führt  er  folgende  an: 

1.  Indiculus  Iraditionum  monasterü  Blidenstad.  aus  dem  IX. 

und  [blyenden  Jahrhundert 

2.  Bleidenstädter  Traditions-Hotul.*). 

3.  »  Traditionsbuch 

4.  Summarium  et  registruin  traditionum  Bliilenslad.*). 

Ob  unter  diesen  Bezeichnungen  vier  besondere  Ilandscluillen 
zu  verstehen  seien,  mag  für  jetzt  dahin  gestellt  bleiben,  da  keine 
emzige  davon  vorhandoi  Ist  Fest  steht  aber,  dass  Bodmann  eine 
solche  besessen  hat;  denn  anf  S.  11  der  Rheingaiier  AHerthümer 
q>richt  er  ausdrflcidich  von  seinem  Bleidenstadter  Thklitionsbache. 
Aber  in  dem  Verzeichnisse,  auf  Grund  dessen  sein  archi- 
valischer  Nachlass  an  Habel  verkauft  worden  ist,  ist 
weder  ein  Bleidenstädter  Traditionsbach  noch  irgend 
eine  der  oben  benannten  Handschriften  erwähnt. 

Wenngleich  nun  das  Verzeichnis  höchst  mangelhaft  ist,  so  muss 
doch  das  Felilen  eines  solchen  Capitalstücks  im  höchsten  Grade  be- 
fieiaden,  namentlich  da  Bodmann  die  hervorragendsten  Stücke  seiner 


*)  Rhcingaiilselie  Alterthflmer  S.  10,  44,  674^  689. 

•)  Ebend.  S.  130,  891. 

»)  Ebend.  S.  11,  86,  97,  100,  116,  591. 

*)  Ebenda  nach  S.  92  u.  99  saec  IX.  u.  X.  nach  S.  120  vuu  1019—1092. 


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« 


156  CMKae: 

Sammlung  durch  besondere  Aufsdirinon  als:  »Manuscriplum  sacculi  X. 
auro  carius«  elc.  ausgezeichnet  hat.  So  ist  dt  iii  jetzt  ältesten  Original- 
nianuscript  in  Millcnbei'^'  (Dialog,'!  Gregorii  Papae),  einer  llandschril't 
des  IX.  oder  X.  rlahrhunderts,  (»iti  ganzer  Bogen  beigelegt,  auf 
welclieni  Bodniann  die  llundschrift  beschreibt  und  beurteilt.  Sollte 
er  das  Bleidensiädter  Traditionsbuch  weniger  rficksichtsvoll  be- 
handelt haben? 

Das  Stift  Bleidenstadt  ist  überhaupt  in  jenem  Verzeichnisse  nur 
durch  ein  Schriftstfick  vertreten,  n&mlich: 

»No.  iSO.  Historische  Nachricht  von  dem  ehemaligen  Kloster 
und  nunmehrigen  Ritterstifle  zum  h.  Ferrutius  tu  Bleiden- 
stadt. 1  Bogen,  c 

Wegen  dieser  »Historischen  Nachrichtc  ist  nun  Seitens  des 
Nassauischen  Geschichtsvereins  schon  frCOier  bei  Herrn  CSonrady  an- 
gefragt und  von  diesem  die  Antwort  ertheilt  worden*),  »es  hätten 
sich  m  Miltenbetg  bis  dahin  weder  diese  »Historische  Nachricht« 
noch  die  »Bleidenstädter  TVadItlonen«  auffinden  lassen«.  Bei  der 
Durchsicht  der  Sammlungen  im  Sommer  des  Jahres  1876  habe  ich 
nun  diese  »Ilistorist  ho  Narhricht«  auigefunden;  aber  es  ist  dies  nur 
eine  von  Bodniann  i.  ,1.  1797  au?goarbeitete  kurze  Geschichte  des 
Stills  r.loi(k'n>tadt  auf  einoni  IJogcn  Quart,  l'ür  welche  überdies  nur 
geihiK  kle  Ouellcn  benutzt  sind,  und  aus  welcher  mit  Sicherheil  her- 
vorgeht, dass  Büdinarni  i.  J.  1797  noch  koins  jener  alton  Manu?crif)te 
katuite,  die  er  spätor  ijci  sciin'ii  r>jieingau(M-  Alterthüniern  benutzte. 
Auch  i.  J.  liSOH  kann  dies  nocli  nicht  der  Fall  gewesen  sein;  d(mn 
in  einem  knr/.en  Narhlrage  aus  diesem  Jahre  wird  eine  weitere 
Quelle  für  Bleidenstädter  Gesihidile  angeführt,  die  aber  keine  von 
jenen  alten  Handschriften  ist.  Bodmann  kann  diese  also  erst  in 
den  Jahren  1803—20  kennen  gelernt  und  erworben  haben. 

Aber  wo  waren  sie,  als  seine  Erben  jenes  Verzeichnis  aufstellen 
liessen?  Sollte  dessen  Verfisisser  nur  die  verfaältnissmässig  un- 
bedeutende Abhandlung  Bodmanns  über  Bleidenstadt  bemerkt,  jene 
alten  Quellenschriflen  aber  übersdieii  haben? 

Sonach  wfirde  die  bisherige  Annahme,  dass  die  Bleidenstftdter 
Traditionen  aus  Bodmanns  in  Habds  Beatz  übergegangen  seien, 
auf  sehr  schwachen  Füssen  stehen,  wenn  dieser  nicht  selbst  die  ge- 


')  ^Vunaleii  des  Nai>sauii>clien  GeschichUveruinä  XI,  S.  381. 


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» 


Die  ardiiTaliscben  Sammlungen  auf  Schlofls  Ifittenbeig  in  Bayern.  157 

lehrlo  Welt  in  dem  Glauben  gelassen  und  bestärkt  hätte,  dass  er 
eine  solche  Handschrift  besitze. 

Als  er  von  dem  Archivar  Landau  um  Einsichtnahme  des  »Liber 
traditionuiii  Blidcnsladensium«  und  des  »Registrum  bonorum  niona- 
sterii  Blidenstadcnsis«  angegangen  worden  war,  so  wurde  er,  wie 
Landau  sehnibt,  nacfadem  er  vorher  alle  Zuschriften  unbeantwortet 
gelassen  hatte,  »auf  der  Versamnilang  zu  Augsburg  im  September 
1857  durch  Herrn  Minister  Braun  deigestaU  in  die  Enge  getrieben, 
dass  er,  freilich  nur  mit  sichtbarem  Widerstreben,  das  Versprechen 
gab,  die  bezeicJineten  Handschriften  ihm  im  nftchsten  Fröh- 
jahre  mifasuthdlen«*),  oder,  wie  Habel  in  seiner  Erwiderung  sich 
ausdrückte,  »unter  Umständen  in  wahrscheinliche  AtHsicht  zu  stcllenc. 
Er  hat  somit  den  Hositz  der  von  Landau  sijecieil  benannten  Hand- 
schriften nicht  in  Abrede  go?;tcllt,  freilich  auch  niemals  direcl 
ausgesagt,  dass  er  Handschriften  des  IX.  oder  X.  Jahrhunderts 
über  Rleidenstadt  bc^it/e;  denn  in  jener  KrwidfMung  spricht  er  nur 
von  »L'iiK.'r  iri  seinem  l'riviitlje.sitz  belindliclien  lIundschriH  über  das 
Kloster  IMeideiistadtc,  ohne  sie  näher  zu  l)ezei(  hnen.  Da  ihrn  ;iber 
Nachfragen  nai  Ii  dem  Inlialte  seiner  archivalischcn  Sammlungen 
stets  unangenehm  waren,  da  er  darüber  weder  mundlich  noch 
sehrifUich  Jemals  Au^nfl  gegeben  und  selbst  Männern  wie  Böhmer 
und  Uhland,  welche  ihn  eigens  deshalb  besuchten,  keinen  Einblick 
in  seine  Sammlungen  verstattet  hat,  so  ist  doch  wohl  anzunehmen, 
dass  er  sich  der  unbequemen  Anfrage  Landau's  am  einfachsten 
durch  die  Erkläning  entledigt  hätte,  dass  er  die  gewünschten  Hand- 
schriften nicht  besitze.  Auf  keinen  Fall  aber  kann  in  Abrede  ge- 
stellt werden,  dass  die  IJngewissheit  über  den  Verbleib  der  Traditiones 
BUdenstadenses  durch  ihn  wesentlich  herbeigeführt  ist. 

Bei  dem  jetzigen  Besitzer  von  Habels  Nachlass  ist  jeder  Ge- 
danke an  eine  geflissentliche  Zurückhaltung  irgend  eines  Stückes 
unstatthaft.  Von  dem  spociollen  Inhalte  der  Sammlungen  hat  er 
erst  nach  Habels  Tode  Kenntnis  erhalten;  und  was  insonderheit  die 
Traditiones  Blid(>nsta(lenses  anlangt,  so  weiss  er  darüber  nicht  mehr 
als  jeder  andere,  würde  aber  gewiss  sehr  erfreut  sein,  wenn  er  sie 
noch  auftande  und  der  Geschichtsforschung  zur  Verfügung  stellaa 


Landau  im  Correspondpnzblalt  der  dcutsclien  Allertli ums -Vereine  für 
1869,  Nr.  1  S.  6,  wieder  abgedruckt  in  den  Annalen  des  Naasauiscben  Geschieht!« 
Teidns  XI,  886. 


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158 


Gülze: 


könnte.  Hoffen  wir  also,  dass  die  Vermothung,  dass  Habel  der 
einstige  Besitzer  dieser  Geediichtsquolle  gewesen  sei,  eine  Yennnthung, 
welche  durch  die  oben  mitgetheOten  Thatsachen  jedenfalls  stark  ei^ 
schüttert  wird,  sich  doch  noch  bewahiheiten  mOge.  Wir  würden 
dann  üt>er  die  eigentliche  Beschaffenheit  dieser  Geschiditsqaelle  ebenso 
zuverlässigen  Aufechluss  «langen,  als  wir  jetzt  noch  darfiber  im 
Unklaren  sind.  — 

Was  nun  die  Ordnungsverhältnisse  der  Sammlungen  an- 
langt, so  hat  Habel  für  die  Repertorisirung  und  wissenschaflliche 
Nutzbarmachung  seiner  ar(  hivnlisclien  Schätze  nichts  gcthan,  ja, 
wie  schon  l)cmorkt,  nicht  einmal  das  V^erzeichnii?,  welches  heim  An- 
kauf zu  rjrnnde  gelegen  hatte,  dem  wirklichen  Ijcslande  angepasst, 
EIm'Iiso  wenig  hat  er  freilich  über  seine  sonstigen  beträchtlichen 
Saininiimgen  Inventar  geführt.  Er  hatte  die  Idee,  das  Schloss  Milten- 
berg zu  einer  Art  Museum  umzugestalten  und  dort  also  eine  Ord- 
nung seiner  Bestände  zu  bewirken.  Aber  dort  mutsten  erst  Auf- 
bewahrungsräume geschaffen  werden;  denn  1.  J.  1859,  wo  er  es 
erkaufte,  enthielt  es  nur  ein  bewohnbares  Zimmer,  während  hi  den 
übrigen  Räumen  allerlei  Hausthiere  logirten.  Uefaerdies  stand  Habel 
damals  bereits  im  68.  Leben^ahre.  Mitten  unter  diesen  Arbeiten 
überraschte  ihn  der  Tod. 

Sein  Erbe  hatte  sich  zunächst  in  den  verschiedenen  Sammlungen 
zu  orienliren  und  konnte  zu  einer  systematischen  Ordnung  und  Ver- 
zeichnung des  archivalisrhen  Theils  derselben  auch  noch  nicht  ge- 
langen. Dabei  ist  IVeiiicii  nicht  zu  übei-sehen,  dass  die  Roi)ertorisirung 
jeder  einzelnen  Urkunde  oder  Urkundenabschrift,  sowie  die  Fest- 
stellung, ob  die  letzteren  nodi  im  Original  ocier  nur  in  dieser  Gestalt 
vorhanden  seien,  einen  fleissigen  Arbeiter  auf  ein  paar  Jahre  mit 
Arbeit  versorgen  würde,  und  dass  überdies  ein  wissenschaftlicher 
Apparat  erforderlich  wäre,  wie  er  nur  an  wichtigeren  Gentraipunkten 
wissenschaftlichen  Lehens  zu  finden  ist,  von  emem  Privatnmnne  aber 
lediglich  ad  hoc  kaum  jemals  beschafft  worden  dürfte. 

Wtfklich  genau  verzeichnet  smd  nur  337  Originahirkunden,  über 
welche  am  Staatsarchive  zu  Düsseldorf  in  den  Jahren  1870  und  1871 
Repotorien  aufgestellt  wurden.  Sie  betreffen  grossentlieils,  aber  nidit 
ausschllessli(  Ii,  den  dortigen  Archivsprengel,  dorh  auch  andere  ober-, 
mittel-  und  niederrheinischc  wie  auch  westlalische  Gebiete.  Mehrere 
der  Urkunden  und  Actenstücke  von  knrkölnischer  und  westfälischer 
Provenienz,  besonders  die  Hebe-  und  ächatzr^ister  Münster'scher 


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Die  archivaliachen  Sammlungen  aof  Schioss  Miltenberg  in  Bayern.  159 


Aemto  und  Kirchspiele  sind  auf  Umschlägen  und  Rückseiten  mit 
Ueberschriflcn  und  Notizen  von  der  Hand  Nicolaus  Kindlingers 
(1749—1819),  des  bekannten  Essen'schen  und  Fulda'sehai  Archivars 
und  Sammlers  versehen  %  und  aller  Wahreebemlichkeit  eine  Zeit 
lang  im  Besitz  dieses  Hannes  gewesen*).  Das  eine  dieser  Re- 
pertorien  findet  sidi  abschriftlich  auch  in  Hiltenberg. 

Ferner  sind  am  Grosshensoglichen  Hans-  und  Staats-Archive 
zu  Dannstadt  weitere  474  UUtenberger  Urkunden  repertorisirt  wor- 
den, von  denen  aber  nur  ca.  220  auf  Gebietstbeile  des  Gross- 
herzoglhums  Hessen,  dagegen  ca.  60  auf  Nassau,  150  auf  Elsass- 
Lothringen,  42  auf  mittel-  und  niederrheinische,  westfälische  und 
andere  Gebiete  Bezug  haben.  Die  Original-Regesten-Zotlol  (von  der 
Hand  des  Arcbivdirectors  Geb.  Raths  Dr.  Baur)  iinden  sich  in 
Miltenberg. 

Ausserdem  hatte  der  Besitzer  der  Samnilung'en  kurz  vor  meiner 
Ankunft  in  Miltenberg  noch  ca.  100  Originalurkunden  autgefunden, 
die  sich  meist  auf  Westfalen  beziehen.  Ich  konnte  dieselben  nur 
allgemein  nach  den  Territorien  resp.  Gegenstünden  gruppiren,  welche 
sie  betrafen.  Auf  eine  specielle  Repertorisirung  einzelner  Urkunden 
oder  Ufkundenabschriften,  vrelche  letztere  nach  Tausenden  zählen, 
konnte  ich  mich  natürlich  nicht  ehdassen;  viehnefar  musste  ich  als 
meine  Aufj^abe  betrachten,  die  Bestände  in  ilirer  Gesammtheit  einer 
Revision  zu  unterziehen,  welche  bisher  durch  einen  Fachmann  nicht 
stattgefunden  hatte,  und  einen  Ueberblick  und  Einblick  in  den 
Hauptinhalt  der  Sammlungen  zu  eröffnen,  welcher  bisher  nicht  mög- 
lich gewesen  war. 

Allerdings  halle  bereits  der  Geheime  Rath  Dr.  Baur  von  Darm- 
stadt von  dem  bibalte  diec  Sammlungen  an  Ort  und  Stelle  Kenntnis 
genommen ;  aber  nur  so  viel,  als  in  zwei  Tagen  möglich  ist.  Ferner 
war  i.  J.  18G8  ein  Vorstandsmitglied  des  Nassauischen  Geschichts- 
vereins, Professor  Bernhardt  aus  Wiesbaden,  in  Miltenberg  gewesen; 
aber  auch  zu  Imrze  Zeit,  als  dass  die  Untersuchung  hätte  gründlich 


')  Biograph.  Nachrichten  über  ibu  in  den  Aniialcn  des  Haas,  Geschieht»* 
veniiis  XI,  366  fgg. 

*)  Nach  geOUliger  Mittheilung  des  Arcfaimtht  Dr.  Hariess  in  IXtaaeMorr. 

Ich  selbst  habe  von  den  Miltenberger  Archivalieu  diejenigen  grundsStzIicb  von 
einer  genaueren  Untersuchung  ausge?chlosscn ,  welclio  srlioii  anderweitig  ver- 
teichnet  waren.  Des  durchzusehenden  Maleriaiä  blieb  doch  uuch  so  viel  übrig, 
dass  es  nidit  vfllUg  bewfihigt  werden  koante. 


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160 


GAlie: 


sein  können.  Es  crgiebt  sich  dies  nicht  allein  aus  der  Gerinf^fügij?- 
keit  der  Milllieilungen,  die  kaum  10  Druckzeilen  füllen*),  sondern 
auch  daraus,  dass  sie  Unrichtiges  enthalten.  Denn  nicht  bloss  die 
Zahl  der  Originalurkunden  ist  viel  zu  gering  angegeben  (443  statt 
900 — 1000);  sondern  es  soll  sich  auch  in  Miltenberg  eine  ToIbtAndige 
zweite  Auflage  von  Bodmanns  Rbeingauisehen  Alterthämern  band- 
schriftlich Torfinden,  während  nur  ein  grosser  Pappkasten  mit  Bod- 
mann'sdien  Notizzetteln  vorhanden  ist,  welche  Zusätze  und  Nacfalrlge 
zu  dem  genannten  Werke,  allerdii^  in  sehr  grosso'  Zahl,  enthalten. 
Die  Existenz  einer  vollständig  ausgearbeiteten  zweiten  Auflage  des 
Bodmann'schen  Buches  ist  schon  an  sich  unwahrscheinlich,  da  die 
erste  Auflage  des  umfanfrreichen  Werkes  erst  im  Februar  1819  die 
Presse  verlassen  hat  und  Bodmann  bereits  im  October  1820  ge- 
storben ist. 

In  der  That  war  die  Zeit  von  drei  Wochen,  die  mir  zur  Durch- 
forschung der  Sammlung'  gewährt  war,  und  die  doch  no<^h  um  zwei 
Tage  ül»MS(  liril!en  wurde,  das  Minimum,  welches  aufgewandt  werden 
musste,  um  eine  Gesamnitübersiclit  zu  gewinnen,  namentlich  da 
gar  manches  umfangreiche  Schriftstück  des  Titels  entbehrte  und 
daher  erst  durch  Prüfung  des  Inhalts  ein  solcher  geschaffen  werden 
musste. 

Eine  ganz  voUstindige  Verzeichnung  des  gesammtoi  archlTali- 
schen  Materials  war  aber  trotz  angestrengtester  Thftt^keit  mnerhalb 
der  angegebenen  Zeit  nicht  durchfuhrbar;  ich  glaubte  daher,  sobald 
sich  diese  Gewissheit  im  Laufe  der  Arbeit  herausstellte,  als  Be- 
auftragter der  Preussischen  Aitüiiwerwaltung  mein  Augenmerk 
darauf  richten  zu  sollen,  dass  wenigstens  alles  dasjenige  in  leidlicher 
VoUsländigkeit  verzeichnet  wurde,  was  sich  auf  Preussische  Archiv- 
sprengel bezieht.  Die  Collegen  in  Bayern  und  Hessen  mache  ich 
daher  ausdrücklich  darauf  aufmerksam,  dass  sie  in  Miltenlx^rg  noch 
verschiedenes  vorfinden  werden,  welches  in  den  nachstehenden  Ver- 
zeichnissen fehlt,  während  aus  Badischen  und  Würtember^ischen 
Districtcn  überhaupt  nur  weniges  dort  vorhanden  ist.  Indessen 
glaulx'  uml  liüfle  ich,  dass  die  nachfolgenden  Verzeichnisse  nicht  den 
Eindruck  einer  engherzigen  Bt.'S<iiränkung  hervorrufen,  vielmehr  dar- 
thun  werden,  dass  trotz  der  nicht  völlig  ausreichenden  Zeit  doch  die 
Wichtigkeit  des  Gegenstandes  und  das  allgemeine  historische  Interesse, 


Annalen  dis  Nm.  OesehicfatBvereiiis  XI,  887. 


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Die  arehivaiisehen  SammlungHi  auf  Scbloas  Miltenberg  in  Bayern.  l$l 


welches  er  zu  gewäliren  vermochte,  stets  in  erster  Linie  von  Ent- 
scheidung gewesen  sind. 

Nicht  verzeichnet  sind  auch  zahhciche  juristische  Autsätze,  Col- 
legicnhefto  jnriplischer  Üocenten,  Rerhtsgutachlen  etc.  aus  dem 
vorigen  Jahriiundert ,  die  zu  Miltcnhcrg  vorhanden  sind,  sofern  sie 
nicht  zugleich  ein  historisches  Interesse  beanspruchen  und  urkund- 
Kehes  Material  absefariftHeh  enthaHen.  Hier  wäre  überbanpt  erst  zu 
pröfen,  wie  Tiel  Werth  Omen  noch  beizulegen  ist,  wie  denn  über- 
haupt nicht  zu  Tofcennen  ist,  dass  diesoi  werthvoUen  Sammlungen 
durch  ihren  langen  hennetischen  Abschluss  von  der  Welt  und  Oven 
nachherigen  Transport  nadi  efaiem  Orte,  der  erst  gegen  Ende  des 
Jahres  1876  durch  eine  Eisenbahnverbindung  ohne  Schwierigluit 
errachbar  geworden  ist,  ein  recht  schlechter  Dienst  erwiesen  wor- 
den. Denn  wenn  auch  wirlUich  seit  dem  Jahre  1830,  wo  Habel  in 
den  Besitz  dieser  Sanimlnngen  gelangte,  Seitens  der  Besitzer  nichts 
zur  Evidentstolliing  des  Inhaltes  geschehen  wäre,  so  würde  dies 
doch  wenigstens  theilweise  durch  andere  geschehen  sein. 

Manches  Stück  von  der  Hand  des  flcissigon  Bodmann  würde 
vielleicht  früher  diesem  oder  jenem  Gelehrten  die  Arbeit  erleichtert 
haben,  während  es  jetzt  bereits  anderweitig  bekannt  geworden  ist. 
Mögen  die  folgenden  Mittheilungen  über  den  Inhalt  der  Sammhmgen 
dazu  beitragen,  sie  ▼on  jetzt  an  für  den  IKenst  der  TaleriSmlisdien 
Wissenschaft  nutzbarer  zu  machen. 

k  ArcMvalleni 

welche  auf  die  Geschichte  des  deutschen  Reiches  überhaupt 
oder  grösserer  Districte  desselben  Bezug  haben,  grössere  Werke  (Iber 
Genealogie,  Heraldik  u.  s.  w. 

1.  Job.  Chpii,  liber  Baro  de  Limbach,  Collectio  fundationum, 
donationum,  immunilatum,  privilegiorum  alfjue  alioruui  diplo- 
malum.  Urkundenabsciiriflen,  beginnend  mit  dem  Jahre  591 
(Vergleich  zwischen  den  Frankenkönigen  Guntram  und  Gilde- 
bert und  der  Eönigm  BrunhOd).  6  sehr  dicke  Folianten 
(ä  12—16  Gtm.  Stärke).  Absduiflen  gut  Aufbewahrungsort 
der  Originale  nicht  immer  angegeben,  dagegen  kurz  bemerkt, 
ob  damals  gedruckt  oder  nicht. 

Band   I:  591-^  Bd.  Hl.  saec.  XI. 
*     U:  901-999.    »    IV.    »  Xa 

ArehinUlMhe  ZeiMchrlft  IL  11 


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162 


Götze: 


Band  V:  saec.  Xffl.   Bü.  VUl.  saec.  XVI. 
»    VI  und  Vn  rdden. 

2.  Lichtenberg  (Rheingräflicber  Archivar),  Regesta  diplo- 
oiatica  de  anno  511 — 1616.  GrOsstentheils  Regesten  von 
Kaiser-  resp.  Königsurkunden  nach  der  Zeitfolge  mit  Angabe 
der  Zengen.  Ein  Gonvohd  in  Quart,  ca.  12  Gtm.  stark. 

3.  Georgii  Hei  wich  Moguntini  Opus  geneakgicum  (hmiliarum 
Romani  Imperii  uobilitate  perspicuamm  ex  histonis  et  manu- 
scriptis  summo  studio  ac  iabore  coUectum  ac  secundum  ordinem 
alphabeticum  dispositum  in  tomos  VUI.  Mit  Wappenzeich- 
nungen, Stammbäumen,  eingeklebten  Urkunden  in  Original 
und  Abschrift.  IIanils(  hrift  des  17.  Jahrhunderts.  8  grosse 
Folianten  nebst  1  Folianten  Index.  —  Wer  dies  Werk  gesehen 
hat,  wird  das  Prädical  »summo  studio  ac  labore  collectum« 
gern  untersclueiben.  Das  Werk  wurde  verfasst  auf  Veran- 
lassung des  Mainzer  Kurfürsten  Georg  Friedrich  von  Greifen- 
clan (1626—1629),  und  gab  die  Grundlage  m  dem  folgenden: 

4.  Manuale  genealogicum-heraldicum,  d.  L  historisch  und  geoealo- 
glaches  Handbuch  der  uralt-adeüchen  ritterscbafUicheD  und 
tumiennAssigen,  theOs  wirklich  erfoechenen  und  afagestorboien, 
theils  annoch  lebend-  und  florirenden  edeln  Geschlechter  d^ 
drei  römischen  Reichscantons  und  Kreisen  des  edeln  Rhein- 
stroms, Franken,  Schwaben  und  Elsass.  Durch 
Philipp  Carl  Freiherr  vonGreifencIau  zu  Vollraths, 
der  Domstifter  Mainz,  Würzburg,  Speyer  Domcapitular,  auch 
Probst  zu  Unser  Liclx'n  Frauen  zur  Groden  in  Mainz.  —  Mit 
farbigen  Wappenzeiciinungen.  4  starke  Folianten.  Handschrift 
des  XVII.  Jahrhunderts.  — 

Dieses  Werk  wurde  die  Grundlage  zu  Maximilian  v.  llum- 
brachis  Werke:  »Die  höchste  Zierde  Deutschlands«,  Frank- 
fort  lt07  >). 

5.  Zwei  Wappcnbächer  mit  farbigen  Zeichnungen,  nicht  nfiher 
bezeichnet,  dem  KV.  Jahrhundert  angehflrig.  Folio,  3  reep. 
6  Gtm.  stark. 

6.  Wilh.  Werner  Graf  v.  Zimbern,  VieeprSsident  des  Reicfaa- 
kammeigerichts  zu  Speyer:  Chronik  der  Bisthümer  Mains, 
Worms,  Würzburg,  Eichstädt,  Speyer,  Strass- 


■)  VgL  Schaab,  Geschichte  von  Maini,  Band  I,  Vorrade  S.  XXUL 


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Dia  arahivaliflchen  Sammlungen  auf  Schloss  Miltenberg  in  Bajen.  163 


bürg.   Ms.  saec.  XVI.   Pap.  Fol.  ca.  400  Blatt.  Beendigt 

im  J.  1538. 

7.  Vier  Scliriftslücke  (gleichzeitig)  betr.  die  Ergebung  und  Gefangen- 
nahme des  Landgrafen  Philipp  von  Hessen  L  J.  1547. 

»Articnll  daiauf  die  RSm.  Kay.  IMaj.  bewilligt  Tnd  zu  ge- 
lassen, das  der  Landtgnve  zu  Hessen  vor  Dürer  Kay.  Uaj. 
endiemen  mOge«  (2mal  vorhanden).  In  §.  28  werden  der 
Adel  und  die  Unterthanen  des  Landgrafen  Terpilicbtety  »nach 
seiner  poson  zuzugreifen  und  Ihrer  Maj.  ihm  zu  fibcrantwor- 
worten,  im  fal  der  Landgrave  hie  zuwider  etwas  handelt«. 

»Der  Kay,  Mig.  lesohitioa  vfT  die  gebettene  erderong  exten- 
sion  vnd  cndoninp  einiger  artickelU. 

Schreiben  des  Herzo<;s  Moritz  von  Sachsen  an  den  Land- 
grafen Philipp,  sich  behufs  der  acceptirten  Unterwerfung 
schleunig  nach  dem  Kaiserl.  Iloflager  nach  Halle  zu  begeben, 
d.d.  Halle  12/6.  1547.  Goncept.  Schreiben  der  Gemalin 
des  Landgrafen  und  der  Brüder  desselben  betr.  dessen  Ge- 
fangennahme. 

8.  Us.  saec.  XVI,  4^  angebunden  an  die  Mainzer  Ghionlk  von 
1460—1526:  »Kriegk  u.  Vehdschaft  des  Edeln  F ranzen  von 
Sickingen.  1481—1523.  ca.  60  BL  —  Vom  Vfflruhr  des 
gemdnen  Volks  (Banemkiieg)  anno  1525  etc.  —  Schmalkal- 
discher  Bundeskrieg.  1546—1555«. 

9.  Warlicher  Bericht,  wie  von  don  dr^yen  Churfürsten  und  FOrsten 
nämlich  Trier,  Pfaltz  und  Hessen  weylandt  Franz  von 
Sickingen  überzogen,  auch  was  sich  mit  Eroberung  seiner 
und  anderer  Schlösser  und  sunst  von  Tag  zu  Tag  begeben, 
durch  den  Erenhaltra  verzeichnet.  1623.  Abschr.  d.  18.  Jahrh. 
11  Bl.  Fol. 

10.  Gedrucktes  Circular  des  Bischofs  von  Bamberg,  betr.  einen 
AngrüT  des  Götz  von  Berlichingen  und  des  Hans  von 
Silbitz  auf  Nürnberger  Kaufleute  und  die  Stadt  Vilseck.  Bam- 
berg, Mont.  n.  S.  Leonhardstag.  1512*  1  Bog. 

11.  Schreiben  der  zum  »Bundestage«  in  Augsburg  versammelten 
kurmainzischen  Räthe  an  den  Cardinal  Albrocht  wegen  »des 
Hessische  Handels«.  152&  Freit  n.  Elisabet  (Orig.). 

12.  Instruction  was  vnser  Albrechts  von  6.  6.  Gardinais  vnd 
ErdNsdioven  zu  Mentz  .  . .  verordnete  Rcthe,  so  vff  künfltigen 
Gesprechstag  zu  Worms  erscheinen  werden,  von  vnnsem 


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Gülze: 


wegen  handien  sollen.  Ex.  Orig.  —  Abechr.  Bodmannt.  4*. 

1  Bog. 

13.  Goncept  eines  Schreibens  des  Erzbischofs  von  Habiz  an  die 
Bischöfe  Bamberg  und  Wänburg  imd  die  Stadt  Nürnbeig 
betr.  den  Markgrafen  Albrecht  von  Brandenbarg. 

(1552).   4  Bl. 

14.  Verschreibangen  besagende  was  vnd  wie  viel  gdts  Schuld- 

heiss  .  .  .  vnd  sclicffen  ,  .  zu  Aschaflfenburg  zu  erlegung  der 
Brandst'hatzung,  welclie  inen  Graf  Christof  v,  Oldenburg 
und  Delmenhorst  in  der  Kriegsempönmg  ao.  1552  abgetruogen. 
Orig. 

15.  Schreiben  der  dcpiitiiten  Stände  des  Rheinisclien  Kreises  an 
die  Kurfürsten  zu  Mainz,  Trier,  Cöln  und  den  Pfalzgrafen 
betr.  die  Wahl  eines  Kreisobersten,  d.  d.  Worms  1560, 
Mftns  22.  —  Verzeichnis  des  von  den  efausdnen  Ständen  des 
Rheinkreises  aufzubringenden  Gontingents. 

16.  Formular  vrie  Ein  Reichstag  auszuschreiben,  wie  es 
proponendo,  respondendo,  consultando,  votando  et  eonclndendo 
pflegt  gehalten  zu  werden.  Ms.  saec.  XVL  Fol.  ^1»  Gtm.  stark. 

17.  Sententiae  a  curiis  Imperatorum  German,  latae.  Ab- 
schriften Bodmann's;  z.  B.  Friedrich  II.,  1237  mense  Junü, 
betr.  den  Erzb.  von  Cöln,  utrum  extra  civitatem  suam  in  juris- 
dictione  possil  judicio  praosidere.  —  Rudolf,  Mainz  1285, 
Marf,'ar('lac:  qua  pocna  pnniri  debeant  falsarii.  —  Friedrich  I., 
Worms  1153.  XVIII.  Kai.  Julii,  betr.  die  der  Cölnischen 
Kirche  diircli  die  NachlüSdigkeil  üülierer  Erzbiscliüfe  entfrem- 
deten Güter. 

Diese  beispielsweise  notirten  Urkunden  sind  auch  anderweitig 
bekannt  '  Eme  emgehende  Prüfimg  war  nicht  mfiglich. 
1&  Kaiser  Rudolfs  L  Tod  und  Begräbnis.  Mit  Uikmulen- 
abscfariften,  Zekshnung  der  Burg  Germershefan  und  Abschrift 
der  besfigl.  Stellen  aus  Ottokar  Homecks  östeneichisdier 
Reimchronik.  (Bodmann.) 

19.  De  sepulturis  Imperatorum  aliarumquo  personarum  tllu- 
strium  collecta  insignia.  —  Taphographia  principum  Austriae 
p.  I,  1.  Q,  coniplectens  monumenta  sepulcralia  ducum  Austriae 

*  augusta  genlu  Habsburgica  salorum  a  Rudolpho  I.  usque  Al- 
l)ortum  II.    Handschrift  des  18.  Jahrh.  IG  Bogen. 

20.  Sammlung  von  Material  z.  Gesch.  des  Rheinischen  Städte- 


Die  aKfaivalbeben  Sanunluiigen  auf  Schlow  Hiltenberg  in  Bayern.  165 


bundes.  Originalaufzeichnungen  vom  14.  Jahrhundert  an, 
nauicntlicli  aber  viele  hunderle  IJrkundcnabschriften  von  Bod- 
mann's  Hand  (aus  Worms,  Mainz,  Spoier,  Frankfurt,  Ha- 
genau etc.).    Ein  Convolut  in  FoHo,  iiljor  eine  Hand  hoch. 

21.  Arnold  Walpode  und  der  Rheinische  Bund.  1254  fg. 
eine  histinisehe  SUzie.  Tom  Domcapitnlar  Dahl  Ib.  9  Bog. 
Fol. 

22.  Bestalliiiigsbriefe  abs  etliche  Reichsstidt,  so  sich  nisammen 
▼erpunden,  einige  von  Adel  zu  Dienst  angenommen.  1383. 
Abschrift  auf  Papier.  14/15  Jahrh.  Ueber  1  m.  lang. 

28.  Acta  flber  die  Weigerung  des  Glerus  zu  Mainz,  TVier  und 

Cöln ,  die  ihm  angesonnone  Türkonsteucr  zu  zahlen. 
1522*fg.   Nach  gleichzeitigen  Protokollen  abgeschrieben  von 

Bodmann.    1799.    4^/2  Bog.  4» 

24.  x\postolatus  S.  Clementis  Willibrord!  priini  Ultrajectinen- 
sium  archiepiscopi ,  .  .  .  autore  Joa.  Honr,  Brandano,  ord.  S. 
Benedieti  .  ao.  1642.  Mit  hidox.  Ms.  Fol.  Pap.  286  Blätter.  Mit 
zahlreic  hen  Abschriften  Fränkischer  Urkunden  des  7.  und  8. 
Jahrhunderts. 

25.  Deduclio  historica  de  regno  Bohemiae  et  ejus  nexu  cum 
imper.  Rom.  Germanico.  Ms.  saec.  XVIII.  1  Ctm.  stark. 

26.  »Das  entwendete  Haupt  der  b.  Anna«.  Diplomatischer 
Beitrag  z,  Gesch.'  des  leligiflsen  Fanatismus  am  Schluss  des 
XV.  Jahrb.  ans  archi?al.  Urkunden  aufigestellt  F.  J.  Bod^ 
mann.  1807. Ist  kefaie  Ausarbeitung,  sondern  eine  Samm- 
long  von  51  Originalschriftstdcken  aus  den  Jahren  1600 — 1543f 
die  den  genannten  Gegenstand  betreffen. 

27.  Notizen  über  das  Besthaupt  €k>nvoIut  einzelner  Notlzzettd, 
Aber  2  Ctm.  stark,  von  Bodmann  mit  dem  itmi  eigenen  Fleisse 
aus  Urkunden  auüs  soi^^tigste  gesammelt. 

28.  De  obstagio.  Sammlung  urkundlichen  Materials  darüber  von 
Bodmann.    7  Bl.  4°. 

29.  Processus  pelendae  confirmationis  et  s.  pallii  in  Urhe 
pro  archiepiscopis  et  episcopis.   Ms.   saec.  XVII.   Fol.  circa 

•  150  Blatt. 

30.  Juristi.^che  Abhanillung  von  der  Ajtpollationsinstanz  reichs- 
rittorschaftiicher  Unterthanen  und  Hintersassen  bei 
denen  Hitlurdircclorien  und  Cantousgerichten  ihrer  Herrschaften. 
Von  Franz  Hennann.   1792.   Auszug  von  Bodmann. 


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m 


GöUe: 


31.  Entwurf  der  Ratificatimmfoniiel  für  den  Westfäl.  Frieden. 
Goneept  !*/>  Bog. 

32.  Journal  des  Gampagnes  1744  et  1745  sous  le  Roy  Lonis  XV. 
Ms.  Fol.  264  S.  Genaues  Tagebuch  mit  guten  Plftnen  von 
Schlachten  und  Belagerungen.  — 

Plan  du  combat  de  Dettingen.  27  juin  1748. 

Bataille  de  Fonlenoy.  1  i  inai  17^.  Atlaques  de  la  ville  de 
Toiimay,  de  la  citadelle  de  Toumay,  d'Oudenarde,  d'Ostende, 
de  Nieuport,  de  Balh.  1745. 

33.  F.  V.  V'orstor,  Erläuterlo  doulsche  Alterthümer.  Ms. 
Fol.  567  S.  Boschfiftigt  sich  vorzugswcisp  mit  den  Franken, 
ihrem  Ursprung,  tloni  Ursprung  der  Gonradinor  etc.  etc.  — 
Nicht  identisch  (wie  Annal.  des  Naas,  Geschichtiwereins  XI, 
372  anfrenoniraen  wird)  mit  dem  im  Idsteiner  Arclüv  befindl. 
Manuscript. 

34.  Zeichnungen  von  Siegeln  geistlicher  Corporationen,  Ritter- 
orden, Stifter,  Kloster,  Kirchen  und  einzelner  Gdstlidien.  — 

Ehthält  Tausende  von  Siegelzeichnungen,  vorzugsweise  aus 
den  sud-  und  westdeutschen  Diöcesen,  von  Bodmann  mit 
ausgezeichneter  Genauigkeit  ausgeffihrt. 

35.  Der  zweiköpfige  Adler  als  ein  Zeichen  des  tentschen  Reiefas 
.   aus  neu  entdisckten  Siegefai  K.  Ludwigen  IV.  von  Bayern  un- 

widersprechlich  beygelegt  v.  Frz.  Jos.  Bodmann.  1802.  — 

Ms.  und  Druckschrift,  mit  zahlreichen  Nachträgen  auf  ein- 
zelnen Zetteln,  sowie  einer  grossen  Zahl  anderer  gedruckter 
Abhandlungen  über  denseU)en  Gegenstand.  Ein  Gonvolut  von 
.   ca.  7—8  Ctm.  Höbe. 


II.  Uobertiolit 

Aber  die  auf  ScUoss  Miltenberg  vorhand^ien  Chroniken  und 

verwandten  Werke. 

Bern.  Es  erschien  angeBeigt,  die  Chroniken  u.  s.  w.  an  einem  Punkte 
Qbersiebtlich  zusammenzuslellen.   Der  Volbtändigkeit  wegen  wnd  sie  «her  auch 

unter  den  Archivalit'ii  der  Ix'zfi^rlirhrii  Territorien  angeführt  und  dort  auch  ÜUS 
Tilel  in  exteiiao  und  sonstige  Bemerkungen  mitgetheilt  worden. 

1.  Hisioriae  Treverenses  per  Balderieum  conscriptae  (s.  unten 
IX,  16). 

2.  Annales  coenobii  S.  Maxim  in i  (s.  IX,  20). 


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Die  aiehivaUsdien  Sammlungen  anf  Scfakm  HUtenbeig  in  Beyern.  167 


3.  Annales  monasteriorum  drdinis  S.  Benedict!  in 
Arduenna  sitorum  u.  s.  w,  GoDScripti  per  Henricum  Bran- 

danum  (s.  IX,  27). 

4.  Chronicon  arcbiepiscoporum  sanctae  dvitatis  Goloniensis 

(s.  X,  1). 

5.  Chronicon  Coloniensc  a  Gcicnio  scriptum  (s.  X,  9). 

6.  Geschichte  der  Stadt  Geseke  (s.  XI,  19). 

7.  Chronicon  vndt  altes  Herkommen  der  Landtgrafen  in 
Thfirinf^en  vndt  Hessen  etc.  bis  1480  (s.  XII,  13). 

8.  Chronik  von  Erfurt  bis  1587  (s.  XII,  4> 

9.  De  origine  urbis  Erfordiaeaba.  438—1572  (s.  XU,  6). 

10.  Historia  Erfurtensis  usque  ad  a.  1665  (s.  XU,  7). 

11.  Rüthen;  dessen  Nachricht,  Ui-sprung  u.  |.  w.  (s.  XI,  20). 

12.  Wilh.  Werner  Graf  von  Zimbern  Chronik  der  Bisthfimer 
Mainz,  Worms,  Wärzburg,  Eichstftdt,  Speyer,  Straasbtug  (s.  I, 

13.  Journal  des  Gampagnes  1744  et  1745  sons  le  Roy  Louis  XT. 
(8.  a  I,  32). 

14.  Hieronymi  Fröschel  Hauschronik  1529—1600  (s.  IV,  17). 

15.  Johannes  Müllneri  Annales  Norimbergenses  bis  1467 
(s.  IV,  18). 

16.  Chronica  der  Reichsstadt  Nürnberg  von  1505—1600  (s.  IV,  19). 

17.  Chronik  des  Risthums  Würzbur^  bis  1557  (s.  IV,  20). 

18.  Gründliche  und  wahre  Beschreibung  des  Stiils  Würzburg 
(s.  IV,  21). 

19.  Chronik  von  Franken  bis  1520  (s.  IV,  22). 

20.  Von  der  Abtey  Weissen  bürg  etc.  (s.  V,  10). 

21.  Annaliuni  Worniatiae  fragmenta  (s.  VII,  3). 

22.  Gatalogus  episcoporum  Wormatiensinm  bis  1533 

(s.  vn,  7). 

23.  De  antiquitate  Gi?itati8  Vangionum  (s.  VII,  10). 

24.  Rhythmische  Beschreibung  etc.  über  Streit%kdten  zwischen 
Geschlechtem  und  Bürgeischaft  zu  Mainz  (s.  VI,  8). 

25.  Annales  archiepisooporom  etc.  Haguni  von  Hehrich  (s.  VI,  34). 

26.  Mainzer  X7niTersii&ts-Ghronik  (s.  VI,  45). 

27.  Aurea  Maguntia  etc.  (s.  VI,  46). 

28.  Chronik  von  Mainz  1460-1505  (s.  VI,  9). 


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168 


G<tt»: 


III.  RechtsbUcher  und  Verwandtes. 

Hern.  Bezri(rlicli  diesor  Abtlieilung  gilt  zam  Theil  dasselbe,  was  an  der 
Spitae  der  vorigen  Abtbeilung  bemerkt  ist. 

1.  Holländischer  Sachsenspiegel.  Ms.  saec.  XVI.  189  Bi.  Fol. 
(erwfihDt  bd  Homeyer,  Verzeichnis  deutscher  Rechtsböcher  des 
Mittelalters,  entweder  sub  Nr.  27  oder  29.) 

2.  Speculom  franconico-belgicum.  Ms.  saec.  XVL  Fol 
Pap.  84  Bl.  —  Hyer  nae  volgen  des  keyaers  rechten  die 
Goenick  Kairl  maecten  tot  vrede  enn  tot  nulte  alle  der  weriL 

3.  Kaiser  Friedrichs  Landrecht.  Ms.  saec.  XV.  Klein  Folia 
Pap.  ca.  2  Ctm.  stark. 

4.  Statuten  der' Stadt  Arnstadt  1543.  Angeb.  vorscliicdene 
Polizei-  und  Kirchenordnungen  saec.  XVL  et  XVIL,  gedruckt 
und  geschrieben.    Fol.  ca.  2  Ctni.  stark. 

5.  Statt-Buech  v.  Augsbur^r  (s.  IV.  3). 

6.  Der  Stadt  Augsburg  Rechtsbuch  (s.  IV,  4). 

7.  Augsburgor  (Jcrichlsordnung.    1571  (s.  IV,  5). 

8.  Bayerisch  Laiidrccht,  ornchtcl  i.  J.  134(j  von  den  lltr/.ü};cn 
Ludwig,  Markgrafen  zu  Brandenburg,  Stephan,  Ludwig  und 
Willielui,  geschrieben  duich  Leonaid  iMünichujuycr,  Gerichts- 
schreiber  zu  Ingolstadt,  i.  J.  1432.  Fol  Pap.  82  Blatt,  (s.  IV,  1, 2.) 

'9.  Jura  Bambergensia  (s.  IV,  8). 

lü.  Gonsuetudines  Principatus  Banibergensis  (s.  IV,  7). 

11.  Des  h.  Reichs  Stadt  Biberach  Gesatz  etc.  (s.  IV,  10). 

12.  Stadtrecbten,  welche  in  dem  Königreich 'Böheimb  n.  Maig- 
graffthum  Mähren  fiblich  .  .  .  ai^etzo  in  die  deatBcbe  Sprache 
übersetzt  Ms.  fol.  saec.  XVII.  4—5  Ctm.  stark.  Mit  Register. 

13.  Statuta  reipub].  Bremensis,  primum  ab  Henr.  Krefiingio, 
quondam  consule  huius  reipulilicae,  in  novum  ordinem  redacta, 
. . .  quibus  Job.  Almerus  suas  notas  adjeeit,  haoc  omnia  autem 
in  eum  qui  in  praesenti  vohiniine  cemitur  modum  congesta 
sunt  per  Job.  Waclunannuui  Syndicum.  Ms.  saec.  XVII/XVUL 
Gross-Folio.  f)  Ctm.  stark. 

14.  Dorf  Reciii  zu  Hoffzbaim.  1566  (s.  IV,  15). 

15.  Reglement  wie  o.s  hinfiihro  in  den  Branden  bürg- Gulm- 
bach.  Landen  bei  Ehe-Verlöhnisseji  etc.  etc.  gehalten  werden 
soll.  Abschr.  emes  Drucks.  Bayreuth  1738.  Fol.  1  Ctm.  stacL 


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Die  archinJisehra  Sammlungeii  «uf  Schlon  MUteoberg  in  Bayern«  169 


16.  Statuta  Clivonsia  (s.  X,  26). 
17—23.  Cülner  Statuten  (s.  X,  2-8). 

24.  Dinkelsbilliler  Slaluleii  und  Processordnung  (s.  IV,  11  u,  12). 
20.  Eiclistädter  Polizei-Ordnung  (s.  IV,  13). 

26.  Gräflich  Erbachische  Ordnungen  (s.  VII,  16). 

27.  Essen'sche  Statuten  (s.  X,  25). 

28.  StatnteQ  der  Stadt  Flensburg.  leOO  (s.  XIV,  1). 

29.  Statuta  d^  Stadt  Frankenbausen.  1558  (s.  XU,  11). 

90.  Nöwe  Stattrechten  vnd  Statuten  der  Stat  Fryburg  im 
Pryssgow  gelegen.  Ms.  Fol.  Abschrift  eines  Druckes  1520. 

31.  Ordnungen  der  Grafschaft  Gleichen.  1533  (s.  Xn,  9). 

32.  Statutum  Glogoviense  et  Lignicense  etc.  (s.  XV,  3). 

33.  Büchsenschützen  und  Kanzlei-Ordnung  drar  Stadt  Goslar. 
1749  und  1055  (s.  XII,  2). 

34.  Statuten  der  Stadt  Hagenau.    14.  Jahrg.  u.  fgd.  (s.  V,  4), 

35.  Landt-s-Ordnung  des  Fürstentliumh  Hessen.  16.  Jahrhundert, 
(s.  Vn,  16). 

36.  Von  Gottes  Gnaden  Unser  Johann  Friedrichs  des  Ritterlichen 
S.  Johann-Ordens  Obristen  Meislers  in  Tcutsclien  Landen  etc. 
Neugemachte  Herrschaft,  Ordnung,  Statuten  und  Satzungen  etc. 
1620.  ib.  foL  62  S.  saec  XVQ. 

37.  Statuta  Isnensia  (Issny  in  Wfirtemberg).  Ms.  saec  XVIL 
1  Gtm.  stark.  Folia 

38*  Polisey  und  Landts-Ordnung  der  Landgralbchafll  Kleggew. 

Aufigericht  1603.  Orig.  Ms.  FoL  Erst  Register,  danach  229 

beschridiene  Biatt. 
39*  Ordnungen,  Statuta,  Articul  vnd  Satzungen  dieser  des  h.  Reichs 

freyen  Stadt  Leutkirch.  saec.  XVI.  Ms.  saec.  XVIL  1  Gtm. 

stark. 

40.  Weisthum  des  Dorfes  Mauenheim  bei  Cöln  (s.  X,  22). 

41.  Statuten  der  Reichsstadt  Nordhausen.  16.  Jahrhundert, 
(s.  XII,  10). 

42.  Statuta  der  Reichs-Sladl  Nördlingen  etc.  (s.  IV,  lij. 

Statuta  Dinckelsbuhliana,  gedr.  72  S.  Folio. 

43.  GrOndliche  Dednction  aller  der  Stadt  Nürnberg  hergebrachten 
Recht  etc.  (s.  IV,  6). 

44.  Landgericfats-Ordnung  der  Gra&cbaft  Oettingen  (s.  IV,  14). 

45.  Orlamfindische  Statuta.  Aus  dem  Amtsbuche  1511. 
Ms.  saec  XVHL  4  Bl.  FoL 


i^iyiu^cü  L-y  Google 


170 


Gttae: 


46.  Ostfriesisches  Landrecht  (s.  XIÜ,  1). 

47.  Jura  et  privilegia  civitatis  Reesensis;  sacc.  XVI.  (s.  X,  27). 

48.  Priviloijria  und  Statuta  der  Stadt  Remda,  im  Horzogl^hum 
Eisenach,  ronnvirt  und  confirrairt  1635.  Ms.  Fol.  1  Cm.  stark. 

49.  Statuta  Servostana,  ex  jure  doctoribus  et  observationibus 
enucleata  a  Matthia  Kellero.  1693.  ~  Ms.  Fol.  ca.  100  Blatt. 

50.  Ilie  nach  volget  der  statt  Strassburg  Recht  saec.  XVI. 
(s.  V,  9). 

51.  Stadt  Wertheimische  Statuten.  Ms.  Fol.  saec.  XVni.  2  Hefte, 
zus.  1  Cm.  stark. 

52.  Reformation  und  Ordnmig  alten  Herkommens  und  Rechtens, 
auch  etlicher  neugesetzten  Statuten  der  Statt  Wimpfen. 
1544.  4^  Pap.  1  Gm.  stark. 

53.  Gentgerkfats-Ordnnng  im  Bisthum  Wfirzburg.  ca.  1520l 

(s.  rv,  9). 

54.  Statuta  Zutphaniensia.  1543.  Ib.  saec.  XVIL  Fol 

Cm.  stark. 

55.  Proces^sordnung  in  den  Nassau  Itzsteinischen  Landen.  1654. 
(s.  VIII,  5). 

IV.  Bayern. 

1.  Bayerisch  Landrecht,  errichtet  i.  J.  1340  von  den  Herzögen 
Ludwig,  Markgrafen  zu  Brandenburg,  Stephan,  Ludwig  und 
Wilhelm,  geschrieben  durch  Leonard  Münichmayer,  Gerichts- 
Schreiber  zu  Ingolstadt  i.  J.  1432.   Fol.  Papier.  82  Blatt 

2.  Dasselbe,  Abschrift  des  Jahrb.  cum  varOs  lectfonibus. 
136  Seiten.  Folio. 

3.  Statt- Buech  von  Augsburg,  in  welchem  eins  E.  Rahts 
vnd  gerichts  auch  andere  Polizey  Ordnung,  so  anno  1582  von 
Kaiser  Rudolpho  n.  confirmirt  worden.  Bis.  Fol.  saec.  XVIL 

4.  Der  Stadt  Augsburg  Rechtboch.  Ms.  des  16.  Jahrhunderts. 
11-164.  Blatt.  Folio. 

5.  Augsbnrger  Gerichtsordnung,  durch  ein  Ehrwürdig  Gapitul 
des  Dhumbstifts  zu  Augspurg  in  und  an  iren  Gerirhton  zu 
halten  fürpononmien.  1571.  40  S.  Folio.  Ms.  des  18.  Jahrh. 

6.  Gründliche  Üeductioii  aller  der  Stadt  Nürnberg]:  hergebrachten 
Reciit  und  Gerechti^'koiten,  Ursj)nmg  und  Herkununen  etc., 
zusammengetragen  von  Johaim  Müllem,  Ratlisschreibem.  Ms. 


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Die  aiehivaliachen  Sammhnnen  auf  Schloss  Hittenbeiv     Bafon.  171 


saec.  XVn  und  XVHI.  Ein  ungeheurer  Foliant,  ganz  be- 
schrieben. 

7.  Consuetudines  Principalus  Bambergensis.   Ms.  FoL  saec. 

XVIII.  30  Bl. 

8.  Jura  Bambergensia.  Ms.  saec.  XIV/XV.  Papier,  etwa  1"  stark. 

9.  Gentgeriditsoidnung  im  Bisthum  Wfirzborg.  Ms.  FoL  Papier, 
saec  XVL  (etwa  1520;30)  109  Bl. 

10.  Des  h.  Reichs  Stadt  Biber  ach  Gesatz  Ofdnmig  und  Stadt- 
recht 1697.  Us.  Fol.  Von  Bodmann  abgesehrieben.  12  Bogen. 

11.  Statuta  der  des  h.  Rdm.  Reichs  Stadt  Nördlingen  etc. 
1709.  Gerichts-Ordnung  1535  etc.  Ms.  ca.  100  Blatt  — 
Angebunden:  Statuta  Dinckelsbuhliana,  gedr.  72  S.  Fol. 

12.  Dinkelsbühler  Process-  und  Vonnänder-Ordnung.  Ms.  saec 
XVin.  IVü  Cm.  stark.  Fol. 

13.  Eichstädter  Polizeiordnung.    1707.  Ms.  98  S.  Fol. 

14.  Landgerichtsordnung  der  Gra&chaft  Oellingen.  Ms.  saec. 
XVn.  70  Bl.  fol. 

15.  Dorfrecht  zu  Boffzheim  in  der  Herrschaft  Kosenberg  de 
anno  1566.    11  S.  Fol.  Ms,  saec.  XVm. 

16.  Gerichtsprotocolle  von  Amorbach  d.  a.  1433—58.  Halb  Folio. 
Papier.  2"  stark. 

Desgleichen  vom  Ende  des  14.  tmd  Anfong  des  15.  Jabih., 
halb  Folio,  Papier,  1  Vt'*  stark. 

17.  Hieronymi  Fröschel  J.  D.  Hanscfaronik.  1529—1600;  bezieht 
sich  hauptsSchlich  auf  Bayern  und  Franken.  —  Ms.  saec  XVL 
FoL  700  Seiten. 

18.  Johannis  Mällneri  Annales  Norimbergenses  bis  1467. 

Ms.  saec.  X\TTT.  3  mächtige  Folianten. 

19.  Chronica  der  Reichsstadt  Nürnberg  von  1505—1600.  Ms. 
Folio,  1366  Seiten,  gleichzeitig. 

20.  Chronik  des  Bisthums  Würzburg  bis  1557.  Ms.  Fol.  saec. 
XVI.  ca.  220  Blatt  boschriclicn.  Besonders  ausführlich  be- 
haiich^lt  der  Verfasser  die  Ereignisse  seiner  Zeit. 

20  a.  Dieselbe  Chronik  bis  1675  fortgeführt.  Ms.  saec.  XVU. 
Fol.    Starker  Band. 

21.  Gründliche  und  wahre  Beschreibung  des  hochgefreiten  löblichen 
Stiftes  Wörzburg  von  Ursprung,  Fortpflanzung  und  Zunahme 
desedben  bb  auf  jetzige  Zät  (1693).  Band  L  bis-  Anfang 
des  16.  Jahih.  Ms.  FoL  saec  XVII.  Ueber  400  Blatt. 


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172 


Gdtie: 


22.  Chronik  von  Frankon  (eher  Würzburg).  Reicht  bis  gegen 
1Ö20.   Bis.  4«  360  Seiten. 

23.  Spirensia  ad  augcndam  et  corrigendam  Lehmann!  historiam 
s.  chronicon  Spirense,  ex  archivo  civitatis  Spiiensis  ao  1813 
a  me  Fr.  Bodmann  Mbg.  accuratione  suprema  deseripta  ex 
origg.  In  Bodmann's  Exemplar  dieser  CSuonik  die  Bemerkung: 
C3iartas  a  Lehmanno  in  hoc  cbronico  pleramqae  Titiose  dataa 
contuli  cum  originalibus  archivi  civitatis  Spirensis  menda  cor- 
rigendo,  omissa  supplendo;  accalunt  multo  plura  diplomata, 
qaac  ex  originalibus  ejusdem  archivi  sedulo  descripsi  et  in 
speciale  volumen  redejri,  una  cum  sigillis  deüneatis,  quod  exslat 
in  Manuscri])tis  meis  ei  nunquam  ab  hoc  Lehmann!  opere 
separari  debet. 

Ms.  3  Cm.  starlc.  4«. 

24.  Colloitanea  über  die  Erzämter  des  Bisthums  Bamberg. 
8  Bogen. 

25.  Kanser  Begriff  der  zwisdien  dem  Hoehstilte  Wfirsbiirg  mid 
den  l)enaclibBrten  Städten  von  Bischof  Julius  Zeiten  geschloaeiien 
Yertrtgen  und  Recesse.  Von  1587—1685.  4*.  350  BL 

26.  Bambergensia  et  Herbipolensia,  die  dortigen  Stifter  und 
Klöster  lietr.  —  Absdiriften  und  schOne  Siegebeicbnnngen 
V.  Bodmann.   4*.   7 — 8  Cm.  stark. 

27.  Urkundenabschriflcn  von  Bodmann  betr.  die  Bisthümer  Frei- 
singen, Eichstadt,  Speyer  und  Würzburg.   2"  stark. 

28.  Copialbuch  des  Klosters  Frauenrod  in  der  Diöoeae  Würx- 
burg.    12—16  Bogen  4«'.    Bodmanns  Hand. 

29.  Diploniatarium  Olterburgense  (bei  Kaiserslautern).  Bodmann- 
sche  Urkunden-Abschriften;  ca.  300  Urkunden. 

30.  Gräflich  Rieneck'sche  Stammtafel  nebst  Bemericungen  dazu, 
von  Dahl 

V.  Elsass  und  Lothringen. 

1.  150  Original-Urkunden,  meist  die  Städte  Hagenau,  Strass- 
bnrg  und  den  rheinischen  Städlebund  betr.,  a.  d.  Jahren 

1178-1676. 

2.  »Argentinensia«,  ein  ConvoJut  Urlcundenabschriften  Bod- 
mann.   4°.    1'/»  Cni.  stark. 

Diese  Ueberschrift  passt  nicht.  Der  Fascikel  enthält  zu- 


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Die  archivaliscben  Sammlungen  auf  Schloss  Miltenberg  in  Bayern.  173 


nSdist  »CSmitae  ineditae,  Abbatiam  Weissenburg  in  Alsatia 
oonceraentes,  descriptae  ab  origg.  aichivi  ecdesiae  Spirensis 
anno  1810«.  6  Bogen  4  ^  Nachher  Abschriften  ▼on  Urkunden 
ans  dem  Sirassborger  StadtarchiY,  eine  Anzahl  Eaiser-Uilnm- 
den  u.  s.  w. 

3.  Ein  ConTOlut  von  ürkundonabschriflcn  der  Praposilur  Schiets 
Stadt,  von  1094  an.  Abschrift  des  18.  Jahrb.  »Aus  Dürr'schen 
Papieren.« 

4.  Stadtbuch  von  Hagenau.  Ms.  Gross- Folio,  Pergament. 
Holzband.  155  Blatt,  fast  überall  beschrieben,  beginnend  mit 
dem  Jahr  1339.  Bei  weitem  die  meisten  Aufzeichnungen 
gehören  dem  14.  und  15.  Jahrliundert  an,  weniges  dem 
Anfang  des  17.  Jahrli.  —  Enthfdt  ein  sehr  reiclies  Material 
für  die  gesammte  Verfassung  der  Stadt,  sowie  auch  chronistische 
AufiseichnuDgen. 

6.  Fragment  ebes  Gopialbuches  saec.  XV.  des  Klosters  Weissen- 
burg. BL  78—100.  Fol.  Pap.  EnthfiU  Urlcundenabschiifien 
des  14.  und  15.  Jahrh. 

6.  Sammelband  mit  Handschriften  und  Drucken  des  XV.  bis  An- 
fimg  des  XVIL  Jahrh.  Enthält:  Stadtv^assungen  und  Polizei^ 
Ordnungen  aller  Art  von  Strassburg,  Hagenau,  Heidelberg, 
•  Basel,  Ulm,  Landgrafschaft  Hessen;  historische  Notizen 
über  die  Besitznahme  von  Metz  durch  Frankreich;  über  Re- 
llgionsangelegenlieiten  i.  J.  1543;  Landfrieden  zwischen  König 
Buprecht  und  der  Stadl  Sfnr^shiirgr  1408  (Copie  .=aec.  XV.); 
Herzog  Ulrichs  von  Würtmiberg  Vertrag  mit  Kaiser  Karl  V. 
(1547);  Bündnisse  und  Landfrieden  zwischen  den  7  Kurfürsten 
1438  (Abschrift  saec.  XV.);  Gopia  der  Instruktion  und  an- 
bcfoiüenen  Werbung  der  4  Städte  Zürich,  Bern,  Basel  und 
SchafThausen  an  die  5  Orte  Lucern,  Uri,  Schwitz,  Lnterwalden 
und  Zug,  1588;  Artikel,  wie  dann  zwischen  unserm  h.  Vater 
dem  Papste  und  dem  König  von  Frankreich  vertedinget  sind, 
1495  (Copie  gleichzeitig);  das  Turnier  zu  Würzbnrg  1479;  Heini 
Thuring  Bingen,  Ritters,  und  Friedrich  Beger  t.  Geispols- 
hehn Schriften  gegen  .einander  1469,  10  BI.  Fol.;  Bericht  eines 
Augenaeugen  Aber  die  Hfairichtung  des  WOhehn  t.  Grumbach 
und  seiner  Genossen  zu  Gotha;  der  Stadt  Strasdmrg  Zug  hn 
Dienst  des  Kaisers  gegen  den  Herzog  von  Burpnnd  1475, 
4  Bl.  Fol.  Ms.  saec  XV;  kurtze  vnd  wahrhaffte  Erzehlung, 


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174 


Götze: 


wess  gestatt  Prinz  HoriU  Nassaw  jungsthin  mit  einer  groBsen 
AnzaU  Schiffen  in  Flandern  eingefiiUen  .  .  .  vnd  jetzo  die 
Stadt 'Sddniss  belagert,  ein  einseitig  bedrackler  Bogen,  oben 
mit  Karte  von  Flandria  borealis  1604  iL  s.  w. 

7.  Acten  über  Gonflicte  der  Stadt  Hagenau  mit  der  französischen 
Regierung  wegen  Jurisdiction,  StadtverHusung  etc.  1670.  Ifit 
Abschriften  und  Uebersetzungen  filterer  Urkunden.  1  Gonvolnt 
in  Folio,  4—5  Gm.  starlc. 

8.  Monasteriorum  Gomaniac  partis  primae  Uber  continens  Mona- 

steria  urbis  ac  dioecesis  Ar  gentinen  sis. 

Ms.  aus  dem  Nachlasse  von  Dürr,  etwa  1610 — 1620. 
Enthält  einige  Nachrichten  uher  die  Gründung  einiger  EMsser 
Klöster.  Fol. 

9.  Ifie  nach  volgct  der  statt  Strassburg  Recht  vnnd  Freyheitten. 
Ms.  saec.  XVI.  etwa  100  Bl.  Fol 

10.  Von  der  Abley  Weissenburg,  so  der  4  Gefurslen  Closter 

des  Römischen  Reichs  eine  ist,  mitten  im  Elsas  gelegen.  Fol. 
Pap.  10  Bl.  Eine  (Chronik,  die  bis  1581  reicht,  vielleicht  auch 
zu  derselben  Zeit  verfasst  und  im  17.  Jahrh.  gesclirieben  ist. 

11.  Vertrag  zwischen  dem  Erzherzog  Ferdinand  von  Oesterreich 
als  Landvogt  von  llayonau  und  dem  Rathe  der  Stadt  Hagenau 
wegen  verschiedener  Streitigkeiten.  1578.  Juli  26.  Gleichzeit, 
beglaub.  Copie.  Pap.  Fol.  10  Bl. 

12.  Ein  Convolut  von  Urkunden- Abschriften  des  Walpurgis- 
klosters  bei  Hagenau.  Abschr.  des  15.-18.  JahilHBiderts. 
2"  stark. 

13.  Zwei  Elsässisehe  Forslordnungen  (Strassburg 
und  Hagenau).  16.  Jahrb.  Gleichzeitige  Abschrift. 

14.  Litteralien  und  Urkundenabscfariften  aus  dem  14,/15.  Jahr- 
hundert, darunter  Bündnisse  der  Städte  Mainz,  Speyer, 
Frankfurt,  Hagenau,  Weissenburg,  Strassburg,  SdÜettstadt, 
Worms  etc.  mit  den  Grafim  Nassau,  Spmiheim,  den  Pfiilz- 
grafen  bei  Rhein,  den  Herrn  zu  Erbach  v.  1382/3,  und  sonstige 
den  Rheinischen  Städtebund  betreffende  Verhältnisse. 

Auch  innere  Verhältnisse  der  Stadt  H  a  e  n  a  ii  Ijctr., 
Friedensvertrag  zwischen  Loo|)ol(l  v.  Oesterreich  und  Hagenau 
von  1324  Mittwoch  nach  Michael,  arcliang. 

Ordnung  einer  Ehrsamen  Oberkeit  zu  Strassburg,  wie 


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Die  arcbivaUsehen  Sammlungep  auf  Schloss  lUttiiibaif  in  Bajern.  175 

öffienüiche,  Sigeriiclie  Laster  dasdbsten  mit  cbriaUichem  Emst 
gestrafft  werden.  25.  Aug.  1629.  Abschrift  des  18.  Jahrb. 

»Dis  sigent  der  Anloss,  Ansprachen,  Antwurlen,  Wider- 
rede und  Nachrede,  so  sich  zwuschent  der  Stat  und  Peter 
Sehriber  hergangen  und  gemacht  haben,  als  er  unter  ime  geben 
bt«  1447.  Ehi  Folioheft  mit  27  beschridwnen  Blfittem.  Pajrier. 
Gleichzeitig.  —  »Abschrift  der  Stadt  Strassburg  Schworbrief, 
anno  1482.c  6.  Bl.  Fol  18.  Jahrb. 

« 

VI.  Mainz, 
Kurfurstentbum  und  StadL 

1.  78  Original-Urkunden  des  13. — 17.  Jahrhunderts,  darunter  24 
über  das  Kloster  Mariähauscn. 

2.  Zalilreiche  nach  Mainzer  Ori^inalien  facsilimirte  Uikunden 
saec.  XI.  bis  XV.,  von  ßodmann  mit  äusserster  Treue  nach- 
gezeichnet. 

3.  »Sämmtliche  Privilegia  der  alten  Stadt  Mainz  tem- 
pore Consulum,  von  Erzbischöfen  Domcapitel  und  auswärtigen 
Dynasten«. 

*  »Sol(he  sind  von  mir  Fr.  Jos.  Bodniann,  b.  Rechte 
Dr.  und  Profes-^or  zu  Mainz,  aus  einem  uralten,  aus  der 
K.  Regierungs-Regislratur  mir  communicirten  Codice  pergameno, 
so  ex  incendio  sub  Adolfo  gerettet  worden,  mit  der  grässten 
Accoratesie  oophi  worden  L  J.  1785.c  Innere  Au&chrift: 
Privilegia  Moguntma  saec.  XD.  usque  XV.  24  Bogen  Fol.  Der 
Faseikel  enthält  eine  grosse  Zahl  von  Urkunden  über  allerlei 
Verfaftltnisse,  die  zwischen  den  Erzbischfifen  und  der  Stadt 
Ifafaiz  hl  Frieden  und  Unfrieden  vertianddt  smd,  daher  auch 
Reversalen  der  Stadt,  femer  Bändnisverträge  mit  anderen 
Städten,  namentlich  Speyer  und  Worms,  Urkunden  fibtf  Hftndd 
mit  denen  Ton  Falkenstein  und  Hohenfels  etc. 

4.  Beiträge  zur  Geschichte  der  Mainzer  Revolutionen  im 
Mittelalter,  der  dadurch  veränderten  städtischen  Reginicnts- 
verfassungen  und  des  hierdurch  veranlassten  Verfalls  des 
Mainzer  Patriciats. 

Auszug  aus  einer  alten,  noch  ungedruckten  Rathschronik 


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176  0M3»t 

der  Stadt  Mainz  saec.  XIV.,  welche  Herr    GHanburg  in  Frank- 
furt bosil7.t.  1332. 
Abschrift  von  Bodmanns  Hand,  18  Bogen  4**;  reicht  bis  1452. 

5.  Aurea  Moguntiu  nilrr  dos  heiligen  Stulds  zu  Mainz  Lcdi, 
Ruhm  und  Aiterthunib  etc.  Ms.  Abschrift  aus  einem  älteren 
Werke.    4«.  8  Cm.  stark. 

6.  Von  ehemaligen  Landständen  des  Erzstifts  Mainz, 
ihrem  Ursprünge,  ihren  Befugnissen  und  ihrer  Erlöschung. 

Abschrift  von  Bodmann.    IV«  Bogen  stark. 

7.  De  patriciis  Moguntinis.  Von  den  Patrieiertamilient  Ge- 
lehrton und  sonst  vornehmen  Personen  zu  Mainz. 

Ms.  Bodmanns,  5  Cm.  4°.    Sehr  floissi^n^  Sammlung. 

8.  Rhythmische  Beschreibung  dessen,  so  circa  a.  1430  zu  Mainz 
wegen  Exauctoralion  der  alten  Geschlechter  aus 
dorn  Ratlie  und  Erwählung  der  Büi'gerlichen  in  denselben  vor- 
gegangen ist. 

Ex  Mso.  coaevo  bibliothecae  domini  de  Glauburg  Francofurt. 
mihi  F*  Bodmanno  Mog.  ao.  1811  benevole  coramunicato.  Ab- 
schrift Bodmann^s.  6  Bogen.  4^  Ist  eine  Darstdhing  der 
genannten  Ereignisse  in  Versen. 

9.  Chronik  v.  Mainz  von  1460—1505,  vom  defect,  ungeflSir 
100  Blatt 

Kriegk  und  Vehdschaft  des  Edebi  Franzen  Sickingen. 
1481—1523,  ungeOhr  60  Blatt 

Vom  Vflhihr  des  gemeinen  Volks  (Bauernkrieg),  so  anno 
1525  auss  den  vlfirahrigen  predigen  des  newen  Evangelii  ent- 
standen. 1525. 

Schmalkaldischer  Bundeskrieg,  ao  1646 — 1555. 
Ms.  saec  XVI.  4°.  zusammen  4  Gm.  stark. 

10.  Das  entwendete  Haupt  der  h.  Anna,  Diplomatischer 
Beitrag  zur  Geschichte  des  religiösen  Fanatismus  am  Schlüsse 
des  15.  Jahrb.,  aus  archivalisclien  Urkunden  angestellt  und 
geliefert  von  Franz  Jos.  Bodmann.  1807. 

11.  De  testamentis  conjugum  reciprocis  et  jure  et  more 

anti(iuo  civitatis  Moguntinae. 

Gesammelt  v.  Bodmann.    Ms.  saec.  XYf. 

12.  »Revision  der  Stadt  Mainz  i.  J.  1G57  von  dem  Stadt-  und 
Rathssclu:eiber  Emanuel  Kummer  verzeichnet.« 


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Die  «idiivaliMhen  Sumnhingen  auf  Scblms  Hiltcnbeif  in  Bayern.  I77 


Abschrift  von  Bodmann.    19  Bof^cn.  4°. 

Enthält  die  genaueste  Beschreibung  der  Stadt  Mainz,  indem 
jedes  einzelne  •  Flaus  benannt  wird.  Zunächst  natürlich  von 
localcm  Interesse,  würde  aber  bei  entsprechender  Bearbeitung 
auch  von  weitergehender  Bedeutung  sein. 

13.  Juristische  Abhandlung  von  der  Appellationsi  11  stanz 
reichsritterschaftlicher  Unterthanen  und  Hinter- 
sassen bei  denen  ttitterdirectorien  und  Cantonsgerichten  ihrer 
HenscfaaftoiL  Ton  Frans  Hermann.  1792.  Auszug  von  Bod- 
mann. 

14.  Anecdota  Moguntina  dvitatem  Moguntinam  Gonconoitla. 
Abschriften  Ifainzer  Urkunden,  ungefähr  200  Bogen  FoL 
18.  Jahrh.  Gehörte  dem  Prot  Dörr. 

15.  Abschriftensammlung  von  Urkunden  und  ArchiralaussOgen  ver- 
schiedener in  die  froher  Kurmainzische  Verfassung  einschlägiger 
Gegenstftnde. 

16.  »Gdkctanea  ad  res  Hoguntinast,  t.  Bodmann. 

17.  »Gollectanea  ad  historiam  antiquam  Hoguntinam«;  Abschrift 

V.  Bodmann. 

18.  >Anecdota  ad  historiam  Moguntinam« ;  ebenfalls  v.  Bodmann. 

19.  Chartae  ineditae  ex  originalibus  diligentissime  descriptae  a  me 
Franc.  Jos.  Bodmann,  uiaxime  Moguntina.    lieber  80  Bogen. 

20.  Von  der  ßesthauptsthätigung  in  den  Kurmainztschen 
Aemtern.    18  Bogen.    Abhandlung  Bodmanns. 

21.  »Varia  collectanea  ad  res  MogunLioas  spectantia«.  Bodm. 
3  Fase.  4°. 

22.  Besitz  der  Oberherrschaft  u.  des  sogen a n n t  on  Eigon- 
thums  an  dem  Rhein-  und  Mainstrom,  wie  solcher 
von  dem  Kurthume  Main/,  nach  Verträgen  und  Herkommen 
von  älteren  Zeiten  bis  itzo  hergebracht  ist;  ca.  25  Bogen. 
Druckferiige  Abhandhmg  von  Bodmann,  4*,  mit  zahl- 
reicfaen  Urkunden-Abschriften.  Enthält  die  Gerechtsame  der 
llabizer  Kurftirsten  auf  beiden  Flössen,  deren  Verträge  mit 
Nachbarstaaten  über  dieselben,  hi  specle  Ober  Maiktsdulfbhrt, 
LebpfiMte  etc. 

23.  Pronundata  et  Statuta  in  concilio  provinciali  Mogun- 
tinenst.   Sub  anno  1424  die  XVUl.  Mensis  Martn.  Qnod 

AiditvsIlMbi  BdlMlirift  n.  IS 


178 


QMae: 


hereses  WidefT  de  Anglia  et  Joh.  Ilussonis  ac  Jeronimi  de 
Praga  reprobate  et  oondempnale  fuerunt  in  Goncilio  Constan- 
tinensL   Ms,  saec.  XV.  Perg.  Folio.  78  Blatt. 

24.  Häuser  und  Plätze  in  Mainz,  nach  iliren  alten  Benennungen. 
2  stailce  Volnmiiia.  Sanunhing  Bodmanos. 

25.  Testament  des  Gardinais  Albrecht  von  Mainz  1640. 
Relation  über  sein  Leichenbegängniss.  1546.  CHeidi* 
zeitig. 

26.  Wahleapitulation  Erzbischo&  Johann  Friedrich  Karl 

zu  Mainz.    1743.   Gleichzeitiges  Ms. 

27.  Wahleapitulation  des Erzbischofe  Emmerich  Joseph 

Yon  Mainz.    5.  Juli  1763. 
Abschr.  Bodmanns. 

28.  Processus  informativus  super  (}ualitatibus  Eminentissimi 
et  Revercndissimi  Dom  in  1  Emmcrici  Josephi  lib.  Bar. 
deBreidbach  in  Bürresheim,  archiepiscopi  Moguntinensis, 
S.  R.  I.  Principis  Electoris,  electi  episcopi  Wormatiensis,  nec 
non  super  statu  ejusdeiii  ecciesiae  calhedralis  Wormatiensis. 
Ms.  Fol.  22  Blätter. 

29.  Gapitulatio  et  Rd^  Archiepiscopi  et  Electoris  Hogantini 
Domini  Emmerici  Josephi  sub  d.  5.  Juli  1763.  Danach 
die  letzten  Worte  gestrichen  nnd  statt  deier  gesetzt:  Fndend 
Garoli  Josephi  s.  d.  18.  Jnlii  1774.  Von  derselben  Hand  auch 
mdir&cbe  Aenderangen  und  Zusätze  im  Ms.  22  Bogen  Folio. 

Dabei:  OhnTorgFeiflIche  Uonita  circa  Gapitulationem  ekcto- 
«ralem.  6  Bogen. 

Historie  von  Erwählung  ErzbischofTcns  Dietherid  y.  Is^burg 
zum  Erzbischof  zu  Maintz.    1459.    125  Seilen. 

Kurtze  Relation  und  Erzehlung,  wie  die  Stadt  Mayntz  ao.  1552 
von  Markgraf  Alberto  v.  Brandenburg  eingenommen,  zum  Theil 
geplündert,  gebrandschatzt  und  zum  Theil  verbrandt  ward. 
20  S.  Folio. 

30.  De  perpetua  confoederatione  inter  reges  Bohemiae  et 
Electores  Ifognntinos.  3  Bogen. 

31.  GoUectanea  ad  vitam,  res  gestas,  mortem,  cdtum  et  rdiiina 
Willigisii  archlespisoopi  Moguntini. 

Ms.  saec  XVH  Fol.  2  Gm.  starL 

32.  »Das  Domcapitel  zu  Mainz  betr.  ad  Ghronioon  GapitoU 
Majoris  Moguntini«. 


Di«  ardiifiliKlNii  ftunmlmigm  auf  Sehloai  HUtenberg  in  Baytra.  179 

Enthält  u.  a.  2  Abschriften  von  Norrologicn  des  XI.  und 
Xn.  Jahrb.,  woraus  sich  die  Todestage  der  ältesten  Eizbischöfe 
erflehen,  von  Bodmann  (mit  Nr.  508  bezeichnet). 
BS.  Feldmesserei-Ordnung  des  Domcapitels  zu  Mainz  für  Hoch- 
heim. 1600. 

34.  Annales  archiepiscoporum,  praelatorum  ceterorumque 
canonicorom  majoris  ecciesiae  Moguntinae.  Tomi  IV.  Fol 
Von  Helwieh;  circa  1600—1600  Blatt  Fol,  geschrieben  etwa 
1620-1680. 

Enthtit  Stanunbärnne  der  Domherren,  Wappen,  biogra- 
pfaiacfae  Notizen,  Grabsefariften,  Stiftungen  etc.  etc.  Ein  Werk 
▼on  eminentem  Fldase.  (Nassauische  Annalen  XI,  S.  364.) 

35.  Ritualia  et  statuta  ecclosiae  Moguntinae.  Handschr. 
des  15.  Jahrh.  Pap.  Fol.  203  Bl.  Enthält  auch  die  sämmt- 
lichen  Urkunden  (mehrere  hunderte),  durch  welche  die  inneren 
Verhältnisse  des  Hochstifles  Mainz  geordnet  worden  sind, 
darunter  Kaiscrurkunden  und  päpstliche  Urkunden,  erstere 
bis  zu  den  sächsischen  Kaisern  hinauf. 

Besonders  wichtig  ist  das  Ms.  für  die  Geschichte  der  Erz- 
bischöfe  Johann  IL  und  Conrad  HI. 

36.  Probationes  Genealogicae  canonicorum  Mogun- 
tinenainm  ez  eqnestri  fomiHa  natoram,  a  16  mgloram 
mRninibas  ac  hisignibos  dedactae  a  Georg.  Helwieh.  Afanen- 
pxoben  mit  Wappenzeichnimgen  fOr  48  Domherren. 

Handzekhnmig  resp.  Iis.  Folio. 

37.  Dioecesis  Hoguntina  in  parochüs.  GoUeeta  per  me 
Sebastianum  Severum  nunc  parochum  in  Wallthüren.  Mi. 
Pap.  4°.  circa  4  Gm.  stark,  1773;  mit  zahlreichen  Urkunden- 
abschriften. 

38.  Ck)lIectanoa,  die  Mainzer  Geistlichkeit  betreffend  (mit  Nr.  237 
und  495  txjzeichnet);  2  Convolule. 

39.  Ad  chronicon  ecciesiae  collcgiatae  S.  J  o  a  n  n  i  s  Moguntini. 
Handschrift  Bodmanns.  Zahlreiche  Auszüge  und  Abschriften 
Ton  Urkunden  etc.  4°,  über  1  Gm.  stark. 

40.  Necrologium  ecciesiae  B.  M.  V.  ad  gradus.  In  dnem 
Ms.  saec.  XL  Bodmanns  Abschr.  Qn  ehiem  Gonvoliit  >llo- 
gunthiac  mit  Nr.  613  bezeichneL) 

41.  Annales  monasterÜ  S.  Jacobi  roontis  spedori  prape  Mo- 
gontiam  extra  muros  civitatis  ordhiis  S.  Benedkti  qöoad  fim^ 


180 


dationem,  abbatum  soriem  et  auoces^onem,  variamque  tem- 

porum  et  universorum  saeculorum  vicissitudinem. 

Verfasst  und  geschriebon  von  Pater  Benedict  Gebhart  anno 
1734.  —  30  Ho-en  Folio. 

42.  Diplonuilarium  monasterii  Moatis  S.  Jacobi  prope 
Moguntiani. 

Absclir.  des  17/18.  Jahrh.  28fi  Seiten  Folio. 

43.  »Diss  ist  die  Ansprache  und  Forderungo,  die  wir  Anshelm 
Apt  und  Gonvent  zu  S.  Jacob  zu  Mcnze  (folgen  die 
fitoigen  Hainas»  Stifter)  han  und  dun  an  die  Bürger- 
meisterei Raidt,  die  Zunftmeistere.,  zu  Mentzec. 

Orig.  Ms.  saec.  XV.  Fol.  Papier.  6  Bog. 

44.  Flores  spani  ad  jnra  quaedam  et  privilegia  spedaUa  archiepi^ 
scopatus  et  eledoratus  Mogimtlni,  quoiB  illustris  jmis  consnl- 
torum  ordinis  anctoritate  in  alma  Moguntina  universitate 
pfo  lieentia  summos  in  utroque  jure  honores  capessendi  ezponit 
H.  L.  Q.  C.    1  Gonvolut  von  7—8  Cm.   Bodmanns  Ms. 

Dabei  z.  B.  von  derselben  Hand:  Extractus  actoraai« 
hisloriam  et  jus  stapulae  Moguntinum  exhibentium  a  tempore 
Bertholdi  1484-1788.  -  13  Bogen.  Urlc-AbschriOen. 

45.  Mainzer  Universitäts-Ghronik.  Ms.  Fol  1664—1766. 
Ungefähr  120  Bogen. 

46.  Selecta  juris  privatiMoguntini,  spec.  I,  quod  illustris 
juris  consultonim  ordinis  auctoritate  in  alma  electorali  sludii 
Moguntini  univorsitate  pro  suniniis  in  utro<iue  jure  lionoribus 
capessendis  publice  eruditorum  crisi  subraittit  H.  L.  Q.  C. 

Handschr.  Bodmann's  mit  zahlreichen  Urkunden-Abschriften, 
betr.  die  ganze  DiOoese  Mainz. 

47.  Samminngen  zur  Geschichte  der  Mainzer  Universität 
Mehrere  Handschriften  saec.  XVIL  und  XVm  Ein  Gonfolut 
Yon  bedeutender  Stfirlce  (12  Cm.).  . 

48.  Goüectanea  ad  Ghronicon  Gapitufi  migoris  Hbguntini. 

(Von  hier  bis  zu  Nr.  71  lauter  Sammlungen  mid  Urkunden- 
Abschriften  Bodmanns). 

49.  CoUectanea  ad  chronicon  Ecclesiae  Collcg.  S.  Petri  MogunL 

50.  CoUectanea  ad  chronicon  Carthusiae  Moguntinae. 

51.  Annales  Moiia^torii  S.  Jacobi  montis  spedosi  prope  Mogun- 
tiam  extra  muros  civitatis. 

52.  CoUectanea  ad  chronicon  Monasterii  S.  Jacobi  Moguntini. 


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IMe  aichiTBliaelien  Sammlongen  anf  SchloM  Miltenberg  in  BAjani.  13] 

63.  Series  D.  Abbat issarum  Vctoris  Monasterii  Moguntiae  a  pri- 
mitiva  cjusdem  fundatione  anno  656  ad  annum  usque  1739. 

54.  Collectanea  ad  chronicon  Monasterii  Altemünster  Mog. 

55.  Collectanea  Marienborn  bei  Mainz  betr. 

56.  De  origine  et  anti(iuitate  GapcUae  S.  trium  Regum  Moguntiae 
ad  illustrandain  historiam  Epiphaniae.    Mehr  als  20  Bogen. 

57.  GoUecianeft  ad  chronicon  Eccl.  ColJeg.  S.  Mauritii  Mog. 

68.  GoDect  ad  cfaroo.  Eod.  GdD.  S.  Stephan!  Mog. 

69.  »  » 

60.  »  » 

61.  »  > 

62.  »  » 

63.  »  » 

64.  »  » 
66.      »  > 

66.  »  > 

67.  » 

68.  »  » 

69.  »  » 


>  »    S.  Vidcris  Mog. 
»     »    B.  IL  V.  ad  gradus.  Mog. 
»     »    St  Albaiii  Mog. 

>  >    S.  Gangdphi  Mog. 

»      »    S.  Johannis  Mqg. 
»      »    S.  Crucis  Mog. 
Collegii  et  novitiatus  S.  J,  Mag. 
Monasterii  albarum  Domin.  Mog. 
»       S.  Agnetis  Mog. 
»       Dalheim  prope  Mog, 
*       S.  Ciarae  Mog. 

70.  Ueber  den  Urspnmg  und  Stiftung  des  Catharina-  und  Barbara- 
Spitals  zu  Mainz. 

71.  Sammhing  von  Material  z.  Gesch.  der  Erfindung  der  Bucfa- 
dmckeitiinst  (3  Gonvoliite  unter  Nr.  801«  344,  494). 

72.  Instruction  für  die  Gesandten  des  Erzb.  Albrecht  von  Mainz, 
die  zum  Kaiser  geschickt  werden  sollen  betreib  der  Stadt  Er- 
fiirt,  aus  welcher  die  HerzOge  von  Sachsen,  Kurfürst  Friedrich 
und  seiii  Brader  Johann  2  Bürger  hatten  richten  lassen, 
ca.  1516.  Gleichzeit  Ms.  4  Bl. 

73.  Bemerkungen  über  die  verschiedenen  Landgerichte  in 
dem  Kurihum  Mainz.  Enih.  Abschriften  einer  Anzahl 
Weisthümer  von  Gerichten  im  Hessischen  und  der  jetzigen 
Provinz  Sachsen,  abgaschrieben  von  Bodmann. 

74.  At>schriflen  und  einige  Begesten  von  ungelTdu'  80  l-rkundcn 
des  Mainzer  Erzbischofs  (iraf  Adolf  v.  Nassau  aus  seiner 
ganzen  Regierungszeit  1382— lölX).  Von  Bodmanns  Hand. 
5  Bog.  Fol. 

75.  Abschriften  der  unter  dem  Erzbischof  Johann  IL  von  Nas- 
sau (1397—1419)  erschienenen  Privilegien  und  sonstigen  Ur- 
kunde». Bodmanns  Hand.  Folio.  7  Bog.  (ungefMir  120  Urk.). 


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182 


76.  Ein  Convolul  in  4®  von  Bodmanns  Hand,  welches  auf  etwa 
10  Bogen  Urkundcnauszuge  aus  den  Copiattmchern  des  Victor- 
stiftes in  Mainz,  das  Zehnt wesen  der  einzelnen  Orte  des 
Rlioingauos  von  den  ältesten  Zeiten  an  betr.,  enthält. 

77.  Brcvis  quaedani  riniintatio  de  transiatione  cartusie  noslre  olim 
vallis  S.  Pelri  nuncupati  in  FAingavia  prope  Castrum  Scharpfen- 
stein,  circa  an.  1308  fundate,  ad  montcm  Michaelis  archangeli 
ibidem,  ao.  1320. 

Abschrift  Bodmanns. 

78.  Landsiedelbrief  über  den  Mainzer  Earthauserhor  zu  Marxheim 
1472. 

79.  Die  Gemeinde  Flfirsheim  nimmt  1000  H  Capital  auf  zur  Be- 
streitmig  der  Kosten  für  Hexenprooesse.  1618.  Original-Ur- 
kunde. 

80.  Taphographica,  ex  manuscripta  ooDectione  Helwichii, 
quam  ao.  1611—1823  peragrando  diversa  loca  ipsa  soa  mano 
adomavit,  excerpta  a  me  F.  Bodmannno.  Mog.  1802. 

Gic])t  Grabschriflen  und  Wappenzeichnungen  der  (zum  Thell 
schon  längst  zerstörten)  Kirchen  und  Kapellm  von  folgenden 
Orten: 

Algesheini,  Ascliaffenburg,  Bechtelsheim,  Bingen,  Bleidenstadt, 
Bodenhcira,  Braubacli,  Butzbach,  Clarenthal,  Creuznach,  Cron- 
berg,  Dexheim,  Dlsiboilenberg,  Ebeibath,  Ebernberg,  Eltville, 
Erbach,  Erbenbeim,  Eppstein,  Geisenheim,  Gcispishcim,  Gross- 
winternlieim ,  Gottesthal,  Guntcrsblum,  Hanau,  Hallgarten, 
Hattenheim,  Höchst,  Idstein,  Ingelheim,  Johannisberg,  Kiedrich, 
Limburg  a.  d.  I^alin,  Lorch,  Lorsch,  LorzweU,  Marienthal, 
Marifihausen,  Mittelheim,  Mommenheim,  NiederOlm,  Nierskein, 
Odemheim,  Oppenhelm,  Osthofen,  Oestrich,  Otterburg,  Parten- 
heim,  Pfaflbnschwabenheim,  Rödchen  liei  Neudcrf,  Rnperts- 
berg,  Rüdesheim,  Sarmsheim,  Speyer,  Staudernheim,  Steinheim, 
Seliirenstadt,  Tlefenthal,  Waldbelnhiheim,  WaUhausen,  Wdlbacfa, 
Wiesbaden,  Winkel  und  Worms.  (Original  angeblich  zu  Mainz.) 

81.  Die  Landtbrauch  des  Rheingaues,  so  von  ohndenk- 
lichen  Jaliren  hero  löblich  observirt,  üblich  vndt  brauclilich 
gewesen  ,  .  .  durch  Entsbemelten  begehrtermassen  aufgesetzt, 

D.  1.  December  1643.   Nicolaus  Itstein,  Gewaltsboit  im 
Rheingau. 
Ms.  Fol.   38  Seiten.  Papier. 


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Die  uvhivaliscben  Sammlungen  auf  Sehkm  Miltenberg  in  Bayern.  183 

62.  Ezcmm  üterarios  ad  iOostnitionein  sdtamenti  provindaHs 
pagi  Rheni  inferioris. 

Rheingauer  Landweisthum,  ope  chartanun,  monumentornm 
fide  obsenratis  historiae  patriae  susoqptns.  Auctore  Franc. 
Jos.  Bodmann.  1796. 

Ein  Convolut  in  4".  G  Cm.  stark.  Enthält  Weisthnm 
und  Recht  des  Rheingaus,  1487,  Abschrift  Bodmanns  mit 
dessen  zahlreichen  Noten,  offenbar  eine  Sammlung  von  Jahren, 
wie  schon  die  verschiedenartige  Handschrift  beweist.  Beiträge 
zur  Geschichte  der  Orte  im  Rheingau,  der  edeln  Geschlechter, 
der  üblichen  Ab^j^ahen,  der  ganzen  ViTfa.ssung  nach  allen  Rich- 
tungen, über  letzlere  eine  besondere  Abhandlung  von  8 — 10 
Bogen. 

Dissertatio  pradmiinaris  de  habitn  veieie  politico  pagi  Rheni 
inlierioris  etc.  Ueber  das  yicedomamt  im  Rheingaa.  Heim- 
geraide, ZbU  der  Feuerstätten  (1525  und  1781)  der  einzelneii 
Orte  des  Rheingaues,  ümfang  und  ursprunglidier  Erwerbungs- 
grund  des  Rheingauer  Harlorechts  im  dortigen  Heimgeiaide. 
4  Bogen.  Waldmarken,  Verhftltnlsse  des  Adels  im  Rheingau. 
EuRe  Geschichte  des  Klosters  IfiBrienthaL  Aelteste  Khichen- 
verfassung  des  Rheingaues. 

83.  Urkundensammlung  zur  Geschichte  der  geistlichen  Gerichts- 
barkeit im  Rheingau.    l^'g  Bogen.    Von  Bodmann, 

84.  Noten  Bodmanns  zu  seinem  Werke  über  die  Rheingauer  Alter- 
thünier  betr.  —  Besteht  aus  einem  gross<^n  Kasten  voll  einzelner 
Zettel  mit  Nachträgen  und  Zusätzen,  die  (oft  mit  Bleistift  und 
zitternder  Greisenhand  geschrieben)  durch  ihre  Ueberschrift 
andeuten,  zu  welchen  Stellen  von  Bodmanns  Rheingauischen 
Alterthümern  die  einzelnen  Zettel  gehören. 

85.  Urkunden  und  gerichtliche  Erkenntnisse  über  Pfiunwihte,  Zdmten 
und  Bau  der  Pfarrhäuser  zu  Niederwalluf,  Hattenheim,  Erbach 
und  Neudorf  hn  Rheingau.  17.  u.  18.  Jahrb.  4  Bog.  Fol 

86.  Ein  Faseikel  Abschriften  von  Urkunden  der  Abtei  Ebobacfa 
?im  Bodmann.  1813.  4*,  ungeflUur  2  Gm.  staifc. 

87.  Gopiar  betr.  das  Kurmamzische  Schloss  und  Amt  Lafanstein. 
—  Urkunden  der  Mainzer  Erzbischöfe  Adolf  I.,  Johann  II., 
Conrad,  Dietrich  I.,  Dietrich  II,,  Berthold,  Jacob,  üriel  und 
Cardinal  Albrecht,  mit  1380  l)eginnend,  bezüglich  der  Schlösser 
Lahnstein  und  Lahneck  und  des  Zolles  zu  Laimstein,  Burg- 


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184 


manosgcldcr,  Anleihen  der  Erzbischöfe  mit  Anweisung  auf  den 
genannten  Zoll,  Erbhuldigiingon  zu  Lahnstein,  Berufungen  und 
Reverse  der  Amtleule,  Altarstiflungen,  Exemption  von  den  west- 
nilis(  hcn  (icrlchten,  Inventar  des  Schlosses  Lahnstein.  Gewährt 
Beiträge  zur  Geschichte  der  Häuser  Virneburg?,  Nassau,  Wied, 
Westerburg,  Uuiikd,  Isenburg,  Dadenberg,  Rieneck,  Ilurter, 
Elz,  Dehrn,  Stockheim,  Leyen,  Stein,  Eiueiiberg,  Liebenstein, 
Kesselstadt,  Bucbseck,  Heidenstorf,  Köth  von  Wanscheidt,  Hohen- 
stein,  Bkertttosen,  Landsehaden,  Werthetm,  Grooberg,  Erbach, 
ScharfeDsteiii,  LahDstein,  Gatsenebibogen,  Hattwtgiii,  Reifbn- 
beig,  Solms. 

Iis.  Fol  Pftpier.  3-^  Gm.  stark.  Hdzband. 

88.  Formnlae  homagü  praestandi  m  ardddioeoesi  Hoguntiiia,  inomte 
saeculo  XV.  Dabei  o.  A.  fSdesformelii  fOr  den  Kdler-  mid 
Zollschraber  in  HOcbst,  liahnstnin  mid  Ehrenfels.  Abschrift 
Bodmanns,  3  Bogen. 

89.  Historische  Nachricht  von  dem  ehemaligen  Kloster  und  nnn- 
mdirigen  Ritterstifle  z.  h.  Fecmtios  m  Bleidenstadt  1  Bog.  4*. 
Ansatz  von  Bodmann.  1797.  (et  Nass.  Annaten  II,  2,  80.) 

90.  Ghronicon  vndt  altes  Herkommen  der  LandtgraHen  in  Tfaöringen 
vndt  Hessen,  auch  deren  von  Hennebeig  vndt  der  FQrsten 
Ton  Anhalt  Biss  Tflb  Jahr  Christi  1480..  Gonradus  Bach- 
mannus  Ifelsungensis  Hassos  ao.  1599.  Ifs.  4*,  ±H»  Gm.  slariL. 

Angdiunden: 

Gompendiom  ffistoricum  de  Tburingia  et  Hassia.  (Diess 
Gompendium  Laurentii  PeckensteinU  ist  aus  dnem  gedruckten 
abgeschrieben.)  —  Entschuldigung  der  Diener  am  Evangelio 
Jesu  Christi  zu  Frankfurt  a.  M.  aufT  einen  Sendbrief  Martin 
Luthers,  im  truck  aussgangen  an  die  Hhät  vnd  gemeine  der 
Stadt  Frankfurt.  1553.  10  BI.  Gedr.  zu  Frankfurt  bey 
Christian  Eynolff.  —  Vergleichung  der  Predicanten  alhte  zu 
Frankfurt  ao.  1542.  2  Bl.  —  Supj^lication  der  Feiertage  halber 
und  mehreres  die  Reformation  in  Frankfurt  Betreffendes,  auch 
über  die  franzfieische  und  fttmisplw»  Gemeinde,  »so  sich  alhie 
zu  Frankftirt,  als  am  das  Wort  Gottes  willen  ans  ihrem  Vater- 
landt  vertrieben,  amm  Lutherthmn  eriialten«.  1562  etc.  etc. 

91.  J.  6.  Reuter,  der  Albansgulden,  nebst  «iMrftiqiwwi  Znsfttien 
und  Erläuterungen  von  Bodmann. 


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Die  aiehifaliaelMii  SunniliiiiBen  auf  ScUom  Miltenbeiv  in  Bayern.  186 

92.  Collectio  Sgnonim  notarialium  Moguntinomin;  gesammelt  iron 
BodmamL 

VIL  IteSMik 

1.  1279.  IV.  Kai.  jul.  Horn. 

Bulle  des  Papstes  Nicolaus  IV.,  worin  er  dem  Kloster  Marien- 
münster  in  Worms  ein  Privil^mii  ertheilt.  Orig.  Bld- 
siegel  fehlt 

2.  Wormatiensia.  Urkundenabachrifteii  Bodmanns,  die  Stadt 
Wonns  imd  ihr  Verhftltnis  zu  den  Bischöfen  betr.  4*.  l^/i  Gm. 
stark. 

3.  Annalium  Uberae  et  imperialis  dvitatis  Wormatiensis 
aive  rerum  ab  antiquissimis  temporibus  usquc  ad  finem 
saec.  XVII.  Wonnatiae  actarum  Ihigmcnta,  ipsis  coacvorum 
diplomatum  actommqiie  publioomm  verbis  descripta.  Ms.  4^ 

285  Seiten. 

i.  Schott,  Beytrfige  zum  alten  Wormsgau.  Ms.  foL  Vk" 

stark. 

5.  Centbuch  von  Heppen lie im  an  der  Bergstrasse.  1502  bis 
1549.    Fol.    Papier,  1"  stark. 

6.  Hals-  und  Centgerichtsbuch  zu  Heppenheim.  1558  ff.  Fol. 
2"  stark. 

EothfiH  die  kurzen  Protokolle  über  Bestraftmg  schwerer  Ver- 
brechen. 

7.  Gatalogus  episcoporum  Wormätiensium.  FoL  Ms. 
aaec  JYl  Papier,  Aber  1  Gm.  stark,  bt  in  Wiiklichkät 
eine  bis  15S8  rächende  Gbronik. 

8.  Liber  animarum  ecclesiae  Wormatiensis.  Fol.  Pap. 
Beginnt  mit  dem  Ende  dos  13.  oder  Anüang  des  14.  Jaiirli. 
mit  Nachträgen  bis  zum  16.  Jahrb. 

9*  Copia  renovationis  libri  animarum  perme  Con- 
radum  Ruuen  plebanum  in  lileynicb  (Planig)  scripta  anno 
1528.    Fol.    Papier.    Gute  Absciirifl. 

10.  De  anliquitate  Civitatis  Vangionum  etc.   Ms.  saec.  XVI. 
Fol.  340  Blatt. 

11.  Historische  Nachrichten  ül>er  die  kircliliche  Reformation  im 
Kloster  Hariencron,  Oppenheim  und  Umgegend. 

Ms.  von  1565—1573,  etwa  12  Bogen. 


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186 


CMM»: 


12.  Beschreibung  von  Amt  und  Stadt  Oppenheim.  1643. 

13.  Reformation  und  Ordnun;?  alten  Herkommens  und  Rechtens, 
auch  etliclier  neugesetzten  Statuten  der  Stadt  Wimpfen. 
1544.    4».  Papier.  1  Cm. 

14.  Versuch  einer  iiistorisch-geographischen  Beschreibung  der  Herr- 
schaft Neckarsteinach  am  Odenwald.  Von  Jos.  Willi.  Wan- 
kauf. 1790. 

15.  Die  Grafschaft  Erbach  und  nerrschafl  Breuberg. 
Ilistorisch-statistisch-topographisch  beschrieben  von  J.  Ck)nrad 
Dahl. 

16.  Ver.schieticnc  Ilochpränich  Erbachische  Ordnungen  (Cent- 
gericht, Untergericht,  Haingericht  etc.)  aus  dem  16.  und  17. 
Jahrhundert. 

Ms.  sacc  XVIII.  193  Seiten  FoKo. 

17.  Landts-Ordnung  des  Fürstenthunib  Hessen.  Handschrift  des 
16.  Jahrh.   Schmal-Follo.   253  Seiten. 

18.  1488.  Gdeitafarief  des  Enbisehofe  Berthold  Uainz  fiOr  die 
Stadt  Friedberg  auf  3  Jahre,  prolongirt  1492.  Pa^  (Mg, 

19.  1557.  17.  Man.  Johann  SchSfer  und  Elsa  mid  seine  Frua 
vericaafen  den  Angustinem  in  FHedberg  eine  Gülte  anf  be- 
nannten Gütern  daselbst 

20.  1573.  Testament  des  Johann  Oyger  Brendel  von  Hondmrg 
Burggrafen  zu  Friedberg.  Gleichseitige  Abschrift 

21.  Drei  Originalurkunden,  betr.  den  deutschen  Orden  in  Marburg 
(1296).  Kloster  Schiffenbeig  (1316)  und  Hersfeld  (1570). 

22.  Copia  instrumenli  einer  vermeinten  kuntschafft  über  etliche 
ansprach,  so  das  Kloster  Hayna  gegen  die  Herrschaft  Itter 
gehabt.   1359.  —  Gopie  des  16.  Jahrb. 

23.  Chronicon  vndt  altes  Herkommen  der  Landgrafen  in 
Thüringen  vnd  Hessen,  auch  derer  von  Hennoberg  vnd 
der  Fürsten  von  Anhalt,  biss  ufTs  Jahr  Christi  1480.  Gon- 
radus  Baihmannus  Melsungensis  Hassus  ao.  1599.   Ms.  4**. 

Cm.  slark. 
Angebunden : 

Compendium  Historicum  de  Thuringia  et  Hassia.  Diess 
Gompendium  Lanrentü  Padunsteinü  ist  ans  einem  gedracUen 
abgeschrieben. 

24.  Fuldensia. 


i^iyiu^cü  üy  Google 


Die  aidiinliieh«n  Samnüiiiigeii  auf  Sehlo«  Mütcnlmg  in  Bajera.  187 

Ein  Fascikel  in  4*,  dber  1  Gm.  gUrk,  toq  Bodmamn 

Hand  >ox  origg.  archivi  Fuldensisc  abgeschrieben. 
25.  Gostheimensia.    3  Bogen  Mainzer  Urkunden  über  Kost- 
heim,  meist  saec.  XQL  Abschriften  v.  Bodmann. 

Bern.  Von  Areliivalien,  die  sieh  enf  GroeBhenofflich  Hesrieehe  Gebiete 

beziehen,  dürfte  sich  bei  einer  abermaligen  Revision  der  Miltenberger  Sammlungen 
eine  betiftchtlidie  Aniahl  solcher  finden,  welche  hier  nicht  veneichnet  sind, 

VNL  NttlM. 

1.  Kurtze  und  wahrhaine  Erzählung  wessgestalt  Printz  Moritz 
T.  Nassau  jungsthin  mit  einer  grossen  Anzahl  Schiffen  in 
Ftandem  eingefallen  ....  und  jetio  die  Stadt  Schloiss  be- 
lagert leOL 

Ein  einseitig  bedruckter  grosser  Bogen,  oben  mit  Karte  ?on 
Flandria  borealis,  in  einem  Sammelbande,  wdcfaer  oben  unter 

Nr.  V,  6  angeführt  ist. 

2.  Verzeichnisse  der  landesherrlichen  Gefälle  und  Besitzungen  im 
Gericht  Schierstein.  1589. 

Von  Gerichtswegen  aufgenommen.  Ms.  FoL  Papier,  1  Gm. 

stark. 

3.  Stockheimer,  nachher  Köthische  Zinsregister  zu  Frauenstein. 
1542— 1G09.  1660. 

Ein  Convoliit  in  Folio.    3  Finger  stark. 

4.  Gerichtsbuch  von  Schierstein.  1558—1607.  Fol.  Pap.  390  Seilen. 

Ein  gleiches  t.  1506—1599;  enthfilt  nur  Acten  der  frei- 
willigen Gerichtsbarkeit 

5.  Phnessordnung,  womach  fai  den  FQrstl.  Nassau-Itzsteinischen 
Landen  ui  lustizsaehen  sich  zu  richten  haben  sowohl  Kantdey, 
als  Aemter  und  Unteigericht  1654. 

6.  Auszug  aus  einem  Ms.  von  Knoch:  Verbesserte  Geneakigie  des 
Hauses  Westerburg  und  Runkel.    1702.   6  Bogen. 

7.  Entwurf  einer  Punctatlon  zum  Vergleich  zwischen  dem  hoch- 
fürstl.  Oranien- Nassauischen  Hauss  einer  und  der  Mittel- 
Rheinischen  freyen  Reichs-RittorsrhafI  anderer  Seiten,  puncto 
immunilatis,  jurisdirtionis  et  juris  coUectandi.  1787.  —  Aus- 
arbeitung V.  Bodmann.    3  Bogen. 

8.  Grafen  und  Gräfinnen  von  Nassau,  zu  Mainz  begraben.  — 
Ms.  Fol.  7.  Bl.   Kurze  Lebensbeschreibung  der  beiden  Erz- 


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188 


GOtie: 


hischöfe  und  Kurfürsten  Adolf  L  und  Johann  II.  von  Nassau. 
6  Blalt    AuMtze  muthmasslich  von  Dahl. 
9.  Zur  Genealogie  der  Dynasten  von  Eppstein,  von  Dalil.  Ms. 

10.  Kin  Folioband  mit  dem  Titel:  Tabulac  (jcnealogicae.  Enthält 
Ahueiilufeln  iiassauischer,  hessischer  und  überhaupt  mittel- 
rheinischer Geschlechter. 

Ms.  Fol.  Papier.  3"  stark. 

11.  Kurtz  gefaste  Historie  von  dem  Kloster  Ciarenthal,  vom  Archiv- 
rath Molitor.  Ms.  saec.  XVm.  4^  etwa  80  BL  Beiliegend 
einige  UteraBen  aus  dem  17.  lahrfa.  und  einige  Absdhriften 
noch  voriumdener  Original-Urkunden. 

12.  Topographica  Nassoica.  Handsdirift  von  Habd.  (Bientadl, 
Erbenheim,  Nauroth,  Auringen,  Soonenberg,  Frauenalein,  Hof 
(A.  Marienberg)  Rotmihan,  Liebensefaeid,  Marienbetg^ 

13.  Obennftrkerschaft  über  die  HarlE  Liedeibacb  und  derselben  Ur- 
sprung. 

Abhandlung  von  Bodmann.   4  Seitai.  4°.   Beiträge  zur 

Geschichte  der  Herrschaft  Eppstein. 

14.  Habel's  handschriftliche  Sammlungen  über  das  Römercastell 
bei  Wiesbaden.  (Habel's  Aufzeichnungen  über  die  Salburg 
bei  TTonibiuy  hat  der  jetzige  Besitzer  seines  Nachlasses  dem 
AUfitliuiiisvereine  zu  Wiesbaden  übergeben.) 

15.  Jus  Xassoico-Saraepontanum  circa  successionem  ab  intestato 
et  dütalitium  et  vidualitium  uxoris.  —  Abhandlung  von  Bod- 
manm.   Ms.  5  Bog.  4°. 

Bern.  Viele  Nnwiea  nach  der  Begranamg  dieses  BegrUb  e.  anter 

Nra.  VL  Mains. 

IX.  Mittelrhein. 

1.  Genealogia  Rhingraviana  et  Wildgraviana.  Ms.  Folio- 
band, wovon  aber  nur  22  Blfttter  beschrieben  sind. 

2.  Georg  Friedrieb  Schott,  Fürstl.  Salm-Kyrbiirg^scher  Re- 

^'ieruns:srath  und  Archivar  etc.,  Origines  domus  Rhingravicae, 
oder  Genealogische  Geschichte  des  Fürstl.  Rheingräfiichen 
Hauses.  Unedirtes  druckfertifres  Manuscript,  Fol  438  S.  Mit 
genealo'r^.  Tafeln  und  Siegelzeii  hnungeii,  nebst  iVnhang  über 
die  Rlicingräfl.  Boland.  und  Hohenielsischen  Siegel.  2ö  Seiten. 


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Die  apchiTaliacheii  Sanunlaniai  wat  SdUo»  Miltenberg  in  Bayern.  189 


Nach  einer  Aufschrift  Bodmanns  Ton  diesem  i.  J.  1806 

für  100  Thaler  v.  Schott  gekauft. 

3.  Schott,  Abschriften  Rheingräfl.  Urkunden.   6  Fase.  Fol. 

Bd.  I:    284  Nummern;  Jahre  772-1350. 

Bd.  II:  402        »  »  1300-1367. 

Bd.  in:  297        >  »  1367—1427. 

Bd.  IV:  284        »  »  1427-1505. 

Bd.  V:   145        »  »  1505—1600. 

Bd.  VI:  185        >  »       813— 1300 (Supplement). 

Band  I  und  II  enthalten,  so  weit  sie  verglichen  werden 
konnten,  keine  Doubletten.  —  Ausser  den  Abschriften  nocli 
80  Originale. 

4.  Schott,  ein  weiteres  Heft  von  Urkonden-Absdiriften  zur 
Rheingräfl.  Geschichte.  641  Nummern;  Jahre  755—1580 
(Ifiekenhaft). 

5.  Chph.  Jacob  Kremer,  Wüd-  and  Rheingififl.  Grambach.  Archir- 
rath;  —  Corpus  reoessoum  Rhingravlcum  oder  Sammlang 
Wild-  und  Rlieingrftfl.  Haussverträge,  Kayserlicher  Privilegien, 
HenachaflUdber  Testamente,  Landesthoilungen,  Verzichten  und 
andere  die  gesambte  Fürst.  Rheingräfl.  Hauss-  und  Landes- 
verfassung betr.  Urkunden.  Von  der  Mitte  des  XII.  bis  zu 
Ende  des  XV.  Jahrliuiiderts  zusammengetragen  und  mit  Re- 
gistern verseilen.  Tom.  1.  1760.  Fol.  6H8  S.,  Iheils  von  Kremer 
eigenhändig  abgoschrieben,  thoils  von  iiuii  eoilationirt.  —  Enth. 
Abschr.  v.  130  Urkk.  v.  1171—1495.  Siegel  meist  abgezeichnet. 
—  5  Register: 

1)  über  die  in  dem  Tomo  enth.  Siegel. 

2)  über  einige  alte  teutsche  Wfirter. 

3)  topograpb.  Register. 

4)  Personenregister. 

5)  Sachregister. 

Sdir  sorgOUig  gearbeitet.  —  Beginnt  mit  der  »Beschreibang 
derer  ältesten  Rhdngr&fl.  Landen  und  Besitzungen,  sowohl 
Lehen,  als  Eigen,  unter  Rheingraf  Embrico  and  Wolfram, 
1171.  Nach  dem  Orig.  des  Grumbacher  Archivs,  t  p.  1— 41; 
die  übrigen  Abschriften  nach  den  Origg.  des  Grumbacher, 
Dhauns'chen  u.  Kyrburg'schen  Arcliivs;  die  Regesten  und  die 
Beglaubigung  stets  eigenhändig  von  Krenior. 

6.  Lichtenberg,  Rheingräfl.  Archivar:  Regesta  Khingravica. 


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190 


GAtn: 


774—1793.  Kurzes  chronolog.  Inhaltsverzeichnis  der  Rhein- 
grSSl  Urkunden,  nebst  Angabe  des  Aufbewalirungsorls  und 
Nachweisung  über  £ditioa.  4^  Starkes  Gonfolut»  ca.  12  Gm. 
hoch. 

7.  Frz.  Jos.  Bodmann,  Verbesserte  und  erläuterte  Geschichte 

des  Raugrufl.  Geschlechts  von  Alten-  und  Neu-Bäumburg. 
Aus  ungedrucktoii  Ilrkiindüii  anj^elejj'el  und  durch  eine  fast 
vollständige  Siegclsainiiilung  untcrslülzet.  180G.  Ms.  ineditum. 
4*.  ca.  1  Gin.  stark.    Mit  5(3  Sie^'clzcichnungen  (Nr.  407). 

8.  Bodmann,  Näher  t)erichtigto  und  beurkundete  Reihe  des 
B  o  1  ä  n  d.  Geschlechts  am  Donnersberge  I.  Thl.  lioiänd.  Ast. 
4*.  Starker  Rand.  Mit  Urkundenbuch  und  Siegelreihe.  Dabei 
viele  Raugräfliche  Urkunden. 

9.  Vorlegung  derer  Wild-  und  Rheingräfl.  Successionsfallen 
von  denen  ältesten  bis  auf  die  neuesten  Zeiten  zur  Bestärkung 
der  denen  Herren  Hheingrafen  zu  Grumbach  und  Rheingrafen- 
steiu  zustehenden  Erb-  und  Lelienfolge  in  die  Hälfte  der  Rhein- 
gräflich Dhaunischen  Landen.  Mit  Beylagen  sub  Nr.  1—21. 
Ms.  saec  XVm.  Fol.  6  Gm.  stark. 

•   10.  G.  F.  Schott,  Bey träge  zur  ältesten  Gesclüchte  des  Nahe* 
gaues.   Ms.  2  Bde.  Fol.  ca.  200  Bogen. 

Bg.  1 — 2Ö  cnth.  eine  geschichtliche  Einleitung,  worin  die 
Schicksale  der  Einwohner  unter  den  Römern,  Nomiannen, 
Fhmkeii,  dtiatscfaen  Ibdsem  mit  Belägen  aus  Histoilkam  «nd 
Urkunden  beschriebeii  werden.  —  Bis  Bg.  33  behandelt  der 
VC  die  Paktia  za  Mainz,  Niederingeihdm,  Nierstein,  Krem- 
nacfa,  F^reimerslieim,  Lautem,  Albsheim,  Gelheim.  —  Bis 
Bog.  100  folgt  die  Beschreibung  und  Geschichte  der  Berg- 
schlSsser  und  Rittersit»  (151)  mit  Urkunden,  der  geheltreichsle 
Tlieü  des  Werkes.  Danach  Geschichte  der  34  Klöster,  u.  a.  be- 
merkenswerth  Disibodenberg.  GescMchte  der  (ca.  200)  Städte, 
Dörfer,  Weiler.  Ferner  Geschichte  der  Gaugrafen  des  Nahe- 
gaüs  und  diplomatische  Geschichte  des  Schlosses  Dhaun 
a.  d.  Simmerbach.  —  Dazu  1  Fase  Notizen  und  Gonoepte 
(loses  Heft  von  2  Cm.  Stärke). 

11.  Schott,  Der  Hundsrück  in  seiner  Lage,  Namen  und  Umfang. 
Aus  Annalen  und  Urkunden  erläutert.  1822.  Ms.  FoL  Cm. 
stark.   In  gleicher  Weise  wie  Nr.  10  angelegt» 


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Die  «rchivmUiehen  Sumnhrogm  auf  SeUon  Hiltenberg  in  Bayern.  191 

12.  Ein  Fascikel  Abschriften  von  Urkunden  betr.  die  Gegend  der 
Mosel  und  Nahe.  813—1300  (von  Sclioll).    3-4  Cm.  stark. 

13.  Bcyträge  z.  diplomat.  (iesch.  des  Bergschlosscs  und  der  Vogtey 
über  das  Kloster  Ra  vangirsburg  auf  dem  Hundsrück.  Ms. 
von  Schott.    Fol.  8  ßl. 

14.  Top(^aphica  et  Grenealogica  v.  Lichtenberg,  Rheingräfl. 
AidüTBr.  Gidit  Urkunden-Auszüge  zur  Geschiciite  links- 
rfaeinischer  Ortschaften  und  Gesehleditor  nach  alphabetischer 
Oidnong.  Ein  CSonvölut  in  4*.  ca.  16--18  Gm.  starL 

16.  Historiae  Treverenses  per  Baldericum  conscriptae. 
Iis.  aaec  XVL  Papier.  199  BL  KleinfoL  —  Reicht  bis  zum 
Tode  des  EizbischoGi  Richaid  y.  Greifendau  (1831)  und  ist 
um  dieselbe  Zeit  geschrieben. 

16>  Statuta  ecclesiae  metropolitanae  Treverensis.  1595.  Ab- 
schrift auf  Papier.   18.  Jahrb. 

17.  Copialbuch  des  Maximinstifls  zu  Trier,  M^.  saec,  XVI.  Fol. 
Papier.  24  Bl.  eng  beschrieben.  —  Enlhrdt  vorzugsweise  Abechr. 
der  Urkk,  bis  zum  Anfang  des  XII.  Jahrh. 

18.  Desgl.,  Folio,  51  Bog.,  geschrieben  und  beglaubigt  i.  J.  1683. 
—  Beginnt  mit  der  l'rkunde  des  Königs  Dagotert  v.  April  634 
und  reicht  bis  gegen  Ende  des  30jährigen  Krieges.  Die  Ur- 
Ininden  bis  zu  Ende  der  R^ierung  der  sächsischen  Kaiser  um- 
fassen 16  ziemlich  eng  beschriebene  Bogen. 

19.  Annales  eoeoobii  S.  Maximini.  Fragment  aus  L  IV.  (Bl.  109 
bis  198),  Jahre  893->926.  Hit  Urkundenabschriften,  Ifono- 
grammen  und  Siegelzeichnungen.  Dazu  ein  Fragment  der 
Annotationes  (Bl.  293—305),  Jahre  910—929.  Ms.  saec  XVIL 
Fol.  Papier. 

20.  Ein  Gonvolut  v.  Litteralien  und  Urkundenabschriflen ,  z.  Th. 
auch  Originalien  des  .Maximinstiftes.  Handschriften  aus 
dem  15.— 18.  Jahrh.  —  ca.  5  Cm.  stark. 

21.  »T  r  e  V  i  r  en  s  i  a€  (mit  Nr.  460  bezeichnet).  Ein  Gonvolut 
in  4°,  ca.  1  Gm.  stark.  Urkundenabschriflen  Bodmanns  aus 
Trier'schen  Archiven,  hos.  das  Maximinstift  betr. 

22.  Gonvolut  von  Lilteralien,  Urkunden-  und  Statuten-Abschriften 
aus  dem  XV. — XVIII.  Jahrb.,  betr.  das  I'aulins-,  Florins- 
und  Maximinsstift  zu  Trier.  Fol.  2—3  Gm.  stark  (mit 
Nr.  157  bezeichnet). 

33.  PraerogatiTarum  hisignis  ooOegiatae  ecclesiae  ad  S.  Paulin  um 


192 


G«lie: 


prope  TreTiros  historica  coUectio.  Ms.  saee.  XVin.  FoL 
10  Bog. 

24.  Vitae  sanctorum  ecclcsiae  Paulinianae  Trevir.  Gollectae 
per  me  C.  G.  L.  1725.    xMs.  A\  1  Cm.  stark. 

25.  Copialbuch  des  Dominikanerklosters  zu  Coblenz.  Ms.  saec.  XV., 
mit  wenigen  späteren  Nachträgen.   Papier.  Fol  ca.  180  BL 

beschrieben. 

26.  Annales  mona.steriorum  ordinis  S.  Benedict!  in  Arduenna 
sitoruni,  vidilicet  Stabulcnsis  et  Malmundarie  nsis, 
Pr  u  m  i  e  II  s  i  s,  Andaniensis  s.S.  Huberti.  Conscripti  per 
Ilenr.  Brandanum,  theol.  ord.  S.  Bencd.  ao.  1637,  quibus 
accessit  series  praesulum  Trcvirensium  usque  ad  a.  1640.  — 
Ms.  Fol.  Pap.  188  Bl. 

27.  Beiträge  ad  historiam  coonobii  Rommei  sdorf. 

1)  Verzeichnis  der  zur  Gcsciüchte  dieses  Klosters  gehörigen 
Urkunden.   8  Bog. 

2)  Caiartac  quaedam  ioeditae  abbatiae  R.  Aus  eiiieni  alten 
Gopialbucli.  5  Bog.  {mü  Nr.  419  beseicbnet). 

28.  Abschriften  Uikk.  des  Ftanziskaneiklosters  ni  Ereainach 
ans  dem  15.  und  18.  Jahrfa.  Uebergabe  desselben  an  die 
Jesuiten  1577.  —  Historia  fimdationis  ooDegH  P.  P.  Soc  lesn 
Trevir.  1564—1577,  ex  cfaartis  anthentids.  Abeehriften  von 
der  Hand  Bodmanns.  16  Bl  4^  (Nr.  429). 

29.  Ein  Foliant,  enth.  die  Gründungsurkunden  der  Jesoiten-GoOegien 
zu  Trier,  Göln,  Hains,  Speier,  Wfiraburg,  Fulda  und 
Mols  heim,  sowie  Gfiterfiberweisungen  und  Verwandtes. 
Fol.  Papier,  saec.  XVL 

30.  Ad  historiam  dissidii  inter  R  ab  an  um  episoopum  Trefir.  et 

Ullricum  de  Manderscheid  ao  1435. 

1)  Als  sich  Herr  Raban,  Erzb.  zu  Triem,  gen  myn  henen 
V.  Mentzen,  Collon  u.  v.  Worms  verschrieben  hat  von 
des  Stifts  V.  Trier  w^en.  S.  Goar,  Samstag  nach 
S.  Lucientag.  1435. 

2)  Als  sich  Herr  Baban  verschrieben  hat  v.  d.  Sladt  Trier 
wegen.  S.  Goar,  vff  d.  h.  Wihennacht  1485  etc.,  und  noch 
11  andere  darauf  bt-zügliche  Urkunden.  Abschriften 
von  Bodmanns  Hand. 

31.  »Verhandhmgen  L     des  Maziminstifts  sn  Trier  gegen 


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Die  arehivaluchen  Sammlunfen  anf  Scblon  MUteiüierg  ia  Bayern.  193 


Junker  Heinrich  Vogt  von  Hondelstein«.  145Ö  fg.  Gleichzeit. 
Ms.  Fol.  24  Blaü  Papier. 

32.  Manuscriptuin  confinens  orluni  ot  propressum  monaslorii  Car- 
niditici  Thöneslein  prope  Andeniadi  .  .  .  opera  P.  lleinrici 
a.  S.  Paulo  pFocuratoris.  Anno  1663.  Ms.  saec.  XVn.  4^ 
2Vt  Gm.  stark. 

33.  Beschreibung  des  Klosters  Spohnheim  und  wie  ein  Abt  dem 
andern  gefolget.  Ezoerpta  aus  Job.  Trithemii  Abbatis  Spon- 
heimischer Chronik.        saec  XVn.  4*.  148  S. 

34.  £in  Fascikel  Trier*scher  Originahrkunden  und  Abschriften, 
mit  Nr.  206  bezeichnet.   Darin  unter  anderen: 

Copia  dreier  Urteil  i.  S.  Ghur  Trier,  ca.  die  Stadt  Trier 
1580.    Absclir.  saec.  XVm. 

Orig.-Urk.  des  Erzb.  Dietrich  (Anfang  d.  13.  Jahrh.)  de 
dotatione  altaris  S.  Mauricii  et  institiitione  sollempnizationis  in 
assum{)t.  B.  Mar.  Virg.  Am  Schluss  defect,  daher  Datum  nicht 
ersichtlich. 

Orig.-  LJrk. :  Confederatio  ecclesiaruiii  Treverensium  super 
liberlalibus  conservandis,  1256. 

Orig.-BuUe  Sixti  iV.  concernens  universilatem  contra  capilula 
coUegiatarum  ecclesianim.    1474.  Mai  26. 

86.  Weisthum  des  Obeifaofes  zu  Gröve  im  Eizstift  Trier.  1491. 
11  BI.  4*.  Abschr.  Bodmann*s  »ex  authentico«.  —  Desgl.: 
»Von  der  Gesch.  des  sogenannten  GröTer>Reichs:  1491.  Weis- 
thum, 1492.  Abscheydts-Artikel  und  Puncta  im  GrOverreich  ver- 
oidnet.»  Abschr.  Bodmann's.  Fol 

36*  »Andemacensiac  (Nr.  438).  Abschr.  T.  Uikunden,  betr.  die 
Stadt  Andernach,  von  Bodnnann's  Hand,  beginnend  mit  d«r 
Uric.  V.  1181  ^op\.  16  (im  Mittelrhein.  Urk.  Buch  II,  S.  41). 

37.  Fundalionsbrief  des  Fürstlich  Salm-Rheingrfifl.  Collegiums  der 
Patres  piarum  scholarum  in  Kim.  1765.  Pap.  Begl.  Abschr. 
V.  1769. 

38.  22  Originalurkunden,  mlttelrheinisehe  Territorien  und  Geschlech- 
ter betreffend. 

X.  Niaderrbein. 

1.  Chronicon  archiepiscoporum  sanctae  civitatis  Golonien.sis. 
Ms.  saec  XVL  Fol.  Pap.  77  Blatt.  Reicht  bis  zum  Erzbischof 

Axekhnaiwb«  ZdtsokrUU  IL  U 


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194 


Götze: 


Philipp  von  Obefstein,  und  zwar  bis  1511.  Der  Sdiluss  der 
chronistischen  Darstelltmg  (wahrscheinlich  nur  1  Bl)  fehlt.  Auf 
dem  letzten  Blatte  befindet  sich  ein  Raster,  dessen  Blattzahlen 
aber  mit  den  jetzigen,  ebenfalls  dem  16.  Jahrh.  angehörigen 
Blattnummern  nicht  stimmen,  und  noch  weniger  mit  denjenigen 
Nummern,  welche  die  lilätter  wirklicii  beicommen  inüsslcii. 
Dcndoch  gehört  dieses  Iloij'isler  zur  vorliegenden  I  landsdinft, 
denn  os  zeigen  sich  alte  radierte  nhitlnummem,  welche  zu  denen 
des  Re^'isters  passen.  Da  alles  von  derselben  Iland^dirifl  her- 
rührt, so  erficht  sich,  duss  der  Selneiher  noch  spätere  Zusätze 
getnaeht  und  mitunter  ganze  Bogen  Papier  nachträglich  ein- 
gehen et  hat. 

Clesi  hriel»cn  von  Conrad  1  s  c  r  e  n  h  o  y  f  f  t  von  Ratingen, 
ca.  1511.  An^'ebunden  noch  mehrere  Manusciipte,  Werke 
des, Thomas  de  Aquino,  Libcr  de  regimine  principum  etc.,  alle 
von  demselben  Schreiber  i.  J.  1510  geschrieben. 

2.  Ein  Manuscript  saec.  XV.,  Pap.,  Fol  321  Blatt;  beghmend: 
»Item  am  irste  sali  man  fynden  in  diesem  Boeche  beschreuen 
der  stat  Co  Ine  Statuten;  Item  daniae  der  Stat  Recht  rand 
Burgerfreyheit  in  Golne;  Item  das  Eidt  Boiche,  .so  ein  jeder 
Raitzherr  vnd  beuellhafferm  eyns  &samen  Raitz  dene  dinerm 
zo  allen  halffen  jaren  eynen  Ersamen  Rait  dein  sollen. 

Die  Concordaten  so  tuysehen  dein  BuyschofT  vnd  der  Geist- 
lichkeit vnd  Einen  Ersamen  Raidt  gemacht  vnd  vfigerichtc 
etc.  etc. 

3.  Statuta  et  concordata  der  heiligen  Froyen  Reichs  Stat  Collen 
durch  P.ni  ^'emeister  vnd  Rath  .  .  .  auil'gencht  anno  1437.  Ms. 
saec.  XVI.  Fol.  4  Cm.  stark. 

4.  Statutarisrlie  }5estiiniinui;;cn,  chronistisclu^  Aut'zeichnungen  etc. 
über  die  inneren  N'nhäitnisse  v.  C(Wn,  beginnend: 

>Der  Vetbunlbriell  tien  alle  Ani|)ter  vnd  Halleln  in  Collen 
zusammen  globl  vnd  geschworen  hanl.c 

Auf  Bl.  166  lautet  eine  besondere  Ueberschrifl:  »Van  dem 
vplouff  der  geschiet  is  in  disser  Statt  Collen  1481. 
Gott  der  alle  weit  hat  geschaffen, 
Geistlichkeit,  Leyen  vnd  paiffen«  etc. 
Hierauf  folgt  bis  Bl.  176  eine  gereimte  Darstellung  der 
betr.  Ereignisse.  —  Ms.  saec  XVL  Fol  570  Blatt,  davon  834 
beschrieben. 


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Die  arcbivalischen  Sainmiuligen  auf  Schloss  Ji  Utenberg  in  Bayern.  195 


5.  Ein  Suniiueü)and  von  allerlei  Slaluton,  Ratlissdilü.s^en ,  chro- 
nistischen Aufzeichnungen  und  sonstigen  Schriftstücken  des 
16.  Jahrb.  über  CO  In.  —  Ms.  saec.  XVI.  Fol.  470  Bl.  Hierzu 
noch  das  Register.  Das  Buch  beginnt  mit  den  Worten:  »Gopia 
Replicae  eines  Erbam  Raths  der  Statt  GoUen.  1587«. 

6.  fVagment  der  SUtuten  v.  Göln.  12  BL  Fol.  Ms.  saec  XVI. 

7.  Statuten  der  Stadt  Göln  1437.  Us.  saec  XV.  Papier. 
Klein-Fol.  47  Bl.  —  In  demselben  Bande:  »Dit  is  dat  gesetze 
dat  vnse  hern  vom  Rade  ovmlragen  luunt  twisdien  man  vnd 
wivc  die  schüldt  samen  oflFt  besonder  machtet.  J695«.  Einige 
and^  Goloniensia. 

8.  Abdruck  vnd  gemeiner  Begriff  der  Pollicey-Ordnungen,  Plebis- 

citen  vnnd  Statuten  der  alten  löblichen  Freyen  Reichs  Stadt 
CöUen.  1562.  Fol.  4*,  51  Bl.  —  Angeb.  ein  Manuscripl 
saec.  XV'I.  enth.  Statuten,  Stadtrecht,  Gemeinde-Ordnungen  etc. 
V.  Cöln.    Der  ganze  Band  zusammen  ca.  4  Cm.  stark. 

9.  Chronicon  Colonicnse  aGelenio  scriptum  Ms.  saec.  XVIIL 
317  Bl.  Fol. 

10.  Catalofirus  abbat  um  Monasterü  S.  Marlini  in  Golonia. 
Ms.  saec.  XVI.  1  Bg.  Fol. 

11.  Bündnisverträge  des  Glerus  in  der  Stadt  und  Diike^je  Göln 
V.  1297,  1366,  1372,  1376,  1388,  1452,  1540  gegen  verschie- 
dene von  Erzbischöfen,  Päpsten,  Stadtrath  etc.  ausgegangene 
Massregeln.  Ms.  des  17./18.  Jahrfa. 

12.  Sieben  handschriftliche  Fascikel  in  Folio,  betr.  die  Wahlen  der 
Prilaten  und  sonstige  innere  Angelegenheiten  des  Hochstifts 
Göln  im  16.— 18.  Jahrh. 

13.  Dissertatio  hiauguralis  de  authentia  synodi  Goloniensis 
de  anno  346,  antiqul  eccleslarum  Gennanicarum  ex  saecuto 
IV.  monumenti,  quam  . .  in  afana  univers.  Mogunt.  i»aeside 

Fre.  Ant  DQrr  .  .  eroditorum  crisi  submittit  A.  Wald- 
mann 1778.  Druckschrift.  44  S.  4*.  —  Hierzu  handschrift- 
liche Supplemente  von  Dürr. 

14.  Dissertatio  juris  ecclesiastici  de  synodis  Goloniensibus  ceu 
praecipuo  fönte  quo  smgularia  juris  ecclesiastici  GobnioMos 
capita  illustrantur,  quam  edidit  . .  D.  Paulus  Dreesen.  Bonn 
1780.   Druckschr.  4".   28  S. 

lö.  Relation  über  das  Verhör  des  sog.  Ketzers  Johann  BurlLard 


196 


Götze: 


von  Wesel,  Predigers  zu  Worms  (Joh.  de  Wesalia)  1479. 
Ms.  saee.  XVII.  4".   18  Bl. 
cfir.  Hontheim,  prodr.  historiae  Trem.  ad  1479  p.  1205. 

16.  Incunabel:  Dialogas  apologeticus  fratris  Wigandi  Wirt,  sacre 
theol  professoiis,  contra  Wesalianam  perfidiam  atque  divi 
ordinis  fratrum  predicatorum  persecntores.  etc.  Impr.  Oppen- 
heym  (s.  a.)  44  BL  4*.  (Fehlt  in  Haynas  Repertorium  bililio- 
graphicum.) 

Beiliegend  eine  Bulle  des  Papstes  Alexanders  VI.,  worin 
eine  Schrift  eines  ung:enannton  Verfasseis-  frotron  die  Bettel- 
mönclie  verurtlicilt  wird,  ferner  ein  gleichzeitiges  Ms.  8  BL, 
4",  worin  die  Bettelinönche  verspoltet  werden. 

17.  Onin<iuonnali.s  sedilio  al(iue  rebellio  Ubiorum  stalns,  absqiie 
omni  passione  prout  vere  exstitit  poetioe  delineatiis  .  ,  .  au- 
thore  Fran.  Xaverio  Trips,  saeellano  auiico  Coloniensi,  biblio- 
thecario  atque  pastore  septimontano  in  Honneff.  GleicbzeiL 
Handschrift  (1686).  Gedicht  in  lateinischen  Distichen.  4*. 
Pap.  ca.  2  C!m.  stark. 

18.  Relazione  della  cosa  segoite  durante  k  Nunciatura  dl  Golonia 
deir  ArchivescoTo  di  Damasco  ora  Gardinale  Tanam  (ao.  1687 
bis  1690).  Orig.  Handschrift.  Kl.  4".  1  Cm.  stark.  Sehr 
kleine  Schrift.    (*Ex  libris  rarioribus  Fr.  Ant.  Dürre). 

19.  »Mogunlina  et  Goloniensia«.  17  Bogen.  Urkundenabschriften 
von  der  Hand  Bodmanns,  wohl  an  die  400.  —  Die  obig'e 
(spätere)  Aufschrift  ist  insofern  nngenau,  als  der  Fascikel  fast 
nur  Abscliriflen  solcher  Urkunden  enthält,  welche  das  Erz- 
slift riöln  betrelTcn. 

20.  »Goloniensia«.  Urkundenabsclu Ilten  von  Bodmann,  mit  Nr.  459 
und  459  a  bezeichnet. 

21.  Michaelis  MSrckensi  Gartusiensis  conatus  ad  catalogam  epi- 
scoporum,  ardiiespiscoporani,  archicancellariorum,  et  electorom 
Goloniae  etc.  (bis  1688).   Ms.  sacc.  XVII.  Fol.  177  & 

22.  Gopia  ex  parte  capituli  Guniberti  producirten  Weisthiimbs  und 
Protocolli  de  anno  1556  über  DorlTschaffl  Mawenheim.  — 
Diiferentia  inter  capitulnm  ecclesie  S.  Guniberti  et  illustrem 
dominum  Gunibertum  comitem  de  Newenau  et  Limpurgk, 
ratimie  dominii  in  Mawenheim.  ibQö.  Jura  et  consuetu- 
dines  in  Mawenheim.  Ms.  saec.  XVI.  et  XVII.  FoUoheft, 
1  Gm.  stark. 


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Die  arcbivaliscben  Sammlungen  auf  Schloss  Miltenberg  in  Uayeru.  197 


S3.  Nachrichten  m  Betreff  der  Herrschaft  Hyllendonck. 
18.  Jahrh.  —  (Aus  den  Papieren  des  Mainzer  Pmf.  Dürr). 

24.  Urkundenabecbriften,  das  Stift  Essen  betr.  ^lEx  Archivo 
Assindensic  von  Bodmann  geschrieben.  Beginnt  mit  der  Urk. 
des  Königs  Zwentebold  898.  —  Die  Originale  scheinen  nicht 
mehr  .lUe  vorlianden  zu  sein;  eine  Kaiser-Urlt.  von  974  ist 
z.  B.  bei  Stumpf,  Reichskanzler,  nicht  erwähnt. 

25.  Essen'schc  Statuten.    Ms.  saec.  XVII.    Fol.  11  Bg. 

26.  Statuta  Clivensia.    Ms.  saec.  XVII.    S.  4—146.  Fol. 

27.  Jura  et  privilegia  civitatis  Reesensis;  saec  XVI.  Ms.  saec. 
XVUI.    Fol.  IVs  Gm.  stark. 

28.  Informatio  seu  instructio  generalis  super  bonis  feudalibus  im- 
perialis  abbatiae  Werdinensis.  —  Desgl.  super  extoris  iKiiii?.  — 
Ad  notitiam  de  primu  et  antiqua  nionasterii  Helinsladiensis 
cum  Werthinensi  malrice  conjunctione.  Handschr.  des  lö.  Jalirlu 
10  Bg. 

29.  Genealogia  conütmn  de  Limbnrgi  dominurum  de  Broch,  domi- 
norum  de  Styrum,  descendentium  a  comite  de  Isenburg  ex 
stemmate  oomitum  de  Altena.  —  Mit  Rcgesten. 

Ms.  saee.  XVIL  exeuntis.  Fol.  60  BL 

30.  Sechs  Or^inalurkunden  von  1270  bis  1499,  betr.  das  Lieb- 
frauenstift in  Aachen,  die  Familien  v.  Pissenheim  und  Heintz- 
berg,  Dfiren  und  das  Erzstift  GOIn. 

XL  Wcttfatofi. 

1.  Zwölf  Schreiben  aus  Mün>lor  v.  J.  1489  an  den  Ei^zbischof 
von  Cöln.  betr.  die  mit  dcinsolben  obwaltenden  Streitigkeiten. 

2.  Zehn  l'rkunden  v.  1406— 155^  betr.  verschiedene  Freislühle. 

3.  Ein  Oclavlieft  des  15.  Jahrb.,  enth.  K.  Ruprechts  »Refor- 
mation« der  Freist nlile  v.  1404,  K.  Sigismunds  (1433)  und 
K.  Friedrichs  III.  (1442)  Verordnungen  betr.  Handhabung  der 
GericlitsbariEeit. 

4.  Zweiundvierzig  UrlLunden  zur  Geschichte  adeficher  Geschlechter: 
Aschebeig  1864-1510  (8);  Bemtfeld  14Ö6-1&08  (8);  Buch 
1484  (1);  Eickel  zu  Kränge  1484  (1);  Visbeke  1398  (1); 
Galen  1360—1450  (4);  Hetterscheid  1545/7  (2);  Eetteler  1416 
(1);  Korf  1396  (1);  Ledebur  1446  (1);  Lüdinghausen  1868, 
s.  d.  (2);  Neyrder  1423  (2);  Ossenbroich  1445  (1);     d.  Reck 


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198 


1495  (1);  Rodenberg  1459  (1);  Schdnebetk  1330.  1384  (2); 
Senden  1446  (1);  Sutebolte  1438  (1);  Walfeld  1805  (1);  Wulf 
1339-1493  (7). 

5.  Neun  Markonspradi)  n  v.  U03— 1533  (Albeiger,  Demekamper, 
Leiter,  Redoifci-,  Mark,  M.  Maure). 

6.  Sechs  Ori<rj,'.-Urkk.  bell*,  innere  Angelegenheiten  des  Bisthiuns 
und  Donistifls  Münster  (1296—1510). 

7.  Dreizehn  Orig.-Urk,  betr.  einzelne  Klöster,  ürlschaften  etc.  in 
Westfakn.  1343—1534. 

8.  Orig.-l'rk.  di.-  Abts  Ilcrenianus  v.  Corvey  für  den 
Ministerial  Heinrich  v.  Brocbürg,  Vo<jl  zu  >iuclo,  der  ins  gelobte 
Lund  zu  ziehen  entschlossen  ist.   s.  d. 

9.  Protokoll  des  Gogerichts  thon  Harkotten,  begunnet  Donredag 
na  PhQippi  et  Jaoobi  apost  ao.  1543.,  dorch  mi  Wesselig  Elsoff, 
Gogrevcn.  Papier,  4*;  fiber  1  Cm.  st. 

10.  Protokoll  des  Holzgerichts  za  Heek.  1486  Gleicbieit. 
Ms.  Pap.  Kl  8*.  ca.  30  Bl 

11.  Schat  Raster  der  herschap  Delmenhorst  de  verplogeslade 
tho  Munster  Iho  belonen,  de  fülle  bouron  gesateUi  vip  enen 
Snaphanen,  de  Kotier  up  enen  schryckenborger  na  vennoge. 
ao.  1537.  Orig. 

12.  Vehe  Scliatliinge  der  ampt  Aliui?  vnnd  vppeme  Branche. 
Ms.  sat-c.  XVI.  1  Fa>c.  Fol.  2  Cm.  stark. 

13.  Vehe  Sciiattunge  der  herschap  van  Lembek.  1  Hett.  Ualblbl. 
G  Bl.  beschrieben. 

14.  Rcgistrunj  der  Landtfolge  K.  G  esc  Ii  er.  Designation  der 
gantzen  Kerspelsschatzung  ao  1626.  am  17.  Juli  ufm  Landtag 
zur  Defension  gewilliget  Orig.  3  Bl.  Fol. 

15.  Scfaatzungsregister  Kirchspiels  Heider.  1765. 

16.  Scfaatregister  vnd  nawysonge  des  Amptes  Bocholt  in  anno 
1534  Orig.  7  BL  Fol. 

17.  Register  Ampts  thor  Gloppenborch  der  bewilligten  Land- 
steuer etc.  1534.  Halbfol.  12  Bl.  beschrieben. 

18.  Scbatzungsregister  paer.  XVI.  v.  Lüdinghausen,  Wulfsberg, 
Capollor  Bifang,  Amt  Werne,  Heese,  Westbevern,  Albersks 
Kinkerode,  Dronslenforde,  SendonliorsI  ifc.    5  Convolute. 

19.  Gesch.  der  ijtadt  Geseke  v.  Matthias  von  £ngers.  1697.  Ms. 
saec.  XVII.  Fol.  ca.  120  Bl. 

20.  liütheu;  dessen  Nachricht,  Ursprung,  Alterthumb  und  £in- 


i^iyiu^cü  üy  Google 


Die  uribivalischen  Sammlungen  auf  Schloss  Miltenberg  in  Bayern.  I99 


wohner,  so  viel  ans  dem  Äfdür  und  der  Historie  zu  ziehen 
ist.  Ms.  saec.  XVIL  Fol  ca.  300  Blatt 

21.  »Varia  Monasteriensiac  (mit  Nr.  454  bezeichnet).  Ein 
Gonvolnt  Urkcmdenabscfariften  von  der  Hand  Bodmanns. 

22.  ArticuU  statutorum  reverendi  ac  praenobilis  capitnii  cathe- 
dralis  ecdesiae  Paderbornensis  aa  1624  In  generali 
capitulo  condus.  —  Ms.  saec.  XVIII.  Fol. 

23.  Regulament  n.  Ordinantz  womach  Sr.  Hochfurstl.  Gnaden  zu 
Mönster  und  Corvey . .  Militz  zu  Boss  und  Fuss  in  Guar- 
nisonen,  Quartieren,  Feldzugen  und  Märchen  zu  verpflegen  und 
ach  zu  halten  haben  solle.  1674.  Gedruckt  4  Bl.  Fol. 

24.  »Paderborn  betr.«  Quaestiones  (nebst  Antworten)  ratione 
ecdesiae  catfaedralis  Paderbon.  Betr.  die  innere  Verfassung. 
Ms.  Fasdkd  in  4*. 

26.  Ck>nvolut  von  Litteralien  und  Urkundenabsdiriften  des  15.  Jahrb., 
vorzugsweise  das  Gesdilecht  Westerholt  betr. 

26.  Redditus  seu  annuac  pensiones  altaris  S.  Mauritii  In  Mona- 
sterio»  1511—1612. 

27.  Eine  Handschrift  de<  16.  Jahrh.,  4**,  Ober  2  Gm.  st.,  enth. 
in  ihrer  ersten  Iliilfto  Abschrinen  aller  statutarischen  Verord- 
nungen, welche  die  inneren  Verhältnisse  des  Ilochstifls  Osna- 
brück betreCFen;  danach  Verzeichnis  der  Liindereien,  die  zu 
den  einzelnen  domherrlichen  Präbenden  gehören;  üemer  die 
reditus  Obedientiae. 

28.  Ein  Convolut  von  Schriften:  Tormini  protocollares  i.  S.  des 
Herrn  Probsten  und  D(3?ii<  ai»itularon  v.  il.  Hii-rb  als  Exocutoris 
weyland  Probsten  und  Dorne  ajiiluhirs  (ieorg  Ludwig  v.  d.  Busch 
contra  den  Domscholaster  Freih.  v.  Haaclce,  puncto  curiae 
canonicalis.  176Ö. 

XIL  Saditen  und  Thüringen. 

1.  Tractat  und  Vergleich  zwischen  Einem  Erbam  Raht  der 
Reichs  Stadt  Goslar  und  denen  Ebrw.  Sieben  Gilden  als 
Grahmer,  Becker,  Schuster,  Knochenhauer,  Schmiede,  Schndder 
und  Körssner  etc.  unterschrieben  18.  Martii  1682.  —  Eandd- 
Ordnung  v.  1655.  Feuerordnung  1668.  BegriUmisordnung 
1668  etc.  etc.  Ms.  saec.  XVin.  822  S.  Fol. 


Digitizoü  by  C3t.)0^lc 


200 


GOUe: 


2.  linrliscnschülzcn-  uiul  Kanzlcinrdriuiipr  tl(M-  Sludt  Goslar  1749 
uiui  1655.  Erstore  f,'eilruckf,  lelzterc  hantlschriftl.  Fol. 

3.  Wie  mein  }riuHli<z>tt'r  HeiT  (seil,  der  Erzbi.>=(hof  Daniel  von 
Mainz)  das  Dorf  Sleinsliausen  mit  dessen  Maniischall,  dem  Abt, 
Prior  und  Gonvent  zu  S.  Midiel  zu  Hüdesheiin  zustendig  in 
dero  Erbschutz,  Schirmb  und  Vertheidigong  au^enommen  1577. 
2  B(^|en.  Ck>noept.  —  Originalschreiben  des  C!^[>ile1s  zu  Hildes- 
heim an  den  Bischof  Wilhehn  Strassburg  i.  S.  des  Gapitels 
contra  Thile  v*  Hohenstein  und  Friedrich  Wintzingerode 
1526. 

4.  Chronik  von  Erfurt  bis  1587.  Fol.  Ms.  saec.  XVI.  — 
280  Blatt  —  Dann  fol-t  (nunierirt  als  Bl.  346—427)  der 
Hath  von  Erfurt  v.  1501  —  1659. 

5.  De  origine  urbis  Erfordiae  ab  anno  438—1572.    Ms.  saec. 

XVI.  4".  5  Cm.  stark.    Nur  zu  *i3  beseliriehen. 

6.  Ili.storia  Erfurtensis  usque  ad  annum  1665.    ^is.  saec» 

XVII.  91  P.l.  Fol. 

7.  »Erfordensia  et  Duderstadensia.c  Convolut  von  Ab- 
schriften mittelalterlicher  Urkk.  aus  Mainzer  Archiven  von  Bod- 
mann*s  Hand.   4*.  1  Gm.  stark. 

8.  Rechtsspruch  zwischen  der  Stat  Erffurt  eins  vnd  Hansen 
Kreyenberg  des  andemtheils.  1455.  1458.  Ms.  saec.  XVL 
Fol.  4  Bg. 

9.  Ordnungen  der  Grafschaft  Gleichen.  1533.  1746.  Ms.  saec 

XVIII.  Fol.  10  Bl. 

10.  Statuten  der  Kayserl.  freyen  Reichsstadt  Nordhausen. 
16.  Jalirli.    Ms.  saec.  XVII.    Fol.  l  Cm.  stark. 

11.  Statuta  der  Stadt  Franken  hausen,  emendirt  und  pubUcirt 
i.  J.  1558.  —  M.<,  saec.  XVlIl.    Fol.  l'>  Cm.  stark. 

12.  Kursächsische  Bergordtiuiig.  IT.  Jalirh.  Ms.  Fol.  ö — 6  Cm. 
stark. 

13.  Ciironicon  vndt  alli-s  lierkommen  der  L;i  iid  t  {.trafen  in 
Thüringen  vndt  Hessen  etc.  Bis  1480.  Von  Conrad 
Bachmann  aus  Melsungen  1599.  Ms.  4*,  mit  verschiedenen 
angdiundenen  Anlagen. 

14.  Statuten  der  Stadt  Arnstadt  (s.  m,  4). 


Die  «KhiTslisehen  SunmlimgeD  «if  Schkm  Hiltenberg  in  Bayon.  201 


XIII.  Ostfriesland. 

1.  Ostfriesisches  Landrecht.  —  Handschrift  des  XVL  Jahrh. 
Fol.  175  Blatt.  Pergaroentband. 

XIV.  SebiMwig. 

1.  Statuten  der  Stadt  Flensburg.  16tK).  Gleichzeit.  Ms.  Fol. 
1  Gm.  stark. 

XV.  Schlesien. 

1.  Gopialbach  Schlesischer  Urkunden  seit  dem  Anfiuig  des 
XIV.  Jahrh.,  vorzugsweise  das  Verhilllnis  zur  Krone  Böhmen 
betr.  —  Die  ei-ste:  »Homagium  Nicolai  ducis  Oppaviensis, 
quod  CO  absque  heredibus  decedento  is  ducatus  imniediale  ad 
coronam  rogni  Bohemiae  debeat  devolvi.c  1318.  Ms.  saec.  XVI. 
Fol.  Pap.  Kill  Band  von  7  Cm.  Stärke.  Darin  auch:  >VVr- 
zeichnus  dcrjeiiiircn  Scliiililon ,  welche  ]k'r/.o<i  Friedritli  zur 
Lignitz  über  die  G60(>0  Thaler,  so  das  Land  m  benehmen 
bewilligt,  hinterlassen«  1596. 

2.  Abscliriflen  und  Auszüge  Schlesischer  Urkunden  des  13. 
bis  i7.  Jahrh.  Ms.  Fol.  saee.  XVIL  hieuntis,  namentlich 
besQgl.  der  Städte  Breslau,  Neumarkt,  Schweidnitz 
und  Jauer.  6  Gm.  stark. 

3.  Statotum  Glogoviense  et  Lignicense  ratione  successlonis 
oonjugum.  Ms.  saec.  XVIL  Fol  8—10  Bg. 

4.  D.  Schindler!  a  Printzendorf,  camerae  Gaesareae  con- 
siliarii,  instructio  ad  praxin  juridicani  Silesiae,  imprimis  princi- 
paluum  J  a  V  o  r  i  e  n  s  i  s  et  S  v  i  d  n  i  c  e  n  s  i  s.  Mit  Urkunden- 
Abschriften.    Ms.  Fol.  saec.  XVIII.  152  Blatf. 

Anhan^r:   Schweidnitz-  unil  Jauerische  Fürslenlhumb  Vor- 
uiuudschaills-Ordimng.   20  Bl. 

XVL  Manuscripte 
nicht  archlvalischer  Natur. 

1.  Eine  Pergament iiandsdirifl  des  [).  oder  10.  Jahihunderts: 

Dialogi  Gregorli  Papae,  102  BL  Fol.  Kxposilio 


202 


6(Mxe: 


S.  Evangelii  sectindum  Marcum.  158  BI.  Fol.  Das 
älteste  Stuck  der  MOtenberger  Sammlungen. 

2.  Hugo  Trimberg,  der  Renner.  Bis.  saec.  XIV.  Fol. 
Papier.  —  Aus  Panzers  Besitz  von  Bodniann  i.  J,  1807  an- 
gekauft. Anfang  und  Ende  von  neuerer  Hand  ergänzt  157 
alte  Blätter. 

3.  Ein  maislcrlichs  Singbuchlein  mit  vill  >chonen  maisterliodorn 
maistt'tlicli  zu  singen  ango/aifTt,  welche  vor  vil  Jare  von  dem 
hochbeiuiiiten  niaislcrsin^'cr  Ii a ii iison  Folt/.en  von  Wormbs 
narhircr  zu  Xiirnhcig,  podichlct,  i^'c-jchrit  bon  vnd  hinter  ime 
verlasst'H.  —  K  i  ^'c  ii  Ii  ä  nd  i  ges  Manu?;cript  des  Meister- 
sängers  Hans  Folz  (1447 — 14S2),  wie  aus  zahlreichen 
Indicicn,  wiederholter  eigenhänd.  ünlerschrifl  etc.  unzweideutig 
hervorgeht.    Kl.  4^  176  Blatt  sind  beschrieben. 

4.  Conrad  v.  Ammenhausen,  Sehadizabelbuch.  Ms.  v.  1371. 
Fol  Papier.   114  Blatt.   Das  letzte  Blatt  fehlt 

»In  gottes  namcn  heb  ich  an 
Wann  niemant  nut  geschaffen  kan 
On  sine  hillTe  und  gimst 
Es  ist  kein  wissheit  noch  kunst.«  etc. 

5.  Breviar  aus  der  Ck>llegiatkirche  S.  Andreae  zu  Göln, 
von  Bodmann  gekauft  aus  der  Auction  der  Jesuiten.  Pei^. 
saec.  XV.  Hrillantes  Ms.  in  llnditiuart,  ca.  9  Cm.  stark,  sehr 
sclu'm  geschrieben;  reich  mit  (jold  und  Farben  verziert. 

6.  Regiilat  liatrum  minoruQi.  Ms.  saec  XV.  Ki.  4".  1  Gm. 
stuik.  l'ergament. 

Entliält  Abschriften  von  einer  Anzahl  p«äpstlicher  Bullen, 
welche  den  Orden  und  seine  V'erfa-^sung  betreffen.  Am  Schluss 
Tractatus  b.  Uernardi  abbatis  de  pl.inetu  dominicae  passionis. 

7.  Explanatio  passionis  beatissimi  Victoris  suorumque  commilitonum 
marttmm  de  gloriosa  legkme  Thd)eorum  ndlHum  in  orbe 

•  Xantens!  corporaliter  quiescentinm  etc.  etc.  Ms.  saec.  XV.  4*. 
Papier.  105  S. 

8.  Epistolae  Guiberti  quondam  abbatis  Gemblacensts  et  Florinensis; 
mit  praemonitio  von  Heinr.  Balth.  Blum,  kaiserl.  Rath.  1743. 
Ms.  Fol.  ca.  142  S. 

9.  Beschreibung  einer  Reise  nach  dem  Gdobten  Lande.  Ms. 
saec  XV.  4*.  Papier.  l*/i  Cm.  stark. 


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Die  archivaliscben  Sauunlungen  auf  Scliluas  Millenberg  iii  Bayern.  203 


Die  minder  wichtigen  Handscbriflen  dieser  Art  konnten  nicht 
notirt  werden. 

Nachschrift. 

Unterm  12.  Juli  1877  ist  mir  von  dem  Pfairar  L.  Conrady, 

Bruder  des  Be<itzei"s  der  MIHonbergcr  Sammlungen,  welcher  jetzt 
ebenfalls  in  Miltenberg  wohnt,  folgende  Benachrichtigung  zugegangen: 
»Wir  lial)f'n  den  Entschluss  gefas^t,  alle  ferneren  Gesuche  um  Be- 
nutzung d»  I  liiesigen  Archivalien  ohne  Ausnahme  dahin  zu  bescheiden, 
dass  ihi  e  Gewährung  so  lange  anzustehen  lialx»,  bis  ein  genaues  Ver- 
zeichnis der  Urkunden  und  Acten  aufgestellt  sei ,  damit  libei'sehen 
werden  könne,  was  von  uns  hier  in  Bearbeitung  genommen  werden 
soll  und  was  nicht«. 

Damit  ist  die  Sache  bis  auf  Weiteres  wieder  ebenso  weit  ge- 
diehen, wie  zu  Habds  Zelt;  denn  um  ein  »genaues  Verzelchiusc 
aller  Urbrndenahschriften  Bodmanns  und  der  verschiedenen  anderen 
Stücke  au&ustellen,  würde  selbst  ein  Fachmann  verscbiedene  Jahre 
gd}rauch^  W&an  übrigens  eine  solche  Massregel  auf  alle  archi- 
Talische  Sammlungen  Anwendung  finden,  also  jegliche  Benutzung 
aufhören  sollte,  so  lange  nicht  genaue  Verzeichnisse  der  sämmtlichen 
Bestände  vorbanden  wären,  so  mössten  eine  grosse  Zahl  öffentlicher 
Archive  geschlossen  werden,  manche  gleich  auf  eine  Reihe  von 
Jahren.  Indessen  weiss  jeder,  der  mit  Archivverwallung  einigennassen 
zu  Ihun  geha))t  hat,  dass  man  sehr  wohl  einzelne  Partien  zur  Be- 
nutzung verslatten  kann,  ohne  dass  dadurch  der  Uang  der  Urdnungs- 
ai'beiten  beeinträchtigt  wird. 


XI.  Gatterers  Lehrapparat  iD  Luzem. 


Von 

Th.  Liebenau, 
glaatwrdiinar  in  Luiern. 

Der  sogenannte  Gatlcrer'sche  Apparat  ist  die  von  dem  Göltin^r 
Professor  Johann  Cliristopli  Gatterer  (-cb.  13.  Juli  1727,  gest.  1799, 
5.  April)  für  seine  Vorlesungen  über  Paläograpliie  angelegte  Samm- 
lung von  Urkunden,  Hand^^chriftcn,  Siegeln  u.  s.  w.  Nach  ver- 
schiedenen Andeutungen  war  diese  Sammlung  ursprünglich  keineswegs 
unbeschränktes  Eigenthum  des  Pixjfessors,  sondern  es  gehörte  dieselbe 
zum  Theile  wenigstens  dem  im  Jahre  1704  gegründeten  k.  historischeu 
bistitute  in  Göttingen.  So  sclienlcte  z.  B.  den  13.  November  1788 
Johann  Ludwig  Aretin  in  Möndien  dem  Hofiratli  Gatterer  in  Göt- 
Ungen  zu  Händen  des  Icöniglichen  Institutes  Urlnmden  und  Siegel, 
die  er  bei  einer  »Vergantung«  erstanden  hatte.  Johann  Bender, 
Leln«r  am  Gymnasium  zu  Hermannstadt,  sendete  im  Auftrage  von 
Josef  Carl  Eder,  Direlctor  der  Normalschule  daselbst,  eine  sieben- 
bürgische  Urkunde  von  1603.  Zuulrlt  h  bat  er,  den  Pfarrer  Johann 
Filtsch  in  Holiau  zum  Correspondenten  des  historischen  Institutes  zu 
ernennen.  »Durch  eine  solche  Aufmunterung  würde  unsere  Ver- 
l)iniln!ig  mit  Güttingen,  an  welcher  uns  so  selir  gelegen  ist,  viel  ge- 
winnen.« Dieser  Anliänglichkeit  an  die  Georgia  Augu«ta  verdankte 
das  Institut  die  Sclienkung  vieler  andrer  Documente.  Selbst  Pro- 
fessoren trugen  zur  Vermehrung  dieser  Sammlung  l)ei;  so  /.  B. 
schenkte  der  bekannte  Philologe  F.  A.  Wolf  dem  liistorischen  in- 


Gatterar*«  L»hn4>parat  in  Liuern. 


205 


stitute  eine  Sammlung  von  ^Vaadtli^n(le^-Ul■ku^H^on.  deren  Signaturen 
dafür  spreclien,  dass  dieselben  dem  Staatsarchive  in  Bern  angehörten. 

Der  alte  Gatterer  setzte  Ix'sondern  Werth  darauf,  bei  seinen 
Vorlesungen  Originalurkunden  aus  allen  Zeiten  und  Ländern  vor- 
legen zu  können.  Auf  vielen  Reisen  brachte  er  nach  und  nach 
zahlreiche  Urkunden  zusammen;  einzelne  scheint  er  scholl  bei  sdnem 
AafenthaKe  in  Nflmberg  erworben  zu  haben  —  Sehl  Sohn,  der 
Heidelberger  Professor  Cairistoph  Wilhelm  Jakob  Gatterer  (geboren 
1759  t  1^8)  setzte  diese  Sammlung  fort  und  erwarb  namentlich 
bei  der  S&kularisation  der  rheinischen  Stifte  und  KUteter  die  un- 
gemein zahlreichen  Originalurkunden,  welche  zu  den  werthvoUsten 
Bestandtheilen  der  Sammlung  gehören. 

Als  Oberforstrath  und  Professor  Gatterer  in  Heidelberg  ge- 
8tort)en  war,  unterhandelten  dessen  Wittwe  und  Tochter  zunächst 
mit  der  Universität  Heidelberg  üt)er  den  Kauf  des  sog.  diplomatischen 
Apparates.  Allein  die  Professoren  erklärten,  sie  könnten  die  Samm- 
lung unmöglich  anschaffen,  da  der  Universitätsfond  nicht  einmal 
hinreiche,  die  angefangenen  Werke  der  Ribüritlirk  fortsetzen  zu 
können.  Und  da  damals  an  keiner  deutschen  Universität  V^orlesungen 
über  Paläographie  geh.ilteri  wurden,  blieben  die  Versuche,  die 
Sammlung  in  Deutschland  unterzubringen,  erfolglos.  Um  den  Ver- 
kauf der  Sammlung  zu  erleichtern,  schlugen  Gatterer's  Erben  den 
Weg  ehi,  dass  sie  die  Bibfiothelc  und  M ünzsammhing  von  dem  eigent- 
lichen diplomatischen  Apparat  trennten.  Die  Bibliothek  erstand  im 
Jahre  1838  ein  Antiquar.  Hierauf  trug  Fräulein  Glementme  Gatterer 
dem  Luzemer  Staatsarchivar  Ludwig  Keller,  zu  dem  ilir  Vater  immer 
grosse  Zuneigung  gezeigt  hatte,  den  diplomatischen  Apparat  zum 
Kaufe  an  und  zwar  für  die  Summe  von  3000  Gulden.  Keller  hätte 
gern  diese  ihm  wohlbekannte  Sammlimg  fär  sich  erwcwben;  allein 
seine  Verm^ensverhältnisse  gestatteten  ihm  das  nicht  Er  wendete 
sich  an  verschiedene  schweizerische  Bibliotheken,  denen  er  den  Kauf 
eindringlich  empfahl.  Allein  nirgends  fand  seine  Vorstellung  irgend 
welche  Beachtung.  Endlich,  den  30.  Januar  1839,  richtete  er  an 
den  Stiftsarchivar  in  St.  Urban.  P.  l'rbun  Winist()rfer,  ein  längeres 
Sdireiben,  aus  dem  wir  folgende  Stelle  hervorheben:    »Wäre  wohl  * 


')  Die  ältfie  I.itenitiir  Aber  Oatterer  ist  verzeichnet  in  der  EncyklopSdie 
von  Krsch  und  Uruber  1,  &4,  376—388.  Vgl.  dazu  »Göttinger  Professoren«. 
Gotha  1872. 


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206 


Tb.  V.  Liebenau: 


Ihr  Kloster  hn  Stande,  dieser  kostbaren  Sammlung  ein  Asyl  vor 
aller  Zerstreuung  und  Zerstörung  zu  geben?  Die  BenediktinoilSster 
haben  sehr  viel  für  die  Diplomatik  gethan,  ob  nun  auch  Ihr  Ekwter 
hierin  etwas  thun  kann?  Es  wäre  in  der  Zeit  eine  wahrliche  Ret- 
tung eines  Schatzes,  der  später  erst  noch  grdssem  Werth  erlangen 
Wörde.  Ich  bin  sicher,  dass  zu  einer  andern  ZeSi  St.  Urban  diese 
Sammlung  aufgenommen  haben  würde.  Ob  at>er  jetzt  dassielbe  statt- 
findet, wo  die  Regierung  das  Ansinnen  macht,  die  Klöster  sollen 
auf  Geld  spekuliren  V«  P.  Urban,  ein  geistig  reichbegabter  Mann,  der 
mit  grosser  Vorliebe  liistorische  Forschungen  betrieb,  betürwortete 
Keller's  Gesuch  heim  Prälaten  von  St.  Urban,  Friedrich  Pfluger  von 
Solothurn.  Dieser  war  rasch  entschlossen,  die  Saminhnig  zu  w- 
werbon,  sofern  diesell)e  wirklich  liistorisches  Interesse  habe,  (llemen- 
tiiie  Gatterer  überniillelt.e  daher  das  Ver/.eichniss  des  sog.  diplomatischen 
Apparates,  begleitet  von  Gutachten  der  mit  ihrem  Vater  befreundeten 
Herrn  l*rofessoren  Creutzer,  Sthlosser  und  von  Malchus, 

Dr.  Friedrich  Creutzer  bezeugt:  dass  die  Urkunden-Sammlung  im 
höchsten  Grade  wichtig  und  werlhvolL  F.  L.  Schlosser  äussert  sich 
also:  »Nach  einer  flüchtigen  Einsicht  der  Galterer'schen  Urkunden- 
Sammlung  bin  ich  der  Meinung,  dass  sie  für  den  Zweck  änes  gränd- 
liehen  Unterrichtes  in  der  Diplomatik,  Sphragistik  und  den  verwandten 
Fächern  ganz  vorzüglich  geeignet  und  dazu  auch  recht  vollständig 
ist.  Eigentlichen  historischen  Werth  würde  ich  ihr  weniger  zu- 
sdireiben.«  (1839,  28.  Febr.)  Eingehender  gab  Freiherr  v.  Malchus, 
k.  würllembergischer  Finanzminislcr  a.  D.,  sein  Gutachten  dahin  ab: 
»Die  diplomatische  Sammlung  des  im  IK^rhsti'  dos  vorigen  Jahres 
dahier  verstorbenen  H.  Oberfoi-slrathcs  und  Professor  Gatterer  zer- 
fällt in  zwei  Ilauptabthoilungen ,  nämlich  a)  in  einen  vollständig 
instruirtcii  Apparat  zum  theort'tischen  und  practischou  Ihilerricht  in 
der  Diploniufik  und  in  den  mit  demselben  verbuiuieiu'n  Wissen- 
schaften, sodann  b)  in  eine  bedeutende  Anzalil  von  Originalurkunden, 
Urkunden-Siegel,  Stempel  zu  solchen  etc.  Der  Unterzeiclmete,  der 
sich  iti  früheren  Jahren  viel  mit  dem  Studium  der  Diplomatik  be- 
schäftigt hat,  und  eine  genaue  Kenntniss  von  dieser  Sammlung  be- 
*  sitzt,  glaubt  mit  gutem  Fug  die  Ueberzeugung  aussprechen  zu 
können,  dass  nirgends  ein  ähnlicher  Apparat  besteht,  der  diesem 
an  die  Seite  gesetzt  werden  könnte,  derselbe  vielmehr  als  einzig  in 
seÜBßC  Art  zu  betrachten,  und  desshalb  in  einem  hoh^  Grade  zu 
wünschen  ist,  dass  derselbe  nicht  durch  Verehizelung  und  Verkauf  eln- 


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Gatterer's  Lehrapparat  in  Luzern.  207 

zelner  ParÜiien  oder  fiegcnslände  zersplittert,  in  der  Acquisition  des 
Ganzen  vielmehr  ein  Mittel  zum  Sludiuiu  dieser  noUiwendigcn ,  in 
der  neueren  Zeit  leider  zu  sehr  veraachlässigten  Wissenschaft  er- 
halten werden  möge.  In  dieser  Hinsicht  wfirde  sich  jeder  Acquirent 
des  Ganzen  ein  wahres  Verdienst  nicht  blos  um  diesen  wissenschaft- 
liche Zweig,  sondern  auch  um  das  Studium  der  Quellen  der  Ge- 
schichte erwerben,  f&r  welches  jenes  der  Diplomatik  wesentlich  ist 
Wenn  auch  die  2.  Abtheilung  —  die  Sammlung  —  die  grosse  Anzahl 
von  Original-Urkunden  —  keine  erhebliche  Ausbeute  für  die  Ge- 
schichtsforschung darbieten  dürfte,  so  bildet  sie  dennoch  nicht  minder 
eine  schätzenswerthe  Zugabe,  theils  wegen  der  Seltenlieit  einer  Ver- 
einigung einer  so  grossen  Anzahl  von  Solchen,  wie  sich,  vorzüglich 
in  dieser  Mannigfaltigkeit  selbst  in  grössern  Archiven  selten  eine 
tinilii,  theils  und  sodann  auch,  weil  in  derselben  eine  reichhaltige 
(n  Icgcniicit  dargeboten  ist,  mn  sich  in  der  für  die  diplomatische 
Lesekunst  und  für  die  Kritik  der  Aechtheit  einer  Urkunde  wichtigen 
Buchstaben-Kenntniss  verschallen  und  üben  zu  können.«  (1.  März 
1839). 

Diese  Gutachten  theilte  Glementine  Gatterer  den  2.  März  1839 
an  Staatsarchivar  Keller  mit  und  beauftragte  denselben  mit  dem 
Abschlüsse  des  Eaufrertrages,  der  auch  den  20.  April  1889  zu 
Stande  kam.  Das  Kk)ster  verpflichtete  sich,  den  Erbai  des  Professor 
Gatterer  gleich  nach  Empfang  der  Sammlung  die  Summe  von 
2700  Florin  zu  entrichten.  Den  8.  Juni  1839  traf  die  ganze  Samm- 
lung in  7  Kisten  verpackt  in  Si  Urban  ein.  Archivar  Keller  konnte 
dieselbe  nicht  mehr  sehen;  schon  während  der  Kaufsverhandlungen 
war  er  erkrankt  und  starb  bald  darauf. 

In  St.  Urban  wurde  Gatterers  Sammlung  von  einlieiinischen 
und  fremden  Gelehrten  benutzt.  Allein  die  Abgelegenheit  des  Ortes 
und  der  Mangel  eines  brauchbaren  Repertoriunis  über  die  Sammlung 
hinderten,  trotz  der  freundlichen  Aufnahme,  welche  Gelehrte  jeden 
Standes,  ohne  Unterschied  der  Gonfession,  dort  fanden,  die  aus- 
giebige Benutzung.  Diese  wurde  erst  recht  möglich,  als  nach  Auf- 
hebung des  Klosters  (1848,  13.  April)  mit  der  Bibliothek  von 
St  Urban  auch  der  Gatberer'sche  Apparat  nach  Luzern  kam,  wo 
derselbe  zuerst  mit  der  Kantonsbibliothek  vereinigt  wurde  (1850). 
Die  Luzemer  Regierung  at>er,  welche  die  bei  der  Klosteraufhebung 
vorgeftmdenen  Kunstschätze  und  Antiquitäten  um  em  Spottgeld  ver- 
schleuderte, dachte  sofort  daran,  den  Gatterer'schen  Apparat  zu 


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208 


Th.  T.  Liebenau: 


vorkaufen.  Sie  tral  zunrulist  mit  dfin  brilti>chen  Museum  in  Unler- 
handlunjr.  Der  Imjjuls  ging  nicht  von  ungebildeten  Leuten,  sondern, 
zur  Ehre  des  gesunden  Volkssinnes  sei  es  lieiiierkt,  vom  —  Er- 
ziehungsratlie  aus.  Auf  den  Antrag  des  Erziehungsrathes  beschloss 
der  Regierungsrath  von  Luzern  unter  dem  23.  August  1850,  gestützt 
auf  die  oben  mitgetheilten  Gutaditen  der  Professoren  Greoser  und 
Schlosser,  sowie  des  Herrn  von  Malchus,  die  gerade  d»  werthTollsten 
Theil  der  Sammlung  zu  wenig  gewürdigt  hatten,  den  Gatterer'schen 
Apparat  zu  verluiafen  und  den  Erlös  zur  TOgung  der  Staatsschulden 
zu  verwenden.  Nur  von  den  Doublettoi  der  aus  verschiedenen 
Werkoi  fiber  Diplomatik  entnommenen  Abbildungen  von  Urkunden, 
Ghrismen,  Siegeln  etc.  sollten  Exemplare  zurückbehalten  werden. 
Vom  britlischen  Museum  hoffte  man  12000  Fr.  für  die  Sammlung  zu 
erhalten.  Der  von  Gatterer  selbst  angefertigte  Katalog  wurde  nach 
England  geschickt  und  kam  —  niemals  mehr  zurück.  Die  Engländer 
fanden  den  Preis  zu  hoch.  Da  versuchte  man  mit  Deutschen  das 
GlUck;  zunächst  mit  Pcrtz;  dann  mit  Joffe  (1858—1863).  Letzterer 
bot  3000  Fr.  für  die  ganze  Sammlung. 

Da  die  Hegiei  ung  inzwischen  wegen  Versi  hacherung  der  Kunst- 
schätze in  der  Presse  heftig  getadelt  woiileii  war,  wollte  sie  dermalen 
doch  nicht  ohne  ein  Gutachten  von  Kennern  einen  Handel  ab- 
schliessen.  Den  7.  Mai  18G3  wurden  vom  Erziehungsrafhe  die 
Herrn  Professor  Dr.  J.  Eütycfa  Kopp,  Nationalrath  Dr.  Anton  Philipp  von 
Segesser  und  Staatsarchivar  Friedrich  Bell  beauftragt,  ein  Gutachten 
darfiber  abzugeben,  ob  der  Gatterer*sche  Apparat  fOr  die  Eantons- 
bibliothek  eine  praktische  Bedeutung  habe  und  um  welchen  Preis 
man  doiselbai  verkaufen  dürfe?  Den  19.  Mai  1863  gaben  ^Hese 
Herrn  ihr  Gutachten  dahin  ab,  dass  diese  Sammlung  momentan  für 
die  Kantonsbibliotliek  alleidings  nur  einen  beschränkten  Werth  be- 
sitze; dass  sie  aber  für  eine  eidgenössische  Universität  später  vielleicht 
Bedeutung  erlangen  könnte.  Jedenfalls  solle  die  Sammlung,  schon 
aus  Rücksicht  für  den  um  Luzern  hochverdienten  Abt  Pfluger  von 
St.  Urban,  nicht  an  einen  Privaten,  sondern  nur  an  eine  wisscn- 
schal'tliche  Anstalt  veräussert,  und  der  Erlös,  der  jedenfalls  niciil 
unter  dem  Ankaufs} »reise  stehen  dürfe,  nur  zu  Gunsten:  der  Kantons- 
bibliotliek verwendet  werden. 

Da  zeitweise  Klagen  einliefen,  dass  die  Benützung  durch  Ge- 
lehrte auf  der  Bibliothek  etwas  schwierig  sei,  betrieb  ich  dfe  Ver- 
einigung dieser  Sammlung  mit  dem  Staatsarchive,  zuglekfa  in  der 


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Gatlerer's  Lehrappural  iu  Luzcru. 


209 


Abdcht,  die  dauernde  EHudtung  dersdben  zu  sichern.  1870  wurde 
die  Sammlung  ins  Ardüv  yerlegt,  worauf  ich  ein  eingehendes  Re- 
pertorium  über  dieselbe  anfertigte. 

Der  6atterer*Mhe  Apparat  besteht  nun  aus  folgsod^  Ab- 
theilungen: 

I.  Sammlung  von  Originalurkunden  vom  Jahre  877  bis  1828. 
Dieselbe  zählt  je  1  Urkunde  aus  dem  IX.  und  X.  Jahr- 
hundert; aus  dem  XI.  6,  XII.  XIII.  162;  XIV.  980,  XV. 
1322,  XVI.  1280;  XVII.  956,  XVUl.  303  und  aus  dem  XDL. 
Jahrhundert  12  Urkunden. 

II.  Materialien  zur  Sclu  iftkunde  und  Sciireibgeräthschallen  (l^apier- 
Sammlung,  Wachstafeln  etc.). 

III.  Alphabete  und  Schriftproben  in  Kupferstichen  (153  Fascikel). 

IV.  Urkunden  in  Kupferstichen  (v.  480—1815;  447  Nr.). 

V.  Ghrismen  im  Kupferstichen. 
VL  Mönogramme  m  Kupferstichen. 

Vn.  Reoognitionszeichen  in  Kupferstichen  und  Zdchnungen. 
VnL  Siegel  von  Uriomden,  theils  hi  Kupferstichen,  theOs  in  Zeich- 
nungen. 

IX.  Segelsterapel  (z.  B.  vom  Domstift  Bremen,  XIV.  Jahrhundert, 
histor.  Institut  Göttingen,  Finanzminister  des  Königreiches 

Westphalen  etc.). 

X.  Siegel  von  Originalurkunden  in  Wachs. 
XL  Päpstliche  Bleibullen  (1243-1447). 
XII.  Oblaten-Siegel. 

XIII.  Mit  Papier  übei  präfftc  Wachs-Sittel. 

XIV.  Mit  Papier  gedruckte  Si^el. 
XV.  Siegelabdrücke  in  Siegel-Wachs. 

XVL  Siegel  auf  Rinde. 
XVn.  Siegelabdrücke  in  Gips. 
XVm  Matrizen  aus  Gips  für  Siegdabdrucke.] 

XDL  Siegelabdrücke  aus  Wachs  und  Talg. 

XX.  Siegelabdrücke  aus  StanioL 

XXL  Siegelabdrücke  von  päpstlichen  Bullen. 

XXII.  Siegelabdrücke  in  Hausenblase. 

XXIII.  Manuscripten-Sammlung. 

XXIV.  Varia:  Schriftproben  von  Handschriften,  alte  Musikalien,  Al>- 
bildungen  von  Monumenten,  Autographen-Sammluog,  Schriften 
der  Familie  Gatterer  etc. 

▲reUv&UMhe  ZvlUchrlft.  U.  14 


210 


Tb.  T.  Uebenau: 


Von  diesen  verschiedenen  Abtheilungen  dürften  namentlich  zwei 
von  Interesse  sein:  die  Handschriften-Sammlung  (XXUI)  und  die 
Urkunden-Sammlung. 

Aus  ersterer  erwähnen  wir  folgende  Manuscripte: 
Apologia  recognitionis  D.  Joh.  Brentii  de  Mai(  .state  Christi  ad 
dexloram  patris  contra  omnia  cai)ita  responsionis  Tlieodori  Bezae 
Vezelii  .  Auetore  Vuilhelmo  BidemlxLcbio  D.  Ecdesiastae  Slutgartiano. 

Papier.  Fol. 

Hürpror-  und  Stonor-Hucli  der  Sladt  Kulssheim  von  1415 — 1495« 
Gerichtsbiuh  des  Dorfes  Iloilheim  von  1451  — ir).{T. 
Fra^Miicnt  eines  Copialbuches  des   Klosters  FrankentbaJ  von 
circa  1454. 

Laureniii  Valla  Salira  de  falso  credita  et  ementita  ConsLantini 
donatione.   24  Bi.  XV.  Jahrh.  Fol. 

Sententia  Dombii  Ludovici  de  Bavaria  Rom.  Regis,  de  Jure 
et  Justitia  imperii.  11  BL  Fol.  XV.  Jahrh.  Vgl  daräber  Böhmer: 
Acta  Imperii  534 — 535  u.  dessen  Regesten  Kaiser  Ludwigs  N.  3444. 

Abschriften  von  78  Uiininden  zur  Geschichte  König  Hemrich  VH 
(Hohenstaufen)  von  J.  Chr.  Gatterer. 

Briefe  von  Professor  J.  0.  Köhler  über  Urkunden  und  Hand- 
zdchen  Kais(M  Maximilian  I. 

Historische  Notizen  und  Correspondonzen  von  Gaden. 

Endlich  liej,'en  Abschriften  von  Urkunden  vor,  die  theils  von 
dem  alten  Gatterer,  theils  von  dessen  Schülern  herrühren  (z.  F..  von 
Leichtehi)  und  zwar  nieist  von  Urkiindi  n ,  die  sich  norli  in  der 
Sammlung  vorlindeii.  Kin/.ehie  dieser  Copien  sind  mit  kritischen 
Benierkungen  von  Gatterer  veisehen. 

Was  die  L'rkunderisammlun^^  anlM'laiigt,  so  hat  dieselbe  zum 
grössern  Theil  nur  einen  i)alilogra|)hisclien,  kullur-  und  rechls- 
geschichllichen  VV^erth;  zur  Aufliellung  der  politischen  Geschichte 
dienen  verhältnissmässig  nur  wenige  Documente.  Denn  die  Haupt- 
masse der  Urkunden  bUdele  zur  Zeit  einen  Bestandtheil  der  Ardüve 
rheinischer  Stifte  und  Klöster,  vorzuglich  des  Domstiftes  Worms,  der 
in  und  bei  Worms  gelegenen  Stifte  St  Victor,  St  Andreas,  St  Paul 
und  Martin;  Nenhausen,  Nonnenmfinster,  Kirschgarten,  Hhnmels- 
kron  hei  Hochheim,  Liebenau;  sodann  von  Otterberg,  Hombach, 
Klein-  und  Gross-Frankentlial ,  Lorsch,  Schönau,  Schwabesheim, 
Heilsbrück,  St.  Johann  in  Alzei,  Kaiserslautern  etc.  Für  Lokal- 
geschichte  Hessens  und  der  Rheinpfalz  ist  daher  allerdings  hier 


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Qatterer's  Lehrapparal  in  Luzeni. 


211 


reidie  Ausbeute  zu  finden,  wie  z.  B.  der'neueste  Band  des  hessischen 
Uricundenbuches  von  Geh.  Rath  Dr.  Baur  zeigt.  Daneben  liegen  einzelne 
Urlrondeii  aus  Norddeutsdiland  und  Schweden,  ausNämberg,  Regens- 
buig,  Oesterreich,  der  Sdiwolz,  Italien.  Frankteich  und  England 
▼or,  namentlich  solche,  welche  früher  einen  Bestaridthcil  des  Schloss- 
archives  Wolfstein  in  Oesterreich,  des  Sinzcndorfischen  Aidiivos  in 
Klam.  nnd  des  Aiiei*?;lx.'rgis(hen  Archivs  in  Krain  frebildet  liaheii 
müssen.  Von  den  österreichischen  I'rknnden  aus  dem  XIV.  Jahr- 
hunderl bi  treften  nielirere  die  Familien  von  Wallsee  und  Dressidler, 
die  Grafen  von  Hardegg,  Burggrafen  zu  Maidburg,  und  die  Herzoge 
von  Oesten"cich.  In  mehreren  dieser  österreichischen  Urkunden  werden 
»Ilagen«  erwähnt,  die  vielleicht  mit  dem  bekannten  österreichischen 
C«hroni)cschreil)er  verwandt  sein  dürften,  z.  B.  1370,  17.  Bfärz,  Sey- 
fnd  Hagen  Ton  Woifhardsbrunn;  1371,  15.  Aug.  1376,  2.  Hai  und 
24.  Juni  in  Wien  Hans  Hagen,  in  letztern  Uricunden  Bürge  des 
Rudolf  Ton  Wallsee,  Hauptmann  in  Steyr,  ffOr  den  Juden  David 
Steütz  hl  Wien.  »JOrg  Hagent  ist  1397,  31.  Mai,  Zeuge  bei  Vei^ 
gabung  eines  Lehens,  das  von  den  Herrn  von  Walsee  herrührt 
1404,  13.  Febr.  verkauft  Paul  Hagen  zu  Teendorf  hi  Wien  die 
Vogtei  des  (iutes  Scbawenpach. 

Um  dem  Leser  dieser  Blätter  ein  Urtheil  über  den  Werth  der 
Gatterer'schen  Sammlung  zu  ermöglichen,  theilen  wir  aus  dem  Re- 
perlorinm  einige  Urkunden-Auszüge  in  kürzester  Foim  mit. 

Wir  erwähnen  zunächst  die  Urkunden  der  römischen 
Könige  und  Kaiser. 

877,  11.  December.  Heidebach.  König  Ludwig  ^ciieiikt  seinem 
getreuen  Werinbold  für  geleistete  Dienste  zwei  Schuppossen  im  Gau 
Wormazfeld.  — 

973,  1.  JulL  Worms.  Kaiser  Otto  bestätigt  dem  Bischof  Anno 
von  Worms  den  Zoll  von  Worms  und  alle  fiskalischen  GefiUle  im 
»Penningbanc.  Vgl.  darüber  Sickel:  (Jeher  Eaiserurknnden  m  der 
Schweiz  52. 

1004,  28.  December.  Dornberg.  König  Heinrich  schenkt  der 
bischöflichen  Kirche  in  Worms  ein  Gut  in  Pipinesdorf  im  Moselgau. 
Sickel  1.  c. 

1043, 18.  Januar.  Hesseleveiden.  König  Heinrich  schenkt  seinem 
Kaplan  Arnold  ein  Gut  in  Iringeshusen  als  Eigenlhum.  —  Ötuuipf: 
Reichskanzler  No.  2237. 

1044,  2.  Febr.    Ganteresheim.   König  Heinrich  gibt  seinem 


212 


Tb.  V.  LidMnitt: 


•  Kunzler  Adaiger  den  dritten  Theil  der  Khrdie  in  QuistinehnseD  in 
der  Grafschaft  Gero's  im  Gau  Hassia  als  Eigenthum.  Stumpf  No.  2257. 

lOÖl,  4.  März.  Spire.  Kaiser  Heinrich  vergabt  dem  Birthttm 
Worms  ein  Gut  in  Hodcia'skba.    Stumpf  2399. 

1139,  20.  -Mai.  Wizinburch.  Könif,'  Konrad  II.  bewilligt,  dass 
Foliiiar,  (Uislos  zu  Fraukenthal,  sein  vüterliclies  Erbe  dem  Magdalenea- 
klostei  in  Frunkcnliial  vergabt*.    Slurnpf  338.'). 

(MST?)  12.  Aug.  WoriiKuit'.  Kaiser  Fri»Hinch  nimmt  das 
Kloster  Lobenfeld  in  des  Reiches  Schutz.    Stumpf  4568. 

1209.  Speier.  König  Otto  IV.  nimmt  das  Kloster  Otterbery 
in  seinen  Schirm.   Böhmer:  lieg.  K.  Otto*s  No.  69. 

1222,  16.  Mftrz.  Wonns.  König  Heinrich  best&tigt  dem  Kloster 
Otterberg  die  Vergabmig  eines  Ho^  in  Worms.  Böhmer:  Reg.  K. 
Heinrichs  No.  14. 

1232t  M^,  apud  Utinum  in  Foro  Julii.  Kaiser  Friedrich  ächtet 
die  Atih.itigcr  d&e  CSommone  von  Worms.  Böhmer:  Reg.  K.  Fri^ 
drichs  .Nu.  725. 

123-4,  25.  März.  Laulhern.  König  Heinrich  bewilligt  den 
Herrn  von  Handecken  das  Schloss  Bylenstein  zu  bauen.  Böhmer: 
Acta  Iniperii  I,  287. 

1234,  Lauthern.  König  Heinrich  nimmt  das  Kloster  Otterburg 
in  Schutz.    Böhmer  No.  326. 

1274,  10.  Sept.  Laulhern.  König  Rudolf  bestätigt  die  Frei- 
heiten und  Besitzungen  des  Klosters  Otterberg.  Frey  und  Remling: 
Otterberg.  UrlL-Buch  136—138. 

1275,  6.  April  Weissenberg.  König  Rudolf  bestätigt  dem 
Kloster  Heilslvuck  die  Ve^abung  des  Zehntens  und  Kirchensatzes 
von  Bubenwiler  durch  Ritter  Johann  von  Metz. 

1282, 15.  März.  Oppenheim.  König  Rudolf  nimmt  das  Qsterzer^ 
Kloster  in  Kirschgarten  bei  Worms  in  des  Reiches  Schirm. 

1282,  22.  Juni.  Worms.  König  Rudolf  genehmigt  die  Ver- 
gabung von  Heich.^gülem  an  das  Kloster  Kirschgarten  durch  Die- 
trich von  Enziletheim. 

1288,  Ii).  Febr.  König  Rudolf  vidiiiiirt  tlie  Urkunde  Bischof 
Simons  vuii  \\'(M!iis  vom  8.  Jänner  1288,  betrelTeml  rebertragung 
der  Lelieiisrhali  \(in  Stadt  und  Sriiloss  Heidelberg  vuii  Herzog  lauhvig 
von  liayein  auf  dessen  Ucmuhlin  MeciiLiid.  Kopp:  Gesch.  d.  eidgen. 
Bünde  I,  902. 

1293, 30.  Juli.  Friedberg.  König  Adolf  vergabt  den  Gistenerinnen 


Üiyitizcü  by  GoOglc 


Gatterer's  Lebrapparat  in  Luxem. 


213 


in  Kirschgarten  die  dem  Reiche  zuständige  Kiiclie  in  Haseloch. 
Scriba:  Hessische  Reg.  m,  No.  2092. 

1293,  11.  September.  Strassburg.  König  Adolf  bestätigt  dem 
Kloster  Otterberg  alle  Besitzmigeii  und  Rechte.  Frey  wid  RemUng: 
ürk.  201—202. 

1298,  18.  November.  Nfimberg.  Kfinig  Albrecht  nimmt  das 
Kloster  Otterberg  in  seinen  Schinn  und  bestätigt  dessen  ZoUfkeiheit 

In  Lauthern  und  Hoppnrten. 

1309.  14.  September.  Speier.  König  Heinrich  ertheilt  dem 
Kloster  Kirschfrarten  Steuer-  Und  ZoDfreiheit.  Baur:  Hessische  Ur- 
kunden V,  191-193. 

1310,  9.  Auir.  Lauthern.  König  Heinrich  bewilligt  dorn  Meister 
Gotlfried  Faber  in  Lauthem  den  Bau  einer  Mühle  in  der  Keyserswag 
bei  Elbriclisberg. 

1317,  18.  November.  Heidelberg.  König  Ludwig  vergabt  dem 
Kloster  Schönau  das  Patronatrccht  der  Kirche  in  Bergheim,  wozu 
seine  Gemahlin  und  Söhne  einwilligen. 

1330,  14  März.  Weissenburg.  Kaiser  Ludwig  gibt  dem 
Predigerkkister  Hasenphul  bei  Speier  Steueritelheit  für  den  Hof 
Muterstatt 

1330  ,  30.  Bfärz.   Esslingen.    Kaiser  Ludwig  g«iefamigt  die 

Schenkung  des  Patronatsrechtcs  zu  Xerstein  an  das  Kloster  Otter- 
berg.   Wurdfwcin:  Monast.  Palat.  I,  433. 

1339,  28.  NovenilxT.  S|M?ier.  Kaiser  Ludwig  befreit  bis  auf 
Widerruf  das  Frauenkloster  Heilsbrürk  von  allen  Hastungen  und 
empfiehlt  da^^selbo  dem  Schulze  des  Fial/.grafon  Hudolf  bei  Rheine. 

1348,  9.  .läiiner.  Worms.  König  Karl  bestätigt  die  Privilegien 
des  Klo>lci's  Kirschgarten.    F^anr:  Ilessisrhe  Vrk.  V,  339. 

1384,  28.  Juli.  Worms.  König  Wenzel  zeigt  den  Erzbisthöfeu 
von  Mainz,  den  Pfalzgrafen  bei  Rheine  und  den  Herzogen  von  Bayern 
an,  er  habe  das  Stift  Worms  in  seinen  Sdiutz  genommen.  Schannat: 
bist  Wonnat.  H,  192. 

1384,  16.  October.  Lutzenberg.  König  Wenzel  bestätigt  dem 
Kloster  Ingelheim  die  von  Kaiser  Karl  IV.  geschenkten  Güter  zu 
Keysersberg,  Doiingbeim  und  Munster.  Wflrdthelm:  Monast  Palat 
n,  207. 

130r!.  6.  Mai.  Mainz.  Notar  Reinold  von  Krüfzlnng  vidimirt 
dem  Still  Kaisersaal  zu  Nieder-Ingelnheim  im  Bisthum  .Main/,  folgende 
Urkunden;  1.  den  Stiflungsbrief  des  Betthauses  zu  Ingelnheim  von 


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214 


Tb.  T.  Liebenau: 


Kaiser  Karl  IV.  vom  14.  Januar  1354;  2.  den  WiUebrief  Erzbischols 
Gerlach  von  Mainz  vom  25.  März  1354  für  diese  Stiftung;  3.  den 
Willebrief  des  Erzbischofe  Boemund  von  Trier  gegeben  zu  Nürnberg 
1355,  den  30.  Dcccmber;  4.  den  Willebrief  des  Erzblschofs  Guno 

von  Trior,  diiHrl  Krenbrechlstein  den  9.  Juni  1366;  5.  den  WiUebrief 
des  Krzbisrhofs  Wilhelm  von  Cüln  vom  25.  Mära  1354,  ausgc.-tellt 
in  Metz ;  G.  den  Willebrief  Pfalzgraf  Ruppert  des  altern  bei  Rheine, 
dalirt  Mel/.  25.  Mär/  1354:  7.  den  WiUebrief  Herzog  Ludwig's  von 
H.ivfiii,  Markgrafon  von  Nürnberg,  ausgestellt  im  Januar  1356  in 
XiirnlMTg;  8.  den  Willei)rief  Herzog  Rudolfs  von  Sachsen,  g^eben 
in  i\ürid)i  rg  den  13.  Derember  1355. 

1401,  1.  August.  Heidelberg.  König  Ruprecht  gebietet,  als 
Pfalzgraf  bei  Rheine,  seinem  Landschreiber  und  Kellner  zu  Alzey, 
dem  Kloster  Liebenau  bei  Worms  wegen  der  von  seinem  Vater  ge- 
machten McssstiAung  jährlich  30  Malter  Korn  und  ein  Fuder  Wein 
zu  verabfolgen. 

1403,  20.  Mai.  Heidelbeig.  König  Rupert  befreit  das  Gottes- 
haus Bybebiheim  von  allen  Steuern.  Ghmel:  Reg.  K.  Ruperts 
No.  1485. 

1404, 13.  Mai.  Heidelberg.  König  Ruix^rt  bestätigt  dem  Cisterzcr- 
Icloster  Schönau  die  inserirten  Urkunden  der  Pfalzgrafen  Heinrich 
bei  Rheine  von  1190;  Herzog  Heinrich  von  Sachsen  vom  30.  Mai 
1208;  Pfalzgraf  Ludwig  v.  1226;  Herzog  Ludwig  v.  7.  Docember 
1282  und  Pfalzgraf  Rudolf  vom  29.  November  1300.  Vgl,  Chmel 
Reg.  No.  1740. 

UOS,  28.  April.  Heidelberg.  König  Rupert  ertlu  ilt  dem  Klostor 
Himmelski-on  bei  Hochheim  verschiedene  Privilegien.  Ghmel  No.  2549. 

1400,  22.  August  Heidelberg.  König  Rupert  und  sein  Sohn 
Pfalzgraf  Ludwig  bei  Rheine  vergaben  anTs  Stift  Neuensbidt  zur 
Jahrzeitstiftung  fOr  die  Mutter  des  Königs,  die  Gemahlin  Ludwigs 
Blanka  von  Öigland,  den  Zdmtai  zu  Meckenhenn. 

1413,  26.  November.  LodL  König  Sigismund  bestätigt  die 
Privilegien  des  Bisthums  Worms. 

1414,  28.  Juli.  Speier.  König  Sigismund  nimmt  das  Kloster 
Ilimmelskron  bei  Hocbheim  in  seinen  Schirm.  Arch.  f.  hessische 
Gesch.  II,  3,  432. 

1437,  15.  Juli.  Eger.  Kaiser  Sigisnumd  bestätigt  die  Privilegien 
lies  Stilb  s  Mosbach  in  der  Diöcese  Würzburg. 

1447,  18.  Octobec  Wien.  Kaiser  Friedrich  ertlieilt  dem  Bischof 


Gatterer*»  Lebniipanit  in  Linem. 


215 


▼on  Worms  das  PriTfleg  de  ncm  evocando.  Schannat:  hist.  ep. 
Worm.  n,  239. 

1469,  7.  August.  Gratz.  Kaiser  FHedricb  bestätigt  dem  Kloster 
Otterberg  die  von  seinen  Vorgängern  ertheilten  und  inserirten  Privi- 
legien. Fehlt  bei  Ghmel. 

1497.  1.  Decemher.  Innsbruck.  Kaiser  Maximilian  ersucht 
die  Stadt  Liit)ock,  die  Reichssteuer  für  3  Jahre  an  die  Herzoge  Frie- 
drich und  Johann  von  Sachsen  zu  entrichten, 

1512,  9.  Juni.  Mecbeln.  Kaiser  Maximilian  bestätigt  dem  von 
Kaiser  Karl  dem  Grossen  gestiftet en  Gotteshause  Ingelnheim  im  Saale 

den  Zehnten  in  Koisorsberg,  Dürkheim  und  Münster,  die  Mühle  zu 
Keisersberg,  den  Zoll  ZU  Keisersberg  etc.  Würdtwein:  Monast 
Palat.  II,  255. 

1551,  23.  März.  Augsburg.  Kaiser  Karl  V.  verkündol  auf  den 
1.  Mai  die  EröfTiiiing  des  Concils  von  Trient,  verspricht  freies 
siriieres  Geleit  zum  Besuche  desselben  und  warnt  vor  Neuerungen 
im  Glauben. 

1552,  14.  November.  Spcier.  Kaiser  Karl  entscheidet  den 
Streit  zwischen  dem  Doinslift  Worms  und  der  (lemeiude  Mutterstadt 
wegen  Frohndienste  nach  dem  Gutachten  des  Grafen  Johann  von 
Montfort,  des  Freiherrn  Johann  Werner  von  Zimmern,  des  Dr.  Johann 
Hechel  und  des  Kammergerichtes  Heidelberg  vom  Jahre  1551  dahin, 
die  Gemeinde  sei  frohndienstpffichtig.  —  14  Folio-Seiten. 

snie  anno  et  die.  Kaiser  Karl  V.  verleiht  den  Gebrüdem  Hans, 
Burkard,  Wolf,  Gregor  und  Hieronimus  Faber  das  Wappen  der  aus- 
g^torbenen  Familie  von  Randegg.  Unvollständig. 

1570,  2&  October.  Speier.  Schirmbrief  Kaiser  Maximilian  II. 
für  das  Kloster  Seebedi. 

1602,  19.  August.  Prag.  Kaiser  Rudolf  IL  nimmt  Gottfried 
von  Hov^,  Bürgermeister  zu  Lübeds,  In  seinen  besonderen  Schirm. 

1744,  18.  September.  Frankfürt  a.  M.  Kaiser  Karl  VII.  er- 
theilt  den  Söhnen  des  verstorbene  Prof.  Ludwig  Christian  Ming 
von  Heidelberg  ein  PrivU^um  gegen  den  Nachdruck  der  Schriften 
ihres  Vaters. 

1755,  13.  Docember.  Wien.  Kaiser  Franz  1.  ernennt  Conrad 
Josef  Osthaus  zum  Cliorherrn  zu  St.  Johann  in  Hildesbeim  nach 
dem  Hechte  der  ersten  IJitte. 

1794,  24.  April.   Lager  zu  Castilione.   Kaiser  Franz  sendet 


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216 


Th.  Liebeiian: 


als  Gomnuss&r  in  Sachen  der  Wahl  eines  Bisehofs  von  Basd  den 
Freyhenm  Vogt  von  Summerau  an's  Domstift  Basel.  — 

Als  Ergänzung  zu  den  trefflichen  Regesten  Menzel's  notiren  wir 
folgeoile  rrkiinden  zur  Geschichte  Friedrichs  des  Siegreichen, 

Pfalzgrafen  bei  Rheine. 

1450,  f).  Mai.  Rom.  Fapsl  Nikolaus  V'.  bostäfigt  die  von 
Bischof  Reinharfl  von  Worms  u.  Pfalzgraf  Friedric  h  bei  Rheine  ge- 
nehmigten Statuten  de<  Stiftes  St.  Ciriak  bei  Worms. 

14r)0,  26.  Juli.  llt'idL'lbt'rg.  Pfalzgraf  Friedrich  gibt  als  Vornmnd 
seines  Vetters,  des  Pfalzgrafen  Philipp,  dem  Jost  von  Honeck  die 
Burglelien  zu  Lautern  als  Reichslehen. 

1451,  23.  Juni.  Heidelberg.  Pfalzgraf  FHedrich,  Landgraf  in 
Elsass,  tauscht  mit  Propst  u.  Gonvent  zu  Ingelnhetm  in  dem  Saale 
den  Weinzehnten  zu  Kaisersüierg  gegen  32  Pfd.  Heiddberger  Pfennig 
jährlichen  Zinses  auf  der  Bete  zu  Sels. 

1453,  16.  Juli.  Heidelberg.  Pfalzgraf  Friedrich  erneuert  und 
t)estätigt  dem  Kloster  Ruschgarten  bei  Worms  die  von  Herzog  Lud- 
wig von  Bayern  unter  detn  15.  Juli  1443  in  Alzey  erlheilte  Befreiung 
von  allen  herrschaflliciien  Lasten,  Frohndiensten,  Schätzungen  etc. 

1455,  9.  Juni.  Heidelberg,  l'fal/.praf  Friedrich,  Reichs-Erz- 
tniclise?s,  nimmt  für  sich  und  Pfalzgraf  I- riedrich  Abt  und  Convent 
Frankenthal  nach  dem  Vorgange  ^^oiner  Altvordern  in  seinen  be- 
sondern Schirm.    Orig.  u.  Vidinms  v.  12.  Ortober  1461. 

145C,  16.  Sej)tember.  Heidelberg,  Pfalzf^raf  Friedrich  genehmigt 
die  durch  Dietrich  von  Sickingen  bewerkstelligte  Beilegung  des 
Streites  zwischen  dem  Stift  St  Andreas  in  Worms  und  dem  Kloster 
Himmelskron  bei  Hochheim  wegen  Bezug  des  Opfergeldes  der  Kirche 
in  Hochheim,  Bestreitung  der  Auslage  dieser  Kirche  und  Vergabung 
der  Klause  in  Hbdiheun  an  die  dortige  Kirche.  Vidimus  vom 
11.  December  1456. 

1457,  4.  März.  Conrad  Wolff  von  Sponheim  erklärt,  dass  er 
siel)  mit  Pfolzgraf  Friedrich,  Graden  zu  Sponheim,  für  sich  und  s^ne 
EIrben  wegen  alh'r  Anforderungen  verglichen  habe,  so  zwar,  dass  er 
niemals  mehr,  heimlich  oder  öfTcntlich,  zeitlebens  eine  Absage  senden 
wolle.  Mit  Wo] IT  <iogeln  sein  Schwager  Peter  von  Ritenhofen  und 
Johann  von  Meremberg,  genannt  Rubesame. 

1450,  8.  Juli.  Heidelberg.  Pfalzgraf  Friedrich,  Reichs-Erzlruch- 
ses.s  und  Churfürst,  l)(^willigl  die  Errichtung  der  Pfründe  eines 
Sängers  ani  Stifte  Neuenstadl  durch  Meister  Frick,  Canonicus  daselbst. 


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Gatterer's  Lehrapparal  in  Luzeni.  217 

14G2,  14.  Febr.  Ilcidelb  rg.  Pfalzgraf  Friedrich  verkauft  für  sieli 
und  Pfalzgraf  Philipp  bei  Rheine  an  Abt  und  Ck)nvent  zu  Limburg  im 
ffisUmm  Spder  das  Schloes  fViedeldielin  bei  Wacfaenheim  an  der 
Hard,  mit  aller  Zubehörde,  unter  Vorbehalt  des  Oeffiiungsrecfates  'm 
Kriegen,  um  die  Summe  von  1200  rh.  Gulden. 

1465, 24.  März.  Simmem.  Pfidzgraf  Friedrieb,  Herzog  in  Bayern, 
Graf  zu  Sponheim,  stiftet  zu  seinem  und  der  Pfalzgrftfin  Hargüeth, 
geb.  von  Geldern,  Seelenheile  die  Huttergottes-Kaplanei  in  der 
Pforrkirche  zu  Simmem,  wofür  er  GeßUle  von  Gütern  in  Falkenberg 
und  Liebhusen  verschreibt. 

1468,  11.  April.  Heidelberg.  Pfalzgraf  Friedrich  befreit  das 
Kloster  Frankenthal  von  verschiodonen  Lasten,  namentlich  von 
Wagenfnhrton,  Frohndiensten,  Bethe,  Schätzungen  und  Steuern, 

1468,  4.  August.  Heidelberg.  Pfalzgraf  Friedrich  bezeugt  den 
Vergleich  zwischen  Abt  und  (lonvent  von  Otterborg  und  Wolf 
Kätnnierer  von  Dalberg  w^en  der  Atzung  und  Frohndienste  des 
Hofes  I leseloch  etc. 

1469,  11.  November.  Gennersiieim.  Pfalzgraf  Friedrich  befreit 
das  Kloster  der  regulierten  Augustiner  zu  Klein-Frankenthal,  zwischen 
Speier  und  Worms,  fOr  den  Hof  zu  Ebstein  von  allen  Steuern  und 
Lasten,  nachdem  ihm  dasselbe  um  900  Gulden  die  Vogtei  und  das 
Gericht  zu  Ebstein,  wozu  Oppauwe  und  Odikeim  gehört,  verkauft, 
aber  von  der  Kaufsumme  400  Gld.  nachgelassen  hat 

1475,  9.  Mai.  Germersheim.  Pfalzgraf  Friedrich  nimmt  die 
Hutto*  und  die  Sdiwestern  in  der  £lause  zu  Fischbach  in  seinen 
besondem  Schirm  und  empfiehlt  dieselben  dem  Schutze  setnet  Ämts- 
leute in  Lautern.  — 

Besondere  Beachtung  verdienen  die  päpstlichen  Breven  und 
Bullen,  die  in  ziemlich  grosser  Zahl  vorhanden  sind.  Die  pia  fraus 
hat  hier  zahlreiche  Spuren  zurückgelassen,  die  ein  gewisses  Interesse 
gewähren.  So  liegt  /.  B.  eine  Bulle  vor,  die  von  Calixt  II.  herrühren 
soll,  aber  deutlich  den  Sclirittcharaktcr  aus  der  Milte  des  XIII.  Jalir- 
hundorls  verriUli.  Sie  ist  datirt  Latcrani  VII.  Idus  magi  (sie)  Anno 
doininice  itK  arnationis  MXXXIII.  Indictione  X.,  und  gerichtet  an  die 
»venerubiles  fratres  et  coepiscopi«  Willigis  von  Mainz  (975—1011), 
Hartmann  von  Göhl  (der  nicht  existierte),  der  apostoUce  sedis  legatus 
titulirt  wird,  an  Adalbert  von  Trier  (1131  erw&hlt),  Adalbert  Ton 
Salzburg,  oeterique  principes  Alimannie,  die  Bischof  Hildebald  von 
Worms  im  Besitze  von  Stiidimhdm,  Feldkirch  und  Prussowin,  einer 


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218 


Th.  V.  Liebenau : 


Vergabung  Kaiser  Otto*s,  schätzen  sollten.  An  solchen  Fälschungen 
ist  Gatterer's  Sammlung  keineswegs  arm;  doch  sind  die  meisten  der- 
artigen Documente  weniger  plump.  — 

Da  die  wichtigsten  Urkunden  Klöster  betreffen,  so  finden 
wir  begreiflicherweise  meist  Urkunden  Ctt>er  Vergabungen,  Jahrzeit- 
Stiftungen,  Rent-  und  LiegenschafLskäufe  und  Täusche,  Erblehen,  Zins- 
lehen etc.  Seltener  sind  Urkunden,  die  Vergabungen  von  Kirchen 
und  Burgen  betreffen,  die  grösseres  Interesse  haben.  So  z.  B.  liegt 
vom  Jahre  1144  eine  TJrkunde  vor,  laut  welcher  Erzbischof  Heinrich 
von  Main/,  mit  Probsl  Horlach  zu  St.  Victor  dem  Abt  von  Eberbach 
die  im  Archidiakonat  St.  Victor  f^clogene  Kirche  im  alten  Schlosse 
zu  OllerboriT  v.um  Raue  eines  Klostors  vorpabt.  Vom  Jahre  1153 
bcsil/on  wir  oino  l  ikundo,  laut  wolchor  (Jünther,  Vorwesor  des 
Bisthums  Speier,  dem  Kloster  Lindburg  die  Kirche  Fridolnesheim 
incorporirl. 

1208,  30.  Mai,  in  c  aslro  Lindenvels,  bostätifrt  Herzog  Heinrich 
von  Sachsen,  Pfal/.i/iar  am  lUu'ine,  dem  Kloster  Seliönau  die  Ver- 
gabunj,'  der  Insel  M<  line  durch  PfalzgräHu  Irmengard. 

1214  urkuudet  Plalzgraf  Ludwitr  bei  Hlieiue,  Herzog  in  Bayern, 
.«;eiue  l  iitt-ithaneu  haben  das  Kloster  Siliönau  geschadigt;  nach 
seiner  Rückkehr  vom  Feldzuge  Kimig  Friedrichs  aus  Xieder-Üeutsch- 
land  habe  er  sich  in  die  (Jenossenschafl  <les  Klosters  aufnehmen 
lassen  uml  dem  Kloster  das  Fiseherrecht  in  (  )|>ho\viii  bis  zur  Tilgmig 
des  Schadens  mit  Zustimmung  der  Braut  seines  Sohnes,  Agnes, 
überlassen. 

Mehrere  wichtige  Vergabungsurkunden,  die  lx,'i  Schannat,  Baur, 
fai  den  Acta  Academ.  Palatin.,  bei  Frey  und  Remling  etc.  gc<lruckt 
sind,  übergehen  wir;  wir  notiren  einige  wenige  Urkunden,  die  vielleicht 
wen^iper  bekannt  sind. 

1225,  1.  April.  Heidelberg.  Herzog  Ludwig  von  Bayern  be- 
freit das  Kloster  Schönau,  das  in  seinen  Burgen  Schutz  zu  suchen 
und  seine  Vorräthe  dort  aufzuspeichern  gewohnt  ist,  vom  Zoll,  Um- 
geld  und  »Winsrote  in  Heidelbo^. 

1227,  30.  April.  Heidelberg.  Obiger  bezeugt  den  Verkauf  eines 
Gutes  in  Sonthoven  an  das  Kk)6ter  Schönau  durch  Dietrich  von 
Oppowa. 

1233,  26.  Mai.  Laterani.  Gregor  IX.  nimmt  das  Kloster  Hefls- 
brOck  in  Schirm  und  ertheUt  demselben  verschiedene  Freiheiten. 


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Gatterer's  Lebrapparat  in  Luzern. 


219 


1240  ,  23.  Juni.  Bischof  Landolf  von  Worms  vergabt  dem 
Kloster  Frankenthal  den  Hof  Dirmenstem. 

1241.  Vögte,  Schultheissen  und  Bürger  von  Soest  (Susaoensls 
ciTit.)  bevoUmfichtigen  drei  Börger  von  Lübeck  sich  mit  denjenigen 
*  absufinden,  die  ihre  BQrger  auf  den  Schiffen  geschädigt  haben. 

1213,  &  Mai.  Bischof  Cionrad  Ton  Speier  incorporirt  dem  Stift 
Limbui^  die  Kirche  Vridoldeslioim. 

1254,  28.  Juni.  Anagnie.  Innoconz  IV.  liestätip't  deni  Klostor 
Schönau  die  Vergabung  der  Kirche  in  Sharren  durch  Pfalzgraf 
Otto  und  Ludwig  bei  Rheine:  dorselbe  bewilligt  1255,  10.  Januar, 
diesem  Kloster  lio^'ondc»  und  fahrende  Güter  in  der  Diöceso  Worms 
vergabunpsweise  anzunehmen;  1258,  21.  März,  betraut  Alexander  IV. 
den  15iscliul  von  Worms  mit  dem  Schirme  dieses  Klosters:  1259  ist 
Bischof  Eb,  von  Worms  Schiodsriditer  in  einem  Streite  des  Klosters 
Frankenthal  wegen  der  Haltung  des  Zuchtstiers  im  Dorfe  Otenheim. 

Selbst  kirchliche  Verhältnisse  des  Nordens  beleuchtet  unsere 
Sammlung.  1260,  6.  Juli.  Vogt,  Rath  und  6«neinde  in  Gothland 
theilen*  an  Vogt  und  Räthe  in  Lübeck  auszCIglich  die  von  den  Bischöfen 
und  pfipstlichen  Legaten  der  Marienku'che  in  Wisby  ertheilten  Privi- 
legien mit,  namentUch  diejenigen  von  H.,  Bischof  Ton*Linkfiping, 
Legat  Willigis  und  Bischof  B.  von  Linköping  vom  Jahre  1225.  —  Allein 
die  Hauptmasse  dieser  Urkunden  beschlägt  doch  das  Bisthum  Worms 
und  Speier.  —  So  liegt  z.  B.  von  1201  ein  Akt  vor,  laut  welchem 
Raugraf  Conrad,  Graf  von  Boidienbercii,  (  Jrat  Friedrich  von  Hohen- 
berg und  Florentin  von  Rosowa  dem  Kloster  Sion  (I)iöcese  Worms) 
den  Kinliensatz  von  (iunderamesheim  vergaben.  \'iele  Urkunden 
beleuchten  die  Thätigkeit  des  riischofs  Eberhard  von  ^\'orms,  z.  B. 
vom  Jalire  12G1  drei:  je  eine  von  12t;2  u.  1263,  12(36,  1269,  1270, 
1272,  1275,  127Ü;  von  Bisehof  Friedrich  von  Speier  haben  wir  Ur- 
kunden von  1278  u.  1279,  129 1 .  Die  Grafen  von  Leiningen  werden 
in  unsem  Urkunden  häufig  als  Zeugen  erwähnt,  zuweilen  auch  als 
Aussteller  von  Urkunden  so  z.  B.  1262  im  Mai  Emicho;  mit  diesem 
1263,  den  10.  März  auch  Friedrich  (wegen  des  Gollaturrechtes  von 
Rorbach);  Letzterer  1270,  2.  Juli  als  Kreuzfohrer  fdr  das  Stift  Um- 
burg;  eboiso  den  6.  Juli  1270;  spätere  Urkunden  sind  da  von  1316 
und  1323.  Graf  Ludolf  von  Dassel  verkauft  1263,  den  11  Aprils 
die  n  ri  htsbarkeit  über  den  Hof  Holthöfen  an  das  Stift  Hikles- 
werdesheim. 

Urkunden  vonErzbischöfen  von  Mainz  sind  namentlich  aus  dem 


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220 


Th.  V.  Liebenau: 


XIV.  Jahrhundert  vorhanden;  einzelne  gedmckte  ana  filterer  Zeit. 
Das  Stift  EHwangen  betrifft  eine  Urhinde  von  1270  u.  1277.  Die 
Herrn  von  Hohenfels  und  Harfenberg  werden  erwShnt  in  Uriamden, 
die  aus  Klöstern  im  Bisthnm  Speier  stammen  (XIII.  Jahrhundert); 
die  Grafen  von  LOwenstdn  finden  wir  in  Udnnden  des  Alii.  Jahr- 
hunderts bei  Streitigkeiten  mit  dem  Kloster  Sion,  dem  sie  den  Kirchen- 
satz von  Spiezheim  vergabt  hatten;  gleichzeitig  treten  die  Grafen 
von  Baumen berg  und  die  Herren  von  Wartenberg  in  Urkunden  des 
Stiftes  Olfcrbernr  m]f;  die  Heichstrucli-<";?en  von  Bollandon  •  finden 
wir  in  Urkunden  der  Cistorzcrinneü  von  sion  mehrfach;  ebon>o  in 
Heziehunpr  zu  den  Grafen  von  Sponheim.  So  vcrziclüet  Pliiiipp  von 
IJollanden  1291,  4.  Juli,  zu  Gunsten  des  Grafen  Heinrich  auf  sein 
Zelintrecht  in  All^isheini.  1305,  8.  September  nennt  sich  Otto  von 
Brüssel  »Herr  zu  Bollanden«. 

Die  Kämmerer  von  Dalberg  bci,'egnen  uns  mehrfach  als  Freunde 
des  Klosters  Heilsbrfick  im  Xin.~XV.  Jahrhundert;  sie  vergaben 
1293,  14.  September,  die  Kirche  Winden;  die  Vergabung  geschah 
durch  Ueberreichung  eines  Halmes;  vgl.  dazu  die  Urkunde  vom 
März  1294.  Auch  des  Klosters  Schönau  nehmen  sie  sich  an  (1331) 
und  verkehren  mit  dem  Stift  Hochheim  (1351).  Die  Familie  von  Ber- 
lidiingen  wird  in  einer  Urkunde  von  1351  erwähnt. 

Von  den  Grafen  von  Zweibrücken  sprechen  Urkunden  vom 
10.  Juni  und  24.  Juli  1274,  1340,  26.  Sept.,  1346,  21.  Juli  und 
18.  März  1360;  von  den  Grnfen  von  Eberstein  Documente  vom 
5.  Januar  1397:  von  den  Grafen  von  Nassau  besitzen  wir  Perga- 
mente von  1298  und  1299. 

1299  »am  Millielien  vor  sand  Wallpurgentafre«,  vergabt  Pfalz- 
graf Rudolf  l)ei  Rheine  dem  Frauenkloster  Frankenthal  die  Allmende 
zu  Hemingsheira  etc. 

1306  ,  2.  Blärz,  besdurlnkt  Papst  Clemens  V.  in  Avignon  das 
Visitationsrecht  der  Erzbischöfe  von  Lyon  imd  Siena,  sowie  des 
Bischofs  von  Meauz  bezöglich  des  Gisterzerordens. 

1312,  8.  Njwembcr,  inoorporirt  Bischof  Emmerich  von  Spder 
dem  Kloster  Schönau  die  von  den  Pfolzgrafen  Rudolf  und  Ludwig 
bei  Rheine  vergabte  Kirche  in  Neckerau. 

Aus  der  grossen  Zahl  der  Urkunden  des  XIV.  Jahrhunderts 
heben  wir  nur  einige  hervor.  1320,  4.  September,  Sangershausen. 
Agnes,  Wittwe  des  Markgrafen  Heinrich  von  Brandenburg,  entzieht 
sich  fär  sich,  ilu«n  Sohn  Heinrich  den  Jüngern,  ihre  Ritter  und 


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Gatterer  s  Lehrapparat  üi  Luzern. 


221 


l>iener  gegen  die  Bürger  Ton  Northeim  allen  Anspradien  wegen 
nächtlicber  UeberfaUe. 

1328,  14.  Februar,  Lübeck.  Herzog  Erich  von  Sachsen,  Hein- 
rich von  Mecklenburg,  Johann  von  Wenden,  Jkr.  Johann  von  Wenden, 
Herzog  Gerde  von  Jütland,  Graf  Heinrich  von  Schwerin,  Graf  Johann 
von  Holstein,  Jkr.  Albert  von  Sachsen,  Graf  Alf  von  Schowenborch, 
Klaus  und  Otto  von  Witienborch  schliessen  einen  Landfrieden  auf 
3  Jahre. 

1343,  10.  .Januar,  kaufen  die  Hor/.oi^e  Albrccht,  Friedrich, 
Leoijold  und  lUidüll"  von  Oesterreich  von  den  Brüdern  Liecbtenekher 
eiü  (Jut  in  Kohntestal  um  7  Ptd.  Goldes. 

1347,  2.  November.  Kr/bi^chof  (lerlach  von  Mainz  incorporirt 
dem  Fraucnkloster  Lieljcnau  bei  Woinis  die  von  Pfal/.^M'ülin  Irmen- 
gard bei  Rheine,  Mutter  des  Ptalzgruien  Adolf,  vergällte  Kirclie  in 
Enseltheim. 

1349,  31.  Mai,  bekennt  Pfalzgraf  Ruprecht  bei  Rheine,  er 
schulde  dem  Heinrich  von  Utzelingen  um  seme  Dienste  30  Pfd. 
Häller,  sollte  er  diese  Summe  nicht  zahlen,  so  soll  Utzelingen  das 
Recht  haben,  Land  und  Leute,  mit  Ausnahme  von  Eddleuten,  zu 
pAnden  und  anzugreifen  »an  zorn«. 

1356,  11.  August.  Heidelberg.  Rupert  der  ältere,  Pftüzgraf  bei 
Rheine,  vergabt  zum  Seelenheile  seiner  Eltern,  seiner  Gemahlin, 
Elisabeth  von  Namur,  und  seines  Bruders  Rudolf  der  Kirche  in  Neuen- 
stadt das  Patronalrecht  der  Kirchen  Gymi  Itintrcn  und  Wintzingen, 
wozu  Bischof  Gerhard  von  Sf)eier,  Propst  Conrad  von  Kerkel,  Eber» 
hard  von  Randeck,  Dekan,  und  das  Domslifl  Speier  einwilligen. 

Vom  25.  Jänner  1.'{6G  dalirl  das  Original  drs  Vergleiclis  wegen 
der  (Joi  iclitsverhrdtnisse  etc.  in  Worms,  de>sen  Druckausgaben  Scriba 
in  den  hessischen  Reg.  III,  3175  veizeichnet. 

1366,  6.  .^bü.  Philipp  von  B(jllan(len,  Herr  zu  der  allen  Beym- 
buig,  Reichslruchsess,  gibt  aus  Freundschall  und  zur  Til^'ung  einer 
alten  Schuld  dem  Marschall  Reste  von  Waldecke  einen  Theil  der 
atten  Beymburg,  nämlich  die  Frauenkammer  und  den  Rittersaal  zur 
beliebigen  Verwendung;  doch  soll  dieselbe  nie  gegen  Herzog  Ruprecht 
den  alten,  Pfahqprafen  bei  Rheine,  Graf  Walnim  von  Sponheim,  die 
Hannen  und  Burgmannen  von  Bollanden  verwendet  werden. 

1368,  1.  Sept.  Neustadt  Pfalzgraf  Rupert  der  filtere  bei  Rheine 
vergabt  an's  Stift  Neuenstadt  den  Kirchensatz  von  Simmem  (deutsch 
und  latein.). 


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222  Th.  T.  Liebenau: 

1375,  28.  Aug.  Neuenstadt.  P&lzgraf  Rudolf  erthettt  dem  Stifte 
Neuenstadt  Zollfreiheit  auf  dem  Neckar  fOr  den  Bezug  der  EtnkOnfte 

der  von  ihm  vergablen  Kirclipn  Ohcrkoym  und  Syckonhoim. 

1375,  17.  November.  Fiiinkfurl.  Pileus,  Gardinalpiesbyler  zu 
Praxedis,  bevollmrichtigt  Abt  Peter  von  Schönau  w«ihrend  de^^  Krieges 
um  das  Bisthuiii  Mainz  Piiostc  r  und  Ordensbruder,  die  Papst  Ur- 
ban VI.  anerkennen,  zu  absolvieren. 

1388,  0.  Juni.  Heidelbeiy.  Pfal/.graf  llii] »locht  der  ältere  befreit 
das  Kloster  Schönau  für  den  Hof  in  Lamssliehu  von  Zoll  und  Ura- 
geld  u.  s.  \v. 

1389,  8.  April.  Michael  Groserens  von  Lutry  wird  von  dem, 
von  Kaiser  Karl  IV.  zum  Comes  Palatinus  beförderten  Florentiner 
P^ros  Benfivensis  de  Gorganis  zum  Notar  ernannt. 

1417,  23.  December,  ersucht  Pfidzgraf  Ludwig  bei  Rheine  den 
Grafen  Ludwig  von  Leiningen  im  Streite  zwischen  ihm  und  dem 
Grafen  Johann  von  Sponheim  wegen  des  Burgfriedensbruches  das 
Schiedsrichteramt  zu  fibernehmen. 

1393,  20.  Jänner.  Heidelberg.  Die  drei  Pfalzgrafen  Rupert  ver- 
kaufen an's  Stift  Neuenstadt,  mit  Genehmigung  Graf  Johanns  von 
Sponheim,  Blickers  Landsehaden  von  Steinacb,  WiprecJits  von  Ilelm- 
stadt  und  Ritter  Albrechls  von  Venningen,  Testamentsvollstrecker 
Herzog  Ruprechts  sei.,  ihres  Vettere,  den  Weinzehnlen  zu  VVinzingen 
und  Gytneltingen  um  6502  (ild. 

1393,  25.  Mai.  Heidelberg.  Pfalzgraf  Ruprecht  der  ältere  ur- 
kundet,  sein  seliger  Vetter  Herzog  Rupreilit  tler  Alto  liabe  den 
Kirchensatz  von  Oberkeyin  mit  dem  dritten  Tlieile  dos  Zehntens  an 
das  Stift  Neuenstadt  vergabt;  da  aber  zu  befürchten  sei,  die  Stiftung 
möchte  nicht  im  Sinne  des  Testators  verwendet  werden,  so  gebe  er, 
mit  Zustimmung  der  Testamentsvollstrecker  und  des  Stiftes  statt  des 
Kirchensatzes  und  Zehntens  36  GId.  jährlichen  Zinses  ab  dem  Dorfe 
Neckerau. 

1398,  4.  Februar.  Graf  Otto  von  Holstein-Schauenburg  und 
sein  Sohn  Zeisolf  verpflichten  sich,  nach  dem  Sprudibriefe  der  Städte 
Hamburg  und  Läbeck,  an  die  Stadt  Lüneburg  terminweise  5000  Gul- 
den zu  entrichten. 

1399,  7.  Mai.  Bischof  Gerhard  von  Speier  incorporirt  dem 
Stift  Nfuonstadt  die  von  Engelhardt  von  liirzeshorn  zum  Seelen- 
heil Pfalzgraf  Rudolfs  bei  Rheine  vergabte  Kirche  in  Ellerstatt. 

Die  Schriftzuge  weisen  einen  undatirten  Rodel,  welcher  die 


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Galterer^s  Lehnpparat  in  Lmeni. 


223 


Rechte  und  Freiheiten  der  Kaufleute  von  »Rodenburgb«  in  Flandern 
aufzählt,  dem  XIV.  Jahrhundert  zu. 

1404,  4.  August.  Rom.  Bonifaz  IX.  bewilligt  auf  Bittr»  König 
Rupert und  dor  Ileidolborgcr  Professoren,  dass  solche  Docenten  der 
Universitfd  Heidelberg,  die  Cauonicate  und  Pribenden  besitzen,  in 
den  belrcfl'enden  Stiften  die  gleichen  Rechte  haben  wie  diejenigen, 
welche  die  Residenz  beobachten. 

1411,  7.  Jünner.  Landgraf  Hermann  von  Hessen  schreibt  an 
den  Rath  ▼on  Göttingen  wegen  Bezahlung  einer  Schuld  von  4000  61d. 

1413,  11.  September.  Markgraf  Bernhard  von  Baden  verkauft 
an  Hans  Wagentriber  54  GId.  jfthrlichen  Zinses  von  den  Städten 
Baden,  Pforzheim,  Ettlingen  und  Durlach  um  800  Goldgulden. 

1414,  16.  Mai.  Stuttgart  Graf  Eberhard  von  Württemberg  er^ 
theilt  dem  Gerin  Ton  Kaltenthal  den  vierten  Theil  des  Burgstalls 
und  Gerichtes  Schelkingen  als  Mannlehen. 

1428,  12.  Juli.  Vertrag  zwischen  Herzog  Philipp  von  Burgund 
und  Ilerzc^in  Jakobäa  von  Bayern  wegen  Abtretung  der  (Grafschaften 
Hennegau,  Seeland  und  Poncien  (Holland?)  und  der  Herrscluill 
Friesland  an  F>urgund,  Ueberlassnng  der  Herrschaften  Voorn,  Zuid- 
beveland  und  'l'liüleii  und  der  ZölU>  von  Holland  und  Seeland  zur 
lebenslängliciien  Henutzung  an  Jakobäa.    (ileicbzeitige  Cojtie. 

Von  der  kirchliclien  Bewegung  des  XV'.  Jahrhunderts  geben 
mehrere  Akten  Zeugnis^,  so  eine  Bulle  Marlin  V.,  ausgestellt  in 
Constanz  den  8.  April  1418  und  ein  Erlass  des  Goncils  von  Basel 
Tom  9.  August  1488. 

1439,  23.  November.  Papst  Eugen  IV.  zeigt  dem  Bischof  von 
Worms  an,  dass  er  denen  Ablass  ertheile,  die  an  dem  Jubü&um, 
das  wegen  VereinigUDg  des  Kaisers  Johann  Paläologus  und  der 
Griechen  mit  der  katholischen  Kirche  veranstaltet  werde,  sich  be- 
theiligen; zugleich  theilt  er  ihm  das  Florentiner  Unionsdecret  mit 
und  ersucht  um  Veranstaltung  kirchlicher  Festlichkeiten. 

üeber  die  polit  ischcn  Angelegen  heilen  aus  der  Mitte 
des  XV.  Jahrhunderts  Hegen  mehrere  Akten  vor,  /..  B.  zwei 
Schieii)en  des  Rathes  von  iMülhausen  wegen  eines  Rundes  mit  dem 
Herzog  von  Sachsen  (1445,  17.  und  18.  Juni). 

1447,  7-  Juni.  Herzog  Stephan  von  Bayern,  Eberhard  von 
Oburstein  und  Andere  schlichten  den  Streit  zwischen  Johann  Fast 
und  den  Alteristen  zu  Armsheim  wegen  des  Zehntens  in  Wymssheim. 

1448,  10.  August,  bestätigt  Bischof  Reinhard  von  Worms  nach- 


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224 


Th.  ▼.  LidMiiftu: 


folgende  Urkunden  des  Klosters  Frankenttial:  1.  den  Stiftungsbrief 

Biscliof  Burkards  vom  6.  Oclobcr  1125;  2.  Bulle  Innocenz  0.  vom 
23.  Januar  1134  in  Pisa;  3.  Bulle  desselben  vom  9.  Juni  1134  aus 
Pisa;  4.  Privileg  desselben  vom  5.  Juni  1135;  5.  Privileg  Papst 
Victors,  gegeben  in  Speier  11G3;  6.  Bulk"  Alexander  III.  vom  5.  Juli 
1180;  7.  Rulle  Urban  IV.  vom  30.  Januar  1262;  8.  Privileg 
Johann  XXIII.  super  uli  possidetis. 

1463,  8.  ()cti)l)or.  .Mark;,Maf  Albrcdit  von  Üraiuienburg  verleiht, 
als  Burggraf  von  NüruberK,  an  Hans  und  Anton  Detzel  von  Nürn- 
berg und  deren  Olieim  Anton  Baumgartner  das  Gut  zu  Kor  und 
Weylem. 

1469,  22.  Jänner.  Ghristofero  Mauro,  Doge  von  Venedig,  ver- 
leiht an  Giovanni  Longo  und  llfortino  U^no  von  Aurund  das  Recht, 
lö  Jahre  lang  in  Cadubri  Gold  und  Silber  zu  graben,  nach  dem  in 
Oesterreich  und  Görz  geltenden  Rechte,  gegen  eine  Taxe  von  10^ 
des  Gewinnes  in  den  ersten  10  Jahren. 

1471,  24.  September.  Rom.  Papst  Sixtus  IV.  dankt  der  Stedt 
Göttingen  für  die  auf  dem  Reichstage  in  Regensburg  bewiesene  Be- 
reitwilligkeil zur  Ausrüstung  des  Reichsheeres  gi^n  die  Türken. 

1487,  5.  Aug.  Herzog  Wilhelm  von  Braunsc  hweig-Lünebui^ 
ertheilt  der  Stadt  Braunschweig  verschiedene  Privil^ien.  Gleich- 
zeitige Copie. 

1488,  24.  Octobcr.  liusuin,  König  Johann  von  Dänemark  be- 
stätigt ein  rrlheil  vom  Jahn?  1487,  das  die  Ritter  und  die  I^ule 
von  Holstein  auf  dem  Rathliause  in  Schleswig  im  Streite  /wischen 
Otto  Rantzou\v(^  und  Bernliard  Krumendyke  wegen  des  Gutes  zu 
KIekamj>e  gefällt  hatten. 

1503,  17.  August.  Franz  von  Krcrad,  Vico-Woywode  in  Sieben- 
bürgen, ersucht  alle  seine  Beamten  und  Unterthanen,  die  Bewohner 
von  Wyf^m,  Wiresmorth,  Dobnan,  Katzonorz  und  Hamostroph, 
die  sich  dem.  Woywoden  unterworfen  haben,  frei  durch  sein  Land 
passiren  zu  lassen. 

1508,  29.  Mai.  Cardinal  Bemardin,  päpstlicher  Legat,  be- 
wi%t  die  Incorporation  des  Kirchensatzes  von  Wachenheun  an's 
Stift  Limburg. 

1508,  23.  Decomber.  Vereinigung  zwischen  Herzog  Heinrich 
von  Braunschweig-Lüneburg  und  der  Stadt  Lübeck  zur  Aufrecht- 
haltung des  Landfriedens,  abgeschlossen  auf  Befehl  Kaiser  Maxi- 
milians; £meuerung  dieses  Bundes  1520,  20.  März.  —  Von  der 


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ßatterer's  Lehrapparat  iu  Luzern. 


225 


Zerstörung'  der  Klö-lt  i  lliü-lirück  und  Kir>t  ligartcn  im  ileulsrlicn 
ßauornkric^'o  mlon  die  Urkunden  vom  H.  Juni         und  15.  März  154t>. 

Der  Hiograpli  Frundslierg  s,  Adam  Heyssner  von  Mindelsheim, 
wird  in  einer  von  der  Stadt  Heidelberg  besiegelten  Uricunde  vom 
31.  Januar  1552  als  Verkäurer  eines  Hauses  in  Mindelsheim  genannt. 

Die  Säcularisation  der  pfälzischen  Stifte  wird  durch  zahlreiche 
Urkunden  iUustrirt;  so  z.  B.  durch  die  Convention  des  Pfahsgrafen 
Friedrich  und  des  Markgraren  Ludwig  von  Baden  mit  dem  letzten 
Abte  von  Sponheim  (1565,  15.  Febr.). 

1f)4S.  25.  November.  Stockholm.  Könij.'in  Christina  von  Srlnveden 
iM-'fielilt,  dem  Ilofkanzlor  Johann  Salvius  auf  der  Heise  aus  Deutsch- 
iuiul  nach  Schweden  Vorspannpferde  und  Fuhrwerke  frei  zukommen 
zu  lassen. 

Zur  neuern  (Jeschicht»'  linden  sieh  mehrere  Akfi  n-tücke  vor, 
die  ein  '^'e\vis>(S  Interesse  liaben  «liiiflen.    So  erkundi;,'!  sitli  Künijr 
Frieihicb  Wilhelm  I.  von  Preussrn  (mit  .S('lHeil)en  vom  9.  Mai  1717) 
bei  Major  von  Fink,  »woher  das  es  korabt,  das.s  die  Leute  so  zu 
desertireii  anfangen,  da  Umen  doch  an  nichts  fehletc.  Den  16.  Nov. 
1732  beklagt  sieh  König  Friedrich  II.  von  Preussen  bei  Major  von 
Rittberg  fiber  die  Verhaftung  seines  Werbjuden  Joel.    »Ich  weiss 
nichtt,  schreibt  er,  »wie  das  Dönhofbche  Regiment  dazu  kommt, 
dass  es  meinen  Werbjuden  Joel  arretiren  lassen,  da  er  doch  das 
Geld  herausgegeben  und  idi  fiberdem  d^  dnen  Keri  abgdassen; 
ja,  was  noch  mehr,  so  hat  er  ordre  von  mir,  sogleicli  wieder  nach 
Ungarn  zu  gehen  und  die  Werbung  fortzusetz^,  dass  mich  also 
nicht  wenig  wundem  nuis.«,  wie  man  so  plump  verfahren  könne, 
sap:e  er  es  man  rcciit  deüLscli.-i    Von   Köni«:  Friediicli  Wilhelm 
von  Preussen  tindet  sich  hier  ein  in  Zahlen  geschriebener  Brief  an 
Herrn  Hecht    in  Mannheim  vor,   laut   welchem  dessen  jüngerer 
Bruder  unter  dem  Titel  eines  vlngenieur-Lieutenant«   zum  S|)ion 
ernannt  wird.    »Ihi-  müsset  Euch  aber  so  wenig  dort  als  sonsten 
gegen  jemand,  wer  der  auch  sey,  eussern  oder  merken  lassen,  dass 
mehrgesagter  Efier  Brudff  in  Unsern  dinsten  stelle,  fidmdir  habt 
ihr  vorzugeben,  dass  Ihr  suchtet  Ihn  dort  gelegentlich  untmubringen. 
Ihr  sollt  Euch  aber  seiner  gebrauchen,  um  durch  ihn,  wann  der 
GhurÜQrst  von  Pfaltz  mit  tode  abgehet,  und  Ihr  dessen  völlig  ver- 
sichert seyt.  Euren  desshalb  an  Uns  afazustatteten  boicht  sicher  und 
auf  das  schieinigste  anhero  überzubringen,  wesshalb  auch  von  unsert 

ArehirallMh«  ZeilaehrlA.  II.  16 


22i)  ^i>-  V.  Liebenau:  Gattcrers  Leiirapfiarat  in  Luzem. 

wegen  Ihr  den  Eyd  der  treue  und  Verschwiegenheit  von  ihm  abzu- 
nehmen . . .  habt  (1738,  22.  März).  — 

Der  ungemein  reichhaltige  Inhalt  dieser  Sammlung  war  ohne 
Zweifel  sehr  geeignet,  die  Schüler  in  das  Studium  der  Paläographie 
einzuführra  und  den  Sinn  für  Kritik  zu  wecken.  Rechtshisforiker 
wie  Germanisten  werden  hier  immer  fOr  verschiedoie  Studien  Material 
flnden.  Wenn  auch  dieser  Schatz  für  gewisse  Zwecke  schon  ziem- 
lich ausgebeutet  worden  ist,  so  lässt  doch  nocli  für  Diplomat ik  ins- 
bc^sondrrc  sicli  niatidios  daraus  gewinnen.  Als  kleine  Probe  iiiap: 
folgendes  Beispiel  dienen.  >Erbessonntag«  ist  z.  B.  nach  Weidenbach 
der  Sonntag  Reminiscere;  nach  Zinkernagel  der  Sonntag  nach  Invo- 
cavit,  also  wiederum  l icminiscere.  Dagegen  liegt  liiei-  eitie  Urkunde 
des  fJerichtes  Kyniienhi  ini  vom  Jahre  vor,   woiiii  es  heisst: 

»Geschehen  vtT  den  Erbos  Sonntag  Invocavit  zu  Latyn  genannte. 


9 


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XL  Das  städtische  Archiv  iu  Kuusiauz. 


Von 

Dr.  Mar m  r» r, 
prakli-Hclicin  Arzt  und  släiUtscbein  Archivar  in  Konstant. 

Das  städtische  Archiv,  oder  das  Neuhaus,  wie  es  früher  genannt 
wuixle,  halte  ein  aus  Stdnen  gebautes  Haus  inne,  welches  sich 
nördlich  an  das  sog.  Säclcelamt  und  sOdlich  an  das  Kaufhaus  an- 
lehnte. Hier  hart  am  See  blieb  es  bis  zum  Jahr  183^  in  welchem 
das  Haus  abgebrochen  wurde.  Früher  schon,  im  Jahr  179d,  wurde 
ein  Theil  des  Archivs  In  den  untern  Thell  des  vordem  nordlichen 
Kan/]ei<rebflude8,  der  bescmders  zu  diesem  Zwecke  hergestellt  ward, 
und  der  Rest  in  drei  Rjuimc  des  HiMtcr^cbaudes  vcibiachl.  Zu 
seiner  Besorgung  war  ein  Arciiivar,  unter  dem  Namen  Kegislrator, 
angestellt.    Der  Lvl/Xv  starb  in  den  18.*)()tr  Jahren. 

Von  dieser  Zeil  an  wurde  kein  I{egi>lraloi'  mehr  ernannt ,  und 
bis  in  die  neuere  Zeil  keine  Sorglalt  mehr  aul  ila-^  Archiv  verwendet. 
Es  wai  ein  glücklielier  Zulail,  dass  sich  vor  tnelir  als  dreissig  Jahren 
ein  Mann  lanci,  der  sich  wenigsten-  uneiitgeMlirli  /.ui-  Ordnung  der 
Archivalien  anerl)ot.  Dieser  Mann  war  der  Literat  Karl  Kaiser. 
Er  begann  mit  den  Urkunden  und  verzeichnete  901  derselben  in 
ein  Buch.  Vielleicht  wäre  er  auch  noch  an  die  äbrigen  Archivalien 
gekommen,  wenn  er  nicht  in  Folge  der  tmdischen  Revolution  im 
Jahre  1848  nach  Nordamerika  fibergesiedelt  wäre. 

Durch  seinen  Wegzug  war  diese  Anstalt  abermals  eilf  Jahre 
lang  verwaist,  bis  ich  im  Jahie  1869  zum  Archivar  ernannt  wurde. 
Mit  Ausnahme  des  vordem  oder  nördlichen  Archives,  waren  die 


228 


Marmor: 


droi  Iiilnmc  des  lliiitir^rfhüiKlcs ,  vor/ii^'licli  dio  zwei  fouerfe^^len 
untern,  in  .sehr  vorwalirlo-tem  Zustande.  FJne  Mm^M»  Pajiiere  lagen 
in  dichten  Haul'en  auf  blossem  FusslxKlen.  woduicli  die  iintei  n  Lagen 
faul  wurden,  so  dass  sie  niclil  mehr  j,'ebrau(lit  weiden  konnten. 
Alles  war  mit  einem  die  liten  schwarzen  Staub  über/.0}?en,  der  zuerst 
entfernt  werden  musste.  Die  vielen,  nach  Hunderten  zählenden 
pergamenloien  und  piipiernen  Urkunden,  hatte  ich  nun  zu  lesen, 
und  deren  wesentlichen  Inhalt  mit  grauer  Angabe  des  alten  und 
neuen  Datums,  des  Betrefik  und  der  Siegel,  auf  eigene  Bogen  zu 
verzeichnen,  die  später  in  ein  Urkundenbuch  eingeklebt  wurden. 
Von  den  Urkunden  selbst  kam  jede  einzelne  in  ein  gut  schHessendes 
Couvert,  auf  welches  det  Inhalt  abermals  geschridjen  wurde.  Die 
ein;i:obnndenen  Bficher  erhielten  alle  auf  dem  Rücken  ein  papicrnes 
Schildchen  mit  Angabe  des  Inhalts  und  des  .lahres.  Auf  fdinliche 
Weise  wurden  die  Faseikel  behamli  !t  und  die  Laden  oder  Fächer, 
in  welchen  sie  sich  befanden,  mit  au%eklebten  Zetteln  und  dem 
BetrelT  versehen. 

Da  die  I  rkundeii  von  Kaisern  wetler  sacliliclt  noch  chronolofri-cli 
zusamniengesU'ill  waren,  und  lÜM-rdies  kein  vollständiges  Dalum  i'ut- 
hielten,  so  musste  ich  sie  alle  wieder  nach  meinem  Systeme  durcli- 
arbeilen,  wobei  aueh  die  Inhaltsan/abe  wesentliclie  Erweiterungen 
und  Verbesserungen  erhielt,  Die  übrigen  Schriften  l'ascikulirte  ich, 
insoweit  dies  noch  nicht  geschehen  war,  und  öt)erschrieb  sie  deut- 
lich. Das  Zusammengehörige  wurde  nach  Möglichkeit  zusammen- 
gestellt und  ein  Invenlarium  darfiber  gefertigt,  welches  mir  zur 
Grundlage  eines  allgememen  Repertoriums  diente.  Der  Inhalt  von 
etwa  einem  Dutzend  grösserer  und  kleinerer  Kisten,  in  welchen  sich 
▼idföltig  eine  grosse  Menge  einzelner  I^piere  befandm,  musste  zuNst 
nach  dem  Betreff  geordnet  und  hernach  wieder  wegen  Mangels  an 
Raum  in  die  gleichen  Kisten  verpackt  werden. 

So  kam  das  Jahr  1865  heran  und  mit  ihm  eine  grosse  Verände- 
rung des  Lokals  für  die  Archivalien.  Das  Hintergebäude,  in  welchem 
sich  diesellK'ii  zum  grössten  Theile  befanden,  sollte  für  die  Spital- 
verwaltung verwendet  werden.  Dies  war  aber  nur  möglich,  wenn 
sie  vorher  geleert  wurden.  Es  entstand  nun  die  Frage,  wohin  man 
mit  den  Akten  inid  Urkunden  ül)ersiedelri  sollte.  Zwar  befand  sich 
neben  dem  östlichen  Archive  im  V^irderraum  eine  el)onso  grosse 
Lokalität  gegen  Westen.  Diese  war  aber  durch  eine  .Mauer  in  zwei 
Abtheilungen  geschieden,  wovon  die  voidere  ein  Wachtlokal,  die 


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Das  stSdlische  Archiv  in  Komtaiu. 


329 


liitilcit  (Miirn  Ki'llri  «  ntliiclt.  Durch  dit?  Entfernung  der  Mauer  und 
AurrülliHig  des  Kellers  gewann  man  nun  einen  grossen  Raum,  den 
eine  Thüre  mit  detn  andern  verband. 

Als  dies  frcsrliehoii  war,  jring  es  an  die  Ausleeriinp  dos  IlintiT- 
t;ebäudes  und  an  die  Einrämnunt,'  in  die  vt'r.«cliiedeiiailip>l(  ii  Kiisicii 
des  Vorderbaues.  Meine  ArU'il  b»'giiiiii  nun  aufs  .Xnir,  iiiid  (>s 
glückte  mir.  im  Jahre  ISGT  damit  ferli^^  zu  worden.  Ein  neu  hor- 
prostolllos  nopcrtorium  froslaHole  d<us  Aullinden  der  Arcliivalion  und 
soniil  wai-  ilas  Notliwendigsle  geschehen.  Da  nahmen  einige  Ab- 
geordnete des  Rathes  Einsicht  von  der  Einrichtung  und  fanden,  duss 
die  Kästen  der  verschiedensten  Art  nichts  taugten,  und  dass  gleich- 
mässige  hergestellt  werden  mussten.  Dies  wurde  ins  Werk  gesetzt 
und  die  alten  ausgeräumt  Da  dieoieuen  KSsten  aber  an  Zahl  und 
Einthdlung  mit  den  alten  nicht  fiboeinstimmten,  musste  jeder  Fas- 
zikel anders  fiberschrieben  werden,  was  gerade  keine  kleine  Mühe 
machte.  In  zwei  Jahren  wurde  ich  aber  mit  dieser  Arbeit  fertig. 
Das  Archi?  enthält  nun  8  gleichförmige  offene  Kästen  mit  je  drei 
Abiheilungen  und  zwei  etwa  drei  Schuh  hohe  lange  Behältnisse, 
▼on  beiden  Seiten  mit  drei  üi)ereinander  stehenden  Laden  versehen. 

Dies  ist  in  Kurzem  die  äussere  Geschichte  des  Archivs  hiesiger 
Stadt,  zu  welcher  noch  gehört,  dass  die  iTkunden  jetzt  in  fünf 
Foliobändon  mit  einem  Hep-isterbande  eiitlialten  und  nach  ihrem 
Inlialte  chronologisch  geordnet  sind.  Iiis  heute  Ix  träprt  ihre  Zahl 
HdTO.  Die  Rubriken,  in  weiche  sie  abgelheill,  sind  nach  dem  alpha- 
betischen Verzeichniss  f(ili:»*nde: 

Ablösung  von  Uodenziiisen  —  Abschätzung  —  Abschiede  otier 
Spruchbriefe  —  Achtbriefe  —  Anweisungs-  und  Einschätzungsbriefe 

—  AiKseigen  —  Appellationen  —  Ausschreiben  —  Aussdhnungsbriefe 

—  Befehle  —  Bestallung  —  Börgschafl  —  Gessionen  —  Gompen- 
satlon  —  Gonsens  —  Dorfreeht  —  Ehschatzertheilnng  —  Ehren- 
geschenk —  Eidesentlassung  —  Einzugsbrief  —  Erbyerzicht  — 
Erbverzeichniss  —  Erbentsciieidung  —  Erbtheilung  —  Erlaubniss  — 
Erbzinslehen  —  Ganten  —  Geleitsbrief  —  Gesellenbuch  —  Gestat- 
tung —  Ilinterlegungsscheine  —  Instruktionen  —  Judenautnahme  - 
Leheninriefe  —  I^eitxigenschafls-Auskauf  und  Entlassung  —  Leib- 
geding  —  Mahnschreiben  —  Mandat  —  Mannrecht  —  Markoi- 
besrhreibung  —  Münzkon  venlion  —  Münzbrief  —  Notarialsinstru- 
niente,  Urkunden  und  Zeugniss  OefTnungen  —  Ordnunir  — 
Piandurkunde  —  Frozess  —  Quittungen  —  Reverse  —  Riciitungen 


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230 


Marmor: 


Stli;ilzuiit:t'n  —  Scliaiikiirifmi  —  Spmchbrit'fe  —  Sfhroil)OM  vor- 
stthiedener  Art  —  Schuklurkundon  —  Soldverlräge  —  Stiflunfrori  — 
Tap'fahrtpn  —  Täusche  —  Testamente  —  Urfehden  —  IVtheile  — 
Vcrjzleiclie  —  V'erkäiife  —  V^ersprechnissbriefe  —  Verwahrung  — 
Verzeichnisse  —  Vidimus  —  Zeugnisse  —  Zinsbriefe. 

Von  den  ÄrehiTarai  oder  Registratoren  des  hiesigen  Archivs, 
von  denen  Ich  nur  noch  den  letzten  vom  Sehen  kannte,  vermag  ich 
in  Bezug  auf  ihre  TQchtigiteit  nichts  zu  sagen.  Ein  Franz  Xaver 
Leiner  trug  aus  Archivalurkunden  und  Raihsbächem  das  Merk- 
würdigste, was  nicht  schon  m  Pater  Gabriel  Bucelins  Ck>nstantia 
Rhenana  und  Johann  Speths  Triacus  triumphalis  erschienen  war, 
zusammen.  Sonst  sind  noch  viele  ^tere  Bücher  fibrr  da?  Rejjisfralup- 
wesen  des  Archivs  vorhanden ,  welche  jetzt  durch  neue  Arbeilen 
ziemHch  entbehrlich  ^reniacht  worden  sind.  So  finden  sich  z.  0. 
eine  ziemliche  Menfre  Repertorien  über  alle  früher  im  Pfennigthurnie 
aufbewahrten  Originalurkunden .  sowie  Repertorien  über  die  (ieist- 
lichkcit,  über  (iie  Goltshänser  KnMi/.lin^'en,  Petorshauseii  und  Sal- 
mansweil,  über  die  Vo^'teien  Altuau,  IMuh  uml  F^kardsiiüf,  ül)er 
Korrespondenzen  mit  Städten  und  Flecken,  über  die  im  Kanzlei- 
haus verwahrten  Akten  u.  s.  w. 

Die  Verwaltung  der  Archive  stand,  wie  schon  gesagt,  früher 
und  bis  ins  erste  Drittel  unseres  Jahrhunderts  unter  einem  Archivar, 
welcher  den  Titel  Registrator  hatte.  Seit  dem  Jahre  1859  versehe 
ich  als  Archivar  dieses  Amt.  Meine  vorgesetzte  Bdiörde  ist  der 
Gemeinderath.  Das  Archiv  kann  untor  meinor  Aufeicht  von  Jeder- 
mann benutzt  werden.  Nach  auswärts  werden  vom  Oemeinderathe, 
der  überhaupt  volUumimen  freie  llan(i  hat,  über  das  Archiv  Ver- 
fügungen zu  treffen,  verlangte  S(hriflen  jregen  Scheine  ^jbgegeben. 
Der  Arthivur  gehört  zu  den  städtischen  Beamten,  wird  aber  nie- 
mals zu  den  Sitzungen  des  ( ;emeinderaths  beigezQgen,  sondern  Alles 
mit  ihm  schriftlich  verhandelt. 

Mein  Studium  war  das  der  Medizin  und  nur  niciue  V'orliebe 
7X\  geschichtlichen  Studien  führte  mich  absichlslos  zu  der  Stelle  eines 
Archivars,  ich  musste  in  dieser  Stellung  gleichsam  von  der  Pike 
auf  dienen,  da  mehie  gescfaichtliehen  Kemitniase,  wie  ich  wohl  selbst 
fühlte,  sehr  ungenügend  waren.  Hit  der  Zeit  erweiterte  sich  der 
Kreis  derselben  und  die  Sache  ging  besser,  als  ich  mir  selbst  je 
gedacht  hatte,  da  mir  jede  Anleitung  durch  Andere  zu  diesem  mir 
fremden  Geschäfte  fehlte.  Das  von  Literat  Kaiser  befolgte  Verfahren 


L.idui^cü  Uy  Google 


Das  sildtische  AtcIüt  in  KoosUnz. 


231 


iriil  den  Urkunden  wollte  mir  nicht  gefallen.  Er  hatte  die  fort- 
laufenden Ürkunden-Nuinmorn  auf  diese  selbst  geschrieben  und  sie 
dann  ohne  weitere  Umhüllung  in  Laden  gelegt.  Dadurch  waren 
besonders  die  Siegel  allen  Verletzungen  preis^'egeben.  Ich  kam  auf 
den  (Jedankon,  die  iTkundcn  je  nach  ihrer  (i rosse  in  papierne  Um- 
schläge /u  hi  iiigm,  die  sie  vor  SUinb  iiml  rJeschädigungen  schützten. 
Zugleich  schl  ich  ich  den  Inhalt,  Nvie  derselbe  in  den  Urkundenbüchern 
enthalten  war,  auf  die  Aussenseile  de-:  Couverts,  so  dass  man  nicht 
nöthig  hatte,  die  Urkundenbücher  zu  Iland  zu  nehmen,  wenn  man 
nicht  eine  vollkommene  Uebersicht  über  sämmtliche  Urkunden  zu 
erhalten  wfinadite. 

Das  jetzige  Archiv  hat  seine  zwei  eigenen  Räume,  welche  durch 
eine  Scheidemauer  getrennt,  gewölbt  und  feuerfiest,  auch  durch  eiserne 
Gitter  und  eiserne  Drahtgeflechte  gegen  aussen  geschätzt  sind.  Der 
östliche,  dessen  Eingang  ebenfalls  gegen  diese  Himmelsgegend  li^ 
hat  gegen  Norden  und  Süden  zwei  grosse  rundbogige  Fenster. 
Der  westliche  Raum  hat  nur  ein  kleines  Fenster,  so  dass  ohne 
Oeffhung  der  Thüre,  besonders  in  den  Nachraiftagsstunden,  mehr 
oder  weniger  Dunkel  herrscht.  An  den  Wänden  des  östlichen 
Archivs  befinden  sich  noch  die  alten  einfachen  Büchergestelle,  und 
ein  grosser  Tisch  zum  Ordnen  der  Archivalien  und  zum  Schreiben. 
Im  westlichen  sind  die  hilbschern  acht  neuen  Schränke  mit  zwei, 
last  durch  die  ganze  Länge  des  iiaumes  durclilaufenden  Repositorien 
und  82  Laden. 

Regelmässige  Zuleitungen  der  Akten  aus  der  (lemeinderaths- 
kanzlei  erlolgeii  nicht.  i\ur  wenn  tiaselbst  kein  Platz  mehr  ist,  otier 
man  der  Bücher  und  Schrillen  gar  nicht  oder  nur  sehr  selten  bedarf, 
werden  ste  dem  Ardiiv  übergeben,  das  aber  bald  keinen  Platz  mehr 
daför  hat.  Dasselbe  steht  auch  in  keiner  organischen  Verbindung 
mit  dem  Staatsarchive,  und  ebenso  wenig  mit  den  Archiven  der 
Gemeinden,  Stiftungen  und  Familien. 

Der  östliche  Theil  des  Archivs  besteht,  mit  ganz  geringen  Aus- 
nahmen, aus  fast  lauter  eingebundenen  Bfichem,  theils  in  Pergament, 
theils  in  Leder,  seltener  in  Pappe.  Zu  den  jxTgamentenen  wurden 
früher  vielfältig  Urkunden  lu  tiutzt.  Der  Inhalt  ist  oll  auf  den  Rücken 
geschrieben;  wo  dies  nicht  der  Fall  ist,  habe  ich  denselben  auf 
Zetteln,  die  auf  dem  Bücken  befestigt  sind,  angegel)en. 

Zu  den  interessantesten  P)tichern  gehören  die  Urkunden  zur 
Gescliii  hle  der  Kirclienreformation  vom  Jahre  lö23  bis  1548.  Sie 


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232 


Marmor : 


biMon  30  F^äruU'  und  eiiliialli'ii  Aklciislikkc  zu  ciruT  vollsländi^'en 
(i('S(hi(  lit(*  (lio'^c^  Zi'itraiitJis  in  Bc/.tig  atil"  Konslan/..  VMoUallig  kom- 
men Stiick«'  mit  Xametisunterschririen  von  Kai-^t-i  Karl  V.,  von 
Fürsten  und  Helbrnialoion  vor,  Sie  wurden  sclion  vieltallig  von 
Forsrliern,  wie  z,  B.  von  Pressel  zu  bcincm  Ambrosius  ßiarer, 
benüt/.t. 

Ein  ähnliches  Interesse  haben  die  Missivprotokolle  vom  Jahr 
1461  bis  1779.  Sie  enthalten  Sendschreiben  der  Stadt  Konstanz 
nach  Aussen  an  die  verschiedensten  Stellen  und  Personen.  Ffir  eine 
Geschichte  der  Stadt  haben  die  Aemtcrbficher  derselben  von  1498 
bis  1786 1  In  welch  letzterem  Jahre  der  Rath  eine  andere  Organi- 
sation erhielt,  immerhin  Bedeutung. 

Von  einigem  Werthe  sind  auch  die  Rathsbücher,  eine  reich- 
lialtige  Quelle  der  gesichertsten  Thatsachen.  Sie  b^innen  mit  dem 
Jahr  1376,  reichen  bis  1301,  nnd  bej^innen  nach  ^.'rosser  Lücke  erst 
Wiedel-  1 415,  wo  sie  bis  1419  die  Zeit  des  Konzils  beliandehi.  Wer 
alx'r  in  densellKii  etwas  nndores  als  Preise  der  Lebensmiftol,  (to- 
sdienke  an  Köni-r  Si^'ismund  und  an  Papst,  Schutz  der  l'ersonen. 
die  am  Konzil  Aniheil  nahmen,  7.u  linden  glaubte,  würde  sich  sehr 
irren.  Von  Joiiaunes  Hus  und  Hieronymus  von  Prag  enthalten  sie 
kein  Wort. 

Die  Sleuei  hiichci-  von  1401  bis  1810,  die  Ungeldsi)ücher  voti 
1435  —  1644,  die  KinnahnÜHicher  von  1435 — 1761,  die  Schuldbücher 
von  1461—1510,  die  Kaufhausbücher  von  1590—1812,  die  Sarnm* 
lungsamtbficher  von  1649—1760,  und  die  Säckelamlsböcher  von 
1476—1814,  bilden  (Ür  die  Geschichte  des  Geldwerths  zu  verschie- 
denen Zeiten  reichen  Stoff.  Von  weniger  Interesse,  weil  nur  in  das 
vorige  Jahrhundert  hinaufrachend,  sind  die  Einnahmsbficher  des 
Holz-,  Korn-,  Rheinmühle-,  Salz-  und  Zollamts, 

Die  Strafböcb^  von  1439—1791  enthalten  in  kulturhistorischer 
Beziehung  vieles  Ansprechende.  Meistens  bestand  die  Busse  in  (ield- 
strafen,  welche  zum  Bauen  der  Stadl  verwendel  wurden.  Die  De- 
putationsprotokolle  von  1721-^1781  sind  gerichtliche  Untersuchungen 
vor  zwei  dazu  ausgewählten  Rafhsherren.  Man  findet  darin  Vieles, 
was  un>rr  rechts-  oder'  kulturhislorisches  Interes.^o  crre^'t. 

Im  westlichen  Archive  ist  die  An/.ahl  der  ^-^citniidtiien  Bücher  eine 
verhältnissmassig  ^^erin^'t  ^'e^^emiiier  den  Aklm.  In  f);")  pappendei^kelnen 
Behältnissen  sind  die  bis  jefzl  ^'eordnelen  3l)70  l  i  kunden  in  ihren  C.ou- 
verten  verwaln  t,  wie  schon  gesagt  wurde.  Die  älteste  derselben  ist  vom 


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Das  stftdtuebe  Archiv  in  Konstant. 


238 


Kaiser  IJeinricli  VI.  aus  dem  Jahr  liU2  niil  angeliangter  goldener 
Bulle.  Sie  gibt  der  Slatit  das  Kwht,  keine  Steuern  an  ihren  Bischof 
zu  zahlen,  und  bofindcl  sirli  in  der  Bosprartcn-Sanniilnn^.  Eine 
andere  Verkünde  mit  arigchäii^^lrr  fidldbullt'  vom  Kaiser  Sigismund, 
am  St.  Tboniastag  1436  /-u  WiisMiihuPL^  in  Ibingarn  ausgrstclll. 
ist  die  IV'stStigiuig  aller  Freihcilon  der  Sladt.  Kino  weitere  Urkunde 
auf  Pergament  vom  28.  Sejitember  ITöO  von  der  Kaiserin  Maria 
Theresia  t)etrifll  den  nämlichen  Gegenstand, 

Diese  drei  Original-Urkunden  sind  der  gar  dürftige  Rest  von 
sehr  vktlm  kaiserlichen  und  königlichen  Urkunden;  welche  die  Stadt 
besass,  und  die  im  Jahr  1808  von  einem  landesfürstlichen  Kommissär 
gegen  Ausstellung  eines  Reverses  ausgehoben  und  nach  Karlsruhe 
verbracht  worden.  Von  dort  sind  sie  trotz  aller  Anstrengungen 
nicht  mehr  suräck  zu  leiten.  Auf  gleiche  Weise  soll  es  mit  den 
MQnistempeln  der  Stadt  auch  ergangen  sein,  was  sehr  xu  bedauern  ist 

Von  den  Urkunden  sind  bisher  mehr  oder  minder  gedrängte 
AiH/iige  im  vierten  bi-  .sechsten  Ilefle  (1873 — 1875)  d(M-  Schriften 
des  »Vereins  für  Geschichte  des  Bodensees  und  semer  Umgebungc 
ersclnenen  und  werden  noch  mehrere  gegeben  werden.  Ich  will  einige 
der  intere-sanbTen  anfüliren. 

Die  ällesle  Urkuntle  der  Sladt  vom  Jahr  11'")!)  isl  nicht  im 
(Original,  sondern  nur  in  den  »Abgcschrirten«  vorhanden.  Kaiser 
Friedrich  1.  ertheill  ilarin  dem  Slifl  Konstanz  eine  Freiheit.  Im 
Original  sind  vorhanden  eine  rrknnde  von  Franziskus  de  Calbalo, 
Pt)lt'stas  y.u  Pa<lua  vom  12.  Mai  1300,  worin  er  dem  Bürgermeister, 
Ammann  und  dem  Ratiie  in  Konstanz  anzeigt,  dass  er  einen  von 
den  VerlMrechem,  welche  an  den  Konstanzer  Bfirgem  Johannes  Paier 
und  Johannes  Holtzer  eine  That  ausgeübt,  die  kaum  mit  mensch- 
lichen Zungen  ausgedrückt  werden  könne,  mit  dem  Tode  bestraft 
habe.  Unterm  V  KaL  Julii  (28.  Juni)  1309  fordert  der  Eizbischof 
von  Mainz  den  Konstanzer  Bischof  Eberhart  in.  auf,  da  er  wegen 
Widersetzlichkeit  gegen  die  reformaloriachen  Massregeln  von  ihm 
suspendirt  worden,  sich  zu  unterwerfen.  Am  VI.  Id.  April.  (8.  April) 
1315  lässt  der  römische  König  Friedrich  (III.)  die  Stadl  Konstanz 
wegen  der  schreckliclien  Verwüstung  durch  Feuer  bis  zum  hl.  Martins- 
tapr  und  von  da  an  die  nächstfolgenden  fünf  Jahre  frei  von  allen 
Steuern  und  kaiserlichen  Collektionen.  Am  24.  .November  ir)48 
hebt  Kai'^er  Karl  V.  die  Achtserklärung  auf  Bitte  Königs  Ferdinand 
g^eti  Konstanz  auf. 


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Marmor: 


Am  M()nla«r  nadi  Sonnta^r  Oculi  in  ilor  Kasten  (15.  März) 
1406  cntlehiien  die  ficbrnder  Lüpolt  und  Fiiodoricli .  Herzoge  zu 
Oe>leiTeirh  etc.  vom  Hürgermeisler  und  Rath  dei"  Stadt  Konstanz 
•1000  (inldeii.  von  wefren  des  Kriegs  mit  den  A|iiien/.ellern,  darin  sie 
den  Herzogen  getreulicli  und  beständig  l)eli(»lf(  ii  Lrcwescn  sind. 

Am  5.  Oktober  erhielt  lfeinri<b  von  Hrandi-,  Bischof  von 

Konstanz,  vom  Kai.ser  Karl  IV.  ein  Privilegium,  die  falsche  Karolina 
genannt,  welches  der  Stadt  Konslimz  alle  Rechte  einer  selbständigen 
Stadt  abspricht,  und  sie  dem  Bisehof  sothellt,  wodurch  viel  Hader 
und  Streit  entstand. 

Eline  t)eaonders  reiche  Fundgrube  von  Urlcunden  ist  das  Buch 
unter  dem  Titel:  »Dis  ist  die  taffel,  darinn  Abgeschriilten  geschriben 
stand  von  dar  Statt  Fryhaiten,  Reformation,  och  ettlicher  richtui^, 
och  von  den  Stüren,  Dotationes  etlicher  Pfirund,  och  wie  man 
etlichen  küngen  geschworen  und  gesclienkt  hat,  och  von  der  Statt 
Zoll  und  ungelt.  Ks  stät  och  von  der  Süfft  Fryhait,  orh  von  der 
slalt  Stüren  und  anders.«  Im  Ganzen  enthält  der  Folioband 
173  Pergamentblätter,  nebst  Registern  auf  I'apier.  Ein  für  uns 
spjir  werthvolles  Buch,  zumal  viflc  darin  aufgeführten  l'rkunden 
nach  KaiNiulic  '^'fkrtiniucu  sind,  alx'r  nicht  mehr  zmuick.  Von  den 
im  besaj-'ti  ii  Bucht-  vorziiglicli  hi'uierkcnswerthen  Urkunden  sind 
folgend»'  zu  virzt  ichiien,  als:  1240.  <Milini,'  und  Rechte  der  Müirze  zu 
Konstanz,  St.  (Jallen,  Ratnifzell,  Lindau,  l'eherlingen  und  Ravenspurg. 
Kerner  I2ö5  eine  Sühne  oder  Richtung  zwischen  Bisdiof  Kberhart 
und  der  Stadt  Konstanz  um  den  Schaden,  den  letztere  dem  erstem 
zugefügt  half  well  sie  vor  40  Jahren  einen  eigenen  Raili  gewählt. 
—  In  Mitte  April  1283  macht  der  Rath  Gesetze,  welche  der  Stadt 
und  Gemeinde  Nutz  sind  und  den  Leinwandhandel  betreffen.  —  In 
gleicher  Beziehung  treffen  am  nächsten  Mitwoch  vor  Mitterfasten 
(16.  März)  1289  der  Vogt,  der  Ammann,  der  neue  und  der  alte 
Rath,  sowie  die  Kaufleute  alle  von  derselben  Stadt  ein  Ueberein* 
kommen,  wie  man  die  Leinwand  auf  den  Märkten  zu  Pare  (Bar  sur 
S»Mn<>),  zu  Trays  (Troyes),  zu  Prülls  (Provins)  und  zu  Lani  (Lagny 
Ix'i  Meaux)  vcrk.mlen  solle.  —  Am  St.  .Martins  Abend  (10.  Novom- 
bcr)  srli alll  Herzog  Lüpolt  von  Oesterreich  von  seines  Bruders, 

des  n'unisi  licn  K'()iiii,'s  Fri(>driclis  (III.)  wegen,  zum  Schirm  und 
Trost  einen  LandfricHleii .  dci-  sii  Ii  ziehr  t  imd  reichet  von  LaiilTen- 
burg  die  liichte  gi'gen  Rheinrelden  u.  >.  w.  I)i."<er  Landfriede  soll 
währen    bis   auf   die   nächstkonimende  Sonnenwende,    und  sind 


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Das  stadlisehe  Archiv  in  KonsUns.  235 

darüber  geordnet  sieben  Ritter  und  sechs  Bürger  von  den  Städten 

des  Reich- 

An  ilen  Urkunden  hängen  riil  st'Iir  wohlorhalterio  Sir^'ol  von 
röraisclien  Kaisern,  Königen,  Fürsten,  Grafen,  Rillern,  Edeln,  Bischöfen 
von  Konstanz,  Dompröpsten,  Stüdton  und  Privaten.  >fanclio  von 
diesen  Sie-jein  mögen  wohl  selten  zu  finden  Pein.  Sie  sind  im  all- 
gemeinen V^erzeichniss  der  Uikumlcn  zu  IrctVin.  nnt<M-  dem  Titel: 
»Alphabetisches  Vei-zcic  hniss  der  vorkommenden  Urkundeii-Insiogel 
von  Personen,  Städten  de.«  hi  dciiisellM'n  sind  auch  die  Nofariats- 
zeichen  alphabetisch  aufgeführt.  Mehrere  Tafeln  von  Konslauzer 
Siegein,  ein  Geschenit  des  verstorbenen  Hofraths  Issel,  befinden  sich 
gegenwärtig  in  der  Rosgarten-Sammlung. 

An  Wappen  hiesiger  Patrizier  oder  Geschlechter  besitzt  das  Ost- 
liche Archiv  auf  zwei  grossen  emgerahmten  Pergamentblättem  einen 
nennenswerthen  Schatz.  Die  Wappen  sind  alle  trefflich  gemalL 
Der  Anfang  dieser  Sammlung  dürfte  in  das  15.  Jahrhundert  hinaof- 
reichen  und  ihr  Ende  in  das  17.  Mit  dem  letztem  wird  die  Aus- 
itihrung  schwächer.  Diese  Blätter  waren  früher  auf  dem  Gesellschafls- 
hause  der  Geschlechter  zur  Katze  und  kamen  in  diesem  Jahrhunderle 
nacli  Teberlingen,  von  wo  sie  Konstanz  erhielt.  Auf  der  rechten 
Seite  ist  eine  gekrönte  weisse  Katze,  mit  insgestreckter  rother  Zunge 
auf  blauem  Grunde  als  Wappen  dieser  (icschlwliterzunfl. 

Ausser  den  Urkunden  enthält  das  westlirho  Archiv  noch  eine 
Menge  von  Aktcti.  und  flieihvoise  auch  von  cini/ebundencn  Srhriltcn. 
Da  die  städtisi  ln^  I  u',.'i>ti  atur  nach  der  Ordiumg  der  Gciueinde- 
r^istratur  (Maiiiihciui  IS4.H)  eingerichtet  war,  so  musste  zur  Auf- 
findung der  Arciiivalien  das  nämliche  System  beobaclitct  werden, 
das  in  der  städtischen  Kanzlei  angenommen  worden.  Dasselbe  be- 
steht in  folgenden  Rubriken:  1)  Alte  Abgaben.  2)  Abgaben  an  den 
Staat  (und  die  Stadt  Konstanz).  3)  Amtsverband.  4)  Begräbnisse. 
5)  Bürgerannahmen,  Heirathen  und  Wegzug.  6)  DIenstbarteiten  und 
Grundpflichtigkeiten.  7)  Forst-  und  Jagdsachen.  8)  (AUgemehie)  Ge- 
meindesachen. 9)  Gemeinde-Aemter.  10)  Gemeinde-Bfirgemutzungen 
und  Dienstleistungen.  11)  Gemeindevermfigen.  12)  Gememnfitzige 
Anstalten.  13)  Gewerbe,  Handel  und  SchifTfahrt.  14)  Judensachen. 
15)  Kirchensachen.  16)  Kriegs-  mid  Militärsacheii.  17)  Kunst-  und 
wissenscliaftliche  Institute.  18)  Landbau  und  Vit  lizucht.  19)  Landes- 
sachen (allgemeine).  20)  Lehen  und  Krhlx  staudssachen.  21)  Natur- 
ereignisse. 22)  Polizeisachen.  23)  Kedits-Polizeisachen.  24)  Schul- 


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236 


Marmor: 


anslallon,  2;'))  Sliflimirssacheii.  26)  Slras>(>ri,  Wt^gt*  und  Brücken. 
27)  rngliK  ksHillo.  28)  Wasserliau.  29)  Bürgerliche  HechtspUege. 
30)  SlrafrcclilspncL'e. 

Mit  d'M'-cn  llubiiki  ii  iridilc  icli  aber  iiiclil  au<,  ^oiidoni  iniisstr 
die  Zalil  (IcrsrllM'ii  veinirlircii,  als:  31)  (>)rn'.s|H>ii(l(ni7,t'Ji  odor  Schit'iln'ii 
all  und  von  der  Stadt  Kon«tan/,.  :{2)  (Jericlilsbarkcilen  und  Vu^l- 
redite  von  Konstanz  und  andern  Orten.  33)  Geschulitliciies,  All- 
gemeines und  Besonderes  nebst  Chroniken.  34)  Münzwesen  der 
Stadt  Konstanz.  35)  Privatsachen.  3(3)  lU-pertorien  oder  Aktenver- 
zcichntsse,  Register.  37)  Spital  Konstanz.  38)  Reformation  daselbst 

Die  Bücher  und  Aktenstücke  wurden  auf  ihren  aufklebten 
Zetteln,  manche  Bücher  auch  auf  ihrem  Rücken,  folgendennassen 
überschridim.  Zuvörderst  waren  sie  an  ihrem  Aufbewalmingsorte 
mit  W  oder  0  (West-  oder  Ostseite),  mit  der  Nummer  des  Kastens, 
der  Abtlipilurifj  und  dem  Fache,  z.  B.  W.  VIIL  24.  43  bezeichne! 
und  eben«)  in  die  Urkuiidsbücher  Übergetragen,  wodurch  das  Auf- 
linden  sehr  crlcidil«  rt  ist. 

E>  sei  erlaubt,  liier  einifn^s  Inlere?:?janfe  in  kurzen  Auszü^'en  nach 
lien  Bubrikcn  zn  brini/i-n.  rnb'i-  alten  .\l)<,'abeii  crseheinl  If)!!!  lias 
Al)zu<;srecli(  in  Verkäuten  und  Erbtheiliinj.'in  als  die  wichlijjsle. 
Unter  Ab^'al)(  ii  an  den  Staat  diirt'te  dies  die  KTinitrs-  oder  Heiclw- 
sleuer  in  ilirei-  Kntstehunpr  und  im  Vciband  mit  l  im  und  Srlnväbi-^ch- 
Hall  von  1430— ll)9'J  sein.  iXebenbei  sind  alle  Zollakten  und  Zolloiil- 
nungen  immer  von  wesentlichem  Interesse.  Zum  Amtsverbande  ge- 
hleren als  niclit  zu  überseliende  Akten  die  Regierungserlasse  aus  dem 
16—19.  Jahrhundert.  —  bi  den  Pestzeiten  des  16.  Jahrhunderts 
spielen  die  Ausgabt^n  und  Anleihen  an  die  ärmere  Bürgerschaft  käne 
geringe  Rolle.  —  Die  Akten  über  Bürgerannahmen,  Heuathen  und 
Wegzüge  haben  mehr  persönlichen  Werth  für  die  betreffenden 
Familien.  —  Die  Dienstbarkeiten  betreffen  hauptsächlich  das  Kloster 
Salem  und  die  Kommende  Hainau.  —  Die  Forst-  und  Jagdsachen 
vom  16.-19.  Jahrhundert  bestehen  meist  in  Streitigkeiten  mit  Gott- 
]ie))en,  Heil  igen  berir  und  Mainau.  —  Beschreibuni'  n  der  Marken  auf 
der  Beich.s-  und  Schweizerseite  bilden  die  Hauptsaclie  der  allgemeinen 
Gemeinde<ai dien.  —  Hie  verschiedenen  (Gemeindeämter  mit  ilmn 
Statuten  und  Verwaltungsstellen  gewähren  ein  Bild  des  städUscben 
Haushalts.  — 

Das  (Ilf'irlie  versdialtl  uns  di»»  Kubrik  des  Gemeindt  vi  i  nif^ns 
mit  ihren  L'nterubtheilungen:  Gebäude-  und  Gewerbseinrichtun;,'en, 


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Das  sUdtisehe  Archiv  in  Koiuitaiu. 


237 


Fahinissvonnögon ,  (irundgelalle,  Ertr.ii:  ihh  Berechtigungen  und 
Anstalten,  Schuldoristand ,  endlich  das  Itei  linnnpr^we^cn.  —  Die 
jronioinnnizi^'en  Anslalti'n  bestanden  im  16.  Jalirluiiidorf  liierorts 
vnrzüglicli  nur  im  Fn'iscliicsi^cn.  nnd  im  17.  in  d».'ii  l'o-^tfn  (lOHi 
bis  1748j.  —  Im  Mittolalttr  und  bis  in  unser  .lahrliuudert  hinein 
gab  es  zünilige  Gewerbe,  die  nur  naeb  Kintritt  in  eine  Zunft  })e- 
trielwn  wcrtlen  durften.  Es  batti-n  ihre  besfinmilen  Satzungen  und 
Ordnungen  aber  auch  <iie  niclit/.ünfligen,  wozu  die  Apotheker,  Bild- 
hauer, Buchdrucker  und  Buchhändler,  Fabrikanten,  Goldschmiede, 
Maler,  Weinschenkoi  u.  s.  w.  gehörten.  Das  Handelsarchiv  umfasste  die 
eigentlichen  Handelssachen,  die  Märkte,  Lager-  und  Kaufhausanstalten, 
sowie  die  Schiffiahrts-  und  Flosssachen,  Moass,  Gewicht  und  Mänzen. 
—  IMe  Juden  hatten  im  16.  bis  19.  Jalirhundert  einen  Zoll  für  sich 
und  ihre  Waaren  zu  bezahlen.  — 

Eine  streitende  Kohorte  bildete  die  Geistlichkeit,  wetehe  d^  Stadt 
ihre  Rechnungen  zur  Revision  gelx'n  musste,  Sic  halte  im  17.  Jahr- 
hundert einen  Bestand  von  acht  Klöstern,  einem  Dornst if!«  und  vier 
Pfarreien.  Eine  ziemliche  Anzahl  von  Büchern  und  Akten  geben 
Zeugniss  von  Händeln,  welehe  der  Klerus  mit  dei-  Stadt  b.'dle.  Bi»- 
sonders  waren  Erei[inissc  vor  und  nacli  der  Reformation  eine  reicli- 
lliessendc  Ouelle  von  Streitigkeiten  aller  Art.  Die  Akten  geben  öfler 
in  das  14.  Jalirhundert  zurück  und  sind  für  die  sozialen  Zustände  des 
Mittelalters  sehr  belehrend. 

So  weit  reichen  die  Schriften  über  Kriegs-  und  Mililarsacben 
nicht  zurück.  Sie  beginnen  mit  dem  16.  Jahrhundert  und  enden 
mit  dem  ersten  Drittheil  des  19.  In  ihren  Bereich  fallt  vorzüglich  der 
dreissigjührige  Krieg.  Eine  eigenthfimliche  Episode  bildet  später  der 
Einfall  der  Tyrolerinsurgenten  im  Jahre  1809. 

Ueber  Landbau  und  Viehzucht  sind  Archivalien  neuem  Ur- 
sprungs nur  die  üt)er  Rebschau  und  Rebordnung,  die  Weinlese- 
Ordnung  al>er  und  die  Weintaxe  gehören  in  das  16.  Jahrhundert. 
Von  1730—1769  pflanzte  man  Maulbeerbäume  tCer  die  Zucht  der 
Seidenraupen,  jedoch  mit  sehr  geringem  Erfolge. 

Unter  den  allgemeinen  Landessachen  spielen  die  EinzugsfcMer- 
lichkeiten  der  Bi-schril'  von  Konstanz  aus  dem  15.  und  16.  Jalir- 
hundert, die  Empfangsteierlic  likeiten  des  päpstlichen  Nuntius,  des 
Generals  der  Kapuziner,  des  Sladthauptmanns  n.  s.  w.,  die  Trauer- 
feierliclikeiten  hei  Leiclienbegängnissen  hoher  Personen  und  die  Hul- 
digungen keine  geringe  Rolle. 


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238 


Mannor: 


Die  Polizeisachoii  «fivilVn  in  das  sozial«-  Lcbt-ii  ein  iin  l  /.ci^'cii. 
wie  lau^'  t's  hraucliti.',  bis  die  Poli/.oi  zu  vrnuinftigiTOii  (irimdsät/.eii 
fjpkninnu'ii  isl.  Sin  v«M'l)r('it('ii  sich  iihrr  die  Sirlicrlicit ,  (ü  sundhcit. 
Arineiisacheii,  Uau-  und  Feuerpolizei,  Feldpolizei,  Ueinlioiiivrit  und 
Verschönerung,  Sitllicljkeit,  das  Gesindewesen,  kurz  über  Alles,  was 
dem  Stadtbüi^r  votzöglich  am  Herzen  liegt  und  das  Mein  und  Dein 
berührt.  Was  die  gesellschaftlichen  Verhältnisse  betrifft,  so  werden 
sie  hauplsäddich  durch  die  Rechtspolizei  geordnet.  Da  finden  wir 
denn  die  Regelung  der  ErbschaRssachen  und  deren  Rechtsstreite, 
das  Inventarwesen,  die  Kaufs-  und  Verkaufsbridle,  die  Ot)signationen, 
Pflegschaftsrechnungen,  Sterbprotokolle,  Testamente,  Theilungen,  Ver- 
träge, Vogtsrechnungen,  Waisonrechnungen  u.  s.  w.  Auch  die  Lchens- 
und  Erbbestands.<nrlien  Ix  lnänken  sidi  meistens  auf  die  Stadt  und 
auf  d;i<  16.  bis  18.  .lahrhuiidert 

Jedem  Sliflor  liegt  daran,  dass  seine  Stiftung  nach  seinem  aus- 
gesprochenen Willen  pehandhabl  werde.  Dies  ist  rnni  freilich  durch 
die  mit  der  Zeil  eintretenden  pfesellschaftlichen  Veränderuniren  off 
nirlit  mrijüch.  Die  ineisteu  Stiltunj^en  wurden  zur  L'nterlialtuu;.' 
armer  heule  und  zu  ^'ol lesdienstlichen  Zwecken  für  Kirislt-r  und 
Kirclu'n,  zu  Spitälern  und  Stipendien  gemacht.  Auf  Strassen.  AN'e^i^e 
und  fJrücken  wurde  voi'  der  zweiten  Hälfte  des  vorij^en  Jahrhunderts 
wenig  verwendet.  Man  ritt  mehr  als  man  fuhr  und  zwar  auf  schlechten 
Strassen  und  Hohlwegen,  und  bedurfte  nur  über  Flüsse  und  StrOme 
der  Brücken,  indem  man  über  Bäche  zu  Ross  oder  Wagen  setzte. 
Unglficksfölle  sind  nur  ganz  wenige  verzeichnet,  und  zwar  nur  aus 
dem  vorigen  und  jetzigen  Jahrhundert,  lieber  Wassertiauten  sind 
nur  Streitigkeiten  aus  dem  16.  und  17.  Jahrhundert  mit  dem  Kloster 
Kreuzungen,  und  eine  Tieferlegung  des  Bodensees  und  Korrektion 
des  Rheines  aus  dem  Jahr  1859  überliefert. 

Die  büi^liche  Rechtspflege  ist  reichlicher  vertreten.  Da  kommen 
Forderungssachen,  Ganten,  Rechtsstreite,  Schuldklafren .  verhänirte 
Arreste  über  Verni(i;j<  i)sf heile,  Stadigerichts-Prolokolle  über  Schuld- 
sachen, Vergleiche,  \  olislreckungen  und  Zwangsverkäule  vor.  Kinesehr 
merkwürdige  Abtheiluug  bildet  die  Strafrechts|)nege.  besonders  der 
rrülierii  /eil.  die  ohne  viel  Köpleji,  Hangen,  Lei)endit-'l)egral>*'n.  Aus- 
hauen mit  Huliien  und  Landesverweisung  gar  nicht  glaubte  lH  --l,  lu'n  zu 
küiuien.  Wir  linden  alle  tJaunerakten  aus  dem  .lahr  l.oiU.  .Maleliz- 
gerichtsordnungen  an<  dem  17.  Jahrhundert,  l'ntersuchungsakten  in 
schwerern  und  leichtern  F;Ulen  von  1584— lHi2  und  Verzicht-  oder 


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Das  (tlfidtische  Arcbiv  in  Konstai». 


23» 


Verhörbiiclier  von  1510 — 1G98.  Es  scliaiidorl  Kiiioni  iinnM-Iirli,  wctiii 
man  ii)  den  Akten  ubor  die  Rohheilen  gro^'i-n  die  (iL'iiclit<'li  ii  und  di»- 
alten,  rnMIich  damals  zoit^nnässon  An>oli;iiiiiiii:i'n  dor  llii  hier  liest. 

Die  Akten  der  Gericlitsbarkeil  und  Vt)<.deien  hi'^cliiaiiki  ii  sich  auf 
ilie  Vogicien  Kggen,  Altnau,  Bncli  und  H^'gaidsliol' und  auf  eine  Menge 
von  StPelligkeiten  mit  den  Anstössorn.  Im  Jahr  1417  halte  die 
Stadt  Konstanz  von  König  Sigmund  die  Landgrufschaft  Thurgau 
pfandweis  erhalten,  dieselbe  aber  dtireh  den  grossen  Schweizerkric^ 
1499  wieder  verloren. 

Was  die  Korrespondenzen  betrififl,  welche  an  die  Stadt  Icamen 
und  von  ihr  aosgmgen,  so  muss  man  staunen,  wie  weit  sich  bei 
den  hficfast  ungenügenden  Transportmitteln  der  Kreis  derselben  aus- 
hroitele.  Nicht  nur  Deutschland,  sondern  Böhmen,  Italien,  die 
Niedcriande,  Oesterreich,  Ungarn  u.  s.  w.  gaben  Nacbrlcbton,  oder 
empfingen  sie.  Die  sog.  Missivprotokolle  (mlballen  Sendsclireibon  der 
Stadl  Konstanz  nacli  Aussen,  die  ofl  für  die  Gesdiichte  von  Wichtig- 
keit sind.    Sie  umfassen  das  15. — 18.  Jahrhundert. 

Die  Chroniken  sind  von  grossem  Werthe  und  enthalten  nicht 
allein  die  Stadl  Konstanz  lierührendes,  sondern  verhreilen  sieh  anrh 
liber  weitere  Kreise,  wie  z.  R.  iibei'  die  I.andvoj'tei  Schwaben,  über 
die  Landgrafsehafl  Nellenburg,  über  den  Sehwäbi-i  hen  Kreis,  über 
Thurgau  u.  s.  w.  Eine  der  schätzbarsten  Archivalieiigruppen  sind 
die  gebundenen  Collektaneen  zur  (jeschichle  der  Stadt  Konstanz  in 
acht  Kleinfoliobünden  von  dem  Patrizier  Christoph  Schulthaiss.  Der 
grüsste  Theil  der  Handschrift  ist  von  ihm  selbst  geschrieben.  Er 
b^nnt  mit  dem  vermutheten  Anfang  deac  Stadt  Konstanz  unter  den 
Römern  und  endigt  im  Jahre  1571.  Das  Werk  ist  ungemein  fleis^ig 
und  grOsstentheils  aus  Quellen  geschrieben,  die  ihm  als  mehrmaligen 
Bfirgermeister  und  Stadtvogt  zu  Gebote  standen.  Wer  eine  Geschichte 
von  Konstanz  schreiben  will,  dem  wird  dieses  Werk  gute  Dienste 
leisten.  Von  Schultheiss  ist  auch  eine  Chronik  des  Bisthnms  Konstanz 
vorhanden,  die  aber  leider  nur  bis  zum  Jahr  1567  reicht.  Auch  die 
Chronik  der  Stadt  in  drei  Bänden,  und  die  Chronik  der  Bist  böte 
von  Konstanz  in  einem  Bande,  von  Doktor  Braunegger,  enthalten 
viel  Bemerkenswerthes,  sind  aber  nicht  aus  archivalischen  Quellen 
geschrieben.  Von  Gregor  Mangoll  ist  eine  kurze  Chronik  von  1544 
vorhanden,  die  lesenswertb  erscheint. 

lieber  das  Mnnzwesen  besitzt  das  Archiv  eine  Menge  1  rkunden 
bis  ins  vorige  Jahrhundert  liinein,  welche  einen  meiner  Freunde  ver- 


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240 


Marmor: 


anlassten,  eine  Geschichte  des  Mönzwesens  hiesiger  Stadt  zu  schreiben, 
die  noch  Manusicript  ist  Ein  Münzbuch  von  1240  bis  1499  ist  das 
älteste  Dokument  —  Unter  den  Privatsachen,  die  mit  dem  15.  Jahr^ 
hundert  beginnen  und  mit  dem  18.  endigen,  sind  manche  für  die 
Geschichte  nicht  werthlos. 

Ausser  dem  slätlfi-dion  Archive  besteht  hier  noch  ein  Spital- 
;m-hiv,  das  an  merkwürdigen  Urkunden  ivich  i>l.  Seine  vorzüg- 
liehslen  Stucke  werden  von  mir  in  den  Schriften  des  Vereines  für 
Geschichte  <les  Bodensees  und  seiner  Umgebung  in  nächster  7aA[ 
erscheinen.  Bedrulendere  Privalarcliive  in  Konslanz  sind  mir  ni(  lit 
bek;nmt ,  und  die  l'rkiindon  dor  vrrsciuedeiien  Armenstiftungen 
\vur«len  mit  den  spilulisciu  n  vi  it  ini-'t. 

Von  d»'n  in  das  r.c/.irk>aiiil  Koiistan/.  frehöripren  (hischaften 
lialten  jedenfalls  j;an/  sichtr  die  uliemalige  Abtei  Rei<  lienau  und 
die  Komthurei  >hiinau  grosse  Archive.  Wahrscheinlich  lieferlen 
die  ihnen  zugehörigen  Orte  ihre  aUen  Urkunden  an  sie  ab.  Das 
Reichenauer  Archiv  kam,  so  viel  ich  weiss,  ins  Generallandesardiiv 
nach  Karlsruhe.  Das  Mainauer  soll  vor  der  Auflösung  des  Ordens 
im  Anfange  unserer»  Jahrhunderts  nach  Oesterreich  gerathen  sein. 
Von  den  Urkunden  der  Freiherm  von  Bodman  zu  Möggingen 
dürften  wohl  manche  im  Schlosse  der  Freiham  von  Bodman- 
Bodman  zu  fin^n  sein. 


Xin.  Die  ArchiTe  in  Altenburg. 


Von 

E.  von  Braun, 
Arebimth. 

Von  den  Archiven  in  Altenburg  sind  Tornehmlich  zu  erwähnen: 

a.  das  Geheinie-Archiv  (Kunzloiralh  Günther),  das  seit  1826  hier 

regierende  Herzogliche  Haus  betreffend, 

b.  das  alte  Landesarihiv ,  die  Arcliivo  doi'  vormalipon  Herzog- 
Uchen  Landesregierung  und  des  Herzoglichen  AppelJatioos- 

gerichts  hier, 

c.  das  Archiv  dos  Florzoglichen  Finan2aninisteriums  hier  (Mini- 
sterial-Secretär  Riltei), 

d.  die  Archive  des  Herzoglichen  ErimiDalgerichts  (Registrator 
May), 

e.  der  beiden  Herzoglichen  GericbtsSmter  L  und  IL  hier,  zu 
welchen  letzteren  auch  die  Archive  von  28  von  der  Herzas- 
lichen Staatsregiening  hier  fibemommenen  ehemaligen  Patri- 
monialgeriditen ,  die  Archive  der  vormaligen  Herzoglichen 
Ctorichtsftmter  Lucka  und  Meuselwitz  und  des  ehemaligen  Hei^ 
zoglichen  Kreisamtes  hier,  ind.  des  Cräheren  Deutschordens- 
hausamtes,  gehören, 

f.  die  Archivo  dc>  Stadtraths  (Kreuziger)  und  des  Uerzoglichoi 
Stadtgerichts  hier  (Heynke). 

Die  unter  b  und  e  genannten  Archive  stehen  unter  Verwaltung 
des  Berichterstatters.    Sie  i^hnden  sich  zum  grossen  Theil  im 

AMkirallNh«  Z«ltwlirltt.  II.  16 


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242 


T.  Braiin: 


Souternün  des  Amthauses  in  steinenien,  in  jeder  Hinsicht  wohl 

verwahrten  Gewölben. 

Das  alte  Landesarchiv  bildet  den  eigentlichen  Stamm  der  Allen- 
burger  Archive  und  bietet  mit  dem  sogenannten  Hausaicliiv  (letz- 
leres vornolimlich  das  mit  dem  Ableben  dos  Herzogs  Wiliiclin  III. 
im  Jahre  1672  erloschene  Fürstcnpcsclilecht  von  Sachsen-Altenburg 
betrefTend)  manches  hiteressante  für  die  Geschichte  Altenburgs. 

Im  Nachstohenden  seien  einige  Repertorien-Abschnitte  aus  vor- 
gedachlen  Aichivcu  mitgeUieiit. 

L  Aus  dem  alten  Landesarchiv, 
a.  Akten. 

Glasse  IL  A.  a.  o.  Nr.  25.  Gapitulation  des  Kaisers  Karl  T. 
und  des  Herzogs  Morits  va  Sachsen  mit  dem  Knrf&rst  Johann 
Friedrich  dem  Alteren  zu  Sachsen  d.  a.  1547. 

Nr.  26.  Akten,  die  vom  gefangenen  Kurffn  st  Johann  Friedrich 
EU  Sachsen  erfolgte  Absendung  des  Dr.  Karl  Horst  auf  den  Reichstag 
nach  Passau  zur  Erledigung  der  kurfürstlichen  Angelegenheiten 
betr.,  d.  a.  1552. 

Nr.  28.  Beglaiibifi:fo  Abschrift  des  Restitutionsbriefs  des  Kaisers 
für  den  Herzog  Johaim  Friedrich  d.  Ä.  d.  d.  Augsbuig  den 
27.  August  1552. 

Nr.  29.  Naumburgischer  Vertrag  v.  J.  1554,  nachdem  Johann 
Friedrich  d.  Ä.  seine  Lande  verloren;  ingleichen  Zeitzer  Vertrag 
J.  1567  wegen  verschiedener  Landgebrechen. 

Nr.  31b.  Schriften,  die  Erbeinigung  zwischen  der  Krone  Böhmen 
und  dem  Hause  Sachsen  betr.,  d.  a.  1557 — ^1618. 

Nr.  57.  Akten,  die  Erb-  und  LandestheUung  zwischen  dem 
Herzog  Johann  zu  Sachsen  und  den  vom  Herzog  Friedrich  Wilhelm  L 
zu  Sachsen  hinterlassenen  .^iiliiK  n  l)etr.,  d.  a;  1603. 

Gl.  II.  Fa.  Nr.  6.  Absclu-iflen  von  verschiedenen  das  Haus 
Sachsen  betreffenden  Verträgen  und  anderen  Urkunden  d.  a.  1436 
bis  1671. 

Nr.  18c.  Akten,  den  Priino^'enitur-Streil  zwischen  Sachsen- 
Weimar  und  Sachsen-Altenbm-g  betr.,  d.  a.  1578— 16G8.    5  Vll. 

Nr.  84.  Erbtlieilungsvertra^  zwischen  den  Herzögen  Friedrich 
Wilhelm,  WilheUn,  Albreclil  und  Ernst  zu  Sachsen  wegen  der  beiden 
FMenthümfir  Eisenach  und  Coburg  d.  a.  1640. 


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Die  Archive  in  Altenburg. 


Nr.  86.  Brüderlicher  Erbvertrag  zwisclien  den  Herzögen  Wil- 
helm, Albrecht  und  Emst  zu  Sachsen  d*  d.  Gottia  den  12.  Sep- 
tember 1641. 

GL  m.  Nr.  20.  CA.,  das  vom  Stadtrath  zu  Nürnberg  an  die 
FOrsUkhe  Regierang  zu  Altenbiug  gerichtete  Gesuch,  die  über  Alten- 
boig  zur  Messe  nach  Leipzig  reisenden  Nürnberger  Bürger,  Kauf-  und 

Handelsleute  nebst  deren  Habe  und  den  Ihrigra  mit  dem  nöthigen  Ge- 
llte und  der  erforderlichen  Sicherheit  zu  Tersefam,  und  die  darauf  von 
hier  aus  getroffenen  diesfallsigen  Verfügungen  betr.,  d.  a.  1736—  1753. 

Die  alte  Handelsstrasso  aus  dem  vormaligen  deutschen  Reiche 
nach  l.cip/.ig  ging  oliemals  im  l'leissentliale  bei  dem  AHcribuii^-ischen 
Dorfe  Paditz  vorüber,  und  nmssten  die  Nüniherger  KauHeute  damals 
die  Brücke  bei  Paditz  wegen  liruifiger  Benutzung  von  ihrer  Seile 
unterliallen ;  im  Volksraunde  wurde  tlaher  diese  Brücke  bei  i'aditz 
vielfach  die  Nümbei^r  Brücke  genannt. 

Gl.  IV.  Nr.  1.  Akten,. die  Erbeinigung  zwischen  den  Häusern 
Sachsen,  Brandenburg  und  Hessen  betr.,  d.  a.  1487—1555. 

a.  V.  Nr.  4.  Akten,  den  fOrstbrüderlichen  Haupttheilungs- 
Reoess  vom  14.  Februar  1680,  ingleichen  die  nachherigen  mit  dem 
Fürstlidien  Hause  Sachsen- Saatfeld  abgeschlossenen  Verträge  aus 
den  Jahren  1695  und  1717  betreffend. 

Nr.  11  b.  Akten,  die  Coburg-Eisenbcrgische  Succession  und 
die  deshalb  in  den  Jahren  16f)i)/17(X)  errichteten  Recesse  betr. 

Xr.  20.  Akten,  den  vom  Herzog  Friedrich  II.  zu  Sachsen-Gotha- 
Altenburg  ertheilten  Auftra;:  zu  Beobachtung  aller  dem  Herzog- 
lichen Hause  Sachsen- (iotliu-Altcnbnrg  nach  dem  Ableben  des 
Herzogs  Johann  Ernst  zu  Sachsen-Saalfeld  t  ompetirendeu,  iu  iiecessen 
reservirten  Rechte  betr.,  d.  a.  1727 — 1730. 

Gl.  XI.  Ba.  Nr.  19.  Akten,  betr.  den  von  Dr.  Martin  Luther 
an  den  Euiffirat  Johann  zu  Sachsen  erstatteten  gutachtlichen  Bericht 
darüber,  wozu  die  erledigten  Klostergüter  zu  gebrauchen  sdn  mSchten, 
d.  a.  1526. 

Nr.  30.  Schriften,  das  Domcapitel  und  das  St.  Georgenstift 

zu  AJlenburg  betreffend,  aus  den  Jahren  1529 — 1539. 

Gl.  XI.  Bb.   Diese  Serie  entludt  Ver&ssung,  Gerechtsame  und 

Besitzungen  der  Laiidts-Universitüt  Jena. 

Nr.  3.  Beglaubigte  Abschriften  von  den  vom  Kaiser  der  Uni- 
versität Jena  im  Jahre  1557  ertheilten  Privilegien. 

GL  Xni.    Die  sogenannten  nutzbaren  Regalien. 


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244 


V.  Braun: 


a.  Bergwerk  ssachen. 

Nr.  13.  CA.,  Postersteinisches  Bergwerk  im  Amte  RonneiNng 
betr.,  d.  a.  1602  und  1603. 

Nr.  14.   CA.,  das  Bergwerk  zu  Saalfeld  und  die  Bergarten 

zu  Ronnebui^  betr.,  d.  a.  1649 — 1675. 

Nr.  18.  CA.,  das  Privilegium  über  die  in  der  Meuselwitzer 
Landstrasso  und  im  Amte  Bonneburg  sich  ereigneten  Bergarien 
betr.,  d.  a.  1671—1682. 

b.  Satcvrerfcssaelicn. 

Xr.  2.  Das  von  Kai-cr  Heinrich  IV.  dem  Salzwerk  zu  Sulza 
im  Jahre  1064  crtheille  Privilo-riuni, 

Nr.  4.  CA.,  die  Beschaü'enheit  des  Sulzaer  Salzwerks  betr., 
d.  a.  1553—1571. 

ca.  XIV.  umfasst  das  Lehnsarchiv. 

A.  Lehnssachen  im  Allgemänen. 

Nr.  12.  Heissnische  und  Voigtlfindische  Lehen,  Leibgedinge, 
Gonfirmationen  und  Vertrige  d.  a.  1492—1504. 

Nr.  18.  Meissnisches  Ldinbuch  (angefangen  nach  dem  Nanro- 
burgischen  Vertrage)  d.  a.  1554—1570. 

Nr.  30.    VoipTÜrindische  Bolelinnnpon  d.  a.  1587— IßOO. 

Cl.  XIV.  Ba.  Lclinsakten  über  63  im  Ost-  und  im  Westkreiae 
des  Iloiv.ogthnms  Sach.son-Altenburg  ge!o?cne  Rittergüter. 

Bb.  Consens-  uud  Gontirmatioosakten  bezüglich  derselben  Ritter- 
güter. 

Gl.  XV.  Verfassung,  Privilegien,  Gorochtsanio  und  Rechnungs- 
verwallung  der  Städte  Alleriiiurg,  Schmölln,  Lucka,  Ronneburg, 
iSsenberg,  Roda,  Kahla,  Urlaiuünda. 

Gl.  XVm.  umfasst  Akten,  welche  die  äussere  und  innere  Ein- 
richtung des  Regierungsarchivs  betreffen. 

Nr.  23  a.  Akten,  die  Euirichtung  des  hiesigen  RegierungsarebiTS 
betr..  d,  a.  1767,  1775.  1776  und  1787. 

Nr.  26.  CA.,  die  Revision  und  andere  Einrichtung  des  hiesigen 
Regierungsarchivs  und  der  Canzlei-Reposituren,  sowie  die  dem  Vice- 
Canzler  von  Trützschler  hier  übertragene  Dircction  und  specielle 
Aufsicht  über  dieses  Geschäa  betr.,  d.  a.  1783.  84.  86.  91.  und  93* 


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Die  AicluTe  in  Altenhurg. 


245 


b.  Copiaibflcher. 

Das  Landesarehhr  besitzt  nur  die  beiden  von  1025—1665  und 
1200-1441. 

c.  Urkunden. 

Von  den  in  zwei  Bänden  verzeichneten,  in  einer  dauerhaften 
Kiste  itn  Lokal  des  Landesarcliivs  verwaiirten  Urkunden  heben  wir 
naclistehende  heraus. 

1.  (Gop.  Buch  n.  Nr.  4).  Kaiser  Friedrich  n.  bestätigt  im  Mon. 
Jali  1226  das  Bergerkloster  zu  Altenburg. 

2.  (Cop.  Buch  n.  Nr.  45).  Kaiser  Rudolph  L  bestätigt  dem  Beiger- 
kloster  hier  alle  Pririlegien  und  Gerechtsame,  welche  namentlich 
in  der  betreffenden  Urkunde  aufgeführt  werden,  und  nimmt 
dasselbe  in  semen  Schutz  d.  d.  Altenlrarg  den  10.  November  1290. 

Das'  Harienkloster  der  regulirten  Ghoiheim  des  Augustiner- 
Ordens  —  Bogwkloster,  auch  das  Kloster  zu  unserer  lieben  Frau 
auf  dem  Berge  vor  Altenburg  genannt  —  (vgl.  v.  Braun  >Die  Stadt 
Altenburg  in  den  Jahren  1350—1525  Seite  329  und  11^'.«)  war  das 
ansehnlich.sto  im  ^ranzen  Altenburjjer  Lande;  aus-er  dem  nicht  un- 
bedeutenden Gruiiiihesitz  in  der  Stadt  Altoniiurg  selbst  bezog  es 
beträcht liclie  Kinküiiflo  aus  miiidesh  n«;  50  Döilcrn.  Es  wurdi*  vom 
Kaiser  Friedrich  I.  Burijarossa  im  Jahre  1172  gestitlet;  eine  aus- 
führliche Geschichte  dieses  Klosters  existirt  nicht.  Es  finden  sich 
Udierreste'desselben  in  Altenburg  vor;  seine  zwei  stattlichen  Thdime 
von  rotben  Backsteben  sieht  man  aus  weiter  EntiSsmung.  Die 
noch  vorhandenen  wenigen  R&ume  dieses  Klosters  shid  neu  restau- 
rirt  und  werden  jetzt  zu  Arehivzwecken  benutzt 

8.  (Ck>p.  Buch  L  Nr.  63).  Stiftung  des  St  Georgenstifts  auf  dem 

Schloss  zu  Altenburg  vom  18.  Juni  1413. 
4.  (Cop.  Buch  I.  Nr.  32.  39).  Die  Mark-  und  Landgrafen  Friedrich 
Wilhelm  und  Friedrich  begnadigen  das  St.  Georgenstift  zu 
Altenburg  mit  verschiedenen  Gero(  htsainen  und  eignen  dem- 
selben das  Patronatrecht  über  melut-re  Kirchen  zu  (1413). 
Ö.  (Cop.  Buch  I.  Nr.  38).  Kaiser  Sigismund  bestätigt  dem 
St.  Georgenstift  hier  seine  sänimtlichen  Gerechtsamen  d.  d. 
Prag  den  22.  Juli  1420. 

Eine  vollständige  Geschichte  des  vom  Mark-  und  Landgraf  Wil- 
helm JL  (dem  Rdehen)  zu  vorerwfthnter  Zeit  —  am  18.  Juni  1418  — 


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246 


r.  Bnum: 


gegründeten  St.  Georgcnstifl^  auf  dem  Schloss  zu  Altenburg  ist  niciit 

vorhanden,  wohl  aber  sind  schälzenswerthe  Beiträge  zu  einer  solchen 
vom  Pfarrer  Dr.  Löhe  in  Rasephas  in  verschiedenen  Bänden  der 
ostorländi^^chen  Mittheilungen  enthalten.  Das  Stift  war  unmitteltHUr 
dem  päpstlichen  Stutil  unterworfen. 

II.  Avt  dem  Hautarchiv. 

Seine  Lokalitüten  in  den  ol)eren  Räumen  des  Amthauses  enthalten, 
ausser  den  Hausarcbksakten  selbst,  auch  nachstehende  Archivalien: 

(Gl.  I.).  Akten,  betr.  die  ehemaligen  Verhältnisse  des  deutschen 
Reichs  und  der  Obersächasdioi  Krdse. 

A.  Akten,  den  Kaiser  und  die  Vikariate  betrefifend,  aus  den 
Jahren  1612—1792. 

B.  Akten,  die  Reichsgericht o  betr.,  von  1521—1782. 

Nr.  6.  Rofjistiande  über  die  im  Kaiserlichen  Kaniniergericht 
in  den  Jahren  1602—1613  anhängig  gewesenen  Fürstlich  Sächsischen 
Sachen. 

Nr.  10.  Akten,  Ix-tr.  die  l'nterhaltung  des  Kaiserlichon  Kammer- 
gerichts Seitens  der  Fürstenthünier  Altenburg  und  Coburg,  d.  a.  1606 
bis  1652: 

Nr.  22.  Akten,  das  Kammergericht  zu  Speyer  betr.,  d.  a.  1651 
bis  1654; 

Nr.  32.  Akten,  die  Kammeigerichts-Ordnung  vom  Jahre  1663 
betrefltend.  * 

C  Nr.  2.  Archivsachen,  die  bei  der  Terwitweten  Herzogm 
Anna  Maria  zu  Sachsen-Ahenburg  bn  Schloss  zu  Doniburg  —  ihrem 
Witwensitz  —  aufbewahrten  brieflichen  Urkunden,  insbesondere  den 
kaiserlichen  Consens  oder  Majestrdsbrief  übex  die  Voigtländischen 
Lehen  betr.,  d.  a.  1598  und  1614. 

D.  Ueichstagsakten. 

Nr.  7 — 273.  Regen.sburger  Reichstagsakten  aus  den  Jahren 
15!*4 — ISdH,  unter  denen  auch  eine  gros.se  Anzatil  von  auf  die 
Ret:oiHl)uiger  Keiciistas-'e  sich  i>eziehenden  Tagebüchern  aus  vorer- 
wähnter Zeit  sich  belinden. 

E.  VVestphälische  Friedenshandlungen  aus  den  Jahren  16tö 
Ub  1649. 

Vergleiche  auch  des  verstorbenen  Geh.  Raths  von  Brami  hk 
Altenbuig  geschtchtlichen  Au&atz  im  4.  Heft  des  vierten  Bandes 


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Die  Archive  in  Altenburg.  247 

der  Hittheiltuigen  der  Gescfaiebts-  und  Alterttnmisforschenden  Gesell- 
schaft des  Osterlandes  zu  Altenburg  Seite  387—471  »Skizzen  aus 
dem  dipknnatischen  Leben  und  Wirken  des  Sachsen- Altenbuigischen 
Gesandten  am  Westphäliscben  Friedenscongress,  Wd^ang  Conrads 

roa  Thum$:hirn«. 

F.  Kreissachen,  namentlich  Akten  über  die  an  verschiedenen 
Orten  d<  s  deutschen  Reichs  in  den  Jahren  1052—1683  abgehaltenen 

Jireistagi-. 

G.  Akten  des  Corpus  evangelicorum. 

Nr,  1 .  Auszug  der  vornelun.-ten  (tründo.  auf  welche  die  evange- 
lischen Stünde  ihre  Behauptung  einer  notliwendigen  Heform  der 
Klöster  etc.  etc.  stützten. 

Nr.  2.  Registrande  über  die  Schmalkaldiscben  Bondessaehen 
d.  a.  1524—1546. 

Nr.  3.  Schriften  der  PassBuischen  Religion^-Friedenshandlungeii 
d.  a.  1552  und  1553. 

Nr.  4.  Akten,  den  auf  dem  Reichstag  zu  Augsburg  abgeschlos- 
senen Religionsfrieden  betr.,  aus  den  Jahren  1554  und  1555. 

Unter  Gl.  II.— Xi.  tinden  sich  die  eigentUchen  Hausarchivsakten 
verzeichnet,  enthaltend  u.  a.  die  Succession«-Verliältnisse  des  Kur- 
und  Fürstlichen  Hauses  Sachsen  bezüglich  der  Ilerzogthünier  Jülich, 
Cleve  und  Berg  (IGOU — 16G9);  desgleichen  wegen  der  Henneberg^- 
schen  Lande;  die  früheren  Rechtsverhältnisse  des  Fürstlichen  Hauses 
Sachsen  zur  Stadt  Erfurt,  welche  in  den  mittleren  Zeiten  unter  der 
Schirmherrschaft  der  sächsisclien  Fürsten  auf  Urund  der  von  diesen 
mit  jcno*  Stadt  diesfalls  abgesdilossenen  Verträge  stand,  während 
das  Erzstift  Mainz  als  der  Erbberr  angesehen  wurde;  femer:  Ge- 
burten, Eheberedungen,  Vermächtnisse,  Testamente,  TodesflUle  etc. 
in  dem  Fürstlichen  Hause  Sachsen -Altenburg,  wdches  mit  dem 
Tode  des  Herzogs  Wilhelm  HI.,  als  des  letzten  seines  Stammes,  im 
Jahre  1672  —  wie  wir  bereits  benierkfen  —  erlosch.  Das  Fürsten- 
thum Sachsen-Altenburg  ging  darauf  durch  Erbvertrag  vom  16.  Mai 
1672  auf  den  Herzog  Emst  (L)  den  Frommen  zu  Sachsen-Gotha  über. 

Hl.  km  den  Dbrigen  Areblvm. 

Von  diesen  wollen  wir  nur  noch  des  für  die  Geschichte  der 
Stadt  Altenburg  reichhaltigen  llath.-aichivs  mit  einigen  wenigen 
Worten  gedenken.    Die  interessanten  Miltheilungen  des  Pfarrers 


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248 


Bnumt  Die  Aiduve  in  Allflnbiiig. 


Dr.  Lobe  in  Rasephas  über  den  Anfang  und  den  Fortgang  der  Refor- 
mation in  Altenburg  (1522—1525)  unter  den  Kurfürsten  Friedrich 
dem  Weisen  und  dessen  Bruder  Jobann  dem  Beständigen  zu 
Sachsen  im  sochston  Bande  der  osterländischen  Nachrichten  stützen 
sich  hauptsäciilirh  auf  die  bezüglichen  Akten  im  hiesigen  Raths- 
archiv. Georg  Spalatin  (ehemaliger  Domherr  des  St.  Georgenstifts  zu 
Altenburg)  war  insbesondere  derjenige  unter  den  hiesigen  Geistlichen, 
der  sogleich  im  Anfang  der  Reformation  mit  grossem  Eifer  im  Geiste 
LuUm  der  wichtigen  kirdiHelieiK  nncl  SdraWoriDeii  im  ganzen 
Attenljurger  Lande  rieh  annahm.  Spalatin  führte  seinen  Namen 
▼on  seinem  Gdxirtsort  Spalt,  einem  im  ehemaligen  Bistfamn  EidutSdt 
in  Baiem  gelegenen  Stadtchen,  wo  er  im  Jahre  1482  geboren  war. 
Sein  Vater  (em  Rothgeiber)  hiess  BurkhaidL 

Das  hiesige  Rathsarchi?  besitzt  u.  m.  A.  auch  die  sämmtlichen 
Werke  Dr.  Martin  Luthers  uid  mehrere  eigenhändige  Schreiben 
Philipp  Melanchthons  an  den  Stadtrath  zu  Altenbuig  ans  den 
Jahren  1044—1547. 


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XIY.  Das  Archiy  der  Stadt 


Von 

Vinzenz  Prökl, 
emerit.  Archivar  und  Museunisverweser. 

Die  Stadt  Eger  war  in  der  Vorzeit  bohenstaufBsch,  dann  un- 
mittelbare Reidisstadt,  und  besass  ein  umfangreiches  Gebiet,  über 
welcties  sie  trotz  der  Verpfandung  des  Eaiserrechts  an  die  Krone 
Böiimen  die  wesentlichsten  Rejricrunjrsrcchfe  übte.  Eger  behauptet 
in  der  Gesciiichte  einen  weit  höheren  Ehrenplatz,  als  er  jetzt  in  der 
Errinnerung  lebt.  Glanz  und  Grösse  sind  ja  in  neuerer  Zeit  ver- 
schwunden, und  nur  der  leere  Titel  einer  königlichen  Stadt  Bölunens 
ist  übri<r  geblieben. 

Das  Archiv  dieser  Stadt  verwahrt  Dokumente,  welclie  itir  Ver- 
hältniss  zum  Reiche  und  zur  Krone  Böhmen,  ihren  Einfluss  auf  die 
allgemeinen  Reichsangel^enheiten,  und  ilire  krallige  kuiturfördernde 
Wirksamkeit,  überhaupt  ihre  Stellung  an  der  Scheide  germanischen 
und  slawischen  Lebens  kund  gehen. 

Eger  behauptete  bis  zum  Regierungsantritte  Maria  Theresia's 
seinen  Charakter  als  deutsche  Reichsstadt  und  wurde  erst  ver- 
mittels der  pragmatischen  Sanction  Kaiser  Karl  VI.  der  bOhmischen 
Königskrone  incorporirt.  Obwohl  seit  ihrer  Verpföndung  an  Böhmen 
bedeutend  geschwächt  hatte  die  Stadt  <ich  trotz  der  nach  dem 
Westphälischen  Frieden  sich  häufenden  Bemühungen  der  Böhmischen 
Stände,  Eger  in  Rohmens  Botmässigkeit  hineinzuziehen,  in  ihrer  alten 
Freiheit  erhalten.  Sie  nahm  Antheil  an  allen  Reichsverhandlungen, 
und  stand  mit  auswärtigen  Fürsten  und  Herren  in  direktem  Brief- 


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r 


2Ö0  Prökl: 

Wechsel,  und  durch  eigene  Abgesandte  in  unmittelbarer  Verbindung 
mit  Kaiser,  Königen,  Landesfürsten  und  anderen  Reichsstädien, 
schloss  mÜ  ihnoi  Bfindnisse,  wählte  sich  Sdkutzherren,  hielt  MUitir, 
übte  das  Fehdereeht  durch  Kriegszüge,  und  nicht  minder  in  der  Zeit 
der  Kirchentrennung  das  landesherrliche  jus  reformationis  selbststSndif. 
Gerade  desshalb  ist  ihr  Archiv  durch  so  viele  und  zaUreiche  Uajestäts* 
briefe  und  Urkunden  ähnlichen  Inhalts  von  hohem  Interesse.  Be- 
sonders die  fast  ganz  erhaltenen  Serien  der  Religions-  und  Kriegsakten 
geben  Auf^;chlnss  über  die  Ereignisse  der  Reformntionsverhandlungen 
und  des  .■»Ojährigen  Krieges.  Diese  Scliriftcii  bieten  reichen  Stoff 
für  die  ;ill^,^'iiioino  und  lokale  Go-chichtu.  Aber  auch  die  ältere 
Zeit  ist  vertreleu  durch  die  fast  ans  14.  Juhrliundert  »esclilossen 
zurückreichenden  Stadt-  und  rn]iialltnclier.  Näheres  darüber  findet 
sich  in  folgenden  Uücliorn:  P.  Diivok:  Aeltore  Geschichte  der 
Ueiclisstatlt  E^'er  und  des  Reiclisgel/u  lcs  E^'erland  (Leipzig  1875). 
Dr.  Franz  Ivürsi  hner:  Eger  und  Buhuien  (Wien  1870).  Vinzenz 
Prökl:  Eger  und  das  Egerland  (2.  Auflage,  ülger  1877). 

Die  Ärchi Valien  der  Stadt  Eger,  welche  auf  dem  Rathhause  in 
verschiedenen  Lokalitäten  zerstreut  sieh  vorfanden,  hat  der  verdiente 
Geschichtsforscher  Dr.  Franz  Kürschner,  derzeit  Archivdirektor  des 
k.  k.  Finanzministeriums  in  Wien,  in  den  Jahren  1867  bis  1868 
mit  allem  Fleisse  geordnet  und  faszikulirt  und  darüber  ein  Reper- 
torium  vcrfasst,  das  auch  zum  Drucke  befördert  ist.  Nach  Kürsch- 
ners Berufung  nach  ^Vien  ist  dem  Verfasser  dieses  die  Au^abe  der 
Vollendung,  und  die  Fortsetzung  der  Einreibung  der  noch  massenhaft 
vorhandenen  Akten,  Amtsliüchor  und  Urkunden  zugefallen,  daran  er 
noch  heute  Ix'schäfli.cret  ist.  In  Foljje  der  vielen  neu  hitrzugekoninienen 
Arcliivalien  hielt  er  sich  ver|ifliilitet,  ein  pranz  neues,  möglichst  ins 
Einzelne  gehendes  ne[H  rtorium  auf  Dr.  Kürschner's  Gi  undlage  ab- 
zufassen. Dessen  liauplgruppen  mögen  in  der  Arehivalischen  Zeit- 
schrift Platz  finden.    Sie  sind  in  drei  Iluupteintheilungen  gesondert: 

A.  Allgemeines:  a.  Privilegien,  b.  Religionsakten,  c  Staats- 
rechtUche  Akten,  und  d.  Kriegsakten. 

B.  Specielles:  a.  Stadtsachen,  b.  Geistliche  Stifter,  c  Burg-, 
d.  E^gerland  und  das  Ascher-Gebiet. 

C.  Auswärtiges:  a.  Böhmen,  M&hren,  Schlesien,  b.  Sadisen, 
c.  Franken,  d.  Bayern,  e.  Deutsche  Reichsakten. 


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Das  Archiv  der  Stadt  Eger.  261 


A.  AUgeimlne  Stadt-  aml  LandMangelafltnlitittn. 

a.  An  Handfesten  der  St  adt  auf  Per^ranient  mit  anhangenden 
Insiegeln  sind  vorhanden  152  Slück  vom  Jahre  1260  his  1840,  theil? 
deutsch,  theils  lateinisch,  d:i runler  3  goldene  Bullen,  nämlich  von 
den  Kafsem  Ludwig  1330,  Carl  IV.  1355,  und  ^5i-i.^mund  1434; 
8  päpstliche  BoUen  von  1436  bis  1460;  femer  an  neu  eingereihten 
UrlLunden:  Terschiedene  Majestätsbriefe,  Ffirstenverbflndnfsse,  Hul- 
digungen, Urkunden  und  Privilegien-Ciopien. 

b.  Die  Religionsalcten  umfassen  die  Zeit  des  Interdikts  1466 
bis  1472,  die  Reformations-  und  Gegenrrformationsakten  von  1550 
bis  1650  In  10  grösseren  Faszikeln,  und  ein  Faszikel  Miscellen. 

r.  Die  Slaatsreelitlichen  Akten  bekunden:  I.  die  Verpfändung 
der  Stadt  und  des  Reichsgebietes  Eger;  II.  Huldigungen  und  Krö- 
nungen, Confirniation  der  Privilegien  von  1314  bis  1836;  feierliche 
Erklärungen  der  Kaiser  und  Könige  von  Carl  IV.,  Wenzel,  Ladislaus, 
Georg  von  Podiehrad,  Mathias,  Wlndislan>,  Maximilian  I.,  Ferdinand  I., 
Maximilian  II.,  Hudoliih  II.,  Mathias,  Ferdinand  II.,  III.,  Karl  VI., 
Joseph  l.,  Carl  VII.,  Maria  Theresia,  Leojjold,  Franz  II.  und  Ferdi- 
nand I.  in  3  Faszikeln;  III.  Instruktionen,  Vollmatliten  von  1353 
bis  1699;  IV.  Berichte  der  Abgeordneten,  Gorrespondenz  mit  den- 
selben 1432  bis  1744;  7  starke  Faszikel;  V.  Landtags-  und  Gontri- 
butions-Akten  von  1380  bis  1799  in  19  Faszikeln;  VI.  Landes- 
vermessungs-Revisions-Akten;  VIL  Zoll  und  Haut;  TIIL  Salzwesen; 
IX.  Tabaksregie,  in  10  Faszikehi;  X.  Mflnzwesen,  von  1469  bis 
1804  in  5  Faszikeln,  W,  Stempelsacben,  III.  Mühlwesen,  IUI»  Pest 
und  Viehseuche,  \IV.  Fischerei,  Wasserrechte  in  5  Faszikeln. 

d.  Kriegs akten  von  1395  bis  1779  in  39  grossen  Faszikeln, 
worunter  jene  der  Husstten  und  des  30jährigen  Krieges  besonders 
sctützbar  sind. 

B.  Spezielles  in  Stadt  und  l.aiid. 

Die  hierher  gehörigen  Archivalien  sind  geschieden  in  25  Serien 
und  enthalten: 

a.  Urkunden,  Verordnungen  und  Stadtgesetze  von  1362 
bis  m  die  neueste  Zeit;  Wahllisten  1358  bis  1777;  Westphälische 
Gerichtsaklen;  Erwerbung  päpstlicher  Bullen;  Handwerks-  und  Zunfts- 
sachen, FcHTstmeisteramt,  Bräuwesen;  besondm  auch  adeliche  und 


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253 


Prökl: 


F&triziergesdilechter,  die  sieb  in  Eger  l&nger  als  in  fost  alten  andaen 
Reiebsstadten  im  alleinigen  Besitze  des  Stadtregiments  hielten,  — 
Judensdiaft;  Kriegswesen«  Fortifikation,  Gesehfitzwesen,  Werbung, 
Musterung;  Sanitatswesen,  Sauerbrunn  (8  Faszikel);  Waldwesen, 
Becgwerke;  Buchdruckerei,  Bibliotheken,  Kunst  und  Wissenschaft, 
Husikwesen,  Theater,  Bruderschaften,  Sehlawitz;  Egerlands  Ver- 
messung, angekaufte  Stadl-Realitäten  von  1374  bis  jetzt. 

b.  Geistliche  Stifter.  Deutscher  Orden  und  Decanatkirche, 
Kirchen  und  Kapollen  in  Stadt  nnd  Land,  Franziskaner-,  Dominicaner-, 
Clarissen-Klöster,  Kreuzherrnordons-Gommende ,  Spitaler,  Stiftsge- 
bäude, Armenhäuser,  Schulen  in  Stadt  und  Land. 

c.  Burg.  Das  linrf^grafonanit ,  die  Burp'frrafen  und  Pfleger, 
Burglehcn,  Corrcspondenzen ,  Schlikisclie,  Junkerische  Schritten,  iu 
grosser  Anzahl.  Einzelne  Gegenstände,  Thürme,  Brücken,  Post- 
wesen,  Stadtgebäude,  Stadtbank  und  mehr  andere  Gegenstände,  Feuer- 
schflden  und  dergleichNi. 

d.  Das  Egerland.  Verhandlungen  mit  der  Ritterschaft.  Das 
Spezielle  aller  Ortschaften  im  Egeriande  in  60  grossen  Faszikdn, 
wozu  noch  Asch  und  das  Ascher  Gebiet  in  5  Faszikeln. 

C.  Aufwlrtlge  Bezieliiiigeii. 

Die  erste  Abtheilung  Bülimeu,  Mähreo,  SchlesifO  enthält: 

L  Konigsakten  von  Johann  und  KarllV.  bis  zu  Kaiser  Joseph  IL, 
meist  Original-Corresj>oiidenz  mit  allen  darauf  Bezug  nehmenden 
Statthalterei-Vcrordnungen  in  78  Faszikeln. 

II.  Böhmische  Herren  in  alphabetischer  Reihe,  ihre  Gorre- 
spondenz  mit  Eger  in  5  Faszikeln. 

UL  Böhmische  Städte  und  alle  darauf  bezügliche  Akten. 

IV.  Stände-  und  Landtagsakten  in  4  Faszikeln;  Mähren, 
Schlesien  und  Lausitz  1  Faszikel. 

Die  zweite  Abtheilnng  Stcteeo  zerfällt  fai:  L  Henoglifihe  Akten 
Ms  1662.  n.  Sächsische  Herren,  die  Herrn  von  Plauen  und  Meissen. 
IIL  Sächsische  Städte,  Correspondenz. 

Die  dritte  Abtheilung  Bayern  umfasst:  I.  Herzogliche  Akten 
1409  bis  1507.  IL  Oberpfalz,  Pfalzische  Jurisdiktionsakten,  Wald- 
sassen, PfiUzisches  Gopialbuch;  III.  Leuchtenberg;  IV.  Bayerische 
Städte. 

Die  vierte  Abiheilung  OealMhe  ßeicfeSikteD  ist  sehr  umfangreich: 


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Du  Archiv  der  Stadt  Eger. 


253 


Reichstagsakten  und  kaiserliche  Ro>(  ripte  1409,  Ro>cripte  Kaiser 
Friedrich  III.,  Maximilians  1475  bis  1497,  Akten  aus  der  Zeit  der 
Reformation.  Sciinialkaldrier  Bund,  Lutliers  und  anderer  Reformatoren 
Schriften  1540;  Landgraf  von  Hessen;  Rudolf  II.  Einzug  in  Regens- 
burg 1594.  Eaiserbriefe,  K.  Mathias  Krönung,  Rescripte  deutscher 
Forsten,  Reichsmatrikel. 

Ihre  eigene  Gruppe  tvilden  in  ordnungsmässiger  Aufstellung 
147  Faszikel  Correspondcnzen  der  Stadt  Eger  von  1409  bis  1770, 
Allgemeines  betreffend.  Femer  befinden  sich  dabei: 

223  Gorrespondenz-  (Gopial-)  Bücher  von  1486  bis  1792  mit 
ganz  geringer  Unterbrechung:  139  Stadtbücher  von  1552  bis  1787; 
19  Proklaraabücher  1562  bis  1792;  7  Schuldprotokollbücher  1387 
bis  1429;  sämmtliche  Losung:^bücher  fast  ununterbrochen  fort- 
laufend von  i;^9()  1758;  ebenso  die  Klohsteuerbüt  her  1394  bis 
1756,  die  Umgeldbüdier  (iross:-  und  Kleinregister,  Bernbücher, 
322  Rcntausgabsbücher,  100  Steuerbücher;  6  Incunabelu  aus  dem 
15.  Jahrhundert;  7  Bände  Chroniken  mit  mehr  als  1000  Plänen, 
technischen  und  Freihandzeichnungen  Egerer  Merkwürdigkeiten,  Ge- 
b&ude,  Kirchen  etc.  vom  Verfasser  dieses  fortgesetzt  bis  zur  Gegen- 
wart: eine  Raths-Ghronik,  17  kleinere  Stadt-Chronik^  von  Eger; 
3  Convolutenbficher,  worin  Gopien  der  wichtigsten  Urkunden,  eine 
'Sammlung  sämmtlicher  alten  Zunftsschriflen  in  6  grossen  Faszikeln; 
dne  Sammlung  Programme,  Statuten,  Manuscripte,  Drucksachen  über 
Historisches  von  Eger.  (Die  Siegelsammlung,  Bilder-  und  Landkarten- 
sanunhmg,  Egerische  und  fremde  Münzen  sind  dem  Egerl&nder 
Museum  einverleibt). 

Das  Archiv  nebst  der  Stadtbibliothek  befindet  sich  im  neuen 
Rathhausgebäude  ebenerdig  in  drei  geräumigen,  lichten,  vollkommen 
feuerfesten  Gewölben.  Den  Privilegien  ist  ein  eigener  Kasten  ge- 
widmet. Alle  andern  eonform  mit  dem  Repertorium  bezeichneten 
Schriflenkäslen  sind  versperrbar  und  mit  S(  hiebladen  eingerichtet, 
welche  Nummer  und  Aufsdirit't  der  darin  eingelegten  Faszikel 
tragen.  Noch  im  Laufe  dieses  Jahres  wird  das  Archiv  vollstäm^ 
geordnet  sein. 


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XT.  Das  Gtesehlecbterbucli  des  Eonrad  Haüer* 


Von 

Dr.  Heinrich, 
k.  Kreiäarchivar  vuu  Mitteifranken. 

Eine  der  werthvoUsteii  und  interessantesten  Handscfariften,  welche 
beim  k.  Kreisarchive  Nürnberg  Terwahrt  werden,  ist  wohl  [unter 

Na  151]  das  Gesclilechterbuch  des  Konrad  Haller. 

Dasselbe  besteht  aus  einem  in  Holzdeckel  gebundenen,  mit 
weissem  sogenanntem  sämiisohom  Leder  überz(^enen  Foliobande,* 
41  Cm.  hoch  und  28  Crn.  breit.  Die  vier  Ecken  der  Vorder-  und 
Rückseite  sind  mit  v(  r^'uMelen  Messin^'bcsi  hliigen  vergehen,  und  in 
der  Mitte  erscheint  auf  beiden  Seiten  da^  aus  f,'loiehcin  Metalle  ge- 
arbeitete Stadt\vai)|ien,  liier  den  halben  Adler  mit  dem  sech.^nial 
schrdgrechts  gelheillen  Schilde  zeigend,  umgeben  von  einem  mit  Band 
durcbscblungenen  Lorbeerkranze.  Die  Beschläge,  sowie  die  aus  dem- 
selben Materiale  verfertigten  zwei  Sdüiessen  sind  gegossene,  das 
Wappen  mit  dem  Kranze  at>er  getriebene  Arbelt,  und  beide  sowold 
hinsichtlich  der  Zeichnung  als  Cbmposltion  wahre  Kunstwerke  zu 
nennen.  Ein  Beschlag  und  eine  ScfaUesse  sind  abgefallen  oder  zer- 
brochen. Die  innere  Ausstattung  dieses  Buches  entspricht  ganz  dessen 
Aeusserem.  Auf  550  theilweise  beschriebenen  Blättern  von  dichtem 
Papiere,  welches  als  Wasserzeichen  den  zweiköpligen  Adler  mit  der 
Kaiserkrone  trägt,  befinden  sich  melirere  Hunderte  von  kunstvoll  jrc- 
malten  Wappen,  dann  einige  Portrail-s  und  Abbildungen.  Besonders 
hervoigeiioben  muss  aber  werden,  dass  die  Metallfarben  nicht  ge- 
malt, sondern  äciit  aulgelegl  sind.  Jedoch  kam  schon  beiläuüg  nach 


Das  Geschlecbterbach  des  Konrad  Haller. 


255 


dem  ersten  Fünftel  des  Werkes  das  Gold,  wahrscheinlich  wegen  der 
zu  grossen  Kosten,  ausser  Gebrauch,  während  das  Silber  durchgehends 
in  Anwendung  blieb. 

Konrad  Hallar  tod  HaUerstein,  (dieser  Beiname  wurde  den 
Hallern  durch  Kaiser  Karl  V.  nach  Erlöachen  der  Familie  Hallerstein 
ertheilt  und  dabei  ihr  Wappen  entsprechend  vermehrt:  Fol.  106  b 
des  vorli^nden  Geschlechterbuches)  dessen  Bienenfleiss  und  Frei- 
gebigkeit wir  dieses  kostbare  Geschlecbterbuch  jsn  verdanken  haboi, 
entstammte  einer  der  ältesten,  jetzt  noch  blühenden  Patrizierfamilie 
der  ehemaligen  Reichsstadt  Nürnberg.  Die  Vorfahren  derselben  sollen 
anfänglich  in  Prag  gewohnt  haben  und  sind  dann  nach  Bambeig, 
später  aber  nach  Nürnberg  gezo;-'cn. 

Als  gemeirisainor  Stammvater  wird  Ulrich  Ilallcr  ^ronarint,  der 
als  Freisasse  und  kuiserlichor  Münzmeister  zu  Bamberg  im  Jahre  1278 
gestorben.  Mit  seiner  Frau  Beatrix,  einer  geborenen  Fuchs  erzeugte 
er  drei  Söhne  und  zwei  Töchter.  Nach  Ableben  des  Vaters  über- 
siedelte der  älteste  Sohn  Ulrich  nach  Nürnberg  und  pflanzte  dort- 
selbst  das  Geschlecht  fort^).  Im  Jahre  1314  wurde  er  in  den  Rath 
gewählt  und  von  da  an  bis  zum  Ende  der  Reichsfreiheit  der  Stadt 
Nürnberg  sassen  die  Haller  in  beinahe  ununterbrochener  Reihenfolge 
im  Ratbe.  Viele  von  ihnrai  bekleideten  nicht  nur  die  höchsten 
Ehrenstellen  in  der  Stadt  selbst,  sondern  auch 'bei  Kaisern  und 
Fürsten. 

Unser  Konrad  Haller  gehörte  der  so  genannten  Konradinischen 
Linie  an.  Sein  Vater  war  Alexius  der  ältere  und  seine  Mutter 
(dessen  zweite  Frau)  Martha  Schürstab.  Geboren  im  Jahre  1464 
verheiralhete  sich  Konrad  1487  tnit  Barbara  Ortolph.  Nach  deren 
Tod  nahm  er  die  Klara  Spalter,  eine  geborene  Voick  zur  Frau,  und 
endlich  1535  Helena  Schlewilzer ,  die  Wittwe  des  Albrecht  Scholl. 
Trotz  dieser  dreifachen  Ehe  hinlerliess  er  nur  einen  einzigen  Sohn 
Konrad,  mit  welchem  1562  diese  Linie  wieder  ausstarb,  und  zwei 


*)  Im  Uullerbuche  von  1488  Fol.  15  befindet  sich  auch  die  willkommene 
Abschrift  einer  Urkunde,  dallrt  in  eraslino  oonmrionis  beati  pauli  1388,  nach 
welcher  Ulricus  «lictus  Haller  civis  Nürenbcrgensis  von  einem  Chunraditt  dapifer 
de  Lirn[>urch  einen  Hof  zu  Lourliemlorf  erkaiifle.  Dcrsfllie  Ulrich  erwnrb  1307 
von  Gottfried  von  Sciilüsselberg  das  Dorf  Lauf,  welches  er  mit  Mauern  umgab 
und  deann  SeUoaa  er  befeetigte.  SpUw  kam  Beides  an  die  Krone  Böhmen, 
dann  in  PlUs-Btyeni  und  1604  bekannUieh  an  Ndmberg.  (Handaehrift  im 
k.  KrelnrefaiTe  ROmberg  num.  162  Seile  409.) 


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256 


Heinrich : 


Töchter.  Konrad  Haller  bewohnte  ein  Haus  auf  dem  Ponersbei^ 
(jetzt  Paniersplatz)  und  besass  aueh  den  Herrensitz  Rauensäss.  Von 
1503 — 1536  verwaltete  er  das  Pländeramt  und  war  nach  Angabe 
der  hierorts  verwahrten  Aemter-BQchlein  und  Rathsveriflsse  in  den 
Jahren  1520  und  1533,  zu  welcher  Zeit  zwei  grosse  »Sterben«  hi 
Nämberg  herrschten,  Bfirgermeister.  Als  Hans  Haller,  seines  Taten 
Bmderssohn,  1493  starb,  setzte  er  das  von  demselben  im  Jahre  1488 
angelte  »Hallerbuch,  darin  er  zusamnion  bracht  von  lanjrcn  Jaren 
beer,  zu  wem  die  Hallen  vnd  die  Halierineii  gehairatct  haben«  bis 
7,u  seinem  Tode  fori.  Dieses  Bmii  betindel  sich  im  Besitze  des  Frei- 
herren SipmiHid  Haller  von  Haiierstoin,  rechtskundigen  Miigistrats- 
ralln  -  in  Nürnberg.  Wohl  durcii  solche  Arbeit  angeregt,  entschlo^s 
sich  Konrad  noch  in  seinen  allen  Tap^n,  das  wahrscheinlich  l)ei  dieser 
nelo?enheil  gesammeHe  Material  zu  einem  umfangreichen  Geschlechter- 
buclie  der  Nürnbergischen  Familien  zu  vorarbeiten. 

Vor  dem  Vorstossblatte  dieses  Buches  ist  ein  Papierbogen  ein- 
geklebt, auf  welchem  von  neuerer  Hand  die  Entstehungsgeschichte 
und  der  Inhalt  desselben  mit  folgenden  Worten  in  Kürze  geschildert 
werden. 

»Anno  1535  hat  Conrad  Haller  der  Adtere  Ein  Buch,  welches 
Er  im  Jahre  1533  anfangen,  von  den  Alten  Adelichen  Geschiechten 

in  Nürnberg,  von  Ihrn  Herkommen  und  zu  Werne  Sie  gehäurathet, 
durch  Hieronymum  Spalter,  seinen  StiefT  Sohn,  schreiben  vnd  mit 
gemählder  Wappen  zieren  lassen,  Welches  Er  Einem  Erwürdigen 
Rath  alhie  verehret,  und  heuntiges  tages  in  der  Losung  Stuben  in 

Verwahrung  ist. 

In  denselben  Buch  stehen  ' erstlirh  allr  RaIhsITihige  (icsehlecht. 
Nachmals,  was  soristen  von  Krl)ani  Geschlecliten  in  der  Statt  ge- 
wöhnet, die  doch  nicht  in  Rath  gangen. 

Der  Rathfähigen  Geschlecht  Wappen  sind  in  dieser  Ghronicft 
von  jahm  zu  jahm,  wie  Sie  in  den  Rath  kommen,  verzaictmet  So 
ist  bei  den  grosen  Geselhi-Stechen  im  Jahr  1446  verzaichnet,  Was 
zur  selben  Zeit  von  Erbam  Geschlechten  in  der  Statt  Niimboiig  ge- 
wohnet Vnder  denselben  smd  diese  nachfolgende  nicht,  und  doch 
von  Conrad  Haller  un  gedachten  Buch  vnder  die  Erbam  gezehlet, 
dass  Sie  nach  gedachten  fleselln-Stechen  erst  in  die  Statt  kommen 
zur  Zeit,  alss  Ermeltes  Buch  gefertiget  worden,  und  darinnen  ge- 
wohnet haben.  Wie  folgt:  Die  Spalter,  Pcringsdörffer ,  Scheurl, 
Cämmerer,  Kötzel,  Hagelsheimer,  Oerttel  von  Altenstain,  Melber, 


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Daä  üeschlechlerbuch  des  Konrad  Hallen 


257 


EObder,  Köhler,  Ton  Floben,  Schlauderspacher,  Letsclier,  Sdunid- 
nuur,  Erckel,  Oelbafen,  Knöbel,  Setdenschoer,  Hemmioger,  Wolken- 
fttain,  Halbwachs,  Eoberger,  Rechen,  Winkler.  Folgende  Geschlecht 
stehen  nicht  in  Conrad  Hallers  Bocb  ander  den  Erbiun,  werden 
aber  doch  zu  unsem  Zeiten  den  Erbam  Geschlechten  gleichgehalten: 
Schleicher,  Stockamer,  Pessler,  Müntzer,  Gugol. 

Nachfolgende  alte  doch  Unralhfahige  Gesclüeclit  haben  Anno  1446 
schon  zu  Nürnberg  {rewohnet,  und  sind  dafür  gehalten  worden,  ob 
Sie  wohl  in  das  dainahliche  Gosteeh  nicht  eingeritten  sindl:  Sembler, 
Prünsterer,  Pessler,  Oertol,  von  Tliill,  SchedeU. 

Das  Titelblatt  der  kostbaren  Handscliritl  ist  mit  dem  kaiser- 
lichen Wappen,  geliallen  von  zwei  Löwen,  jedoch  ohne  die  Kette 
des  goldenen  Vliesses ,  aut  rolhem  mit  Silber  dama.s/jrlen  Grunde, 
geschmückt.   Rechts  unterhalb  des  kaiserlichen  Wappens  befindet 
sich  das  Wappen  der  Reichsstadt  Nämberg,  den  goldoien  Adler  mit 
gekröntem  Jongfrauenkopffe  un  blauen  Felde  darstellend,  Unks  das- 
selbe aus  einem  halben  echwansen  Adler  im  goldenen  Felde  und  dem 
Roth  und  Silber  sechsmal  schrägrecfatsgetheilten  Schilde  bestehend. 
Auf  der  ROckseite  des  Titelblattes  prangt  das  Portrait  des  Konrad 
Haller  von  einem  Portale  umralunt.    Darunter  steht  die  Inschrift: 
»Mein  Cunraten  I lallers  des  eitern  Contrafactur,  meins  altera 
im  drey  vnnd  sicbentzigk  Jarn  mit   .snni|)t  mein  sech.s/.ehonn 
Anen  von  Vutter  vnnd  Mutter.  Geschehenn  zw  Volendung  dilzs 
buchs.    Anno  salutis  1536.« 

Oberhalb  der  Urnralmiung  des  Bildnisses  zeigen  sich  rechts  das 
Haller'sche  und  links  das  Ortolph-Volck'sche  Alliance- Wappen,  dagegen 
ist  im  GiebcUelde  des  PortaLs  das  Schlewilzcr  Familien- Wappen  an- 
gebracht. Diese  drei  Wappen  sind  jedoch  ohne  Helme  und  Helm- 
kleinodien abgebildet.  Unterhalb  des  Portraits  sidht  man  die  Wappen 
der  sediszehn  Ahnen  des  Eonrad  Haller,  bestehend  aus  vier  zusammen- 
gesetzten mit  je  einem  Helm  und  Helmkleinode  versehenen  kleineren 
Wappen  auf  grdn  geschachtem  Grunde  abgebildet 

Hierauf  folgt  das  aus  sechs  Bl&ttem  bestehende  Register:  »An- 
zaigung,  des,  so  in  dysem  buch  verleybtt  ist,  vnnd  wa  sich  ein  yedes 
Geschlecht  anfecht,  nach  der  zale  der  pletter. 

Die  vorreth  oder  eingang  des  dytzs  buchs  Fol.  1. 

Wa  von  dyse  Stat  den  Namen  Nürenberg  vberkonnnen  vnd 

durch  wen  sie  gepaut  worden,  wie  etzliclie  sclireyl)en        Fol.  1. 

Von  Kaiser  Arnolphy:  der  geburth  ein  Hertzog  in  Bayrn,  auch 
ArebIvaUMlw  ZeUMhrift  11.  17 


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258 


wie  sein  San  durch  Graff  Albteehten  von  PCabenberg  ^,  entleybt, 
vnnd  gedachter  Graff  Älhrecht  wyderamb  durch  Konig  Ludwigen 
des  entleybten  bruder  gestrafft  wardt,  dardurch  Nurenberg  an  das 
Reich  kommen  ist  Fol.  2. 

Zw  welichcr  Zoitt  die  Electores  erwelot  worden  sein.  Fol.  4. 

Von  Kayser  Ilaynrichenn  dem  andern  *)  bis  vfT  den  ytzigen 
Romischen  Kayser  Carolum  den  FunflFlen  vnd  seyner  Kayserlichen 
Majc>tät  bruiicrii .  den  Hornist  hcnn  Konijr  Fenlynanten  volfron  alle 
Kayser  vnnd  Konig  mit  jren  Wapenii,  wer  ein  yeder  von  der  ge- 
burth  gewost,  vnnd  wie  lanng  er  Regiretl  halt  ^)        Fol.  4 — 11. 

Des  AUerdurchluuchtigisten  (irossmcchtygsten  Kayser  Carls  des 
Fänfften  seyner  Kayserlichen  Majestät  Konig  Reichen n,  Ertzhertzog- 
thumb  vnnd  Hertzogthum,  Graff  Schafften,  Pfallzgraff  Schafften, 
Landgraff  Schafften,  Haiggraff  Schafften,  annderer  Herschaffen  vnnd 
dergleichen  Wapen  Fol.  11—13. 

Etzliche  geschichtenn  so  durch  vnnd  vnter  Kayaer  Karin  denn 
Fönfflen  besclieen  sein,  bis  vff  Anno  1533  zw  anfanng  des  Buchs 

Fol.  14. 

Von  dem  Bysthum  Babenberg,  wie  lang  ein  yeder  Bisctioff 
Regirett,  vnnd  wer  er  Ton  der  geburlh  gewesen  ist,  anfahent 

Fol.  14. 

vnnd  endtcn  sich  Fol.  18. 

Von  Ollieri,  einem  Herlzogen  Zw  Meron,  wie  er  ermort  Ist 
wordten,  vnnd  wa  hin  sein  Lant  gefallonn  ist  Fol.  18. 

Von  den  Burggrauen,  wie  sie  ir  lant  vberkomen,  wen  sie 
Marggrafen  worden  sein.  Desgleichen  ir  Slam,  SypschafTlt,  vnnd 
anders  etc.  an&hentt  Fol  18. 


Auf  Folium  8  ist  der  Graf  Albneht  vtm  Babenberg  mit  Bumer  tuid 
Wl^ppiischildeii  ul)i.'f'l>ildet 

Auf  Folium  4  b  befindet  sieb  eine  Abbildung  Kaisers  Heinrieh  II.  und 
seiner  Gemahlin,  tin  Hoddl  dea  Bamberger  Doms  in  Händen  haltend.  Zwischen 
den  bdden  Figuren  sind  die  Wappenachilde  BaTerns,  Brabants  und  Baml»erg8 
anfebracIiL 

*)  Fol.  H  zoit.'t  eine  Ahhildiiitvr  des  Kaisers  Maximilian  I.  mit  seinen  beiden 
Gemahlinen  und  den  euliiprechenden  Wappenschilden.  Fol.  9  b  bringt  eine  Ab- 
bildung des  Kaisen  Philipp  mit  seiner  Gemahlin  nebst  Beider  Wappen.  Fol.  10 
hat  eine  Abbildung  des  Kaisers  Karl  V.  mit  seiner  Gemahlin  Maria  von  I'orlu^'al 
und  Beider  Wappen.  Fol.  10  h  7c\\:\  eine  Abbildung  des  Kaisen  Ferdinand  L 
mit  seiner  Gemahlin  und  ihre  Wappen. 


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Das  GfisclLlechierbuch  des  Konnd  Halter. 


269 


vnd  endet  sich  Fol.  25. 

Wie  die  Stat  Nürenberg  etzwas  noth  liedt  vnter  Konig  Cun- 
raten  dem  andern  Fol.  26. 

Wie  die  Stat  von  Kayser  HaTiiridieii  dem  FQnfllen  gewonneDf 
Yund  sorschleiiftt  wardt  etc.  Fol  26. 

Von  dem  zweURen  Thurnier  der  hie  gelulten  wardt  durch 
Kayser  Haymichemi  den  sechsten  Fol  27. 

Von  dem  Bysthumb  Wfirtzbuig,  wer  ein  yeder  Bischoff  von 
der  gehurt  gewest,  vnnd  wie  lang  er  Regiret  hatt         Fol.  27. 

vnnd  endet  sich  Fol.  30. 

Von  dem  Bysthumb  Aychstetl,  wer  ein  yeder  BischoflF  von  der 
gdilirt  gewest,  vnd  wie  lanng  er  Regireti  halt  etc.  anfahent 

Fol.  31. 

vnd  endet  sich  Fol.  34. 

Von  denen,  so  vnnter  der  Kegirung  König  RudolfTs  des  an- 
dern    alhie  vff  der  Vhesten  verfallen  sein  Fol,  35 — 37. 

Etzliche  geschichtenn  so  vnter  vnnd  durch  Keyser  Karin  denn 
Vierten  hie  geschehenn  sein  Fol.  37 — 40. 

Von  hieigen  Sebidtheyssenf  vnnd  wer  dieselbenn  geweseon  sein 

Fol.  41—44. 

Von  dem  alten  eerlichen  Adelichen  Gesddeeht  der  Waltstromer 
anfahent  Fol.  46. 

Von  dem  aufflauii;  wie  alle  Sachen  sich  verloffen  liabenn  vom 
anfang  zum  endt  FoL  51—53. 

Von  Sanct  Sebalt  vnn5'«:orm  alten  patron  Fol.  54. 

Ein  abcontrafiictur  dyi?or  Statt  Nüronber^  Fol.  56. 

Von  einem  taplTern  ^resellen  gestech,  welichs  hie  vnnter  den 
hohenn  Zcugonn  besciiehenn  ist  Fol.  57—09. 

Ein  kleiner  be.^^chlus  vfif  die  obgeraelten  geschichtenn  vnnd 
manycherley  beschreybung  FoL  60. 


Von  den  fe«elil«ehtenn. 

Das  gesdilecht  der  Ebner    .  . 

Pfintzing  anfUiennt  Fol.  62.  Krauter  .  . 

Essler   86.  Schopper 

Maurer   „    90.  Behaym  .  . 

Haller   „    92.  Neuenmarcker 


FoL  116. 
«  126. 

127. 
„  132. 
«  140. 


')  »amlarnc  iit  im  Bueh«  diirelistrieb«D. 


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260 


Heimich: 


Mentellein  .... 

Fol. 

140. 

Sacfassenn  .... 

Fol. 

309. 

Weygd  

»» 

141. 

Zenner  ..... 

tt 

311 

Muflfel    .  .   .   :  . 

V 

142. 

Wagner  

tt 

313. 

Langmann  .... 

V 

148. 

Haydenn  .... 

Tf 

314. 

Bylgram  von  eyb 

II 

149. 

Grabner   

tf 

316. 

Die  Tom  Stdn    .  . 

n 

161. 

Pyrckbaymer  .  .  . 

t* 

319. 

Holtscfauer  .... 

5» 

151. 

Pömer  

»» 

323. 

Dcrrer  

ti 

168. 

Grasser  

»1 

327. 

Nützc'l    .    .    .    ,  , 

»1 

172. 

Kressenn  .... 

tf 

330. 

Stroniayr  .... 

»t 

m 

Im  Hoff  

»» 

338. 

Mfintzsmaystcr     .  . 

»» 

192. 

Sleinliiiger  .... 

n 

349. 

Braunvvart  .... 

i> 

194. 

Schützen  n  .... 

11 

351. 

Kaller  von  Babenberg 

»1 

195. 

Valtzncr  

11 

353. 

Vorchttel  .... 

u 

197. 

Baumgartner    .    .  . 

11 

354. 

Tucher  

201. 

Zolner  

)f 

362. 

Schärstabenn  .  .  . 

ti 

214. 

Rmnel  

n 

365. 

Kaedoiffer  .... 

ff 

224. 

Uebharten  naefafol- 

OrÜieb  

1* 

227. 

gent  genant  Gam- 

Grosseim  .... 

n 

229. 

mermayster  .  .  • 

n 

371. 

Kaderpeckenn  .  ..  . 

n 

238. 

Rieter  

tt 

374. 

Eyssfc^l  .... 

n 

240. 

Zyngel  

»t 

382. 

Teufel  

)t 

242. 

Hegner  

»1 

385. 

Koler  

t» 

245. 

Reichenn  .... 

ti 

388. 

Grünt  herren    .    .  , 

ft 

255. 

Löffelholtzs  .... 

it 

392. 

Schmugenhofer    .  • 

259. 

Fürer  

1» 

398. 

Tetzel  

« 

261. 

Harstorffer  .... 

11 

402. 

Puckenn  

»» 

273. 

Hyrssfofrel  .... 

11 

407. 

Nadler  

»» 

273. 

Prünsterer  .... 

11 

412. 

Grolannt  .... 

»» 

273. 

Relinger  

»t 

414. 

Flechfldoifer    .  . 

ft 

280. 

Lemel  

tf 

414 

Senbollt  

n 

282. 

Starekenn  .... 

ft 

416. 

Geader  

ti 

283. 

Meichssner  .... 

t* 

41& 

Kestel  

»« 

290. 

Wolff  

tt 

420. 

Mendel  

n 

291. 

Topler  

it 

422. 

Aman  

»1 

295. 

Füterer  ..... 

t» 

426. 

Ehinger  

»t 

297. 

Welser  

1» 

429. 

Volckhajiner    .    .  . 

11 

298. 

Schlüsselfeldter     .  . 

tt 

432. 

Ein  beschlus  der  alti'n 

Erbern 

gesrhlechl  des  kleinem 

Raths,  vnnd  ein  anfang  auch  etlicher  alten  erbem 


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Das  Ofliehleehterbiwh  dm  Komad  Haller.  261 


geschlechtt,  die  doch  l)is  beer  zu  dyser  Zdtt  des  kleinern 


Raths  nit  gewesenn, 

sunder  dos  grossem  etc.  .  . 

Fol.  434. 

r  Ol. 

OU-t. 

^<^VinrVltpn  nnfnhpnf 

FoL 

X  vi» 

»» 

11 

Snaller  ... 

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446 

Reclipnn 

II 

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Uli. 

455 

Bprff  pn  n  storffpr 

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TliA  vonn  1Va{1i 

^^AV     vVAUA      TT  Hm  m 

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II 

Sdilfibitzer  . 

H 

461 

Hni7p1fihA]niAi*ilie]i]t  cpp» 

NftTdmiff    *   -   *  - 

w 

464. 

Tlftllt      -       -      *  . 

11 

517 

OrtnUf 

1) 

4ftfi 

Melher 

tt 

Efitzler 

11 

11 

II 

&^}i1ftiiiiM>ftlMii*hai> 
OMUcuiucKaiHkuinr  •  » 

tl 

Hüluior  ... 

M 

476 

Sdimvdf  mer 

V 

ß27 

Schedel  

1* 

47a 

Oelhafenn  .... 

tt 

530. 

Die  von  plabenn  .  . 

It 

481. 

Seydennschuer .   ,  . 

11 

533. 

Die  Yon  Tliyl  .  .  . 

II 

486. 

Wolckenstein  .   .  . 

It 

536. 

489. 

Koburgcr  .... 

t' 

538. 

Vlstatt  

1» 

491. 

Elbannger  .... 

II 

542. 

Oerltl  

n 

494. 

Moer    etzliclier  ge- 

1» 

497. 

schlechtt  Wapenn 

It 

499. 

anfahentt     .   .  . 

tt 

544. 

II 

SiQl. 

vnnd  cffiden  sich  •  . 

tl 

649«. 

Diese  letzten  sind:  HSltt,  von  Lochhaym,  Focitenbach,  Rosenn- 
berger,  Graytzs,  Kieffhaber,  Stayber,  Sauermann,  Straub,  Diether, 
Garttner,  Holielmer,  Rotbmunt,  Stauif,  KraIR,  Vocker,  Hoflfaiann, 
Pelick,  Münsters,  Schütz,  Zolner,  Fluck,  Weyomann,  Pöler,  Römer, 
Erafft,Scbeuife11ein,'Haunolt,  Stockha}Tner,  Tiechtoll,  Franntz,  Müntzer, 
Bayr,  Gugel,  Schlüsselborgor ,  Glockonnkieser,  Johann,  Pfanmus, 
Voytt,  Schleiclier,  Gorion,  Hertz,  Wynckler  und  Thema. 

All  die  .Mitlboilungen  über  diese  Geschlechter  sind  nun  auf  das 
Reichlichste  mit  Abbildungen  versehen.  Oflo  von  Moran  tritt  auf 
mit  Banner  und  Schild.  Am  Schluss  des  Artikels  über  die  Ilnhen- 
zollern  hält  ein  Engel  mit  ausgesti(>ckleu  Armen  die  ;,'oldonen  und 
silbernen  Insignien  des  Schwanencndiiis.  Das  zwölfte  Turnier  Kaiser 
Hdnrich  VL  zeigt  das  kaiserliche  Wappen  umgeben  von  denen  der 
TomierfOgCe  des  Landes  zu  Franken«  zu  Schwaben  und  des  Rhein- 
Stroms.  Das  Gesellenstechen  selbst  ist  abgebDdet  mit  den  Klefnodien, 


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262  Hcimfebt  Das  QascblechtertMnh  dn  Komd  Aüler. 

welche  Haller,  Volckhaymer  und  Tetzel  gewannen.  Auch  Altäre,  Spitäler, 
und  andere  StiftungeQ  werden  samml  ihren  HeiHg:cn  dargestellt. 

Auf  dorn  letzten  Blatte  (550)  sind  nachfoI{;ende  Ansprache  an 
die  Beurtheilcr  des  Buches  und  eini^'o  Verse  über  die  Entstehungs- 
und Beendigungszeit  desselben  angehängt: 

»Beschlus  etc. 

Ob  yeinant  dytzs  mein  angezaigt  Wcrck  nit  gefallen  würdt,  des 
Ich  doch  nit  mit  kleiner  mühe,  Arbaytt  Tnnd  Kostung  im  aller  besten 
zu  efaeren  Einem  FQfsiditigen  Erbam  Weysen  Rath  dyser  löblichen 
Stat,  meynen  lieben  harren  vnnd  Freundten,  auch  allen  Erbam  ge- 
schlechtenn,  den  nach  komenten  zu  einer  gedechtnus  vnd  anraytzung 
eines  erbam  wesens  gemacht,  demselben  wolt  ich  gönnen,  das  er 
ein  bessers  machte  oder  an  jneyner  stat  gewesenn  were.  Ich  habs 
aber  denen,  so  es  gefaDen  wCirdt,  in  allem  guten,  so  tU  mir  mög- 
lichen zuerfaren  gcwcst  ,  von  wegen  vnsscr  lieben  eitern,  auch  zu 
hannthabung  jrer  gedechtnus  b^  mir  vnnd  mit  mir,  nit  wollen  er- 
leschen lassen  etc. 

Als  man  zalt  1600  Jar 

vnd  .  33  .  gleich  als  war 
Her  ChristofT  Ti  tzel  losung  her 
vnd  mit  im  her  Hans  Volckhaymor 
Her  ChristolT  Kross,  was  aucli  hohafl't 
mit  in,  in  hof  hstcr  liaubt  inanschafft 
gleich  am  Nt-un  ZeiKMiton  .luny 
ward!,  ditz  bucli  anu'efaiipen  hy: 
Hernach  wurdt  gar  volendet  dis 
am  drey  vnd  zweintzigsten  Decembris 
Als  man  zalt .  36 .  Jar 
der  Zeit,  als  in  Regirung  war 
Her  Ghiistoff  Tetzel,  vnnd  auch  Her 
Lienhart  Tucher,  baydt  losung  her 
Her  Sebalt  Pfintzhig  auch  darbey 
Die  obersten  Haubt  menner  drey 
Zu  Nürenberg,  in  dem  Regiment 
Gott  all  ding  mit  gnaden  endtc 

Es  bedarf  kaum  eines  Hinweises,  welchen  Reichtfanm  dieses 
Werk  for  genealogische  und  heraldische,  wie  für  knlturgeschicbtliche 
Forschungen  darbietet. 


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XVI.  Sammlung  von  Siegel-  und  Medaillen -Abgüssen 
im  Beichsarohiy  zu  MüncheiL 

Von 

Karl  Primbs, 
k.  ReiehwidiiT-Awwar. 

In  alten  Zeiten  rnanpelte  den  Urkunden  in  der  Repel  die  Unter- 
schrift, und  nicht  einmal  ein  MonoKranini  wurde  auf  Allen  angehracht. 
Die  Siegel  waren  daher  die  einzige  Beglaubigung.  Was  Wunder?, 
dass  man  wahrhaft  erfinderisch  in  Anwendung  von  Maassregeln 
war,  welche  Missbrauch  der  Siegel  verhindern,  oder,  wenn  er  vor- 
kam,  ihn  erkennen  lehren  soHteo.  In  ersterer  Beziehung  wurde  am 
meisten  die  Anwendung  der  kleinen  Ckmtrasi^  beliebt. 

Trotz  d^  qi&ter  fast  unerlftssUch  geworden«!  Unterschriften 
erbidt  sich  der  Gebrauch  der  Siegel  nichts  destoweniger  in  voller 
Kraft»  und  selbst  die  Neuzeit  hat  sie  nicht  abgeschwftcht  für  feier- 
liche und  (Srmliche  Urkunden. 

Wenn  nun  häufig  Sloflf  der  Urkuntlen,  Form  der  Schrift,  Art 
der  Formeln  wie  Datirung  den  Diplomatiker  hinsichtlich  Aeihtheit 
oder  Fälschung  von  Urkunden  in  bedenkliches  Schwanken  versetzen, 
dient  ilim  die  Art  iler  Anbringung  der  Siegel,  Form  und  SfofT  der- 
selben, Bildtypus  und  Legende  noch  als  einziger  sicherer  Leitfaden. 

Das  Ueberwiegen  hestinmiter  Vornamen  im  Bunde  mit  dem 
selbst  noch  im  dreizelniti  ii  Julirhundertc  häufigem  Wechsel  von  Ge- 
schlechtsnamen- und  Wappen  bildet  für  den  Genealogen  schwer  zu 
umschiffende  Klippen.  Wie  ein  stsuertoses  Schifl  auf  hochgehender 


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264 


Prfanbs: 


See  fühlt  er  sich  aber,  wenn,  wie  dip>  leider  nur  zu  oft  der  Fall 
ist,  auch  noch  das  letzte  Rettungsmittel,  das  Siegel  fehlt. 

Welche  Schätze  schlummern  endlich  auch  für  den  Künstler 
noch  in  den  Schreinen  der  Archive,  in  denen  so  viele  Pracbtsiegel 
lagern ! 

Hei  dieser  BedL-ulunji',  welclie  die  Sio^rol  noch  immer  halni^n,  ist 
zu  hfklagon,  in  welcli  trostlosem  Zustande  die  Siej,'«'!  an  den  Urkunden 
so  häuli^,'  >;ich  Ix-linden  in  Folge  ihres  an  sich  der  Zerstörung  unter- 
>Yorfenen  StofTes  und  der  Jahrhunderte,  welche  ülser  sie  meist  nicht 
mit  schonender  Hand  hingezogen  sind.  Nur  die  Päpste  und  hie  und 
da  ein  Kwser  oder  Ordens-Grossmeister  wendeten  Metallbullen  an, 
die  übrigen  Siegler  bedienten  sich  des  Wachses  oder  ähnlicher  Stoffe. 

Alle  Vorsicht,  die  früher  nur  zu  oft  mangelte,  und  zum  Theil 
noch  heute  5fter  Termisst  wird,  yerroag  g^pm  diese  Umstfinde  mit 
Erfolg  niclit  anzukämpfen. 

Frühe  war  man  deshalb  darauf  bedacht,  die  Si^l  wenigstens 
in  Gopieen  zu  erhalten,  sei  es  dass  man  sie  abzeichnen,  oder  ab- 
giessen  Hess.  So  manches  Copialbuch  gibt  von  diesem  löblichen 
Streben  Zeugniss.  Ein  Abt  des  Ix^deutenden  Klosters  AValdsassen 
liess  sogar  die  Tdtesten  und  wichtigsten  Wappensiegel  in  Farben 
ausführen.  Ein  grosser  Theil  dieser  Abbildungen  liegt  noch  den 
Urkunden  im  bayerischen  Ileieiisarchive  an.  In  glücklicher  Stunde 
ti'af  man  in  Waldsassen  jene  V'orsichlsmassregel;  denn  jetzt  fehlt 
der  dne  Theil  der  Siegel,  der  andere  aber  ist  meist  in  einem  Zu- 
stande, der  Bild  wie  Legende  nur  schwer  mehr  erkennen  Iflsst  So 
entstanden  auch  anderswo  mehr  oder  weniger  umfimgreicfae  Samm- 
lungen von  Siegel-Nachbildungen.  Aber  die  Zeichnungen  amd  dodi 
keine  Originale.  Wie  wenig  verlässig  ältere  Abbildungen  shid,  be- 
weisen wohl  am  besten  die  den  ersten  XXI  Bänden  der  Mon.  Boica 
beigegebenen.  Vergleicht  man  Original  und  Copie,  so  wird  man, 
selbst  zugegeben,  dass  zur  Zeit  der  Herstellung  das  Original  noch 
besser  erhalten,  und  namentlich  manches  vorhanden  war,  was  jetzt 
davon  fehlt,  dennoch  zu  der  Ansicht  gelangen,  dass  ganz  abgesehen 
von  der  Schablone,  nach  welcher  bei  den  Abl»il(lnn'/en  gearbeitet 
wurde,  der  Phantasie  doch  gar  zu  viel  Spielranni  gegönnt  wurde. 

Abgüsse  aber  in  Gyps  und  Pasta  oder  von  antlereii  Stollen  her- 
gestellt, selbst  Guttapercha  nicht  ausgeschlossen,  sind  ni(  ht  minder 
der  Zerstörung  ausgesetzt  wie  Wachs.  Noch  inmier  fehlte  es  bisher 
an  einem  Stoffe^  der  grössere  Dauerhaftigkeit  gewährte.  Da  gelang 


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Sammlung  r.  Siegel-  o.  Medailleii'AbgflsMii  im  Reichiarehiv  »i  Manchen.  265 

es  einem  strebsamen  Hanne  Mfinchens,  nach  langen  Versuchen  ein 
GuBsmaterial  zu  oomponiren,  weldies  bessei«  Garantien  bietet 

Der  Chemiicer  Max  Röckl  erfand  eine  Metallcomposition,  welche 
leichtflüssig  genug  ist,  •  ll  st  in  die  feinsten  Partieen  der  Formen 
einzudringen  und  dadurch  Abgüsse  von  sellener  Treue  zu  liefern. 
Diese  ComiiosiJion  ist  /.ufrlcifli  von  einer  Härtf,  das?  sie  jedem 
äusseren  Kiiitln-.^e  7.11  widerstelien  vermag,  wenn  nicht  böswillige 
Hände  die  A1i;,mhso  ^:t'lh?:t  zersclilagen. 

Eine  ei^'cntluiiiiliclio  Hroncirung,  welche  Rückl  anpowendct,  ver- 
leilit  ilinon  nii  lit  nur  ein  hübsches  Ansehen,  sondern  auch  erhöhte 
Widerstandskraft. 

Dazu  kommt  etai  Vortheil  fOr  die  Siegeloriginale  selbst  Bei 
der  bisher  geflbten  Art  des  Äbformens  litten  selbst  unter  der  Hand 
eines  gefibten  Formers  die  Siegel  sehr  oft  nicht  unwesentlich.  Die 
Manipulation  Röckls  sichert  sie  dagegen  TöUig  tot  Beschftdigung, 
▼okiht  denselboi  Tielmehr  eine  natärliche  AuRHschung,  die  ihnen  er^ 
Deute  Dauor  verbürgt.  Auf  allen  Siegeln,  und  namentlich  auf  denen, 
wdche  aus  rothem  Si^lwachse  bestehen,  setzt  sich  mit  der  Zeit 
eine  Art  Schimmel  an,  welcher  nach  und  nach  die  ganze  Fläche 
überzieliend  und  allmähüg  sich  immer  liefer  in  das  Wachs  einfressend 
die  Existenz  der  ^uvo\  in  gefahrlichster  Weise  hcdrohf.  Rci  der 
von  Rockl  erfuHiliiicn  Al)formunpsart  wird  aber  aiuli  dieser  Moder 
—  Siegelfrass  —  oline  jede  Scliädigunpr  der  Siegel  völlig  enlfernt. 

Als  von  dieser  bedeutsamen  Erfindung  kaum  etwas  in  die 
Aussenweli  gedrungen  war,  wendete  das  k.  bayerische  Staats- 
mfaiisterium  des  Inner«!,  stihd  die  Wichtigtseit  des  Veifhhrens  richtig 
erkennend,  der  Sache  seme  volle  Aufinerksamkeit  zu.  Bereits  bn 
Jahre  1846  wurde  der  L  Akademie  der  Künste  in  München  und 
dem  k.  allgoneinen  Reichsarchire  daselbst  die  Wäsung,  das  von 
dem  Erfinder  entworfene  Promemoria  eingehend  zu  prüfen,  und  sich 
über  den  Werth  des  hierin  geschilderten  Verfahrens  gutachtlich  zu 
Süssem.  Beide  Anstalten  zollten  demselben  die  pohuhrcnde  An- 
erkennung. In  Folge  dessen  wurde  im  Jahre  1851  die  Anlage  einer 
Sammlung  von  Siegelnbgüs-en  beschlossen  und  die  Leitung  den  ge- 
nannten Anstalten  übertragen. 

Die  1854  in  München  erölTnete  hidnslrirausstellung  bot  zum 
ersten  Male  dem  grösseren  Publikum  Gelegenlieit ,  von  dieser  Er- 
findung Akt  zu  nehmen.  Allseitig  überraschte  die  Treue  und  Klar- 
heit der  Abgüsse  und  die  Elt^anz  ilwes  Aeussern. 


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266 


Primlw: 


Bis  zum  Jahre  1864  waren,  als  Geheimer  Rath  von  Lölier  die 
Leitung  des  Reichs- Archives  übernahm,  von  372  Siegeln  Abgüsse 
hergestellt.  Von  da  an  vermehrte  sich  die  Zalil  rasch  beinahe  utn 
das  Doppelte,  da  vom  Staate  fort  und  fort  beträchtliche  Summen 
dafür  l>e\vi]Iigt  wurdi  n.  Man  naiini  jetzt  Bedacht  darauf,  planmässig 
ganze  Heihenfolgen  von  Kaisern,  Fürsten,  Städten  und  andern  Ge- 
nosricnsciialten  durch  ilire  Siegel  zu  reprdsenliren  und  durcli  getreue 
Wiedergabe  der  Zeichnung  und  des  Costums  ebenso  künstlerischen 
Zwecken  m  dieD«i,  als  zur  Berichtigung  der  Genealogie  und  CShrO' 
nologie,  zur  Prüfung  der  Aeehtheit  von  Uikunden,  zur  Bereicherung 
der  Sphragistik  und  Heraldik  beizutragen. 

Ffir  die  Auswahl  der  abzuformenden  Siegel  wurde  Röckl  zur 
Pflicht  gemauM,  dass  alle  zu  nehmen,  die  vor  1300  &]len,  wenn 
sie  gut  erhallen  sind,  und  von  späteren  nur  diejenigen,  die  entweder 
ihre  Z'  il  in  it<rend  einer  Weise  hervorragend  cliarakterisiren,  oder 
künstlerisch  schön,  oder  ungemein  selten  sind. 

Neben  dieser  Sammlung  von  Siegeln  liatte  man  auch  eine 
solche  von  Abgüssen  der  künstlerisch  wie  historisch  interessanten 
Medaillen  angele^^t,  um  insbesondere  dem  Künstler  StolT  zum 
Studium  zn  bieten.  Diese  Sammlung'  —  freilich  jetzt  erst  116  Stücke 
umfassend  —  birgt  jed(xh  die  Perlen  des  so  reichen  k.  Münz-  und 
Medaillenkabinetes  in  München,  auserlesene  Werke  der  Slempcl- 
ächneidekunst  namentlich  aus  älterer  Zeit  Werden  einst  auch  die 
Formen  ihre  Verwendung  gefunden  haben,  welche  aus  Rdckls  Besitz 
in  den  des  Staates  fibergegangra  sind,  so  dürfte  dem  Künstler  eine 
Sammlung  zu  Gebote  stehen,  wie  sie  ihm  nur  wenige,  noch  dazu 
schwer  zugängliche  Kunstsammlungen  zu  bieten  vermögen. 

Leider  wurden  die  Arbeiten  öfter  durch  ein  rasch  sich  steigen- 
des Augenleiden  Röckls  unterbrochen.  Als  dasselbe  fast  bis  zur 
Erblindung  vorgeschritten  war,  konnte  man  sich  die  Gefahr  nicht 
verhehlen,  dass  mit  ihm  auch  sein  Geheimniss  verloren  gehen  könne. 
Um  dieses  zu  erhalten,  trat  das  k.  bayer.  Staatsniinisterium  des 
Innern  tür  Kirchen-  nnil  ScliulanKt'Ief,'enlieiten  mit  Röckl  in  Unter- 
handlungen. Dieser  vei  j»lli(  htete  sich  ^'egen  eine  hcihere  Leibrente, 
als  ihm  für  seine  Ertindun^'  bereits  zugestanden  war,  eine  ge<'ijrnete 
Persönlichkeit  vollständig  in  sein  Verfahren  sowohl  des  Abforuiens 
in  Gips,  als  des  Abgiessens  m  Metall  einzuweihen,  und  beides  auch 
in  ausföhriicfaer  und  verständlicher  Weise  schriftlich  niederzolegenl 
Bereits  im  Jahre  1872  erfolgte  die  Vorlage  einer  Reihe  von  Medailten- 


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Sumüiing'  T.  Siegel-  u.  Il«dafllea-Abgflnai  im  Rdebsarchiv  na  MflndMn.  267 

abgflgaeD,  welche  der  Schfller  Rödels,  Max  Dalbez,  nach  dessen.  An- 
leiUmg  gefertigt  hatte.  Sie  befriedigten  nach  jeder  Seite  hin.  Einige 
Jahre  spater  lieferte  Dalbez  vor  einer  Commission  den  Beweis,  daas 
er  völlig  im  Stande  sei,  gleich  seinem  Lehrer  auch  Siegel  abzuformen 
und  Abgüsse  herzustellen.  Die  schrifUtche  Beschreibung  beider  Ver^ 
fahren  wurde  gleichzeitig  übergeben. 

So  war  RöckJs  Erfindung  für  alle  Zeiten  nun  vor  Verlust  ge- 
sichert. 

Beide  Sammlungen  waren  bisher  in  den  Räumen  der  k.  Akademie 
der  Künste  aulgestullt ,  und  daher  fast  nur  von  Künstlern  benutzt 
worden.  Mangel  an  geeigneten  Räumlidikeiten  efnerseHs,  dann  der 
Wunsch,  die  Sammlungen  mflglichst  Vielen  zugänglich  zu  machen^ 
verankssten  Verhandlungen  zur  Verlegung  derselben.  Das  k.  all- 
gememe  ReicbsarchiT,  das  ja  ohnehin  die  Originale  zu  den  Siegd- 
ahgOssen  zu  liefern,  und  bisher  auch  die  Rechnung  zu  führen  hatte» 
erschien  besonders  zur  Uebemahme  geeignet  Mit  Freuden  erUfirte 
sieh  dasselbe  sofort  bereit,  nicht  nur  die  beiden  Sammlungen  und 
die  Gipsformen  zu  übernehmen,  sondern  auch  sie  systematisch  zu 
ordnen,  zu  beschreihen,  und  dem  Publikum  zur  Benützung  zugänglich 
zu  machen. 

Am  21.  und  '22.  Februar  1876  übernahm  das  Rcichsarchiv  die 
bei  der  k.  Akademie  verwahrten  Siegel-  und  Medaillenabgüsse,  am 
13.  März  die  bisher  von  Röckl  zurückbcliallenen  Exemplare,  und 
am  24.  Mai  konnte  schon  Alles,  nachdem  vorher  systematisch  an- 
gelegte Verzeichnisse  angefertigt  worden  waren,  in  drei  Kästen  dem 
entsprechend  Angelegt  werden. 

Im  Laufe  der  Monate  Juni  und  Juli  wurden  von  ROckl  noch 
an  4000  Stück  Gipsformen  übernommen,  und  obgleich  dieselben  in 
völliger  Unordnung  zur  Ablieferung  gelangten,  erst  mülisam  unter 
Zuhandnahme  der  Abgüsse  bestknmt  und  erst  Verzeichnisse  her- 
gestellt werden  mussten,  so  fanden  sich  die  Gipsformen  doch  bereits 
im  September  in  einem  eigens  hiezu  eingeräumten  Saale  aufgestellt. 

Viel  war  so  in  kurzer  Zeit  zur  Förderung  des  WVrkes  ge- 
schehen; aber  bald  zeigte  sich,  dass  man  erst  beim  Anfange  des 
Endes  stehe.  Die  Ordnung  der  Abgüs.se  nach  bestimmten  llaupt- 
grup|)en  lies-s  schnell  erkennen,  welch  grosse  Lücken  aller  Orten  noch 
vorhanden,  wie  wenig  abgeschlossen  im  Grossen  und  Ganzen  die 
Sammlungen  seien,  wie  planlos  früher  bei  der  Anlage  vorgegangen 
worden. 


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268 


Primbs: 


Nur  Ton  den  Siegeln  der  deutschen  Kaiser  konnte  man  sagen, 
dass  sie,  soweit  die  bayerischen  Archive  von  ihn^  Si^el  ver- 
wahren, fast  voll^^truidijr  vortreten  poien. 

Sehr  hlclcenliaft  waren  da<:ep-en  die  deutschen  Fürstenhäuser 
vertreten.  Selbst  die  Sammlung  der  Sie^'el  des  Hauses  Wittelsbach 
war  noch  weil  von  der  Vollständigkeit  enUernt.  Von  aus?«r- 
deutsehen  Häusern  fanden  sich  nur  einige  wenige  Siegel.  Der  Adel  • 
nicht  bloss  ganz  Bayerns,  sondern  noch  vieler  angrenzenden  Länder 
war  durch  123  Stücke  vertreten,  Städte  und  Genossenschaften  gar 
nur  darch  37,  die  Geistlichkeit  aller  Grade  aus  Italien  und  Deutsch- 
land mit  137  Stücken. 

Ergänzung  that  dringend  Noth,  und  zwar  unter  Beröcksichtigung 
der  ärgsten  Lücken.  Möglichst  rasch  aber  musste  die  Ergänzung  er- 
folgen, weil  nur  zu  unaufhaltsam  die  Zerstörung,  und  zwar  unter 
den  ältestoi  und  daher  wichtigsten  Siegeln  am  meisten  fortschreitet 
Nach  System  aber  mnsste  sie  vorgenommen  werden,  damit  nicht 
wieder  statt  seltener  oder  künstlerisch  interessanter  Siegel  des  Adels 
einige  dreissig  völlig  interesselose  Stücke  ein  und  derselben  Familie 
gewählt  wurden. 

Der  Winter  des  Jahres  1876  und  der  Frühling  des  heurigen 
Jahres  wurden  daher  dazu  verwendet,  aus  allen  Beständen  des 
Hrichsarchives  auszuheben,  was  vor  Allem  der  Berücksichtigung 
Werth  schien ,  sei  es  wegen  drohender  (Jclahr  der  Zerstörung, 
sei  es  wegen  besonderen  Interesses  des  Siegels.  Bereits  zu  Ende 
Mai  waren  360  Siegel  -  ün  Reichsarchive  fOr  die  Abformung 
bereit  gestellt  Jedoch  mit  dem  Bereitlegen  allem  war  es  nicht 
gethan. 

Um  den  Äbguss  für  die  Sammlung  auch  verwirklidien  zu 
können,  bedurfte  es  grösserer  Summen,  als  dem  Reichsarchive  für 

dieses  Jahr  zur  Verfügung  gestellt  waren.  Da  trat  das  k.  Staats- 
ministerium des  Inneren  für  Kirchen-  und  Schut-Angelegenhciten, 
wdches  ja  gleichfalls  von  den  ersten  Anfängen  an  der  Sammlung 

das  wärmste  Interesse  und  stete  Hilfe  entgegen  getragen  hatte,  nach- 
dem ein  ausführlicher  Bericht  auseinandergesetzt  hatte,  wie  jetzt  ein 
energischeres  Vorgehen  eintreten  könne  und  müsse,  durch  GewäluTing 
der  nöthigen  Mittel  helfend  ein. 

So  konnte  nicht  nur  der  Plan  verwirklieht  werden,  alle  aus- 
geholienen  Siegel  noch  in  diesem  Jidirc  abgiessen  zu  lassen,  sondern 
aucii  dieselben,  nachdem  die  Mittel  zur  Anschaffung  weiterer  drd 


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Suinmlung  v.  Siegel»  u.  Hedaiilen-Abgüääen  im  lieicbsarcbiv  zu  München.  269 

Kftsten  Torhanden  waren,  sofort  entsprechend  einsulegen  und  der 
Boiützuiv  zugänglich  zu  maehen. 

Es  hatte  der  Zeit  von  1851  bis  1868  bedurft,  um  die  Sammlung 
der  Siegel  auf  den  Stand  von  631  Stücken  zu  bringen,  das  Jahr  1877 

erhöhte  sie  fast  zur  Vollzahl  des  ersten  Tausends.  Vorhanden- 
sein der  nöihigen  Mittel  wird  die  Sammlung  sich  rasch  vef^ 
grössern,  da  für  die  folgenden  Jahre  schon  weitere  500  Siegel  vor- 
gemerkt sind. 

Leitender  Faden  bei  der  Anlage  der  Sammlungen  war,  vor 
Allem  die  ältesten,  und  dann  die  seliönsten  Siegel  durch  Abguss 
dem  Verderben  zu  entreis-en,  sie  dem  Studium  für  immer  zu  er- 
halten. Die  Siegel  ilcr  Kaiser  und  deulsclien  Fürsten,  sowie  der  Geist- 
lichkeit, namentlich  auch  der  Cardinäle,  sollten  vor  allen  anderen  be- 
rücksichtigt werden.  Vorläufige  Beschränkung  auf  das,  was  das 
Rdchs-  und  net}en  ihm  das  Haus-  und  Staatsardiiv  boten,  schloss 
die  Benützung  fremder  Archive  und  Sammtungen,  wenn  auch  nicht 
vöUig,  aus.  Dieser  Faden  wird  auch  noch  ferner  zur  Richtung 
dienen,  und  die  (immerhin  Ausnahmen  zulassende)  Beschränkung  in 
so  lange  Norm  bleiben,  als  die  Schätze  der  bezeichneten  einheimischen 
Archive  nicht  völlig  gehoben  worden  sind. 

Dass  in  erster  Linie  immer  das  heutige  Bayern  ins  Auge  ge- 
fassl  werden  wird,  Ix'darf  keiner  Erörterung. 

Die  Sammlung  wurde  nun  nach  folgenden  Hauptgruppen  geordnet : 
I.  Deutsche  Kaiser. 
II.  Könige  und  Fürsten, 
ni.  Adel. 

IV.  Städte,  Universitäten,  Zünfte  und  andere  Genossenschaften, 

V.  Geistlichkett. 

Die  erste  Gruppe  zählte  bd  der  Uebemahme  166  Stücke  und 
umfosste  die  Zeit  von  Karl  dem  Grossen  bis  Joseph  IL  In  sokher 
Zahl  und  Auswahl  nach  Beschafltoheit  der  Siegel  dürfte  wohl  kein 
anderes  Archiv  im  Stande  seui,  diese  Abiheilung  herzustellen.  ^Sa 
Beweis  hieffir  ist  es,  dass  bereits  1874  für  das  tliplomatische  Seminar 
in  Wien,  und  jüngst  für  das  Museum  in  Berlin  Abgüsse  eines  Theiles 
der  Siegel  gewünscht  wurden. 

Die  (;rni)pc  II,  die  ZtMt  von  910  bis  1792  umfassend,  repräsentirte 
17  Fürsteiiliäust'i'  und  bestand  au^  170  Exemplaren. 

Die  Grujipe  III  entliiell  123  Stücke  aus  der  Zeit  von  1179  bis 
1617.    Die  schwächste  Gruppe  war  die  der  Städte  und  Genossen- 


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270 


Primbs : 


aehafteiL  Nur  37  Stöcke  fanden  sich  tot,  von  denen  18  Siegd  der 
Zfinfte  der  Stadt  Sp^er  waren. 

Erwfigt  man,  dass  die  Gruppe  V  die  Geistlichkeit  aller  Grade 
und  Linder  umfaast,  so  war  eine  Zahl  ychi  137  Siegeln  nicht  viel. 

"Wenn  bei  Gruppe  I  die  frühsten  Kaisersiegel  —  zum  Thefle 
Gemmen  —  insbesondere  den  Geschi(  ht^forscher,  die  qiäteren  da- 
gegen ihn  gleichmässig  wie  den  Künstler  interessiren ,  so  bieten  die 
übrigen  Giuppen  wegen  der  Vielprcstalfip:keit  der  Simpel  nach  allen 
Seiten  hin  Viel  des  Anziolionden  und  Bfloliroruieri. 

Gegenwärtig  ist  der  Stand  der  Sammlung  folgender; 
Gruppe  1  179  Stücke. 
II  2TS  „ 
m  255  „ 

IV  73  „ 

V  169  „ 

Summa  942  Stücke. 

Erste  Gruppe; 
Diese  umfasst  die  Zdt  von  771  bis  1791  und  wird  bis  zur 
Gegenwart  fortgesetzt. 

Zweite  Gruppe: 
In  dieser  ist  Bayern  für  die  Zeit  von  910—1792  mit  106  Stflcfcen, 
Brandenburg  sammt  dem  Burggrafenthum  Nürnberg  (1235-^1486) 
mit  49,  Oesterreich  (1203—1749)  mit  18  Stücken  vertreten.  Ausser- 
dem kann  man  noch  Siegel  zeigen  von  Anhaltf  Böhmen  (12),  Braun- 
schweig, Dänemark  (4),  England  (11),  Frankreich  (5),  Hessen, 
Jerusalem,  Kärnthen  (4),  Lothringen  (10),  Mähren,  Meissen,  Meran, 
Nassau,  Pommern,  Rouss.  Sachsen  (11),  Savoyen,  Schlesien,  Schwaben, 
Schwarzhnrp:,  Sjianicn,  Sfoftin,  Thürinfjen,  Tyrol,  Ungarn,  Venedig 
und  Württoiiiborg.  Diese  (  JrnpiK' wird  nach  und  nach  alle  grösseren 
und  kleineren  Territorien  Deutschlands  repräsenliren. 

Dritte  Gruppe: 

In  tliescr  Gruppe  sollen  vor  Allem  die  Siegel  erloschner  Dynasten- 
Cfcschlechter,  dann  die  Reiter-  und  Frauensiegel,  unbeschränkt  nach 
Zeit  und  Ort,  zum  Abgüsse  gelangen.  Son^tiprc  Siegel  des  Adels 
werden  vorerst  nur  bis  1300,  darüber  hinaus  nur  dann  Berück- 
sichtifrung  finden,  wenn  sie  historisch,  sphragistisch,  oder  von  künst- 
lerischem Standpunkte  aus  Interesse  bieten. 


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Sammlung  v.  Siegel-  u.  Medaillen-Abgüssen  im  Heichsarcbiv  zu  Miinchen.  271 


Vertreten  sind  jetzt  die  Geschlecliter: 

Abensberg,  Ab^ierg,  Aigedieim,  Altenmfildorf,  Attmami,  Baier> 
brunn,  Pappenheim,  Paisdoifer,  Paulsdorfer,  Baumgarten,  Beauffre- 
mont,  Pfirt,  Pflug,  BickeDbadi,  Bogen  6f.,  Bopfingen,  Prager, 
Brandt,  Preysing,  Bruckberg,  Buch,  Puchberg,  PQhler,  Kammer, 

Kammerau,  Capeila  de,  Käfernburg  Gf.,  Clingenberg,  Khöl,  Khol  von 
Finkenslein,  Kropf  von  Flüglingen,  Dachsberp,  Tann,  Tarant.  Dt  pron- 
berg,  Teck  Herzog,  Theissing,  Tilly  Gf.,  Dillingen  Gf.,  Üiethcli- 
steiri  (2S),  DonnerslxTir.  Törring,  Thriihcndingon  Gf.,  K<niiont  Gf., 
Eppstein,  Ehrenfels,  Eschenloho  Gf.,  Essonhach.  Valley  Gf.,  Franken- 
stein, Frauenborg,  Fruniesel.  Gameret,  Geroldseck,  Giebing,  Gleichen  Gf., 
Gorz  Gf. ,  (Joldeck,  Graisbach  Gf. ,  Grans,  Gravonrouter ,  (lund- 
aker,  Hartheiiii,  Hausen,  Heidegg,  Helfonstein,  Hyddiglon,  Hiern- 
heim  (3),  Hirschberg  (3),  Hochsteten,  Hönburg,  Hofsteten,  Jüdniann, 
Laber  (3),  Lailing  Gf.,  Leiningen  Gf.,  Leiter  von  der,  Leonberg  Gf., 
Leuchtenberg  Gf.,  Liebenstein,  Lol)deburg  Gf.,  Lachen,  Mainz  Kämerer 
und  Schultbeiss  von,  Mansfeld  Gf.,  Marsieten  Gf.,  Maxelrain,  Meis, 
Mömpelgard  Gf.,  Montfort  Gf.,  Mosen,  Nanhofen,  Natemberg,  Not- 
haft, Dettingen  Gf.  (3),  Ortoabnrg  Gf.  (12),  Quemfurt,  Raugraf, 
Rehungen,  Reissensburg,  Ryeder,  (Rödern),  Rienock  Gf.,  Horbach, 
Rosenberg  (Böhmen),  Rotau,  Uoteneic  Gf.,  Sayn  Gf ,  Salach,  Saat^ 
werden  Gf.,  Schaumburg  (4),  Schidingen,  Sclilüs>ell)i'rg,  Schwarzen- 
berg, Sr'oO'M,  Scomann,  Sikingcn,  Spanheim  Gf.  Sfiiin,  Slernberg, 
Stör,  Straubing-',  Stnuiicr,  Sulzba^  h  Gf.,  Swiiiar,  Urach  Gf.,  Wahlen 
unter  den,  Wald,  Walili)urg  Truchsess  v.,  Waidenberg,  Wart  v.  der, 
Wart>:tein  Gf.,  Wasserburg  Gf.,  Weimar,  Wcrd.  Wert  heim  Gf., 
Wildenwart,  Winterstelen  Schk.  v.  Zanner,  Zengcr,  Zweybrücken  Gf. 

Vierte  Gruppe: 

Die  Siegel  der  Städte  und  Genossenschaften  verdienen  theils 
wogen  des  hohen  Alters  theOs  wegen  ihrer  mitunter  künstlerischen 
Behandlung  sicher  mehr  Beachtung,  als  ihnen  bisher  geschenkt 
ward,  und  wird  deshalb  der  Ergänzung  der  Sammhmg  in  dieser 
Richtung  thunlichstc  Rücksicht  zu  Theil  w^en. 

Gegenwärtig  finden  sich  erst  Siegel  von: 

Aachen,  Auerbach,  Augsburg,  Bamberg,  Berleburg,  Berlin, 
Bil)erach,  Bremen.  Gaub,  Cöln  a/Sp.,  Constanz,  Dinkclsbühl,  Donau- 
W()rth,  Eger,  Eichstädt,  Hereogenbusch,  Ingolstadt  (Stadt  und  Uni- 
versität), Isny,  Kirchtieim,  Klaltau,  Krems,  Lindau  (2),  Lübeck, 


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272 


Primba: 


llagdebuig,  Memmingen,  Mäncfaen  (2),  Nördlingen,  Passau,  Pilsen, 
Rain,  Regensbuig  (2),  Reichenhall,  Reutiingen,  Schlettstadf,  Speyer 
(Stadt  und  18  Zünnt'),  Strassburg,  Straubing,  Traunbach,  Ulm, 
Ungarn  Grafenbank,  Weisenburg  a/Sand,  Wesel,  Würzburg. 

Fünfte  Grupjje: 

Durch  die  Vieigcstaltigkeit  gleidisolir  wie  durcli  künsllcrischon 
Werth  nel)en  tlieihvcise  hohem  Alter  zeichnen  sich  jranz  besonders 
die  Siegel  der  Geistlichkeit  aus.  Die  iler  Gapitel  und  Gonvente,  so- 
wie der  Klostervorstände  Bayerns,  dann  die  höherer.  Kirchenfürsten, 
wenn  sie  vom  Gesichtspunkte  des  Künstlers  betrachtet,  Interesse 
bieten,  endlich  die  Contrasiegel  werden  je  nach  Möglichkeit  alle  an  die 
Reihe  kommen,  and  hier  zeitlich  wie  räumlich  keine  Schrankoi  hindern. 

Vertreten  sind  jetzt: 

Päpste  (2),  Gardinftle  (20),  Kurfürsten  (12),  Patriarch  Ton 
Äquileja,  ErzbischOfe  von  Salzburg  (6),  Bischof  von  Ärras,  Bam» 
berg  (9),  Eichstädt  (5),  Freising  (4),  Halberstadl,  Xunburg,  Passau (11), 
Prag,  Regensburg  (14),  Speyer,  Würzburg;  Klöster  Augsburg,  S.  Ul- 
rich, Birkenfeld,  Ei)ert)ach,  Eichstädt  S,  Walburg  Gonvenl,  Himmels- 
kron,  Ildf  S.  f^lara,  Kempten,  Klnttau,  ^hehelfelil,  Mölk,  München 
Stift  und  Franziskaner,  Xeubur^',  Regensbur^'  (Alte  Kajtelle,  Mittel- 
und  Niederniünster),  S.  Laml»ert,  S.  Zeno,  Sciiwabeheim,  Solenhufen, 
Spalt;  Geistlielie  der  Iloclislifle  Aachen,  Augsbui^,  Freising,  Mainz, 
München,  Baijsau,  Regensburg  (14): 

Von  den  942  Stücken  gehören  an: 


aus  dem  8.  Jahrilunderte  der  Gruppe  I  2 


1» 

9. 

1» 

♦» 

II 

I  25 

n 

n 

10. 

t* 

11 

11 

I  18  n  1 

11 

n 

H. 

»1 

1» 

11 

I  36  II  1  V  2 

t» 

n 

12. 

1« 

II 

V 

I  16  n  14  m  2  V  7 

*i 

»» 

13. 

ti 

11 

II 

I  15  n   40  ffl  108  IV  12  V  35 

II 

it 

14. 

II 

1» 

11 

I  13  II  167  III   80  IV  33  V  24 

ti 

11 

15. 

II 

11 

II 

I  20  II    58  ra   25  IV    8  V  29 

n 

♦» 

16. 

II 

11 

II 

I   <j  II    21  III   16  IV  13  V  20 

it 

17. 

« 

»1 

11 

I   9  II     8  m     2  V  3 

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18. 

11 

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"1 

I  14  II  2 

Reitersiegel  zählt  die  Saniinlung  7.ur  Zeit  nur  91,  Frauen- 
siegel 32.  Von  Ersteren  treffen  auf  Abtlieilung  II  65,  Abtheilung  IH 
26  Stäcke. 


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Saromlang  v.  Siegel-  u.  MedaiUen'Abgflsaen  im  Retchsarchiv  zu  Müiiclien.  273 

Im  Inlores=;f'  all^^i'itifrcr  Voiwcrflinnp:  dos  von  iickkl  i  rlundetien 
Vertalirons  wird  das  Heiclisarchiv  jederzeit  In-roil  sein,  jodom  Archive, 
jodcMTi  Saniinler  wie  Forsclior  auf  Ansuc  lieii  ff*  ^'eii  Ver^'ülunji:  der 
Kosten  Abgüsse  einzelner  Siegel  oder  ganzer  Serien  zu  vermitteln, 
und  über  die  hier  v^wahrtcn  Siegel  abgüsse  Nachricht  zu  geben. 

Sobald  die  Schätze  in  den  bayerischen  Archiven  gehoben  sind, 
wird  man  sich  zum  Abschlüsse  der  Sammlung  mit  anderen  Archiven 
Museen  mid  Privaten  in  Verbindung  setzen,  um,  sei  es  durch  Tausch 
oder  leihweise,  solche  Siegel  zu  erhalten,  welche  fQr  Bayern  oder 
Deutsdhiand  besonderes  Interesse  bieten.  Schon  jetzt  werden  mit 
bestem  Danke  Mittheihmgen  darüber  entgegengenommen. 


XVII.  Kurze  systematische  Uebei-sicht  des  Inhalts 
der  bayerischen  Landeaarchive. 

(Fortsolzung.) 

T.  KreiRareliiY  Nevbnrg. 

(Akten.  AmtRhOclipr,  Rechnungen,  Urkunden  und  Ahwhrinen,  Pltne.) 

I.  Herzogthum  Pfalz-Neuburg. 

A.  Hersogtbum. 

1)  AlEten  und  Urkunden: 

a)  IIa  US-  und  Lando>s:i(lipn :  Ffirslliche  Vertrfifre  und 
Personalia,  Kreistage,  Landtag,  Landessciiulden ,  nachbarliche 
Dillorenzen  und  Verträge  mit  Bayern,  Ohorpfalz.  I?randonl)ui-g, 
Wriitfoiuberp,  Hiirgan,  den  1  loflisliften  Aii;;^;l»iirg,  Eiclislätt 
und  Hofrcnsbur^',  niil  NürnlxTfr.  noiiauwöith,  Oetliii^'oii,  Papj>en- 
heim,  den  Deutschonlctis-Koiiiiiirtiilrn,  Wnlfstoin,  dorn  fürstlielien 
Hause  Tliurn  und  Taxis,  dem  Kloster  Kaislieim  elc.  (13.  Jahrb. 
bis  ca.  1810). 

b)  Verwaltungssachen  aller  Art,  Anitsorganisation, 
Kamerai-,  Justiz-  und  Pölizeisachen,  Bergwcsm,  Forstsachen, 
Lehen,  Milit&r-  und  Kriegssachen,  Hfinzwesen,  geistliche  und 
Stiflungssadicn,  Klöster,  Schulwesen;  Sal-  und  Lagerbächer  etc. 
(ca.  1400-1806). 

AnMvallMbe  KellMlirirt.  II.  18 


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74 


Kurze  systematiiiche  Uebersicht  d<>« 


c)  Aemter  Allersberg,  Burglengcnfeld  mit  Kallmüntz  und 
ächneidtmfihlen,  ,6raisbach,  Gmidelßngen,  Heidedc,  Heman, 
Hilpoltstein,  Höchstädt,  LauingeHf  Luppurg,  Monheim,  Neu- 
bürgt  Parsberg,  Regenstauf,  Reicherlshofen,  Rennertshofen, 
Schwandorf,  Velburg;  auch  die  bayerischen  Pflegen  Ricdea- 
burg  und  Dietfort,  sowie  die  Hcrrschall  Hohenburg  sind  ver- 
treten (14.  Jhdt.  bis  1813). 

2)  Prolokollo  der  nofkammer  und  Ro{;it'nin!?  (1548—1009), 
rli's  Hofknmmerraths  (1770-1704),  der  l.imdschafl  (1705  bis 
1S03).  (hv  L:iii(lc>(Hrf'kfion  (ISOl  — 1H0S).  drr  Kircliondopntalion 
(17S6— 1802);  liegicruiigs-RcIalionen  und  Proposiltonen  (1763 
bis  1771). 

3)  n  o  p  h  n  n  n  ?  o  n:  Kastoiiaints- ,  Kiiflicn-  und  Stillnnpr«;- 
rcclmuiifirn  ülK'rliaupl,  dann  soNlio,  sowie  Zins-  und  SU-uor- 
Bestlueibungen  etc.  der  cin/olnon  Aeniler  (1482—1^^23). 

1)  Im  nor/.o'^rtiniin:  p.rrpn  (1 '^iK>— 1 747),  Echenbninn  (144i  bis 
10(15).  1  ir»i  lisirdt  (Tcicianci  ),  Lauin^'m  (Sl.  Ajjno>  n.  Au;4U>lint'r 
IMOO— 1804),  Lir/iicini  (1535—1804),  Maria-Mödin-rcri  (1245 
bis  1809),  Mcdlin-jcii  (l(i21  bis  1800),  iNeuburg  (bannlit'iv.ijfe 
Bruder,  Karmeliter,  Franziskaner,  Jesuiten,  Ursulinerinncn  und 
andere  FYauenldöstcr  (1322—1809),  Pettendorf  (1533-1667), 
Piclenhofen  (1318-1801),  Schwandorf  (1699—1802). 

2)  Auswärtige  Klöster,  deren  Güterbesitz  in  Pfalz-Neuburg  und 
Streitsachen:  St  Mang  in  Stadtamhof  (1673),  MarienbuTg(1809), 
NicderschSnefek)  (1483  bis  1804),  Prüfening  (1525  bis  1799). 
Klöster  etc.  in  Regensliurg  (St.  Clara.  St.  .larob,  St.  Paul. 
St  Katharina,  Josnilen,  Priesterhaus  (1403—1804);  Stift  Kll- 
wanpen;  Klöster  Herl»rochtin?on,  Lorcb,  Miirliart,  SdiönUial, 
lJrs|^ringen ,  Weingarten,  Wiblingen  in  Württemberg;  Stams 
in  Tyrol. 

IL  Fürstbistlium  Augsburg. 

A.  HochsUrt 

1)  Allgemeines:  Privilegien ,  Huld^ungcn ,  Generalien  und 
Ordnungen  in  geistlichen  und  weltlieben  Sachen,  Beaniten- 
wesen,  VcTwalf nnp-streprensländc  aller  Art,  («ütcT-  und  Zehnt- 
be>(  lireihnnpron,  Lehen,  naclil)arlifhe  DiiTcrensscn  und  Verträge, 
Säkularisation  etc.  (1321—1818). 


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InlialUt  der  hayerischeii  LuiiUoMarcbive. 


2)  (iolu  imc  Kaiizlciaktcn  und  Korrespondenzen  (1710  bis 
bis  1767;. 

3)  Kriminal-  und  Hexenprozesse  (1710—1801). 

4)  Protokolle:  des  Hofraths  (1043—1803)*  der  Hofkaromcr 
(1718-1803),  Protocolla  extnyudicialia  (1773—1794),  Forst- 
protokolle (1770-1802). 

5)  Rechnungen  des  Hochstifts  und  Domkapitels  (1539—1804), 
der  Kirchen  und  Stiftungen  (1627— >1813). 

6)  Acmler:  die  Pflopranilor  Äislingen,  Bobingen,  Buchioc,  Fücson, 
Gö;;ginj?en,  Lecder,  Münsferhauscn,  Nesselwang,  Oberdorf, 
Pfafl'enhausen ,  Schönogt;,  Schwabmünchen,  Sonthofen,  Weis- 
singen, Westendorf.  Wiltislingen  und  Zusninrsbnnscii  (Ca.  1400 
bi.«?  1808):  die  IloCkaslen-  und  Hontäniter  Au,t;>l)nip:  und  l)il- 
linpMi  (12S(i— 1S07),  da>  Hnl/.aidand  etc.  Augsburg  (1062  bis 
l«Oaj,  <lie  ForsUuiiter  (1484—1803)  etc. 

B.  Domkapitel. 

1)  Allgemeines:  Verträge  und  Jurisdiktionssachen  (1340  bis 
1767);  Ableben,  Wahlen  etc.  der  Bischöfe  (1459  bis  1799); 
Statuten  und  Privilegien  (1348—1794);  Doroprobstci-,  Dom- 
dechanei-,  Domkapitular-Wahlen,  Sterbföllo,  Verlassenschaften 
nnd  Differenzen  (1503—1799);  Domprobstei,  Dechanei,  Kapcll- 
haus  und  andere  Aemter  (1349—1806). 

2)  Verwaltung::  Generalia,  Verträge  und  Grenzsaclien ;  Lelien, 
Güter  und  Gefölle  (151  ö— 1802);  geistliche  und  Pfarrsachen, 
Stiftungen  etc.  (IfrlS — 1802);  verschicdmo  Donikapifcrsche 
Ordnun^ron  (von  \'ü')d  an);  liestandsprotokollc  Zehnt-  nnd 
Stt  ncil)('s<  lireil)un;4on  otc.  (145S— 1790);  niriinimgcn  d(\':  (Jross- 
l>alloianils ,  dann  der  Aonilor  Krriiigen  und  lladau  (16Ü0  bis 
1 80 1 ) ;  He7.f.s.^ional icn  ( 1 462—  1  .SU2 ). 

.{)  Aeniter:  Anhausen,  Apfeldrach,  Breitenbronn,  Diukfischcrbon, 
Gersthott'ii,  Gmünd  und  Lorch,  Grossaitingen,  Langenerringen, 
Offlngen,  Radau,  Stadtbergen,  Zusamaltheim,  Zusmarshausen 
(1300-1802). 

G.  LauUkapitel  und  Ar chidiak onate. 

1)  In  Schwaben:  A^wang,  Baisweil,  Dillingen,  Elchingen,  Ell- 
wangen, FQssen,  Ichenhausen,  Jettingen,  Kaufbeuem,  Kempten, 
Kirchheim,  Mindelheim,  Neresheim,  Oberdorf,  Obenroth,  Otto- 


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276  Kurze  systematische  Ueberaiebt  des 

bcuern,  Schwabmünchen,  Stiefenhofen,  Wallerstcin,  Weissen- 
ham,  Werttngen,  Westen^rf. 

2)  In  Pfalz-Neuburg:  Burghehn,  HSchstädt,  Lauingen,  Neuburg. 

3)  In  Oberbayern:  Aichach,  Friedberg,  Landsberg,  Rain,  Sehwab- 
hausen, Schongau,  Weilheim  (1405—1806). 

D.  KlöstiT  utui  Stift.f. 

1)  In  Schwaben:  Augsburg  (St.  Katharina,  St.  Georg,  St.  Ger- 
traud und  Urania,  III.  Kren/,  Maria  Stern,  St.  Moriz.  St.  Petor, 
St.  Slophan),  Baumgärtl,  Dillingcn  (St.  l'lndi,  St.  PettT,  St.  Dn- 
minicus  und  St.  Franciscii>),  Donauwcirth  (III.  Kreuz),  Kultt'ii- 
barh,  Füssen  (St.  Mang),  (Jün/.biirg,  Ilül/.cn,  Lecliteld,  Monheim, 
Oborschönefeia,  Wald,  Woldon,  Anbau.scn  etc.  (1 496—1 77U). 

2)  Oberbayerische  Klöster  (Gülerbesitz  hn  Hochstift  und  Streit- 
sachen), Ursulinerinnen  in  Ingolstadt,  KOhbach,  RoUenbuch, 
Steingaden  (13.  Jhdt.  bis  ca.  1804). 

in.  FOntbistlium  Eiehstätt. 
A.  Hochstift. 

1)  FOrstbischdflichc  Geheime-Rcgistratur-Akten;  geistliche  und 
weltliche  WQrdentrSger,  Beamte,  Dienerschaft  (1699—1795). 

2)  Statthalterei-  und  Ministerialakten,  Korrespondenzen, 
Protokolle  (1676—1807). 

3)  Judlzialakten  und  nachbarliche  Irrungen  (1757  bis 
1799). 

4)  Akten  über  die  bayerische  Besitzergreifung  des  Hoch- 
stifts und  der  Stadt  Weissenburg  (1802—1804). 

f))  Toskanische  und  kursalzburgisc  lio  Ministerialakten  (1803— 180">). 
(i)  Hofkamnicr-,  Horratli?-  und  licgierungsprülokollo  (1715 — 1805). 
7)  Kirchen-  und  Sliftsrechnungcn  (1771—1810). 

B.  Domkftpitel. 

1)  Allgemeines:  Wahl  und  AUeben  der  Bischöfe,  Statuten, 
Dekanats-  etc.  Wahlen,  Erbämter,  Lehensachen,  Vcrwaltungs- 
Sachen  aller  Art,  Jurisdiktions-  und  Grenzstreitigkeiten,  geist- 
liche Sachen,  Stiftungen,  Ktöster  (1305—1806). 

2)  Acmtcr:  Abenberg,  Herricdcn,  Mömsheim,  Obermftssing, 
Uaitt  iiburli ,  Solenhofen,  Spalt,  Wemsfels  und  Wolferstadl 
(1376-1807). 


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IiihaiU  der  liayeriachRU  Landcäurcliive. 


277 


3)  Rezessionalien  (1484—1804). 

(1  Klöster  und  Stifte. 

Eiclislädt  (Sl.  Walpiirgr,  .St.  WilibaUi,  Nolrc  Danio,  Dotiiitiikancr, 
Jesuiten  (1325-1805),  Mariastein  (1474—1802),  Rebdorf  (1452 
bis  1806). 

IV.  Vorderösterreich. 

1)  Akten  etc.  über  Territorial-,  Jurii^diktions-  und  Grenzverhfilt- 

nisse,  Justiz-  und  Polizeig(^enstäiide,  Kameralien,  Verwaltung, 

Kirchenwesen,  Lehen,  Munzwc.^en  etc.  der  vorderösterreicliischeii 
Lnnde  iiberhau|)t,  und  speziell  der  Mark^rrafschatl  liur^Mu 
(Obeiainter  Bur^'au  und  ( Jiiiizburfr),  d' r  lleiix'haften  Tcttnang 
lind  Was>erburg,  der  Grat'schatleii  Feldkin  h  und  Falkenslein 
(Hheinpf'alz);  auch  der  Fugger'stben  llerrschalten  Kirchberg  und 
Weissenborn  und  der  Gralscbaft  Rothenfels  mit  Inunensladl 
(1331—1807). 

2)  Oesterreichische  Hofresolutionen  Terschiedenen 
Inhalte  (1725-1791). 

3)  VorderOsterreichische  Lehensachen  (1573—1785). 

• 

Herrsohaften  und  Stftdte  in  Schwaben. 
1.  Sog.  Bayerisch«  KabineUiierrsehaften. 

Schwabeek  mit  Amberg,  Angelberg  und  Osteltringen,  Iller- 
tissen»  Mindelbeim  mit  Hatthiess,  Wertingen  mit  Hohenreichen 
(11^-1803). 

8.  Reichspflege  Wörth. 

General-  und  Spezial-Akten  (1422  bis  1815),  Briefeprotokolle 
(1647-1789). 

3.  H  i' r  r  sc  Ii  a  f  t  i'ii  Illereiciiun  und  Kelaiiinlz. 

Urkunden  (1425- 17ü(i). 

Fürstlich  OelliDK<'»'äcbes  Heus  und  Gebiet. 

a)  Oeltingen'sche  Haussachen  (1448-1806). 

b)  das  frsll.  Oettingen-Wallerstcin'sche  Lehen  Unterwaldbach 

(1506-1870). 

t)  Klöster:  Christgarlen  ( 160;')— Kiöli),  Iloehaltingen  (1807), 
Kirchheim  (1544-  lS(i;{),  MaihinKen  (Debitwescn  1807—1822), 
Mönchroth  (1464),  Zimmern  (1424—1552). 


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Kune  syalematbclie  Uebersicht  des 

5.  Sc  Ii  wfi  l>  i  M' Ii  ('  II  I' i  r  Ii  s  t  i  t  t  r  r^c  Ii  ;i  f  I. 

aj  Dircklnriiim  (itT  <cliuälii>iln'ii  lünt"  Uitterkautone,  Akten 

und  Koric^poiHit'iizi'n  (1542—18071. 
U)  Kantone:  Donau  (ir)3!?— 1  ^O(i),  Koilier  (1545— IblHi),  Hegau, 

Allgäu  und  Boilensce  (1441— 1Ö06). 

6.  Reichsstadt  Meniniingen. 

a)  Urkunden  der  Klöster  und  Kirchen  (1466—1797). 

b)  Akten  und  Urkunden  des  Kreuzberrnstifts  (1319—1794). 

7.  Stadt  Do  II  au  Wörth. 

Halli--.  Bruts-,  lleiralhs-  elc.  Protokolle,  Sal-  und  Lager 
büclier  elc.  (1595— 17 89). 

VI.  Fürstabtei  Kempton. 

1)  A  11 e  Ml e i  ne  - :  Füislitljlc.  Wahlen,  llukli|^'ungen,  WiinU-n, 
Präljondeii,  Abtei  und  andere  Aeinler.  Erhäniler.  Kapitularien 
Koadjutorien;  (!ebi('ts;.'renzen;  Privilegien;  llalsgerichl;  Akliv- 
und  Passivlehen;  nachbarliche  Differenzen  und  Vcrlräge;  Ue- 
formaticHis- *ond  Visitationsakten,  geistliche  Sachen,  Pfiurcien, 
Benefizien;  Studium  (1277—1798). 

2)  Regierung:  Verwaltungsakten  aller  Art  über  das  ganze  Ge- 
biet und  die  einzelnen  Aemter  (1415  Ins  1804);  Hofraths- 
Protokolle  (1582—1802). 

3)  Reichstags-  und  Kreisaklen  (1409—1799). 

4)  Kaufheurer  Akten:  Religions-  und  politische  Differenzen  in 
dieser  Reichsstadt  (16.— 18.  Jhdt.). 

5)  Kemplener  Keichsstadt-  bezw.  Ueichshotrathsakten: 
IJillerenzen  zwischen  dem  Stift  und  der  ReiclissLadl  Kempten, 
Spitäler  da.«^elbsl  und  Anderes  (14S9— 17iK}). 

G)  .M  0  n  1  l  o  r  t  i  s  c  h  e  Akt  e  n  über  die  Ilerrsi  hatten  Hülhenlels 
und  Staufen,  Königseck  und  Aulendorl  (1452— 1ÖÜ4). 

vn.  Beiohsstifte  in  Soliwaben. 

1)  Augsburg,  St  Ulrich  und  Afra:  Akten,  Urkunden  und  Kopien 

(1238-1.S25). 

2)  Elch  in  gen  (1252  -1791)  desgleichen. 

3)  Irrsee  (1512—1803)  desgleichen. 


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InbalU  der  hayeruclieii  Landenrchive. 


279 


4)  Kaisers  heim:  Allgemeines  (vom  12*  bis  19.  Jahrli.),  Pflcg- 
aml  Gändcrkingen,  Brief^rotokolle  (1663—1786),  HerrscbaR 

Oberndorf  und  Elgau,  Amtsprololtollc  (1603—1789),  Pflegami 

Siilzdoif,  Kontrakts-,  Verhörs-  und  Obligationsprolokollc  (170J) 
bis  1801).  Pflogamt  Womitzsloin,  Aiiils-  und  Konfrakls-Proto- 
kollc  (1723-1789),  llofmark  Ziigoslieim,  ßriefprotokoüe  (1729 
fjis  17H9);  Kaisheimischc  Orts-Akti  n. 

5)  Lindau,  Frauenstifl:  KotTespuiidc'n/.en  und  Url^undeu  (1454 
bis  1807). 

ü)  Xe  res  heim  (1487—1791). 

8)  Ottobeuern:  Allgenieines  (111)7- -18(),)),  lieiciislugsukten 
(IG82-1795),  schwäbische  Kreisakten  (1704— IbOI). 

8)  Uoggenburg  (1294—1706). 

9)  Söflingen  (1239-1808). 

10)  Ursberg  (1143-1806). 

11)  Wettenhausen  (1525—1819). 

VIII.  Deatsoh-Orcleii. 

Akten,  Rechnungen,  Salbächer  der  Kommenden  Abst»erg,  Blumen- 
thal  mit  Amt  Weil,  Dinkelsbülil,  Donauwörth,  Elling:cn,  Eschenbadi, 

nängholen,  Clelchsheim,  Noixllingen  mit  Amt  Heindingen,  \ürnlx;rg, 
Oettingen,  Postbaur,  Regensburg,  .Si  hneiilbeini,  Ulm  mit  Koplen- 
bmg  lind  Zösclilngen,  Vimsberg  mit  Amt  Kelheim  (14.  JhdL  bis 
ca.  1806). 

IX.  Spesialakten. 

1)  Don  au- Moos- Akten  (1779—1822). 

2)  Regensburger  Komitial-Akten  (1787—1794). 

3)  Lchenakten  des  Hochstifts  Augsburg,  des  Stifts  Kempten, 
von  Vorderösterreich,  und  Bayern  (1294—1859). 

X.  Landesdirektion  in  Ulm. 

1)  General-  und  Speziul-A  klen  derselben  ül)er  alle  Zweige 
der  Verwaltung  (1738 — 1814);  tabellarische  Verzeichnisse  dia* 
sammtliclK-n  Land-  und  Palrinionialgerichte  mit  den  dazu  ge- 
hörigen Ortschaften  der  Provinz  Schwaben. 

•Jj  Protokolle:  der  Lainie^dircklion  Ulm  (1803  —  1808),  des 
(leneral-Landeskonunis.^aiiats  von  ."^«hwabt'n  (1806 — 1807),  der 
Knegskouuuissiüu  in  Schwaben  (1805—1807). 


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i 


280  Kurze  systematische  Uebersieht  des 

XI.  Staataaohuldontilgungs-Spezialkasse  Augsburg. 
Akten,  Rechnungon,  Bächer  (1769—1865). 

ZII.  Appellationagertoht  su  VwOamrg. 

Akten  fiber  Konstitulrung  der  aufgelösten  Herrscbafls-  und 
Pafrinionialgerichte  im  Oberdonaukreis,  bezw.  in  Schwaben  und  Neu« 
bürg  (1808-1849). 

Zin.  Krelsreglerang«». 

1)  Rczatkreis:  Akten  und  Rechnungen  über  die  später  zu 
Schwaben  und  Neuburg  gekommenen  Gebietstheile  (1641  bis 
1831). 

2)  Altmfihlkreis:  GeschäftsprotokoUe  des  Generalkommissariats 
(1808 — 1810),  Akten  dieses  Kreises,  des  Generalkommissariats 
Neuburg,  des  Rezatkreises,  und  der  Regierung  in  Amberg  (1595 
bis  1812). 

3)  1 1 1  e  i-  k  r  e  i  s :    Verwaltungsakten  (1396—1848),  Kriegs-Per- 

iujuationsaklen  (1795—1829). 

4)  Oberdonaukreis;  Agrikolslalistik  (1830). 

5)  J.aiideskoinmissariat  Dillingen:   Akten  bis 

1807). 

b)  S  c  Ii  \v  a  \)  (■  11  und  N  e  ii  h  u  r  fr :  Akten  und  Urkunden  der  Re- 
^Mcrunp  vei:>cliied('iu"n  Ui-lrclTs  (1442  -  l.S4I(  i,  Knniiiiuiuil-  etc. 
Sachen  (lööö— 185Ö),  tiiund-  und  Salbüclier,  Kata.ster  etc. 
(1424—1809),  Lehenbücher  etc.  (1451— I7ü8),  Hauptrech- 
nungen der  Finanzkammer,  Forst-,  Wasser-  und  Landbau- 
Rechnungen  ete.  aller  Rentämter  des  Kreises  (1803—1831), 
Fiskalats-Akten  (1808—1849). 

XIV.  Antiqoar-Begifltraturen  dor  äuaaern  Aemter. 

1.  {{  epi  er  uiig^li  e  zi  ik  ."^(  h  \v  aln' ii  uiul  Xoiifuirp. 

Aklt'ii,  IMolokollc,  (lilt-  und  Salljüchcr,  SIcuer-  und  Giiler- 
brsclucihun^'rn,  Hi'(  hnuiijj^cii  etc.  last  siUiiiutlichcr  Landgericlilc,  Ht?- 
zirks-  und  IleiitiunliT  des  Kiei.se.s  (12^4—  IHljU),  Akten  des  Forslaints 
Mindc'lheini  (1805—00;,  For.slrüge-Verhandlunj;en  der  Landgerichte 
(1807-1854). 


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Inhalts  der  bayerischen  Lanüe&irchive. 


2bl 


2.  Kegioriingsbezirk  Mittel f rauken. 

a)  Bezirksüniler:  EU hstätt  (Akten und RechnungeD  1611— 1866). 

Beilngries  (Akten  1699  -  1856). 

b)  Rontäintor:  Eichstätt  (Sal-  und  La{jrerl)üclicr,  Güterboscliioi- 
bungenetc  .  1447—1805),  Rechnungen  (1580-1840),  Weisscn- 
buig,  Akten  (1616—1815). 

a.  Oberprals. 

a)  Landgerichte:  Hemau  (Brie^rotokolle  1613—1834),  Parsberg 
(Akten  1494—1825,  ForstrQge-Verhandlungen  1823—1845). 

b)  Akten  der  Bezirks&mter:  Burglengenfeld  (1551— 1856),  Neu- 
markt  1544—1837). 

c)  Rentämter:  Burglongenfeld  (Steuerheschreibungen  und  Ilech- 
nungen  1565  bis  1805),  Hornau  (Hcchnungcn  1630  bis  1803), 
Hiedenburg  (Akten,  Register  elu  1460— 18ö9). 

(Fortsetning  folgt) 


XVIIL  Aus  stadtischen  Archiven  Altbayerns. 

(Fortsetzung.) 

IX.  Amberg. 

Von 

Dr.  Rapp, 
KreisarcbiTar  der  Oberpbls. 

Bei  Gelegenheit  einer  bwpdction  des  oberpfälzischen  ArchiTs, 
welches  in  Amberg  seinen  Sitz  hat,  wurde  das  städtische  Archiv 
besichtigt,  und  erfolgte  auf  Bericht  des  V^lkssers  dieser  Mittheilung 
von  der  Archivzentralstelle  in  M flnchen  der  Auftrag,  von  den  schon 
vorhandenen  Urkundenregesten  bis  zum  Jahre  14(M)  herab  Abschrift 
für*s  Reichsarchiv  zu  nehmen.  Referent  glaubte  nun  auch  die  Regesten 
mit  den  Urkunden  selbst  vergleichen  zu  sollen,  und  wurde  ihm  zu 
diesem  Zwecke  vom  Plerrn  nüigormeister  mit  der  grössten  Bereit- 
willigkeil das  ganze  städtische  Archiv  eröffnet.  An  Urkunden  ver- 
wahrt dasselbe  g^n  2000. 


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282 


Davon  gehören  »wei  Pergauienturkundcn  dem  dreizchulen  Jahr^ 
hundert  an,  beide  von  Pfalzgraf  Rudolph.  Die  eine  bestinunt  für 
Verbrechen  Vergehen  und  Uebertretungen  die  Strafen:  Arnberg  am 
ersten  Mittwoch  in  der  Fasten  (3.  März  1294).  Das  Siegel  ist  ab- 

goii.s.son,  die  Urkunde  aber  sehr  gut  erlialteii  und  vortrefflich  ge- 
schrieben. Ahi^edruckt  in  Löwentlials  Urkundenbuciio.  In  der 
andern  Urkunde  erliiilt  Alhurdus  Bürger  zu  Arnberg  sechs  Morgen 
Acker  zu  der  newü  Miil  7.u  Lehen:  higolstadl  VIU  Idus  Februarii 
129;')  (6.  Februar).    .Mil  aiihäng.  Reitersiegel. 

Aus  dem  vicr/i  liiitcii  .laliihiindert  sind  261  Urkunden  vorhanden, 
vun  denen  nachlülgendc  Erwähnmig  vi'nlienen: 

IMalzgraf  Liidwi'^'  der  Hayt  r  (M-Ilicill  der  Stadt  And)('iy  die  Frt-i- 
lieit,  dass  Mfiuaiid  innerhalb  einer  Meile  um  die  Stadt  Ilolzkolilcii 
verkaufen  oder  aligebeu  soll.  Amherch  an  St.  Lucientag  (13.  Dlz.) 
1310.  Orig.  mit  anhängendem,  Jedoch  stark  beschädigtem  Siegel. 

Der  römische  König  Ludwig  stiftet  zum  Tröste  flur  arme  Leute 
das  Spital  in  Amberg.  Regensburg  am  St  Jörgenabend  (23.  April) 
1317.  Orig.  mit  anhängendem  Siegel,  bei  Löwenthal,  auch  in  Reg. 
boic  V  356. 

Dei>(>Il)o  privilegirt  die  Stadt,  dass  die  Häusersteuer  sowohl  in 
der  Stadt  als  in  der  Vor.sladl  da.selbst  nach  der  gewöhnlichen  Sladt- 
satzung  entriclitel  und  nicht  erbölit  werden  soll.  Anibei-;:  Pfintzla^'  vor 
OcuU  (2;J.  Mär?.)  1318.  Orig.  mit  anhäng.  Majesläl.'jsiegel.  Abgedruckt 
wie  die  niei.-leii  notli  rolgeiiden  rrkiindeii  im  rrkutidenbueli  von 
Liiwetilhal,  welelier  aucii  eine  .Meiigf  l'^ivile^'ie^dJe^tiiligun^'eIl ,  .Mess- 
slilluiigeii,  Sciiiedsiirlel  und  <leigiei(]ieM  miltlieiU,  welche,  weil  sie 
lM>i  allen  Stadien  ziemlich  gleichen  lidialts  sind,  hier  nicht  betont 
werden. 

Kaiser  Ludwig  bestinunt  tür  die  Stadt  eine  jährliche  Mai-  und 
Kerbststeutnr  jede  zu  90  Pfünd  Regensbui^er  Pfennig,  und  bef^it 
die  Bürgerschaft  von  jeder  Pfandschafl  zu  Gunsten  der  Herrschaft. 
Uegensburg  an  St.  Pauli  Bekehrung  (25.  Januar)  1323.  Orig. 
mit  abgerissenem  Siegel. 

Derselbe  ertheilt  den  Geistlichen  der  Dekanei  Vilshofen  einen 
gefreiten  Gerichtsstand  und  stiftet  zum  Scelenheilc  seines  Vaters  in 
der  Pfarrkirche  zu  .Amberg  einen  Jahrla,.'  mit  gesungener  Vigii. 
Samstag  nach  St.  Michaelstag  (5.  OkL)  1325.  Orig.  mit  abgeris- 
senem Siegel. 

Dcrsellx>  tjcgnadigt  die  Bürgerschall  von  Amberg  mit  einem 


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Aua  ütuilliäclien  Archiven  Allliuyerii.s, 


283 


gefreiten  Gerichtsstand  in  der  Landsclunnno  bei  Aiiiberg  die  du 
hatzxet  zu  der  E^ycheinstattden.  Arnberg  an  St.  Dionisientag 
(9.  Okt.)  1325.  Orig.  mit  anhäng.  Mojestftts-Siegel.  In  LöwenthaFs 
Urictmdenbuch  abgedruckt. 

Kaiser  Ludwig  ertbeilt  der  handelnden  Bärgerschaft  zu  Arnberg 
Geleit-  und  ZoDfreiheit  zu  Wasser  und  Land  in  Bayern.  Rom  Mittr 
woch  vor  Pahntag  (23.  Mftrz)  1828.  Orig.  mit  uihftng.  aber  be- 
schädigtem Siegel. 

Derselbe  begnadigt  die  Bürger  von  Amberg  zur  Förderung 
ihres  Handels,  dass  sie  weder  für  ihre  Herrschaft,  noch  fOr  jemand 
Andern  pfandmässig  werden  sollen  bei  Strafe  der  Reichsacht.  Geben 
zu  Rom  Mittwoch  vor  Palmtag  (23.  März)  1328.  Orig.  mit  sehr 
gut  erhaltenem  Majestäts-Siegel.  Auch  Reg.  boic.  VI  252. 

Derselbe  ertheilt  den  Büi^m  von  Amb^  in  ihren  Handels- 
geschäften Goleit-  und  Zollfireiheit  zu  W;isser  und  /.u  Land  in 
Bayern.  I'avia  Samstag  vor  St.  Bartholomä  (19.  August)  1329. 
Orig.  mit  anhäng.  Majestats-Siegel. 

Hammerwerks- Kinigung  zwischen  den  Städten  Arnberg'  imd 
Sulzbach  und  (ien  Bürgern  zu  Nürnberg,  welche  S<  limiedw(>rke  be- 
sitzen. Anil)erg  Samstaf;  vor  dem  Palmtage  (31.  März)  1341. 
Ori^rinal  mit  (\o\n  Siejjel  dfi  Stadl  Sul/.l)a(h.  Das  Amberger 
Sladtsiegel  ist  aljgoiissen ,  ihigegen  das  .^ulzbaclier  noch  gut  er- 
halten.   Sclir  intoro-^sante  und  si'hön^'esclirieltt'rie  Pergamenturkuiulc. 

l!<'inli;u'd  von  Sickinueii,  Vitzthum  zu  Arnberg',  out-rlicidot  eine 
Stivilsache  des  l'liirh  Kreniseli)runn .  Hiii-^'ers  zu  .Viiiljer;/,  gegen 
(lölzleiu  von  tludi  wegen  des  Zehent^  /Ji  lUuh.  (lel)en  des  uächslen 
.Montags  nach  Simon  und  Judä  (30.  Oktober)  1340.  Orig.  mit 
anliängendem  gut  erhaltenem  Landgerichls-Siegel. 

Klosterr ichler  Hermann  Winter  zu  Ensdorf  entscheidet  eine 
Streitsache  zwischen  Meinhard  und  Ulrich  Sippel,  gesessen  zu  Tanham, 
wegen  einer  Hofstatt  und  deren  Verzinsung  zu  Tanham.  Ensdorf 
des  Erchtages  nach  Inveniionis  sct.  cnicis  (9.  Mai)  1346.  Or. 

Die  Herzoge  Ruprecht  der  Aeltere  und  Ruprecht  der  Jüngere 
gestatten  der  Bürgerschaft  zu  Arnberg  das  Halten  von  sechs  Juden 
mit  ihren  Angehörigen,  deren  Zins-  und  Steuer-Erträgnisse  die 
Hälfte  die  Herzoge,  die  andere  Hälfte  aber  die  Stadt  einzunehmen 
haben.  Deren  Bestrafung  aber  soll  von  b<  id(  rseitigen  Beamten  voll- 
•    zogen  und  das  Strafgeld  getheilt  werden.  Im  Falle  die  Herzoge  die 


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2ö4 


Kapp: 


Juden  in  Arnberg  nicht  mehr  dulden  woUen,  soll  dieses  der  Büiger^ 
Schaft  ein  Jahr  zuvor  angekündigt  werden.  Am  St.  Valentinstage 
(14.  Febr.)  1347.  Or.  Perg. 

Derselbe  verleiht  äen  begnadigten  Bflrgem  das  Recht,  un- 
gehindert, wo  sie  Erz  finden,  einzuschlagen  und  räumt  ihnen  die- 
selben Ro(  htc  und  Freiheiten  ein,  die  ihnen  auf  dem  Arzbcrg  bereits 
gestattet  sind.  Erlag  vor  Frauentag  in  den  Fasten  (22.  März) 
1351.  Or. 

Derpclbc  vei  onliiet ,  dass  auf  5  Jahie  kein  Bürjrer  7A\  Amberj,' 
mit  einem  Schmiedwerk  oilcr  Ar/manne  in  llandelsgesellsciiaft  stehen 
soll,  und  dass  keinem  Arzmanne  in  der  Stadt  der  Ek'sit/,  eines 
IIammer>  gestattet  sei,  ausser  er  erwirbt  das  liürfjerrecht  daselbst. 
Andjerg  Freitags  vor  St.  Gallenlag  (14.  Okt.)  Lial.  Orig.  mit 
anhäng,  herzogl.  Siegel. 

Pfabgräfin  Beatrix  entbindet  die  Bürgerschaft  der  Stadt  Amt>ei^ 
des  ihr  und  ihren  Anhängern  wegen  eines  Bündnisses  abgelegten  Ge- 
lübdes. Arnberg  Freitag  vor  dem  Oberstentag  (4.  Januar)  1354.  Or. 

Kaiser  Karl  IV.  begnadigt  im  Hinblick  auf  die  Dienste  des 
Herzogs  Ruprecht  die  handelnde  Bürgerschaft  der  Stadt  Amberg 
hinsichtlich  des  freien  Geleits  und  Zolles  mit  derselben  Freiheit, 
welche  in  dieser  Hinsicht  der  Bürgerschaft  in  Nürnberg  ertheilt 
worden  war.  Nürnberg  an  St.  Andreasabend  (29.  Nov.)  1355.  Or. 

Ein  Vidimus  auf  Pergament,  worin  Friedrich  Dekan  und  das 
t:;in'/o  Kapitel  der  Kirche  zu  Bamberg  die  von  Kaiser  Friedrich  1. 
den  Kaufleulen  der  Stadt  vei  lieluiien  Handels-  uml  Zollfreiheilen 
besläli^'fMi  und  i)euikunden.  Babenberg  feria  secunda  proxima  post 
Lucie  (14.  Dez.)  135")  mit  anhäng.  Siegel.  Der  Wortlaut  des  Ori- 
ginals von  1103  III.  idus  Marth  ist  inserirl. 

Herzog  Ruprecht  der  Aeltere  überlässt  der  Bürgerschaft  der 
Stadt  Amberg  die  Einnahme  des  Zolles  in  der  Stadt  und  vom  Arz- 
berg  (Erzberg)  mit  allen  Nutzen  und  Gefällen  zum  Behufe,  die  Stadt 
mit  Mauern  und  Gräben  zu  umget>en,  und  zu  nützlicher  Verwendung 
auf  andere  zweckmässige  Bauten.  Dinstag  nach  St.  Georg  (25.  April) 
1363  mit  anhängendem  Reitersiegel. 

Andreas  Schöderl,  Bürger  zu  Andjerg,  Messverwaltcr  der 
St.  Marlinskirche  in  Andjcrg,  beschreibt  und  spezifizirt  alle  zur 
Frühmesssliftimg  auf  dem  Frauenaltar  da-elbst  gehörigen  Zinsen 
und  (iillen.  Montag  nach  St.  Jacobslag  (31.  Juli)  1363.  Or.  mit 
anhüng.  Siegel. 


Üiyitizcü  by  GoOglc 


AuM  ütftdüscheii  Arcliiven  AlUrayerns. 


285 


Pfalz^'niC  Kufim  lil  der  Acltore  hcw  illij:!  dt  r  Sladl  AinlxTg 
jährlidi  drei  Mo>son  und  .Tahrnirirklo,  d.iss  die  tTsfc  am  lMin>;>t- 
abcnd,  die  zweite  am  St.  Jakobsabond,  und  die  dritte  am  kaltiu 
Kircliwoihabend  beginnen  und  jede  acht  Tage  dauern  soll;  den  hiezu 
kommenden  Kaufleuten  soll  freies  Geleit  gestattet  sein.  Amberg 
FYeitag  nach  Mariä  Geburt  (13.  S<  i>l.)  1364.  Or.  mit  anhäng. 
Siegel.  Auch  Reg.  boic  IX.  107. 

Burggraf  Friedrich  von  Nämberg  verweigert  den  Hammer- 
sch  mieden  und  Koblenfuhrem  in  seinem  Gebiete  toh  jetzt  bis 
Pfingsten  und  von  dort  über  drei  Jahre  freies  Geleit  Am 
St.  Dorofheenta?  (6.  FÄr.)  1366.   Or,  mit  anh.  Si(^;:ol. 

Dasselbe  geschah  Ten  Herzog  Ruprecht  und  den  Landgrafen 
Ulrich  und  Johann  unter  gleichem  Dalum  und  Jahr,  ebenso  von 
Bischof  Friedrich  von  Bamborpr  unter  dorn  '25.  März  1306. 

Biscbof  Ludwig  von  Bamberg  eontirmirl  den  Hanuiicr^cbmieden 
und  Kolilenfnhrern  und  ihren  Anprehörip^en  ihre  Hechte  und  Fri'i- 
heiten.  Band)erg  am  Donner.stag  auf  Johanns  ante  porl.  lat. 
(6.  Mai)  1307.    Or.  mit  anh.  Siegel. 

Ludwig,  König  von  Ungarn,  verleiht  auf  Ansuchen  des  Heiv.ogs 
Ruprecht  von  Bayern  den  Bürgern  von  Amberg,  wdche  in  Ungarn 
Handel  treil>en,  die  Freiheiten  und  Privilegien  der  Kauflcute  von 
Regensburg  und  Nürnberg.  Pressburg  am  nächsten  Freitag  nach 
Mariä  Geburt  (14.  Sept.)  1369.  Or.  mit  anh.  Prachtsicgcl. 

Eidesformel  des  Hammer-Vereins  m  Amberg  1378.  Pergament- 
streifim. 

Friedrich  von  Strdtberg  beurkundet,  dass  er  in  der  Streil.<:achc 
der  Stadt  Amberg  gegen  Erkingcr  und  Gndrcs  von  Saunsheim,  dann 
Wilhelm  von  Rebenburg,  wegen  Arrestirung  und  Abschrdzim}.'  zweier 
nür^'iM-  von  Amber?  Ix'reits  zu  Recht  erkannt  hal)e.  Dieii.Ntaij  vor 
St.  Michaelsta?  (24.  Sej»f.)  1381.  Oiig.  mit  anh.  landfriedischcm  Siegel. 

Pfalzp:r;ir  liiipreclit  der  Aelttre  irestattet  dem  Magistr.üe  die 
halbe  Kirnialuiie  der  Strat'geliier  l)ei  lieijnlichcM  lleirathen  o«ler  bei 
Ileiratlien,  welche  stattfinden,  wo  der  Mann  in  einem  Alt(>r  unter 
24  Jahren  und  die  Frau  unter  20  Jahren  steht.  Amberg  corp. 
Christi  (5.  Juni)  1382.  Orig. 

Herzog  Ruprecht  der  Jüngere  von  Bayern  reversirt,  da»  die 
Bürgerschaft  Nabburg  fOr  700  ungarische  Gulden  bei  Nflmbergcr 
Juden  Bürgschaft  geleistet  habe.  Am  Montag  nach  Maria  Himmel- 
fahrt 18.  August  1382.  Orig. 


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28G 


Rapp: 


Her/.o<<  lliiprcclit  der  ArlliMv  i>rlaiii»l  iiiid  gebietet  den  liür^nM-n, 
(las.s  sie  den  Lulin  mit  den  Ilaniniersclimiedeii  festsct/.oii  und  nidit 
mehr  geben  soUen,  als  festgesetzt  sei,  und  im  Falle  Widerstrebens 
soll  den  Hammerschmieden  kein  Erz  von  den  herzoglidien  B(»^n 
gegeben  werden.  WOrzburg  Mittwoch  nach  dem  Sonntag  quasi- 
modogenili  (20.  April)  1384.  Orig.  mit  anh.  Siegel.  Gleiche  Aus- 
Tcrtigung  liegt  auch  von  Herzog  Ruprecht  dem  Jungem  vor. 

Einigung  und  Böndniss  zwischen  den  Städten  Amberg  und  Sulz- 
bacli  und  den  Bürgern  zu  Nümborg,  welche  Schmiedwerke  besitzen,  und 
andern  Hammerbositzern  mil  Vorordnunfri'n,  Sat/unpron  und  TVstim- 
munjren  nbor  die  Kisenabgabe  vom  Kiv.herfr,  die  Verarbeitung  desselben, 
Arbeitslohn  und  Strafen  gegen  die  Zuwiderliatidelnden  wie  auch  ülwr 
die  Verwendung  der  StnifgeMer.  Moiit.i'^'  vor  Sl.  Krharlslag  (7.  .lau.) 
1387.  0|-.  III.  Die  Mitglieder  der  Kiniirun-  h  ilx-ii  ihre  In^ii  irt'l  an 
den  I>riet  gehangen  Monla^'s  nach  unser  Frauentag  l^i(hlint'<s 
(d.  4.  P'ejiruar)  1,'{ST.  An  dem  ptT^-Miu.  Kiniginigshriel  liingen  ur- 
s|irinig]ich  7.)  Siegel,  wovon  ")8  noch  gut  erhaUen  sind.  Al>gedruekl 
in  Lori  Sannnlung  des  bayr.  Bergrechtes  pag.  65 — 74,  jedoch  ungenau. 

Den  Beitritt  und  die  Vereidigung  zur  Hammer-Ordnung  vom 
7.  Januar  1387  beurkunden  noch  mehrere  Hammerbesitzer. 

Der  zu  Amberg  sesshaftc  Jude  Eberl  verkauft  an  Friedrich 
Tumpenhofor,  Bürger  zu  Amlwrg,  ein  Pfund  Regcnsburgcr  Pfennig 
jahrl.  Zins  auf  seinem  Hause  zu  Aroberg  an  derJudenschulc 
gelegen.  Am  St.  Achatiustag  (32.  Juni)  1389.  Orig.  mit  anliäng. 
Sla<  1 1  geric  hl  s-Siegel. 

Jude  Noö  reversirt  <len  Bürgern  und  Rath  der  Sliidl  AiMl>erg. 
dasR  er  sich  seines  (iuthabens  wegen  mit  densell)en  verglichen  und 
gütlich  Verl  ragen  habe.  Am  St.  Antonitog  (17.  Januar)  13.^»U. 
Or.  mil  zwei  anh.  Sic^'-eln. 

nupreciit  der  Jün^MTe.  Herzog'  in  FSayi  n.  reversirt,  dass  die  von 
seinen  Vorfahren  und  Siihnen  aulL'ericlileten  Briefe,  welche  von  dem 
Magistrate  in  Anilx  ig  conlrasignirt  wurden,  dieselbe  gesetzliche  Kraft 
wie  die  Originale  haben  sollen.  Samstag  vor  Fastnacht  (20.  Febr.) 
1390.  Gr. 

Pfalzgraf  Ruprecht  verleiht  dem  Dietrich  Frölich,  Bürger  zu 
Amberg,  ein  Fischwasscr  gegen  Ablieferung  einiger  Fische  an  die 
Hofkuchc  in  Amberg.  Am  St.  Laurenticn-Abend  (9.  August)  1398. 


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Alis  slfiiJlisrhen  Arrbiven  Althaymi«. 


287 


X.  XI.  XII.  Inooittadt,  Freislng,  Moosburg. 

Von 

Marlin  Mayr, 
Akzossisl  am  k.  Itfirlisaii  hivi'  in  Mi'inclirii. 

Ingolstadt. 

Ingolstadt  tritt  bedeutsam  in  der  Geachiclite  Bayerns  auf  seit 
der  Mitte  dos  dreizelintcn  Jahrhunderts.  Es  verdankte  den  Anfschwunfr 
soinrs  städtischen  Genioinwosons  der  lx>«:on(lrren  Huld  Ileizof;  fiiid- 
wipr  dos  Strengen  und  Kaiser  l.iidwig  <l(s  Bayern.  In  den  Jahren 
13512  1449  war  es  so^rar  dio  Haii|>lsta(it  dos  lloiv-o^thnnis  I?nyem- 
Ingolstadt  und  dir»  sfändig^e  Hosidonz  von  dn  i  Willelsbacliorn. 

In  dio^;or  Zoll  bofatid  sirli  oin  oi^ioiics  fürst liclio^  Arrliiv  in  In'^'f)!- 
sladl,  <ia  Stojilian  Iii.,  Lronaniil  dor  Knaüfol,  hol  Tlioilun^'  der  Itayori- 
pclion  Lande  i.  .T.  1392  auf  I  Icrau-'jrabo  dos  ihn  trolVondon  Antheils 
an  allen  Schritlen  j^odrungen  liatto.  Dos  stroilbareji  Hor7.<>f,'s  Lud- 
wig im  Bart  »Geheimschreiber  und  Archivar«  war  der  Stadlpfarrer 
Gabriel  Glesein,  der  öfter  Uriciinden  sdnes  Hemi  mifbesiegelte.  Dass 
ein  bestimmtes  Lolcal  fflr  das  herxogliche  Briefgewölbe  vorlianden 
war,  wird  durch  die  Thatsache  l>ezeagt,  dass  die  getreuen  Bürger 
der  Stadt  Ludwig  »dem  Buckel«  die  Herausgatie  der  Schtässel  moa 
Archive  seines  Vaters  verweigerten,  worauf  derselbe  Gewalt  an- 
wenden und  die  Thure  sprengen  liess.  So  berichtet  K.  H.  v.  Lang 
in  seinor  »Geschichte  Ludwig»  des  Bärtijren«  (1821)  nach  un^'e<hucklen 
Dokumenten,  nnd  es  ist  darauf  hinzuweisen,  well  dio  anproführten 
Thalsachen  in  K.  A.  v.  Muffaf  s  »fJrundzüfren  zur  filtern  (leschichto 
d'  i  bayorischon  Landesarcliive«  (Münchener  gelehrte  Anzeigen  185Ö) 
nicht  orwälint  sind. 

Na(  li(iotii  In<:olstadt  den  (llanz  oiiioi'  liorzo^'lichon  Itosidoiiz-tadt 
verloren,  ward  iiini  roirlior  und  bossoic  r  Ersatz  durch  dio  blühondo 
FTochschulo,  die  seit  dein  Endo  des  funfzolinlon  Jahrhunderts  erst  ein 
Verein igimgspunkt  vieler  Humanisten,  sj)ätcr  als  die  einzige  Univer- 
sität der  attbayoisclien  Lande  ein  Hauptbollwerk  des  Katholidsmus 
in  Suddeutschland  wurde.  Auch  nachdem  zu  Anfang  unseres  Säku- 
lums  die  Universität  auf  gedeihlicheren  Boden  versetzt  worden,  blieb 
dodi  der  Stadt  wenigstens  die  strategische  Bedeutung:  es  ist  jetzt 
die  mächtigste  Festung  im  Südosten  des  neuerrichteten  deutschen 
Reiches. 


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288 


Mayr: 


Solch  wtrhsol volle  wiclilipo  Slolluii^r  iiadi  Aussen  niussto  auch 
auf  die  innere  Entwickelung  der  Stadl  fordernd  einwirken.  Ingol- 
stadt hatte  eine  ausgebildete  Stadtverfassung,  innerhalb  welcher  die 
tGeschleehter«  d^  Bürgerschaft  sehr  einflussreich  waren.  Das  reiche 
bürgerlidie  Leben  spiegelt  sich  wieder  im  Archive  der  Stadt,  das 
zum  grSssten  Theile  unversehrt  erhalten  ist.  Wenige  altbayerische 
Gemeinden  haben  so  treu  und  sorgsam  die  schriftlichen  Denkmale 
ihrer  Vergangenheil  bewahrt. 

Djis  Aifhiv  befindet  sich  im  Ralhhaii>o:  in  einem  Zimmor  des 
ersten  Stockes  eine  Anzahl  Sfandbüclior  und  Akten,  in  einem  Partcrro- 
pfcwolht^  (doni  Lokalo  d(  r  liegistratur  und  der  Kasse)  sämmlliclic 
Urkunden  und  Uochnuntron. 

llornil?  lluhiicr  ini  rrsd'H  Iloni'  suinor  zu  Anliiiiu'  uii<oro?  .lahr- 
liundorl>  ci'.-chiciKiH'ii  ».Morkw  iirdlL'kiMton  dor  ciiurl)aiori>(iion  ITaupl- 
stadt  Ingolstadt«  rülnnf  dio  Hii(ltl^alti<,'koit  der  wolilvrrwahrton 
Archivalurkundcn.  Spider  l'ertigle  der  roelitskiindigc  Bürircrinoisfor 
Lallinger  von  einem  Tlieile  der  Urkunden  R(«'esten  an,  die  zwar 
Gerstner  in  seiner  Geschichte  von  Ingolstadt  (l$ö2)  noch  benutzen 
konnte,  die  aber  jetzt  Valoren  sind.  Ebenso  wurde  Idder  zur  Zeit 
des  Todes  des  genannten  Bürgermeisters,  der  in  die  Mitte  der  vier- 
ziger  Jahre  fiel,  eine  Anzahl  Akten  und  Urkunden  ohne  Prüfung 
als  Makulatur  verkauft  Jetzt  aber  ist  bei  der  Umsicht  und  dem 
lebendigen  Interesse,  das  Herr  Rechtsratli  F.  X.  Ostermair,  der 
I.  Vorstand  des  historischen  Vereins  von  Ingolstadt.  Allem  ontgegen- 
bringt,  was  die  Geschichte  seiner  Vaterstadt  angeht,  volle  nürgschafl 
dafür  gog(>l)cn,  dass  solch  traurige  Veräusserungen  oder  £aüremdungen 
in  ZukiiiiH  nicht  wieder  vorkommen. 

Den  uiiilanglich>teii  inid  wicht ij^sten  Tlioil  des  Ingolstadter 
Arcluvs  bilden  die  l"rknndeii  der  Stadtgemeintie  iiiid  der  zu  ihr 
gehörigen  Stiftungen:  sj,.  sind  mit  den  übrigen  nesländeii  der  l'io- 
gislratur  sorgrältig  und  genau  in  einem  sehr  umfangreichen  Reper- 
lorium  (iiand  in  Gross-Folio)  verzeichnet. 

Bekannt  war  davon  bis  jetzt  eine  verhältnissmässig  geringe 
Anzahl;  erst  Rechtsrath  Ostermair  gebührt  das  Verdienst,  ihren  In- 
halt nach  und  nach  der  Oeffentlichkeit  zugänglich  zu  machen.  Die 
meisten  Briefe  der  älteren  Wittelsbacher,  vorab  Ludwig  des  Bayern, 
hatte  jedoch  schon  der  Ingolstädter  SUidtsyndicus  L.  Hübner  heraus- 
gegeben, und  aus  seiner  Arbeit  habmi  Mcdcrer,  Gerstner,  J.  F.  Böhmer, 
Rockinger  geschöpft.    Es  besitzt  das  Archiv  noch  200  Original 


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All»  HUldlisclieii  AiTliiven  AlUiuyenis. 


289 


Urkunden  aus  dem  vierzehnten,  300  aus  dem  fflnfeehnten  Jahr^ 
hunderte,  ungeföhr  200  haben  sich  aus  dem  sechzehnten  erhalten. 

Zum  grosseren  Theil  aus  Origmalen,  Tielfach  aber  auch  aus 
Gq)ialbfichern  hatOstermair  im  »Sammelblatt  des  historischen  Vereins 
in  und  für  Ingolstadt  1.  Heft  1876«  447  Pu  fresten  von  Urlcunden 
dos  14.  und  If).  Jahrhundorts,  und  in  tlon  Jahr^^ingen  1874  und 
1875  des  »Ingolstädter  Sonnt ajjsblattesc  724  Ilegeston  aus  der 
gloichon  Zeit,  also  im  Ganzen,  die  kleino  Zahl  der  bereits  lickannlon 
Slücko  abgereehnt'l ,  unp^rälii-  1100  Urkundenauszüge  imblicirl,  ob- 
wohl sich  das  bemil/li  Material  blos  über  etwas  mehr  als  zwei 
Jahrhuiiderlo  ersircrkt. 

Das  Werlhvdllslc  der  Sammlung  smd  siebzt^hn  Originalurkundoii 
Kaiser  Ludwig  dos  Bayern,  worin  er  die  Freiheiten  der  Stadt  be- 
stätiget oder  erweiteH.  Daran  reihen  sich  weiter  8  Originalurlcunden 
von  seinem  Sohne  Ludwig  dem  Brandenburger,  9  von  Herzog  Stephan 
dem  AcHeren,  4  von  Herzog  Mainhard,  1  von  König  Wenzel,  un- 
gefähr 60  von  Herzog  Ludwig  »im  Bart«,  4  vrai  Ludwig  »dem 
Buckel«,  7  von  Kaiser  Sigismund,  6  von  K.  Friedrich  HJ.  Besonders 
die  Briefe  und  Urkunden,  welche  der  leidoischaflUiehe  »Ludwig  im 
Barl*  seiner  überaus  geliebten  Haujitstadt  gegeben,  sind  vielfach  von 
liohem  Interesse,  sowohl  für  die  allgomoine  Geschichte  dieses  meist 
zu  ungünstig  beurtheiltcn  Fürsten,  als  besonders  niirb  seiner  Thrdigkoit 
für  die  Kunst  und  die  Ueberlragung  französischer  Industrie  in  sein 
iMiyerisches  I leimatland. 

Aus  den  im  Ingolslailter  Stadtaichive  befindlichen  Standbüchern 
sind,  wenn  wir  von  den  /.ahlreichen  erst  im  17.  Jahrhumlerte  be- 
ginnenden Kirchen-  und  Slitluti^'srecluiungen  absehen,  folgende  als 
l)esonders  bedeutsam  hervorzuheben: 

1)  Das  allgemein  bekannte  herrliche  »Privil^enbuch  der  Stadt 
bigolstadt«,  das  alle  von  den  bayerisdien  Fürsten  der  Gemeinde 
verliehenen  Freiheiten  enthält;  es  wurde  im  Jahre  1493,  wahr- 
scheinlich auf  Veranlassung  des  geschichtskundigen  Stadtschreibers 
Andre  Zayner  begonnen.  Der  Ck>dex  ist  eine  Pergamenthandschrift 
in  Hochquart  mit  237  Folien,  in  Leder  gebunden  und  mit  dem 
Wappen  der  Stadt  verziert.  Eingeleitet  wird  der  Text  durch  eine 
dör  vielen  im  15.  Jahrhunderte  verbreiteten  kurzen  Chroniken  der 
bayerischen  Herzoge,  worauf  der  erste,  auch  im  Original  erhaltene, 
Freiheitsbrief  Ludwig  iles  Bayern  vom  Jakobstago  1312  folgt.  Der 
vorletzte  Eintrat;  ItctrifTt  den  Ankauf  des  Universitätsgebäudes  durch 

ArvhivülUchc  ZvUsvhtih.    II.  19 


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290 


Hayr; 


(lio  StafUgoniolndc  iin  Jnhiv  1804,  der  letzte  gibt  die  rl^'cnlirmdi^^o 
Einzeichnung  Sr.  kais.  Iloheil  des  Kronprinzen  dos  deutschen  Reiches 
und  von  Preussen  bei  seiner  Anweseidieit  zu  Ingolstadt  am  25.  Aug. 
1872.  Was  diese  Handi^chrifl  besonders  dem  An^'i-  des  Kunst-  und 
Culturliisforiker>  interessant  macht,  sin(i  ausser  fjn/.i  Inen  -ehr  schön 
gearlieilfttii  hiili.ilcii  die.  wir  (>>  scheint,  meist  ^^^Icicli/.cit ii:  frunalten 
liil(hii>sr  von  Iiij^olstiuiler  Hathshrncn  vom  Kiidc  des  15.  .lalir- 
hunderts  bis  zum  Jahre  17T9.  Rockini^'er  hat  eine  uustührhcho  Be- 
schreibung in  der  »Bavaria«  (I.  <U7~800)  geliefert,  und  v,  Hefner- 
Alteneck  Proben  aus  den  Porträts  in  seinen  »Trachten  des  christlichen 
Mittelalters!  gegeben. 

Eine  Absdirift  des  Privil^enbuches  von  einer  Hand  des 
18.  Jahrhunderts  befindet  sich  ebenfalls  im  Stadtarchive. 

2)  Handwerksordnungen  aus  dem  15.  Jahrhunderte  enthfilt  ein 
Papieroctavbanti  von  115  Folien.  Leider  ist  Bogen  21,  der  laut 
des  Inhaltsverzeichnisses  die  Ordnung  der  Steinmetzen  enthielt, 
heran  sfreschnitten . 

3)  (lopialbuih  der  Privilegien  der  »oberen  Pfiirre«;  zu  Infrolstadl, 
mit  110  Blättern  in  Folio.  be|,'innend  mit  Briefen  Ludwig  des  Ge- 
barleten  und  bald  naeh  dessen  Tode  an<:e!(>i:t 

•i)  Salbuch  des  Ileiliggeistspitals  in  liiLMil-tadt ,  Perpairienl folio- 
band vi»n  125  Blättern,  angelegt  1491),  enthält  Urkunden  von  1319 
bis  1591. 

5)  Grundlialaslcr  der  Stadt  aus  dem  siebzelmtcn  Jahrhundert. 

6)  Die  Rathsprotokolle  der  Stadt  beginnen  mit  dem  Jahre  1523 
und  laufen  von  da  an  ununterbrochen  fort.  Sie  enthalten  eine 
Menge  werthvollen  Materials  für  Culturgcschichte,  dann  für  Genealogie 
bayerischer  Adelsgeschlechter.  Sehr  viel  daraus  hat  Rechtsralh 
Ostermair  theils  im  »Sammelblatte  des  historischen  Vereines  in  und 
für  In^'olstadt.  II.  Hefl.  1877«,  theils  in  den  Jahrgängen  1867  bis 
1873  des  »Ingolstüdter  Sonntagsblattes«  mit^^ Du  ill 

Zum  Schlüsse  ist  noch  (»in  schwerer  Verlust  des  Ingolstädter 
Stadtarchivs  zu  notiren.  F.  A.  Oefele  hat  im  zweiten  I?ande  seiner 
Seri|)tores  rerum  l^oiearnm  die  Besc  hreibung'  des  Landshuter  Erb- 
foi^'ekrie-^'es  von  dem  Ingolstädter  Sladtseliieiber,  Andre  Zayner, 
heraMs^i'^'(»ben,  und  /war,  wie  er  ausdi  fu  klirh  bemerkt,  aus  einem 
Mamiseripte  des  Tabularinm  lnfrolsl;idierise.  Das  Werk  ist  nächst 
des  Archivars  Auffustin  Kölner  Aufzeit  limmgen  »lie  wirhti}?ste  zeit- 
genössische Quelle  über  den  unheilvollen  Krieg.    Die  genauesten 


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Aus  stfldlischeii  Arciiiven  AlUiayerns. 


291 


Nachforscliunj(eii  durch  llcchtsralli  Oslermair  hatten  leider  niiP  das 
Ergebniss,  dass  die  Handschrift  seit  wenigstens  vierzig  Jahren  spur- 
lo6  aus  dem  Stadtarchive  von  Ingolstadt  verschwunden  ist. 

Freising,  der  Sitz  des  ehemaligen  Hodistifts,  ist  mit  besonderer 
Betonnung  als  die  »geistliche  Stadt«  geschildert  worden,  und  mit 
Recht.  Das  Büt^erthum  tritt  dort  weit  zurück  vor  der  alle  L<  bons- 
verhrdtnissc  mehr  oder  minder  charakterisirenden  und  tx-herrsciicndon 
Macht  dos  liolion  und  nicdcM'cn  Klerus.  Diese  Dürftifrkeil  solhst- 
standigor  städtisclior  Entwickelung  spiegell  sich  aucli  wieder  im 
Ärcliivo  der  Geinciiidc. 

Die  Urkunden  nml  Akli'u  beginnen  zwar  bereits  in  der  zwoilon 
nrdfte  des  14.  Jalu-hiinderls,  behandeln  aber  nur  die  gewöhnliclisten 
lokalen  Ereignisse  und  Rechls-Geschüfte,  ohne  für  weitere  Kreise,  als 
für  den  Lokalliisloriker,  Interesse  zu  bieten.  Was  aus  ihnen  für 
die  Orts-  und  Kulturgeschichte  noch  zu  gewinnen,  hat  PKchU  in 
seinen  »Beiträgen  zur  Geschichte  der  Stadt  Freising«  (1877)  verwerthet. 

Die  Archivalien  suid  un  Magistratsgebäude  in  zwei  verschiedenen 
Lokalitäten  bewalirt.  Akten  und  Standbücher  sind  in  der  sog.  alten 
Registratur,  einem  dunklen  und  dumpfen  Räume,  anfgestdlt.  Sie 
sind  weder  zahlreich  noch  wichtig,  und  wurden  vor  einigen  Jahren 
von  einem  Srlneiber  oberflächlich  verzeichnet.  Die  bedeutenderen 
sind  Giltbücher  der  Stadt  von  1517  und  1524,  21  Verhörs-,  Vermilt- 
lungs-  und  Silzun'^'sprolokolN*  von  1572— K!')! ,  Tiirkensteuerrechnung 
von  1001,  ()berk;iniineranilsieclinuii;.'eri  von  1(!05.  ein  Bür^'erbucli 
von  1621  :  aus.>ertieni  noch  eine  gnisscre  Anzahl  von  Hechnnnpen 
des  17.  und  18.  Jahrhunderts  über  die  zur  Stadt  gehörigen  Kirchen 
Spitäler,  IJruderschanen  und  Aluiosenstiflungen. 

Die  Urkunden  lagen  seit  Jahrzehnten  unberülirt  im  Kas.-<alükale 
aufbewahrt,  ohne  alle  systematische  Ordnung.  Es  smd  im  Ganzen 
421  Stdcke,  nämlich  317  städtische  Urkunden  (die  älteste  von  1362) 
und  104  des  Heiliggeist-Spitals  daselbst  (die  älteste  von  1378),  die 
grösstentheils  von  Th.  Wiedemann  im  XI.  Bande  des  Oberbayerisclien 
Archivs  und  von  Prechtl  in  seiner  Chronik  des  Heiliggeist-Spitales  (1877) 
verdfSentlicht  worden  sind.  Da  der  Magistrat  Freising  nicht  die  nöthigcn 
Arbeitskräfte  besass,  um  diese  für  die  Lokal;.'eschichlc  immerhin 
werthvollen  Urkunden  bearbeiten  zu  lassen,  so  beschlossen  die  beiden 
Gemeindekollogien  hn  heurigen  Frühjahre  auf  Anrc^ng  eines  dortigen 


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Gcschiehtsfreundes,  des  emer.  Pfarrers  Hm.  Dr.  Prechtl,  nach  dem 
Vorgange  anderer  Stadtgemeinden  den  gesammten  Urkundenvorrat h, 
}?e^en  Miltheilnnf^  oines  g<'nauen  Ropcrloriums  und  unter  dem  Vor- 
behalt ungehinderter  Benützung,  an  das  kgL  allgemeine  Reichsarchiv  •  . 
zu  extradiren. 

Mooabiirg. 

Eine  der  ältesten  Städte  Bayerns  mit  reicher  geschichtlicher 
Vergangenheit  ist  Hoosbui^  an  der  Isar,  der  Sitz  des  ehemaligiHi 
gleichnamigen  Grafengcschlechtes,  hi  der  G^nwart  freilich  einsam 
und  stille  wie  wenige.  Das  Arcbhr  der  Stadt  hat  seit  Jahrhunderten 
unter  der  Ungunst  der  Zeilen  gelitten  und  ist  völlig  vernichtet. 
Berichten  doch  die  Lokalgeschiclilen,  das.s  bereits  die  Scliweden  ihre 
ITcidc  in  den  herrlichen  Münster  des  Gliorslitls  SU  Kaslulus  ge- 
slcllt  und  ihnen  als  Streu  Pergamente  und  Akten  vom  Hathhause 
untt'i-  die  Füsse  geworfen.  Was  damals  i\or  Wuth  der  nordisrlieri 
VerwLi.sUr  etwa  ihm  h  «'ntgangcti,  das  lioi  zwei  giosscn  Fi  ucrsbrünsteu 
zum  Opfer,  W(.-l(  lir  einen  betleiiienden  Tlieil  der  Stadl  mit  dem 
Rathliause  in  Aselie  legten,  einmal  am  3.  Mär/  1702,  das  hetzte  Mal 
vor  12  Jahren  am  13.  Juni  18G5.  Zwar  1T02  halte  ein  Ilalhsheir 
das  städtische  Archiv  noch  retten  wollen,  er  war  aber  selbst  von 
den  Hauern  des  znsammenstörzcndm  Gebäudes  versdiättet  und  er- 
drdckt  worden. 

(Wird  fortgesetzt.) 


XIX.  fVagmentairisiche  ErinneruD^^eii  emes  alten 

Archivaiu 

Voa 

Dr.  Louis  Spach, 
BesirlcmtrehiTdirektor  In  Strassburg. 

(Fortsetzung.) 

Ergehen  wir  uns  ausserhalb  der  MaufTU  von  Strassburg,  z.  B. 
in  dem  malerischen  Hreusclilhal ,  betreten  wir  ein  voti  .ler  FTasel 
bewässertes  Seil(>nllirdclieii ,  da  Ireffeii  wir  auf  ilie  liel»liche,  neu 
restaurirte  Kirche  von  Niederliaslach,  und  knüpfen  natürlich  an  das 


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Fragmentaruche  Erinnerungen  eines  alten  Archivars.  293 


seluine  (ieljändo  die  Gej^cliiclitc  (l(>s  HciKMiiklinor-Stifles  ilfssolboii 
Nniiicns.  Die  hierauf  be/fiij-liclHMi,  iiiclil  ^'enule  sehr  zaIilreielieM,  aber 
i>edeutung.s.<ch\veren  Dokuiiieiile  lassen  sich  in  vier  Gnii)|)on  einreihen: 

1)  Die  Streitigkeiten  um  die  Reliquien  des  h.  Florentius,  des 
Stifters  der  ursprünglichen  Abtei; 

2)  die  unterschiedlichen  Phasen  derGrändong  und  des^edei^ 
aufbeus  der  Kirche  im  13.  und  14.  Jahrhundert; 

3)  die  juristischen  Streitigkeiten  mit  dem  Bisthum; 

4)  die  StrettiglKiten  über  das  Einkommen  des  Kapitels. 

Wir  befassm  uns  TCNrzäg^ch  mit  den  zwei  ersterwähnten  Punkten. 

Ein  Eremit,  der  liellige  Florentius,  lebt  unter  der  ausirasischen 
Köiiifr?fanii]ie  in  der  Einöde  de?  Haselthälchens,  lioilt  die  erkrankte 
Tochter  Dagobert's  (vorniuthlich  des  zweiten),  wird  reichlich  von  dem 
königlichen  Vater  mit  Hütern  im  Breuschthal  beschenkt,  hierauf  als 
Slrassburger  Bischof  inthronisirt  (a.  678),  und  in  St.  Thomä  gegen 
Ende  des  7.  Jahrhunderts  begralien. 

Einer  seiner  nächsten  Nachfolger  im  Bisthum,  Rachio  (783  bis 
815),  überträ^'t  den  Leichnam  in  das  Ilaslaclu'r  Kloster.  St.  Thomä  da- 
gegen behauptet  steif  und  fest,  die  heiligen  Ileiiiiuien  selbst  zu  besitzen, 
lui  Jahr  1143  findet  Bischof  Burchard  den  Körper  unversehrt  in  der 
Graft  zu  Haslach.  Nun  beschränkt  sich  St.  Thomä  auf  den  Besitz 
des  Hauptes  des  Heiligen;  das  allein  sei  ihr  in  der  That  geblieben. 
Dag^n  bestätigt  Bischof  Berchthold  von  Bucheck  (1860)  die  Existenz 
der  ungetheOten  Reliquien  zu  Haslach. 

Vier  Jahre  später  lässt  Kaiser  Karl  IV.  die  Graft  wieder  öffnen, 
und  nimmt  den  rechten  Arm  des  Heiligen  für  seinen  Reliquienschatz 
in  Böhmen  mit;  er  kam  vom  Ottilienbei^  herunter;  dort  hatte  er 
sich  ebenfalls  mit  der  Wegnahme  des  rechten  Arms  der  Heiligen 
abgefunden  ').  Wenige  Jahre  später  wiederholt  Rudolph  von  Oest- 
reich,  Landgrat  im  Elsass,  diese  widerwärtigen  Scenen;  er  entwendet 
den  linken  V'orderarm  des  flaslacher  Heiligen. 

Das  Interesse  des  Haslaclier  Archivs  giplell  zuvörderst  in  liem 
Neutjau  der  Kirclie,  unter  den  Bischöleii  Kurirad  und  Friedrich  von 
Lichtenberg,  Bertholtl  von  Bucheck  und  Friedrich  von  Blanken- 
heim*).  Durch  CIrkularschreiben  oder  Ablassbriefe  dieser  Prälaten 

')  L'avanl  bras  droit  de  Ste.  Odile  i>ar  L.  Spach.    Slraiishuurg  1840.  4*. 
')  L'eglise  de  Nieder-Haslacli  par  L.  Spach.   Strassbourg  1854.  Berger- 
LemulU  8*. 


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294 


Spucli : 


sind  die  Epochen  des  Baus  und  der  Restaurationen  genau  bestimm- 
bar. Bekanntlich  hat  in  neuester  Zeit  Architekt  Louis  Boesvülwald 
das  ogivale  Heiligthuni  vollständig  wiederhergestellt,  nachdem  das- 
selbe viel  erlittene  Unbill  öberstanden  (1632.  1744.  1793). 

WimkIlti  wir  unsrc  Si  lirillo  nordwärts,  so  trt  lTcn  wir  in  Zabem*s 
Nähe  auf  ein  anilics  Koll^iatslifl ,  auf  Neuweil i  i  mit  soiuen  zwei 
Kirclion  von  Sl.  Addplii.  und  Sl.  IVlor  und  l'aul.  Gcschichle, 
Uaiilm  lind  Ge^f^nd  sind  dunliau?  niclil  ^icicliartig  mit  Haslach; 
das  iM'trclli'nde  Aivhiv  ist  um  rin  bcliruliHiclR's  iviclilialti^er. 

Ein  Hiscliüf  von  Mcf/.  Dio^'d,  ein  naliiriii'ln-i'  .Sülm  Kai'l  d<  > 
(Irossi'n,  briniit  die  1  u-ruiuicn  dis  Ii.  A<iil|ilius  nacii  Xriivveilor,  uml 
baut  dii!  von  Bland  zi  rslöistc  mciowin^ri.-clic  Kirclif  vun  St.  IVlcr 
uihI  Paul  wietler  auf.  Im  112.  .Jahriiundcil  enlslolil  die  romanische 
Kirche  von  St.  Adelphi ;  des  Heiligen  Gebeine  werden  dcnthln  über- 
tragen. Beide  geistlichen  Institute,  die  alte  Abtei  von  St.  Peter  und 
das  neue  Kolfegiatstifl  von  St.  Adelphi  bestehen  eine  Zeitlang  neben- 
einander, nicht  ohne  vielfache  Reibungen.  Der  28.  Dessember  1495 
bringt  eine  totale  Umwälzung  hi  die  bisherige  Lage;  eine  Bulle 
von  Alexander  dem  VL  säkularisirt  die  Abtei;  in  dem  neuen  Stift 
geht  St.  Adelplii  untcM-. 

Dif  Vorschmi'l/'.unt,'  beider  Institute  war  damals  noch  niclit  ge- 
boten. Dücii  mit  dem  Jahr  1504  tratcMi  die  Schwierigkeiten  immer 
mehr  an  den  Ta^r.  Der  Probst  Rhynj>ruc]<er  lag  mit  (tt  ii  .Stitlsherren 
im  Streite:  i-r  opl'eitc  des  Slil'tcs  hileresscti  dem  Grafen  von  Manau- 
ljiclitenl)er<:.  d.  h.  dem  weltlitiien  lleriii  der  ."^ladl  Neuweikr.  WiUi- 
rend  der  lul'ormations/.eil  musste  die  Kirche  St.  Adelphi  an  die 
Lutheraner  ai)gej.'eben  werden,  unti  verblielj  seither  diesem  Kultus. 
—  In  dem  30jährigen  Krieg  erfuhr  das  Slill  die  Unbill  der  Zeil. 

Der  Inhalt  des  Archivs  besteht  besonders  in  einer  Masse  von 
Bullen  und  in  Prozessakten  mit  Hanau-Lichtenberg.  Die  spezielle 
Geschichte* der  Stadt  während  des  grossen  Religionskriegs  eri&hrt 
einige  Bereicherung  durch  Briefe  Mansfelds  und  seines  Obristen 
Obertraut 

In  einer  der  Kanon ikatswohnungen  lebte  in  den  ersten  Jahren 

der  Bourboiiis(  hell  Regierung  der  firanzösische  kaiserlidie  Kriegs- 
ininishM-  Clarke,  Herzog  von  Feltre.  —  Die  Revohition  hatte  das 
Benedikt inerstill  gcschlos.scn ,  aber  den  Charakter  dt?s  Städtchens 
tiiclil  verwischt:  noch  jetzt  machen  die  um  beide  Kirchen  sich 
t;ruppirenden  schonen  Häuser  einen  günstigen  Eindruck,  sie  stimmen 


Üiyitizcü  by  GoOglc 


FFagmentariscbe  EriiineraiiKen  eine»  alten  Archivars. 


295 


ganz  zu  der  lieblichen  Llnigehung.  Üie  ( lottcsliäuser  bieten  dem 
liäologen  einen  ZieljKinkl  zu  belehrenden  Ausllügen.  Abbe  Sliaub 
hal  dieselben  ;,'ehr)iif,'  berncksichlijit  und  in  der  Revue  eutliülicjue 
iUustriit.  —  Architekt  Louis  Uoesvillwald,  dessen  Arbeiten  in  Haslach 
wir  bereite  erwähnt,  restaurirte  die  unterirdische  Kapelle  von  Sankt 
Sebastian  und  gerieth  desshalb  gleich  bei  der  Grändung  der  histori- 
schen Gesellschaft  mit  einem  geistlichen  Gliede  derselben  hi  heftigen 
Streit  Man  konnte  skh  äber  die  E^poebe  der  GrOndang,  mithin 
über  den  Styl  der  Restauration,  nicht  einigen. 

In  Strassburg  besteht  noch  das  ausgezeichnet  comfbrtable  Ge- 
hilude  d(\-;  Absteigeciuarticrs  des  Probstcs  und  seiner  Sliflsherren; 
das  »hölel  de  Neuvilier«  lial  wenig  von  dem  Bombardement  gelitten 
und  ix'zeugt  noch  die  splendide  Existenz  der  ländhchen  Kanonici. 

Von  minderer  Wi<htigkeil  sind  die  SliPIcr  von  Zaborn  und 
Surburg-Ilagenau.  iMit  dem  ersh  iii  wurde  das  Hospital  von  Steige 
vereinigt;  das  zweite  von  Surburg  nach  Ihip-nau  übergelührl.  In 
dem  Archiv  des  lelztern  linden  wir  auf  einem  mit  hübsch  kolorirlen 
Arabesken  gesdmiückten  Ablassbrief  die  Figuivu  des  Jesuskindes, 
der  liischöle  Sankt  Arbogast,  und  Sankt  Martin  (von  Tours),  beiden 
Besuhülzom  der  rumanisclien  Kirche.  Ein  schwarzer  auf  dem  Schwoiss- 
tuch  abgeplagter  Gbrlstuskopf  erscheint  auf  der  obem  Bordirung. 
Der  BridT  ist  von  Gregor,  Bischof  von  Ostia,  erlassen  und  reiht  sich 
an  die  merkwürdigsten  Acten  unsN^er  kirchfichra  Sammlung. 

Surburg  lag  am  nördlichen  Rande  des  Hagenauer  Forstes;  am 
Nordostende  dieses  Bezii^es  stand  die  ehemalige  von  der  iUustem 
Kaiserin  Adelheid  hn  Jahr  787  gestiftete  Abtei  Seltz,  welche  Pabsl 
Sixtus  IV.  zum  Kollegial stifl  erhob.  Ueber  einen  Theil  der  zahl- 
reichen an  die  kaiserliche  Schöpfung  gesclienkten  Güter  verfügte 
l.ndvvi^r  XIV.  zu  Gunsten  des  Jesuiteukollegiums  zu  Strassburg. 
Ablei  und  Stil't  eifreuen  sieii  in  unserer  Sammlung  keines  aus- 
gezeielineteii  Ardiivs;  nur  das  Andenken  an  die  grosslierzige,  schöne, 
geistreiche  Wittwe  Otto  des  Grossen,  die  unter  drei  Kaisern  aus 
sächsischem  Hause  eine  ilie  (Jeschicke  Italiens  und  Deutschlands 
dominirende  Rolle  spielte  und  in  romanhafter  Legende  verherrlicht 
wurde,  sichert  ihrer  elsässisdien  Stiftung  (dem  römischen  Saletio) 
einen  dauerhaften  Ruhm.  Als  treue  Rathgeberin  ihres  Gemahls,  als 
intelligente  Stütze  ihres  Sohnes  und  Enkels,  als  Freundm  zweier 
ausgezeichneter  BisdiÖfe  von.  Strassburg  —  Erchanbold  und  Wider- 
hold —  gULnzt  ihr  Name  in  den  Annalen  der  Weltgeschichte.  Von 


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296 


S{Nich : 


diT  Ablei  Lh'^U'IiI  niclils  mclir.  Die  ehüiualigu  mit  i^rivilegien  reich- 
lich versehene  Stadl  ist  zum  Markttlccken  herabgesunken. 

Ein  wahrer  Lichtpunkt  aber  erscheint  an  der  Nordspitze  des 
ehemaligen  niederrheinischen  Departements  die  merowingische  Bene- 
diktiner-Abtei  Weissenburg,  vormals  zum  Sprengel  des  Speyerer 
Bisthums  gehörig,  und  nachdem  sie  zum  Kollegiatstift  erhoben,  in 
der  Hand  der  benachbarten  Bischöfe,  welche  beide  hohen  Aemter 
zugleich  versahen.  Die  von  den  Merowingern  reichbedadite  Abtei 
besass  an  bcidon  Ufern  der  Laulor  ausgedehnte  Domänen,  das 
Mundat;  ilir  goliörtc  dio  röniisclie  Thcnnensiadt  Baden  bereits  im 
achten  Jalirbunderl.  Mit  dem  alten  Kloster  ist,  wie  allgemein  lie- 
kannt.  der  Name  des  Mönchs  Otfrit,  des  Dichters  des  »Krist«,  eng 
VL'ibunden.  Im  Mittelalter  schreibt  der  Clnoiiist  tMkliard  Ar/t  die 
Annalen  Weissenburgs  des  Städtcliens:  denn  am  Fusse  des  gcist- 
iielien  Asyl-  iialte  sich  nach  und  nach  eine  Bürgergemeinde  gebildet, 
die  bald  mit  der  Abtei  befreundet,  bald  gegen  sie  im  Kampfe  lag. 
Es  ist  wohl  &nes  der  lebhaftesten,  hislorisclien  Dramen,  das  sich 
hier  im  mitteirfaeinischen  Gebiete  abspielt.  W^en  doch  die  pfiU- 
zischen  GhurfOrsten  in  die  Geschicke  der  Stadt  und  des  Klosters 
hineingezogen;  wirft  sich  doch  Friedrich  der  Siegreiche  zu  ihrem 
Beschützer  auf,  und  bekämpft  sie  später  als  ein  leidenschaftlicher 
Widersacher.  Eine  der  originellsten  Persönlichkeiten  des  15.  Jahr- 
hunderts, der  Marschall  Johann  von  Dratt,  im  Felsenschloss  Berwart- 
stein  oder  Berhclstein  ansässig,  beeintiiuhtigl  als  Stellvertreter  des 
Churfürsten  Philipp,  auf  Scliritt  und  Tritt,  Abtei  und  Stadt,  und 
lüsst  bei  Mit-  und  Nachwelt  ein  unauslöschliclies,  verfehmtes  An- 
denken, das  sich  /nr  Legende  ausbildet.  Die  schriftlichen  Pro/esse 
nml  thatsächlicheii  Streitigkeiten  zwisclicii  Marschall  Dralt  und 
Weisscnburg  schwellen  an  zu  ma>seiiballeni  Stolle  in  unserer  Samm- 
lung: der  befraehtlichste  Tlieil  war  abei-  'schon  in  den  Jaiu"en  1815 
bis  1616  ticn  bairischen  Koimnissai'en  ausgeliefert. 

Unter  den  Aebien  treten  mehrere  scharfgezeichnete  Figuren 
hervor,  wovon  wir  beiläufig  Philipp  von  Erbach  und  Johann  von 
Bruck  erwähnen.  Romanhafte  Incidenzen  knüpfen  sich  an  die  Flucht 
des  letztem  nach  Baden,  und  an  seine  Rfickkehr  in  die  kaum  ver- 
lassene Abtei,  in  die  reuige  Stadt  Der  lang  hingezogene  Kampf 
mit  Friedrich  dem  Si^reichen,  die  Vorfälle  des  Bauernkriegs  er- 
forderten —  könnten  wir  uns  darauf  einlassen  —  eine  ausführliche 
Erzählung.    Vier  Jahre  vor  dem  kommunistisdien  Aufstande  von 


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Fragmentartiicb«  Eriiuieningen  eiut»  alteu  Archivars. 


297 


1525  und  vor  der  ungcicclik'ii  StialL',  dk'  der  Cliinlürsl  übii  ilie 
unt,'lückliclR'  Stadl  verhäii^do,  war  die  Abloi  von  Tabst  ('.Ifiiions  Vll. 
sacularisirt  wurden  und  Küdiger  Fischer,  der  Abi,  zum  Probst  er- 
hoben. Zwanzig  Jalu-  nachher  (1544)  erfolgte  die  Inkorporation  des 
Klosters  Walburg  mit  dem  StifL  Dorthin  zog  sich  der  grollende 
Probst  zurflck,  —  denn  die  Reformation  war  ja  in  die  Stadt  ein- 
gedrungen; dort  beschlosB  er  seine  beunruhigte  Laufbahn.  Zuletzt 
▼ollzQg  der  Ghurffirst  die  Verschmelzang  des  Weissenburger  Stifts 
mit  dem  nahen  Bisthum.  Die  selbstst&ndige  Existenz  der  diemaligen 
inerowingiscfaen  Abtei  ging  mit  Rüdiger  zu  Grabe. 

Zu  diesen  Wandlungen  allen  bringt  unsere  Archivgruj)!«^  die 
nöthigen  Belege.  Nd)en  den  Persönlichkeiten  dieser  Do]ip.  1-Würdon- 
Iräger  fesselt  uns  vor  allem  Lothar  Friedrich  von  Metternich  (1653  bis 
1GT5),  der,  zuprleich  Er/bischof  von  Mainz  und  Biscliof  von  Worms, 
eine  hervorra^'cndo  Slcllc  einnimmt,  und  seinem  Homonym,  dem 
grösslen  Diplomaten  der  ersten  Hälfte  unseres  Jahrhunderts,  gleich- 
sam die  Bahn  vorbereitet.  Auch  einem  Hullen  begegnen  wir  unter 
diesen  DopjX'Iprälaten  (Franciscus  Christoph,  von  1743 — 1770).  Den 
Fürstbischof  August  Limburg  von  Styrum  verscheucht  die  französische 
Revolution  von  seinem  Stuhle. 

Den  histoiisdien  Gianzpunld  der  Abtei  verlegen  wir  aber  in 
frühere  Zeit,  als  die  Aebte  mit  Stadt  und  Land,  mit  dem  pflUziscben 
GhurfÜrsten  Friedrich  dem  Siegreichen  und  mit  Philipp  Krieg  führten. 
Die  unheimliche  Figur  des  Hans  von  Dratt,  der,  aus  Thüringen 
gebürtig,  durch  Vergünstigung  seiner  Patrone  als  Lokaltyrann  sich 
gebürdete  und  im  Gedächtniss  der  geplagten  Bürger  als  Bans  Trapp 
—  der  Pojianz  der  Kinder  —  fortlebte,  er  steht  noch  för  uns  auf  dem 
IJerlxlstein,  oberhalb  des  Dorfes  Erlenbach,  in  einem  Seitenthal  der 
Hheinpl'alz.  Ausführlich  hat  der  verdienstvolle  Forscher  Pfarrer 
Lehmann  (von  Nussdorf)  dieses  vor  Zeiten  mil)ez\vingliche  Kastell  bc^ 
sehriei)en.  Drei  übereinander  liegende  Stockwerke  werden  von  dunkeln 
in  den  Fels  gegrabenen  Kasematten  gebildet;  die  Herrenwolmung  lag 
über  diesen  ei^^'nlliümlichen  Magazinen,  und  von  der  Höhe  schweift 
das  Auge  über  Waldhügel,  herrliche  \\  iesen  und  Weiher.  Bereits 
unter  dem  ersten  Hohenstaufen  bestand  dort  oben  eine  Citadelle; 
in  die  zweite  Hftlfte  des  15.  Jahrhunderts  sind  die  jetzigen  massiven 
Ueberreste  zu  veriegen.  —  Der  Abt  von  Weissenburg  war  bereits 
seit  ISÖO  durch  Kauf  zum  Herrn  des  Berbelsteines  geworden;  einer 
seiner  Nachfolger  hatte  das  Schloss  1453  dem  Schutze  Friedrichs 


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20« 


S|>acL: 


des  Siogreidieti  übergcbun;  vor  seinen  unruhigen  Nachbarn,  den 
Eckebrecht  von  Dürkheim  auf  dem  Drachcnfels,  wollte  er  sich  Ruhe 
verschaffen,  Ixind  aber  mit  eigener  Hand  die  Ruthe,  die  auf  seinem 
und  seiner  Untergeliencn  Rücken  unbannhei-zige  Striemen  zog.  Hans 

von  Dratt  verheerte  die  Wälder  der  Ablei,  störte  den  Fischfang  und 
das  Fiötzen  auf  der  Lauter;  die  unerträglichen  Händel  luunra  bis 
zu  den  Ohren  des  Kaisers  und  der  lieiehstage. 

Iii  ncufstci'  Zeit  war  das  verfehmle  Schloss  in  die  lländi'  eines 
Mit^'lirds  des  lran/,r)sisiiien  In-^lituls  ük'ig("r:an*rcn.  Unser  Knni|)alriot, 
der  KunipüsiteiH-  und  Ciestliielil<clneiber  der  Musik,  Herr  CJeoi^ 
Kastner,  halle  sieh  die  Felsenhöhlen  anjjreeignel,  im  Summer  1857 
eini'^'e  seinei  Fieunile  von  hier  aus  in  sein  miltelallerliclies  Besilz- 
Lhum  einij'elührt  und  in  den  KascuiaUen  splendid  bewirlliet.  Er 
wollte  mit  freigebiger  Hand  Nachgrabungen  dort  anstellen,  ein  ftüh- 
zeitiger  Tod  vereitelte  seine  Pläne;  dass  sie  zu  erheblichem  Resultat 
geführt  hätten,  wage  ich,  nach  Ansicht  der  Lokalität,  zu  bezweifeln. 
Auf  diese  Seite  hin  sich  zu  illustriren,  war  Georg  Kastner  indess 
nicht  benöthigt;  er-  hat  sich  im  musikalisclien  Frankreich  und  Deutsch- 
land durch  seine  gründlichen  Abhandlungen  und  manche  festliche 
KoniiK)silionen  eine  Gedächtnisstafel  gestiftet.  In  seiner  Strassburger 
villeiiartigen  Behausung  hat  jetzt  das  deutsche  OCQziercorps  ein 
Kasino  zugerichtet^). 

leh  wende  mich  nun  zu  der  Serie  der  Elsässischcn  Abteien, 
die  nie  ihieni  kl<>sferlifheii  l'rsprnnL,'  untreu  wurden;  sie  haheii  alle, 
Frauen-  uud  Munnsklüsler,  bpuieu  in  unserer  grossen  Sainuilung 
hinter  lassen. 

Uie  Benediktiner  xVhtei  AltorlT,  vi(>r  Wegestunden  östlich  von 
Strass|)iu'g,  in  l'ruchtbarer  Ebene,  in  niässijjri'r  Entfernung  vom  Ein- 
gang des  Breutichlhales  gelegen,  giebt  uns  heute  iiocii  ein  Zcugniss 
ihnar  gesdiichÜichra  Wichtigkeit  in  der  wohlerhaltencn  romaniseh- 
ogivalen  Kurcfae.  Von  dem  Grafen  Hugo  von  Dagsburg,  des  Pabstes 


Von  den  Freunden  Kastners,  die  mit  ihm  auf  dem  Berhelstein  a.  1867 
Utfellen,  ist  Schreiber  dieser  Zeilen,  m)  lauere  es  y'-t'^n  n\n^,  «1er  ein/.ij?  Ueber^ 
leitende.  —  Auf  das  (leriihlswcson  der  Stadt  Wcissenliur^'  kiitui  ich  iiiiili  hier 
iiiclil  uinla^^eii;  icli  beächeide  tiiicii  uul'  eine  meiner  Muno^p-apliien  hinzuweisten 
(L*ahbaye  de  Wissenbourg  1857  Strawbouig,  LevraulU  Oeuvres  choisies  DI, 
1  u.  IT.).  Für  die  Anii(|uiUlten  der  Stadt  und  ITmg^end  ist  wohl  Prot  Ohleyer 
der  bewährteste  Forscher. 


Üiyitizcü  by  GoOglc 


FrapnenlarUichf  Eriniieniogen  einiw  allen  Arcbivara. 


299 


Leo  IX,  (Jrossvaler,  },'c^iundct  (a.  060)  weist  liit'  Al)lei  in  iiiiciii 
Archiv  eine  kai.serliclie  Urkunde  Otto  des  III.  auf  (u.  99!)),  der  Kaiser 
bestätigt  eine  Schenkuiii;  zu  Gunsten  des  Klosters  vom  Edlen  Nenie- 
dicch  ausgegangen.  £in  halbes  Jahrhundert  nachher  erlässt  Pabst 
Leo  IX.,  welcher  damals  das  Ebass  bereiste,  und  in  der  Altorffer 
Kirche  am  Grab  seiner  Ahnen  gebetet,  eine  Bulle  tm  Bestätigung 
einer  andern  vom  Grafen  Eberhard  ausgegangenen  Schenkung  an  das 
Kloster.  —  Urkunden  von  Friedrich  Barbarossa  (115d)t  einer  Aebtlssm 
des  Klosters  der  heiligen  Klodeswinde  zu  Metz  (1171),  eines  Grafen 
von  Pfirt  (12H5\  eine  Reihe  von  pftbstlichen,  bis  auf  das  Jahr  1523 
herunterreicliendi'n  Bullen,  vergrössern  die  IJesifzlliümcr  des  Gottes- 
hauses; doch  mit  dem  15.  und  IG.  Jaluhundert  ist  die  Abtei  schon  be- 
deutend herabgesunken;  das  ersehen  wir  aus  den  lateinischen  Allortler 
Ephenieridcn ,  welche  der  Priester  Amandus  Trensz  im  Jahr  lUlT 
auf^'ezeichiiel.  —  Die  pittoreske  elegante  Kirchs  litt  viel  in  den 
kontessionellcn  Streitigkeiten,  die  den  dreissigjahrigeu  Krieg  ein- 
leiteten. Sie  war,  gerade  vor  dem  Jahr  1617,  mithin  vergebens, 
restaurirl  worden. 

Ebcnl'alls  in  einer  Ebene,  nördlich  von  Schieltstadt,  11^  oder 
vielmehr  lag  die  Abtei  Ebersmfinster.  Die  jetzige  Kirche,  obgleich 
ihre  beiden  Thfirme,  aus  dem  17.  Jahrhundert,  hoch  hinaus  ms 
Land  schauen,  bewahrt  keine  whebliche  Spur  der  Vergangoilieit 
Auch  das  Archiv  wurde  in  der  Revolutionszeit  bdnahe  ganz  ver- 
zettelt Als  Fabrilumten  alterthumlicher  Urkunden  waren  die  Mönche 
von  Ebersheinmiünster  berüchtigt.  Nach  der  hieratischen  Ueber- 
liefcrung  gründete  der  heilijre  Deodat  dieses  Kloster  (a.  667);  ein 
austrasischer  König,  Theoderich  III.,  bedachte  es  mit  Schenkungen. 
Der  deutsche  König  Arnulph  empfiehlt  die  Abtei  dem  Schutze  des 
Bischofs  von  Strassburg.  So  viel  zur  Geschichte.  Bei  uns  reiclu^n 
die  älttsteu  Dokumente  bis  zum  Ende  des  13.  Jahrhunderts  hiuaul. 
Dil'  Bullen  und  bischöflichen  Uricfc  lauten  von  1297  bis  1749.  — 
Das  merkwürdigste  Dokument  ist  wohl  ein  im  Jahr  1415  von  SLiftern 
und  Klöstern  geschlossenes  Bündniss  gegen  den  verschwenderischen 
Bischof  Wilhelm  von  Diest  Unter  den  Erbschaflsinventarcn  des 
Klosters  liegt  ein  Notariaisakt,  die  Verlassenschaft  des  berähmlen  zu 
Schlettstadt  verstorbenen  Geschichtschreibers  Beatus  Rhenanus  b&- 
treffend;  seine  m  Ebersheun  ansässigen  Erben  hatten  die  Abfassung 
verlangt.  Der  Name  des  Mannes  flbckt  die  Waare. 

Sebastian  Brant  erscheint  als  Schiedsrichter  in  einem  vom 


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300 


Spach : 


SUuäsbut^'er  Sletluicister  erlassenen  Akte.  —  Das  Jahr  1546  weist 
&n  Kompromiss  vor  zwischen  dem  Äbte  und  den  Rhdndamm- 
inspektoren  von  Markolsheim.  Das  Kloster  hatte  Beiträge  zur 
Regelung  des  launenhaften  Flusses  zu  entrichteUf  und  der  Abt  wurde 
durch  die  Experten  zu  semer  Verpflichtmig  angehalten. 

Als  ich  im  Jahr  1842  oder  43  die  Gonelnde  Ebershehnmihuler 
besuchte,  und  bei  dem  Maire  zur  Einsicht  des  Kommunalarchivs 
vorsprach,  fand  ich  den  ländlichen  Würdenträger  aur  einem  Lehn- 
sluhie  schlummernd,  oder  die  Soninolenz  yorschüizend  zur  Ent- 
schuldigung seiner  einsylbigen  Antworten.  Es  war  eine  acht  cisässische, 
gedrun^'cne  I3auerngcstalt  mit  pfiffigem  Ausdruck.  Ich  konnte  mir, 
oline  dem  ^'calterteii  Manne  grosses  l'ni-echl  in  GedaiikcMi  anzuthun, 
nur  einiMlilcn,  er  lialx'  sicli  ein  halbes  Jalirhundert  /.uvor  an  die 
Kloslerstüriiicr  gereilil,  und  zur  »legalen«  l'lüudeiei  der  Akten  Ix'i- 
getia^'eii.  Befjinde  ich  micli  auf  einem  Iirweg,  so  bitte  ich  den 
Abgeschiedenen  um  Vergebung  für  meinen  psyciiologislien  Argwohn. 

Einen  ganz  eigenen  Charakter  bietet  die  Abtei  Mauersmünster 
(Mauri  Monasterium),  wie  denn  auch  diese  Serie  der  Pergamente 
und  Scripturen  eine  Reichhaltigkeit  ausweist,  die  wü*  bei  andern 
Klöstom  vermissen. 

Es  ist  zuvörderst  das  älteste  im  Nioderrhehi.  St  Leobardus, 
ein  Schüler  des  h.  Kolumban,  gründete  dasselbe  am  Ende  des 
7.  Jahrhunderts.  Maurus,  ein  Schüler  des  h.  Pirmin,  war  nur  ein 
Kefbrmaior  und  zweiler  Gründer. 

Leobardus  gehört  zu  der  Schaar  der  giaubenseifrigen  Frommen, 
die  von  Irland  ausgegangen  sich  liurcli  Belgien,  Gallien,  die  Schweiz 
verbreileleii,  die  Wälder  und  die  Sooleii  Ii«  hielen  und,  nach  dem 
Muster  des  irisdien  Asyls  von  Kildare.  Doppelklüster  stiffeten,  worin 
geistliciie  Brüder  und  Scinveslern  dem  Werke  der  Heiligung  in  Ixj- 
tiaclibarten  Gebüuli(  likeilen  oblagen.  Solche  Vereine  (imden  sich 
/..  Ii.  in  den  Klöstern  von  iNivelles,  Maubeuge,  Remiremont;  so  er- 
scheint uns  Maursmünsler,  seitdem,  auf  einen  wundervollen  Traum 
des  Probstes  Richwinus  hin,  in  der  Nachbarschaft  des  Männer- 
klosters, auf  dem  Sindeisberg,  ein  FVauenklostcr  gegründet  worden, 
und,  durch  die  Bande  einer  ädit  christlichen  Kommunion,  täglich  in 
Gebet  und  Gottesdienst  die  männlichen  und  weiblichen  Konv«itna]en 
sich  denselben  Regeln  unterzogen. 


Iis  dtfriehaient  les  änies  et  les  terres,  sagt  Henri  Hwrtin. 


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Fratnncntarifiche  Erinnerungen  eines  allen  Arcliivars. 


301 


Iionisiren  mögen  wir  in  unserer  glaubensarmen  Zeit  solche  .zu 
gegenseitiger  Heiligung  eingesdilagenen  Wege.  Nicht  zu  diesem  Ende 
berOhre  ich  an  dieser  Stelle  die  Gründung  des  weiblichen  kloster^ 
liehen  Filials  auf  dem  Sindeisberg  bei  Maumnünster  (1123)  und 
dessen  foierlicho  Uobergabc  an  dio  Schwestern  durcli  Thcodewinus, 
einen  päpsllichon  Legaten  (a.  1135).  In  unserm  Archiv  bezielit  slcli 
auf  diesen  Akt  ein  originelles  Polyptichon,  wohl  eines  der  IxMli  ulenil- 
sten  Slücko  (Ut  ganzen  .Sammlung.  In  .seiner  nhorn  Ablheilung 
führt  (>s  uns  ein  Abl»ild  der  ronianistlien  Sindenuskirchc  vor  Anp'ii, 
und  in  .seiiu-n  (hirch  (Jiierlinit'ii  abgezirkelten  Hüuinen  eiitlirill  es  die 
Aufzeichnung  der  UMilii'rliegenden  Klo.sfergüter.  In  .seiner  ))olychr()mi'n 
Fassung  ist  es  dem  Auge  wohlgerällig  und  für  die  Lokalitäten 
geographisch  bemerkungswerlh.  Mauersniünster  und  der  Sindelslx?rg 
gdidren  nicht  zu  den  schSnsten  Gegenden  des  Elsass;  nur  anmuthig 
and  diese  Wiesen,  Thalgründe,  Rcbhügel,  ßauuigrupix^n ,  kleinen 
Wasserläufe,  Steinbruche  und  die  Umrisse  der  nadien  Vogesenkettc 
mit  ihren  Schlossruinen;  bedeutsam  aber  für  die  Geschichte  des 
Klosters  bleiben  die  Ueberreste  der  mittelalterlichai  Vwzeit;  hausten 
doch  dort  oben,  am  Rande  der  ehemaligen  Marca  Aqiütaniae  die 
sogenannten  Schutzherren,  die  Geroldseck,  die  ihren  Schirm  durch 
Eärpre.s.sung  bethätigten. 

Der  Sindeisberg  bestand  in  seiner  abgozwoigton  E.\islenz  drei 
Jahrhunderte  lang;  im  September  1488  fand  .sich  aber  der  Bi.schof  von 
Stra.ssburg  bewogen,  dessen  Kirche,  Kloster  und  Güter  dem  Haupl- 
kloster  von  Mauersmünster  wieder  zu  inkorporiren.  Vermuthlich 
hatte  im  Lauf  des  letzten  Jahrhunderts  die  Zald  der  hilfsbedürftigen 
Nonnen  abgmommen. 

Nicht  nur  mit  seinen  Schinnherrn  lag  der  Abt  oftmals  in  StreiL 
Die  Idnle  Pfarrkirche,  zum  h.  Alai  tin,  schuldete  dem  Prälaten  ver- 
schiedenartige Dienste,  dies  mochte  Ifisshelligkeiten  veranlassen;  der 
Bisehof  Hehirich  von  Veringen  machte  der  Uneinigkeit  durch  Em- 
Verleihung  ein  Ende  und  berief  sich  auf  die  Anarchie  und  Noth 
der  Zeit  Stand  man  doch  am  Vorabend  des  Lfiterregnums. 

Solcher  Verschmehningen  benachbarter  Kirchen  und  Kapellen 
mit  Mauersniünster  erfolgten  viele. 

Mit  dem  Priorat  von  St.  Quirin  am  westlichen  Abhang  der 
Vogesen  stand  die  Abtei  in  «lit  kliM  und  immerwährender  Ver- 
bindung. F?  war  dasselbe  durci)  den  Abt  Adelo  ursprünglich  als 
Wallfahrtsort,  ungefähr  um  dieselbe  Zeit  wie  der  Sindc]sl>erg  ge- 


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.302 


S|meh : 


gründet,  und  durch  einen  Metzer  Bischof  eingeweiht;  beträchtliche 
GQterkomplexe  häuften  sich  nach  und  nacli  um  das  jenseitige  kldntf 
Sanktuarium,  in  der  »Ungeheuern  Einöde  der  Vogesenc,  —  nach  dem 
prägnanten  Ausdruck  einer  Bulle  Alexanders  des  Dritten.  Konflikte 

mit  dem  Motzer  Bislhum  blieben  nicht  aus;  hrmfiger  nocli  wurden 
sie  unter  französischem  Regime:  die  Konventualen  und  der  Abt 
wurden  systematisch  von  dem  Pariser  Parlamente  abgewiesen,  und 
zuletzt  ausgestossen,  zurückgesendet  mit  Sack  und  Pack  nach  Mauers- 

münster. 

Die  tVanzösiscIio  HtyicMung  geiicth  allcrwc^'fMi  der  Abtei  zum 
ünsegen.  In  einer  Abtswulil.  im  18  .lahrhmuiert ,  zwischen  Paler 
Herb,  dem  Kandidaten  def  Koiiventshruder,  und  pere  Anselme,  dem 
Schützling  der  Rohan,  konnte  die  Entscheidung  von  oben  her  nicht 
zweifelhaft  sein.  In  den  abgeschlossenen  Bezirk  eines  Klosters  spielte 
der  Streit  zweier  Nationalitäten  hinüber. 

lieber  diese  Vorfalle  berichtet  ausführlich  unser  Archiv.  Bereits 
vor  36  Jahren  wies  ich  auf  den  Zwiespalt  hin,  ahnte  aber  nur 
halbweg  dessen  künftige  Bedeutung. 

Im  Laufe  des  Sommers  1841  besuchte  ich  zum  erstemal  die 
monumentale,  damals  sehr  beschädigte  Kirche  von  Maursmunster 
und  befand  mich  unversehens  auf  dem  westlichen  Rebhügel  vor 
der  verwatu'losten  Kapelle  des  Sindeisberges.  Die  geschichtlichen 
Schätze,  die  ich  im  »Fonds  de  Marmontier«  vorfinden  sollte,  waren 
mir  /.Hill  Tlieil  noch  unbekannt.  Die  polychromen  Bilder  des  Srndels- 
1)1  r;/es  iM'feuerten  mich  zum  Fürt.-('hreit(>n  in  der  o(\  ornnldenden 
Kolligendenserie ,  der  Kigenthuiiistlfcl  und  Prozeduren.  Die  trost- 
lose Umgebung  der  elieiiiali^M^n  Abteikirche,  die  armseligen  in  die 
Klostergärlen  hineingezwängten  Hütten  erschienen  mir  nur  als 
malerische  Symptome  dw  Vergänglichkeit  aller  Grösse.  Späteres 
Aufräumen  und  Restauriren  im  Gotteshause  und  dessen  Nachbar- 
schaft begrüsste  ich  von  ferne  mit  Freuden;  unauslöschlich  aber  blieben 
mir  die  ersten  Eindrücke  —  einer  kleinen  Entdeckungsareise  ver- 
gleichbar. —  Die  kürzlich  in  Restauration  begriffenen  imposanten 
romanischen  Portale  habe  ich  nicht  persönlich  in  Augenschein  ge- 
nommen, darf  aber  glaul^en ,  dass  alles  in  harmonischem  Einklang 
mit  dem  Ganzen^).  Das  Innere  ist  zum  Theil  in  gothischem  Style. 


•)  Die  Vorlii'oriin^''  ii .  \\.  lcin'  die  AIiIim  im  Raiicnikrioi.'  frlillfii,  sifirl  Im*- 
üctirieben  in  der  Chronik  de»  Vokjr  de  Serouvill«  »Hisloire  de  rexpedition  du 


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Fragiiieiitarisch«'  Eriimeruiigen  eines  allen  Archiviunt«  303 

V.  Kraus,  Kunst  und  Altertbum,  I  pag.  149.  (Beschreibende 
Statistik  der  Bauten  des  U.  Elsass. 

Ich  muss  meine  Leser  noch  einmal  in  den  kaiserlichen  Forst 
von  Hagenau  zurückfahren,  in  diese  Silva  sacra,  wo  sich  evangelische 

Sendboten  frühe  ansiedelten,  und  auf  mehreren  Punkten,  besonders  am 
Nordrande,  KlOster  und  Kapellen  erhoben.  In  der  östlich  von  Pfaffen- 
hofen gclo^rmon,  jelzt  gänzlich  verschwundenen  Abtei  von  Neuburg 
ist  biTcits  die  Geschichte  der  Gründung  merkwürdig  (1128).  Es 
Imüpfen  sicli  daran  die  Namen  Relnbolds,  Grafen  von  Lülzolbnrfr, 
und  Friedrichs.  Iler/og^s  von  Schwaben,  Vaters  von  Friedrich  Roth- 
barl. *Aus  der  Abtei  iNeulnir^  irin^'i  n  die  Klöster  Manlbronn  und 
Ilerrenalb  hervor;  au( h  Lichlenlhal  bei  Baden  stand  unter  der  Ob- 
Imt  der  Neuburger  Aebte. 

Das  Spezialarchiv  dieser  I3e'nediktiner  weist  jetzt  noch  iwei 
Gruppen  hOchst  interessanter  Dokumente  vor;  die  eine  besteht  aus 
einer  Reihe  von  Kaisem  und  hohen  Persönlichkeiten  erlassener 
Privilegien,  die  Rheinschifffahrt  betreffend*),  von  1223  ab,  bis  auf 
Kaiser  Sigismund.  —  Neuburg  ist  befugt,  eine  gewisse  Quantität 
Weins  und  Korns  zollfrei  auf  dem  Rheine  auszuführen  und  dagegen 
Häringe  und  Salz  einzutauschen.  —  In  die  zweite  Gruppe  reihen 
sich  die  Privilegien  über  Forslrechl  und  Viehbelrieb  Im  Hagenauer 
Wald;  diese  Akten  erstrecken  sich  von  Karl  \V.  bis  auf  Ferdi- 
nand II.  Wichtige  Palronatsrichte  sind  dem  Kloster  zugetheill. 
Von  dem  Iluntgcld ,  einer  läslii^'en  Hesteuerung  der  Jagd,  und  der 
Herberge,  der  Finquarliruii^'  der  ükliiizen,  ist  die  Abtei  durch  die 
Familie  der  Luxemburger  befreit. 

Dit  ^e  (lesamnüheit  von  DokumenU'U  konsliluirt  für  das  alte 
Ilciligllium  ein  prächtiges  Vermächlniss.  Der  letzte  Ali!  konnle  sich 
kaum  in  die  revolutionären  llmwäl/.ungen  fügen,  und  noch  im 
letzten  Augenblick  verstand  er  keineswegs  die  unumstössliche  Be- 
deutsamkeit der  Fakten. 


due  de  Lomine  en  Alrace«  edirt  von  Hm.  Lepagc,  Art  hivar  des  Meurlhe-Depar- 
iMnents,  und  »L*ablwye  de  HaitnonUer  et  la  ehapelle  de  Sindelsber^c  mit  ehromo' 
litho^phischerlUualmlion,  Stmssburg  bei  H4'r^'(>r-Lcvrniilt,  18G0,  8«.  vom  Srhreibor 
iHrP4>r  Zeilen  in  «pippii  rtpiivr*»*ä  rlinisiH<.:  III.  p.  57  <i.  IT.,  iiml  in  «Ifiii  Hiillflin 
de  la  societe  de«  iiioiiuiiK  uts  hi.storii|iit?s  d'AIsace,  wo  er  die  erste  Millhcilung 
msehtp.   VoU  IV.  (I,  Seri«  ),  |..  117. 

')  L:i  navigation  du  Rhin  Tom  Schreiber  dieser  Zeilen:  Oeuvre»  cholsies 
Tome  III,  p.  161  und  im  BulleUn  de  la  Soci6t^  hislorique  d'Akace. 


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m 


Spuch: 


Auf  der  Nonhveslsritr  des  Forste?:  liegt  oder  vielmehr  lag  das 
Kloster  von  St.  Walpuryis  (Walburg).  Dossen  Stiftung  geht  wahr- 
sdioinlich  auf  Friedrich,  Herzog  von  Schwaben  und  Klsass,  und  auf 
Peter  von  Ivfitzflburfr  zunu  k.  Im  Jahr  1473  wird  die  Klosterkirche, 
die  noch  jetzt  iiiil  ^cliöncn  (Ilasmalereicn  gesclmiückt  ist,  durch 
Berlrand  von  MülliMiheiin  iL-novirt  (1-473).  Sie  cnt^^iii^'^  dori  Ver- 
heerun^'cn  des  I^aiicrnaulslainlcs.  Ohi^n  schon  erwähnlen  wir  (he 
Fnkorpnralion  mil  dfin  Stift  WeisM-nhurfr;  in  der  Folrjc  kamen  die 
(Jülcr  Walhurj,'s  an  «las  bischöfliche  Seminar,  drauf  zuiji  Iloclistifl 
Slrassburg,  zuletzt  in  die  Hände  der  Grescllschaft  Jesu. 

Aus  einer  kaisaiiehen  Urkunde  Baiimrosras,  in  Ronca||lia  er- 
lassen (a.  1159)  ersehen  wir,  dass  in  demselben  Kloster  die  Bo- 
gräbnissstätte  Friedrichs  von  Schwaben  lag.  Zahlreiche,  sogar  aus- 
wüKigc  Güter,  z.  B.  Ueberlingcn  am  Bodensee,  werden  vom  kaiser- 
lichen Vater  des  Stifters  verliehen;  das  Kloster  behält  das  Fischrecht 
in  den  Weihern  des  Waldes,  und  dieselben  Betriebsrechte,  die  der 
vorgenamifen  Al)t('i  Neubnr};  zukamen.  Päbstliehe  Bullen  und 
fTir-lliche  Privilegien  ziehen  sich  rit)er  geraume  Zeileijocheii  hin. 
Auch  ein  Indulgenzbrief,  von  siebzehn  Bischöfen  im  Jalir  1349  er- 
lassen, beglückt  diese  bevoizugle  Kirchi'. 

Pis  in  letzter  Zeit  bewalirte  sie  einen  .Mol)iliai"schmuck,  eine  mit 
vii'i'/elin  Slatneffen  verzierte  ll(jstieiikai»sel,  deren  b<'nrithigte  lle- 
stauririing  das  Coniitc  dei-  hislorisch-arclirtülogischen  (ieM'llsehafl 
übernahm  (IStiB  bis  liS71).  Aus  der  Kasse  des  W'rcins  wurde 
eine  namhafte  Summe  an  das  Werk  verwendet;  und  so  zufrieden- 
stellend auch  die  Ergänzung  der  BiMhauerarbeit  ausfiel,  so  gab  sie 
doch  zu  Erörterungen  von  Mitgliedern  des  Oberrheins  Anlass.  Man 
fand  in  der  Ausgabe  für  einen  einzelnen  kirchlichen  Schmuck  das 
Ueberwiegen  klerikalen  Einflusses.  Zwischen  widerstrebenden,  hin 
und  her  fluthenden  Elementen  hatte  der  Vorstand  zu  laviren,  und 
entging  nicht  dem  Vorwurf  der  Parteilichkeit 

Treten  wir  aus  dem  Umkreis  des  Forstes  in  die  Stadt  Hagenau, 
da  Anden  wir  dort  ein  Prämonstratenserpriorat,  dessen  nrs)irüngliche 
Stiftung  sich  an  das  ältere  Ilagenauerhospilal  anschliesst.  —  Vor 
seinem  Krenzzug  hatte  l>arl)arossa  diesen  Zufinchfsoil  für  Hilfs- 
bedürftige gegründet*);  die  kaiserlichen  Privilegien  beginnen  mit  dem 


')  Xiciil  m  verwüclisfiii  mit  ileiii  aniiu  132d  gogründolun  Sladtliospital. 


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Fragmentarische  Erinnerungen  eines  alten  Archivars. 


Jahre  der  Stiftnng  (1189)  und  laufen  bis  zur  Regierung  Sigismunds. 
Zwei  polyehrome  Urkunden,  Ablassbriefe,  den  Schenkungen  des 
Surburger  Stiftes  ähnelnd,  aber  in  der  Ausfuhrung  mangelhafter,  be- 
ziehen sich  auf  diese  Kongregation.  Wir  enthalten  uns  einer  näheren 
Beschreibung  dieser  im  März  1503  erlassenen  Briefe. 

Der  Karthuuserorden  hatte  sich  westlicli  von  Strassburg  ftuf 
dem  sogenannten  Bühl  angesiedelt;  von  dort  wni-dc  er  vom  pro- 
lestantisclien  Magistrat  verjagt,  und  siedelte  in  die  bischöfliclie  Stadt 
Molsheim  hinüber.  Ins  Unendliche  dehnten  sich  die  Zwisitigkolton, 
die  nach  dieser  Vergewaltigung  entstanden.  Der  Kaiser,  der  König 
Heinrich  IV.  von  Frankreich,  der  Prior  der  grossen  Karliiause  in 
den  Alpen  des  Dauphines  mischten  sich  in  den  Streit  und  suchten 
nt  vermitteln,  es  galt  einen  beträchtlichen  Schadensersatz.  Die  Sache 
wurde  durch  Kompromias  beigelegt.  Heinrich  der  Vierte  war  Schuldner 
der  Stadt  Strassburg;  er  verpflichtete  sich,  gemäss  einer  Uebertragung 
dieser  Schuld,  den  Karthäusem  eine  Rente  auf  die  Steuern  In  der 
Normandie  anzuweisen. 

Nicht  Obel  versorgt  an  irdischen  Gfitem  waren  die  bei  obigem 
Prosess  gegen  Strassburg  in  Mitleidenschaft  gezogenen  Karthäuscr. 
In  unserem  Fonds  liegen  nicht  weniger  als  siebzehn  Kopialbficher 
in  Fol.,  alle  auf  ihr  weitläufiges  Eigenthum  t)ezüglich.  Die  Güt<'r- 
(•rncnerungen  erstrecken  sich  über  sechszig  Oertliclikeiten :  die  Pacht- 
zinse lauten  auf  sechs  und  fünfzig  Gemeinden.  Daniit  war  aus- 
zukommen, auch  für  ein  grösseres  Kloster.  In  der  Karthause  von 
Molsheim  waren  die  freien  Künste  nicht  unterdrückt;  arbeiteten  doch 
daselbst  die  Gebrüder  Link,  deren  leine  zierliche  Glasmalereien 
während  der  Uevolution  nach  Strassburg  gebracht  mid  dort  in 
dem  Chor  der  Stadtbibliothek  sorgsam  bewahrt  wurden.  —  Auch 
diese  Heisterstfickc  gingen  in  der  August -Katastrophe  in  Rauch 
auf. 

Ich  weiss  nicht  mehr  genau,  war  es  bei  der  Besprechung  der 
Karthause  oder  irgend  eüies  andern  geistlichen  Ordois,  genug,  ich 
Pflhlte  mich  bewogen,  die  geschichtüch  und.  besonders  psychologisch 
begründete  Existenz  dios^T  Asyle  im  Mittelalter  und  selbst  in  der 
Neuzeit  zu  behaupten.  Der  Redakteur  des  Niederrheinischen  Kuriers 
trug  kein  Bedenken,  meine  unmassgebliche,  aber  tolerante  Ansieht 
slehn  zu  lassen,  und  wurde  dosshalb  von  einigen  Ultrafreidenkern 
herbe  getadelt.    Er  bat  mich  blos,  behutsamer  zu  sein.   Den  Vm- 

ArehlvalUvhe  ZeiUchrUt  II.  20 


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306 


SpMh: 


stand  erwähne  ich  nur  zur  Amloutun^,',  wie  schwierig  hier  zu  Lande 
dieses  Torrain,  und  wie  der  gemässigteste  Referent  sich  zurufen 
muss:  incedo  per  ipncs. 

Ich  kann  die  bischi')fli<  hc  Stadt  Mnl-^hcini  nicht  verlas-cii,  bevor 
ich  ein  Wort  ülx>r  da.s  so^'cnannte  »College  lie  Molsheim«  ffc-sprochen. 
Ich  sage:  bischöfliche,  obgleich  Zaljern  eigentlich  als  solclie  Re- 
sidenz gilt.  Nun  änderte  sich  aber  die  Sachlage  unter  Johann  von 
Manderscheid.  Die  Offizialität,  das  Finanz-  and  ünterrichtswesen, 
die  Ängetegenheiten  des  MOnsters  wurden  in  das  fireundliche  St&dt- 
chen  nahe  am  Eingang  des  Bieuschthals  verlegt,  wohl  der  Nähe 
Strassburgs  wegen.  —  Die  Klostergüter  des  schon  seit  Jahrhunderten 
bestehenden  Marienhospitals  wurden  den  Patres  der  Gesellschaft  Jesu 
zur  Verfügung  gestellt.  Die  mittelalterlichen  Dokumente,  die  sich 
auf  dieses  alte  Flospilalinstitut  t)ezichen,  bilden  einen  abgeschlossenen 
Komplex,  der  leider  unter  dem  Titel  »College«  bezeichnet  war. 
Darauf  gründeleri  die  Pariser  r?uroanx  ihren  Befehl,  diese  Dokumente 
aus  dem  geistlichen  V'erband  in  die  Serie  des  ölfentiichen  Uiiterrielits 
und  in  die  »Archives  civiks«  zu  versetzen.  Es  war  nicht  rationell: 
auch  in  den  Händen  der  Jesuiten  gehörten  sie  zu  einer  geistlichen 
Institution.  Keine  Widerrede  half,  keine  Erklärung  erschien  triftig. 
Eine  kaum  zu  berechnende,  langwierige  Stcirung  in  dem  Einsdireiben 
der  Nummern  und  der  Lokalisiruiig  der  Invcntare  blieb  als  un- 
abweblidie  Folge  des  Streites  zurQck. 

Mit  der  einfachsten,  von  selbst  gebotenen  Liberalität  wftre  solchen 
Eingriffen  voigebeugt  worden.  Man  verzeihe  einem  cdiskuFen  Ar- 
beiter, wenn  er  noch  jetzt,  auf  seine  Laufbahn  znröckschauend, 
solchen  Zdtva>last  an  Arbeitskraft  beklagen  muss. 

Zu  den  Nonnenklöstern  übergehemi,  und  zwar  im  hinei  n  d(  r 
Stadl ,  da  zeigt  sich  zuvörderst  die  Abtei  Sankt  .Stephan  auf  einer 
nordöstlichen  Landspitze,  am  Zusammenfluss  oder  vielmehr  an  d(>r 
Wiedervereinigung  der  zwei  Arme  der  III ,  die  aber  in  den  fütesten 
Dokumenten  Brusca,  Dreuscli,  benannt  wird.  Es  ist  dies  ein  merk- 
würdiger Fleck  Erde;  hatte  doch  das  römisciie  Castellum  dort  ge- 
standen —  der  Sitz  des  Gouverneurs  und  des  Generalstabes  der 
achten  Legion.  —  Höchst  wahrscheinlich  erhob  sich  zuvor  an  der- 
selben Stelle  ein  Druidenhain.  Schöpflin  setzte  die  Gründung  des 
St.  Stephan-Kkisters  durch  Attala,  eine  Nichte  der  b.  Ottilie,  ins 
Jahr  720.  Die  mcrowingischc  Adalbcrt'sclie  Orfindungsurkunde 
exislirt  nicht  mehr;  aber  wir  besitzen  ein  vom  Kaiser  Lothar, 


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Fragmentarische  Erinnerungen  eines  allen  Archivars.  307 

a.  845 ,  erlussones  Diplom welches  auf  den  IJrsprunj^  liinwoist, 
unti  jedenfalls,  wenn  Otliiic  zur  legendären,  mythischen  Persönlich- 
keit gestempelt  bleiben  soll,  die  Mythe  »in  zwei  Jahrliunderte  höher 
als  das  Pontifikal  Leo  IX.  hinaufrückt. 

Der  Bischof  Werinliar,  der  Freund  IJeinricii  des  Heiligen,  er- 
hielt von  diesem  Schwärmer  die  Verwaltung  der  Abteigüter;  im  Volks- 
round  wurde  diese  Donation  zum  Kfrcbenraiib  gestempelt,  aber  dem 
Vorgänger  Werinhar*8,  dem  Bischof  Widerhold,  zur  Last  gelegt. 

In  der  zweiten  Hälfte  des  12.  Jahrhunderts  wurden  die  Ge- 
bäuUchkeitoi  renovirt ;  in  ihrem  jetzigon  Zustande  datiren  die  elegante 
Apsis  und  die  Seitenschiffe  aus  jener  Zeit. 

Um  die  Mitte  des  14.  Jahrhunderts  wird  die  Abtei  säcularisirt ; 
als  Aebtissinen  treffen  wir  Namen  aus  den  ersten  adeligen  Ge- 
schlechtern de«  CIsass  —  die  Landsbei^,  Rathsamhausen,  Andlau, 
Wangen  von  Cioroldsw.k. 

hl  eine  durchaus  unorniak'  Lage  gerioth  das  Still  während  der 
H«Mbrmationszeil.  Zum  erstenmal  setzte  der  verstorbene  Professor 
uud  I Jibliothekai  Amlreas  Jung  das  seltsame  Verhrdtniss  in  helles 
Licht-),  hii  Jahr  lö3it  verliess  die  Aebtissin  Adelaide  von  Andiau 
das  geistliche  Haus,  warf  den  Schleier  weg  und  verheirathete  sich. 
—  An  ihre  Stelle  ward  eine  Protestantin  Margaretha  von  Landsberg 
erwfthlt  Die  Zahl  der  Kanonissinnen  schmolz  auf  drei  hminter; 
der  Gottesdienst  wurde  von  den  lutherischen  Pastoren  und  Helfern 
der  St  Wilhefanerklrche  versehen. 

Eine  kaum  glaubliche  Umwftlzung!  —  und  doch  ist  dem  so  — 
In  einem  an  die  Familie  von  Hohenburg  sidi  knüpfenden  aclit 
katholischen  Vereine  wird  von  protestantischen  Canonicis  das  Abend- 
mahl in  dopiieltcr  Gestalt  ausgetheilt !  Frau  Kunigunde  von  Marsilien, 
eine  Protestantin,  wird  im  Jahr  1540  zur  Aebtissin  gewähll ,  und 
was  noch  unglaublicher,  der  Bisdiof  Erasnms  bestäligl  die  Wahl. 
Was  konnte  ihn  dazu  bewegen?  Wohl  nur  der  (Jedauke,  die  lIofT- 
nung,  es  werde  auch  diese  Zeit  iler  Tnibsal  ein  Ende  linden;  nicht 
ganz  seien  die  Zügel  aus  der  Hand  zu  geben;  das  Prinzip  der 


*)  SchOpflin  behauptet  die  Aaihenticitftt,  deutet  aber  auf  Verunstaltung  des 
Namens  der  Aehlinsin  Basilln. 

*)  Inscriptions  ilii  inoimi^lfre  de  St.  Eliciiiie,  im  Hulleliii  di;  lu  s<tci«*lir 
IMMir  la  Conscrvation  des  monuments  historiques  d'ÄIsace.  8.  Serie,  Tome  II, 
p.  386  u.  8.  f. 


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308  Sptueb: 

Obcraiilsichl  der  kallioli-clicn  Kirche  auch  über  das  a katholische, 
ketzprisclio,  verführtf  Klo-^lor  sei  fori  und  fort  zu  behaupten. 

Im  Jahr  15GG  folgt  Oltihe  von  Dormcntz;  iliro  Walil  geht  vor 
sich  in  Gegenwart  des  bischöflichen  Offizials.  Sie  stirbt  a.  1592; 
der  lutherische  Pfarrer  von  St  Wilhelm  hlUt  die  Leicheiurede. 

Mit  der  Regierung  Ludwigs  XIV.  erfolgte  die  Räckkdur  zum 
ehemaligen  historischen  Idrehlichen  Zustande.  Ein  strenger  Katholiic 
wfirdc  sagen:  »der  Unfbg  hörte  anfc.  —  Die  »dames  de  la  Visitation« 
nalunen  im  Jahr  1702  Besitz  von  der  alten  Abtei;  bereits  seit  1687 
hatten,  auf  königliche  Ordonnanz  hin,  die  Antoniter  den  Kultus  da- 
selbst versehen. 

Während  der  Rcvohition  diente  die  alle  romanische  Kirche  als 
Ma}2:azin.  Am  Ende  dos  18.  und  Beginn  des  19.  Sükulums  wurde 
•  sie  zur  Synagoge  umgewandelt;  dann  erfolgte  eine  zwanzigjfdirige 
Periode  weltlicher  Lust.  Das  französische,  und  per  inlcriin  vorüber- 
gehend, das  deutsche  Theater  schlugen  ihre  Dekorationen  auf  in 
dem  ehemals  geheiligten  Räume.  Es  war  der  Entheiligung  augen- 
scheinlichste. Und  dennocii,  seien  wir  nicht  sitlenrichterlich  strenge. 
In  das  reine,  ideale  Gebiet  des  Schönen  wurde  dort  manche  jugend- 
lich cmpAngliche  Seele  eingeführt  —  Von  den  Rachegöttern  gc- 
peitscht  erschien  dort,  unter  Talmas  tragischer  Haske^  der  unselige 
Orestes;  des  unvergleichUchcn  Schauspielers  klangvolle  Stimme  ver- 
lieh den  Qualen  der  Reue  einen  kla^iscfaen  Ausdruck.  G^limtoe^s 
Grazie  verkörperte,  ich  will  sagen,  vergeistigte  sich  ui  der  anmuthigen 
Gestalt  der  Mars  und  gab  den  verblüfnen  halbdeutschen  ProvinziaJen 
eine  Ahnunjg  des  Zaubers  höherer  französischen  Geselligkeit.  —  Dass 
wir  es  nur  eingestehen,  das  Werk  der  französischen  Pro(3aganda 
erwies  in  solchen  Einflüssen  sich  thätiger  und  um  Vieles  erfolg- 
reicher, als  im  Lycäum  imd  höheren  P>ürgers<  lmlen :  mir  hielt.  al>- 
wechselnd,  das  Schillcr'sclie  Drama  das  Gt^engewicht.  Sonderbare, 
abnorme  Zustände! 

Mit  dem  Jahre  lf523  siedelte  das  Theater  in  das  neuerbaute 
SchausjMelhaus;  St.  Stephan  wurde  zum  Tabaksmagazin  entwürdigt. 
Doch  hiomit  endete  dieser  bizarre  Scenenwechsel ,  der  mit  Druiden- 
opfem  beginnend,  durch  römische  Herrschaft,  mittelalterliche  religiöse 
Phasen,  reformatorisches  Treiben,  politische  Urowfilzungen  hindurch, 
sich  bis  zur  Gegenwart  herunter  abgespielt  —  Im  Spätjahr  1840 
äusserte  Schreiber  dieser  Zeilen  im  ersten  an  den  Präfdrten  ge- 
richteten Rapporte,  wie  wönschenswcrth  die  Räclq^lie  der  »heiligen 


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FragmeuUi-iaclie  Eriiiiienin|^  eines  alten  Arcbivan. 


309 


oiitwfihteii  Hallen«  zu  ihrer  früheren  Bestiuiiiiinig  wäre.  Der  un- 
eigennützige Wunsch  eines  Akatholiken  ging  in  Erfüllung.  Gegen- 
wärtig dient  die  restaurirte  St.  Stephanskirche  dem  katholischen 
MOitArgottesdtoute. 

Dass  die  Belege  za  dieser  skizzenhaft  raschen  Uebersicht  der 
Vorfälle  im  St.  Stephansidoster  mebt  den  Akten  des  »Fonds  de 
St  Etl<»ine€  entliehen,  braucht  wohl  nicht  in  Erinnming  gebracht 
zu  werden;  nur  Prof*  Jung  schöpfte  theilweise  aus  andern  Quellen. 
—  Unter  die  eigenthümlichsten  Dokumente  unserer  Spezialsammlung 
reihe  ich  eine  vierzehn  Meter  lange  Rottel,  vom  Jahre  1368,  die 
Untersuchung  eines  Streites  zwischen  ihm  Stifte  und  einer  Be- 
wohnerin dessellx'n,  Agnes  von  Windeck,  enthaltend.  Ein  anderes, 
doch  weniger  aiisgeilehntos  Dokument  derselben  Gattung'  berichtet 
über  den  tJrthelspi  uch  eines  Dinghofrichters  zu  Wanjren ,  gegen 
Johann  von  Wangen  (a.  1388;.  Ins  14.  und  15.  Jahrhundert  ge- 
luiren  einige  Statuten  und  V'^erordnutigen ,  welche  auf  die  bisweilen 
erschlalTte  Disziplin  ein  schiefes  Licht  werfen.  Doch  über  all  diesen 
Skripturen  steht  die  kaiserliche  Urkunde  Lothars,  nach  welcher  die 
Hohenburgische  Familie  dodi  nicht  ganz  ins  Fabelreich  einniscfarel- 
ben  wäre. 

Wir  können  die  andern  Frauenklöster  intra  muros  von  Strass- 
bürg,  St  llargarethen  (zu  den  Rewerinnen)  und  St  Margarethen 
füglich  fibergehen. 

Unwiderstehlich  zieht  es  mich  zu  dem  Kloster  und  der  Kirche 
von  Andlau.  Wie  auf  dem  Ottilienberge,  spielt  in  dem  lieblichen 
Thal  die  Legende  in  die  Geschichte  hinein;  nur  ist  das  reelle  Leben 
der  Kaiserin  Richardis,  der  Stiflerin  des  Klosters,  eine  That.sache; 
aber  an  ihre  Pei.sünliciikeit  knüpft  sich  die  Sage  mit  ihrem  wunder- 
vollen Zauber,  und  in  den  geschichtlich  erwiesenen,  in  unserni  Archiv 
dokumenlirten  Thatsachen  herrscht  ein  verwirrender  Ueberflu.'^s,  der 
in  dieser  .Ski/ze  nur  einige  Konturen  /.ulässt.  Per.'^önliclie  P^rinnei  ungen 
verleihen  überdies  der  Oertlichkeit  und  den  todten  Skripturen  für 
mich  einen  unvcrgesslichen  Reiz. 

Die  Legende  der  GrOndung  des  Klosters  durch  die  Gattin  Karl 
des  Dicken  besteht  bekanntlich  in  der  Rechtfertigung  der  schuldk» 
des  Ehebruchs  Bezichtigten  durch  ein  unwiderlegliches  Gottesurthel 
und  in  ihrer  firehvilligen  Trennung  von  der  Welt.  —  Richardis  hatte 
die  Wandelbarkeit  und  Bitterkeit  der  irdischen  Dinge  erprobt  und 
suchte  Ersatz,  Besänftigung  und  Ruhe  im  Waldesdunkel  und  klöster- 


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Spacli : 


lieber  Stille.  Die  lateinischen  lyrischen  Ergüsse,  die  man  ihr  zu- 
schreibt, legen  Zeugniss  ab  von  ihrer  Sdinsucht  nach  Elnsamkdt  — 
Aecht  oder  apokryphisch,  scheinen  sie,  neunhundert  Jahre  vor  einem 
grosse  modernen  Lyrik«*,  in  denselben  Gefühlen  zu  schwärmen. 

Beaux  licux,  soyez  pour  inoi  les  lieux  oü  Ton  oublie, 
L'oubli  seul  desormais  est  ma  felicitc. 

Wälirond  ihr  noniinellor  Gatte  im  Münster  zu  Keirhenau  bei- 
presclzl  wurde,  ver.<clilü«;>  sich  die  Arme  hiiilor  ilm  Mauern  des 
von  ihr  gestifteten  Klosters;  die  noch  jetzt  beslelieude  Kiypte  mcbt 
in  die  Zeit  der  Stiftung  hinaui. 

Aus  mehreren  Perioden  stammt  der  gesanunte  Kirchenbau:  so 
verwahrlost  das  Heiliglhum  zeitweilig  war,  die  Verehrung  der  Heiligen 
blieb  immer  gross.  Da  wurde  in  dem  letzten  Dezennium  ein  Ehren- 
mann zum  Pfarrer  in  Andlau  ernannt,  ein  Priester  von  ichtem 
Schrot  und  Korn;  nicht  mittellos.  Er  begehrte  nichts;  er  gab.  Sein 
persönliches  Vermfigen  verwendete  er  auf  die  intelligente  Restauration 
der  Andlauer  Abteikvche,  deren  Bestandtheilen  er  mit  archäokigischem 
Kennerblick  gerecht  wurde.  Mit  Leib  und  Seele  ging  er  auf  in  seinem 
Werk.  Von  einem  orleanistischen  Deputirten  kam  ihm  die  erste 
Aufmunterung  und  verständiges  Eingehen  in  seine  gewagte  Unter- 
nehmung. Ob  seine  Mittel  ausreichen  würden,  wusste  er  nicht, 
wusste  sein  Freund  und  Besclifitzei-  nicht.  —  Der  [politische  Be- 
förderer war  bei  der  kuiserlich<Mi  Regierung  nicht  gut  angeschrieben; 
er  wollte  kein  Geld,  nur  eine  Khrt^nbezeuguiig  für  seinen  Pfarrer. 
Abweisend  mehr  als  aufmunternd  erwies  sich  der  Vorsteher  des 
Departements;  seinen  Kredit  verschwendcMi,  das  wagte  er  nicht.  Der 
historische  Elsasser  Verein  klopfte  an  mehreren  Pforten,  that  was 
in  seinen  Mitteln  stand ;  er  belobte  den  ehrwürdigen  Pfarrer  Deliarbe, 
so  hiess  der  Biedermann,  und  verlieh  ihm  die  VermeiUHedaille, 
welche  der  bescheidene  Restaurator  nicht  ausschlug.  —  Gestorben 
war  mittlerweile  der  orleanistische  Deputirte,  Graf  Hallez-Glaparkb, 
und  jetzt,  während  ich  mich  in  jüngsten  Erinnerungen  eigdie,  bt 
auch  Pfarrer  Deharbe  pidtzliehen  Todes,  auf  der  Schwelle  des  höheren 
Allers,  abgeschieden.  Man  kann  nicht  von  ihm  berichten:  Seine 
Werke  folgen  ihm  nach:  denn  festlngründet  auf  lange  hin  hebt 
sich  das  Andlauer  (Jotleshaus;  al)cr  ili-  Priesters  Andenken  lebt 
im  tlei-ren  seiner  Pfarrkinder,  naher  und  ferner  Freunde,  und  sach- 
kundiger Männer  im  Reichsland.    Das  kleine  ScherOein,  das  ich 


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FVagmentarische  ErinnemiigeD  eines  alten  Archims.  311 


liioiiiil  hfili a;.'e,  zur  In-^cliiiff  von  Deliarbe's  Namen  in  der  byzan- 
tinisclion  Vorliallf  soinos  Ix-vorzugten  Aiifentlialts,  ist,  ich  weiss  os 
wohl,  ein  ^orinues  Zoichon  ideeller  Anhänglichkeit;  ihn  selber  habe 
ich  nnr  vorül)ergclien(l  gesprochen;  doch  es  drängte  mich  zur  Erfül- 
lung einer  Pflicht ,  und  befriedigt  will  ich  sein ,  sollten  verwandte 
Gemüther  jenseits  des  Rheines  und  des  Schwarzwaldes  den  Im  Leben 
hintangesetzten  Geistlichen  nunmehr  in  ihrem  Gedäditniss  bewahren. 

Ich  sage  nmi  der  Erinnerung  an  Heiligthum  und  Leben  der 
schönen,  geistvollen,  im  Lichte  der  Poesie  verklärten  FVeundin  des 
Bischofs  Luitprands  von  VercelK  Let>ewohl  und  begebe  mich  auf 
das  trockenere  Gebiet  der  Pergamente,  die,  so  werthvoll  ihr  In- 
halt für  die  innere  Verwaltung  und  Disziplin  des  Klosters  und  die 
Xamcn  mehrerer  Äebtissinen,  doch  weit  entfernt  bleiben  von  der 
Karolingischen  Vergangenheit, 

Die  nobelsten  Flsasser  Familien  zieren  die  Liste  der  Aebfissinen. 
deren  Wall!  sehr  oft  innere  und  äussere  Streitigkeiten  veranlasst 
und  tlie  Fischöle  von  Strassbiu'g  oder  die  {jübslliche  Kurie  in  den 
Bereich  des  einsamen  Thalkloslers  hereinzieht. 

Im  Jahre  1570  z.  B.  nimmt  Fräulein  Maria  Magdalena  Bebstock 
den  Stuhl,  der  Aebtissinnen  ein;  Bischof  Manderscheid  bestätigt  die 
Wahl,  und  doch  entstehen  £3nwendungen  und  lär^flb  von  Rom 
aus.  Der  Tod  der  Aebtissin  Kunigunde  von  Beroldingen  und  die 
Wahl  der  Maria  Beatrice  von  Eptingen  geben  Anlass  zu  emer  weil- 
Iftufigen  Gorrespondenz,  worin  wir  die  Namen  der  Herren  von  Bar^ 
b^ieux,  d^Huzelles,  de  la  Houssaye,  und  de  la  Grange  trefiPen.  Die  Tage 
des  französischen  allmftchtigen  Einflusses  smd  vor  der  Thüre;  sie 
greifen  thätig  ein  in  die  innere  Klosterverwaltung  (a.  1660).  Mit  der 
prolestantischon  Fan»ilie  von  Andlau  —  den  Herren  des  Thnles  -- 
lebt  die  Abtei  in  beständigem  Zwiespalt ;  oft  arten  diese  Streitig- 
keilen in  Thätlichkeiten  au?.  Kaiserliche  Majestät  und  Bischöfe  von 
SIrasshurir  mischeji  sich  in  die  F*roze><e.  Es  lässt  sich  denken,  wie 
sehr  der  dreis^igjährige  Krieg  die  (Jescliicke  der  Abtei  lj<H'influ.sst ; 
auch  die  reberrumpelung  Strassburgs,  und  die  vorhergehenden  fran- 
zösischen Kriege  im  Elsass  lassen  ihre  Spur  in  dem  kaum  beruhigten 
Klostcrbezirke;  Conde's,  Turennes,  Vaubans  Namen  flguriren  in  den 
Akten  jener  Epoche. 

Die  pittoreske  Lage  der  BVauenabtei  St  Johann  bei  Zabem, 
am  nordMUchen  Rande  des  Bergam|rfiitheaters  zwischen  Retwn  und 
Wald,  mit  der  Sankt  Michaels  Kapdle  auf  dem  hervorspringaiden 


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312 


Spoch: 


Felsplateau,  zieht  die  Blicke  des  Spaziergängers  und  des  Vorüber» 
dampfenden  auf  sich;  weniger  anziehendes  weisen  die  Dokumente 
selber.  Die  Verhfiltnisse  zu  der  Sankt  Georgen-Abtet  im  Schwarz- 
wald bilden  wohl  den  vorzCIglichsten  Bestandtheil  Peter  von  Lfitzel- 
bürg  hatte  jenon  Abte  das  geistliche  und  wdtliche  Schutzredit  über 
das  elsassische  St  Johann  ertheilt 
Ich  eile  zum  Abschliiss. 

rnter  den  geistlichen  Ritterorden  unsers  Archivs  behauptet  der 

Johanniter  oder  Maltlieser  in  Zeit,  Raum  und  geschichtlichem  Inter- 
esse eine  bevorzugte  Stelle.  Dessen  Einführung  in  Strassburg  ist 
en^'  verbunden  nnl  tier  Geschichte  des  deutschen  Mystizismus  ini 
Mittelalter.  £s  sei  mir  gestattet,  diese  Spur  auf  abgekürztem  Pl'ade 
7.U  verfolgen. 

Nicht  die  gegenwärtige  St.  Johanneskirche  mit  anslossenden 
GebäuUchkeiten  in  der  Nähe  der  Kronenburger  Vorstadt  bot  zuerst 
den  Ordraisbrfidem  ein  Asyl.  Etwa  um  das  Jahr  1166  gründete 
der  bischöfliche  Marschall  Walther  von  Hüneburg,  nach  leklenschafl- 
Kch  durchbrachter  Jugend,  unter  der  westlichen  Umwallung  Strass- 
burgs  das  Augustiner  Dreyfaltigkeitskloster,  in  einer  melandiolischen 
emsamen  Insd,  deren  WddenUume  ihre  blassen  Zweige  im  Breoseb- 
fluss  badeten.  Reue  liatte  den  Walther  überkommen;  er  besiegelte 
seine  Bekehrung  durch  die  Stiftung  des  Augustiner  Vereins  im 
grünen  Wörth.  Zwei  Jahrhunderte  später  (13C6)  erlaubte  der  Bischof 
von  Strassburg  einer  Magistrnts|>erson,  Hulmann  Meerswin  gelieissen, 
\V'ellpriester  in  das  Hau?  »zuu)  grünen  Wörth«  einzusetzen.  Mit 
Verlaub  des  Avignoneseipabste-  l'rban  V.  kamen  (a.  1368)  vier 
Kaplane  des  Johanniterordens  in  das  dem  Ruhnann  bereits  zu- 
ges|)ro<'hene  Haus.  Der  Grossmeister  des  Ordens,  hernac  Ii  der  Gross- 
prior deutscher  Zunge  bestätigten  die  ersten  Zugestündnisse ;  ein 
Statut  erfolgte;  Heinrich  von  Wolfach  war  der  erste  Kommenthur. 

Wer  aber  war  Rulmann  Meerswin?  Er  gehörte  zu  dem  Gebeim- 
bund  der  mysttechen  Gottesfreunde,  deren  Sd^te  sich  an  den  Ufern 
des  Mittelrheins  ausdehnte,  in  die  Schweiz,  nach  Italien,  Oestreicfa, 
Ungarn  sich  verpflanzte.  Durch  ein  nie  öffentlich  auftretendes  Ober- 
haupt, Nikolaus  von  Basel,  verbunden,  Iheiite  Rulmann,  mit  einigen 
Genossen,  den  Glauben  an  projihelische  V^isionen;  er  strebte  nach 
Ertödtung  des  selbslischen  Willens  und  dem  Versinken  in  die  Gott- 
heit. —  Die  Mitglieder  trennten  sich  nicht  augenscheinlieh  von  der 
Welt;  die  verheurathcten  Goltesfreunde  zogen  sich  nicht  aus  ihrer 


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Fragmentarische  Ennmiuiigai  eines  allen  Archivars. 


Ö13 


Häuslichkeit  zurück ;  sie  lebten,  wahrscheinlich  in  reinen  brüdorliclien 
und  schwesterlichen  Verhältnissen  fort;  es  überwog  die  geistliche 
Richtung;  wenn  andre  Sekten  oder  Gemeinschaften  sich  in  asze- 
tischer  Strenge  abmühten,  überliessen  sich  die  Gottesfreunde  eher 
der  Phantasie,  nicht  ehier  slrengformuliiten  Regel;  ihre  Richtung 
war  aOegorisirend.  Die  Elatase  wurde  fdr  sie  bald  ein  natOrlicher, 
bald  ein  selbstgeschafiher  kfinstlicber  Zustand;  sie  lebten  mit  der 
unsichtbaren  Welt  in  Icflnstlicb  gesehafltaer  Gemeinschafl.  Die  ur- 
kräfl^ste  Gesundheit  mochte  in  solch  systematisch  durchgefOhrter 
Tendenz  bei  vielen  zu  Grunde  gehn. 

Allein  Rulmann  Meerswin  war  zugleich  ein  praktischer  Mann. 
Dem  Orden  von  St.  Johann  widmete  er  das  Haus  in  seiner  Vater- 
stadt, und  sicherte,  auf  einen  f raumartig  sich  wiederholenden 
mystischen  Befehl  hin,  dessen  Fortbestand.  In  stillen  Nächten  ei^'ing 
er  sich  im  Bestreben,  die  abstrakten  Ideen  zu  verkörpern,  durch 
sichtbare  Farben  zu  verklären ,  und  durch  das  Medium  der  Sinne 
dem  Geiste  zuzuführen.  Er  lebt  in  den  Regionen,  welche  Dante 
mit  einer  viel  stärkern  Dosis  von  Einbildungskraft  durchwandert, 
und  1^  in  der  ingeniösen  Dichtung  »v.  den  sieben  Felsen,  de  Septem 
nipibns«  seine  allegorischen  Träume  fiber  die  »Heiligung«  nieder. 

In  Gemeinschaft  mit  Rulmann  Meerswin  und  zu  demselben 
Ziele  hinstrebend,  lebten  im  Hause  zum  grünen  Wörth  Nikolaus  ' 
von  Loefene,  der  Kopist  der  Briefe  des  Nikolaus  von  Basel;  Hemrich 
▼on  Wolfach,  Konrad  von  Brunsberg,  Grossprior  deutscher  Zunge, 
Johannes  von  SchafRcdsbeim ,  der  bisdiöffiche  Vikar,  ebenfalls  dn 
Korres{X)ndent  des  mysteriösen  Nikolaus  von  Basel.  Vielleicht  hatten 
sich  bei  diesen  Strassburger  Gottesfreunden  noch  Traditionen  aus 
dem  Tempelorden  erhalten.  Es  liegt  ein  kaum  zu  lüftender  Schleier 
über  dieser  Verbrüderung.  Rulmann  starb  im  Jahr  1382,  ihm  allein 
war  der  Aufenthalt  des  Basier  Freundes  bekannt ;  die  Ucberlebenden 
mühten  sich  ab,  die  Spuren  des  Oberhaupts  zu  entdecken:  sie  reisten 
dcs.sha]l)  in  die  Schweiz,  stellten  unfruchtbare  Nachforschungen  an. 
Er  selber,  so  ging  die  Sage,  wäre  im  Jahr  1377  nach  Rom  gezogen, 
hätte  dem  Pabst  seine  Pläne  zur  Regeneration  der  Kirche  enthüllt, 
und  wfire  auf  einem  Schefteiiiaufen  zu«  Vkms»  un  Daiqihiaö  als 
Blärtyrer  gestorben.  Was  auch  wahres  oder  erfundenes  an  der  Le- 
gende, so  viel  ist  gewiss,  dass  die  öffentliche  Entwicklung  der  Sekte, 
hätte  sie  m  den  Blassen  des  Volkes  Wurzel  geschlagen  —  wir  mdnen 
die  Doktrin  der  innem  selbstfindigen  Heiligung,  —  Gefahren  fai  sich 


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Spach : 


barg,  ünd  der  Orgaiii.<uUon  der  kalliolischun  Kirclie  Icindäclig  gegen- 
über gestanden  wäre. 

Das  Hauptwerk  Rulmanns,  des  apokalyptischen  Dichters,  — 
»Zu  den  sieben  Felsenc,  de  septein  rupibus,  bdLundet  sdne  ko11a> 
terale  Verwandtschaft  mit  Dante's  Genie,  das  ja  von  jdier  der  streng 
orthodoxen  Kirdie  ein  Dorn  im  Auge  war. 

SchreckvoU  waren  Meerswins  Kämpfe,  bevor  er  der  innem 
Stimme  folgte,  der  Heiligung  sich  rficksichtslos  hingab,  und  nach 
und  nacli  Kirclie,  Kapollo,  Clior  und  Klosler^'ängi'  im  grürion  Wörth 
liaute,  die  verödeten  Wiesen  der  traurigen  Weideninsel  in  Gärten 
umwandelte. 

Am  Ende  dos  l-lteu  J:dirlnmd<Mls  wmdr  (ias  Haus  »zum  grünen 
Wörth  durch  die  EinvcrlrilMiiiu'-  der  Kommonlhurei  von  Sclilolt- 
stadt  licrcichcrt.  Der  (Jros-nici.-tLr  lMiiiii>p  von  Naillac  hc.>lätiy:lo 
zwanzif^  Jahic  >()älor  diese  Veischmol/.unjj:.  Darcii  zahlroiclic  kaiser- 
liche und  hisciiöriiche  Privilegien  wuchs  das  Anselm  dos  Strasshurger 
Ordenshauses;  dagegen  hatte  es  oft  gegen  die  fnianziellen  Anforde- 
rungen des  Hochmeisters  anzukämpfen. 

Mitten  im  SQjährlgen  Kriege  (a.  1637)  brach  eine  Zeit  des  Un- 
heils und  Unsegens  los.  Der  refonnirende  Magistrat  zu  Strassburg 
unterdrfidEte  eigenmächtig  die  hiesige  Kommenlhurei;  die  Gebäulich- 
keiten  fielen  in  den  Bereich  der  damals  au%eflQhrten  neuen  Be- 
festigungswerke. 

Mit  Ludwig  XIV.  Regierung  erfolgte  wieder  ein  Um- 
schlag. Hie  Sankt  Markus-Kirche  wurde  dem  Oi-den  als  Entschä- 
difrung  für  das  Torrain  des  grünen  Wcirtlis  geboten;  dem  neuen 
Besitzthnm  wurde  der  Name  der  Sankt  Johaiineskirche  ertheilt,  und 
ist  derselbe,  auch  nach  Aufhebung  des  Ordens,  der  jetzigen  Pfarr- 
kirche vorblieben. 

Zum  Thoil  auf  dem  Boden  dos  ohemalif,'en  grünen  Wörths,  und 
in  dem  l'(^borrost  der  allen  (!o])äude,  die  nitht  der  Hefosfigung  von 
1()33  geopfert  wurden,  ist  gegenwärtig  noch  das  Bezirksgetangniss 
untergebracht.  Eine  lange  Folge  kontrastirender  Bestimmung!  Von 
Walther  von  Hflneburg,  Ruhnann  Meerswin  und  den  MaHheser 
Rittern  bis  zu  den  Werkstätten,  Stra&ellen  und  Bureaux  einer  Straf- 
anstalt herab. 

Bereits  spielte  ich  auf  den  weitläufigen  Inhalt  dieses  Archival- 
komplexes  an.  Er  besteht  hauptsächlich  in  Bullen,  Dipbmen,  Ver- 
mächtnissen, Kolligenden,  Rechnungswesen;  zweihundert  Communen 


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FragraenUu'iäche  Eriuueruugeit  eine«  allen  Aicliivars.       '  3]5 


sind  dabei  betheiligt,  Schlettstadt  nicht  aUein,  auch  die  Afaswcigungcn, 
d.  h.  die  Häuser  Yon  Weissenbuig  und  Dorlisheiin  gdifirten  in  die 
MaBse  der  Besitzthfimer. 

Mit  den  Einzelheiten  muss  ich  den  ermüdeten  Leser  verschonen. 
In  ^nem  Statutenboche  aus  dem  töten  Jahrhundert  sind  die  Wür- 
denträger verzeichnet,  vom  Ursprung  des  Ordens  bis  etwa  1421. 
Mohr  Werth  aber  würde  ich  auf  alles,  den  geiieimnissvollen  Nikolaus 
Ix'lreffende,  legen.  Dieses  psychologische  und  gcschichlliche  Ralhsel 
harrt  auch  nach  der  gelehrten  Abhandlung  des  Herrn  Prot  Karl  Sclunidt 
noch  auf  eine  liefere  Ergründung. 

Die  Cartons  des  Deutschritter-Ordens  sind  nicht  zahlreich  und 
nicht  erheblieh. 

Der  heilige  Geistorden  könnte  besser  veitrelen  sein.  Ich  meine 
die  (irup|)o  von  Stephansfeld;  dies  Asyl  wurde  im  Anfang  des 
löten  Jaliihunderts  von  einem  Landgrafen  von  Werde  gegründet 
und  den  Augustiner  Uospitaliten  zur  Pflege  der  Armen  und  d^ 
Kinder  übergeben.  Kaiseiliche  und  bischdfliche  Urkunden  bestätigten 
die  Schöpfung  der  Barmherzigkeit;  von  alle  dem  bleibt  nichts 
übrig;  in  der  Serie  derLandvogtei  von  Haf^enau  müssen  die  historischen, 
auf  Stephansfeld  sich  beziehenden  Blätter  angesucht  werden.  Sie 
betreffen  die  oft  unangenehmen  Verhältnisse  mit  den  Grafen  von 
Hanau  Lichtenberg.  Der  Ertrag  des  grossen  Brunialerwaldos, 
d^  damals  das  Asyl  umgab,  gehörte  zur  Stiftung,  deren  Vorbild 
im      (lale  di  San  Spirito  in  Rom  zu  suchen  ist. 

Im  Jahr  1834,  unter  der  Verwaltung  von  Herrn  Choppin  d'Arnou- 
ville,  —  dem  Präfekten,  der  von  den  Partisanen  des  Louis  liona- 
parle  a.  1836  sehr  brutal  abgefassl  wurde  —  gab  man  dem  Kloster 
von  Stejjhansfeid  eine  seinem  historischen  Ursprung  sehr  analoge 
Bestimiiiung.  Es  wurde  zum  Irrenasyl.  Der  Präfekt  Louis  Scrs 
stellte  an  die  Spitze  der  schwierigen  Verwaltung  (a.  1840)  einen 
ausgezeichneten  Mann,  David  Richard,  Genter  von  Geburt,  Zögling 
von  Gall,  Spurzbeim  und  Lamennais,  Verehrer  von  Esquirol  und 
Pinel,  wohlgelitten  in  den  höchsten  intellektuellen  Sphären  der  Parisißr 
Gesellschaft  David  Richard  brachte  zu  seinem  Berufe  etwas  mehr 
als  allseitige  Bildung  mit;  dies  mehr  bestand  in  Opferfreud^keit  und 
Boufetreue,  christliche  Lid)e  fOr  die  unsdigen,  vo-wahriosten,  sdner 
Pflege  Befohlenen.  In  seiner  eignen  Familie  hatte  er  dmi  Grund 
gelegt  zu  der  Pietät,  die  ihn  zu  den  Geisteskranke  hinüberzog;  seine 
Mutter  war  wahnsinnig;  er  selber  trug  auf  seinem  schönen  Antlitz 


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31ü 


Spack: 


die  Spuren  einer  firfiheingezogenen  Melancholie.  —  Den  Feind,  den 
er  im  eignen  Busen  bekämpfte,  suchte  er  auf  im  lüm  und  Nerven- 
system der  armen  Irren;  glaubensstark,  mit  dem  Panzer  der  Christ- 

Jichra  unermüdeten  Barmherzigkeit  bowafTnet,  nie  vei-zweitelncl,  sinMe 
er  nach  dem  letzten  Funken  der  göttlichen  Vernunft,  der  noch  im 
dämonisch  ergriffenen  Kranken  glomm.  Mit  andern  Worten,  er  ehrte 
und  liohfc  noch  den  ursprünglichen  Menschen  unter  den  Trümmern 
der  zerstörU'ii  Fähigkeiten  und  Geistesgaben. 

Ganz  allein  in  (hesem  uiiviTWÜstlichen  Glaubon,  in  dieser  thätigen 
Liebe,  la^'  d:i<  Gcheiiiiniss  ilcr  crrunj/üiien  Erfolge  und  die  Kraft 
auszudauein ,  wenn  einzelne  grausame  Enttäuschungen  ihn  zu  zer- 
malmen drohten.  Auf  seine  eigne  Verantwortlichkeit  hin  hatte  er 
Neuerungen  eingeführt,  die  Jetzt  In  allen  Irrenhäusern  als  selbstver- 
ständlich angesehen,  vor  vierzig  und  fünfzig  Jahren  noch  als  Uto- 
pieen  galten.  Die  gfitige  Behandlung,  sogar  der  Tobsachtigen,  die 
Einfuhrung  landlicher  Beschäftigung,  häuslicher  Werkstätten,  Spazier- 
gänge in  freier  Natur,  gesellige  Vereine  und  Festlichkeiten,  Schul- 
unterricht, air  diese  Versuche,  die  Kranken  wieder  nach  und  nach 
an  die  gesunde  Atmosphäre  des  täglichen  Lobens  zu  gewöhnen, 
reihen  sich  an  die  £lementarmassregeln ,  welche  David  Richard  in 
den  ersten  Zeiten  seiner  neunzehnjährigen  V^erwaltung  ergrift*.  Ge- 
währen lie^s  ihn  (\qv  Präfekt,  und  suchte,  wenn  die  gewöhnlichen 
Jahreskredite  niciit  ausreichten,  durch  den  Genoralratli  die  Sache 
in's  Gleichgewicht  zu  bringen.  Ste|»hansfeld  wurde  im  wesllichon 
Frankreich  zum  Vorbild  ähnlicher  Instilule.  —  Ich  glaube  kaum, 
dass  die  jetzige  deutsehe  Verwaltung  noch  eine  Parallele  ziehen 
könnte  zwischen  dem  Stephansfeid  von  1840  und  den  jetzt  über- 
kommenen Qebäulichkeiten,  zwischen  dem  Regimev  dem  verrotteten, 
der  Anfänge  und  der  jetzigen  Verwaltungsmascbine.  Unumgänglich 
ist  die  Bemerkung,  dass  David  Richard  in  seiner  Lebensgefährtin 
die  benöthigte  Ehnunterung  und  Stütze  fiuid;  seine  Gattin  hatte  sieh 
vor  ihrer  Glichen  Verbindung,  im  französischen  Guyana,  in  den 
Kolonien,  unter  der  schwarzen  Bevölkerung,  analogen  mOdthätigen 
Arbeiten  —  einem  allseitig  harten  Berufe  —  gewidmet,  und  konnte 
mit  Rath  und  Thal  beistolin.  —  Wie  schön  hätte  sich  wohl  ein 
Verhältniss  zwischen  David  Richard  und  dem  hochverdienten  Direktor 
des  benachbarten  Illenau,  Geheiiueratli  Roller,  gestaltet! 

Wii-  sind  hier  zu  keinem  Exkurse  ilber  ilas  moderne  Stephans- 
feld  bereclitigt;  auch  die  Persönlichkeit  D.  Richard's  hat  in  einem 


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Fragmentarische  Erinnenuigen  dnes  ftiten  Arebhan. 


317 


archivalischon  Heric'ljlc  nur  oino  unt(M-geordriel<' ,  zuiallige  Stellung. 
Ich  habe  mir  erlaubt,  den  ausgezeichneten  Irrenarzt  und  Menschen- 
freund anderswo  zu  besprechen ;  ihn  ganz  zu  würdigen  war  ich  un- 
vermögend, allein  verj)nirhlet,  seinen  Namen  an  die  Schöpfung  der 
Grafen  von  Werde  zu  knüpfen,  und  wahrlich  er  stellt  sich  neben  sie. 
Er  fühlte  sich  verwandt  mit  diesen  Wohllhätem  der  miltelaltrigen 
Armen,  und  bemfihte  sich  um  die  Forschung  nach  ihrer  leider 
hidhverwiechten  Existenz.  Pergamente  konnte  ich  nicht  auffinden  fOr 
seinen  Zweck;  aber  Verehrung  und  Liebe  brachte  ich  ihm  entgegen 
und  er  wOrdigte  mich,  das  weiss  kh,  einer  sympathischen  Gesinnung. 

Einen  raschen  üeberbKck  Aber  die  ganze  archtvalische  Samm- 
lung, bevor  wir  scheiden,  hält  man  mir  wohl  zu  Gute.  Ifit  efaiigen 
Zahlen  muss  ich  noch  behelligen. 

Als  ich  zum  erstenmal  den  für  mich  unvergesslichen  Mone  in 
die  Räume  des  ehemaligen  Archivgebäudes  einführte,  erlaubte  ich 
mir ,  im  historischen  Saale  die  Frage  an  ihn  zu  stellen :  wie  viel 
rergamenfo,  nach  seiner  oberflächlichen  Abschätzung,  die  (Kartons 
wohl  enthielten?  Er  antwortete  mir  mit  der  Zahl:  50,000.  Herunter 
setzen  musste  ich  nun  um  etwas  diese  Bezifferung,  aber  der  im  Archiv- 
wesen ergraute  grossherzogliche  Direktor  hatte  im  Grunde  dennoch 
Recht.  Die  ungeheure  Masse  von  papiernen  Scripturen,  die  in  den 
meisten  Gartens  zerstreut  lag,  konnte  er  nicht  mit  rechnen;  memc 
spätere  Abzahlung  Iftsst  sich  folgendermassen  aus ') : 

Akten  der  Gentrairegierung  (Serie  A)    .   .   .     1,066  Stfick 
Landvogtei  und  Intendanz  (Serie  B  und  G)    .  47,575  „ 
Feudalität,  d.  h.  die  Herrschaften  vonZweibrOcken, 
Hanau,  Lichtenberg,  Oberbronn  (Leiningen), 

Beinheim  (Sponheim)   374.834  „ 

Geistliches  Archiv:  Bisthum,  Stifter  u.  s.  f.  198,039  „ 
Klöster  —  Set.  Johanniter  —  u.  a.  m.  .    55,595  „ 
Zu  dieser  TTaupfmasse  muss  noch  eine  grössere 
Zahl  minderer  Sammlungen  zugerechnet  werden, 
und  so  gelangen  wir  zu  einer  Ge?ammf/,ahl  von  629,534  „ 
wobei  3207  Volumina,  die  sich  unter  die  ver- 
schiedenen speziellen  Fonds  vertheilcn,  nicht  mit 
eingerechnet  sind. 


'J  Es  isl  lüpr  nur  von  den  Akten.  Pergamenten,  tJcripluren  vor  dem  Jahre 
1790  die  Rede. 


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318      Spach:    Fragmentarische  Erinnerungen  eines  allen  Archivan«. 


Die  neuern  Papiere  aufzuzählen  wäre  rein  unmöglit  ii,  ein  walires 
unsinniges  Unternehmen;  mit  jedem  neuen  Zuwachse,  mit  jeder 
Versteigerung  von  Makulatur,  tritt  Ebbe  und  Fhith  ein  in  diesem 
unabsefalicfaen  Verwaltungsapparate. 

Und  doch  steht  der  Bezirksarchivar  des  U.-Elsass  nur  an  der 
Spitze  eines  Udnen  Vonathes,  vei^leicht  man  dieses  Reichslandes- 
archiv  mR  grossen  Staatsarchiren.  Mit  den  wenden  Arbeitskräften, 
die  ihm  zur  Verfügung  stehen,  mit  den  unzulängliclion  Räumen, 
ülier  welche  er  verfügt,  kömmt  er  demnach  in  die  Klemme  und 
seinen  Nachfolgern  wünsclit  er  neue,  feuerfeste,  zureiciiende  Räume. 

Ihren  Pflichten  zu  genüfron,  haben  er  und  die  meisten  seiner 
Mitarboifer  stet-  gestrebt,  l/nd  so  nimmt  er  denn  nocli  einmal, 
wie  vor  1(5  Jahren,  AI)S(hieil  von  den  feston  Bestandtheilcn  dieser 
seiner  zeitweiligen  Nutzniessung.  —  Lebewohl  der  Männer-  und 
Faktenreichon  Serie,  welche  die  Uebersclirift  der  Tjan(lvof,dei  führt  I 
Hat  er  doch  daselbst  mit  den  Vögten  aus  dem  luxemburgischen 
Hause,  mit  den  pfalzgräßschen  Churfürsten,  mit  den  östreichischen 
Ensherzogen,  mit  den  französischen  Grandbaillis  sich  befreundet. 
Abschied  nimmt  er  von  der  oft  in  Berathung  gezogenen  französi- 
schen Intendanz,  der  politischen  Schöpfung  Richelieu's,  von  der 
väterlichen  Verwaltung  der  darmstädtischen  und  zweibrficken'schen 
Herrschaften,  von  dem  Adelsdirektorium  und  seinen  geschichtlich 
bekannten  Familien. 

Und  noch  einmal  Lebewohl  den  Kirchenfursten ,  Iii  ad  oder 
schlecht  oder  rnittelmässig,  so  lang  meine  Aufmerksamkeit  gefesselt 
und  einen  Blick  sre<r(mnt  in  das  Innere  ihrer  Verwaltung,  in  das 
Innere  ihrer  riemülher. 

Das  Lei)en  in  dieser  Vergangenheit  ersetzte  niir  zum  Theil  das 
Kingicifen  iii's  Leben  der  fiegenwart,  ob  mit  einigem  Erfolge,  dazu 
geht  mir  das  l'rthcil  ab,  Ks  werden  andere  Arbeifer  nach  mir  in 
dieser  Mine  schürfen;  ich  begrüsse  sie  mit  einem  wohlgemeinten, 
aufrichtigen  »Glück  auf  !€  Und  mögen  sie,  wie  ich  meinen  Vorgängern 
gerocht  geworden,  meine  Mühewaltung  anerkennen,  und  über  Lücken, 
über  Fehter,  die  mir  in  meiner  fieberhaften  Hast  entgingen,  den 
Mantel  kollegialischor  Milde  werfen. 


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Doebner:  Das  neue  Staatsarchivgebäiwie  zu  Breslau  u.  seiue  Einrichtung.  3j^9 


XX.  Das  neae  StaatBarchivgebftnde  zu  Breslaa 

und  seine  Eiurichtung. 

Von 

Dr.  Richard  Doebner, 
k.  ArchivMkretftr  m  Hannover. 

Im  Oktober  v.  J.  wurde,  wie  eine  kurze  Notiz  im  «ersten  Bande 
dieser  Zeitschrift  Seite  324  berdts  mStthetUe,  die  Ueberfühning  der 
BestSnde  des  k.  Staatsarchivs  zu  Breslau  in  ein  neues  Gebäude  be- 
endigt. Wenn  schon  die  vollst&ndige  UeberfiSilung  der  iNsherigen 
Räume  im  Ständehause,  welche  auf  Grund  eines  Vertrages  vom 
2.  Februar  1845  das  Archiv  seit  1847  inne  hatte,  in  Kurzem 
zu  einer  Veränderung  gedrängt  haben  würde,  so  bot  die  äussere 
Veranlns?;nn?  zu  einom  ansschlipsslich  drn  Zwockon  dos  Staatsarchivs 
dienenden  Neubau  der  ümsland,  da??  die  Provinzialstando  von  dem 
ihnen  kontrakllich  /.iHtohonden  Reclite  im  Jahre  1873  (iohraucli 
marliton  und,  pofron  I itukzahlunfr  do«  zum  Ausbau  dos  Ständohniisoi^ 
frühor  vom  Stanto  hrwillifjlon  Zuschusses  von  50,000  Tbalorn,  dio 
Rückgabf»  der  An  liivlok:ile  nacli  Ablauf  von  (hoi  .lahron  l3<'anl ragton. 

Projoklirung  und  Ausführung  dos  Ijaues  wurden  dem  k.  Bau- 
inspoktor  Knorr  zu  Breslau  übertragen;  bei  der  Wahl  des  Bauplatzes 
entschied  man  sich  für  ein  Grundstück  an  der  Ecke  der  Neuen 
Taschen-  und  Gartensttaase,  wefches  dem  Oberschksisdien  Bahnhof 
gegenüber  und  nach  dieser  Seite  hin  völlig  freiliegt. 

Nachdem  das  Gebäude  bereits  im  Winter  1875/76  im  Rohbau 
fertig  gestellt  war,  wurde  in  den  Tagen  vom  29.  August  bis 
10.  September  die  Räumung,  vom  11.  September  bis  13.  Octobcr 
die  UcbefQhrung  der  Bestände  bewirkt.  Die  neue  Aufteilung  war 
im  Wesentlichen  zu  Anfang  Novembers  beendigt. 

Nacli  den  bis  jetzt  festgestellten  Rechnungen  betrugen  die  Kosten  — 
mit  Einschluss  dos  Preises  von  etwa  100,000  Mark  für  den  Bauplatz 
und  von  13,000  Mark  für  die  innere  Einrichtung  —  in  runder 
Summe  251,000  Mark. 

Es  zorfallt  das  Slaatsanhivgobiiude,  ein  massivor  Putzbau,  in 
zwei  diurh  oine  Brandmauor  mit  oisornon  Tinnen  abgosriilnssono 
Ilaiiplllioilo,  das  Dienslwolinliaus  und  das  Aullx'wahiungsliaus,  das 


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320 


Doebner: 


erstere  in  drei  Stockwerken  die  Dienstwohnungen  des  StaatsardÜTiirs 
und  des  Archivdieners,  sowie  die  Arlieit^immer  der  Beamten  um- 
fassend, welche  letzere  an  die  nur  im  Parterre  und  ein  Stockwerk 
hoch  liegenden  Aufbewahrungsräume  direkt  anstossen.  Der  zunächst 
in  weiter  Ferne  liegende  Fall,  dass  die  Krhöhung  auch  des  Auf- 
l)ewahrungslKUises  uni  ein  Stockwerk  sich  nöthig  erweisen  sollte, 
wurde  schon  l>ei  der  Anlage  des  Planes  berücksichtigt. 

Das  A  uflxMvalirimgshaus,  zu  welchoni  der  ^gewöhnliche 
Zugang  von  den  Arbeitsräunien  aus  führt  —  ein  zweikr  Eingang 
vom  Treppenhause  ans  trägt  dem  Fall  einer  schleunigen  Ausräumung 
Rechnung  —  ist  durchaus  feuersicher  erbaut,  die  Wasserleitung  bis 
unter  das  Dach  gefuhrt;  die  Decken  sind  zwischen  eisernen  Trägern 
gewOlbt,  die  Fenster  durch  eiserne  Läden  vefschlfesdNur;  die  Länge 
des  Gebäudes  beträgt  22  M.,  die  Tiefe  16  M.,  die  Höbe  bis  zum 
Dache  17  M.  Im  Grossen  und  Ganzen  entsprechend  der  Ordnung 
der  Bestände  des  Archivs  nach  den  firöheren  FQrstenthfimem,  ent- 
hält das  Aufliewahrungdiaus,  durdi  eine  den  beiden  Fensterfronten 
parallel  laufende  Wand  getheilt,  9  Zimmer  von  verschiedener  Grösse, 
sfimmlJich  4,55  M.  hoch,  6,42  .AI.  tief,  darunter  4  Säle  von  durch- 
sclmittlich  13  M.  Länge.  Die  Verbindung  zwischen  dem  oberen 
Stockwerk  und  den  Parterreräumen  vermillell  ausser  einer  eisernen 
Wendeltreppe  ein  Aufzug,  dessen  leiclit  ZU  bandhabende  Konstruktion 
sich  bei  dem  I^mzii^'  bewährte. 

Bei  der  inneren  Einrichtung  des  Archiv^'ebäiidos  wnrdcn, 
im  Wesentlichen  nur  für  das  II  r  k  ti  n  d  e  n  z  i  m  in  er,  sowohl  (iii> 
nrössenverhältnisse  als  die  Ausstattung  des  Irühcren  mit  eiihenen, 
längs  der  Wände  aufgestellten  Repositorien  mit  Schubladen  beibe- 
halten, in  welchen  die  Urkunden  zunächst  schichten  weise,  durch 
Papierlagen  gelrennt,  gelagert  sind,  während  die  chronohigische  Auf- 
stellung der  Urkunden  innerhalb  dieser  Schubladen  in  Envekippen, 
welche  auf  gedruckten  Etiketten  die  Signatur  und  links  oben  In  der 
Ecke  das  auQueiaste  Datum  der  Urkunde  tragen,  fär  das  ganze 
Urkundcnarchiv  in  Aussicht  genommen  und  bei  mehreren  dem 
Staatsarchiv  deposilarisch  üt)ergebcnen  Slädlearchiven  bereits  mil 
Erfolg  durchgeführt  worden  ist.  Diese  Aufbewahrungsart  stimmt  im 
Ganzen  mil  Rmkhardt's  Methode  (Archival.  Zeitschr.  1,  207)  üherein. 
Derselbe  Oesichtsiinnkt  war  bei  der  Konstruktion  von  drei  zunfulist 
als  Reserve  dienenden  ITrknndi'iiscIn äiiken  massgebend:  sie  sind 
2,85  M.  hoch,  1,75  M.  breil,  Ü,5ü  M.  tief  und  enthallen  in  4  Hcihen 


Üiyitizcü  by  GoOglc 


Du  nem  Staatswrehivgebftude  lu  Breslau  nnd  Mine  Einrichtany. 


321 


neben  oinandor  je  52  in  Fal^^cn  lanrciKii-  Kaslen.  0,17  M.  hoch, 
0,39  M.  hieif,  0,45  M.  Ii. 'f.  Lin  -loich/A-iti^'  il.-n  Zutritt  diT  Luft, 
das  IkiaiHzit  lirii  der  Kasten  und  die  l'eborsictit  der  Urkunden  /.u 
erleichtern,  wurden  an  der  vordem  Flfuho  de?;  Kastens  G  Htm.  aus- 
geschnitten. Nach  den  bisljer  geniachlen  Erfahrungen  fanden  in 
einem  solchen  Kasten  bequem  40—50  ältere  Urkunden  In  zwei  Reihen 
hinter  einander  aufteilt  Platz;  für  UrlLunden,  deren  durch  die  alten 
Falten  bedingtes  Format  die  Höhe  der  Kasten  übersteigt,  und  nament- 
lich für  neuere  und  neueste  Dokumente  wurde  die  alte  Auf- 
bewahrungsart beibehalten. 

Wie  die  Aufstellung  der  Bibliothek  in  den  beiden  Arbeits- 
zimmern neue  Repositorien,  zum  Theil  fflr  zwei  Reihen  von  Büchern 
hinter  einander  eingerichtet,  erforderte,  so  erwiesen  sich  für  die  Auf- 
bewahrnnrr  der  AIvten  Neuanscliatfungcn  in  grossem  Umfang  als 
nolhwi-ndig.  V^on  den  alten  Aklenre.zalen.  welche  dem  augenblick- 
lichen .Standort  und  Bedürlni>>  entsprechend  nieist  von  f;an/.  v(>r- 
sciiiedener  (Irösse  waren,  wurden  nur  wenige  in  das  neue  Ciebäude 
übernonunen  urul  diese  den  neuen  —  in  der  Höhe  von  .3,50  M.  —  an- 
gepassl.  Ausgenommen  drei  Eckzinnner,  in  deren  Mitte  je  ein  dop- 
l)eltes  Akienregal  aufgestellt  ist,  stossen  in  allen  nur  von  einer  Seite 
her  Udit  erhaltenden  Zimmern  zwei  oder  mehr  solcher  Aktenregale 
an  die  Fensterpfeiler  an,  von  den  meist  mit  Repositorien  besetzten 
Wandflächoi  durch  ehien  genügend  breKen  Gang  getrennt  War 
bereits  in  allen  Thdlen  des  alten  Archivs  die  Emrichtung  gleicb- 
roässig  durchgeführt,  dass  die  eigentlichen  Akten  durch  je  ein  lei- 
nenes Band  in  Packete  von  massiger  Höhe  zusammengeschnallt 
wurden,  mit  Enveloppen,  welche  an  der  vorderen  Seite  die  Signatur 
des  Inhalts  tragen,  so  gestalteten  es  hier  die  Raum verhrd Inisse, 
einem  solchen  Packet  ein  Fach  für  sich  anzuweisen,  während  dies 
bequem  zwei  aufnehmen  kann,  so  dass  auch  abgesehen  von  gewissen 
Heserveräume?!  füi'  einen  bedeutenden  Zuwachs  an  Akten  für  lange 
Jahre  hinaus  gesorgt  sein  dürfte. 

Einern  Mangel,  der  sich  in  den  letzten  .lahren  auf  das  Empfind- 
lichste fühlbar  gemacht  halte,  war  es  möglich  jetzt  dauernd  abzu- 
helfen. Es  handelte  sie  Ii  darum,  die  in  allen  Archiven  umfangreiche 
Masse  von  gebundenen  Büchern,  Re5kri[)ten-,  Rcchnungs-  und  Amts- 
büchern  aller  Art,  welche  in  dem  Staatsarchive  zu  Breslau  besonders 
in  den  Jahren  1873  und  1874  durch  systematische  Ablieferung  sei- 
tens der  Gerichts-  und  Verwaltungsbehörden  um  Tausende  von 

AraMvaliMhe  MtMhrift.  II.  21 


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322    I>oebner:  Das  neue  SlaaUarcbivgeltäude  zu  Bret;lau  u.  attmv  Einrichtung. 

Folianten,  iianit  iitlicli  (Jriiiid-  tirnl  l lypot lii  krnlxii  licrti  n.  .s.  w.,  ver- 
mehrt worden  war,  aiit's  Angemessenste  und  !nit  möglichster  Hauni- 
ersparniss  aufzubewahren.  Während  diese  früher  in  die  Fächer  der 
Akteore^e  eingezwängt  oder  auf  der  Bekrönung  derselben  in 
schwindelnder  Hölie  aufgestellt  waren,  konnte  jetzt  im  gamten 
Archive  das  Prinzip  durdigeführt  werden,  dass.an  den  disponiblen 
Wandfläcben  neben  den  zugehörigen  Aktenregalen  Böcherrepositorien 
mit  Zabnleisten  von  gleicher  Höhe  wie  jene  3,ö0  M.,  und  0,60  M. 
lief  zur  Aufstellung  von  zwei  Reihen  von  Büchern  hinter  einander 
Platz  fanden.  Zugleich  wurde  daran  festgehalten,  dass  den  zu  den 
Akten  der  einzelnen  Ortschaften  gehörigen  Büchern  im  Ge-rensatz 
zu  den  amtlichen  Büdicin  von  allgemeinerem  Interesse  lier  Platz  in 
der  hinteren  Reilu-  . Hingewiesen  wurde.  Kleine  an  den  Hej)ositorien 
selbst  angebrachte  Kaiten,  weicht-  dnrcli  Schrift  mit  scliwarzer,  resp. 
rother  Dinte  die  Si^Miatur  des  ersten  und  letzten  Bandes  der  vorderen 
und  liinleren  Ueilie  deutlich  untersdieiden,  vermochten  jede  Schwierig- 
keil des  Aufsuchens  zu  heben. 

Erwähnt  seien  noch,  als  besonders  praktisch  bewährt,  ein  Schub 
mit  in  Falsen  laufenden  Fächern  zur  Aufnahme  der  Zettelkataloge 
der  Bibliothek,  der  Glossare  und  der  Regestensammlungen,  sowie 
ein  Schrank  zur  Aufbewahrung  der  wenig  umfangreichen  Abtbeilung 
der  Karten  und  Atlanten  mit  theils  senkrechten  Fächern  zum  Auf- 
stellen der  gebundenen  oder  aufgezogenen,  theils  wagrechten  zur 
Lagerung  loser  Karten.  — 

Waren  auch  bei  der  Anlage  und  inneren  Einrichtung  des  Staats- 
arcliivgebäudes  zu  Breslau  die  Gesichtspunkte  der  Sicherheit  und 
Zweckmässigkeit  in  erster  Linie  ma.ssgebend,  so  wissen  es  doch  die 
zahlreichen  Besucher  des-clben  zu  schiitzen,  dass  durch  die  Fürsorge 
der  holien  Archivbeliürden  (i(  ni  Sammelpunkt  der  historischen  Denk- 
mäler der  Provinz  eine  würdige  und  Ireundliclie  Ställe  gescliullen 
worden  ist. 


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Ueber  die  Anweadung  des  Schwefelamnuiiiium  bei  verblichenen  Urkunden.  323 


XXI.  lieber  die  Anwendung  des  Schwelelauimouium 
bei  veirblichenen  Urkunden. 

Von 

Dr.  L.  Götzo, 
k.  Staatsarrliivar  zu  Mslt-in. 

In  jodoni  Archiv  wird  man  bereits  auf  Urkunden  gestos?en  sein, 
deren  Schrift  derarli«:  vorhlichon  war,  dass  man  vor  der  Alternative 
stand,  sie  entwotler  als  nicht  vorhanden  zu  befrnchfen,  oder  die 
Schrill  durcli  Rea-jcnitien  wiedei-  sichtbar  zu  juadit-n  Letzteres  ist 
auch  im  Sfaatsarcliiv  zu  hlstein  mehrlacli  «resciu'heu,  und  zwar 
wurde  ausscliliesslicli  St  hwefelauinioniimi  in  Anwendung  gebraclil, 
weil  es  stets  den  gewüns(  Ilten  Erfolg  hcrvorbrachle. 

Die  Wirlcungen  dieses  Mittels  sind  nach  den  Erfahrungen,  die 
ich  schon  vor  längeren  Jahren  gemacht  habe,  bei  TOrsichtigem 
Gebnineh  nicht  so  verderblich,  wie  sie  Wattenhaeh  (Schriftwesen 
im  Mittelalter  S.  182)  schildert.  Nur  darf  man  es  nicht  auf  jedem 
Pergament,  auch  niöbt  unvermischt  anwenden,  die  Procedur  muss 
femer  rasch  vor  sich  gehen  und  alle  unnöthige  Flüssigkeit  muss 
durch  gutes  Löschpapier  von  der  FIftche  des  Pergaments  (resp. 
Papiers,  denn  auch  da  ist  es  verwendbar)  schleunigst  wieder  auf> 
gesogen  werden. 

Die  Entscheidung  der  ersten  Frage,  ob  Reagentien  angewandt 
werden  dürfen,  richtet  sich  wesentlich  nach  der  Ik'schaffenheil  des 
Pergaments  oder  Papiers.  Ist  dies  noch  stark  und  fest,  und  tlio 
Schrift  nur  verblasst,  so  kann  die  Anwfiidung  stattfinden;  anders 
schon  stellt  sich  die  Sache,  wenn  die  Sdirift  ausgewaschen  ist, 
d.  h.  wenn  durch  längeres  Liegen  in  der  Feuchtigkeit  sidi  die  alte 
Tinte  aufgelöst  hat  und  die  Sdirillzüge  gleichsam  aus  einander  ge- 
flossen sind.  Noch  bedenklicher  ist  es,  wenn  zugleich  das  Pergament 
ganz  dfinn  und  schwammig  geworden  ist;  dann  nützt  alle  Ge- 
schwindigkeit nk^ts:  das  flüssige  Reagensmittel  schlägt  sofort  durch, 
die  Flüssigkeit  kann  nicht  au%esogen  werden,  und  allmählich  wird 
das  Pergament  sammt  der  Schrift  dunkel  geOirbt  Musste  das 
Mittel  angewandt  werden,  um  überhaupt  noch  etwas  lesen  zu 
können,  so  bleibt  nur  übrig,  solche  Urkunden  sofort  alizuschreiben. 


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324  CHiUe: 

Besser  noch  ist  es,  sio  vorher  auf  r<'>tr>  I'Mpiei"  /.u  leimen,  weil  ila-^ 
Por;,Mnienl  d;iilur<  li  wieder  nielir  (lonsislenz  erhiilt  und  niehl  so 
leieht  durchschlägt.  Demi  geruilo  die  völlige  Durchdriiigunjr  durch 
das  Reai^ensniittel  ist  es,  welche  die  Verderbniss  herbeiführt. 

Ich  pflege  daher  folgendes  Verfahren  bei  Behandlung  verfolasster 
Urkunden  einzuschlagen. 

Das  Schwefelammon  wird  durch  40— öO''^  Wasser  verdünnt; 
dadurch  wird  die  Schrift  freilieh  nicht  tiefechwarz,  sondern  nur 
braun,  was  aber  ausreicht.  Dann  wird  das  Pergament  untersucht, 
ob  e:?  Wasser  willig  oder  unwillig  annimnil:  im  letzteren  Falle 
wird  es  zunächst  vermittelst  eines  langhaarigen  Finseh  von  3 — 5  Htm. 
Durchmesser  mit  reinem  Wn--er  anjrefeuchtet,  die  Feuchtigkeit  aber 
sofort  durch  eine  La«,'G  des  besten  Lösehpajners  wieder  aufgesoiren. 
Dies  bezweckt  nur,  das  Perj-Miiienf  für  Annahme  einer  andern 
Flüssigkeil,  des  Seh wefelammons .  empfänglich  /.u  machen,  damit 
dieses  nicht  länger  auf  ilem  Pergament  bleibt,  als  absolut  iniliiig 
ist.  Dann  wird  ein  Pinsel  von  dersell)en  Stärke  in  das  veniünute 
lieagensraitlel  getaucht  und  die  Obcrlläche  der  Urkunde  möglichst 
rasch  damit  angefcuchlet,  doch  nicht  so  sehr,  dass  die  Feuchtigkeit 
durchdringt  Nach  wenigen  Sekunden  f&rbt  sich  die  Schrift  dunkler, 
dann  wird  die  Feuchtigkeit  durch  aufgelegtes  trockenes  Löschpapier 
(mindestens  zwei  Bogen)  entfernt,  und  hierauf  die  Urkunde  zwisdien 
eine  neue  Lage  trockenen  Loschpapiers  in  die  Presse  gelegt,  wodurch 
sie  zugleich  die  Falten  verliert.  —  Der  Pinsel  muss  nachher  in 
Wass.  I  v( ^'ereinigt  werden:  wenn  ab^  seine  Haare  anfangen, 
sich  dunkel  zu  färben,  so  ist  er  zu  diesem  Zwecke  nicht  mehr 
lirauchbar. 

Ist  die  -Schrift  nicid  deutlich  genug  geworden,  so  kann  das 
Vorfahren  wiodei-holt  werden,  was  jedenfalls  besser  ist,  als  die  An- 
wendung' des  unvermischleu  .Mittels. 

So  ist  diese  Procodur  selbst  auf  doppelseitig:  be-rliriei)enem 
Papier  angewendet  worden,  ohne  dass  dasselbe  sich  dunkel  gefärbt 
hat  oder  gar  zerstöit  worden  ist.  Ich  verwahre  z.  B.  seit  etwa 
3  Jahren  der  Beobachtung  wegen  in  meinem  Schreibtische  die  gleich- 
zeitige doppt  Iseitige  Papierabfichrift  einer  Urkunde  des  15.  Jahr- 
hunderts, an  welcher  im  Falle  des  Misslingens  wenig  verloren  ge- 
wesen wäre,  da  das  Original  wohl  erhalten  ist;  ober  von  jenem 
color  cacruleus,  der  das  Schwefelammon  charakterisirt,  Ist  nichts  zu 
bemerken. 


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■ 


Ueher  die  Auweuduug  des  ^k■ltwc'^elamluullium  Imi  verljücheiieii  Urkunden.  52ö 

Unerlässliche  Bedingung  ist  aber,  die  öberflüssige 
Feuchtigkeit  durch  Lagen  von  Löschpapier  völlig  auf- 
saugen zu  lassen;  denn  das  Löschpapier,  das  zu  diesem  Zweck 
dient,  erhält  stets  jene  meo^frfine,  spät^  nocli  dunklere  Farbe  und 
kann  daher  nur  wenige  Male  gebraucht  werden. 

Gerade  dieser  letztere  Punkt  scheint  nach  dem,  was  ich  darüber 
erfahren  habe,  bd  der  Anwendung  jenes  Mittels  nicht  immer  be- 
obachtet zu  werden;  dulier  glaubte  Ich,  das  von  mir  angewandte 
Verfahren  hier  niiltlieilen  zu  sollen. 

Grundsatz  iniiss  liviliih  immer  bleiben:  Kei  n  e  Reagontion, 
ausser  wo  man  vor  der  olaen  ausgesprochenen  Alternative  steht! 


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XXII.  Literaturbericht 

1.  Julius  Ficker«  Professor  an  der  k.  k.  Universität  zu  Inns» 
brück,  Beiliäge  zur  Utkundenlehrc.  I.  Band.  364  S.  8". 
Ini)s))ruck,  Vorlag  der  Wagner'sclien  Universitäts- Buch- 
handlung. 1877. 

Mit  ilcr  ganzen  Schärfe,  Surt^faU  und  Gelelirsamkeil,  die  wir  aiLs  seinen 
rechtflgesckichtlichen  Forsehungen  kennen,  untentucht  der  Hr.  Verfasser  einige 
der  wichligslen  «liplomatischen  Fragen,  um  uns  auch  hier  sogleich  eine  Fülle 
neuer  Gei-iclit-|>iinktc  umi  Kr'iinliiisse  zu  erschlips-jcn.  Drr  cr-tc  Kiiuirurk  des 
Ituches  mag  leichl  sein,  dass  nun  das  ganze  kun!!lvulle  Gebäude  unserer  miltel- 
allerlichen  Geschichte  in  Schwanken  geratbe,  da  die  Ergebnisse  die  Zuverlässig- 
keit  des  bisher  angestellten  königlichen  Itinerars  zu  geffthrden  scheinen.  Denn 
dieses  bezeichnet  F.  mit  Recht  als  das  feste  Gerippe  der  Reichsgeschichte,  welches 
Reslattel  aiich  das  tinjrenan  Ucbcriieferte  rirliliff  zu  stellen  und  nach  Zeit  und 
Ort  nicht  genügend  beslininile  Macliricblen  an  den  ihnen  zukuninienden  Slelleu 
einsoreihen  und  zu  verwerthen ;  und  weiter  als  den  Haupthaltpnnkt  für  krittaehe 
Unlersuohutigen  der  verschiedensten  Art,  als  den  Massstab,  an  dem  wir  vonugs* 
weise  Gliintiwüidijjkfit ,  Uiivcrrnischtheit  und  Echtheit  der  Quellen  zu  prüfen 
haben.  Hei  ruhigerer  rruliing  ergilit  sich  doch,  dass  so  weitgreifende  und  gefähr- 
hehe  Folgerungen  nicht  zu  ziehen  sind,  dass  die  L'ngenauigkeilcn ,  welche 
F.  in  echten  Kflnigsurkondo)  nachwdst,  wieHrohl  lahheidier  und  weitergehend, 
als  man  bisher  verniuthete,  immerhin  nur  Ansnuhnien  von  der  Regel  bilden. 
Wir  zälden  es  nicht  zu  den  periti<;steii  Verdieiisleii  des  Verfassers,  dass  er  sich 
durch  das  Ueberraschende  seiner  Ergebnisse  nicht  verleiten  liess  die  Linie,  bis 
zu  welcher  seine  Sehlflsse  berechtigt  nnd,  auch  nur  um  Haaresbreite  su  Ober« 
schreiten,  l/nd  wenn  diese  Ergebnisse  anf  der  einen  Seile  manches,  was  bisher 
als  gesieherl  galt,  insbesondere  <lie  Zeit  vieler  königlichen  Hamilungen,  die  drirch 
Urkunden  bezeugt  sind,  als  zweifelhafl  erweisen,  so  wirken  sie  auf  der  andern 
Seite  nicht  minder  cunservativ ,  da  sie  in  bedeutendem  Masse  die  Berechtigung 
einschrftnken  auf  Grund  von  Widersprüchen  und  UnregelroSsstgkeiten  einer  Urkunde 
aber  deren  Echtheit  abaisprechen.  Was  die  Frage  der  Echtheit  von  KOnIgs- 


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Uteraturbcncht. 


327 


iirkuiiileii  iK'tiiflt,  gi'wiiiiit  su  ilir  Aulupsic,  liit«  Pniriiiij.'  lios  SchrirLcliarakhT!' 
erhöhte  Hedcutuug  und  di*-  nus^edelinte  Arlwitüllif  iluii({,  die  auf  dies^Mii  (ieliielu 
der  Forschung  in  der  Praxi»  liereitii  eingetreten  ist,  erf&hrt  ein«  nene  theoretische 
Itci-hirertigung.  Mag  es  in  inam  lDT  llinsirlit  Itfklap'iiswertli  ersrhi'iruMi .  wenn 
die  nlnit^dipfis  so  oiiiscitipe  Arbeit  des  rrkmiilfiifDrsrln-rs  sich  .iiicli  iiocli  zur 
lAim-viitririuig  auf  kleine  Zeilräuine  gezwungen  sieht,  ao  wird  doi-li  durch  dieses 
Verfahren  allein  die  endgillige  Lfeung  der  gestellten  Aufjpibe  verbargt. 

Hr.  Ficker  aber  hat  sich  keineswegs  die  Aufgabe  gestellt  die  Echtheit  einielner 
l'rkiiriileti  zu  prfifj-n.  Er  untersucht  nur.  oh  aus  iliescm  luul  jf-nfUi  rm-taude  an  und 
für  sii  h  H'liun  ihre  I  iieclilheil  folp-.  Indcui  er  feststellt,  dass  zur  Erklärung'  der 
/ahlreii-hen  \Viderä|irOche  in  der  Üalirung  t^cihil  oder  zwischen  der  Dalirung  und 
anderen  urkundlichen  Angaben  die  Annahmen  der  nUschung  oder  von  Schreibfehlern 
nicht  ausreichen,  findet  nr  dii-  yjeforderte  anderweillRe  ErklSrun^r  in  der  Heziehunn: 
ilr>r  widersprechenden  Antiaheu  auf  vcr^hiedene  Zeitpunkte.  Als  Hegel  darf 
niiui  festhalten,  dass  hei  üatirung  der  Königsurkuuden  sowohl  Zeit-  als  Orts- 
angaben auf  die  Beurkundung,  nicht  die  Handlang  la  beziehen  sind.  Diess 
wird  nachgewiesen  ans  mehrfachen  Beurkundungen  derselben  Handlung  mit  ver- 
s<diieilener  üatirung.  au«  Angahen  des  Textes  (Iber  die  Zeit  der  HandlInl^'  und 
aus  Verschiedeidieit  des  Ortes  und  der  Dalirung.  Nun  reipl  aher  der  Verfasser 
weiter,  dass  Handlung  und  Ausfilhrung  des  Beurkundungshefehls  oft  zeitlich  aus- 
einander fallen.  Beweisend  erseheinen  hier  vornehmlich  die  lahlreiehen  Fftlle, 
wo  Urkumli  ii  für  einen  Ort,  an  dem  sieh  der  König  gerade  vorher  aufgehalten, 
an  eineiu  lieiiaelihard  ii.  in  ih  r  Hirhiunp  des  Itiiicrars  lie^'enden  Orte  aus^reslelit 
sind  und  zwar  oft  an  einem  sehr  unbedeutenden,  bei  ilem  es  von  vornherein 
unwahrsebeinlich  ist,  dass  dort  Regierungsgeschäfte  vorgenommen  wurden.  Einen 
besonders  nchem  Haltpunkt  gewflhren  die  Falle,  in  denen  wir  auf  Vornahme 
der  Handlun'„'  auf  Hf)ftagen  s«  hliesscn  dflrfen.  Ueberladung  mit  GesrhSlleii, 
kürzerer  Aufenthalt,  verspätete  Kiiihrin!.Mm'^  <ler  tiesurhe  werden  es  h.Tuli'^  nicht 
crmöglirhl  haben,  dass  die  Kanzlei  die  Verbri(;fung  aller  Geschäfte  am  Orte 
selbst  bewfiltigte.  Dieselbe  wurde  dann  erst  an  solchen  Orten  vollendet, 
Welche  der  König  auf  -einer  Weiterreise  berflhrfe.  Ficker  weist  diess  schlagend 
nach  diurli  zahlrej«  In-  Fidle  einer  Dalirunfr  au-*  iler  Nachbarschaft  des  Hf)flags- 
ortes  über  solche  Gegenstände,  deren  Handlung  auf  dem  Hoflage  s<-lbst  vor« 
genommen  srin  wird.  Hier  kann  ich  nur  den  Schluss  auf  tinen  Hegensburger 
Aufenthalt  Ottos  I.  968,  den  Ficker  (S.  149)  für  sweifellos  hllt,  nicht  als  richtig 
anerkeiuien.  Ganz  Baieni  befand  sich  damals  im  Aufstande  gegen  den  KAnig 
und  die  Landeshauptstadt  in  den  Mäiideu  der  Kuijiörer.  Die  A.isstellung  von 
königlichen  l'rkunden  in  Schierling  und  Aufhansen,  kleinen  Orten  südlich  von 
Regensbnrg,  hingt  vielmehr  damit  ntsammen,  dass  der  KAnig  Regensburg  be- 
lagerte und  die  Umgegend  verheerte.  So  erklärt  sich  auch  der  namhafte  Zwischen« 
räum  der  beiden  Daten  (N-.v.  2'J  u.  Dez.  10).  den  Ficker  bei  seiner  Auffassung 
natürlicli  sehr  auffallend  linden  nujss.  Ausdrücklich  berichtet  von  dieser 
Belagerung  Regenhurgs  d«r  Fortsetier  Reginos  (Script.  I,  622);  und  Widukind 
sagt  (H.  G.  Script.  IH,  466),  dass  die  Baiem,  ehiusi  muris,  dem  kAniglichen  Heere 
viel  ZU  scharfen  machten  und  Odo  zwangen  gegen  Nenj.ihr  infecto  uegotio  nach 
Saeb-fii  ziu ückzukehreri.  S.  150  spricht  K,  dann  von  einem  Zu<,;e  Mr-inriehs  II. 
dunh  das  hechlelil,  wrduend  doch  die  l'rkunde  vom  14.  Nov.  zu  Mainz  rechU? 


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328 


Uterainrberichl. 


Vom  Ideell,  (lif  vom  Ifi..  wip  ich  l>»»roil>«  an  inidiitni  Orte  bfiiicrklt'.  zu  liininir 
uiiwt'il  vom  Amniersee  ausgeslellt  ist.  Docli  diess  sind  nebensächliche  Bemer- 
kungen, die  FIckers  Schlussfolgerany  im  AUgemeinen  ihre  Tolle  Geltung  lassen. 

Datirung  nach  dar  Handhmg  kt  also  nrdfdlos  nur  als  Ausnahme  von  der 
lli'^'i'l  zu  lielrachteii ;  alter  diese  Ansnalnne  lässt  «ich  doch  in  sehr  vir-Ien  Füllen 
narlivveisen.  Dudurcli  erklären  :>ii'li  nianehe  \Viders|irüche  zwischen  Üatirunj;  und 
anderen  urkundlichen  Angaben,  insbesondere  die  so  oft  als  Beweis  einer  Fälschung 
hervorgehobene  Kenntniss  spftter«'  Thatsachen,  Reoognition  durch  einen  splteren 
Kanzler  oder  AnfQhnni^'  nicht  passender  Zeu^'on.  Auch  die  Erscheinung  von 
Kaisenliploinen  aus  der  Köni^rs/eit  erhiHt  durch  dieseti  .Nachweis  ihre  Erklärung'. 
Diese  Unregelmässigkeit  ist  ohne  Uewicht  für  die  Richtigkeit  des  Itinerars;  denn 
wenn  nch  nnr  Tag  und  Ort  auf  denselben  Zeitpunkt  beaehen,  so  ist  es  fOr 
diesen  Zweck  gleiehgiltig.  oh  diess  der  der  Beurkundung  oder  dar  Handhing  ist. 
Anders  liet,'t  die  Sache  in  jenen  ebenfalls  nachtrewiesenen  Ausnahtnsrnllen .  wo 
die  Datinin;.'  nicht  einlii  itlich  hi,  sich  zum  Theil  auf  die  Flandluiii:  zum  Tlieil 
auf  die  Beurkundung  bezieht.  Meistens  wird  man  hier  Datirung  nach  dem 
Orte  der  Handlang  und  der  Zeit  der  Beurkundung  anzunehmen  haben;  doch 
sind  auch  solche  FSile  nicht  selten,  in  denen  bei  Datirung  nach  dem  Orle  der 
Uandhuig  die  Zeit-  ndt-r  die  Jahresangahen  thcils  dieser  theils  der  Beurkundung 
entsprechen.  Beispiele  für  das  umgekelirte  Verhältniss,  Datirung  nach  der  Zeit 
der  Handlung  und  dem  Orte  der  Beurkundung,  finden  «di  niehl  in  gleicher 
Weise  und  hierin  erkannt  ?,  mit  Recht  einen  wichtigen  Beleg  dafOr,  dass  die 
Widersprüclip  der  Datirung  nicht  etwa  auf  Schreibfehler  zurückgeführt  werden 
kennen,  ilu  iinch  iHc  An-^nahmen  wicdiT  einer  besondern  l'n-vrcl  folgen.  Ver- 
einzell stellen  auch  Kalle  willkürlicher  Datirung,  su  willkürliche  Zurückdatiruiig 
oder  Vorausdatirung  nach  der  Zeit  der  bevorstehenden  Handlung  mit  willkflr- 
licher  Ortsangabe.  In  solchen  Fällen,  da  Handlung  und  Beurkundung  durch 
längeren  Zwisclienranm  getrennt  siml,  werden  Bittsteller  und  Fürbilter  der  Hand- 
lung entsprechen,  die  Becognition  aber  der  Beurkundung.  Nicht  su  einfach  ist 
die  Frage  heiflglich  der  Zeugen  zu  lösen.  Durch  eindringende  Prflfung  ergil»t 
sich,  dasB  auch  ihre  Besiehung  auf  die  Beurkundung  die  Regel  bildet,  dass  jedoch 
selir  viele  Ausnahmen  nachweislrar  sind  und  das^s  selbst  willkürliche  Vermengung 
von  Handlung!?-  mid  Beurkundinip«/eugen  vorkömmt,  ohne  da^s  in  der  Urkunde 
eine  bezügliche  Andeutung  oder  deutliche  Scheidung  der  beiden  Zeugenklassen 
gegeben  wire.  Bei  der  Untersuchung  dieser  Frage  herilhrt  der  Verfasser  auch 
die  Interveiiienten,  unter  denen  er  zwei  Hauplklassen  unterscheidet:  Personen, 
die  in  näiierer  Iti  /iclnnig  zum  Fiiipfringer  des  Diploms  und  solche,  rlic  in  näherer 
Beziehung  zum  Könige  stehen.  Ihre  Nennung  hat  vielfach  keinen  andern  Zweck 
als  den  einer  ehrenden  Erwähnung;  häutig  aber  soll  dadurch  auch  das  Gewicht 
der  kflnigtichen  Verffigung  verstflrkt  werden.  Die  Intenrenienten  bilden  sieh 
dann  zu  Zeugen  um  und  zwar  flllt  der  Uebergang  in  seinen  Anfängen  in  die 
Begienujg  Heinrichs  IV.  Unter  «einem  Naclifolger  überwiegen  noch  die  Für- 
bitter, unter  Lothar  schon  durchaus  die  Zeugen  und  weiterhin  werden  Fürbilter 
nur  noch  vereimelt  genannt. 

Nicht  nnr  grundlegend,  sondern  in  der  Hauptsache  wohl  geradem  abecblieasend. 
bilden  diese  rnlersuchunpen  Ober  Dinge,  die  noch  nie  zupiimmenfapspnd  erflrlert 
wurden,  den  Kern  des  Bandes,  ihre  Wege  aber  füliren  den  Verfasser  auf  manche 


Lileralurberichl. 


andere  fYagen  von  nicht  geringerer  Wiehtigkeit,  von  denen  ich  die  Entwicklung 

des  Privaturkundenwesens  uml  die  Bedeutung  der  Traditionsbüclier  liervortiebe. 
Ficker  betont,  dass  die  Privaturkniide,  ganz  anders  als  ilas  krmi^'lii  he  r^rär  ept, 
nur  dadurch  wirkte,  dasu  sin  die  zur  Begründung  der  Hechl-sliesländiglioit  eines 
Geschältes  nOthige  gerichtUdie  oder  doch  ftflentlicbe  HandUuig  als  geschehen 
erwies.  Das  alamonnische  und  hairische  Volksrecht  verlangten  aUerdbugs  hei 
Sclienkiiniicen  an  Kirclicn  die  Aufhahme  einer  Urkiuidc  und  damals  wurde  die- 
selbe als  ausreichendes  lieweisminel  anerkannt.  Seil  (1»t  kanilingiscben  Zeit 
aber  trat  der  Urkuudenheweis  zurück,  der  nur  in  Folge  tler  lierültrung  mit  dem 
rOmiseben  Recbtskreise  in  die  deutschen  Rechte  Eingang  gefhnden  hotte.  Diese 
Entwicklung  hängt  /usainnirn  mit  iler  Verschlechterung  der  urkundlichen  Formt 
die  in  Dentsrliland  dureli  den  Maii^'el  des  Xotariates  herl»eii.'>Tnlirt  wiinle.  Wenn 
man  nun  gleichwuhl  noch  Urkunden  fertigte,  geschah  es  vornehralich,  um  durch 
die  Urkunde  den  Zeugenheweis  lu  erleichtem.  Halte  aber  die  Urkunde  nur 
mehr  diese  Bedeutung,  so  konnte  sie  ja  auch  durch  unbe^aubigte  Akte  ersetst 
werden,  durch  Auf/eichnungen,  welche  zwar  sp.^ieren  Zeilen  eine  Kenntniss  ver- 
mitteln sdllten,  inshesonderp  aueli  fdr  Zwecke  der  Ileciilsverfolfrun^r,  wt'lt  he  al»er 
an  und  iür  sich  uicbt  bestimmt  und  geeignet  waren  aU  Beweismittel  zu  dienen. 
Hierin  findet  nun  der  Vtnf.  vornehniUcb  die  ErkUlrnng  fOr  das  Aufkommm  der 
Traditionshflcher,  wenn  auch  selbstverständlich  die  Aufnahme  eines  Traditions- 
akles,  sei  es  auf  einem  einzehien  Blatte,  sei  es  durch  Eintragnn?  in  das  Tradi- 
tionshuch,  nicht  uusscliliesse,  da.ss  dieselbe  JSache  auch  beurkundet  wurde.  Vor- 
wiegend aller  seien  in  den  Traditiuiisbilchem  nicht  etwa  nur  Auszüge  verlorener 
Urkunden  erhalten,  vielmehr  habe  der  in  das  Buch  eingetragene  Akt  ilberwiegend 
das  einzige  schriftliche  Zt  u^Miiss  gebildet.  Für  die  Tradittcmsbflchef  etwa  vom 
10.-12.  .lahrhdt.,  ^rlaiihe  ich,  wird  man  dem  Verf.  hierin  zustimmen  mflssen. 
BekauaUicb  liegen  ja  nur  über  den  kleinsten  Theii  der  in  den  Traditionsbücheru 
dieses  Zeitraums  veneiebneten  Rechtsgeschäfte  auch  Urkunden  vor.  Oass  alle 
andern  verlöten  gegangen  sein  sollten,  ist  undenkbar.  Fflr  die  freilich  nicht 
häufigen  Traditionshürher  älterer  Zeiten  aher,  in  denen  das  Volksrecbt  in  Kraft 
war,  wird  man  wegen  der  gesetzlich  geforderten  Urkundenaufnahme  doch  daran 
feslbalteu  müssen,  dass  über  alle  hier  verzeichneten  Hechtsgeschäfle  auch  Ur- 
kunden vorbanden  waren.  Wenn  wir  auch  von  diesen  älteren  die  wenigsten 
besitzen,  so  lässt  sich  hier  der  Verlust  leichler  erklären.  Seit  ilmi  13,  .lahrhdt. 
wird  dann  der  Urkunde  wieder  grrKsseres  Gewicht  beigelegt.  Jeder  Archivar 
weiss,  das»  von  nun  an  die  Tradilionsbüclier  allmählich  versiegen,  während  die 
Urkunden  häutiger  werdoi.  Vieler  erklärt  diese  sehr  gni  durch  das  Aufkommen 
der  Besiegelung.  im  Segel  glaubte  man  nun  eine  sichera  Bfligsdiaft  dafür  su 
finden,  dass  das  urkundliche  Zeugniss  wirklich  vom  angeblichen  Aussteller  her- 
rühre. .\uch  bewirkte,  wie  es  scheiiil.  der  Hehrauch  iles  Siegels,  dass  nun  der 
\Verlh  der  Likuude  als  Zeugniss  des  Ausstellers  mehr  beachtet  wurde,  während 
man  sie  frfiher  «mächst  wohl  als  Zeugniss  des  Schrdbers  behandelte,  das  nur 
durch  die  Zeugen  Bctleulung  gewann. 

Von  hohem  Interesse  ist  auch  der  letzte  Al)schnitt,  «ier  über  die  Vorlagen 
bei  der  Beurkundung,  zunächst  über  Formulare  und  Vururkunden  bandelt.  Als 
Vorurkunden  beiwlehnet  der  Verf.  mit  Rflcksicht  auf  eine  spätre  Beur- 
kundung jede  schon  früher  vorhandene  Urkunde,  welche  bei  jener  vorgelegen 


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330 


UteraturberichL 


und  auf  die  Gestaltung  derselben  irgend  welchen  Einfluss  geObt  bat,  mag  es 
sieh  dnlioi  nur  um  Formelles  oder  um  Sarliliolici«  liandelii.  Oft  legte  man  Werth 

darauf,  Ni>iiaiisft'iiipimp-ii  iiiilrr  Hfiliclialtiiiii;  der  iirspn'iiiu'lii  lH'ii  Fassiuij^'.  alw 
insl)eH.utiderc  uurli  des  Naiiieii.s  des  Aiisstcllei's  und  der  Ualirung  zu  erhallen. 
Dieser  Fall  miirt  am  leichtesten  zu  irreleitenden  Widersprachen  und  Ui^tmauig« 
keilen.  Doch  werden  solche  flberhaupt  bei  jeder  Benntsung  Älterer  Urkundm 
nahe  gelegt.  Auch  bei  den  Königüurkiinden  lüssl  sich  irreleitender  Einlluss  der 
Vorurkiinden  vielfach  nachweisen.  Eine  ältere  Form  der  H^>^r]aubi^'lln^r  vor- 
gelegter Urkunden  in  der  köni^lidien  Kanzlei  ist  die  dun-h  Unterzeiciuiting. 
Weniger  vereinaeh  ist  die  Beglaiibigiuig  von  Privaturkunden  durch  angekündigte 
oder  durch  nachlrntilirhe  Siegelung  des  Königs.  Fflhrt  die  letstere  zu  leicht 
erkennltaren  \Vid(  rs|»rn(  lH'ii  .  -i»  ist  es  daf^epMi  sclnvierijrer  zu  dnrclisrhauen, 
wenn  ein  nicht  in  «ler  iteiohäkunzlei  geferli^'ter  Text  einer  Königsnrknnde  be- 
glauiiigl  wird.  Solche  Fälle  veranlassen  weniger  Widersprüche  ab  Aufruliende^, 
Unterschied  der  Schrift,  Wechsel  der  redenden  Person  u.  a.  Aus  der  Neuaua« 
ferlij.Mnig  älterer  Urkiniden  liat  sich  später  die  Form  der  Transsuniinuig,  der 
wörtiiclicn  Einrürkunp,  entwickelt.  Der  er.sle  unverdäcbtifre  Fall  eines  Trans- 
sumtes  aus  der  Ueieliskanzlei  dürfte  nach  Kicker  eiue  Urkunde  Heinrich:»  IV. 
von  1078,  Hai  20.  fflr  das  Blslhom  Basel  sdn,  worin  ^ine  Urk.  KOnig  Konrads 
transsumirt  ist.  Aus  Privaturkonden  Deutschlands  nennt  Fieker  als  den  ersten 
ihm  bekannten  Fall  eine  T'rkiinde  des  Bischofs  von  Sfrassburg  von  1158,  worin 
zwei  rrkiinden  'deiner  ViMfiäiitrer  wörllirh  aufgenommen  sind,  „.ledenfalls  war 
die  Transsumirung  im  12.  Jahrhdt.  noch  wenig  üblich .  wie  .sich  schon  aus  der 
Ungeschicklichkeit  ergibt,  mit  der  man  sich  der  Aufgabe  entledigte*.  Ausser 
Fonnnlaren  und  Vorurkiimlen  k'mnnen  aber  noch  Vorlagen  wesentlich  anderer 
Art  in  Betracbl.  Bei  V<iriialime  liner  lUchlsbandlunsj  mnsste  es  nab<'  Herren 
die  massgebenden  Umstände  derseiiien,  Hergang,  Zeugen,  Ort  und  Zeit  sogleich 
»1  fixiren,  um  dafOr  spftter  nicht  lediglich  auT  die  Erinnening  angewfesen  »i 
sein.  Eine  solche  Aubeichnung,  in  der  man  noch  keineswegs  beabsiebttgte  ein 
an  und  für  sich  ^rilti^'es  Beweisniillel  zu  schalTen,  bezeichnet  Ficker  als  Akt, 
da  der  Ausdruck  Ppitnkoll  in  der  neneren  rrknntli-nlrlire  in  amlerer  Bedeutung 
in  Gebrauch  sei  und  der  Ausdruck  .Notiz  die  .Sache  zu  wenig  beslinnnt  bezeichne. 
Nun  fallen  diese  mittelalterlichen  «Akten",  wie  sie  Ficker  im  Sinne  hat,  in  ihrem 
Gegensätze  zu  d(>n  Urkunden  allerdings  mit  den  neueren  Schrifstflcken  zusammen, 
fiiv  ueldie  die  nezcirlmiMi;;  i\U  Akten  wie  im  {.'ompineti  Ln-lten  >o  rlem  Hi-^t«iriker. 
■lurislen  und  Archivar  geläuiig  ist.  Meist  vereinzelt  slehenü  und  mehr  zufallig  ent- 
standen unterscheiden  sie  sich  aber  doch  wieder  von  diesen,  die  gewöhnlich  eine 
längere  Reihe  bilden  und  auf  dem  Wege  regelmUssiger  Geschftflsftthning  er- 
wachsen sind.  Man  kniin  daher  ■lie  Frage  aufwerfen,  ob  sich  nicht  Wr  die  TOD 
Ficker  Iiier  bes|ii-o<  li,.ii('n  Auf/i  icbnunjjen  des  Miltelalfei's  ein  neuer  Ausdruck 
besser  empfehlen  würde.  Mittelalterliche  „Akte"  haben  sich  besonders  aus  der 
Kanzlei  des  Bischofs  Meinwerk  Ton  Paderborn  zahlreich  erhalten.  Aus  der 
Reichskan/li'i  dürlle  von  Akten  nichts  älteres  liewabrl  sein  ab  die  Ton  Ficker 
<r\h<{  in  Pisa  ;:efundenen  Knni}:  Heiiuicbs  VII.  Da  aber  eine  treregelte  (Jeschäfls- 
führung  anders  kaum  denkbar  wäre,  ist  wahrscheinlich,  dass  von  jeher  Akten 
der  Hofkanzlcl  bestanden,  d.  Ii.  da»»  gleichzeitige  Aufzeichnungen  über  die  ver^ 
schiedensten  Handlungen  am  Hofe  gemacht  wurden.  „Aber  man  betrachtete 


LiUraturbericbL 


H31 


sie  wolil  nur  als  Erieichterung  f&r  den  GesrhAftsbctrieb  von  Torabergehendero 

Wprih ;  fibor  eino  ^rewisse  Zeil  liinaus  winl  man  sie  kaum  mifhewahrl.  sirlier 
nicht  zu  Haiuk'ii  gehabt  liahon,  tin  lit  im  fr)r1\välin  iiil'  ii  Waiiilcni  (h's  lh>rts  dio 
voll  der  Kanzlei  inilgcfilhrleii  Archivulien  duch  zwi-ilello!»  ein  hcülinuuleä  Mass 
kanm  flbendneiten  durften.'*  Zur  StQUe  dieser  Annahme  kann  man  darauf 
hinweisen,  doss  sich  im  gegentbeiligen  Falle,  liei  iSngerer  Aufbewahrung  der 
Akten  und  Qbcr}iaii|it  lici  i^Tunhiplcm  Hpichsanhivwesfn,  kaum  i-rkhlren  Ursso, 
wie  Fälschungen  von  Kiini^'^urktiiidcn  die  H«-stätigung  eines  Nachfolgers  linden 
konnten.  Dos»  diess  in  auägedehnlt-ni  Ma^sse  vorkam,  zeigen  z.  Ii.  die  Urkunden 
fOr  Filigrim  von  Paasau.  Auch  Akten  kOnnen  durch  nacbtrigliche  Siegelung 
begfauibigt  und  ein>T  Urkuiiilo  ^'i«-icbgestellt  werden.  In  Deut<(  I  1  in  l  sind  die 
Formen  in  dieser  l'iolituiig  sehr  schwankend,  Wfihrend  in  Italien  das  Notariat 
festere  Formen  entwickelte  und  festhielt.  Hiciler. 

2.  Karl  Friedrich  Stumpf-Brentano  Die  Wirzburger 

Ininiunifät-Ürkundon  des  10.  und  11.  Jahrhunderls.  Zwei 
Abhandlungen.   Innsbruck,  Wagner  1874 — 1876b 

Es  ist  StumpTa  Verdienst,  luent  Qbeneagend  naehgewieeen  su  haben,  dass 
das  vieUMilvochenc  Privilegium  Kaiser  Heinrichs  IL  von  1017  (18),  dieses  „älteste 
Zeuptn'ss  vom  VV'irzliur^'isclieii  Herzogtlnnn",  wie  es  Hirsch  noch  nannte,  eine 
Fälschung,  dass  dieses  Diplom  ebenso  wie  die  üestäügungsbriefe  von  1082  und 
1<M8  HachweiAe  des  13.  Jahrhunderts.  Alkii  dannl  begr(liideten*staatsi«cht> 
liehen  Schlössen  und  Erwflgungen  Ist  dureh  dieses  Resultat  der  diploinatiseh- 
hislorischen  Kritik  der  feste  Boden  entzogen.  Stumpf  geht  aber  noch  weiter. 
Nachdem  er  »chon  in  den  Acta  iniperii  Hlier  die  Kchtheit  der  Wir/lturgischen 
Imnmnilätprivilegien  der  Uttonen,  in  welchen  jene  späteren  Faisilikate  gleichsam 
wunefai,  Zweifel  geftussert,  fahrte  er  in  vnrliegender  Schrift  (1.  Theil)  diese  Be- 
denken weiter  aus  und  ;:i'l;iiipte  nach  eingehender  Untersuchung  der  äusseren 
Merkmale,  der  di|i!nniati-irlii  n  P'nnnelti  und  iles  Itiluilt-  zum  Schluss.  <la.ss  auch 
diese  im  Münchner  Ueichsarcliiv  verwahrten  Diplome  (Klu's  I.  vom  18.  August 
974  und  CMto's  m.  vom  16.  September  996  aus  der  Reihe  der  echten  Dokumente 
su  streichen  srien.  Er  gbubt  sogar  annihenid  die  Entstehongss^t  bestmimen 
zu  kftimen.  Nach  Errichtung  des  Bisthums  Bamberg,  da  manche  Wirzburtrische 
Interessen  durch  diesen  Nachharn  "^'cfährdet  schienen ,  und  zwar  in  den  Jahren 
1045—1052  wäre  wohl  der  streitlustige  BiiK-hof  Adalbero  auf  den  Gedanken 
gerathen,  «ur  BegrOndung  der  AmqirQche  seines  Hoehstift«  >von  AHers  her«  sich 
des  auch  anderwärts  wohlbekannten  Mittels  zu  l>edienen.  Zur  Begrflndung  seiner 
Ansicht  stellt  Stumpf  vielleicht  in  allzu  reicher  Fülle  einen  Vorralh  von 
Beweismitteln  zur  Verfügung,  wie  ihn  nur  ein  Forscher  sanuiieln  kann,  der 
diesen  Studien  dn  thitiges  Laben  gewiAset  hat,  vnä  flbauo  wenig  braucht 
man  besonders  xu  betonen,  dass  alle  einseinen  Anhaltspunkte  mit  scblrfster 
Akribie  geprüft  und  verwerthet  sind. 

Gegen  die  Behauptung  Stumpfs  trat  ai>er  Bresslau  für  die  (Jeimitäl  der 
Immunität»- I  rkunden  auf  (Gött.  gel.  Anzeigen,  Jahrgang  1875,  S.  998)  und 
suchte  dureh  WidorhiKm^  aller  Verdachtsgrflnde  lur  Uebmeugung  zu  fOhren,  gdass 
der  Angriff  gf^en  die  Echtheit  unserer  Urkunden  alsunsubstanliirtsuracksiiweisen«* 


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332 


LiteralurliericUt. 


Zur  Aliwebr  verOfreiitlichle  nun  Stumpf  einen  zweiten  Theil  seiner  Ab- 
handluny,  worin  auf's  Neue  Punkt  fQr  Punkt  alle  Einwfinde,  die  seiner  Auf- 
fassuiig  von  Hresslau  ent^'ef.'eii{:t'stellt  wurden,  niitct-urlit  uihI  verworfpn  werden. 

Auch  Heferent  neigt  nicht  /nr  Ansicht,  dass  eä  Bresslau  gelungen  wäre,  alle 
von  seinem  Gegner  in's  Treffen  gerührten  Beweise  tu  entkriftsn.  Nur  eine 
Thntsa^t  die  nach  unsrer  Ansieht  am  gewichtigsten  in  die  Wagschale  flUlt, 
sei  hervorgeliobpii.  Aticli  Brosslaii  nniss  zupeben,  dass  beide  Dokumente,  das 
eine  anjjeblicli  ans  iit>r  Kanzlei  (HId's  I.  im  .labn«  974.  das  anilere  uu.s  der 
Kanzlei  Ottu's  Iii.  im  Jahr  996  HUi>gugangt'ii,  von  einer  Hand  geschrieben  sind. 
Die  der  Abhandlung  Stumprs  beigegebenen  facsimilirten  Schriftproben  gestatten 
darflber  keinen  Zwciffl,  l?i<'-.-l.iii  liTill  -.nn  sirli  iiiclit  für  iiiulenkbar«,  dass  ein 
(i(  i<tlirliiT  iln-issifr  Jalire  biiKiiircii  im  k;ii<i>rlirlHMi  Kanzleiiiiciist  gewirkt  liaho. 
Undenkbar  allerdings  ist  es  nicht,  aber  int  Hinblick  auf  den  Usus  jedenfalls  sehr 
anffUlig  und  unser  Verdacht  wird  bestirlct,  wenn  wir  sehen,  wie  dasjenige 
Sebriftstflck,  das  der  nftmliche  Schreiber  nach  einem  Zeitraum  von  mdir  als 
zwanzit;  Jahren  gefertigt  haben  soll,  ganz  die  nftmlichen  ungewöhnlichen  graphi* 
sehen  Eigetithümlirbkcilen,  den  näinlirli'-n  Ihictus  aufweist  wie  das  ältere. 

Dessenungeachtet  kann  sich  Helereiit  nicht  dazu  enlschliessen,  die  Streit- 
frage  als  vOliig  erledigt  anxosehen.  Die  in  Fieker*s  Urkundenlehre  gesammelten 
Beispiele  mahnen  zur  Vorsicht  nnd  warnen,  auch  bei  hOchstaufT  ll' i^lt  n  Unregel- 
mässigkeiten  nicht  ztun  ziinärbst  liegt  iidcn  An<?weg,  7iir  AniKihinc  ib  i  Fäl?rbnng 
zu  greifen.  Mügen  competenlere  Fachgenossen  sich  ein  entsclieidendes  Urtheil 
erlauben,  Referent  hAlt  dafilr,  dass  ein  abschliessendes  Ergebniss,  eine  vommniiien 
befriedigende  iJJsung  der  Streitfrage  noch  nicht  geboten  sei. 

Es  ist  zn  bedauern,  da;<s  in  diesem  jilngslen  bellum  diplomatieum  von  per- 
sönlichen Invectiven  nicht  durchweg  Umgang  genommen  wurde.  Ugl. 

3.  Dr.  Uojj(M  Wilmaiis  Dir  rrkiin(ionnilsehungen  des 
Klosters  Abdiiigliof  und  die  Vitii  Meinwerci.  Münster, 
Regensberg.  1876.  38  Seiten  mit  einer  photolithographi- 
schcD  Tafel. 

Zu  Ch.  H.  Kckhard's  (Inirod.  in  rem  dipl.  ed.  II,  6)  Satze  -  Satis  constat, 
nnlla  fere  collegia,  imlla  monai-leria  a  lalie  fal«orum  instrumentorum  immunia 
esse,  —  giebt  einen  Bele^'  die  un/iehend  durchgeführte  Untersuchung,  wie  mehrere 
llAnche  des  Paderbm-ner  Klosters  Abdinghof  um  die  Zeit  von  116S  bis  1188,  als 
der  Pabst  ihre  Privilegien  und  Besitzungen  besiätigfe,  die  (Jelegenheit  iM  iiiitzlen, 
um  *2  KaiscnirkiMidcn  und  dazu  25  Hisrhufs-  uml  Alilsnrkinidt'ii ,  deren 
ürigiuaie  durch  Üraud  untergegangen  waren,  nach  Aufzeichnungen,  die  über 
ihren  Inhalt  sieh  erhalten  hatten,  zu  emeuem  und  mit  nacbgemachtMiSl^eln  lu 
versehen,  und  swar  in  einer  Weise,  dass  die  Urkunden  nunmehr  die  Mngst  erstrebte 
rnabbfingigkeil  von  der  Rerichlsbarkeil  des  bischöflichen  Vogts  erwiesen.  Da  der 
Hi<igra|di  Meinuerks  die  lieiden  Kaiscrurkuiiden  litMintzte  und  zwar  zum  Theil 
wortlii'li,  so  glaubte  Verf.  im  Widerspruch  mit  andern  Ansichten  den  Schluss 
siohen  su  kOnnen,  dass  Jener  ebenfalls  erst  in  der  Zeit  von  1168  bis  1188  sein 
Werk  vollendet  habe.  L. 


LStoratarbeiieht. 


333 


4.  Albr.  Wagner  Uober  die  deutschen  Namen  der  ältesten 
Freisinger  Urkunden.  Ein  Beitrag  zur  Geschichte  der  alt- 
hochdeutsche Sprache  in  Bayern.  Erlangen,  Jakob.  1876. 
60  Seiten. 

Es  hMo.  Graf  llumlt  in  stMnen  Ijayerischen  Urkunden  aus  (l«>r  Zeit  der 
Agiioltinger  (Abhandi.  d.  tust  Kl.  der  bayr.  Akad.  d.  Wissensch.  XU)  alle  da- 
tiiten  Stocke  dieses  Zeitraums  in  ehronolo^schen  Regesten  vofgelegt  Es  er» 
hellte  daraus,  <lass  eine  Darstellung  der  liauleulwic  kluiiu'  nur  aus  dem  l)en"ilinilen 
KozrohVrhi  II  Traiiitionen-doilex  im  Heichsaicliiv  unVlii^li  s.  i.  Dieser  Auf^Mlie 
imlerzog  sicii  VerC  in  einer  sehr  lleishigen  Arbeil.  Naclidem  er  zunächst  fesl- 
geateUt,  dase  Koiroh  »risehen  8M  und  818  seine  Abeehriften  gefertig:!  hat, 
and  nachdem  wahrscheinlich  gonacht  ist,  daas  er  sich  dabei  möglichst  genau 
an  seine  Vorlagen  hielt  ,  stellt  Verf.  aus  der  Handschrift  zunächst  die  Xamen 
aus  170  i;enau  dalirleu  Frkuuden  bis  /vun  Tode  Karl  «les  Grfjsseii  VKlIstnudig 
zusammen,  verfolgt  sodann  d&s  sich  darin  ofTenbarende  Gesetz  der  Laulumwand- 
lungt  und  Icommt  zu  dem  Ergebniss:  dass  ungefUur  die  gleiche  Entwicklung  bei 
den  drei  grossen  Slämuien,  die  sich  in  das  althodldeutsche  Spi-a('li<;>-l>ii-t  theilen, 
sich  vollzo^'en  hat,  und  zwar  bei  den  Franken  suerst,  ImiUI  dauach  bei  den 
Bayern,  unU  etwas  später  bei  den  Alemannen.  L. 


5.  Dr.  Th.  Sickel    Ueber  Eaiserurkunden  in  der 
Schweiz.  Ein  Reisebericht.  Zürich,  Höhr.  1877.  103  Seiten. 


Professor  Rickfl  besuchte  im  vori|.'en  Herbst  die  Archive  und  Hililiotlieken 
in  SL  Gallen,  i'.huv.  Disenlis,  Luzern,  Bern,  Lausanne,  SchafThausiMi,  Eint^iudvln, 
ZQrieh,  um  die  Königs-  und  Kaiaerurkunden  derselben  von  911  bis  1002  kennen 
zu  lernen  zum  Zweck  der  Herausgabe  in  den  Monum.  Germaniae.  Von  den 
Archivaren  und  l^ildiothekaron  mit  der  pr^^ssten  nereilwilligkeit  unterstützt,  sam- 
melte er  einen  bedeutenden  Schatz,  und  verfassle  auf  Ersuchen  des  geschAfls- 
leitenden  Ausschusseü  der  allg.  geschichtsforschenden  Gesellschafl  der  Schweiz 
einen  Reisebericht  voll  lehrrncher  Hlttbnlungen,  welchen  der  Gesammtaussehuss 
in  oben  genannter  Schrift  veröfTcnllichte.  Zu  bessern  r.  l  ,  i  sieht  ist  eine  Tabelle 
bei^'efü'p'l ,  welche  auf  die  Au|,'al)eti  von  Bfihmer  Stunipt  und  Hidber  verwejst. 
Nach  soi^fältigen  Vorbereitungen  und  bei  dem  schönen  Zusammenwirken  der 
GesammtheH  der  scbweisarischen  Historiker  durfte  Sickel  wohl  meinen,  dass 
ihm  in  der  Schweiz  nichts  entgangen  sri,  was  Diesen  als  in  den  Sammlungen 
des  Landes  vorhanden  bekannt.  »Aber  noch  immer  katni  Material  för  das 
Urkunden  werk,  an  dessen  nuVgiichster  Vollständigkeit  und  Vollkommenheit  uns 
allen,  welchen  Theil  des  einstigen  deutschen  Reichs  wir  bewohnen  mögen,  gleich 
▼iel  gdegen  ist,  noch  immer  kann  solches  Material  an  Orten  verlxHven  liegen, 
welche  iee  heimische  und  sesshafle  Fachgenosse  weit  leichter  aufspüren  kann, 
als  der  zur  Eile  gedrängte  PVemdling.  Jenen  also,  soweit  sie  im  Dienste  imserer 
Wissenschaft  zu  stehen  sich  bewusst  sind,  liegt  es  ob,  die  Nachforschung  fort- 
snsetxen.'  £. 


334 


LiteraturbericbL 


6.  Die  Archive  des  fürstlichen  Hauses  Schwarzen« 
berg  ä.  L.  BeitrSge  zur  Geschichte  und  Statistik  derselben. 
Wien,  Fürst].  Schwarzenberg.  Gentraiarchiv.  1878.  1Q2  Seiten 
mit  Tabellen. 

Schon  der  Abnherr  dieses  Fürstenhauses,  Ritter  Erkinger  von  Sawnsheim, 
denen  Geschlecht  sieh  urkundlich  bis  in  die  xweite  Hälfte  des  zwölften  Jahr* 
hunderts  hinauf  veriiolBen  Usist,  hielt,  als  er  cur  Zeit  Kidser  Sigmunds  seine 

grossen  Gflterkäufe  in  Franken  machte,  sorgf&ttig  darauf,  dass  alle  Urkunden 
über  diese  (Jüler  mit  ritn  r|_'(»l)nn  wurden.  Gegenwärtig  nennt  das  Haus  S  hwarren- 
berg  Güter  sein  Eigen  itu  Umfang  von  SS'/*  Quadratmeilen,  jene  Erkuiger'iiche 
FQnorge  hat  aber  niemals  gefehlt  und  niemals  nachgelassen.  Bs  beritit  deshalb 
an  SU  Standorten  46  Archiv«-.  A'w  von  9  Beamten  verwaltet  j&hrlicii  etwa 
16,000  fl.  kosfpii.  Ueber  di-  se  Archive  verbreitet  sich  ili<>  (.'i-nannte  Srhrifl,  die 
sich  zur  Aufgabe  stellte,  wo  möglich  auf  den  Ursprung  je<ies  Archivs  zurückzu* 
geben,  seine  allmfihlige  Entwicklung  und  wechselnden  Geschicke  xu  verfolgen, 
Substans  Natur  Charakter  und  Eigenart  der  Arehlndien  danalegen,  die  Ein- 
richtung /II  M  iMiischaulichen,  und  die  Art  uinl  Weise  der  Benfltiung  in  einer  Reihe 
bestimnitiT  l):itfn  iiaclizuwfisfi:.  Die  Aiirtrahe  ist  so  IrelTlich  geh'isl,  dass  die 
8chwarzenberv;'!$chen  Archive  .sicli  nuunielir  in  ihrem  eigenen  Spiegel  l>eHcbauen 
können,  aber  auch  fthnliehen  fOrstUehen  Archiven  einen  Spiegel  vorhalten,  um 
»1  seh«i,  wie  sie  sind  und  nicht  a«n  sdlten.  X. 


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XXIII.  Kleinere  Mittheilungen. 


1.  Zur  Verlegung  dt$  lätMner  und  Koblenzer  Arrhirs  naeli  Bonn  war  Iw 
il<M-  itriMissiscIiiMi  Kammer  von  der  BiidK^^tkomiuissioii  ilir  Hi'willi}.'iiii<,'  von 
8(l,0(JU  Mark  ab  er^üle  Haie  der  Baukosleii  lieantnigt.  Die  Verhandlung;  darüber 
am  15.  Febr.  d.  J.  Irug  einen  erregten  Charakter.  Der  Abgeordnete  Dr.  Petri 
aus  Nassau  verlangte  AÜehnuiq;  des  Antrags,  und  die  AuffSorderung  an  die  Staats» 
rej;ieiuiij,':  „wejjen  Vorlegung  des  k.  Staatsarchivs  zu  Idstein  nach  Wiesbaden 
mi<l  ili  sjtMiii^.-n  th-~  k.  Staatsarchivs  zu  Koblenz  nai  li  Bniin  dpin  nächsten  Landtag 
anderueite  Vorlage  zu  niaciieu".  £r  erklärte:  diese  Angelegenheit  sei  keines- 
wegs bloss  nassauiscber  Natur,  vi^elir  eine  Prinripienfrage  darin  enthalten. 
Das  Prinzip  der  Deientralisation  sei  in  <er  Regierungsvorlage  verlassen,  im 
Va-'-niiischen  aber  »lie  Erbitterung  gross.  Das  Mj^leiiier  Arc^liiv  sei  das  hmcIi- 
lialtiyslf  an  I  rkiuiden  iia««ani8cber  Gescliiclile,  und  man  werde  keineswegs  gut 
lliun,  hlusä  im  Interesse  der  deutschen  Geschieb taforscher  ein  solches  Archiv 
aus  dem  nassauischen  Lande  anderswobin  su  verlegen.  Wenn  man  sage,  die 
Entfernung  von  Nassau  nach  Bonn  sei  gar  nicht  so  weit  und  es  würe  diese 
Reise  fQr  die  Nassauer  eine  KN'iiiigkfil,  dann  runs-.'  ja  ancb  für  ili»'  Bonner 
Kinwobner  die  Heise  nach  Nassau  eine  Kleinigkeit  sein.  Er  ersuche  das  Haus 
dringend,  nicht  die  hetaniUlichen  Urkunden  aus  Nassau  hinausmnebmen;  denn 
habnatUdie  Forschung  sei  so  recht  ein  Ergebniss  der  Liebe  tum  Heimatlande. 
Wlren  die  rrkundeii  einmal  ausserhalb  Nassaus,  (la»ui  wCirdeii  sie  lange  nicht 
mehr  mit  doinscIlK  n  Eifer  und  ViTständniss  sludirl  worden.  Ks  handle  sich 
hier  nicht  um  ein  .Natiunalgefübl,  sondern  um  ein  l>erecbtigtes  lleimatsgefQhl 
der  Nassauer,  welches  man  respektiren  mflsse.  Er  stelle  das  Recht  der  Nassauer 
unter  «len  Schutz  der  preussischen  Volksvertretung.  -  Auf  diese  mit  lebhaftem 
Beilall  aufgenonunene  Hrde  crwiciliMto  der  Hf^'icrungs-Konmiissär  (icneraldireklor 
der  Staatsarchive  Ur.  von  Syl»el :  dass  man  die  Archive  eben  nicht  von  dem 
Boden  oitfente,  auf  dem  sie  gewachsen  seien,  wenn  man  sie  nach  Bonn  bringe. 
Die  Baulilligkeit  des  Idsteiner  GebSudes  bedinge  eine  Verlegung,  und  die  Ver- 
legung nach  Wiesbaden  werde  mit  erheblichen  Mehrkosten  verknüpft  sein.  Zu- 
dem empfehle  sich  die  Verlegung  narh  Bonn,  weil  dies  eine  Ijiiiversitälsstadl 
und  damit  der  beste  Boden  für  die  Archive  sei.  Von  dem  Frinzipe  der  De- 
sentralisation  beabsichtige  die  Regierung  nicht  abaigehen;  denn  es  sei  nicht  zu 


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336 


Kleinere  MitUieilungen. 


leugnen,  da^  der  liislurische  Zu.saii)nieiiiiang  der  nassauischen  Landeslheile  mit 
dem  linken  Rheinufer,  dessen  Urkunden  im  Koblenzer  Aiduv  rieh  Anden,  ein  lehr 
enger  sei.    Ca  handle  sieh  also  nur  darum,  ZuaammengehAriges  lusanunen* 

zubringeil.  —  RAckeratb  belon'o:  fs  niHssp  fine  rlipiiii<rho  rnivprsiläl  audi  iliiv 
Universilätsscliritze,  ihre  UrktiiitJon  für  den  l  iiterricht  haben,  und  fr  kruuic 
desshalh  inunerhui  Tür  die  Zut<anuiienlegung  der  Archive  Idstein  und  Kolileiiz 
nach  Bonn  stimmen.  —  Dr.  Miquel  hielt  dafOr,  dass  Urkunden  dahin  gehörten,  wo 
sie  entslaiulen  sfien,  Kiiion  rnli-iiiclitsiweck  ftlr  Univcrsitälen  liältt'ii  sie  crsl 
in  zwcittT  I/ini»'.  Die  „'rössten  Hisldiikor  ci-irii  niis  dtT  Bonülzuii'^  dor  Archive 
liervurgegaugeu  und  t>eien  zu  dieser  bonülzung  aieist  aus  Inleresse  für  ihren 
lieimaüiehen  Boden  bewogen  worden,  nachdem  sie  die  Arehivbinde  vielfach  erst 
zu  juristischen  oder  anitera  Studien  bitten  benutzen  wollen.  Solche  Archive 
wflrden  von  der  Bevölkerung  nberall  als  inoralischfs  Eigentlmni  hctrachtel.  und 
man  verletz»'  lUe  Bev«\ikoning,  wenn  man  dieselben  aus  der  Meimat  nach  anderen 
Orlen  schulTen  wollte,  um  lediglich  studentischen  Zwecken  zu  dienen.  —  General- 
direktor V.  Syhel  wies  dagegen  auf  den  billigen  Preis  hin,  den  die  UniversiUt 
Bonn  für  den  Bauplatz  fordere.  Wolle  man  sich  al)er  in  die  engen  Grünten  • 
zurückziehen,  wie  der  Ab|.'.  I'etri  es  wünsche,  dann  müsse  man  auf  norli  kleinere 
Distrikte  zurückgehen.  —  Fmanzminister  (lampiiausen  erklärt  sich  mit  Miquel's 
Satiee  im  Allgem^nen  elnventanden.  Aber  jene  beiden  Arehhre  seien  nidit 
blos  auf  der  rechten,  sondern  aueh  auf  der  linken  Rheinseite  erwachsen,  und 
indem  man  sie  auf  i  Iinkei\  Pilieiuseile  unterbringe,  entferne  man  sie  nicht 
weseiillifh  von  den  Laiuleslheilen .  dfiien  sie  an^'eliören.  Die  Staalsregiernn'^ 
werde  die  Frage  einer  nochmaligen  Erwägung'  unterziehen :  nichts  habe  ihr  ferner 
gelegen,  ab  der  nassauischen  Bevfliktrung  irgend  eine  Kränkung  lunifagen.  Man 
mOge  den  Posten  vorläufig  bewilligen,  damit  die  Retfierung  in  dem  Falle,  wenn 
das  Residtat  der  riitPisiK  Imii  T  sicli  dahin  lierausstelle,  dass  man  bei  dem  wohl- 
erwogenen Plane  verlileil)eii  kuiine,  mit  der  Ausführung  vorgehe,  im  andeni 
Falle  aber  das  Geld  unverausgabt  bleibe.  —  Lasker  beantragte  die  Worte 
»nach  Wiesbaden«  im  Antrag  Petri  zu  streichen,  damit  man  den  Antrag  Petri 
annehmen  kHnne,  ohne  sich  zugleich  Gbcr  den  künftigen  Ort  des  Idsteiner  Archivs 
schlüssig  zu  machen.  Frhr.  von  Heeremanii  beantrante,  in  dem  Antrag  Petri 
die  Worte  »derjenigen«  bis  »machen«  zu  setzen  die  Worte:  »wegen  l>esserer 
Unterbringung  resp.  Umbaues  des  k.  Arehives  zu  Koblenz  don  nichsten  Land- 
tage eine  anderweitige  Vorlage  zu  machen«.  -  Bei  «ler  Abstimmung  wurden 
die  Aiifräjre  von  Heeremann  und  l.aski  r  ah'/elelint.  ebenso  der  der  Rild^'4't-Kf)mniis- 
sion.  Den  Antrag  Pftri  ^'eiiehmigle  das  Haus  dagegen  unverändert,  und  die 
Etatsposition  war  also  gestrichen.  —  Interessanter,  noch  als  die  Beden  im  Ab- 
geordneten-Unterhause,  scheinen  die  Verhandlungen  in  der  Budgel-Kommimon 
gewesen  zu  sein.  Hr.  v.  Sybel  hafte  eine  Karle  des  eliemaligen  Henogthums 
Nassau  iiiit'^'ebraclit.  auf  uelclier  die  25  ReichsKel)iele  kolorirt  waren,  aus  denen 
du»  llerzogthiiiu  in  der  Zeit  von  1815  bis  1866  zusammengesetzt  worden,  und 
eridftrte:  Wolle  man  nun  auch  jener  Zusammensetzimg  wegen  des  fQnfkigjfthrigen 
Bestandes  ein  gewisses  Gemeingefühl  zugestehen,  so  mOsse  man  doch  bedenken, 
d.'xss  die  im  Idsteiner  .Xrchiv  vereinigten  Urkunden  sich  auf  einen  weiteren,  an 
beiden  l'fern  des  Rheins  vertbeilten  Umkreis  bezfVgen,  und  Honn  ein  passender 
Mittelpunkt  sei  für  das  Land  der  ehemaligen  Rheinfranken.    Bonn  lasse  sich 


Kleinere  MiUheUungen. 


337 


von  allen  Punkten  des  Herzogthums  ebenso  rasch  und  rascher  erreichen,  all 
Idstein,  wo  ein  Flüfrel  ilps  Sclil(>ss»>s,  in  welchem  das  Arcliiv  Itefindlicli,  ein- 
gestürzt sei.  Wenn  uiun  aber  davtm  rede,  dass  die  Nassauer  beschränkt  werden 
sollten  Im  Zutritt  tu  ihrem  Landesarchiv,  so  müsse  man  wissen,  daas  in  Idstein 
das  Archiv  binnen  sieben  Jahren  Oberhaupt  nur  von  29  Personen  besucht  worden, 
darunter  ein  einziger  Nassauer.  —  Dem  Vprneiimcn  nach  \-\  jt'tzl  beschlossen: 
das  Archiv  von  dem  stillen  und  isolirten  Idstein  zur  gerechten  Freude  der 
Nassauer  nach  Wiesbaden  zu  verlegen,  wu  es  ein  neues  Gebäude  in  vollkommen 
fMor  Lage  In  einer  der  scbOnen  Villenstrassen  erhalten  wird.  Das  Koblenier 
Archiv  bleibt  vorlAurig  an  seinem  bisheri^'t-n  Platze,  aber  auch  ihm  wire»  bei 
sräiem  *!f)  reichoii  uml  wohl^'t'orilm'lpii  hilialt ,  il«H-h  en<lliclt  ein  sierftumiperes 
und  lichlvoilereä  Uebäude  zu  wünsclien,  als  es  jetzt  in  seinem  nberfilllten  und 
gepreaoten  Zustande  In  dem  Regieningsgebiude  einnimmt. 

2.  Der  Neubau  des  ynrnherger  KreitardUv»  ist  im  raschen  Fortschreilen  be- 
griffen, und  wird  iiwli  in  difsfin  lalir»'  unter  Dach  kommen.  Das  Kretmrchir 
für  Schu-ttbeH  und  Seubury  wird  in  dein  Tbeile  des  k.  Hesi«lenz.schlo3ses,  welchen 
es  bisher  in  HmAmrg  an  der  Dtmau  eingenommen  hat,  an  Lokalitäten  fast  um 
die  Bilfte  vergrOssert  durch  EhwBumung  des  ganien  obem  Stockwerks,  das 
bereits  im  Umbau  hegiifTen  ist.  Ebenfalls  im  Jahre  1877  hat  das  auch  historisch 
so  bedeutende  Kreiaarchit  roti  Oberfraukeu  zu  Bauthery  durch  die  Gnade 
Sr.  Maj.  des  KAnigs  in  der  k.  Kesidenz  neue  Häume  erhalten,  die  ihm  seiner 
UeberfÄllung  wegen  längst  erwflnseht  waren. 

8.  Der  heraldisch -genealogische  Verein  ^ Adler"  m  Wifu  (Singerstrasse  7) 
veranstaltet  im  April  und  Mai  1878  eine  all^^etneint'  hrruldisch-yrtitaluyi.Hrh- 
sfragittiiche  Äusgtdluttff,  welche  nicht  nur  die  geschichtliche  Entwicklung  der 
Wahlen-  GmeUediter*  und  ffiegelkunde  In  Europa,  sondern  auch  deren  An- 
Wendung  auf  Kunst  und  Gewerbe  nr  Darstellung  Iwingen,  md  dn  voUstindiges 
und  möglichst  getreues  Bild  dor  viM-rhiedenen  Fiitwirkhn>gsperio<lpn  drr  ^-'e- 
nannten  DiszipliiX'ii  vom  13.  Iiis  1!>.  .lahrbundert  vortTdiren  soll.  Die  Hi-ralilik 
gedenkt  mau  ui  ihren  Stilarten,  die  Genealogie  in  ihrer  Behandlungsweise,  die 
Sfragiatik  in  ihrer  Technik  snr  vollen  Anschauung  sn  bringen.  Als  Einsendung«- 
tennin  ist  der  1.  MIrz  1878  festgesetst 


Das  Aichiwesen  in  Elsass-Lolhringen  und  der  Üi-ganismus  des  französischen 
Departemental-,  Gommunal-  und  Hoepital-Arehivwesens,  von  Dr.  Heinr.  PCnnnen- 
scbmid  (siehe  Band!,  Literaturberirlit  2),  ist  nicht  erschienen  bei  Langds  Rasch, 
Kdmar,  sondern  bei  R.  Rasch,  Verlagshandlung  in  Leipsig. 


Berichtigimg. 


•MM* 


Archlvallicbe  Zeitechrift.  11. 


22 


i^iyiu^cü  üy  Google 


Ankündigung] 


GRIECHISCHE 


THONFIGUREN  AUS  TANAGRA, 


Kaü<erlich  Dcnt^chcn  Ar<  li;i(iloi,n^;rh('n  Fiistitiits  zu  Kerliii,  Kom  and 
Athen  uucli  den  Aiilnatiiueii  vuu  Ludwig  Otto 

heraiuBegebeti 

TOB 

REniHÄBD  KEKULti. 

n  TafdH  im  Fitrhendruti  und  Radirtu^/eHf  9  Bofe»  Text  mU  4  VigiiättH 

in  RadintHgeit, 

b  tadtofWMB  FtMU'llalMnd  IQ.  tM. 


Ocit  der  Wlederaufdeckung  von  Pompeji  und  Herculaann  Iwben  Aui^nbiUMB  In 
dum  Bereiche  der  Culturweli  des  rl«Hiachcn  Alterthama  nicht  mehr  einen  ffleidMBlMeh« 
thum  an  ScbönlMlt  «ad  nnerwarteten  AuflMiilaH  Iber  41«  H91m  «ad  AmabttÜMam  dw 
utllten  KanttlebeM  gtwUhrt ,  nicht  m«hr  ein  fltieh  leVhaflee  InlerosM  In  den  weiuettB 
Krelien  von  Kanttlem,  Knnatfrounden  nnd  Oelenrten  erre«rt.  wie  die  neuen  FnndelD 
Tanaffra.  81e  Teraprechen  al>  Mutter  und  Anrei^anK  für  die  moderne  Kunstinduatrie  ta 
Ihalteher  Weiie  epochemachend  sn  werden,  wie  die  pompejanisrhen  Ilililer  flir  daa  moderao 
Dekorationtsystem  epochemachend  ifeweaen  sind. 

Uamal»  hat  man  rtier*!  :uiii  einer  irrösBcri'n  Mnni-  von  lioi-pielon  lern'Ti  künnpn. 
wie  antilte  Malerei  und  iiinlri  lu-  Dckorntion  iin  l  <  u  riiiuit  iiiik  nusH:ih.  l>ic  Autiii'Lkuni,' 
iler  (irüticr  von  TanairrH  hat  /.um  fiftcii  Male  der  iilmIci  lu  u  Welt  \"r  AuuH'ii  gestellt,  was 
untiVir  iiiilyi'hroine  Sltal|itur  war;  uriil  «alireni  iV\r  iKuniu-janiiscIicn  <ii  mn!  Ii/  iIit  röniim-ticn 
Kai«i'i  /t  it'iiii«<'lii'ren  ,  siml  ilie  stutiiettt'ii  hun  'l'unaKrH  ()  r  i  1  n  « 1 1>  ii  u ■!  e  r  K  |)  o  c  h  n 
A  I  f  X  11  u  il  «  r  H  d  i- >  I  i  1  u  H  »  «' II.  Dii'jciiiKen  unter  denselben,  welche  .sorK'alti;;  aiiKjfetuhrt 
und  gut  erhalten  »in  l,  giml  liestnltuu  von  so  ausserordeotlicher  Schönheit  der  Erscheinung 
in  Porm,  Haltung,  Gewandmotiven  und  Färbaag.  dsM  «le  Jodaa  BeeebiHM«  oawldartlalilteB 
aur  lebbafteaten  Bewundemns  hinreiMen. 

Dia  PabUkatloa,  daran  wtoao—ehnmicher  Werth  dudureb  verbttrKt  wird*  daM  vaa 
der  Oaatraldlraktlon  daa  Kalaarlieh  Deutschen  ArchSoloKitchaa  Inatttats 
an  Berlla,  Bom  nnd  Athen  ana^lit.  bietet  eine  Auswahl  der  scnSoataa  ood  ebatak« 
teriatischstan  taaaKrdiachen  Mltlchengestaiti  n  nu  l  Amurotten.  welche  indaa  yroflaan  Maiit- 
llehan  Mnaeen  nnd  Privatsammlnnt;en  vorhanden  sind.  Die  S^ichnungen  und  Ai|nareIIe 
•lad  nach  den  Originalen  selbst  von  dem  Historienmaler  II<-rrn  Ludwi^r  Otto  in  volltcom- 
mcnster  Weise  nnsgefUhrt  worden;  dii'  \or7iiplt<'h  schönen  und  gelungenen  Radiriingen 
von  Herrn  .1.  K.  DeinlnKcr  in  MiinLli<-ii,  lie  jiolyihi'HiHMi  Drucke  endlich  sind  von  dem 
K.  rUKlUhi-n  Hofknnstinstitul  des  Herrn  Otto  TmiizHch  in  berlln  hergestellt  worden;  sie 
diiifeii  -  in  .U-rseltien  Weise  wie  die  Ilildelirand'schen  Ijandschaftsbilder  —  .t  1  s  M  e  1  s  t  o  r- 
werke  t  e  c  h  n  i  s  c  ii  e  r  Reproduktion  bcieichnet  werden  und  sind  von  den  höchsten 
Aoloritäten  ali«  soI<  i^i-  un>  rknont. 

Der  Test  giebt  in  allKomein  verständlicher  Form  daa  fHr  die  Kenntniss  und  Iteurthei- 
lung  der  ganzen  GnttODf  Nothwendi^e.  Er  iat  fBr  die  Faehmänner  dadurch ,  dass  in  Ihm 
anm  ersten  Male  Foadbariehte  Ton  AngeoMMIcen  bei  den  Ansgrabungcn  in  Tanagra  mit> 
gctheilt  wenlcn.  boMiBdora  worthTOlL 

Stuttgart,  Die  Vt  rlayshaudluiiy : 

W.  SPEMANN. 


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Ti)hali  (los  zwcitt'H  liaiulos: 


I.  Zur  nri«'iitiruii',>'.  ^''iii  HorHiJs^ft-lifi- .  .        .  .  j_ 

II.  \'<-i"-T  Viilra  •■  .\rrliivl'«-iiütz;iii^;.  \  H'/i au-;;'-!"  r  ...  .  \2 
III.  I,'mIhii.'  '"iI'i'i  ■"•II    .....  ......        ■    ■  '21 

r.t..r  I  i'  Vi»n  (.  /1K1//1  I.  "jr. 

\  .  L  r!"-i   li'.'-  '        '  '                                 ■  ■  — .Are        tnr  •  •  7t7. 

Vi. II  i:..tii  .   ,  _   .  r.:-; 

VI.  /■   .  Sein  .     ■     .     .     .  TO 

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XXII.  LiN-i-iluil''  M,  i  !    ■    ■  ■    

-NXIII.  Kl.iiHiv  Millli.'ilui!..''i!  


In  demselben  Verlage  ist  ereclu«  n»  n 

Repertoriniii  für  Kunstwissenschaft. 

Ri'iliijirf  vnit 

Franz  S^^n^f-ifr^ 

1)11.1011  Art   K    K.  Kllpfii  if  il,  \V|f|i 

Band  II. 

Kfltid  I.  oikI  II.  <inil  11111-011  alle  DuchhaiKiluiif^cn  zu  t>'  Der  I 

jwles  BunJes  ist  10  Mark. 

Mein  Verhältniss  zum  Herzog  von  Reichstädt. 

(XAPOLKON  II.) 

Zwei  Sendungen  nach  Italien. 

St'll  -'r;i  i'liisclie  Aufsalze  aus  dem  Nachlaf- 

Grafen  Prokesch-Osten. 

-i.  ir  FfUtrninnelvtrr»  'ind  Bulsr 


KMILIK  VON  RIN/IJ;.